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Vae Victis - Der letzte Flug des Phönix

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Vaboris van Darc
Bauer / Bäuerin
Beiträge: 21
Registriert: So 6. Sep 2020, 14:49

#1

Beitrag: # 51927Beitrag Vaboris van Darc »

Teilnahme nur nach Absprache

Mit zügigen Schritten brachte der dunkle Phönix die letzten Meilen hinter sich, er war bereits weit Jenseits von Althea, nahe der Grenze zum eisigen Norden. Sein Verschwinden blieb mit Sicherheit nicht unbemerkt und wie üblich kreisten bereits die Geier um das Vermächtnis des Zirkels. Macht hatte schon immer die Eigenart jene anzuziehen, die keinerlei davon besaßen, wie berechenbar die Dinge doch stets waren, wenn man die Natur einer Sache durchschaut hat. Das große Finale stand kurz bevor, jedoch bedurfte es noch letzten taktischen Kniffen in einem perfiden Spiel aus Feuer und Eis. Es stand dem Erzmagus bereits in das Gesicht geschrieben, jener Leitsatz seines Hauses, welchen er einst selbst ins Leben gerufen hatte. 

Viele Augen waren auf die Zitadelle gerichtet. Auf die Macht die dort einst verborgen lag, seine Erstgeborene und auch die Brut des Phönix, die lange genug in der Priesterin reifte, um sich derer Essenz zu bemächtigen. Vielleicht waren die längst machtlosen Hüllen bereits verstorben, womöglich trug sie die Priesterin noch in sich, es spielte keine Rolle mehr. Der Lordprotektor hatte sich die gesamte Macht der Zitadelle einverleibt, trug die Essenz zweier Phönixe bei sich und war auf dem Weg zu eben jenem Ort, an dem alles begann. Genug Anreiz für sein alter Ego von der Zitadelle abzulassen, ein nun nutzlos gewordener Haufen Stein, dessen wahre Macht nicht mehr länger an einen Ort, sondern an Vaboris gebunden war. Wer auch immer nach der Macht der Zitadelle strebte, würde sie ihm höchstpersönlich entreißen müssen.

Mit jenem Wissen in seinen Gedanken, überquerte er die Grenze in die Nordlande, während sich die Kälte um ihn herum mit jedem Schritt intensivierte. Erinnerungen verdrängten für einen Moment die bevorstehende letzte Schlacht, es war lange her, dass er die Schneefelder betreten hatte. Dort, tief in diesem unbändigen Chaos aus Schnee und Eis, lag die Ruine des Nordpalastes. Der perfekte Ort um auch den letzten Schleier der Illusion zu lüften und nicht zuletzt auch ein Versprechen einzulösen. So zog es ihn weiter hinein in die Felder, geschützt durch sein inneres Feuer, welches einen verräterischen Brotkrumen hinterließ. Ein Brotkrumen der nicht nur dem Feind symbolisch ins Gesicht lachte, sondern auch jenen die glaubten, er habe vergessen oder sich gar lautlos aus dem Staub gemacht. Eine Lawine hatte sich längst in Gang gesetzt, langsam und doch unaufhaltsam würde dieser Krieg zu den Bedingungen derer entschieden, welche ihn heraufbeschworen hatten. Als die Silhouette der alten Ruine schließlich zu erkennen war hielt er für einen Moment inne, vergewisserte sich, dass die Späher des Ordens nur so viel zu Gesicht bekamen, wie es zweckdienlich gewesen war. Einen Augenblick später verschwand Vaboris vor den Augen seiner Verfolger, manifestierte sich an einem anderen Ort neu, denn er wurde bereits erwartet. 

Du kommst spät!

Drang eine ihm wohlbekannte Stimme an sein Ohr, mit jenem gewohnt herrischen Unterton. Sein Blick fixierte die in einen weißen Mantel gehüllte Gestalt, deren Aura nicht zu deuten war. Letzteres spielte eine entscheidende Rolle in allem was folgen würde.

Hast du etwa geglaubt, es wäre so einfach!? 

Ein süffisantes Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, ehe ein knappes Nicken seine Mimik vollendete.

Du siehst gut aus, für eine Verblichene.
Bringen wir es zu Ende...Miradoria!


Mit jenen Worten übergab er ihr die beiden Essenzen, während sich ein abschätzender Blick auf ihr Antlitz legte. Miradoria's Plan ging auf, der gesamte Fokus lag auf einen Punkt gerichtet, sie selbst gab dafür ihr Leben. Niemand hatte damit gerechnet, dass sie mit dem Erzmagus an jenem Tage in Kontakt trat, als ihrer beider Tochter sich auf den Weg nach Althea machte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sein früheres Ich Miradoria aufsuchen würde, so verbündeten sie sich ein weiteres Mal. Feuer und Eis, Seite an Seite! 
creatio omnis elementa
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Odessa
Bauer / Bäuerin
Beiträge: 40
Registriert: Di 25. Feb 2020, 18:46

#2

Beitrag: # 52489Beitrag Odessa »

Vae Victis

Einige Zeit war vergangen, seit jene Worte an ihr Ohr drangen. Worte die das Schicksal von so vielen Seelen gleichzeitig besiegelten, keinen Platz für Freude oder gar einen Siegestrunk einräumten. Nicht dieses mal. 
Noch immer verfolgten sie die Ereignisse, der Klang von zerberstenden Knochen, der Geruch von verbranntem Fleisch. Auf einen Schlag hatte sich ein tosendes Schlachtfeld in eine geräuschlose und menschenleere Einöde verwandelt, selbst das legendäre ewige Eis, wich zum ersten mal seit Beginn der Aufzeichnungen in einem großen Radius zurück. Kein Barde würde jemals die Helden jener Schlacht besingen, kein Gelehrter jemals davon zu berichten wissen. Was an jenem Tag entfesselt wurde lies nichts zurück, nichts außer einer jungen Frau.

Das Ende einer Ära! Es lag nun bei Odessa, ob und in welchem Umfang die Nachwelt von den Ereignissen erfahren würde. Für den Augenblick jedoch, galt es das Augenmerk auf andere Dinge zu lenken. Es war wie so oft nicht verwunderlich, kaum schien ein Hauch von der Macht des Zirkels greifbar zu sein, schon kreisten die Geier, um sich bei erster Gelegenheit daran zu laben. Der Priesterin war es nicht gelungen sich den Namen van Darc anzueignen, nun zielte sie augenscheinlich darauf ab, den Spross des Erzmagus in ihre Klauen zu bekommen. Wie praktisch es seit jeher war, wenn jene die einem vermeintlich nahe standen, jenen denen man vertraute, ganz anderen gegenüber wahrhaftig loyal waren. Das Ende der Informationskette war wieder einmal am richtigen Ort, fast schon gelangweilt von etwaigen Versuchen blickte Odessa auf die Pergamente vor sich.  

Ein Halbblut-Bastard und die Erstgeborene, wenn das alles war, wäre es wahrlich ein kurzer Besuch auf Althea. Je näher die Priesterin das Blut des Erzmagus zu sich heran zog, desto weiter entfernte sich die Macht des Zirkels, die sie offenbar so sehr begehrte. So sehr, dass man bereits munkelte, sie würde sich für Macht prostituieren. An einem gewissen Herren al Ad, so erzählt man sich, war sie nachweislich ebenfalls gescheitert.
Behandle eine Hure wie eine Königin und eine Königin wie eine Hure, die Priesterin schien wahrhaftig die Königin der Huren zu sein. Kaum hatte der Erzmagus die Fährte in den Norden gelegt, die finale Schlacht dorthin verlagert um sie zu seinen Bedingungen zu beenden, schon griff man nach den vermeintlich besten Möglichkeiten, sich der Macht des Zirkels zu bedienen. Ein Jammer nur, dass ein Halbblut das wahre Potential jener einzigartigen Blutlinie niemals entfesseln können wird. Was auch immer man sich einbildete an dem Balg zu haben, war nur ein trauriger Versuch an ein Vermächtnis heranzureichen, dessen nur die Erstgeborene, vielleicht, eines Tages heranreichen konnte. Sie war reinen Blutes, der letzte Nachkömmling, sie hatte das Potential. Ob sie jemals dazu in der Lage sein würde, dieses Potential auch zu nutzen, war noch immer mit ihrem Erbe verbunden. Die Macht des Zirkels, welche nicht länger an einen Ort, sondern an den Erzmagus gebunden war. 

Jeder Tag, jeder Schritt und jeder Atemzug war eine Prüfung. 
Wie treu sie dem dunklen Lord, dem Chaos und den Schatten diente.
Welche Entscheidungen die Erstgeborene traf. 
Welch Bündnisse sie einging und mit wem. 
Wie siegreich sie in künftigen Schlachten und Kriegen sein würde.
Ob sie es ohne Hilfe schaffen würde, ihre inne wohnende Macht zu entfesseln.
Mit wem sie verkehrte.
....

Odessa erinnerte sich an die Geschichte des Erzmagus, seine Ankunft auf Althea. Er kam mit nichts als einer Gabe, Potential, dem Blut in seinen Adern. Sein Weg führte ihn bis an die Spitze des Zirkels, als Meister der Elemente und leibhaftiger Phönix, bis hin in den Schoß Ogrimars. Syndra hatte ein Anwesen, Wohlstand und eine alte, verstaubte Zitadelle. Nicht zuletzt verfügte sie auch über einen Namen, der ihr gleichermaßen Verantwortung auferlegte, sie aber auch schützen sollte. Mit besseren Voraussetzungen als ihr alter Herr war es nun an ihr, ob sie sich der Macht des Zirkels, ihrem Erbe, als würdig erwies. 
Für einen Moment lies Odessa die Gedanken noch kreisen, es würde merkwürdig sein, den Erzmagus nie wieder im Anwesen anzutreffen. Sie war sich aber sicher: Der verrückte Bastard ist nicht klein zu kriegen.

Sorgsam rollte sie die zugetragenen Pergamente wieder zusammen, zwei weitere Pergamente versiegelte sie und verstaute sie in ihrem Mantel. Eines hinterließ sie jedoch offen und gut sichtbar auf dem Tisch, bevor sie das Anwesen der van Darc's wieder verließ und im Schutze der Dunkelheit verschwand. 
 
MyLady,

wir waren siegreich.
Der falsche Lord Protektor und sein Heer wurden restlos ausgelöscht. 
Nichts vermag es, des Erzmagus alter Ego wieder zurück zu bringen. 
Weder Körper, Geist, noch Seele werden jemals wieder eine Gefahr darstellen. 
Leider muss ich euch auch darüber in Kenntnis setzen, dass euer Vater nicht mehr auf dieser Welt wandelt. 
Wohin auch immer es seinen Geist verbannt hat, sein Körper wurde von seiner eigenen Macht verzehrt.

Ihr vertretet von nun an die Interessen des Hauses van Darc unter meiner Aufsicht, es war der Wille eures Vaters.
Wir sehen uns wieder


gez.
Odessa van Darc


Das hier ist Althea, zögert niemals oder ihr findet noch ein jähes Ende.
 

Die letzte Zeile hinterließ sie ihr, weil es zu den ersten Worten zählte, die Odessa ihr bei ihrer ersten Begegnung sagte. Syndra würde erkennen, dass es sich nicht um eine List handeln konnte.
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Syndra
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Registriert: Fr 27. Mär 2020, 20:37

#3

Beitrag: # 52491Beitrag Syndra »

Kurze Anmerkung der Autorin, falls der Beitrag nicht gewünscht ist, möge der Threadersteller mich freundlich per PM darauf hinweisen. Ansonsten entschuldige ich mich im Vorfeld für die etwas sehr saloppe Art eines unbedeutenden Dieners, der wahrlich nichts dafür kann, dass er zu jener Zeit an dem Ort des Geschehens auftaucht und seine Worte einer einfachen Natur entspringen, die sicherlich die Empfängerin des Schreibens ein wenig gewählter ausgedrückt hätte. Doch was nicht ist, wird noch werden, denn so kann man sich sicher sein, dass die Worte weitergetragen und nicht unbeachtet bleiben werden.
 


Es war ein leider nur ein einfacher Diener, welcher das Anwesen der van Darcs betrat, nicht Syndra selbst. Wie auch. Es war eines der vielen Dinge, von denen sie wenn überhaupt erst lange Zeit nach dem Verschwinden des Erzmagiers erfahren hatte. Aber halten wir uns nicht mit solchen unwichtigen Details auf. In diesem Fall spielte vorerst der Diener eine Rolle.

