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Syndra
Dorfältester / Dorfälteste
Beiträge: 114
Registriert: Fr 27. Mär 2020, 20:37

#851

Beitrag: # 53827Beitrag Syndra »

In einem unscheinbaren Zimmer in einem unscheinbaren Haus in einer unscheinbaren Gasse...  ohne Wein


Syndras Puls raste noch immer, als sie mit ihrem Blick Naheniels Schritten folgte. Der stechende Schmerz hatte sie für einen kurzen unachtsamen Moment die Kälte ihres Blickes beraubt. Seine herrische Grobheit und der Tonfall, hatten die Barriere in ihr überschritten, sodass seine harsche Reaktion für einen kurzen Augenblick ihren aufgewühlten Geist offenbart hatten.


Sein Blut, sein panischer Blick und seine von Schmerzen gekrümmte Haltung waren keine Illusion gewesen. Sie waren so real, wie ihre Leidenschaft der letzten Stunden. So greifbar wie die pulsierende Warnung an ihrem Handgelenk, auf dessen Haut sich die Spuren seiner unerbittlichen Mahnung abzeichneten.

Instinktiv legte sie die Finger ihrer anderen Hand um jene Stelle, massierte sie leicht, um das Kribbeln und Ziehen darin ein wenig zu lindern. Kaum war Syndra zimperlich, geschweige denn auf irgendeine Weise emotional. Weder würde sie aufbrausen, noch in Tränen ausbrechen. Ganz gewiss nicht. Dazu war sie nicht in der Lage. Dennoch war sein Verhalten mehr als kontrovers und forderte sie förmlich heraus, ihn zu hinterfragen oder anzuzweifeln.

Vertrauen. Was immer ihn aufgeschreckt und gepeinigt hatte, schien ihn nicht nur auf eine Weise körperlich verletzt zu haben. Kaum mussten sie immer wieder von vorne beginnen, jedoch war er nicht gewillt, den Schritt zu gehen, den er von ihr gefordert hatte.

Syndra sah nur kurz auf das dunkel gefärbte Handgelenk, in dem sie das Blut pochen spürte. Ein Schmerz, den sie jedoch nicht zeigte, als sie ihren Blick wieder auf ihn richtete. Lediglich war es ein eiskaltes Aufblitzen, das sich nicht nur abschätzig, sondern auch warnend auf ihn legte, ehe sie auf das schimmernde Portal sah.

Gelinde gesagt wusste Syndra selbst nicht, was sie von Naheniel hören wollte. Immerhin, was versprach sie sich tatsächlich von einem Zugeständnis, wenn er ihr offenbaren würde, was hier vor sich ging oder mit ihm geschehen war?

„Vertrauen darauf, dass du weißt, was du tust?“ Es brauchte einen Moment bis ihre Lippen unter einem leichten Zucken ein sardonisches Lächeln zustande brachten.

Sie hatte sich nicht nur körperlich vor ihm entblößt, sondern auch geistig. Er wusste immerhin bereits mehr als jeder andere. Von ihrer prägenden Vergangenheit, ihrem Wesen und ihren Intentionen bis hin zu ihren Zielen hatte Syndra ihm einen Einblick gewährt, obwohl sie sich im Klaren darüber war, wie gefährlich er ihr werden konnte.

Mit einem Wimpernschlag löste sie sich von seinem Blick, ebenso wie ihre Hand von ihrem Gelenk abließ, um nach ihrem Mantel zu greifen. Kurz nur sah sie dabei zu dem aufgewühlten Bett, welches deutlich von der Leidenschaft zeugte, die zwischen ihnen geherrscht hatte. Eine Zweisamkeit, unter welcher sie alle Barrieren hatte fallen lassen, sodass sie ihn ungewollt näher an sich herangelassen hatte, als sie es je vorgehabt hatte.

„Wie bedauerlich, dass du immer wieder Vertrauen einforderst ohne dasselbe zu erbringen.“

Leicht nur senkte sie ihre langen Wimpern, um jenes ernüchternde Gefühl von sich zu streifen. Ordentlich legte sie ihren Mantel über ihren Arm, ehe Syndra sich zu Naheniel herumwandte und mit einem Blinzeln ihre Augen von seiner einladenden Hand seinem Blick zuwandte.

„Ich sollte mich entscheiden, ob ich mich vollständig auf dich einlasse. Eine Entscheidung, die ich bereitwillig getroffen habe. Kannst du dasselbe von dir behaupten?“

Es war eine eisige Front aus klarer Überzeugung heraus, welche sie vor sich errichtete. Nüchtern und frei von jedweder Emotion. Das Portal vor die Legion und seine Worte selbst waren seinerseits dagegen ebenso eindeutig.

Tatsächlich wusste Syndra nicht, was sie sich im Grunde erhofft hatte. Was für eine Antwort, eine Reaktion. Immerhin war Ehrlichkeit sicherlich das falsche Wort dafür, während Offenheit gewissermaßen die Grenzen überschritt.

Nach außen hin von kühlem Stolz geziert, nahm sie ihrem Umhang vom Arm und warf ihn sich in einer fließenden Bewegung über die Schultern. Scheinbar führte der Weg sie schließlich nicht zurück in ihr Zimmer, sondern offenbar vor die Gebäude der Legion. So war es mehr als zweckmäßig sich in den wärmenden Stoff zu hüllen und gleichzeitig das wirre lange Haar unter der Kapuze selbst zu verbergen, bevor sie langsam an ihn herantrat.

„Ein Handeln, das uns beiden sehr klar zeigt, woran wir sind. Nicht wahr?“

Knapp sah sie auf seine Hand, ehe sie das Blau seiner Augen suchte. Ein Moment da sich ihre Augen jener Stelle zuwandten und sie sich für einen Atemzug gegen den aufkeimenden Impuls wehren musste, seinem Verlangen widerstandslos zu folgen.

Ein kurzer Augenblick, in dem sie ihm erlaubt hatte, hinter die Mauern aus Eis zu blicken und ihre Auffassung seiner Reaktion darin zu erkennen.

Hatte sie allerdings wirklich geglaubt, dass er ihr auf Augenhöhe begegnen würde und den Vorhang aus Finsternis sinken ließ? War da tatsächlich sogar der winzige Funke einer Erwartung, dass er mehr als eine Gespielin oder ein Mittel zum Zweck in ihr sehen könnte? Naiver Schwachsinn!

Doch das bittere Flüstern in ihren Gedanken, das zynisch auf sie herabsah, lachte ihr ebenso hämisch ins Gesicht. Ihre eigene Unachtsamkeit, in der sie ihm gegenüber bereitwillig sämtliche Hüllen fallen gelassen hatte, wurde ihr nun zum Verhängnis und machte sie angreifbar.

Eine Entscheidung, die ihr nun schonungslos die Konsequenzen offenbarte und sie realisieren ließ, dass sie deutlich vorsichtiger sein musste. Seine deutliche Abweisung und die Ausreden darum, weshalb er sie von sich fortschaffen wollte, waren allesamt wie ein mahnendes Déjà-vu. Er hatte ihr nichts genommen. Noch nicht.

„Keine Sorge, wir beginnen nicht von vorne. Auch meine Zeit ist kostbar“

Eisig schimmerten ihre Augen zu Naheniel hinauf, während sie ihre Hand anhob. Doch anstatt diese in seine zu legen, so wie er es forderte, griff sie lediglich nach dem Mantel an seiner Brust, um ihn zu verschließen.

Sie versagte sich, noch irgendetwas zu erwarten. Weitere Erwartungen würden zu bedauerlichen Enttäuschungen führen. Dennoch war nicht sie es, die sich Gedanken machen musste oder ihr Wort ihm gegenüber nicht hielt.

Sorgsam, aber bedacht führte sie die noch offenen Knöpfe durch die Ösen, ehe ihre Fingerspitzen jene Bahn über seine Brust hinweg in einer zarten Berührung vollendeten. Nein, sie war es, die durchaus wusste, was sie wollte und wie nah dran sie war auf brüchigem Eis zu wandeln. Eine Gefahr, die sie nie für möglich gehalten hatte und vor der sie sich zukünftig vorsehen musste.


Als ihre Fingerspitzen seine Hüfte erreichten, wandten sich ihre Augen hinab auf seine Hand. Bedauerlich, fürwahr. Ein Gedanke, der ein unscheinbares Zucken auf ihren Mundwinkeln hinterließ, ehe sie ihre Finger für einen Herzschlag von ihm löste, nur um ihre Hand in seine zu legen.

Eine kühle Berührung, die nichts mehr mit der glühenden Leidenschaft zwischen ihnen gemein hatte. Nicht mehr als eine kalte Geste ihrer bedingungslosen Hingabe, welche dem eisigen Stolz in ihrer Stimme ebenbürtig war.

„Es ist nicht nötig, dass du mich begleitest.“

Syndra verschwendete keinerlei Mühen, ihr Resümee oder die Konsequenzen seiner Entscheidung zu verbergen. Sacht strichen ihre Fingerspitzen über seine Handfläche, um sie ihm bedeutungsvoll zu entziehen und nur den Hauch von Kälte auf ihrer Spur zu hinterlassen, während die Magierin selbst sich stattdessen schlicht dem Portal zuwandte, hinter dem sich der Waldrand vor den Gildenhallen widerspiegelte.

„Ich finde alleine den Weg, Naheniel.“  
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Tochter des Erzmagus Vaboris van Darc & Miradoria
~ Erstgeborene & rechtmäßige Erbin des Hauses van Darc ~
~ Schwester der Nymeria var Aesir ~ Mitglied der
Legion des Schattens ~

Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht oder Einfluß man diesem gewährt die Gegenwart noch zu beeinflußen. ~
❖Niemand kann sehen, was verborgen liegt. Niemand vermag es zu stehlen, was dir gehört.❖
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Naheniel
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#852

Beitrag: # 53828Beitrag Naheniel »

Syndra wählte ihren Weg, so wie er den seinen.
Über kurz oder lang würde er sich von ihr holen, was er forderte. Ob mit ihrem Vertrauen oder ohne diesem. Wesentlich einfacher gestaltete es sich, wenn sie ihm freiwillig folgte. Nicht, dass er vor Rohheit und Gewalt zurückschreckte, zwischenzeitlich war beides sehr dienlich. Aber weder wollte er ihre Schönheit und schon gleich gar nicht ihren Geist brechen.
Es war interessant zu erfahren, was sie tun würde, wenn der Tag an dem sie sich entscheiden musste, gekommen war. Ob sie seine Hand dann weiterhin ausschlug? 


"Ich weiß, dass es nicht nötig ist. Trotzdem hätte es mir gefallen, Dich noch einen Moment länger an meiner Seite zu spüren."
Es war nur ein sachtes Lächeln auf seinen Lippen, welches zwar bedauernd war, es aber trotzdem zuließ, dass sein Blick hingegen umso fordernder auf Syndra verblieb, ganz so als musste er alles von ihr nochmals umso intensiver in sich aufnehmen.
Er wusste nicht, wann und unter welchen Umständen sie sich das nächste Mal sahen. Freya war fort und entgegen seinen Anweisungen außerhalb seiner derzeitigen Kontrolle. Zusätzlich würde er schon bald seine Schwester und ihr Gefolge im Nacken haben.
Aller Annahmen zum Trotz, war es nicht sein Plan gewesen, dass Freya dort landete, wo sie nun war. Was das aber betraf, musste er vorerst weitere Überlegungen und sich daraus ergebende Konsequenzen beiseite schieben. Die Zeit dafür würde noch früh genug kommen.

Für den letzten Moment, in welchem Syndra ihm Nähe gewährte, mochte sie auch noch so kalt und abweisend sein, genoss er ihre Anwesenheit, die Verführung ihres Körpers und den Kampf, den sie sogar jetzt miteinander ausfochten.

Noch bevor er von dem Portal zurücktrat, damit sie ohne ihn durch dieses gehen konnte, flüsterte er in gebeugter Haltung nahe an ihrem Ohr.
"Ja Syndra, ich weiß wofür ich mich entschieden habe. Und ich bereue nichts davon."
Naheniel hob seine Hand und strich mit dieser über ihr Gesicht hinweg, jedoch ohne sie dabei tatsächlich nochmal zu berühren. Syndra war für ihn wesentlich mehr als Verführung, Lust und Sünde. Sie vermochte es ihm eine seiner Schwächen zu offenbaren. Dar eindeutig etwas, was ihm nicht gefiel, was sie aber auf unerklärliche Weise nur noch umso anziehender machte.

"Ich werde Dich finden, egal welchen Weg Du wählst."

Und b
ereits im nächsten Atemzug und ohne sich noch eine letzte Befriedigung seiner Gier nach einem weiteren Kuss von ihr zu gewähren, war er eins geworden mit den Schatten ihrer Körper. 



 
Wenig später 
 

Ob Syndra durch das Portal trat, mit ihrer eigenen Magie eins erschuf oder die weniger angenehme Weise des Reisens wählte und sich zu Fuß wohin auch immer aufmachte, wusste er nicht. Mochte sie ihm ihre Kälte gezeigt haben, es würde ihn nicht davon abhalten, sein Versprechen einzulösen. 

Vorerst aber musste er sich um die unangenehme Tatsache kümmern, dass Freya sich frei in einer Umgebung bewegte, die nicht für sie gedacht war. 
Seine eigenen Handlungsmöglichkeiten waren zwar eingeschränkt, aber ihr einfach freien Lauf lassen? Niemals. Ihre Freiheiten würde er auf ein Minimum einschränken und dem Abhilfe schaffen, dass sie sich unkontrolliert bewegen konnte.