Nennen wir ihn der Einfachheit wegen daher Norbert. Ein gewöhnlicher Bursche und eine kleine Frohnatur, welcher gerade als die rothaarige Lady das Anwesen verlassen hatte, mit einer Flasche Kaktusschnaps in jenes hineinstolperte.

Gerade erst hatte er von einer kleinen hübschen Tempeldienerin bei einem Plausch in der Taverne gehört, dass jene Lady, welche seine Rechnungen seit nunmehr elf Monaten zahlte, verletzt vom Felsendom zur Halle der Legion gebracht worden war. Nun, sie schwebte nicht mehr in Lebensgefahr, so wie das kleine Ding ihm berichtet hatte, aber dennoch war sie, als man sie fortbrachte, noch ohne Bewusstsein gewesen.

Ganz sicher musste es so gewesen sein, denn wenn Norbert eines wusste, dann ganz sicher, dass es nicht in Syndras Sinne gewesen wäre, sich dort in jenen Hallen auszukurieren und der Willkür der Legion ausgeliefert zu sein. Sie hätte Zeter und Mordio gerufen.

Norbert war sich sicher, dass die junge Lady niemandem mehr misstraute als Tanuri. Schließlich hatte es bereits von Anfang an gewisse Spannungen zwischen der Priesterin und der Tochter des Erzmagiers gegeben, welche im Laufe der Zeit nicht unbedingt geringer geworden waren. Etwas, das unter der Dienerschaft kein Geheimnis war.

Nicht sonderlich gut war Syndra auf die Leiterin der Legion zu sprechen gewesen, was vielleicht damit in Zusammenhang gestanden hatte, dass Syndras Eintreffen bei ihrem Vater einst vor fast einem Jahr sehr parallel mit der Planung seiner Vermählung zusammengelegen hat.

Zu der Zeit hatte jener sich trotz anfänglicher Euphorie und Vaterfreuden deutlich mehr Zeit für jene Auserwählte genommen als für sein eigenes Blut. So etwas prägt ein junges Ding schon gewissermaßen. Besonders wenn man bedachte, was er alles mit jener Erwählten geteilt hatte. Und damit meinte Norbert sicherlich nicht das Bett, sondern vielmehr die Geheimnisse und die Magie, welche eigentlich nur wenigen auserlesenen vorbehalten waren.

Bedachte man also, dass er ihr, wenn man die Stunden ihres Zusammenseins zusammenrechnen würde, nicht einmal vierundzwanzig Stunden vergönnt hatte, um einander kennenzulernen, konnte man schon eine gewisse Antipathie nachvollziehen. Und ebenso eine gewisse Wut auf ihren Erzeuger.

Wenn man zudem Syndras Worten Glauben schenken mochte, nun dann haben all seine Gedanken zu jener Zeit und bis hin zu seinem Verschwinden sowieso nur von der Priesterin und seiner anstehenden Vermählung gehandelt.

Norbert würde es eigentlich sogar bestätigen können. Er war selbst Zeuge, als Vaboris mehr als deutlich hatte verlauten lassen, dass es nichts Wichtigeres für ihn gegeben hatte und er sehr deutlich wurde, dass ihm in Anbetracht auf jenen großen Tag auch seine Tochter vollkommen gleich war. Den genauen Wortlaut würde er hier jedoch nicht rezitieren. Aber der Diener hatte ihn noch im Ohr, weil er selbst war ebenfalls Vater und eine solche Art und Weise hatte ihn wahrhaft schockiert, denn egal, wie viel er auch von seinem kaktusschnaps trinken würde, so etwas würde niemals über seine Lippen kommen.

Nun, kurz danach war er verschwunden. Der eine mochte meinen, dass er dem Krieg entgegen geritten war, vielleicht an einer anderen Front hatte kämpfen wollen. Aber nun am Ende wusste nur der Erzmagier selbst, wohin es ihn verschlagen hatte.

Er erinnerte sich noch, wie sie ihm anfangs gefragt hatte, ob Vaboris vielleicht all dies zu ihrem Schutz getan hatte. Eine fast menschliche Frage einer unsicheren Tochter, die ihren Platz, ihren Weg noch suchen musste. Doch wäre es so gewesen, nun, dann wären wenigstens ein paar Worte des Abschieds angebracht gewesen, die ihr eine Richtung gewiesen hätten. Nichts war ihr geblieben, außer ihrem eigenen Willen.

Kein Bote, welcher sein Ansinnen, seine Ziele, seinen Verbleib seiner Tochter mitgeteilt hatte. Nicht einmal eine Nachricht oder wenigstens ein Wort hatte er für Syndra zurückgelassen. Nun auch eine Hochwohlgeborene hatte es nicht leicht. Ihre Probleme waren einer Natur, mit der er nicht tauschen wollte. Aber sie war stark genug, um weiterhin erhobenen Hauptes ihren Pfad weiter zu gehen.

Seither hatte sie in jener Zitadelle verweilt und an ihren Zielen weitergearbeitet. Über Büchern gebrütet, Bündnisse und Versprechen ihres Vaters aufgearbeitet und verhandelt. Andere wären vielleicht in der Versenkung verschwunden oder hätten sich unter einem anderen Namen in einer anderen Stadt etwas Neues aufgebaut. Gold genug hätte sie gehabt. Syndra jedoch hatte den Ehrgeiz und den Willen weiterzukämpfen.

Nach dem Verschwinden ihres Vaters, der ihr nichts als ein haltloses Versprechen zurückgelassen hatte, war es an der jungen Magierin selbst gewesen, ihren Weg zu finden. Alles, was sie bis dahin wusste, war, dass er die Ehe mit Tanuri hatte eingehen wollen. Dies und ein Bündnis mit der Legion, an welches sie auf eine Weise durch sein Wort selbst noch immer gebunden war.

Die Priesterin, welche ein Versprechen des Hauses erhalten hatte und vor der sie sich rechtfertigen hatte müssen. Ihre einzige Informationsquelle und ebenso einzige Verbündete. Sicherlich nicht ihre erste Wahl, wenn sie ehrlich war, aber nichtsdestotrotz ihre einzige. Syndra hatte mit dem, was sie hatte, was ihr geblieben war, gearbeitet.

Sofern es ein Zerwürfnis gegeben hatte oder sich Pakte verschoben hatten, so hatte weder ihr Vater es scheinbar als nötig erachtet, sie darüber zu informieren, noch eine der anderen Tratschbasen, welche vielleicht im regen Kontakt mit jenem gestanden hatten.

So war sie über viele Dinge im Dunklen gelassen worden. Von dem Bastard, welche die Priesterin geboren hatte, mal ganz zu schweigen. Das war noch ein ganz anderes heikles Thema.

Grundlegend würde Norbert es so ausdrücken: Der Erzmagier hatte als Vater grundliegend versagt. Weder hatte er ihr seine Werte vermittelt noch sie an seinem Leben teilhaben lassen. Alles, was dieses Mädchen über ihren Vater wusste, war, dass jener, solange er sich für jemanden oder etwas begeisterte, dies sehr ausgelassen tat und dabei alles andere um sich herum vergaß. Viele Worte und nicht mehr. Ein Bild, dass er als einfacher Mann ihr kaum nehmen konnte und zudem würde er kaum den Teufel heraufbeschwören und es sich anmaßen.

Aber wenn er darüber nachdachte, wie genau Syndra noch immer das Gespräch mit ihrem Vater rezitieren konnte, war das Wort versagen noch geschmeichelt. Nur einmal hatte er sie diese mit eisiger Stimme jene sprechen hören.
      
„Unterdrücke deinen Impuls mich töten zu wollen, dann erfährst du die Wahrheit.
Nimm meine Hand und ich zeige dir, was in dir steckt.
Ich biete dir Rache, wenn es das ist, wonach du suchst.
Ich gebe dir ein Versprechen, wie einst deiner Mutter.
Wir werden ihn vernichten!“
   
Nun süße Worte, verlockende Versprechen. Das war ihr Resümee gewesen. Alles, was er seiner Tochter offenbar gezeigt hatte, war, dass er mit Worten jonglieren konnte. Ihr Wortlaut – nicht der seine.

Somit kam Norbert zu dem einzigen Schluss, den ein Vater an dieser Stelle treffen konnte. Wenn sich seine mangelnde Verantwortung für seine Tochter nun rächen würde, war es mitnichten ihre Schuld. Nein. Vielleicht mochte der Vater Spione haben, die jeden ihrer Schritte aufzeichneten, jedes ihrer Worte kannten und vielleicht sogar in ihre Gedanken blicken konnten. Aber eingeschritten oder es als wichtig erachtet zu reagieren, Grenzen aufzuzeigen, das hatte er bisher nicht. Und die Möglichkeiten sollte jemand wie er doch durchaus haben, oder nicht? Vielleicht war es einfacher, ein Wappen zu verbrennen oder einen Strich durch einen Stammbaum zu zeichnen, gar einen Krieg zu erklären, als für seine eigenen Verfehlungen  zu erkennen und dafür gerade zu stehen.

Etwas, dass für ihn selbst nicht infrage kam, aber hohe Häuser unterschieden sich nun einmal von den gewöhnlichen. Norbert selbst hatte acht Kinder. Er wusste ihre Namen, wusste um ihre Interessen, ihre Talente und sie alle kannten seine Regeln und Werte. er würde für sie sterben und sich das Herz aus der Brust reißen. Da möchte man doch gerade bei einem so hochwohlgeborenen Haus meinen, dass, wenn schon jemand ein so wachsames Auge hatte, auch jemand der Tochter des Auftraggebers eine Botschaft hätte überbringen können. Oder man regelte es auf eine Hochwohlgeborenenweise und nannte es dann unwürdig des Namens sein. Aber nun, vielleicht wusste Norbert davon auch nichts. Schließlich konnte man nicht immer und überall sein. Und im Grunde wollte er seine Nase auch nicht zu tief in die Angelegenheiten jener stecken, die dafür sorgten, dass er die Mäuler seiner Kinder stopfen konnte.

Und er war immerhin nur Norbert.

Und Norbert hatte eigentlich vorgehabt, ein paar Zitronen zu holen. Bei den Seelen seiner Kinder, was hatte ihn eigentlich so abdriften lassen? Aus seinen Gedanken erwachend, glitt sein Blick suchend umher. Zitronen, und er schweifte dabei zu einem solchen Exkurs über Familienbande und dergleichen ab. Schnell nahm er einige der sonnengelben Früchte aus der Schale, wobei seine Augen das Schreiben erblickten, welches das Siegel des Hauses van Darc trug.

Zwar war er selbst nur ein dummer Diener, der des Lesens nicht mächtig war, aber das Zeichen selbst war ihm sehr wohl bekannt. Vielleicht enthielt es ja Informationen zu dem Verbleib des Erzmagiers. Vielleicht war es sogar von ihm. Bei Ogrimar, wie lange es dort wohl schon lag? Aber immerhin besser spät als nie.

Vielleicht würde er noch einmal seine Denkweise Revue passieren lassen, schließlich nutzten nicht viele das Siegel. Aber vorerst erschien es ihm umso wichtiger, dass die der Tochter des Erzmagiers diese Zeilen erhalten sollte. Roch die Tinte etwa noch frisch? Nun, wenn ja, konnte der Verfasser oder die Verfasserin nicht weit sein und vielleicht sollte er selbst keine Zeit verlieren, um es zu Syndra zu überbringen. Sie würde sicherlich selbst bald in die Zitadelle zurückkehren, weshalb er sich genau dorthin auf den Weg machte. Immerhin war auch er nicht zuletzt ein wenig neugierig, was wohl auf dem wichtig aussehenden Pergament stehen mochte.

Die Tochter des Erzmagus würde es erhalten, auf schnellstem Wege. Dafür sollte Norbert Sorge tragen.
Bild
Tochter des Erzmagus Vaboris van Darc & Miradoria
~ Erstgeborene & rechtmäßige Erbin des Hauses van Darc ~
~ Schwester der Nymeria var Aesir ~ Mitglied der
Legion des Schattens ~

Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht oder Einfluß man diesem gewährt die Gegenwart noch zu beeinflußen. ~
❖Niemand kann sehen, was verborgen liegt. Niemand vermag es zu stehlen, was dir gehört.❖
Odessa
Bauer / Bäuerin
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Registriert: Di 25. Feb 2020, 18:46

#4

Beitrag: # 52811Beitrag Odessa »

Norbert!? Wer!?
 
Mit nicht mehr Worten hätte man die Meinung eines einfachen Dieners wohl quittiert, hätte er es gewagt, ungefragt sein Wort an die Oberen des Hauses zu richten. Als ob sich jemand für die Meinung des Pöbels interessieren würde, man hätte ihn gelangweilt von den Zinnen der Zitadelle geworfen und sich des dumpfen Geräusches beim Aufprall erfreut. Zu dumm nur, dass es jedes mal eine große Schweinerei hinterließ, so erquicklich der Klang auch gewesen sein mochte. Ein Gedankengang der sich glücklicherweise schnell abschütteln lies, waren die Belange der van Darc's nicht länger Priorität. Ein Name der stets wie ein Schleier getragen wurde, keiner mit übermäßig emotionaler Bedeutung, viel mehr ein taktischer Nutzen welcher ihm inne wohnte. Einen Nutzen, welcher fortan gänzlich andere Formen annehmen würde. Für den Moment war nur wichtig und in Stein gemeißelt, dass er nicht länger weitergegeben wurde. Alles was dafür notwendig gewesen war, hatte der Erzmagus vorsorglich vorbereitet. Wie so oft war es nun das Rad der Zeit, welches unaufhaltsam seine Runden drehte. Mit einer solch formidablen Überleitung wechselte der Fokus zu Odessa, denn Zeit war ein wahrhaftig wichtiger Faktor.
 
Einen beachtlichen Teil ihres Lebens wurde sie vom Erzmagus höchstselbst unterrichtet und geformt. Für einen Zweck, eine Bestimmung. Oder viel mehr als Trumpf, sollten die Ereignisse eines Tages eine unausweichliche Wendung nehmen. Als Vaboris sich die Macht des Zirkels einverleibte, wussten beide, sein sterblicher Körper würde sie nicht ewig halten können. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort jedoch...
 
Wollen wir aber nicht zu sehr in vergangenen Ereignissen verharren. Nachdem Odessa das Anwesen verlassen hatte, nahm sie eine beschwerliche Reise auf sich. Ihr Weg führte sie weit in den Westen, fernab von Althea. Dort, wo einst die Shara'Thael den ersten Phönix erschufen, würde sie nach Antworten suchen. Nein, sie würde sie einfordern. Ungezähmte Gewässer, Wälder, Flora und Fauna die sie hinter sich ließ, vor sich noch vieles mehr, dass bis heute unberührt von Zivilisation geblieben war. Kein Wunder das die Sümpfe, welche sie soeben betreten hatte, einen passenden Namen trugen. Die Sümpfe der Vergessenen. Die Frage war nur, wurden sie wahrlich vergessen oder wollte jemand, vielleicht sogar etwas, dass sie in Vergessenheit geraten? Nur ein kurzes Gedankenspiel dessen sie sich hingegeben hatte, tief in sich kannte sie die Antwort bereits. Die Umgebung verlor dadurch aber keineswegs an Mystik. Überall war es zu spüren, je näher sie kam, desto intensiver konnte Odessa es wahrnehmen. Uralte Magie, obgleich sie vor langer Zeit gewirkt wurde, haftete der Wildnis noch immer ein besonderer Hauch an.
 
Ihr Blick wanderte für einen kurzen Augenblick gen Himmel, in kürze sollte die Abendröte den Eingang in die Ruinen offenbaren. Sie war so weit gereist, wenngleich ihr eine Rast gut zu Gesicht gestanden hätte, durfte sie den Zeitpunkt nicht verpassen. Abrupt hielt Odessa inne, lies ihre Sinne ihren Dienst tun. Sie schloss ihre Augen, verharrte, fühlte. Genau in jenem Moment als die Abendröte einsetzte, kanalisierte sie ruckartig ihre inne wohnende Kraft um den Schleier zu brechen, der die Ruinen von Gorgorash hinter sich verbarg. Vor ihr zeichnete sich die Silhouette eines eingestürzten Tempels ab, während der einstige Grundriss mit jeder Sekunde deutlicher erkennbar wurde. Als sie die Augen wieder öffnete musterte Odessa das massive Geröll, welches den Eingang hinein noch immer versperrte. Gerade als sie einen Schritt nach vorne andeutete, erzitterte die Erde unter ihren Füßen, während sich das Geröll aus seinen Einzelteilen langsam zu einer imposanten, riesigen Gestalt formte. Sofort wich sie einen Schritt zurück, sicherte sich einen festen Stand und schob ihren roten Umhang zurück, um sogleich ihren Morgenstern zu zücken.
 
Es geht doch nichts über eine angemessene Begrüßung.
 
Murmelte sie kampfbereit vor sich hin, den Griff ihrer Waffe fest umschlossen.
 
Na komm schon mein Großer, bringen wir es hinter uns.
 
Lächelte sie ihrem größenmäßig deutlich überlegenen Gegner süffisant entgegen, ehe sich eben jener mit mächtigen Schritten auf sie zu bewegte. Mit seinem massiven Arm holte er wuchtig aus, durch einen schnellen Reflex rollte sich Odessa jedoch direkt zwischen seinen Beinen hindurch, um ihrerseits aus der Drehung heraus Schwung zu holen und ihren Morgenstern mit geballter Kraft gegen das Bein des Golems zu schmettern. Einem Gegner aus Fleisch und Blut hätte sie mit Sicherheit das Bein restlos zertrümmert, der Schlag hallte deutlich wieder, jenes magische Konstrukt erwies sich dagegen als hartnäckiger als gedacht. Sofort sprang sie etwas zurück, versicherte sich wieder eines festen Standes, während der träge Sturkopf im Begriff war seine Drehung zu vollenden.
 
Für Spielchen habe ich keine Zeit.
 
Zischte sie unweigerlich, als die eingewebten Runen in ihrem Umhang aufleuchteten und sie ihre Aura entfesselte. Binnen eines Wimpernschlags nahm sie ihre wahre Gestalt an. Das Siegel des Zirkels manifestierte sich aus dem Nichts auf ihrer Stirn, auf ihrem Rücken zeichneten sich in flammende Schwingen ab, während ihre sonst kastanienbraunen Augen zu einem tiefen schwarz wechselten. Dort stand sie nun, die Kreation des Erzmagiers, um Magie mit Magie zu bekämpfen. Doch dieses mal wartete Odessa nicht auf die Initiative ihres Gegenübers, ruckartig stemmte sie die Beine in den Boden, um mit unmenschlicher Geschwindigkeit auf den riesigen Klotz zu stürmen. Es sah für einen Augenblick so aus, als würde sie mitten in die steinerne Faust des Golems laufen, vor dem Einschlag schwang sie sich jedoch blitzartig in die Luft. Flammen züngelten sich entlang ihres Körpers, schmiegten sich beinahe schmeichelhaft an sie, ehe sie zu einem verheerenden, finalen Angriff ansetzte.
 
Und tschüss …
 
Mit jenen Worten verabschiedete sie ihr Begrüßungskommando. Odessa bündelte ihre Macht im Morgenstern, holte mit geballter Kraft Schwung, um mit einem vernichtenden Wurf dem Kampf ein Ende zu setzen. Eine Explosion zerschellte ihren Gegner beim Aufprall zurück in seine Einzelteile und die Kriegerin landete anmutig auf ihren Beinen. Der Weg hinein war geebnet.
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Patriarchin - Erbin der Rubinklinge - Wächterin der Zitadelle
Odessa
Bauer / Bäuerin
Beiträge: 40
Registriert: Di 25. Feb 2020, 18:46

#5

Beitrag: # 52813Beitrag Odessa »

Sorgsam streifte sie sich etwas Schmutz von der Lederrüstung, die sie für so eine Reise bevorzugte. In voller Azur-Rüstung wäre ihr Aufbruch nur unnötig belastet und hätte an manch Örtlichkeiten womöglich für mehr Aufsehen gesorgt, als zuträglich gewesen wäre. Die Priorität bestand darin, möglichst ohne Hindernisse ihr Ziel zu erreichen, letztendlich drängte die Zeit. Deshalb trat Odessa auch zügig ein, während sie achtsam die Umgebung im Auge behielt und mit einem Lichtfunken das Dunkel erhellte. Was einst eine Eingangshalle gewesen sein mochte, lag vollständig in Trümmern. Wahrlich nur noch eine Ruine. Wilde Ranken hatten sich unlängst ihren Weg entlang der Wände und der Decke gebahnt, Ungeziefer und Insekten beanspruchten dies nun als ihr Zuhause. Mit einer wischenden Handbewegung gebot sie Spinnennetzen Einhalt, währenddessen sie weiter ins Innere vordrang. Obwohl sie den Weg nicht genau kannte, leitete sie ein Stück weit die Intuition. Schließlich war es Magie, die noch immer weiter zunahm, je weiter sie ihre Füße trugen. Ein Stück weit Vertrautheit, doch auch Unbekanntes lag darin verborgen. Letzteres schärfte ihre Wachsamkeit nur umso mehr. Einige Schritte vor sich erspähte sie schließlich einen weiteren Durchgang, doch noch bevor sie hindurch schreiten konnte, machte sich ein Gefühl des Unwohlseins in ihr breit, welches unweigerlich in Schmerzen mündete. Für einen Augenblick ging sie in die Knie um nach Luft zu ringen.
 
Nicht jetzt.
Noch nicht …
 
Kam es ihr keuchend über die Lippen, ballte die Fäuste, um dagegen anzukämpfen. Die Bürde die sie auf sich genommen hatte, begann allmählich ihren Tribut zu fordern. Es war nur eine Frage der Zeit, wann es sie zerreißen würde. So kurz vor dem Ziel richtete sie sich jedoch wieder auf, atmete schwer, unterdrückte den inneren Impuls. Schwere Schritte die sie in die Kammer vor sich trugen, um vor einem verwaisten Altar halt zu machen und sich darauf abzustützen. Odessa lies ihren Blick musternd über die Runen gleiten, welche in die Oberfläche eingraviert waren. Jetzt oder nie. In Gedanken spielte sie die Reihenfolge noch einmal ab, in der sie zu aktivieren waren, bevor sie eine nach der Anderen mit ihrer Handfläche berührte. Einige Sekunden vergingen, doch ohne Wirkung. Abermals lies sie ihre Gedanken kreisen, die arkane Sprache war kompliziert, doch Odessa war sich sicher sie gemeistert zu haben. Noch einmal aktivierte sie die Runen in der notwendigen Reihenfolge, doch der erhoffte Effekt blieb aus. Hatte sie versagt? Hatte sich der Erzmagus gar geirrt? Was auch immer es gewesen sein mochte, mit jenen Gedanken sackte sie in sich zusammen, lehnte sich mit dem Rücken gegen den Altar. Ihre Kräfte schwanden und mit ihr auch ihre Hoffnung. Womöglich hatte ihre Transformation, ihr Kampf gegen den Felsengolem sie Kräfte gekostet, die sie nun schmerzlich vermisste und den Prozess in ihrem inneren beschleunigt. Odessa war sich den Konsequenzen bewusst, sie hatte die Aufgabe dennoch angenommen und gab aus voller Überzeugung nur zu gern ihr Leben für die Sache. Doch war es nicht nur ihr Leben, welches davon abhing. Ein letztes mal gedachte sie sich aufzubäumen, kämpfte mit sich selbst, der Schwäche, gegen den Schmerz. Die drohende Ohnmacht hielt sie jedoch davon ab, es erneut zu versuchen.
 
Verzeiht...Mylord.
 