Das war allerdings wesentlich einfacher gedacht als getan. Er selbst konnte nicht nach ihr suchen. Freya war dummerweise weitaus weniger einfältig, als so manch andere Kinder in ihrem Alter. Sie würde misstrauisch werden und ihn, wie schon häufig, in Erklärungsnot bringen, sobald sie aufeinander trafen.
Auf Haedinn alleine konnte er sich nicht verlassen, wie der Kater ihm ja bewiesen hatte. Wie war es dem Mädchen nur gelungen, es bis hierher zu schaffen? Naheniel fehlten einfach zu viele Informationen, als dass er sich einen genauen Reim daraus machen konnte. Aber auch diesen Missstand seines Wissens würde er noch aufholen, mit dem Kater war er schließlich noch lange nicht fertig.
Anscheinend hatte er so manches unterschätzt und noch dazu falsch eingeschätzt. Mit Sicherheit würde ihm das nicht nochmal passieren. 

 
Allerdings konnte er es nun nicht länger umgehen, selbst eine Reise in jene Welt anzutreten, durch die Freya sich ungehindert bewegte. Auch wenn es ihm weiterhin absolut zuwider war, denn nach wie vor war alles dort unberechenbar. Jetzt noch mehr, da das Kind in dieser, frei jeglicher Führung, einen Fuß vor den anderen setzte. Dennoch verblieb ihm vorerst keine andere Möglichkeit.
Den jenem Wesen, nach dem er rief, konnte er nicht gestatten, hinüber zu treten in die wirkliche Welt. Der Gerufene war nicht durch Naheniel entstanden, sondern eine Schöpfung der Kreation. Etwas, was sich durch die Jahre geschaffen hatte, aber das, worin er lebte, für die Wirklichkeit hielt. Noch musste das so bleiben, was aber nciht bedeutete, dass Naheniel eines Tages wesentlich mehr Nutzen aus dem Geschöpf ziehen würde. Schließlich war dieser äußerst erfolgreich in dem, was er tat.


 
Jenes Wesen war lautlos neben ihn getreten und hatte bisher kein Wort gesprochen. Vor ihnen beiden lag eine weite, trostlose Ebene. Der Boden und alles Leben waren verkohlt und teilweise glühte immer noch die Asche, die dafür sorgte, dass auch der letzte Grashalm vernichtet wurde.
Die Luft war aufgeheizt, als wäre der Brand gerade erst geschehen, doch war er schon vor langer Zeit weitergezogen. Die Vernichtung aber war geblieben und sorgte dafür, dass alles Leben fernblieb.

Starr und ausdruckslos war Naheniels Blick in Richtung des Horizonts gerichtet, während er neben sich die Präsenz, die vollkommene Ruhe und Unbeeindrucktheit ausstrahlte. 
"Findet das Mädchen und bringt es mir." Seine Nasenflügel bebten etwas und seine Oberlippe zuckte bei dem weiteren Gedanken unzufrieden auf. "Lebend." 
 
"Ich weiß, nicht Eure bevorzugte Arbeitsweise. Dafür mache ich es Euch aber hoffentlich leicht sie zu finden." Der Unmut auf seinem Gesicht wich einer tödlichen Sicherheit. "Ihr Schmerz wird Euch zu ihr führen." Ohne, dass er seinen Gesprächspartner ansah, zog er einen Dolch aus seinem Gürtel hervor. Naheniels Augen glitten hinab zu der Klinge, war sie in diesem Fall von einem ganz besonderen Wert. Er hob seine andere Hand der Klinge entgegen und zog diese, ohne eine Reaktion zu zeigen, durch seine Handfläche.
Es dauerte nicht lange, bis der erste Blutstropfen langsam, ganz so, als würde die Zeit innehalten, auf den Boden fiel. 

 
Das Blut war gerade auf die Asche zu seinen Füßen gefallen, da breitete es sich in rasender Geschwindigkeit aus. Die Schwärze der verkohlten Wiesen und Leiber der Lebewesen, wandelte sich in ein sattes, waberndes Rot.
Auch die Sonne verlor ihre strahlend helle Kraft und wurde ebenfalls die tiefe Röte von Blut getaucht, als würde sich ein weiter Umhang über sie legen, um ihre eigentliche Farbe zu ersticken.
Ein dumpfes Echo schallte über die Weite des Landes hinweg, nachdem der nächste Tropfen den Boden berührte. Auch Naheniel spürte sie nun wieder, die tiefe innere Ruhe und Gewissheit, welches Schicksal ihm bevorstand. Eines, dass er sich nicht weder von seiner Schwester, noch von ihren Anhängern und schon gleich gar nicht von einem kleinen, verträumten Mädchen würde nehmen lassen.


Ach, kleine Lady, Deine Macht mag zwar entfacht worden sein. Doch noch weißt Du nicht im Ansatz, sie zu beherrschen.
Ich werde Dir dabei helfen … ob Du willst oder nicht.
Wende also niemals Deinen Blick ab, denn Du weißt nicht, wer plötzlich hinter Dir steht. 

 
Auch vor der Farbe seiner Augen hatte die alles einnehmende Röte keinen Halt gemacht, sondern spiegelte sich dort wider um gemeinsam mit den finsteren Schatten, die das Blau immer wieder für sich vereinnahmten, bedrohlich aufzuleuchten. Als Naheniel die Hand zu einer Faust schloss, versiegte zwar sein Blut, doch die Welt, auf der sie sich befanden, blieb weiterhin darin getränkt. 
Das Lächeln auf seinem Mund war heimtückisch, kalt und äußerst selbstzufrieden. Er konnte sie spüren.

 
"Sei bereit, Freya."  
 

 
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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Der Reiter
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Registriert: Mo 15. Jan 2024, 20:39

#853

Beitrag: # 53831Beitrag Der Reiter »

***

Der Gerufene nahm den Dolch an sich und strich mit seinem Daumen über die Klinge. Ohne ein Wort zu verlieren, wendete er mit einer harschen Riss an dem Zügel sein Pferd. Ein schrilles Wiehern, das viel mehr dem Kreischen einer Bestie glich, zerriss die verbrannte Ebene. Gleich darauf folgte das Donnern von großen Hufen und das Tier, das kaum noch Fleisch und echtes Leben an sich hatte, trug seinen Reiter in einem kraftvollen Galopp, der die rot gefärbte Asche zu einer dichten Wolke auffliegen ließ, hinfort. 


 

***
Wer ich bin?
Ich bin ein Sucher. Zumeist werde ich aber der Reiter genannt. In einem Dorf, welches ich einst auslöschte, nachdem ich dort fand, nach was ich zu suchen ausgeschickt wurde, bezeichneten mich die davonlaufenden und schreienden Kinder als den "schwarzen Mann". Einige Zeit später erfuhr ich, woher dieser Name kam. Ein so nettes Kinderspiel, das so schnell zu bitterem und tödlichem Ernst geworden war.  


Ihr wollt noch mehr über mich wissen?
Wenn man weiß, mich zu rufen, dann komme ich. Spuren hinterlasse ich nicht und so weiß niemand, der nicht weiß wer ich bin, das ich da war. Erkannt werde ich nur dann, wenn das Sterben bereits unvermeidlich ist. Bis dahin habe ich für niemanden ein Gesicht und könnte ein jeder von euch sein. Gerade deshalb müsst ihr euch die Frage danach stellen, ob es wirklich klug ist, wenn niemand Angst vor mir hat. Wer erst zu spät vor mir davon läuft, kann nicht gerettet werden. 


Bleibt deshalb stets aufmerksam und schaut über eure Schultern. War es nur ein Schatten oder ist es bereits meine Hand, die sich nach euch ausstreckt? 
Seid achtsam und überdenkt, wem ihr vertraut und folgt. Stellt euch die Frage danach, ob ihr sicher wisst, wer sich unter einer jeden Kapuze auf den Straßen, den Wäldern, den steinernen Wegen und kleinen Dörfern verbirgt. 
Es kann ein Freund, ein alter Bekannter oder nur ein nichtssagender Fremder sein. Was aber macht ihr, wenn ich es bin? Lauft ihr dann davon? 

Über eins müsst ihr euch trotzdem im Klaren sein: Ob jung oder alt spielt für mich keine Rolle. Wenn der Ruf nach mir ausgesprochen wurde, folge ich nur einem Ziel und noch nie habe ich es verfehlt. Für mich gibt es kein Halten und auch kein Zurück und ich beende immer, was ich begonnen habe.

Ich suche und finde, ganz gleich wo ihr seid. Natürlich könnt ihr das Wagnis eingehen und euch vor mir verstecken. Doch ich kann euch sagen, dass die Mühe vergebens sein wird. Denn ich spüre auf, was vor mir nicht verborgen werden kann. Ich folge dem Rauschen eures Blutes und lausche dem Takt eurer Herzen, vielleicht sogar so lange, bis sie irgendwann stehen. 

 
Was ich für meinen Dienst bekomme?
Gold und Edelsteine, Reichtum und Macht interessieren mich nicht. Was es aber dann ist, weshalb ich dem Ruf nach mir folge leiste und suche, was für andere verloren ist? Findet es heraus. 


Wer ich also bin?
Ich bin der Reiter und der schwarze Mann. Und wenn ich euch fange, sind eure Seelen verloren.


 

 
Fühlst du die Angst vorm schwarzen Mann?
Dann schließ einfach deine Augen und verbirg dein Gesicht, denn entkommen, nein, das kannst du mir nicht. 
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-Freya-
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#854

Beitrag: # 53832Beitrag -Freya- »

Schleiche dich auf einen Heuboden, klau ein wenig Fleisch und danach ein ganzes Pferd. Sehr einfach gesagt für ein Wesen, dass sich nach Belieben unsichtbar machen konnte und sie in einem Nebensatz lediglich mit ach so schlauen Ratschlägen als dumm abstempelte.

Dieses kleine neunmalkluge Wesen und seine Einflüsterungen waren keine wirkliche Hilfe, auch wenn Lumiel selbst offenbar anderer Meinung war. Langsam wandte Freya ihren Blick von dem von Maden zerfressenen Schädel ab. Es war ihr gleich, was dieser Gnom über sie dachte. Allerdings, wenn sie ihr schon in irgendeiner Form helfen wollte oder wenigstens die Gegend kannte, so hatte sie sich mehr Unterstützung erhofft.

Maden. Vielleicht sollte sie dieses kleine Monster einfach nehmen und ihr das spitzahnige Mundwerk mit ihnen stopfen oder es den kleinen Würmern direkt zum Fraß vorwerfen. Wenn sie wirklich von einer Prinzessin geschickt worden war, dann sollte jene sich gerne bei ihr beschweren. Doch was dann. Sie kannte sich hier nicht aus. Weder wusste sie, wohin die Wege führten, noch wem sie vertrauen durfte.

Sicher, Lumiel hatte sie aus den Fängen des Bischofs befreit und damit schien sie zumindest ein Interesse daran zu haben, ihr zu helfen. Aus welchen Gründen auch immer. Eine gescheite Antwort würde sie darauf sowieso nicht bekommen. Nur weitere rätselhafte Reime. Beim dunklen Lord, ihre verflixte selbstgerechte besserwisserische Art zerrte langsam an ihren Nerven.

Dörrfleisch. Allein der Geruch des verwesenden Tierkopfs verdarb ihr den Appetit. Grott, war es widerlich. Doch sie wusste, dass sie etwas essen und zu Kräften kommen musste, um dann schnellstmöglich einen Weg in die Stadt zu finden.

Kopfschüttelnd wandte Freya ihren Blick ab und sah noch einmal auf den Weg zurück. Das Großmütterchen mochte vielleicht nicht viel haben, aber was sagte es tatsächlich über ihr Wesen aus?

Ihr Magen zog sich unangenehm zusammen unter der Leere in ihm, während ihr kühl und klamm war. Dumm wie sie war, hatte Freya die Einladung nicht angenommen, sondern auf dieses pelzige nichtsnutzige Tier gehört. Vielleicht hätte sie sich besser auf ihr Bauchgefühl verlassen sollen.

Nachdenklich kaute das Mädchen auf ihren Lippen, während der Wind leicht an ihrem Haar zerrte. Warum nur war sie hier? ~ Demut, Hingabe, Entschlossenheit ~ Hatte sie dem Lord nicht auf diese Weise gedient? An welcher Stelle nur hatte sie versagt, dass er sie so auf die Probe stellte, nachdem er ihren Schwur doch angenommen hatte.

Kraftlos schloss sie ihre Augen, nur um einen Moment einen klaren Gedanken zu finden und sich zusammenzureißen. Weder Selbstmitleid noch Verzweiflung halfen weiter. Erst recht nicht hier und jetzt. Niemand wird kommen, niemand wird sie finden, um sie zu retten. Es war nun an ihr, Entscheidungen zu treffen und sich den Konsequenzen zu stellen. Sie hatte Lumiel vertraut und nun hatte sie keine andere Wahl mehr.

Tief holt das Mädchen Luft, nur um das Gebäude langsam und möglichst unauffällig zu umrunden. Bedacht darauf unscheinbar zu bleiben, schritt sie den Weg entlang und ließ ihre Augen über den hölzernen Zaun hinweg wandern hinter dem einige verdorrte Sträucher auf einer vertrockneten Wiese standen. Leicht nur formte sich ein kurzes Lächeln auf ihren Lippen, als sie dahinter ein weiteres Gebäude erkennen konnte. Es wirkte mitgenommen und deutlich zeichneten sich die geschwärzten Spuren von Feuer an dessen Fassade ab. Das Tor jedoch stand offen. Ein großes Tor, wie jenes an den Ställen der Legion.

Grott, wie sollte sie ungesehen über den Acker gelangen. Seufzend entließ sie die Luft aus ihren Lungen. Den Gnom jedoch gedachte sie nicht zu fragen. Weder war ihr nach einem weiteren Reim, noch benötigte sie seine kratzbürstigen und höhnischen Kommentare.