Mit jenen Worten schien sie ihr Leben auszuhauchen. Etwas griff nach ihr, riss den Geist der loyalen Kriegerin mit sich. Doch anstatt das ihr Körper wie erwartet von innen heraus zerbarst, fand sie sich in Mitten eines eigenartigen Traumes wieder. Ihr Bewusstsein war intakt, doch hatte sie keine körperliche Form, keine sterbliche Hülle. Es offenbarten sich ihr Bilder, die sie nicht zuordnen konnte. Drei Männer in edlen Gewändern, die von einer schwer bewaffneten Eskorte begleitet wurden. Jene machten vor einem Tempel halt, welcher verblüffende Ähnlichkeiten mit jenem hatte, in dem sie einen Augenblick zuvor das Bewusstsein verlor. Doch war der Tempel keine Ruine, er war unversehrt. Odessa vernahm eine Stimme die den Begleitschutz aufforderte Wache zu halten, während die protzig gekleideten Männer ins Innere gingen. Aus einem Instinkt heraus wollte sie auf die Wachen zugehen, doch fand Odessa sich einen Augenblick später bereits selbst mitten drin. Niemand schien sie zu bemerken, als wäre sie ein Geist, also beobachtete sie das Geschehen aufmerksam, eine Wahl hatte sie ohnehin nicht. Ihr fehlte jegliche Kontrolle. Es gab keinen Zweifel mehr als sie den Altar erblickte, auf welchem die Männer ein Ritual vorzubereiten schienen. Sie wechselten augenblicklich in eine Sprache, die sie nicht verstand, geschweige denn je zuvor gehört hatte. Die Runen begannen unweigerlich aufzuleuchten, anschließend zückte der größte der Anwesenden einen Dolch, mit welchem er sich in die Hand schnitt und das Blut auf die Reagenzien tröpfeln lies, welche dort aufgebahrt in der Mitte lagen. Es war nicht zu erkennen um was es sich dabei handelte, was im nächsten Moment geschah, lenkte davon aber ohnehin gekonnt ab. Es folgten einige weitere unverständliche Worte, ehe sich die Reagenzien mit dem Blut vollends vermischten und im nächsten Augenblick zu einer kleinen menschlichen Gestalt ohne Gesicht formten. Die Männer wechselten zu einer Sprache die ihr bestens bekannt war. Sie rezitierten einen arkanen Zauber, mit welchem sie Erde, Feuer, Wasser und Luft herauf beschworen und ihn binnen Sekunden mit der körperlichen Gestalt vereinten. Wie durch Geisterhand nahm das Gesicht der Gestalt weiter Form an, es war klar und deutlich ein kleiner Junge mit schwarzen Haaren zu erkennen, woraufhin auch der Rest des Körpers klar zu definieren gewesen war.
 
Bei Ogrimar, wer oder was wird hier beschworen!?
 
Es fühlte sich an, als habe Odessa jenen Gedanken laut ausgesprochen, doch blieb sie weiterhin unbemerkt. Bevor sie einen weiteren Gedanken fassen konnte, wurden die Ritualisten von lautem Kampfgetöse von außerhalb unterbrochen. Magie die tobte, Klingen die sich kreuzten. Kampfgebrüll und schmerzerfüllte Schreie waren unverkennbar hörbar. Zwei der Männer stürmten sofort nach draußen, einer hielt dabei am Eingang noch einen Moment inne.
 
Bring das Kind fort von hier, beschütze es mit deinem Leben.
 
Odessa blickte hinüber zu dem Bengel, gedachte dann selbst nach draußen zu eilen. Doch noch bevor sie sich erneut darüber bewusst wurde das sie keine Kontrolle hatte, löste sich der Traum in Wohlgefallen auf und sie erwachte wieder vor dem Altar. Eine nicht zu deutende Präsenz nahm sie mit einer markanten, männlichen Stimme in Empfang.
 
Sind das die Antworten, die du suchst!?
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Patriarchin - Erbin der Rubinklinge - Wächterin der Zitadelle
Odessa
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#6

Beitrag: # 52816Beitrag Odessa »

Was zum...!?
 
Nur wenige Worte die sie mit Anstrengung über die Lippen brachte und zugleich versuchte, sich am Altar wieder auf die Beine zu ziehen. Ihr Blick streifte umher, doch erspähte sie niemanden. Instinktiv griff sie an ihren Waffengurt, den Morgenstern hatte sie bereits an den Golem verloren. So blieb ihr nur noch die Klinge ihres Vaters, für Magie war sie längst zu schwach, ob sie in dem Zustand eine körperliche Auseinandersetzung zustande bringen würde war ebenso mehr als fraglich.
Viel mehr sogar aussichtslos, dessen war sie sich bewusst.
 
So kampfeslustig, selbst im Angesicht des Todes.
Sag mir, Sterbliche, kannst du dein Ende fühlen?
Wie sich die Macht, die nicht die Deine ist, seinen Weg hinaus kämpft? Wie es dich verzehrt!?
 
Es schien, als ob die Stimme aus allen Richtungen gleichzeitig an ihre Ohren drang, wie ein Echo, welches sich unaufhörlich ausbreitete und mit fortschreitender Distanz wieder schwächer wurde. Noch bevor Odessa eine weitere Reaktion zeigen konnte, erfasste sie ein schemenhafter Griff, riss sie regelrecht von den Beinen hoch in die Luft.
 
Was bist du? Ich sehe Menschlichkeit, doch bist du nicht länger nur ein Mensch. Nicht mehr.
 
Sie spürte einen Atem an ihrem Hals, wie jemand oder etwas ihren Duft einsog. Odessa versuchte sich zur Wehr zu setzen, sich aus den magischen Fängen zu befreien, doch sie war schlicht und ergreifend machtlos. Eine Marionette, die an den Fäden eines Puppenspielers gefangen hing.
 
Wer gab dir diese Macht? Oder bist du gar ein Dieb?
 
Kurzerhand spürte sie wie etwas in ihren Kopf eindrang, um sich an ihren Erinnerungen zu laben. Zusammenhängende Bilder ihrer Vergangenheit. Der Tag an dem ihr Vater verstarb, die Trauer die sie empfand, wie man ihr das Familienerbstück überreichte, welches sie bis heute stets in Ehren bei sich trug. Doch drang jenes Wesen noch viel tiefer in sie ein, suchte offenbar nach etwas gänzlich anderem. Etwas bedeutsameren. Es dürstete nach ihren tiefsten Geheimnissen, sie konnte fühlen, mit welch Gier man geradezu in ihr wühlte. Weitere Bilder zeigten sich, die Heiligtümer Zirkels.
 
In eben jenen Hallen verlieh der Erzmagus ihr einst eine außerordentliche Macht, aus Dankbarkeit für ihre Dienste. Bevor sich die Geheimnisse dahinter jedoch offenbarten, war aus ihrem inneren urplötzlich ein markerschütternder Schrei zu vernehmen, ehe sich aus einem Funken das Zeichen des dunklen Phönix formte und den Eindringling mit Nachdruck aus ihren Gedanken verbannte.
 
Omni'Thael
 
Ertönte die Stimme erneut, behaftet mit einem nun freundlichen Unterton. Der Griff um Odessa löste sich und sie schlug hart auf dem kalten Boden auf, augenblicklich erhellte sich der Raum, als die Runen auf dem Altar eine nach der Anderen in der Reihenfolge aufleuchteten, in der sie zuvor berührt worden waren. Eine männliche Gestalt formte sich aus ihrer Kraft genau vor ihren Augen, er trug das Gleiche Gewand, wie die Männer in ihrem seltsamen Traum. Sein Gesicht war deutlich gezeichnet, keineswegs alt, viel mehr spiegelte sich in seinem Gesicht der Ausdruck wieder, den Gefangene nach langen Jahren der Gefangenschaft annahmen, jede Hoffnung darauf aber bereits verloren haben. Sie blickte zu ihm auf, sichtlich überrascht von der dargebotenen Hand.
 
Verzeiht...amica.
 
Amica!? So schnell konnten sich Eindrücke gegenseitig widerlegen. Wenn auch zögerlich und misstrauisch griff sie nach der Seinen, um wieder auf die Beine zu kommen. Ihre Augen legten sich prüfend auf sein Antlitz, während er sie behutsam stützte.
 
Wer seid ihr?
 
Eine naheliegende Frage, die zunächst unbeantwortet bleiben sollte. Er schob seine Hand unter ihr Kinn und hob es leicht an, einen kurzen Moment kreuzten sich ihre Blicke. Mit einem Lächeln auf den Lippen schob er die Kapuze von seinem Haupt, unbändiges schwarzes Haar kam dabei zum Vorschein. Ein Mann, der gut und gerne in ihrem Alter gewesen sein mochte und dessen blauen Augen durchaus mit einem gewissen Charme aufwarten konnten.
 
Antworten erfordern Zeit.
Die eine Sache, die du nicht hast. Nicht wahr?
 
Ohne sie zu Wort kommen zu lassen wanderte seine Hand an ihre Wange, schloss seine Augen um ihr Kraft zu spenden. Wärme breitete sich in ihrem Gesicht aus und durchzog Stück für Stück ihren gesamten Körper. Sie mochte dadurch nicht wieder zu voller Stärke gelangen, doch was der Fremde ihr gab würde genug sein, um vorerst durchzuhalten.
 
Dankt mir nicht.
Das Unvermeidliche kann auch ich nur hinauszögern.
 
Kam er ihr zuvor als sie Anstalten machte zu sprechen, sich dabei aber auch einen Schritt weit von ihm entfernte. Sie atmete einmal tief durch, währenddessen sie ihn scharf ansah. Was genau war das hier nun? Eine Frage jagte die Nächste, ihren Gesichtszügen nach zu urteilen musste man auch kein Hellseher sein.
 
Mein Name lautet Gorgorash, ich bin der Letzte der Shara'thael.
Ich war es, der diesen Tempel einst hat errichten lassen.
Was du gesehen hast, waren meine Erinnerungen.
 
Ungläubig betrachtete Odessa ihren Gegenüber, in Gedanken jonglierte sie bereits mit diversen Szenarien. Es ergab überhaupt keinen Sinn, entsprechend fiel auch ihre Reaktion darauf aus.
Es heißt, eure Rasse wurde ausgelöscht. Wie konntet ihr überleben?
 
Mit einem Nicken bekräftigte Gorgorash ihre Worte und bot ihr abermals seine Hand dar.
 
Es ist einfacher es dir zu zeigen, sieh selbst!
 
Gleichermaßen fordernd und einladend verharrte er vor ihr mit ausgestreckter Hand. Natürlich hatte sie keinen Grund ihm zu trauen, geschweige denn zu glauben. Was sie zuvor gesehen hatte fühlte sich jedoch zu real an, um an der Echtheit zu zweifeln. Sie kam für Antworten, vielleicht war dies die letzte Möglichkeit sie zu erhalten. So legte sie ihre Hand in die Seine, zaghaft und achtsam. Wieder überkam sie dieses eigenartige Gefühl, dieses Etwas, dass bereits zuvor nach ihr griff und sie aus dieser Welt zog.
 
Sie fand sich inmitten eines Schlachtfeldes wieder, auf dem sich zwei Heere gegenüber standen. Eine Armee in den Farben die auch Gorgorash trug, ihnen gegenüber standen Männer in schwarzen Roben und einem Banner, dass sie nur zu gut kannte. Der Orden des schwarzen Phönix.
 
Du erkennst sie wieder, ist es nicht so?
 
Es war Gorgorash's Stimme die sie vernahm und sie behutsam durch seine Erinnerungen geleitete. Er zeigte ihr den Ausgang der Schlacht, den Untergang der Shara'thael. Nur zu gut erinnerte sich Odessa an die Macht, welche auch hier zum Einsatz kam. Ein gewaltiges Arsenal aus allen bekannten Magieschulen. Verheerend, effektiv, alles in ihrem Weg verzehrend. Die Kulisse wechselte in ein Meer aus Asche und Blut. Ein in die Knie gezwungener Gorgorash, der sich einem jungen Magier gegenüber sah, der augenscheinlich das Kommando über die Seinen hatte. Ein Wortwechsel folgte, dem sie aufmerksam lauschte.
 
Sideros.
Das ist Wahnsinn. Wir können es noch aufhalten, lasst es uns beenden!
 
Ja das werden wir. Wir werden vollenden, was Irialtok einst begonnen hat.
Mit eurer Macht werden wir selbst den Zirkel in die Knie zwingen. Aus der Asche eurer aller Niedergang, wird der schwarze Phönix sich erheben und seine Schwingen ausbreiten.
 
Einprägsame Worte die gesprochen wurden, wie könnte man sie auch vergessen? Odessa selbst stand dem Wahnsinn des Ordens gegenüber und war Zeuge dessen was notwendig war, dieses Pack vom Antlitz der Welt zu tilgen. Die Leben die verloren gingen, die Opfer die gebracht werden mussten, die Bürde die sie nun selbst zu tragen hatte und wiederum ihr eigenes Leben bedrohte. Sie ließ sich weiter im Strom vergangener Ereignisse mitreißen und fand sich sogleich im nächsten Kapitel der Geschichte wieder. Gorgorash teilte sein Schicksal mit ihr. Zurück am Tempel sieht sie Gorgorash, wie er vom Orden hineingezerrt wurde. Bilder die Aufschluss darüber gaben, warum er sein Leben noch nicht verwirkt hatte. Gemessen daran was folgte, war der Terminus Leben aber alles andere als weise gewählt. Im inneren wohnte sie seiner Verbannung bei, ein Fluch der ihm nicht ermöglichte zu altern oder zu sterben. Verdammt dazu für alle Ewigkeit an diesen Ort gebunden zu sein, gefangen mit seinen Erinnerungen, in vollem Bewusstsein seines Scheiterns.
 
Sie wussten wir haben in diesem Tempel eine Beschwörung durchgeführt.
Wir Shara'thael haben viele Gaben, eine davon macht es unmöglich unseren Geist zu brechen.
Sie mochten sich unsere Magie aneignen, doch diese Hürde war selbst für sie unüberwindbar.
Als Strafe für mein Schweigen haben sie mich hier eingesperrt, als Schatten meiner selbst.
Mein Volk war ausgelöscht, wir wurden restlos aus der Geschichte getilgt. Wir wurden schlicht vergessen.

Der Junge!
 
Erinnerte sich Odessa in jenem Augenblick, was uns zu einem weiteren Kapitel führen würde.
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Patriarchin - Erbin der Rubinklinge - Wächterin der Zitadelle
Odessa
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#7

Beitrag: # 52817Beitrag Odessa »

Die Reise durch seine Erinnerungen setzte sich zu einem noch früheren Zeitpunkt fort. Eine Versammlung der Shara'thael. Die Mächtigsten unter ihnen führten eine hitzige Debatte über die bevorstehende und schicksalsträchtige Schlacht gegen den Orden. Flucht. Unterwerfung. Kampf. Die Möglichkeiten waren nicht sehr vielfältig, so war es Gorgorash, der das Wort ergriff.
 
Kampflos werden wir nicht untergehen, doch hört mich an.
Wenn wir hier und heute nichts unternehmen, dann gibt es keine Zukunft für unser Volk.
Lasst uns das Omni'thael beschwören.
creatio omnis elementa!
 
Gelächter und Spott erfüllten den Raum, keiner der Anwesenden schien sein Ansinnen wirklich ernst zu nehmen. Wahnsinn und Ketzerei, mit nicht weniger sah sich Gorgorash konfrontiert. Die darauf folgende Abstimmung erzielte in eindeutiger Mehrheit den Kampf, dessen Ausgang wir bereits Zeuge wurden. Mit einem Sprung nach vorne, noch am darauf folgenden Tag, verknüpften sich die Erinnerungen zu einem fast vollständigen Gesamtkonstrukt. Ein geheimes Treffen zwischen Gorgorash und zwei seiner treuesten Gefolgsleute gab Aufschluss darüber, wie sie sich dem Willen der Mehrheit widersetzten und sich dazu entschieden, die verbotene Magie der Shara'thael einzusetzen. An jenem Tag legten sie den Grundstein für eine Geschichte, deren Höhenpunkt in Bälde erreicht sein und zu einem Abschluss kommen sollte. Im nächsten Augenblick fand sich Odessa zurück in der Realität.
 
Was wir an jenem Tag erschaffen haben, war Hoffnung.
Hoffnung auf das Fortbestehen unseres Volkes.
 
Die Shara'thael wurden dennoch ausgelöscht.
Was wurde aus dem Kind?
 
Entgegnete sie mit der wohl bedeutsamsten Frage auf seine Worte. Gorgorash lächelte nur schmal und trat mit voller Überzeugung an sie heran. Seine Hand strich samtweich über die Haut ihrer Wange, während seine blauen Augen sie fest in seinem Blick fixierten.
 
Oh meine Liebe.
Erkennst du es nicht?
 
Irritiert ruhte ihr Blick in dem Seinen. Seine Mimik die zuvor noch gequält wirkte, hatte sich unweigerlich davon los gelöst und in Zuversicht gewandelt.
 
Du trägst unsere Schöpfung in dir.
Hinter der Macht die dich zu verzehren droht, schlummert das Omni'thael.
Unsere Schöpfung. Unsere Hoffnung.
 
Odessa verstand nicht was vor sich ging und löste sich aus seiner Hand, während sich ihre Stirn ratlos in Falten legte. Schöpfung. Hoffnung. Omni'thael. Von was in aller Welt faselte der Schönling da? Wie sollte sie in den Besitz dessen gekommen sein, was angeblich in ihr schlummerte?
 
Die Zeit in diesem Rattenloch scheint euch auf das Gemüt zu schlagen.
 
Kam es spitzzüngig über ihre Lippen, hatte er restlos den Verstand verloren? Gorgorash hingegen lachte laut auf, keineswegs spöttisch, viel mehr überrascht.
 
Ich kann dir nicht sagen wie oder warum, doch trägst du es in dir. Ihn!
 
Ihn?
 
Die verloren geglaubte Hoffnung. Der Junge. Der Mann zudem er wurde.
Konntest du ihn nicht fühlen? Der Phönix, der mich aus deinen Gedanken verbannt hat?
ER hat dich beschützt, sieh genauer hin!
 
Der Schock stand Odessa förmlich in das Gesicht geschrieben, als sie für einen Moment in sich ging und nach dem suchte, von dem er so offenkundig schwadronierte. Schlagartig wurde sie sich darüber im klaren, wie viel Wahrheit verborgen lag. Hinter ihrer eigenen Macht, hinter der Bürde die sie zusätzlich trug, leuchtete ein nahezu unbedeutend kleines Feuer, gerade noch stark genug um nicht zu ersticken. Sie hatte es für einen unterbewussten Reflex ihrer eigenen Kräfte gehalten, eine magische Barriere, eingewebt und verschmolzen mit ihrem Geist. Der Erzmagus hatte sich stets solcher Mittel bedient, um die Seinen und sich selbst vor gierigen Individuen zu schützen, welche nach ihren Kräften dürsteten. Niemand kann sehen, was verborgen liegt. Niemand vermag es zu stehlen, was dir gehört. Jene Worte hatte Vaboris ihr mit auf den Weg gegeben, als er ihr ihre Kräfte verlieh. So war es nicht verwunderlich, dass sie zunächst nicht genauer hinsah. Tief in ihr vergraben verharrte er aber, verwob unweigerlich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander.
 
Es war kaum etwas über die kindliche Vergangenheit des Erzmagiers bekannt. Man erzählte sich Geschichten, munkelte, doch er selbst hatte stets ein großes Geheimnis darum gemacht. Vielleicht erinnerte er sich auch wirklich nicht mehr daran, wie er einst durchblicken lies. Alles was man mit Sicherheit wusste war, dass er als kleiner Junge im Waisenhaus von Lichthafen abgegeben wurde. Althea war die längste Zeit seine Heimat, dort, wo Seraphim und Götter ihr Zuhause nannten, reifte er zu jenem Mann heran, der sich bis an die Spitze des Zirkels kämpfte und letztendlich auch den Orden bezwang.
 
Meister des Krieges
Meister der Elemente
Eiskalte Vergeltung
Bezwinger von Sideros
Ältesten-Schlächter
Erzmagier
Der dunkle Phönix
 
Noch viele weitere Namen und Titel die all die Zeit mit sich brachten. Ein Mann der viele Kriege geführt und nicht einen einzigen verloren hat. Nun sollten sich drei weitere Bezeichnungen nahtlos in eine lange Legende einfügen.
 
Omni'thael
Hoffnung der Shara'thael
creatio omnis elementa
 
Schweigend verharrte Odessa an Ort und Stelle, währenddessen sie versuchte der Situation und ihren Gedanken Herrin zu werden. Sie erinnerte sich an die Stunden vor der finalen Schlacht, letzte Worte die gewechselt wurden und nicht zuletzt auch an den Ausgang. Mit einem Lächeln auf den Lippen und einem vae victis setzte Vaboris dem Alptraum endlich ein Ende. Obgleich er nur einen Teil seines Versprechens an seine Tochter halten konnte, opferte er sich ohne zu zögern selbst auf. Irgendwie scheint es ihm jedoch gelungen zu sein, seinen Geist im Reich der Sterblichen zu halten, ihn an die Macht des Zirkels und letztendlich an Odessa zu binden. Sie war das Gefäß, stark genug um ihre letzte Order auszuführen. Doch warum schickte der Erzmagus sie ausgerechnet an diesen Ort? Was erhoffte er sich, welch Antworten Odessa hier vorfinden würde? Mit jenem Gedankenspiel widmete sie sich wieder Gorgorash.
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Odessa
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#8

Beitrag: # 52818Beitrag Odessa »

Es ergibt keinen Sinn.
Selbst wenn ein Teil von ihm überlebt hat, kann ich ihn nicht zurückbringen.
Die Macht des Zirkels ist seines Blutes vorbehalten.
 
Stellte sie unmissverständlich klar, zu lange war sie in seinen Diensten, als das sie sich den Geheimnissen und Mythen nicht bewusst gewesen wäre.
 
Das du hier bist kann nur eines bedeuten.
Er war sich seiner Herkunft bewusst und hat die Lügen des Zirkels durchschaut.
 
Lügen, Intrigen und Illusionen, nichts was neu für Odessa gewesen wäre. Sie selbst half bei der Erschaffung und Erhaltung selbiger, der Einfluss des Erzmagus war durchzogen von Schein und Sein. Einzig die Macht selbst war stets real, rein und unbefleckt.
 
Die arkane Blutlinie entsprang nicht der Macht des Zirkels, keiner Willkür oder Laune der Natur. Wir, die Shara'thael, haben sie erschaffen. Es war Salvier, die einst einen Pakt mit den Unseren schloss, ein Pakt zur Erhaltung des Gleichgewichts. Für diesen Zweck erschufen wir, wann immer ein Ungleichgewicht auftrat, ein Kind der Erde, des Feuers, des Wassers oder der Luft. Ein Nekromant namens Irialtok war es, der Salvier den Rücken kehrte und das Banner des schwarzen Phönix zum ersten mal hisste. Sie nannten es die Säuberung, der erste große Krieg gegen den Orden. Irialtok und die Seinen waren im Begriff sich alle Magie zu unterwerfen und jene zu richten, welche sich ihrem Willen widersetzten. Sie stürzten die Elemente ins Chaos, aus dem Chaos gedachten sie einen schwarzen Phönix empor steigen zu lassen. Eine mystische und dunkle Perversion, die sich von elementarer Energie nährt um seine Gestalt zu wahren.
 
Aufmerksam lauschte Odessa seinen Worten und wurde sich sogleich darüber bewusst, wie wenig sie tatsächlich wusste. Wenn auch vieles für sie noch schleierhaft wirkte, sorgte Gorgorash dafür, dass sie das große Ganze begreifen würde.
 