Ihre Augen wanderten an der Umzäunung entlang, welche die vertrocknete Wiese umgab, aber am hinteren Teil der Scheune nah entlangführte. Es war etwas zu laufen. Doch umso sicherer war Freya sich, dass der Schlachter kaum sein Tier dort erlegt hatte.

Es wäre unlogisch, inmitten von weiteren Tieren, die sicherlich instinktiv in Panik verfallen wären. Zudem müsste er den Kadaver anschließend über den Acker hinweg schleifen, um ihn zu zerlegen. Ihre Augen wanderten in ihrer Überlegung umher. Bevor sich ihre Stimme flüsternd erhob. Leise, aber dennoch nachdrücklich.

„Ich sehe mich in der Scheune dahinten um. Du gehst und schaust, ob du Dörrfleisch findest oder Äpfel oder Brot und folgst mir dann. Verstanden?“

Es war weder eine Frage noch eine Bitte. Ob das kleine Scheusal der Forderung nachkommen würde, konnte sie nur mutmaßen. Sofern sie einer Königlichen Hoheit verpflichtet war, sollte sie es besser tun, denn jedes Versäumnis würde Lumiel einholen. Dafür würde Freya sorgen.

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging das Mädchen davon aus, dass die Gnomin ihrem Auftrag nachkommen würde. Ungesehen und lautlos. Sie selbst nahm einen tiefen Atemzug, um weiterzugehen. Immer wieder schaute sich Freya um. Auch wenn sie niemanden sehen konnte, so hatte sie noch immer das Gefühl, dass sie beobachtet wurde. Umso klarer versuchte sie aus dem Sichtbereich der Häuser zu gelangen und unscheinbar dem Pfad aus dem Dorf hinaus, an dem Feld entlang, zu folgen.

Wenigstens schneite oder regnete es nicht. Auch wenn die Sonne sie nicht wirklich wärmte, so war es dennoch trocken. Der Zaun wurde mit jedem Schritt dunkler. Die Zeichen eines verheerenden Brandes spiegelten sich immer deutlicher wider, je näher sie dem Gebäude kam. Die rußbedeckten Wände und die von Flammen versenkten Balken deuteten nicht unbedingt daraufhin, dass man die Scheune noch nutzte, aber wissen würde sie es erst, wenn sie hinter die Fassade blickte.

Kurz nur sah sie auf den Weg, welchen sie zurückgelegt hatte. Vermutlich nahmen jene Augen, die auf ihr geruht hatten an, dass sie weiterzog und nun war sie vom Dorf aus nicht mehr als ein unscheinbarer grauer Punkt, von dem man kaum zu unterscheiden wusste, ob es Mensch oder Tier war.

Langsam kletterte sie zwischen den Holzbalken des Zauns hindurch, um mit einer flinken Bewegung hinter die Scheune zu treten. Ruhig atmend lehnte sie ihren Körper an die Wand. Mucksmäuschenstill und regungslos zügelte sie ihren eigenen Atem und lauschte angespannt, ob sie Geräusche aus dem Inneren wahrnehmen konnte. Gedämpft hörte sie ein leises Rascheln und Schnaufen. Sicher war es auch nur der Wind. Noch immer leicht argwöhnisch senkte Freya kurz ihre Lider und schloss ihre Augen, um sich vollkommen auf ihr Gehör zu konzentrieren.  

Beim Lord, es wäre ein Geschenk sich oben auf dem Boden wenigstens für ein paar Stunden auszuruhen. Nur kurz. Fast schon war es ein Funken Hoffnung eine Pause machen zu dürfen. Ein Trost in dieser feindseligen Gegend. Erleichtert lehnte das Mädchen sich an und holte tief Luft.  

Freya konnte spüren, wie die Anspannung selbst von ihr abfiel und sie freigab, bis von einer Sekunde auf die andere ein grausamer Schmerz ihre Hand durchfuhr und sie mit eiserner Härte nach ihr griff. Ein Schmerz, der ihr fast die Kehle zuschnürte. Als würde eisiger Stahl sich in ihre Haut bohren und eine tiefe Wunde schneiden. Ein Moment, in welchem die Zeit stillzustehen schien. Die Wolken am Himmel, die Silhouetten der Vögel am Horizont. Alles um sie herum schien in seiner Bewegung zu verharren.

Verzweifelt versuchte Freya einen Aufschrei zu unterdrücken, während sie ihre Augen von Panik erfüllt weit aufriss. Sogar der Wind selbst hielt seinen Atem an, als das Mädchen ungläubig ihre kleine zierliche Hand dem Licht entgegenhob. Auch sie, als sie das tiefe Rot auf ihrer Haut in der Sonne glitzern sah und den glatten sauberen Schnitt mitten auf ihrer Handfläche erblickte. Woher kam das. Was, was hatte das zu bedeuten? Hatte sie etwas oder jemanden übersehen?

Der pulsierende Schmerz ließ ihr das Herz bis zum Hals schlagen, während ihre Augen jedoch auf den blutroten Tropfen ruhten, welche über ihre Haut hinweg flossen. Sie hatte nichts berührt. Weder einen rostigen Nagel noch eine scharfe Klinge. Ihr Blick folgte dem dunklen Rinnsal, welches sich aus klaffende Wunde heraus formte.

Das Blau ihrer Augen glitt ins Leere und für einen Moment schien alles von einem surrealen roten Schleier erfüllt. Sogar der Himmel, als würde die Sonne selbst von Blut getränkt werden und die Wolken in einem rötlichen Schein hineintauchen. Was passierte hier? Und warum? War sie vielleicht wirklich längst tot?

Alles war erfüllt von einer unheimlichen Stille. Einer Bewegungslosigkeit und einer geisterhaften unwirklichen Ruhe, in welcher sie nichts Anderes um sich herum hören konnte, als das panische Pochen in ihrer Brust.

Eine Angst, welche mit aller Grausamkeit noch gnadenloser nach ihr greifen sollte, als sie im nächsten Moment seine Stimme hörte. So nah, so klar und deutlich, als stünde er direkt hinter ihr.

„Naheniel!“  Stumm formten ihre Lippen seinen Namen. Nein. Das konnte nicht sein. War er hier?

Leise begannen die Blätter zu rauschen, während der Staub zu ihren Füßen aufwirbelte. Was beim Lord? Bereit? Wofür bereit? Diese Kälte, sein Tonfall. Es war wie in ihren Erinnerungen, wie in ihrer Vision. Bildete sie es sich ein? Was war Wirklichkeit und was war Schein? Übermannt von ihren Gefühlen, die sie an der Wirklichkeit selbst zweifeln ließen. Es war unmöglich. Er konnte nicht hier sein. Doch spürte sie den Schmerz und die Hitze ihres eigenen Blutes aus einer Wunde, die nicht ihre war und langsam zu Boden tropfte.

Fast schon panisch riss sie ihre Augen auf, als die gespenstische Stille um sie herum mit einem Mal von einem lauten Donnern und Rumpeln durchbrochen wurde. Als hätte eine Faust auf einen Tisch geschlagen. Ein deutliches Zittern unter ihren Füßen, welches nicht nur die Erde unter ihr, sondern das Dorf und den Berg erschütterte.

Ein ohrenbetäubendes Krachen, welches an den Hängen widerhallte und ihr keine Zeit mehr ließ, darüber nachzudenken, was sie tun sollte. Schutzsuchend hielt sie ihren Arm vor die Augen und blickte in das Innere der Scheune.  Kaum würden ihre Beine sie noch weit tragen, geschweige denn in Sicherheit bringen. Der Lord konnte sich doch nicht vollends von ihr abgewendet haben oder doch?

 
Bild

♦ Stolze Tochter ihres Ziehpapas Ninian Chakai & ihrer Ziehmutter Caidith Chakai ♦
♦ Kleiner Keks ihrer großen Ziehschwestern Mahaba, Namayah, Lysiana & ihres möglicherweise fiesen Ziehbruders Liam Chakai ♦
Adeptin der dunklen Kirche Ogrimars unter ihrer Mentorin Tanuri 


Geboren aus dem Wissen einer dunkler Vergangenheit - verblaßt mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
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Syndra
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#855

Beitrag: # 53834Beitrag Syndra »

In einem unscheinbaren Zimmer in einem unscheinbaren Haus in einer unscheinbaren Gasse...  ohne Wein


Sein intensiver Blick ließ Syndra für einen Moment fast annehmen, dass er seine Position überdacht haben könnte. Jene konstante unermüdliche Selbstsicherheit, die Situation ohne eine Form von Aufklärung ihr gegenüber lösen zu können. Nun bitte, so sollte Naheniel sich nicht herablassen müssen, seine dunklen Geheimnisse mit ihr zu teilen.

Durchaus mochte es in seiner Macht liegen, selbst der Dinge Herr zu werden. Vielleicht aber auch nicht. Ein Urteil konnte sie sich dahingehend nicht anmaßen, geschweige denn, dass sie an ihm zweifelte. Überheblichkeit führte jedoch schneller zum Fall, als man glaubte. Naheniel wusste, wo er sie finden konnte, würde er seine Position überdenken.

Es scherte die Magierin wenig, ob die Augen, welche bereits jetzt auf ihr ruhten und sie hinter vorgehaltener Hand in Zweifel zogen, weiter oder gar intensiver nach schmutziger Wäsche in ihrem Leben suchen würden.

Ihr Blut selbst schürte das Misstrauen auf eine Weise und die Beziehung zu Naheniel hatte jenes nachvollziehbar noch weiter angefacht. Glaubte er wirklich, sie hätte es als ein Problem angesehen?

Oder war es am Ende nicht mehr als eine ebenso fadenscheinige Ausrede, wie bei ihrem Erzeuger? Ein erbärmlicher Vorwand, um sie hinzuhalten, zu benutzen und wieder loszuwerden, wenn Naheniel selbst die Zeit dafür gekommen sah?

Es war nur ein seichter Wimpernschlag, von emotionaler Kälte erfüllt, mit dem sie den Gedanken beiseite strich. Auch wenn die Verlockung in ihr wuchs, ihre Wange an seine Hand zu schmiegen oder eine Erwiderung gar herauszufordern, zügelte sie sich.

Lediglich das Blau ihrer Augen hielt gebannt an ihm fest. Ohne sich zu regen, sollte ihr Blick ihm, als er sich zu ihr hinabbeugte. Sanft spürte sie den Atem an ihrem Hals entlangstreichen, während seine Worte von dunkler Entschlossenheit erfüllt waren.

Ein Versprechen, welches keine eigenen Worte brauchte, um ein unscheinbares Zucken auf ihren fein geschwungenen Lippen zu hinterlassen. Ein Lächeln, das sich bis in ihre Augen selbst hineinschleichen sollte.

Die Wärme seines Körpers schwand jedoch im selben Augenblick und nur der unverwechselbare Duft von Kardamon, Zedernholz und Jasmin verlieh dem unscheinbaren Zimmer noch einen Nachhall seiner Anwesenheit. Er würde sie finden. Daran zweifelte sie ebenso wenig, wie an seinen Worten an sich.

Abermals zuckten ihre Lippen. Sie wusste, was sie wollte, ebenso wie sie sich darüber bewusst war, wie gefährlich es für ihr selbst werden konnte und wie viel sie dafür riskierte. Doch jener empfindliche Nerv und das Wagnis selbst waren es, die es umso reizvoller machten.

Ein entschlossener eiskalter Glanz erfüllte ihren Blick, als Syndra ihren Fokus auf das schimmernde Portal legte. Es war Zeit aufzubrechen.

Naheniel hatte für sie und sich entschieden, wo ihre Positionen derweil sein sollten und Syndra würde diese entsprechend als solche einnehmen. Vorerst. So wie er seine Geschicke auf seine Art alleine lenken wollte, würde auch sie weiter an den Fäden ihres Schicksals ziehen. Ihre Augenbraue glitt kurz in die Höhe, bevor ihre Zehenspitze die magische Oberfläche aus gewobenen Schatten berühren sollte. Wie schnell und unter welchen Umständen sie einander wiederbegegnen würden, war ungewiss.

Doch der Wortwechsel, den sie vor ihrer kleinen Exkursion zu Naheniel hatte aufschnappen können, versprach ein klares Wiedersehen. Es waren zwar nur Wortfetzen gewesen, doch sollte das Goldkind der Priesterin bisweilen noch nicht wiederaufgetaucht sein, würden sich ihre Wege vielleicht vorzeitig erneut kreuzen.

So trat sie durch das Portal, um mit einem Schritt wieder ihren Platz einzunehmen und in die Hallen der Legion zurückzukehren.
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Tochter des Erzmagus Vaboris van Darc & Miradoria
~ Erstgeborene & rechtmäßige Erbin des Hauses van Darc ~
~ Schwester der Nymeria var Aesir ~ Mitglied der
Legion des Schattens ~

Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht oder Einfluß man diesem gewährt die Gegenwart noch zu beeinflußen. ~
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Adrian
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#856

Beitrag: # 53836Beitrag Adrian »

War es tatsächlich er, der eine Wahl treffen musste? Eine Entscheidung fällen? Wie einfach sie es sich doch immer wieder machte und dabei nicht nur strikt jedwede Verantwortung von sich versuchte zu weisen, sondern ihn gezielt von der Kernfrage selbst ablenkte.

Kampf oder Flucht. Wie weise es von Tanuri war, genau diese Worte nicht zu wählen. Wollte sie wirklich über Ausflüchte sprechen? Ein wahrlich passender Ausdruck für den Versuch erneut um eine klare Antwort herumzukommen. Immer und immer wieder.