Mit vereinten Kräften stellten wir uns dem Feind, doch war es Salvier, die uns den Sieg brachte. Sie kanalisierte die verbotenen Schriften des Zirkels um einen Dimensionsriss zu formen, opferte sich, indem sie Irialtok und sich selbst darin einschloss. Das Unheil war abgewendet, doch verlor der Zirkel an jenem Tag seine Schöpferin. Ohne ihre führende Hand verdarb der Zirkel von innen heraus, Machtkämpfe und Intrigen formten den Zirkel der Magier, wie er über Generationen fortgeführt wurde. Sie zerstörten vollständig das Vermächtnis von Salvier, brandmarkten sie als Abtrünnige, indem sie ihr Opfer als Ketzerei deklarierten. Über die Jahrhunderte gab es viele Überlieferungen, verschiedene Versionen darüber, was wirklich geschehen war. Der erste Ältesten-Rat des Zirkels etablierte seine eigene Vorstellung von Wahrheit, blendete künftige Generationen, indem sie sich selbst als die Helden jener Schlacht präsentierten. Sie rühmten sich damit die arkane Blutlinie erschaffen zu haben. Jene die die Wahrheit kannten wurden entweder rekrutiert und zum schweigen gebracht, andere verstoßen, gejagt und getötet. So entschloss sich mein Volk den Pakt zu brechen, die Shara'thael zogen sich zurück und schworen, nie wieder ein Kind der Elemente zu erschaffen. Das arkane Blut drohte auszusterben, es oblag fortan dem Zirkel, seine Interpretation von Gleichgewicht zu lehren. Viele Jahrhunderte später war es Sideros, einer der wenigen Nachfahren unserer Schöpfung, der den gleichen Pfad einschlug wie einst Irialtok. Sein Wahnsinn stand ihm in nichts nach, zuerst spürte er die verbliebenen seiner Art auf, beraubte sie ihrer Macht, um letztlich über die Unseren herzufallen. Diejenigen von uns die nicht im Kampf gefallen waren wurden versklavt und früher oder später in einem blutigen Ritual geopfert, um weitere von Sideros Art zu erschaffen. Auf diese Weise konnte er über die Zeit immer mächtiger werden, er bediente sich der Macht seiner eigenen Spezies wenn sie alt genug waren, unser Blut war der Schlüssel. Man munkelte sogar, er habe sich ein Mädchen aus dem Zorn des Meeres selbst erschaffen, die er als seine Tochter groß zog. Nach meiner Verbannung hoffte ich das Omni'thael würde eines Tages sein Schicksal erfüllen, geschaffen aus den vereinten Kräften wäre er nicht nur der Einzige dieser Art, sondern auch stark genug um den Orden für immer zu besiegen. Ich wartete bis heute, voller Hoffnung, bis ich mich eines Tages meinem eigenen Schicksal ergab, verdammt bis in die Ewigkeit. Doch dann kamst du!
 
Mit jenen Worten beendete Gorgorash seine Erzählung und bedachte Odessa mit einem eindringlichen Blick. Eine Menge Inhalt über den sie am liebsten bei einem Glas Wein vor dem Kamin nachgedacht hätte, um in Ruhe alles sacken zu lassen. Doch sie war hier, bei ihm, während ihre Existenz bestenfalls noch die Lebensspanne einer Eintagsfliege hatte. So zögerte sie nicht lange ihr Wissen in das Seine einzuflechten. Sie berichtete ihm vom Fall des Sideros, hoch oben im Norden, im ewigen Eis. Vom Kampf gegen die Ältesten des Zirkels und die Machtübernahme durch den Erzmagus. Davon wie der Orden durch eine unglückliche Verkettung von Ereignissen wieder erstarken konnte, letztendlich vom Ausgang der Schlacht und dem Grund warum Odessa vor ihm stand. Ein sensibles Detail brachte Gorgorash jedoch dazu, sie schlagartig zu unterbrechen.
 
Eine Tochter!?
 
Fuhr er ihr ins Wort und wirkte alles andere als begeistert davon, dass eine Nachfahrin von Sideros das Licht der Welt erblickt hatte. Seiner Stimme wohnte ein gewisses Entsetzen bei, obgleich er sich große Mühe gab, sich nichts anmerken zu lassen.
 
Syndra, sie trägt den Namen ihres Vaters.
 
Ich verstehe.
 
Entgegnete er mit nachdenklicher Mine und gedachte für den Moment nicht weiter nachzuhaken. Etwas daran schien ihn ganz offensichtlich zu stören, lenkte jedoch ein.
 
So kenne ich nun aber den Grund, warum er dich hier her entsendet hat.
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#9

Beitrag: # 52828Beitrag Odessa »

Abwartend traf ihn ihr Blick, konnte sie sich keinen Reim darauf machen. Nach allem was geschehen war, erlaubte Odessa sich kein vorschnelles Urteil mehr. Nicht das ihre Gedanken das Ausmaß all dessen nicht zu ordnen oder begreifen versuchten, nach all der Zeit fühlte sie sich zum ersten Mal hilflos. Zurückgelassen in einem wirren Netz, dessen Fäden weit in der Vergangenheit seinen Ursprung fanden und bis zu jenem Tag unaufhörlich weiter gesponnen wurden. Nicht zuletzt war es auch der Erzmagus der es vorzog, trotz gewisser Kenntnisse alle Welt, ja sogar seine loyale Kriegerin selbst im Unklaren zu lassen. Sie kannte ihn nur zu gut, dennoch empfand sie in diesem Augenblick eine gewisse Wut zwischen all dem Vertrauen welches sie stets, auch jetzt noch, in ihn setzte.
Dann beendet diese Ungewissheit. Sprecht!
 
Sprudelte es mit einem gewissen Trotz aus ihr heraus. Keine weiteren Rätsel, keine Täuschung mehr. Wenn es einen Grund für all das gab, war nun der Zeitpunkt gekommen sich aus dem Netz zu befreien.
 
Es bedarf einer Hülle für seine Wiederauferstehung. Ein Gefäß das nicht nur seinen Geist, sondern auch die Macht in sich vereinen kann. Ich sagte es bereits, das Blut meines Volkes ist der Schlüssel, in mir fließt noch reichlich davon. Befreie dich davon, lass ihn gewähren. Aus der Asche deines Niedergangs wird sich der Phönix erneut erheben.
 
Aus der Asche ihres Niedergangs. Es waren jene Worte die sie sichtlich trafen. Sollte sie am Ende nur ein Bauer gewesen sein, den man zum Wohle des Königs opferte? Ein Mittel zum Zweck? Es widersprach allem, was sie von ihm wusste. Nicht das der Erzmagus stets sein Herz auf der Zunge getragen hätte, es fehlte grundlegend der Zusammenhang zwischen seinem bisherigen Auftreten und dem, mit dem Odessa sich nun konfrontiert sah. Erst lehrte er sie die Macht ihrer Klinge zu bündeln und das Geheimnis ihrer Familie zu lüften, um sie schließlich in der Magie des Feuers zu unterweisen. Er verlieh ihr zusätzliche Macht als Zeichen seiner Wertschätzung, die er wie so oft nur auf diese Weise zeigen konnte. Nicht das er sie jemals als solches bezeichnete, doch nahm er sich ihrer auch an, wie ein Vater seiner Tochter. Die Leere die ihr leiblicher Vater hinterließ füllte er aus, gab ihr ein Zuhause, Schutz, neue und herausfordernde Aufgaben. Nicht zuletzt war auch er es, der sie von seinem alter Ego rettete und seinen eigenen Kopf dafür riskierte. Selbst die Streitkräfte in der Zitadelle staunten nicht schlecht, als der Lord Protektor sie in seinen Armen wohlbehütet hinter die schützenden Mauern brachte. Am Ende war es wohl exakt der Umstand der zu Odessa's Entscheidung führte, ihre Zweifel verdrängte, um seine Geste zu erwidern.
 
Amicus certus in re incerta cernitur.
 
Murmelte sie in vollem Bewusstsein der Bedeutung, ehe sie ihre Klinge zückte und näher an Gorgorash heran trat. Mit einem sachten Nicken bot er ihr seine blanken Arme dar, bereit seinen Beitrag zu leisten. Blut wird verlangt, Blut soll fließen. Mit einem schnellen und präzisen Schnitt ebnete Odessa den Weg. Als die ersten Tropfen den Boden tränkten, schloss sie für einen Augenblick die Augen, ließ die einprägsamsten Momente in ihrem Leben noch einmal Revue passieren. Mit einem tiefen Atemzug kämpfte sie schließlich nicht länger dagegen an und ließ die Macht gewähren. Es begann an ihr zu zehren, sich ihrer zu ermächtigen. Ranken bahnten sich den Weg von den Wänden zu ihr, umschlangen erst ihre Beine, dann ihren gesamten Körper. Die Temperatur in der Umgebung sank unweigerlich ab, bildeten einen schleierhaften Nebel welcher sich auf ihre zarte Haut legte. Donnergrollen war zu vernehmen, als sich dunkle Wolken am Himmel zusammen schoben, einen gewaltigen Blitz durch den Tempel jagten und direkt durch Odessa fuhr. Noch bevor sie zu Boden ging stützte Gorgorash sie erneut, ein letztes Mal, wurde Zeuge wie sie ihren letzten Atemzug nahm. Behutsam bettete er sie auf dem Altar, flüsterte ihr letzte Worte zu.
 
Requiesce in pace mulier fortis.
 
Ihr Licht erlosch und der Funke tief in ihrem Inneren flammte auf. Eine gewaltige Feuersäule entfuhr ihrem leblosen Körper, erstreckte sich bis in den Himmel, bevor sie den Körper Odessa's verzehrte und nichts als Asche übrig lies.
 
Eis
Erde
Feuer
Luft
 
Die Elemente verbanden sich mit dem Blut des Shara'thael, schienen sich gar daran zu nähren. Aus einer mystischen Verbindung formte sich zunächst eine gesichtslose Gestalt ohne Geist. Abermals erklang der Schrei des Phönix, lauter, ungezähmt, kraftvoll. Eine Welle aus arkaner Energie erschütterte die Ruinen, wuchtete Gorgrorash sogleich ungebremst an die Wand. Als er aufsah, ward er ein weiteres mal Zeuge der Entstehung seiner eigenen Schöpfung. Doch etwas war anders, er konnte es fühlen. Chaos umgab das Omni'thael, eine dunkle Macht, durchtrieben und arglistig. Noch bevor Gorgorash es deuten konnte, manifestierten sich die Schwingen Ogrimars am Rücken der Gestalt, während sich die Gesichtszüge des Erzmagus in ihr Gesicht zeichneten. Binnen Sekunden war die physische Manifestation abgeschlossen und das Siegel des Zirkels präsentierte sich auf seiner Stirn. Flammen der Hölle umkreisten seinen Körper, es schien gar so, als würden sie von einer finsteren, gar gehässigen Lache begleitet. Gorgorash erhob sich rasch, seinen Zügen konnte man entnehmen wie er sich dem Unheil bewusst wurde, welches er angerichtet hatte. Noch ehe er es stoppen konnte, nahmen blaue kalte Augen ihn ins Visier.
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#10

Beitrag: # 52835Beitrag Vaboris van Darc »

Salve vetus amicus.
Oder sollte ich sagen...Vater!?
 
Ein verächtliches Lächeln zierte seine Lippen, während er Gorgorash abschätzig musterte und ihn mit einem druckvollen Stoß seiner Rechten zurück an die Wand beförderte.
 
Sag mir...Narr.
Habe ich deine Erwartungen erfüllt? Gefällt dir was du siehst?
 
Fragen rhetorischer Natur, denn sie bedurften keiner Antwort. Kaum war Gorgorash auf dem Boden aufgeschlagen, hievte ihn der Erzmagus mit seinem bloßen Willen in die Luft und ließ ihn dort verharren. Seine spezielle Art seinen Gegner anmutig zu umkreisen, schien er nicht verloren zu haben. Mit langsamen Schritten umwanderte er ihn, lauernd und missbilligend. Vor seinem Gesicht machte er Halt, blickte ihm dabei tief in die Augen. Vaboris wollte es sehen, gar genüsslich auskosten. Der Augenblick, als die Hoffnung seines Schöpfers erneut starb.
 
Fühlt es sich für dich so gut an wie für mich?
 
Führte er sein kleines Spiel fort, mit brachialer Gewalt gedachte er es ihn spüren zu lassen. Mit einer wischenden Handbewegung schleuderte er ihn auf die gegenüberliegende Seite und erfreute sich des Geräusches beim Aufprall. Es mochte nicht so erquicklich gewesen sein wie der tiefe Fall von den Zinnen der Zitadelle, doch ausreichend genug um zu demonstrieren, wie man sich als Marionette fühlte.
 
Ein fantastisches Gefühl, nicht wahr!?
Ich muss an mich halten, sonst beginnt es noch mich zu erregen.
 
Flink und gleichermaßen spöttisch blickte er an seinem Körper hinab, schien sich aber keineswegs daran zu stören, dass er sich vollständig unbekleidet präsentierte. Mit einem tiefen Atemzug sog er Luft in seine Lungen, ehe er sich ihm wieder widmete.
 
Steh schon auf, wir haben einiges zu bereden.
 
 
Eine Aufforderung seinerseits, welcher ein kühler Blick folgte und Vaboris ihm dabei zusah, wie sich jener wieder auf die Beine raffte.
 
Fanatiker! Wenn ich sehe was aus dir geworden ist, gibt es nichts, was wir zu bereden haben. Deine Schöpfung stand für die Hoffnung des Fortbestehens meines Volkes, dir war eine Bestimmung auferlegt. Stattdessen gibst du dich dem Chaos und der Dunkelheit hin. Selbst deine rothaarige Freundin hast du ohne mit der Wimper zu zucken geopfert. Töte mich, wenn es dir Befriedigung verschafft, du tätest mir einen Gefallen. Befreie mich aus meinem Kerker.
 
Die Augen des Erzmagus funkelten bei der Erwähnung Odessa's auf und er trat wieder etwas näher heran. Nur eine Nasenlänge trennten sie voneinander, Augenblicke vergingen bevor Vaboris fest sein Kinn ergriff und mit einem gelangweilten Lächeln antwortete.
 
Welch Drama in dir steckt, wer hätte das gedacht. Dich töten? Nein.
Der Tod ist so endgültig. Du mein gottloser Freund, wirst mich noch lange begleiten.
Nun zeige ich dir DEIN Schicksal, DEINE Bestimmung.
 
Mit nicht weniger als diesen Worten drehte er den Spieß um, bedachte ihn seinerseits mit Erinnerungen. Weit in der Vergangenheit offenbarten sich Gorgorash Bilder eines kleinen Jungen, an dessen Seite ein alter Bekannter Gorgorash's stand. Über ihnen zierte ein Schild den Eingang zu einer Stadt, welche jedem altheanischen Bewohner bestens bekannt sein durfte. Lichthafen! Er wurde Zeuge wie man ihm nicht nur einen Teil seiner Erinnerungen nahm, sondern auch den schlummernden Phönix in ihm versiegelte, ehe man ihn wie einen räudigen Köter an das Waisenhaus übergab und sich selbst überließ. Mit einem Zeitsprung in die Zukunft war der Junge erwachsen geworden, ein Gespräch zwischen ihm und einer Dame im Waisenhaus gab Aufschluss darüber, dass er nach Informationen zu seiner Vergangenheit suchte und sie letztendlich auch bekam. Mit einem weiteren Sprung vorwärts zeichnete sich ein Szenario ab, dessen Ende Gorgorash das gesamte Ausmaß dessen aufzeigte, was geschehen war. Es war Merikos, der Shara'thael der den Jungen in Sicherheit bringen sollte, der sich dort in voller Erwartung eines Gnadenstoßes schwer verwundet im Dreck krümmte. Über ihn gebeugt sah er Vaboris, welcher ihn zunächst seiner Macht beraubte und in Folge dessen den Geist von Merikos in einen violetten Stein einschloss. Spätestens hier schien klar, dass die Finsternis schon immer in ihm keimte.
 
Sieh genau hin.
 
Drangen die Worte des Erzmagus zwischen die Erinnerungen, um sogleich weitere mit ihm zu teilen. Ein Häuflein Asche blieb zurück, als Vaboris letztendlich Merikos Körper unwiderruflich aus dem Leben tilgte.
 
Sadistischer Bastard!
 
Trat es mit Entsetzen über Gorgorash's Lippen, sein Gegenüber nahm es lediglich als Kompliment und führte die Reise in die Vergangenheit ungeniert fort. Weiter in der Zukunft befinden wir uns im Turm der Ältesten, wo stets der Rat des Zirkels tagte. Wir sehen Vaboris im Kampf gegen die Ältesten, wie er Einen nach dem Anderen niederstreckte und sie ebenfalls ihrer Macht beraubte. Sie folgten dem gleichen Schicksal wie Merikos, ihr Geist versiegelt in violetten Steinen, ihre Körper nicht mehr als Asche.
 
Althea war in vielerlei Hinsicht lehrreich.
 
Die Erinnerungen setzten mit seinen Worten vorerst aus und der Erzmagus stieß Gorgorash wieder von sich. Schließlich beschwor er in seiner Handfläche jene violetten Steine, die Gorgorash in den Erinnerungen sah. Einer nach dem Anderen schwebte sogleich in der Luft, denn Vaboris wurde nicht Müde sein Spiel weiter voran zu treiben.
 
Merikos
Sideros
Argorex
Zeriv
Melayah
Brevelon
Viridian
 
Kommentierte er in einer Aufzählung nur einige der Namen in seiner Sammlung, bevor sein durchtriebener Blick Gorgorash abermals einfing.
 
Vielleicht sollte ich ein wenig Dankbarkeit heucheln, hm!?
Althea ist ein Ort voller Mysterien. Drei unscheinbare und doch mächtige Steine haben es mir besonders angetan. Ich war wie besessen von ihnen, studierte ihre Kraft und deren Eigenschaften in vielen schlaflosen Nächten. Kaum ein Jemand sieht mehr als einmal hin, für die Meisten sind sie nur ein Mittel zum Zweck. Doch ihre Eigenschaften sind außergewöhnlich. Mel. Fenrir. Jormungand. Darin versiegelt und für mittelmäßigen Tand eingetauscht. Schon als ich den Ersten in meinen Händen hielt, erkannte und spürte ich deren Potential. So lüftete ich die Beschaffenheit, den Ursprung ihrer Kraft und erschuf meine eigenen Versionen. Für nur ein Ziel, nur einen einzigen Zweck. Sind sie nicht wunderschön?
 
Mit einer gekonnt spielerischen Einlage lies Vaboris die Steine in der Luft jonglieren, in jedem Einzelnen schlummerte der Geist einer besonderen Persönlichkeit.
 
Ihre Seelen sind an die Steine gebunden, die Steine an die Meine. Ein endloser Kreislauf der nur durchbrochen werden kann, wenn mein Geist das Reich der Lebenden endgültig verlässt. Verlässt mein Geist das Reich der Lebenden, erlischt auch mein Zauber und die Macht, die sie mir verleihen.
Mein endgültiger Tod wird auch der Ihre sein. Doch ich gedenke noch sehr lange zu leben.
 
Wir hielten Irialtok und Sideros für Wahnsinnige, du übertriffst sie beide.
 
So entzückend ich deine Schmeicheleien auch empfinde, so habe ich Neuigkeiten für dich. Der Zweck heiligt die Mittel! Hast du geglaubt das Omni'thael würde keine Begehrlichkeiten wecken? Es hat lange gedauert, Umwege die gegangen werden mussten, letztendlich legte ich meine Kräfte aber zu Füßen des Meistbietenden. Dem einzig wahren Gott Ogrimar! Seine Gunst war es, die mir erlaubte meinen Geist im Reich der Sterblichen zu halten, nachdem ich den mächtigsten Phönix entfesselte, der jemals heraufbeschworen wurde. Und nun bleibt nur noch eines zu tun...
 
Er musste den Satz nicht beenden, damit Gorgorash wusste was nun geschehen würde. In einem Kampf konnte er ihn nicht besiegen, doch der stolz eines Shara'thael erlaubte es ihm auch nicht zu knien oder gar zu betteln. Erhobenen Hauptes positionierte er sich vor dem, was er fürwahr als seinen größten Fehler bezeichnen konnte, viel mehr sogar musste.
 
Erspare mir weitere Predigten über falsche Götter und vollende, wozu du hier bist.
 
Gorgorash's Blick ruhte in dem Seinen, weigerte sich auch nur einen Funken Furcht zu zeigen. In Erwartung des Unvermeidlichen sollte dies sein letzter, wenn auch nur symbolischer Widerstand gewesen sein. Worte waren genug gewechselt, Taten zu viele vollbracht. Der Orden mochte besiegt sein, der Preis der dafür bezahlt werden musste dagegen zu hoch. Noch bevor der Erzmagus ihn seiner Macht beraubte, kamen Gorgorash jedoch Odessa's Worte wieder in den Sinn. Eine Tochter, eine direkte Nachfahrin des Sideros. War es Hoffnung, die plötzlich in seinen Augen aufblitzte? Gorgorash ließ ihn gewähren, nicht das er eine Wahl hatte, seine Haltung war dennoch schlagartig eine andere.
 
Möge deine Schöpfung dein Untergang sein, wie du der Meine!
 
Kommentarlos quittierte Vaboris seine Anspielung auf Syndra, versiegelte seinen Geist wie so viele andere in einem Seelenstein und vollstreckte gnadenlos sein Urteil. Zurück blieb, wie so oft, nur ein Häuflein Asche.
 
Vae victis.
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Odessa
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#11

Beitrag: # 52838Beitrag Odessa »

Als Odessa ihr Leben aushauchte, umgab sie plötzlich nur endlose Weiten von Dunkelheit. Ein Gefühl der Schwerelosigkeit, losgelöst vom irdischen Reich überkam sie das Gefühl eines Traumes. Verschwommene und zusammenhanglose Bilder die kamen und gingen, so flüchtig wie Visionen, gleichermaßen real und surreal. Ein Strom der Unendlichkeit, unfähig eine bestimmte Richtung einzuschlagen. Etwas hielt sie dort fest im Griff, während sie sich wie in Trance davon treiben lies. Emotionen, Erinnerungen und Gedanken begleiteten sie noch immer, geradewegs weiter hinaus. Eine gänzlich geräuscharme Kulisse, nur ein vages Flüstern verschiedener Stimmen die ihr folgten, mal nah und mal fern. Worte die sie nicht verstand, sich jedoch mit jeder Silbe an sie schmiegten, schmeichelhaft wie eine kühle Brise. Kaum das Odessa versuchte das Flüstern zu deuten verstummte es rasch, um sie aus einer scheinbar anderen Richtung wieder zu empfangen. Ein zartes Echo zwischen den Welten, welches unentwegt an ihr zerrte. Jeder Versuch sich dagegen aufzulehnen schien aussichtslos, zu verlockend zog es den Rest ihres Bewusstseins an. Man vermochte nicht zu deuten wie viel Zeit dabei verstrich oder ob etwas so banales wie Zeit überhaupt noch existierte, einzig die Dunkelheit bildete eine unaufhörliche Konstante.
 
Sequere vocem
 
Worte die durch das unverständliche Flüstern hindurch drangen, die sie nicht nur zu verstehen vermochte, denen auch eine gewisse Vertrautheit inne wohnte.
 
Sequere vocem
 
Hallte es in wiederholender Manier immer wieder, während die übrigen Stimmen zunehmend leiser, davon gar verdrängt wurden. Odessa versuchte sich darauf zu fokussieren, die Wärme spendende Vertrautheit noch deutlicher wahrzunehmen und ihren Geist dafür zu öffnen. Was für einen Lebenden nur ein Wimpernschlag gewesen sein mochte, war der Moment in dem das Flüstern sich vereinte und die Stimme des Erzmagus sie erreichte.
 
Unbändig ist des Gottes Macht,
wenn sein Chaos ihn umgibt, bewacht.
Und was sie bildet, was sie schafft,
dass dank ich dieser dunklen Kraft.
Und furchtbar wird des Finsteren Macht,
wenn du der Fessel dich entraffst,
emporsteigst aus der Höllenglut,
des wahren Phönix, seine Brut.
Wehe wenn wir losgelassen,
wachsend ohne Widerstand,
durch die ketzerischen Gassen,
wälzen wir den ungeheuren Brand.
Denn die Elemente hassen,
das Gebild der Ketzerhand.
 
Vita procedit etsi procedere non videatvr.
Ignis in cinerem cinis in ignem.
 
Ein chaotischer Impuls löste sich umgehend aus dem Bewusstsein Odessa's, formte Dunkelheit und Flamme zur Gestalt eines leibhaftigen Phönix. Gierig und mit einem markerschütternden Schrei nährte er sich aus der endlosen Finsternis, um stetig und mit jedem weiteren Augenblick zu einer noch imposanteren Gestalt heranzuwachsen. Am Höhepunkt seiner Macht erfasste er den Geist Odessa's, vereinte seine physische Form mit ihrem Bewusstsein. Noch ehe sie sich versah erwachte sie an jenem Ort, an dem sie zuvor ihr Leben opferte.
 