Bereits in Freyas Zimmer war nichts als bissiger Zynismus in ihren Worten und ihrer Stimme gelegen. Etwas, worüber Adrian in Anbetracht der eskalierten Situation hinweggesehen hätte. Ihr gewährt hätte ihre Fassade der eiskalten Arroganz aufrechtzuerhalten.

Ihre erneute Entgleisung jedoch forderte Adrian unweigerlich heraus. Schweigend ruhte der Blick des Magiers Blick auf dem klaren Blau ihrer Augen. Er spürte den erneuten Wandel. Die winzige Veränderung in ihrer Stimme, welche ihr eine Nuance an Wärme verleihen sollte.

„Was soll das alles verdammt?“ Was hatte er falsches gesagt, dass sie ausschlagen ließ wie ein Wildpferd? Was war es, was sie tatsächlich von ihm erwartete?

„Wie oft noch Tanuri?“ Presste er durch seine Lippen, strapazierte sie mehr als deutlich seine Geduld. Erbarmungslos ruhte sein Blick auf ihr und hielt an diesem unerbittlich fest.

In einem Moment tauschten sie ihr Wissen aus und er erneuerte sein Zugeständnis an sie, wie sie es gefordert hatte, nur damit sie im nächsten Augenblick ihr Glas auf den Boden warf und ihm Unglaubwürdigkeit zum Vorwurf machte? Ihn sogar als Lügner denunzierte? Wie sollte es funktionieren, wenn sie nicht fähig war sich über ihre Zweifel hinweg zu erheben?

Eisig taxierte er ihren Blick, welchen er nach wie vor nicht freigeben wollte. Das helle Blau seiner Augen schimmerte in gnadenloser Kälte und doch war sie nur der mahnende Vorbote jener erbarmungslosen Dunkelheit, sie sich dahinter verbarg.

„Wie oft willst du mir diese Fragen noch stellen?“ Forschend sah er ihr in die Augen, während seine Stimme von einer gefährlichen Ruhe getränkt war. In keiner Weise löste er dabei seinen Griff, sondern zog ihren Blick stattdessen fordernd weiter zu sich hinauf, um diesem keinerlei Gnade auf Entkommen zu gewähren.

„Wie oft dieselben Antworten hören, deren Worte weder einen Wert noch eine Bedeutung in deinen Augen haben. Es wird nichts ändern, solange du zweifelst und mir nicht vertraust.“

Mit keiner Silbe würde er ihr die Genugtuung geben erneut das Knie vor ihr zu beugen. Stattdessen sah er sie trotz der Nähe zu ihr mit gebührendem Abstand an.

„Hör auf.“ Das Blau seiner Augen schimmerte düster auf, ehe er mit dem Daumen berührungslos über ihr Kinn fuhr. „Hör auf mit deinen Machtspielen und deinem Misstrauen.“

Er hätte unmittelbar aufbrechen und Liadan bei der Suche nach Freya helfen sollen. Jeden verfluchten Stein im Schattenreich umdrehen, es gnadenlos niederbrennen und einen infernalen Krieg entfachen müssen.

Stattdessen stand Adrian hier, während der Sand in der Uhr weiter rieselte und jeder Moment nahezu kostbar war, um die Adeptin vor Naheniel zu finden. Vertrauen. Wollte Tanuri ihn wirklich darüber aufklären? Oder wollte sie dies ebenso scheinheilig für sich behalten, wie das Wissen um ihren Bruder?

Leicht nur senkte er seine Lider zu einem Blinzeln, ohne dass sein Blick selbst sie freigab. Hatte die Priesterin vergessen, was hier gerade vor sich ging? Wie ernst die Lage um sie herum war und was ein Scheitern bedeuten würde?

Kühl glänzte das helle Blau seiner Augen durch die wirren Strähnen seines Haars hindurch im Licht des Morgens und doch war das finstere Zentrum inmitten jener ein Abgrund tiefster Schwärze. Adrian hatte bereits einmal den Fokus verloren, um sich und der Welt etwas zu beweisen. Das würde kein zweites Mal geschehen.  Weder versteckte er sich hinter Freya noch hinter der Bestimmung selbst. Es war ein Teil von ihm, ebenso wie von der Hüterin selbst.

„Du bist diejenige, die eine Entscheidung treffen muss.“ Für einen schweigenden Moment sah er sie eindringlich an. Ein Augenblick, welcher den Raum mit einer unheimlichen Stille belegte, die über ihnen schwebte, ehe er sich zu ihr vorbeugte. Sacht nur ließ er seine Stimme an ihr Ohr flüstern.

„Stehe an meiner Seite. Kämpfe an meiner Seite. Und vertrau mir.“ Es war nicht mehr als ein dunkles Raunen, in welchem die unumstößliche Erwartung deutlich mitschwingen sollte. Zwei Worte, welche eine Form von einnehmender Wärme in sich trugen, bevor er seine Hand abrupt löste und entschieden zurückzog, um sich vor ihr zur vollen Größe aufzurichten.

Nur Adrians Blick hielt weiter an ihr fest, während sein Schatten selbst sie nur noch berühren sollte, ehe er seine Forderung mit der greifbaren Kälte von Entschlossenheit vollendete.
„Oder lass es.“
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Stellan
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#857

Beitrag: # 53837Beitrag Stellan »

"Ich störe doch nicht?" Schwer zu sagen, wie lange er schon im Türrahmen stand und das Geschehen aufmerksam, dennoch mit sichtbarer Ablehnung beobachtete. Stellan war dem Mann, der Tanuri gerade noch in mehrfach deutbarer Position festgehalten hatte, nahezu dankbar, dass dieser anscheinend für sich beschlossen hatte, das unnötige Aufbegehren seiner Tochter abzubrechen, indem er seine Hand von ihr löste.

Von der eigentlichen Grundthematik des Gesprächs hatte Stellan zu wenig in dem Eingang des Hörsaals mitbekommen, weshalb er seine Rückschlüsse einzig aus dem vollständig unbegreiflichen und nicht zu duldenden Gebaren Tanuris zog.

Nun mied er sie ohnehin schon, doch jedesmal wenn er auf sie traf, hatte sie weder sich und schon gleich gar nicht ihre Gefühle, die sie nicht besitzen sollte, unter Kontrolle.

Wenigstens schien der Mann bei ihr zu wissen, was sich gehörte und wusste in kühler Entschlossenheit ihre unangebrachte Dramatik abzublocken. Was für ein Trauerspiel, das Stellan erneut von seiner Tochter geboten wurde...

Sie war eine Enttäuschung, durch und durch. Und ihr Verhalten ein weiterer Beweis dafür, dass er bereits bei der Geburt seiner Kinder falsch entschieden hatte und erst recht, als Nymeria zur Welt kam.

Könnte er die Zeit zurückdrehen, er würde Tanuri ohne auch nur mit der Wimper zu zucken töten. Nichts hätte es von der Bestimmung geändert, denn sein Sohn war es, der den Thron des Chaos trotzdem besteigen würde. Und er, Stellan, wäre der Hüter des Schlüssels gewesen. Unter seiner Hand wäre Freya längst an einer ganz anderen Stelle. Ihre Macht hätte sich längst zu voller Gänze entfaltet und alle Ablenkungen ihres noch so formbaren Geistes würde er beherrschen. Der Tag der Neubildung dieser Welt wäre wesentlich näher, als sie ihm derzeit waren.

Aber gut, mittlerweile war er sich seiner Fehler durchaus bewusst. Noch war nichts verloren und Skrupel kannte er auch heute nicht. Stellan war bereit dafür, seinen Platz als Hüter wieder einzunehmen, sobald der richtige Moment kam. Dass dafür seine Tochter sterben musste, war ihm völlig gleich. Eigentlich sehnte er es sich sogar herbei, es selbst zu sein, der sie töten durfte. 


Alles aber mit der Zeit. Ein Schritt nach dem anderen. Weitere Fehler oder Ungeduld durften auch ihm nicht mehr passieren, schließlich hatte er bereits teuer dafür gezahlt.

Vorerst blieb ihm nichts, außer gute Miene zu einem äußerst schlechten Spiel zu machen. Sobald er sich aber sicher sein konnte, den Schlüssel an sich zu binden und von Tanuri zu lösen, gab es keinen Grund mehr, sie am Leben zu lassen. Zumindest der Gedanke daran, ihre Unfähigkeit und die Schande, die sie über das Erbe der Familie gebracht hatte, schon bald nicht mehr ertragen zu müssen, stellte ihn vorerst zufrieden. 


Trotzdem machte er keinen Hehl aus seiner Geringschätzung und seiner Enttäuschung, die er ihr gegenüber empfand. Mit einem leichten, abfälligen Schütteln seines Kopfes und auf seinen Gehstock gestützt, betrat er also den Saal.

"Demo ramago meistare zuo heilazzungu!" Es war nur eine angedeutete Verbeugung, die auf die Begrüßung zu Ehren des dunklen Meisters folgen sollte. Er verblieb in einem gewissen Abstand zu den beiden, um die Situation weiterhin für sich bewerten zu können. Prüfend blieb sein Blick zunächst auf Adrian haften. 

Eigentlich stand ihm nicht der Sinn danach, seinen Kreis von Bekanntschaften auszuweiten. Aber was er wollte und was der dunkle Lord für ihn entschied, waren eben nicht immer die gleichen Wege.

Notgedrungen musste er sich also dem beugen, was ihm auferlegt worden war. Vielleicht eine weitere, kleine und doch wohl platzierte Strafe dafür, dass er Tanuri viel zu lange schalten und walten hatte lassen und der Schlüssel damit immer weiter von seiner eigentlichen Bestimmung abgekommen war. Nachdenklich biss er sich auf die Innenseite seiner Unterlippe, während er versuchte, Adrian für sich einzuordnen.

Noch kannten sie einander nicht persönlich, doch Stellan war über sein Leben hinweg vielen bedeutenden Vertretern von alten, ehrwürdigen Familien begegnet, die noch wussten, was der wahre Glaube war. Adrians Erscheinungsbild war ihm deshalb nicht vollkommen unbekannt, auch wenn er gerade nicht wusste, wohin er ihn in seinen Erinnerungen geben sollte.

Da das Lösen dieser Frage aber nicht von primärer Brisanz war, stellte er sich selbst in aller Knappheit vor.
"Stellan var Aesir." Mehr musste er nach seinem Empfinden nicht über sich sagen. Stattdessen wendete er seinen Kopf in Richtung Tanuris und verblieb kurz in eisigem Schweigen, während sein von Missachtung durchzogener Blick sie strafend traf. 

"Tohter." 

Es war einfach immer wieder ein Ärgernis mit ihr. So viel Hoffnung hatte er einst in sie gesetzt, als er ihr das Erbe der Familie übergab. Was war aber davon geblieben? Oder noch viel mehr, was hatte sie daraus gemacht?

Dabei war die Aufgabe doch so einfach gewesen, sollte man meinen. Behüte den Schlüssel, bis er bereit ist, das Tor zu öffnen. Aber Tanuri hatte es noch nicht einmal vollbracht, Freya in irgendeiner Form zu lehren. Freya ihre Macht zu offenbaren und sie zu unterweisen. Es waren ihre Versäumnisse, die er aufarbeiten musste. Viel zu viele Jahre wandelte der Schlüssel ohne Führung über diese Welt, während die Zeit unaufhaltsam verrann, bis das Blut jenes auf die Erde fallen würde. Und wie sie ihm wiederholt demonstrierte, hatte sie das immer noch nicht begriffen.


"Dafür, dass deine Nachricht mit solch einer zur Eile mahnenden Kürze bedacht war, scheinst du sehr abgelenkt von deiner eigentlichen Aufgabe zu sein." Mit einem seichten Lächeln sah er nochmals zu Adrian, trat dann mit zwei weiteren Schritten an den Tisch heran und legte den Fetzen Pergament dort ab. 

Ohne irgendeine weitere Erklärung folgen zu lassen, griff er nach einem Krug und einem Becher, schenkte sich ein und trank einen kräftigen Schluck. Knapp zuckte er daraufhin mit seiner Oberlippe auf und seufzte tief, während der harte Klang seiner Worte durch ein düsteres Raunen zu hören war. "Ich dachte, du hättest es endlich verstanden."

Er sah Tanuri nicht nochmal an. Der Tonfall seiner Stimme sollte reichen, um ihr seine Missbilligung ihres Verhaltens gegenüber deutlich zu machen. "Enttäuschend, Tanuri, äußerst enttäuschend." 

Der Vorwurf verhallte in dem Saal, während Stellan sich nochmals an seinem Getränk bediente. Es war ein schwerer Wein, der sich wie weicher Samt auf seine Zunge legte und wärmend seine Kehle hinabrann. Der Alkohol war gehaltvoll und verschaffte ihm eine tröstliche Gewissheit, dass er zumindest durch diesen mit nur wenigen weiteren Schlucken seine Sinne und seinen derzeit noch gezügelten Ärger betäuben konnte.

Vorerst galt es aber, bei klarem Kopf zu bleiben und den Grund für Tanuris Schreiben zu ergründen, das er nun auf der Tischplatte in ihre Richtung schob.
"Also? Warum bin ich hier und du nicht dort, wo du zu sein hast?"
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Das Chaos wird entbrennnen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisteres sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Tanuri
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#858

Beitrag: # 53843Beitrag Tanuri »

Zweifel und Vertrauen. Wie einfach es doch war, zu verlangen, eines davon fallen und das andere zuzulassen. Alles aber hatte seinen Grund. Und auch wenn es sich zeitweise so anfühlte, als wären seit der Zeremonie im Felsendom Wochen oder sogar Monaten vergangen, waren es doch nur zwei Nächte und ein Tag.

Gäbe es nicht eine gewisse Verkettung von Umständen und Geschehnissen, die bereits einige Tage vor dem Abend im Dom begonnen hatten und nun bis genau zu diesem Zeitpunkt führten, andem sie einander erneut gegenüberstanden, hier im Hörsaal, dann wäre Tanuri nicht nur zu einem, sondern zu beidem bereit gewesen. 


Wobei, nein, das war falsch, denn es gab nicht nur die Möglichkeit nach einem "wäre". Den Beweis des Vertrauens, des Folgens und des Glaubens hatte sie unlängst erbracht.

Und ein weiteres Nein folgte in aller Stille allein in ihren Gedanken. Entgegen etwaiger Annahmen, sie würde sich immer noch aufreiben, an dem, was Monate zurücklag, war es das nicht, was das Vertrauen in winzig kleine Splitter zerbrochen und weitere stechende und entzweiende Zweifel gesät hatte.

Was es aber war, weshalb sie vor Adrian die Fassung verlor, warum sie es nicht schaffte, ihre so gut gehegte Kontrolle zu bewahren und am liebsten nicht nur ein Glas, sondern Bücher, Krüge und Flaschen werfen würde?

So manches geschah vor aller Augen, vieles andere aber auch nicht. Welches Resümee ein jeder aus Gesehenem oder verborgen Gebliebenem zog, musste für sich selbst entschieden werden. 


Mochte ihre Bewegungsfreiheit in diesem Moment durch den bestimmenden und zur Einhalt zwingenden Griff Adrians nahezu restlos eingeschränkt sein, ihre Stimme besaß sie nach wie vor. Und ginge es nach ihr allein, so hätte sie diese lauter als gewöhnlich erhoben, ja, vielleicht sogar geschrien, auf dass sie endlich gehört wurde. Musste sie es tatsächlich aussprechen, damit er verstand? 

Wieder stand sie gegen eine Mauer gedrängt. Zusätzlich zu jener in ihrem Rücken hatte sich aber auch vor ihr eine aufgebaut. Eine, die wesentlich schwerer, womöglich sogar unüberwindbar war, bestand jene schließlich aus nichts anderem als aus fest ineinander verwobener Dunkelheit.

Hinter ihr befand sich die unumstößliche Wahrheit, dass sie gefangen war durch sich selbst. Um ihre Handgelenke waren Ketten gelegt, damit sie das blieb, was sie zu sein hatte. Vor ihr die Schatten und die Finsternis, die ein jedes Mal zurückwich, wenn sie danach griff. All das nahm ihr die Luft zum Atmen und die Fähigkeit, klar zu denken.

Es musste einfach aufhören. Denn sie musste die Eine sein, die Hüterin, deren Fokus und Handlungen einzig und allein auf das Wohl Freya ausgerichtet waren. Das war es, was von ihr verlangt wurde, das war es, was sie zu verkörpern und zu vertreten hatte. Und zwar nur das. 
 

Vielleicht hatte sie sich getäuscht und nur wenige Augenblicke zuvor aus dem mehr als offensichtlichen Chaos, das vor ihr lag, die falschen Schlüsse gezogen. Soweit es ihr in seinem eisernen Griff möglich war, schüttelte sie ganz leicht nur ihren Kopf und flüsterte fast unhörbar leise: "Du siehst nicht, was ich seh, nicht wahr?" 

Wozu aber noch sprechen, es weiter erklären und versuchen deutlich zu machen? Es führte zu nichts, denn wieder wurde ihr vor Augen geführt, dass sie nicht verstanden wurde.

Was also tun? Es herausschreien oder einfach schweigen und handeln? Was davon war Kampf und was war die Flucht? Oder war beides ein Kampf, nur auf eine andere Art und Weise? Tief sog sie die Luft ein. Adrian forderte eine Entscheidung von ihr. Eine Entscheidung, die er bereits kennen sollte.

Bevor es aber zu der erneuten Annahme kam, dass sie sich einzig und allein egoistischer Machtspielchen bediente, würde sie seinem Wunsch entsprechen. Er wollte es wissen? Dann würde er seine Antwort nochmals bekommen. Dieses Mal klar und unmissverständlich. Auf dass es ihm für immer in Erinnerung blieb und Tanuri sich auf genau diesen Augenblick berufen konnte. 


Noch bevor sie sich aber von seinem bestimmenden Griff befreien konnte, um sich dem zu stellen, was er von ihr wollte, entließ Adrian sie von sich aus und mit dem nächsten Wimpernschlag hörte sie die Stimme ihres Vaters, die wie schneidendes Eis den Hörsaal erfüllte.

Ungläubig riss Tanuri zunächst ihre Augen auf, nur um sie gleich darauf aufgebend zu schließen. Genau eine solche Begegnung in dieser Konstellation hatte sie versucht so lange wie möglich zu vermeiden, wusste sie doch, was es für sie hieß. Von nun an konnte sie nur noch verlieren, wenn nicht schon alles verloren war. 

Das Gefühl der Macht- und Wehrlosigkeit übermannte sie und zog sie fort, wie eine alles vernichtende Flut. Verzweifelt suchte sie mit ihrer Hand nach der Tischkante, um nicht zu fallen. Sie durfte ihren Halt nicht verlieren, obwohl sie doch genau jetzt von nichts mehr gehalten wurde. 


Ihr ganzer Körper erzitterte, als sie ihre Lider wieder hob und zu Adrian aufsah. Nein, es war definitiv nicht die Zeit, um sich gegen beide behaupten zu müssen. 

Mit aller Macht versuchte sie, die Schwäche ihres Geistes zu verscheuchen und noch während Stellan sich ihnen näherte, verhärtete sich ihr Gesichtsausdruck und wandelte sich wieder zu der marmornen Maske. Mit ihren Augen, die nun nichts mehr von dem lodernden Feuer des Lichts trugen, versuchte sie, Adrians Aufmerksamkeit nochmals aufzufangen.

"Nun hast Du jemanden, der Dir in allem was mich betrifft recht geben wird." Leise und kalt presste sie die Worte zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor, blinzelte dann einige Male und schluckte sichtbar. Mit einem weiteren tiefen Atemzug, von dem sie sich erhoffte, dass er ihr die dringend benötigte Fassung wiedergab, löste sie sich endgültig aus Adrians Nähe und wendete sich in die Richtung ihres Vaters. 

"Father." Demütig und all der Ablehnung zum Trotz, die Stellan für sie nicht nur sichtbar, sondern nahezu greifbar empfand, senkte sie ihr Haupt und verschränkte vor sich ihre Hände ineinander. Wie verkrampft jene waren, sollten nur die weißen Knöchel verraten, die deutlich hervorstachen. 

Natürlich, sie hatte selbst nach ihm geschickt. Damit gerechnet, dass sie um diese frühe Zeit nicht alleine im Hörsaal sein würden, hatte sie allerdings nicht. Der Zufall und die Zeit, beide waren - vor allem wenn sie miteinander auftraten - grausame Verräter. 

"Zer ēra sî deru einīglīhho giwāro alamahtigīne." (Zur Ehr' sei der einzig wahren Majestät.)
Ganz so, wie bereits vermutet, hielt ihr Vater sich nicht lange mit seiner Meinung über sie zurück. Was hatte sie auch erwartet? Da Stellan sich aber noch dazu dafür entschied, sich auch sonst nicht mit weiteren Höflichkeiten aufzuhalten, beschloss auch Tanuri, ihm in aller prägnanten Kürze den Sachverhalt darzulegen. "Er ist fort."

Vorerst unterließ sie eine ausschweifende Erzählung und behielt getroffene Spekulationen für sich. Ihr Vater sollte sich sein eigenes, unvoreingenommenes Bild machen. Wobei es ohnehin fraglich war, ob Stellan sich überhaupt von ihr beeinflussen hätte lassen. Kühl und beherrscht fügte sich allerdings noch erklärend hinzu: "Der Schlüssel ist fort."
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Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
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Adrian
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#859

Beitrag: # 53848Beitrag Adrian »

Das Schweigen spitzte sich zu. Mehrere Momente, in denen die Forderung wie eine lautlose Klinge bedrohlich über ihnen schwebte und auf ein Wort, eine Entscheidung oder Regung zu warten schien.

Auch wenn sie darin ein Machtspiel sehen wollte, so war es schlicht und ergreifend stattdessen der einzige Weg. Wenn Worte keine Rolle mehr spielten und seine Versprechen für sie ohne jede Bedeutung waren, dann war es nun an ihr, es deutlich auszusprechen.

Einigkeit oder Einsamkeit, es lag an Tanuri, einen Weg zu wählen. Eine Entscheidung, welche weder die Situation selbst noch er ihr ein weiteres Mal zugestehen würden. Die Umstände erlaubten ihnen keine weiteren Zweifel. Sie mussten sich fokussieren, ihr Ziel genau im Auge haben, ohne sich von Unsicherheiten oder Uneinigkeiten davon forttreiben zu lassen.

Freya war fort. Sie zu finden, würde sie nicht nur ihre Kraft und Ressourcen kosten. Es würde unter Umständen auch Opfer fordern. Er musste sich daher sicher sein, dass er denjenigen, die an seiner Seite standen, uneingeschränkt vertrauen konnte. Vertrauen, dass jene nicht aufeinander losgingen, sobald einer von ihnen fiel.

Auch er hatte Tanuri unzählige Male verflucht für ihre Entscheidungen. Dennoch hatte er ihr jedes Mal die Hand entgegengehalten. Gleich, wie sehr ihr Verhalten und ihre in seinen Augen fehlerhaften Wege, sie alle ins Wanken gebracht hatten, so hatte er sie niemals offen verurteilt, außer ein einziges Mal, als er die Beherrschung verloren hatte.

Er sah es nicht, was sie sah? Was sah sie, außer der Tatsache, dass alle Schuld ihm anhaftete. Gerade sog er die Luft scharf ein, um ihr das Wort abzuschneiden, als die Tür sich öffnete und mehr als eindeutig offenbarte, dass sie nicht länger allein waren. Eisig flammte das Blau in seinen Augen auf, als die kalte klamme Stimme eines Mannes an sein Ohr drang.

Adrians Blick hielt jedoch weiterhin an Tanuri fest. Weder Stellans Erscheinen noch seine Vorstellung sollten für einige Herzschläge daran etwas ändern. Sein Name, dessen Klang die Farbe in seinen Augen für einen Herzschlag um einige Nuancen verdunkelte. Noch immer schien die Priesterin es nicht zu verstehen. Rückendeckung. Beinahe hätte er aufgelacht, doch hatte er seine Beherrschung wiedergefunden und sah sie stattdessen mit kühler Miene an. Hatte sie es wirklich noch immer nicht begriffen? Glaubte Tanuri wirklich, dass es ihm darum ging Recht zu bekommen? Er kämpfte verdammt nochmal nicht gegen sie.

Intensiv ruhte das Blau seiner Augen auf Tanuri, während das dunkle Zentrum in ihnen gnadenlos an ihr festhielt. Leicht nur bebten seine Nasenflügel. Das Gespräch war vielleicht vorerst für den Augenblick selbst beendet, jedoch war mit Sicherheit noch nicht das letzte Wort gefallen. Doch beherrschte sich der Magier selbst ebenso, wie Tanuri darum bemüht war, ihre Kontrolle zu wahren.

Es war unnötig, sich in irgendeiner Weise zu rechtfertigen. Auch wenn er Stellans Blick auffing und die Intention seiner Worte durchaus zu interpretieren wusste. Allerdings war es weder für den alten Mann von Belang, noch würde es zu einem relevanten Ergebnis führen.

„Zer ēra sî deru einīglīhho giwāro alamahtigīne." Entgegnete er ebenfalls mit pragmatischer Nüchternheit, ehe er mit einem Lidschlag Tanuri freigab und seinen Blick in nächsten Moment auf Stellan richtete.

Da der alte Mann jedoch nach seiner knappen Vorstellung sein Wort unmissverständlich an die Priesterin richtete, fiel Adrian ihm nicht mit konventionellen Vorstellungen oder höflichen Floskeln ins Wort, sondern wandte sich schweigend herum, um sich einen kleinen Schluck nachzuschenken.

Das war also der Plan der Priesterin? Kurz nur sah er zu ihr. Nicht mehr als ein Blinzeln, ehe er sich über die Lippen fuhr und nach seinem Glas griff. Deutlich konnte er dabei ebenso die Schatten, welche ihrer Stimme eine beherrschte Kälte verliehen, auf den Zügen der Priesterin wahrnehmen.

Eine trügerische Kontrolle, wenn man ihre verkrampften Hände und die Anspannung ihres Körpers betrachtete. Ein Anblick, den er vorerst allerdings unkommentiert liess. Stattdessen schritt der Magier an ihr vorbei und positionierte sich in knapper Entfernung zu ihr.

Wortlos lehnte Adrian sich an das Fensterbrett, so dass die eindringende Morgensonne unweigerlich seinen Schatten über das Zimmer legen sollte. Schweigend musterte er Stellan aus seiner Position heraus mit stoischer Kälte. Weder kannte er ihn noch konnte er ahnen oder einschätzen, inwiefern ihm wahrhaft zu trauen war. Insbesondere, da ihm Tanuris Reaktion nicht entgangen war, obwohl sie ihn scheinbar selbst hergerufen hatte.

Ja, einst war er vielleicht der Hüter gewesen, doch hatte er diese Rolle nun weitergegeben. Offenkundig war jenem trotz seiner körperlichen Gebrechen dennoch dieselbe Überheblichkeit und Kälte seiner Arroganz anzumerken, die er ohne jeden Zweifel an seine Kinder weitergegeben hatte.