Zaghaft öffnete sie ihre Augen und versuchte sich darüber im klaren zu werden, was gerade geschehen war. So geschwind sie ihr Leben verwirkt hatte, so schnell fand sie sich im Reich der Sterblichen wieder. Ein Atemzug folgte dem Nächsten, während sie ihre Zehen tanzen ließ um sich zu vergewissern das sie zurück gewesen war. Das Blut in ihren Adern pulsierte unbändig mit jedem Herzschlag in ihrem Körper, sie konnte es fühlen, tief in ihrem Inneren schlummerte nun etwas, dass zuvor nicht dort gewesen war. Etwas mächtiges, abermals mit diesem verdammten Gefühl der Vertrautheit. Odessa neigte leicht den Kopf zur Seite, währenddessen ihre prüfenden Augen den Raum erkundeten. Weder Gorgorash noch der Erzmagus waren zugegen, einzig der Hauch und die Signatur eines erst kürzlich gewirkten Zaubers haftete überall, fast schon greifbar. Ungläubig erhob sie sich vom Altar auf die Beine, ordnete ihre Gedanken, welchen sie ein leises Seufzen folgen lies. Nackt und wieder einmal zurückgelassen, letzteres verfolgte sie wie ein Fluch und Segen zugleich. Dennoch war sie ihrer Bürde entledigt, was zuvor noch von ihr zehrte schien verschwunden. Ein anderes Gefühl der Macht war an seiner statt getreten, eine Art der Symbiose, die Odessa von den Zehen bis in die Haarspitzen spüren konnte. Eine Gabe die ihre Vorherige bei weitem überstieg, sie förmlich berauschte, verlockend und überwältigend. Gerade als sie in Versuchung kam sich daran auszuprobieren, vernahm sie wieder dieses eigenartige Flüstern. Eine Stimme die nach ihr zu rufen schien, sie aus ihrem Innersten anleitete. Eine Art der Verbindung die man weder sehen noch greifen konnte, doch zweifellos wie ein Sog auf sie wirkte. Ein dezentes Fluidum lag drin verborgen, dessen Ursprung unbestreitbar der Magie des Zirkels angehörig war. Es gab nur einen Mann der eine derart einzigartige Signatur hinterließ und sie stets nur dann zurückließ, wenn er auch gefunden werden wollte. So machte Odessa sich auf, in der Hoffnung, auf ihrem Weg ihre Blöße bedecken zu können.
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Odessa
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#12

Beitrag: # 52840Beitrag Odessa »

Etwas mehr als einen Tagesmarsch nördlich der Ruinen, fand sie sich in der Nähe eines kleinen Dorfes wieder. Rauchschwaden stiegen auf und Feuer erhellte den Nachthimmel. Aus sicherer Distanz sondierte sie zunächst die Lage, die naheliegendste Frage beantwortete sich jedoch rasch von selbst. Der gesamten Umgebung haftete die Magie des Erzmagus an, offenbar hatte er einen kleinen Feldzug gestartet und ließ dabei keinen Stein auf dem Anderen. Keine Aura, nicht eine Menschenseele schien er dabei zurückgelassen zu haben. Selbst für seine Verhältnisse ein ungnädiger Akt der Grausamkeit, dessen Beweggrund sich in eine Reihe von Fragen einreihte, die einer Antwort bedurften. Sie nutzte die Gelegenheit um sich ein wenig umzusehen, an einer unversehrten Leine fand sie glücklicherweise die herbeigesehnte Erlösung ihres kleinen Kleidungsproblems. Es waren nur ärmliche Lumpen, vermutlich von der Frau eines Bauern, doch wen kümmerte schon die Qualität. Sie war verdammt nochmal mehr als einen Tag marschiert, ohne auch nur auf einen einzigen Menschen zu stoßen, den sie hätte erleichtern können. Genügsamkeit war es die ihr Befriedigung verschaffte, störte sich nicht einmal daran, dass die aus Baumwolle gefertigte Kleidung etwas zu groß gewesen war. Ihr Blick suchte die Umgebung ab, zog es dann jedoch vor den Ort der Zerstörung schnell wieder zu verlassen. Ihr Instinkt leitete sie noch weiter in den Norden der Region, eine imposante Gebirgskette streckte sich dort der Landesgrenze entgegen. Lediglich ein langer schmaler Pfad der mitten hindurch führte, an dessen Ende sich der Umriss einer alten Festung im Mondlicht abzeichnete.
 
Die Spur von Vaboris führte sie geradewegs dorthin, wurde von steilen Klippen, Abhängen und einer langen, steinernen Brücke in Empfang genommen. Die Architektur, soweit man es im Schatten der Nacht beurteilen konnte, ähnelte jener des alten Tempels der Shara'thael. Ihre Füße trugen sie geradewegs hinein, während ihre Sinne die Umgebung aufmerksam bewachten. Verlassene Gebäude und Bauwerke präsentierten sich ihr verteilt auf einem großen Innenhof, man konnte nur schätzen wie lange sie bereits verwaist gewesen waren. Er beherbergte eine heruntergekommene Schmiede und etwas das einst Stallungen gewesen sein mochten. Zumindest ließen verwitterte Tränken, Holzzäune und Reste von Heu darauf schließen. Einzelteile von militärischen Apparaturen und Befestigungen lagen überall verstreut, gaben Auskunft darüber, dass hier zweifellos ein Kampf stattgefunden haben musste. Welch Armee dort auch hindurch gefegt sein mochte, sie hinterließen weder Körper, Knochen, noch Blut. Odessa erinnerte sich an Gorgorash's Einblick in seine Vergangenheit, vielleicht täuschte der Eindruck, doch assoziierte sie Geteiltes mit dem, was sie dort vorfand. Demnach ordnete sie die Festung als einen ehemaligen, wenn nicht sogar als den Hauptsitz der Shara'thael ein. Zerfetzte Banner an den Wänden untermauerten ihre Interpretation, ein solches erinnerte sie sich auch im alten Tempel gesehen zu haben. Eine prächtige Eiche auf dunkelrotem Hintergrund, dessen Zweige die arkanen Symbole sinnbildlich für die Elemente als Knospen trugen. Feine und aufwendige Verzierungen rundeten die Ränder mit prunkvollem Gold ab. Es wäre zu viel des Zufalls gewesen, um einen Irrtum auszuschließen. Umso mehr Neugier machte sich in Odessa breit, was der Erzmagus ausgerechnet hier vorzufinden gedachte. Er war hier, keine Frage. Mit diesem Gedanken betrat sie den in Mitleid gezogenen Bergfried und sollte nicht enttäuscht werden.
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#13

Beitrag: # 52841Beitrag Vaboris van Darc »

Leise Schritte die er in seinem Rücken vernahm, als Odessa eingetreten war und sich ihm näherte. Ihre unterdrückte Aura konnte nicht darüber hinweg täuschen, dass sie ihn wie beabsichtigt gefunden hatte. Ruhig verharrte Vaboris dort in der Halle, während er eine beschädigte Skulptur einer in Stein gemeißelten, männlichen Person begutachtete.
 
Willkommen zurück im Leben.
 
Kam es ihm nach einem eindringlichen Schweigen über die Lippen und wand sich ihr zu, während er sie ausgiebig musterte. So verlockend ein Kommentar ob ihres modischen Unfalls auch gewesen wäre, er widerstand der Versuchung, hatte er ihr wahrlich einiges zugemutet. Von niemandem sonst hatte er jemals so viel eingefordert wie von Odessa. Ein Umstand der ihr förmlich ins Gesicht gemalt schien, trat sie ihm alles andere als erfreut gegenüber. Seine Geheimniskrämerei und undurchsichtigen Schachzüge, trieben sie nicht nur zuletzt an ihre Grenzen und darüber hinaus. Entsprechend spiegelte sich auch Odessa's Reaktion wieder, als sie das Wort an ihn richtete.
 
Ich habe für euch gekämpft und Blut gelassen. Immer wieder. Bedingungslos! Wie oft ich euer Schild war, lässt sich nur noch vage schätzen. Ich habe verdammt nochmal mein Leben für euch gelassen, ohne die geringste Ahnung, was für einen perfiden Plan ihr mal wieder verfolgt. Als ich plötzlich wieder erwachte wart ihr verschwunden und ich musste mir vollständig entblößt den Weg durch die Botanik schlagen, um euch ausfindig zu machen. Ihr schuldet mir Antworten und ich fordere sie jetzt!
 
Eine Forderung!? Welch außerordentlich starker Ton der an sein Ohr drang und ihn mit einem schmalen, kühlen Lächeln quittierte. Eine Eigenschaft die er an ihr schätzte, obgleich es ihm gegenüber missfiel, so respektierte er den Grund für ihr Auftreten.
 
Keine Geheimnisse mehr!
 
Fügte sie mit Nachdruck an und reizte ihre Stellung bis an ihre Grenzen aus. Stumm neigte er leicht sein Haupt zur Seite und warf ihr einen scharfen Blick aus dem Blau seiner Augen zu, ehe er nah an sie heran trat, womöglich näher als Odessa es in jenem Moment als angenehm empfand. Die erwartete Reaktion seinerseits war jedoch eine gänzlich andere und ihre Augen weiteten sich überrascht, als er einen Finger unter ihr Kinn schob, es leicht anhob und ihr mit einem Nicken alles andere als gewohnte Worte zukommen lies.
 
Keine Geheimnisse mehr.
 
Wiederholte er ihre Worte mit einem knappen Zwinkern, um sie damit zu bekräftigen. Vaboris gab ihr damit unmittelbar eine nicht unerhebliche Wertschätzung zu verstehen, denn wenngleich er schon Wortbruch begangen hatte, jenen gegenüber die sich seine Gunst verdienten, sich gar als würdig erwiesen, eben jenen galt sein Wort als unantastbar. Dementsprechend lockerte sich Odessa's Groll leicht, obgleich er längst nicht vollständig verschwunden war. Erwartungsvoll ruhte ihr Blick in dem Seinen, als er seine Hand wieder senkte und ihr gewährte, wonach es ihr verlangte.
 
Es war mir nicht möglich dich ins Vertrauen zu ziehen. Niemand, ganz gleich wie mächtig, kann einen Blick hinter eine Angelegenheit werfen, derer du dir selbst nicht bewusst bist. Deine Unwissenheit war ein Teil des Plans, doch die wichtigste Rolle dabei spielte Vertrauen. Ich vertraute darauf, dass selbst ein vor stolz triefender Shara'thael nicht zwei mal hinsieht, wenn eine Gesandte seiner ach so wertgeschätzten Schöpfung in menschlicher Gestalt auftaucht und nach Antworten sucht. Ich vertraute darauf, dass er sich von dir blenden lässt. Der Umstand das ich dich im Unklaren ließ ermöglichte es dir, deine Rolle in Perfektion zu spielen. Das ich noch lebe bedeutet, Gorgorash hat dir die Wahrheit erzählt und der Plan ging auf. Der letzte Shara'thael hat für uns geblutet und damit seinen eigenen Untergang eingeleitet. Sein Blut war nicht nur der Schlüssel um uns zurück in das Reich der Sterblichen zu holen, in den falschen Händen wäre er auch der Schlüssel zu unserer Auslöschung gewesen. Du warst lange genug an meiner Seite um zu begreifen, was das bedeutet. Der größte Anteil Vertrauen...
 
Für einen Augenblick hielt er inne, vergewisserte sich, dass sie die Ernsthaftigkeit seiner Worte nicht für eine Sekunde anzweifelte und sehr genau zuhörte.
 
Der größte Anteil Vertrauen...galt dir. Deiner Loyalität. Dein Vertrauen.
Alles was du vorgebracht hast ist wahr. Wenn du jedoch geglaubt hast ich würde dich den Wölfen zum Fraß vorwerfen, dich ohne zu zögern opfern um meinen eigenen Hals zu retten, dann betrachte dies als deine letzte Lektion als meine Schülerin. Von hier an gibt es nichts mehr, was ich dich noch lehren kann.
 
Seinen letzten Worten haftete ein auffälliger Unterton an, der die Interpretation eines Abschiedes erlaubte. Wenn dem so war, dann hatte der Erzmagus wahrlich den richtigen Ton getroffen. Er erwartete nicht das sie sein Handeln, sein kalkuliertes Risiko gutheißen würde, es war eine Schuld die er zu begleichen gedachte. Für seine Begriffe war der Tag gekommen, an dem sie ihn nicht mehr brauchte. Der Tag an dem Odessa von größerem Nutzen für ihn war, als umgekehrt. Um der Tatsache gerecht zu werden, zückte er ein Pergament aus der Seitentasche seines schäbigen Mantels, welche er selbst aus dem Dorf entwendet hatte.
 
Als ich nach der Schlacht im ewigen Eis meinen Geist an dich gebunden habe, konnte ich es fühlen. Du bist bereit!
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