Eines, das bestimmt war, den Schlüssel zu führen und zu leiten und das andere, welches der Hüterin zum Gegenstück erkoren, die Macht all dessen für seine Zwecke nutzen wollte und sich seinem Größenwahn hingab.
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Gesichtsloser Erzaehler
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#860

Beitrag: # 53851Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

~~Lumiel die Schattentochter~~


Endlich kehrte Lebenswillen in das Kind zurück,
ach was war sie doch entzückt.
Auf leisen Sohlen hatte sich Freya davongestohlen,
bemerkte die Gnomin ganz unverhohlen.


Freya hatte wohl aber eins aber vergessen,
die Gnomin war in ihrer Größe nur knapp bemessen.
Und nun hatte sie salopp befohlen,
Lumiel sollte ihr was zu essen holen.  


Aber sie konnte nicht einfach von der Kindes Schulter gleiten,
um deren Hunger zu bestreiten.
Wenn überhaupt musste sie teleportieren,
und was dann, etwa wie ein Hund apportieren?

Ach was war das Kind doch für eine Bürde,
es kostete ihr am Ende noch sämtliche Würde.


Es würde nichts nützen,
sie müsste sich auf ihre Zauberkraft stützen.
Würde sie ihr auf herkömmliche Weise etwas zu essen zu besorgen,
graute nämlich sicher schon der nächste Morgen.


Die Entfernung zum Schlachthaus war nicht weit,
aber es mangelte an Zeit.
Die Prinzessin hatte ihr aufgetragen,
sich nicht von Freyas Seite zu wagen.


Schnell musste sie sein, ja das wäre fein.
Eine kleine Mahlzeit sollte reichen,
damit das Knurren im Magen würde weichen.
Ein kleines Äpfelchen wollte sie sich schnappen geschwind,
bevor sie zurückeilte zum ätzenden Kind.


Eilig wollte sie gerade zur Tat schreiten,
da sollten sich ihre Augen weiten.
Der Himmel färbte sich plötzlich rot,
ganz klar ein Zeichen, dass Gefahr bot.
Sie musste schnell zu Freya zurück,
vermeiden das kommende Unglück.


Alles in dieser Welt war mit Freya verbunden,
wer hatte nur dieses Mal ihre Spur gefunden?

Blut tropfte auf den Boden,
auf dem es nichts gab zu roden.
Der Boden sog begierig das Blut auf,
anscheinend nahm das Unglück schon seinen Lauf.


Lumiel musste das Kind verbergen,
zum Schutze vor herannahenden Schergen.
Würden sie die falschen Leute finden,
würden sie Freya bis zum Ende schinden.


Allerdings war die Gnomin keine Meisterin der Zauberkraft,
die nur mit einem Wimpernzucken alles schafft.
Freya musste mitarbeiten, ohne sich wieder mit ihr zu streiten.


„Das Blut darf nicht benetzten die Erde,
du musst dich verstecken in einer Box der Pferde.“


Jene Tiere konnte sie hoffentlich so lenken,
dass sie würden keinen Blick auf Freya schenken.
Das Versteck war nicht besonders gut,
aber für mehr Aufsehen fehlte ihr der Mut.


Das herannahende Donnergrollen,
zeigte ihr ebenfalls dass sie sich sollten trollen,
wenn sie würden überleben wollen.


Wieder einmal war alles in dieser Welt dabei sich zu ändern,
da gab es keine Zeit gemütlich voran zu schlendern.
Dieser Weltenriss hatte biss
und würde auch dieses Mal fordern, einige Opfer gewiss.
 
 
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Stellan
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#861

Beitrag: # 53852Beitrag Stellan »

Weiterhin entschied er sich dafür, seine Tochter nicht anzusehen. Die Schmach darüber, dass es sein eigen Fleisch und Blut war, das die jahrhundertealte Bestimmung seiner Familie aufgrund eigener sichtbarer Bedürfnisse, Launen und Naivität gegenüber dieser Aufgabe und dem Egoismus zu sich selbst, nicht nur nicht erfüllte, sondern noch dazu vollkommen daran scheiterte, war zu groß.

Tanuri war nicht die erste Frau, die als Hüterin den Kampf gegen den Zwilling im Mutterleib überlebt hatte, aber ganz offensichtlich war sie nicht nur die Schwächste, sondern noch dazu die Unfähigste von allen.

Wieder trank er von seinem Becher, schmeckte jede Frucht des Weines auf seiner Zunge und schwenkte daraufhin das dunkelrote Getränk. Zäh vergingen die Sekunden, in denen er nichts sagte und sich einzig auf Bewegungen der Flüssigkeit konzentrierte. 


"Deine Aussage, Freya ist weg, lässt eine Bandbreite von Interpretationen zu." Quittierte er ihre knappe Zusammenfassung und gab sein Vorhaben dann auf, sich nicht völlig dem Alkohol hinzugeben und leerte den Becher vollständig. Stellan schenkte sich aber nicht nach, sondern drehte sich in die Richtung Adrians und Tanuris.

Es war ein leidiges Trauerspiel, das seine Tochter vor ihm zu wiederholten Male darstellte. Ein schlechtes noch dazu. Verfolgte sie ein Ziel mit dem Leid und offensichtlicher Darstellung ihrer nicht annehmbaren Emotionen? Verlangte sie etwa Mitleid oder Verständnis für ihre Verfehlungen und ihre jämmerliche Art, mit den Problemen, die sie selbst heraufbeschwor, umzugehen? 


Seine Hand packte seinen Gehstock fester und mit erhobenen Augenbrauen ließ er seinen Blick noch für einige Sekunden auf beiden verhaften, bevor er mit einem abfälligen und lieblosen Lächeln seine Tochter bedachte. "Warum nur überrascht es mich nicht?" Ein Schmerz durchzuckte sein Bein, so wie es häufiger vorkam, wenn der innere Ärger zu groß und zu unkontrollierbar war.

Stellan verlagerte sein Gewicht so gut er konnte auf den hölzernen Stock und humpelte auf einen der Sessel zu, nur um sich dort mit einem tiefen Atemzug niederzulassen. Mit angespanntem Gesicht strich er sich über seinen Schenkel und lehnte sich gegen die weiche Polsterung in seinem Rücken.

War er ehrlich mit sich selbst, wo verwunderte es ihn nicht einmal sonderlich, dass der Schlüssel verloren gegangen war. Er hatte es seiner Tochter nicht nur einmal gesagt, wie nachlässig sie mit der Erziehung und Vorbereitung umgegangen war. Stellan hatte Freya ebenfalls als wild und ungestüm kennengelernt, mehr Kind denn als Schlüssel.

Deshalb war er darauf vorbereitet gewesen, dass es eine große und langwierige Anstrengung sein würde und viel Geduld erforderte, die Mängel Tanuris auszugleichen. Es war schon längst überfällig, das Kind auf den richtigen Weg zu leiten und ihr endlich jene Erziehung zukommen zu lassen, die bisher verpasst worden war. Nicht nur durch seine Tochter, sondern auch durch die Familie Freyas. Konnte man sich denn mittlerweile auf niemanden mehr verlassen? Waren Namen nur noch Namen, mit denen man sich brüstete aber vergaß, woher ihre Bedeutung stammte und welche Geschichte sie einst trugen? 


Was war das nur für eine Welt geworden, lasch und ohne jeglichen Sinn für die alten Traditionen. Zu seiner Jugend hätte es diese Umtriebigkeiten, Trägheit und Gleichgültigkeit nicht gegeben. Sein Vater hatte gewusst, was sich gehörte und auch nicht davor zurückgeschreckt, das Wort Ogrimars, den Willen, den Glauben und seine eigenen Überzeugungen mit aller Härte durchzusetzen. Selbst wenn dafür das Blut von jenen floß, die sich einst dem schwarzen Lord verschrieben aber sich am Ende nur dadurch auszeichneten, dümmlich und schwach zu sein. Unwürdig, sich mit den Insignien des einzig wahren Gottes zu schmücken. 

Immer noch rieb er sich, mittlerweile etwas kräftiger, über sein pochendes Bein und blickte dabei unverwandt zu den beiden. "Kann ich davon ausgehen, dass die, nennen wir es "Unterhaltung", die ich soeben gestört habe, davon handelte, wie der Schlüssel wieder zurück an seinen Platz kommen kann?"

Vorerst wartete er aber die Antwort nicht ab, sondern wendete seine Aufmerksamkeit in Richtung des hochgewachsenen Magiers, den er nun etwas genauer betrachtete. "Ihr habt es verpasst, Euch mir vorzustellen." Stellte er ohne jeglichen Vorwurf in seiner Stimme fest.

Nachdenklich verengten seine Augen sich zu engen Schlitzen, während er sich leicht nach vorne lehnte. Zwar stand Adrian nun in einigem Abstand zu ihm, dennoch waren die Ähnlichkeiten zu einer Familie, die schon seit langem zu jenen gehörten, die Ogrimar tief ergeben waren, auch aus der Entfernung hinweg unübersehbar.

Eine jede Familie trug gewisse Züge an sich, durch die man, solange man aufmerksam und mit wachem Blick durch die Welt ging, erkannte, dass sie zueinander gehörten. Auftreten, Ausstrahlung und Aussehen verbanden nun einmal, ob man das nun wollte oder nicht. Und wenn man klug war, wusste man über die Wichtigsten von ihnen Bescheid.


"Noch hatte ich nicht das das Vergnügen, Euch kennenzulernen." Zufrieden mit sich zeigte er ein selbstsicheren Ausdruck auf seinem eingefallenen Gesicht. Adrian kannte er tatsächlich nicht, womöglich war es ja die Mutter oder der Vater, die bereits seine Wege gekreuzt hatten. Vollkommen fremd aber war der Dunkelmagier ihm definitiv nicht. Wenn dieser noch dazu die uralte Sprache der Götter und der Prophezeiung verstand, konnte Stellan davon ausgehen, dass seine Tochter wenigstens hier klug genug gewesen war, jemanden an ihre Seite zu holen, der um die Wichtigkeit des Schlüssel wusste.

 
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Das Chaos wird entbrennnen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisteres sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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#862

Beitrag: # 53853Beitrag -Freya- »

Schutz suchen und sich verbergen. Freya konnte es nicht wirklich verstehen. Die feindseligen Blicke der Dorfbewohner jedoch hatten ihr deutlich das Gefühl vermittelt, dass sie vielleicht besser auf Lumiel hören sollte. Doch wo sollte sie sich verstecken? Und warum? Immer wieder diese quälende Frage.

Nichts war richtig oder fühlte sich richtig an. Sie gehörte nicht hierher und mit jedem Moment spürte Freya es deutlicher. So als würden sogar Himmel und Erde gegen sie aufbegehren, gab es scheinbar keinen Ort, an dem sie überhaupt sicher sein konnte. Wie eine Maus, die in einem fremden Haus unwillkommen von Katzen oder Besen gejagte wurde, bis man sie in die Ecke getrieben hatte, um ihr den Rest zu geben.

Das Rot des Himmels glühte förmlich, so als hätte die Sonne selbst ihn in Brand gesetzt. Einem Sonnenuntergang gleichzustellen, trugen selbst die Wolken einen blutigen Schleier.

Erinnerungen kamen auf. Bilder, welche vor ihrem inneren Auge aufflammten. Ein brennender Himmel, Steine und Berge, welche unter ohrenbetäubendem Lärm vom Himmel fielen und alles in Chaos versetzt hatten. „Sei bereit.“ Hatte sie sich die Worte eingebildet? Hatte er sie einst gesagt, bevor er sie durch das Portal gestoßen hatte? War es nur eine Erinnerung?

Laut klapperten die Bretter, während Staub aus den Ritzen und von den Sparren über dem Mädchen hinabrieselte. Doch grausamer noch erklang das Brechen und Bersten von Gestein. Ein Krachen, das nahezu alles andere übertönte. Freya durfte sich nicht von den Bildern in ihrem Geist ablenken lassen.

Schutz würde sie nicht in der Scheune finden. Nicht, wenn der Boden bebte und das ganze Gebäude jederzeit über ihrem Kopf zusammenstürzen könnte oder gar im nächsten Atemzug die Erde unter aufreißen und sie in den Tiefen verschlingen würde.

Freya spürte nur, wie ihr Herz raste. Ein panisches Pulsieren, das in ihrem Kopf hämmerte. Das Mädchen ließ ihren Blick durch die Scheune schweifen. Der Wind und der Staub jedoch vernebelten ihr nahezu jede Sicht. Sie musste hier weg, das war ihr bewusst, aber sie brauchte ein Pferd oder etwas, dass sie schnell tragen würde. Weit weg von dem Bischof, diesem Ort und von dem Beben.

Das Blut in ihrer Hand, es war vollkommen nebensächlich, auch wenn sie sich bewusst war, dass es Spuren hinterlassen würde. Einzig der rasende Schmerz, der in ihrer Handfläche pochte, war nicht zu ignorieren. Kein Kratzer oder Unfall, sondern ein sauber geführter Schnitt.

Was immer es bedeuten sollte, das Mädchen kannte nur eine Weise, wie sie an diese Verletzung geraten sein konnte, doch ehe der Gedanke selbst sich vollkommen in ihrem Gedanken manifestieren konnte, krachte ein weiterer Balken von der Decke hinab.

„Wir müssen hier weg.“ Sagte sie in vollkommener Panik, hätte es auch ihr Schädel selbst sein können, der von dem massiven Holz zerquetscht worden wäre. Schemenhaft konnte sie zwischen aufgewirbeltem Staub und Sand den Rücken eines Pferdes ausmachen, welches unruhig scharrte. Ein schwarzer Schatten, der inmitten der Scheune angebunden schien und dessen Wiehern in der Geräuschkulisse unterging.

Ogrimar sei Dank. Ihre Augen wanderten über einen heruntergekrachten Trümmer. Irgendwie musste sie dadurch, bevor alles um sie herum einstürzen würde. Gedanklich zeichnete sie den Weg, den sie nehmen musste, über den Balken hinweg, um dann an die offene Box zu gelangen, deren Tor immer wieder auf und zuschlug. Es waren nur wenige Meter und dann konnten sie hier verschwinden.

Tief atmete Freya ein, ehe sie ihre kleinen Hände zu Fäusten ballte. Gnadenlos spürte sie das Pochen der Wunde als eine Antwort ihres Handelns. Die Wärme ihres Blutes in ihrer Handfläche zusammen mit dem Schmerz, auf den sich das Mädchen fixierte, um sich nicht von ihrer Angst übermannen zu lassen. Der Schmerz war real, er war greifbar, ihre Furcht nicht.

Die Erde zitterte und bebte, als sie durch das Stroh hindurch lief. -Nicht jetzt! -Schoss es durch ihre Gedanken, als sie gerade über den Balken sprang. Das Ächzen des Daches selbst ließ keinen Zweifel mehr, dass es nicht mehr lange halten würde, sondern jeden Augenblick vollkommen einzustürzen drohte.

Unter einem ohrenbetäubenden Krachen lösten bereit sich die Bretter und fielen von allen Seiten hinab. Verflixt! Nur noch ein klitzekleines Bisschen. Es musste halten. Nur kurz. Ihr Herz schlug immer lauter, während ihr Atem unter dem Staub, Dreck und der inneren Panik immer schwerer wurde. Fast hatte sie die Box doch erreicht, als ein kurzer Moment des Schmerzes sie zu Boden riss. Ein Augenblick, der ihr alle Luft aus den Lungen sog.

Die Schwärze von Schatten, welche sich bei einem Blinzeln über ihre Augen legte, als sie unsanft auf den Boden aufschlug und der Dachstuhl sie unter sich begrub. Eine Dunkelheit, die sich jedoch keineswegs schützend um sie legte, sondern ihre Kraft zu rauben schien, während ein rasender Schmerz sie in die Finsternis hinabzerrte und ihren Körper regungslos inmitten von Trümmern, Staub und ihrem eigenen Blut zurückließ.
Zuletzt geändert von -Freya- am So 28. Jan 2024, 18:22, insgesamt 1-mal geändert.
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#863

Beitrag: # 53854Beitrag -Freya- »

In der Dunkelheit... 


Wie lange sie einfach nur in die Finsternis fiel oder sich in ihr treiben ließ, wusste sie nicht. Schlaf. So sehr hatte sie sich danach gesehnt. Die Ruhe, die Stille. Das Vergessen von Angst und Schmerz. Vielleicht war der Moment gekommen, einfach für immer die Augen geschlossen zu halten, in die Dunkelheit selbst abzutauchen und sich zwischen Abgrund und Schein zu verlieren. Frei zu sein von der Bürde einer Bestimmung und eines unvermeidbaren Schicksals.

„Allein in der Dunkelheit.“ Flüsterte etwas leise an ihr Ohr, während die Finsternis sie noch immer umgarnte und ihren Geist immer weiter mit sich in die Tiefen lockte. Es war ihre eigene Stimme, weit entfernt zwar, aber dennoch konnte sie die Warnung darin hören.

„Sei bereit, Freya.“ Durchzuckte eine andere Stimme ihren Geist. Seine fordernde Stimme, die sie rief und den Frieden des Schlafes und der Finsternis wie einen Schleier von ihr abzog. Blinzelnd hob sie ihre Wimpern, geblendet von einem schummrigen Licht, das den Raum um sie herum in seinen Schein hüllte.

Wo war sie? Es war weich und warm. Kein harter Boden, der sie unsanft aufgefangen hatte, kein ohrenbetäubendes Krachen, das schmerzlich in ihrem Kopf widerhallte. Wie war sie hierhergekommen? Hatte sie etwa jemand gefunden? Unsicher versuchte Freya etwas zu erkennen, doch war ihre Sicht noch immer vernebelt und undeutlich, so als sähe sie durch milchiges Glas. Alles schien auf eine Art unwirklich und schemenhaft. Wie eine Fata Morgana.

War es ein Traum oder war es die Umarmung der Ewigkeit, die sie an diesen Ort getragen hatte? Ihre Augen streiften über die Decke hinweg als sie sich aufrichtete und feststellte, sich eingehüllt in warme Decken auf einem einfachen Bett wiederzufinden. Wo war sie nur?

Aufmerksam und zugleich verwirrt sah das Mädchen sich langsam um. Diese kleine Hütte, welche nicht viel Raum bot. Freya kannte sie. Ja, sie war schon einmal hier gewesen, oder nicht?  Ihr Blick erfasste die kleine Feuerstelle, welche wärmespendend loderte. Alles wirkte vertraut und doch wusste das Mädchen im ersten Moment nicht woher.

Vorsichtig streckte Freya ihre nackten Füße aus dem Bett und berührte mit ihren Zehen den kühlen Boden. Die Decke um ihre Schultern gezogen, erhob sich das Mädchen langsam und ließ ungläubig ihren Blick schweifen.

Wie konnte das sein? Das dunkle Holz, die spärliche, aber dennoch wohnliche Einrichtung, so einfach sie wirken mochte, es war in ihrer Erinnerung genauso gewesen. Langsam wanderten ihre Augen weiter. Ein Apfel lag angeschnitten am Tisch. Eine kleine Ecke fehlte, während daneben die silbern schimmernde Klinge eines Messers auf dem dunklen Holz des Tisches gefährlich glänzte.
Ein kurzer Schmerz durchfuhr ihren Geist. Kein gewöhnlicher, sondern vielmehr eine Dunkelheit, die ihre Erinnerungen wie Lichtblitze vor ihren Augen aufflammen ließen.


„Spürst du es, Freya?“ Es war ein Funke in ihrem Gedächtnis, welcher aufloderte. Naheniels Stimme, die sie berührte, ehe ihr Blick auf die Felle vor dem Kamin fiel. Sicherheit. Sie hatte sich hier sicher gefühlt. Bei ihm.

Es war seine Hütte. Dort, wo sie ihn inmitten des Schneesturms gefunden hatte, um dann vor dem Feuer dort diese Magie zu spüren. Für einige Herzschläge sah sie auf das Züngeln der Flammen, ehe die Finsternis sie abermals durchzog.
„Hab keine Angst Freya, solange ich bei Dir bin, musst Du Dich nicht fürchten!“

Doch sie war allein hier in der Dunkelheit. Allein in der Finsternis. Wie war sie hergekommen? Ihr Blick glitt auf den Tisch mit dem Apfel, doch war es nicht der Hunger, der sie einfing, sondern vielmehr das Messer. Blut. Da war ein Schmerz gewesen und Blut.
 
Kurzerhand blickte Freya auf ihre Hand. Sie war unverletzt. Keine Narbe, keine Wunde und doch war sie sicher, dass sie einen Schmerz gefühlt hatte.


„Sieh, was geschieht, wenn Du den Weg nicht findest, Kind. Es zerbricht uns. Es führt uns in die Dunkelheit." Erneut hörte sie die Stimme ihres eigenen Geistes. Jenem der auf ewig verloren war. Nein, sie wollte nicht so enden. Sie durfte nicht so enden. Sie war der Schlüssel. Allerdings wenn sie hier war, was hatte es dann zu bedeuten und hatte sie die Macht dazu es noch zu ändern?

Verflixt, wo war sie und was hatte es zu bedeuten? Ihre Finger glitten an ihre Schläfen, als könnte sie ihre Gedanken damit festhalten und ihre Erinnerungen selbst greifen.

Es war seine Stimme, die sie berührt hatte. Seine Worte, die sie aufgefordert hatten bereit zu sein. Aber wo war Naheniel und wieso hatte sie ihn spüren können und er sie nicht? Ihre Angst, ihren Schmerz, ihre Einsamkeit. Was war geschehen? Hatte sie geträumt? Oder war sie inmitten eines Traums?
 
Leicht nur senkte sie ihre Lider, als ihre Fingerspitzen unterbewusst über das Messer hinwegstrichen und ihre Finger sich um den Griff schlossen.


„Es zerbricht uns.“ Wisperte es leise. Langsam drehte Freya sich um ihre eigene Achse, während alles um sie herum im selben Moment in lauter kleine graue Flocken zerfiel. Als würden Flammen sich durch ein Gemälde fressen, löste sich alles um sie herum auf surreale Weise in Asche und Rauch auf.

Der Tisch, die Wände, das Dach, sie alle zerfielen in tiefer Dunkelheit zu weißglühenden Flocken, die zu Boden schwebten und von denen nichts als Staub zurückbleiben sollte und letztendlich auch Naheniels Versprechen mit sich nahmen.
„Ich werde dich immer finden.“

Es war ein Traum. Nicht real. Ihr Traum, ihre Gedanken, die ihr flüsterten, sich fallen zu lassen, es hinzunehmen. Ihre Erinnerungen zu verbrennen und sich einzig von der Dunkelheit selbst tragen zu lassen, anstatt sich an eine zerfallende Hoffnung zu klammern.

Ihre geweiteten Augen folgten den Flocken, bevor Freya in ihrer Bewegung innehielt und hinab auf das Messer in ihrer Hand sah.
„Spürst du es, Freya?“ hallte es leise in ihrer Erinnerung wider. Ein beinahe ersticktes Echo in ihrem Geist.

„Es ist Dein und mein Traum. Sie haben sich ineinander verschlungen, sind zu einem geworden und so wie es uns danach verlangt, eins zu sein.“ Es musste eine Bedeutung haben, warum sie hier war. Einen Grund, denn wenn nicht, dann war sie bereits verloren.

Nachdenklich betrachtete das Mädchen die Klinge. Das Blau ihrer großen Augen strich über die Schneide hinweg, ehe sie diese an ihre linke Handfläche führte. Für einen Moment sah sie auf die Spitze, welche sich in ihre Haut drückte. Wenn sie den Schmerz fühlte, sich an ihn klammerte und an ihm festhielt, vielleicht würde sie dann erwachen.

Wenn Naheniel recht hatte, war es an der Zeit, dass er es selbst fühlte. Schmerz und Angst, die ihm keine Wahl lassen würden, sie zu finden.


„Furcht habe ich keine. Nur die Sorge, dass Du Deine Macht gegen mich verwenden wirst.“ Macht. Alle sprachen davon, doch besaß sie diese tatsächlich in irgendeiner Form? Es war Zeit es herauszufinden.

Ohne mit einer Wimper zu zucken, durchtrennte die Schneide ihre Haut, unter welches ein rotes Rinnsal hervorquoll. Langsam zog sie das Messer zurück und blickte auf die klaffende Wunde ihrer linken Hand. Einem sauberen Schnitt, der gesäumt war von tiefem Rot und dessen Echo ihren Körper bis in die Tiefen hinein flutete.

Warmer Wind umschmeichelte die Fesseln ihrer Beine, als die Dunkelheit von hellen Blitzen durchzogen wurde. Einem gleißenden Licht, das sich in ihren Augen widerspiegelte und die Finsternis um sie herum entzündete.

Eine Hitze, die Freya spüren konnte, die sie aber nicht verbrannte, sondern vielmehr umgarnte. Sanft umspielte die warme Luft ihr Haar und hob den zarten Stoff an, der ihren Körper umschmeichelte, sodass der Saum nicht die staubige Asche des Bodens berühren sollte, als ihre nackten Füße auf den glimmenden Boden traten.

Trostlos offenbarte sich eine Ebene aus Dunkelheit vor ihr. Eine glühende Schwärze, welches alles Leben um sie herum ausgelöscht zu haben schien. Kleine Rauchfäden schlängelten sich durch das tiefrote Licht der blutig gefärbten Sonne, während der Wind, der sie umgab, die Asche auftanzen ließ. Alles um sie herum schien tot. Vernichtet, zerstört von Feuer und Flammen.

Ihre großen blauen Augen legten sich auf die manifestierte Finsternis inmitten des rötlichen Scheins der sterbenden Welt. Unmittelbar hielt sie in ihren Schritten inne, während ein dunkles Licht ihre Augen durchzuckte.


„Naheniel…“ Freyas Stimme wandelte sich nur zu einem Flüstern, bevor sie ihre Finger zu einer Faust zusammenzog, sodass ihr das Blut zwischen ihren Fingern hindurch zu Boden träufelte und jenen damit benetzte. Kleine Tropfen, welche sich wie feine schimmernde Adern hindurch einen Weg durch den Boden bahnten, um sich mit dem wabernden Rot zu seinen Füßen zu vereinigen. „Spürst du es?“
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Maryam
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#864

Beitrag: # 53855Beitrag Maryam »

"Der Schlüssel ist fort." Freya? Als sie die Worte der Priesterin hörte, war sie zusammengezuckt. Sie konnte es kaum glauben, was da gesprochen wurde. Freya war der Schlüssel? Dieses junge Mädchen, das sich selbst kaum über das Leben, dessen Tücken und Herausforderungen bewusst war? Verärgert über sich selbst schüttelte die, hinter den hohen Bücherregalen verborgene, junge Frau ihren Kopf, so dass sich eine ihrer weichen, blonden Strähnen löste und ihr ins Gesicht fiel. 

Warum war sie nur selbst nicht darauf gekommen? Eigentlich lag es doch auf der Hand. Das Mädchen war immer umgeben gewesen von ihrer Gilde und der schwarzen Gemeinde. Trotzdem hatte Maryam sich unter einem Schlüssel etwas völlig anderes vorgestellt. Irgendwie machtvoll und strahlend. Freya hingegen war nur ein Kind. Aber wenn sie es sagten, dann musste es so sein. Fest biss Maryam sich auf ihre Unterlippe und hielt den Atem an, während sie sich weiterhin hinter den Regalen versteckt hielt.

Der Schlüssel war die ganze Zeit vor ihren Augen gewesen und sie hatte ihn nicht erkannt. Ob "er" es bemerkt hätte, könnte er selbst anwesend sein? Sie konnte nur darauf hoffen, dass er nicht zornig auf sie sein würde für ihre Blindheit. Schließlich war sie mittlerweile lange genug auf den Spuren des Schlüssels gewesen. Aber das Offensichtlichste war ihr entgangen.

Noch konnte Maryam den Hörsaal nicht ungesehen verlassen, umso angestrengter spitzte sie aber nun ihre Ohren, auch wenn sie es kaum noch aushielt, dieses Wissen für sich behalten zu müssen. Es war nun aber umso wichtiger, sich zurückzuhalten und zu versuchen, weiterhin unbemerkt zu bleiben, auch wenn es noch so schwer fiel. 


Über eine lange Zeit war die junge Frau niemandem wirklich aufgefallen. Sie hatte sich selbst darin perfektioniert, unsichtbar zu sein. Natürlich grüßte man sie hier und da mit einem kurzen höflichen Nicken, doch schnell war sie wieder in Vergessenheit geraten. Sie war nicht mehr als eine Interessierte an dem Glauben Ogrimars die ab und an im Hörsaal gesehen wurde und in den Büchern und Schriften blätterte oder einem Vortrag lauschte. Sie kam als eine Fremde und ging als eine Fremde und bemühte sich immer darum, niemals mehr zu sein.

Wie seltsam ihr es plötzlich erschien, dass Freya ihr manchmal ein freundliches Lächeln geschenkt hatte. Der Schlüssel war ihr nicht nur einmal zum greifen nah gewesen. Sie durfte sich nun aber nicht daran aufreiben und musste ruhig bleiben. Bisher war es ihr immer gelungen, das ihre Anwesenheit nicht aufgefallen war. Niemand hatte sie jemals befragt, wer sie war. Sie war nie mehr als eine Studierende der Schriften gewesen, die den Weg ins Orakel noch nicht vollzogen hatte. Stets war sie still und unauffällig
, denn wäre sie enttarnt worden, käme das einem Fiasko gleich. Einmal, als jene Mitglieder der schwarzen Gilde wohl gedacht hatten, sie wären allein, wurde von einem Spion in den eigenen Reihen gesprochen. Es war nur ein Murmeln gewesen, aber Maryam hatte gelernt, immer ganz genau zuzuhören. 

Wie falsch sie doch lagen mit ihrer Vermutung…




Schon als sie noch ein junges Mädchen war, hatte sie immer wieder eine Stimme gehört. Zunächst noch ganz leise und immer nur in ihren Träumen, aber sie war sich sicher gewesen, dass sie wirklich da war. Ihre Elten belächelten ihre Erzählungen nur und taten es mit der Begründung ab, es wäre nur die Fantasie eines Kindes. Aber Maryam wusste es besser. Die Stimme war Wirklichkeit und mit den Jahren war sie immer klarer und realer geworden. Sie führte, lehrte und leitete sie und brachte ihr alles über Glauben und die Geschichte der Götter bei, was sie wissen musste. Auch aus der Zeit, in der es weder Schrift noch Sprache gab.

Eines Tages, als sie wohl alt genug war, um Entscheidungen selbst treffen zu können, führte die Stimme sie fort von ihrem elterlichen Haus. Hinweg über die Straßen, entlang der Gebäude, bis zu dem Rand der Stadt, an dem der Friedhof lag, indem zahlreiche imposanter und reich verzierter Grabstätten zu sehen waren. 

Hier ruhten all jene, die in den Glaubenskriegen oder in einem anderen Kampf für ihren Gott gefallen waren. Bisher hatte Maryam sich niemals durch das schmiedeeiserne Tor hinein gewagt, war sie doch nur ein Kind und fürchtete sich vor den Toten. Jetzt aber, da die Stimme, die sie schon so lange kannte und die ihr zu einem strengen, aber sie niemals im Stich lassenden Mentor geworden war, an ihrer Seite war und mit jedem Schritt lauter und greifbarer wurde und sich wie ein warmer, behütender Mantel um sie legte, fürchtete sie sich nicht mehr. 

Trotzdem trat sie mit vorsichtigen Schritten über das weiche Moos, das den Friedhof überwucherte, bis sie schließlich eine Gruft erreichte, deren Tor angelehnt war. Verwundert sah Maryam sich um, aber sie war völlig alleine. Was sollte sie tun? Der Stimme folgen, die sie dazu aufforderte, näher zu treten, die Türe vollends zu öffnen und den Schritt in die Gruft zu wagen oder so schnell sie konnte davonlaufen in ihr sicheres zu Hause und sich das mit Stroh gestopfte Kopfkissen über den Kopf legen?

Gerade als sie ihrem gesunden Bedürfnis nach Flucht folgen wollte, hielt sie inne. Warum sollte sie der Stimme nicht vertrauen? Bisher war sie nie von dieser enttäuscht worden. Im Gegenteil. Und sie wusste auch, egal wie weit sie laufen oder wo sie sich verstecken würde, der Klang dieser würde immer bei ihr sein und niemals schweigen. 

Entschlossen nahm sie somit ihren Mut zusammen und trat in die nur spärlich beleuchtete Gruft ein. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah sie sich dort aufmerksam um. Die Wände waren völlig kahl, nur gräuliche Spinnweben hingen herab und erloschene Fackeln befanden sich in den Halterungen. In der Mitte aber stand ein mit Gold verzierter Sarg, der auf seinem Deckel eine Inschrift trug. Sie wischte mit ihrem Robenärmel den Staub, der sich über die Jahre abgesetzt hatte, hinfort und versuchte, die Inschrift zu erkennen.

Bevor sie die bereits verblassten Buchstaben aber aneinander fügen konnte, sprach die Stimme nun deutlicher als jemals zuvor zu ihr.
"Jetzt hast du mich gefunden."

Maryam schreckte zusammen und drehte sich um die eigene Achse. Sie spürte sie durch und durch, die Anwesenheit eines anderen. Aber es war ihr nicht möglich, jemanden zu sehen. Sie war hier vollkommen allein und doch war es nicht. "Ich kann Euch nicht sehen."

"Ich bin genau hier, bei dir. Noch kannst du mich nur hören und spüren. Wirst du aber tun, was ich dir sage, wirst du bald nicht mehr alleine sein und ich werde an deiner Seite stehen. Denn ich existiere tatsächlich." Die Stimme, sie war Maryam so vertraut. Ihr engster Freund, ein Vater, ein Lehrer, ein Beschützer und doch auch ein gnadenloser Meister, wenn sie nicht zuhörte. Sie war ihr Begleiter gewesen seit vielen Jahren. Doch erst jetzt fühlte sie sich dieser näher als jemals zuvor.

Ein Schauern durchfuhr ihren Körper als ihr klar wurde, dass diese zu demjenigen gehören musste, der vor ihr in dem Sarg eigentlich seinen letzten Frieden gefunden hatte.
"Warum habt Ihr mich hierher gebracht?"
"Weil du nie an mir gezweifelt hast."

Tief atmete sie einige Mal eine und aus. Es war frostig kalt in der alten Gruft und dennoch spürte sie eine plötzliche Wärme in sich, die sie nicht beschreiben konnte. Es gäbe so viele Fragen, die sie stellen konnte und doch wusste sie, dass es nur eine gab, deren Antwort sie tatsächlich wissen wollte. "Und was soll ich für Euch tun?" Flüsterte sie leise, dennoch ohne jede Furcht.


"Finde den Schlüssel."





Maryam wurde aus ihren Erinnerungen gerissen, als das Gespräch in der Mitte des Hörsaals sich fortsetzte. Ein Schlüssel. Damals hatte sie nicht verstanden, was damit gemeint war. Doch ihr Meister, der zu ihr gesprochen und sie auch seitdem niemals verlassen hatte, hatte ihr nach und nach über den Schlüssel und dessen Bedeutung berichtet. Und auch darüber, zu welcher bedeutenden Aufgabe er sie erwählt hatte.

Jene Begegnung war schon einige Zeit her und es hatte sie einige Mühen gekostet, einen Weg zu finden, in der schwarzen Gemeinde nach dem zu suchen, was ihr Lehrmeister ihr aufgetragen hatte. Sie durfte nicht auffallen als das, was sie war, weshalb die Zugehörigkeit zu einer der Familien oder einer Gilde keine Option darstellte. Das Studium des dunklen Glaubens aber war unauffällig genug. Nur erforderte es Geduld. Sehr viel Geduld. Wie sich aber an diesem Morgen zeigte, zahlte sich diese endlich aus.

Fest drückte sie das Buch, durch welches sie gerade noch geblättert hatte, an sich und spürte das wilde Pochen ihres Herzens. Ihr Mentor würde zufrieden mit ihr sein, darüber war sie sich sicher. Und vielleicht würde er sie nun als bereit dafür erklären, durch das Orakel zu schreiten und sich den Prüfungen zu stellen, um für ihren Gott wiedergeboren zu werden und ihren Glauben und ihre Überzeugung und ihren Willen, nur dem einen zu dienen laut auszusprechen. Und sie würde kämpfen, um dem Schlüssel seiner einzig rechtmäßigen Bestimmung zuzuführen. Selbst wenn es sie ihr Leben kosten würde. Aber für ihn opferte sie sich ohne Zögern oder Angst:

Für Artherk. 


 
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Adrian
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#865

Beitrag: # 53857Beitrag Adrian »

Nach außen hin mochte die Haltung des Magiers dabei sogar entspannt wirken. Bequem lehnte Adrian am Fensterbrett und schien auch nicht von dem Auftritt oder den Anspielungen Stellans in irgendeiner Form beeindruckt zu sein oder sie bewerten zu wollen. Jeder sah eben genau das, was er sehen wollte. Adrian hatte allerdings die unmissverständlichen Worte der Priesterin zuvor deutlich vernommen. Sein Wort war für sie bedeutungslos und ohne Wert. Ein ziemlich klares Urteil mit einem hohen Potenzial an Konsequenz.

Das helle Blau seiner Augen folgte jeder Regung des alten Mannes, der vor Tanuri der Hüter der Prophezeiung gewesen sein musste, dafür umso aufmerksamer und angespannter. In mancher Hinsicht reichten schon die wenigen Worte aus, um Parallelen zu seinen Kindern zu entdecken. Offenbar schien der Apfel nicht weit vom Stamm zu fallen, was Selbstgerechtigkeit und Überheblichkeit betraf. Ein Fakt, der bemerkenswert war, aber ihn ebenso schwer einzuschätzen ließ.

„Ihr dürft es durchaus eine Unterhaltung nennen, Lord var Aesir, die Ihr unterbrochen habt.“ Erhob Adrian seine Stimme in ruhiger und gemäßigter Tonlage.

„Eure Priesterin hat Euch kaum hergebeten, um ein vorschnelles Urteil über sie zu fällen.“ Die nüchterne Klangfarbe seiner Stimme ließ dabei keinen Zweifel daran, dass seine Worte nicht als eine Frage, sondern Feststellung gelten sollten. Vor einiger Zeit hätte der Dunkelmagier selbst Stellan vermutlich sogar noch uneingeschränkt zugestimmt, jedoch hätte er nicht nur seine Worte und Einschätzungen, sondern auch das Umfeld überlegter gewählt.

Knapp fuhr Adrian sich über die Lippen, ohne seinen Blick von Stellan abzuwenden. Es war ziemlich einfach und nicht zuletzt anmaßend, jemandem ein Versagen zuzuschreiben, wenn man selbst die Bürde einer Aufgabe nicht zu tragen hatte. Eine Lehre, die er stets selbst vor Augen hatte.

„Korrigiert mich, wenn ich falsch liegen sollte. Aber war es schließlich nicht der Wille des Lords selbst, den Schlüssel hier und jetzt in die Hände der Hüterin zu übergeben anstatt sie Euch einst anzuvertrauen?“

Für einige schweigende Momente sah er Stellan an, während er langsam das Glas an seine Lippen führte, damit Stellan sich der Bedeutung seiner Aussage bewusstwerden konnte. Es gab keinen Grund ihm zu vertrauen, geschweige denn seiner Einschätzung, welche er ohne Hinblick auf die Fakten im Vorfeld getroffen hatte.

Dass Stellan Freya kennengelernt hatte, wusste er mittlerweile. Jedoch war es seines Wissen nach nur ein kurzes Treffen gewesen, dem bis auf Worte nichts weiter gefolgt war, obwohl Tanuri zur selben Zeit verschwunden war. Ein Versäumnis, das ihm für einen Augenblick auf den Lippen lag. Doch anstatt sich auf ein idiotisches Kräftemessen einzulassen, beruhigte er vorzugsweise seine Gedanken mit einem Schluck des Whiskeys.

Bedächtig ließ Adrian den brennenden Tropfen über seine Zunge tanzen. Nicht nur, um die Entfaltung der Aromen zu genießen, sondern auch, um für einen Moment seine Augen in Richtung des Bücherregals zu wenden. Hatte er etwas gehört oder waren es vielmehr seine Sinne, die ihn trügen sollten?

Seine Wachsamkeit war durchaus geweckt, was allerdings auch eine gewisse Paranoia sein mochte. Ihm fehlte immerhin nicht nur Schlaf. Dennoch war er nun aufmerksamer und zugleich bedachter mit seinen Worten, als er seinen Blick mit einem Lidschlag über Tanuri hinweg wieder zu Stellan wandern ließ.

Kühl taxierte er den einstigen Hüter, welcher durchaus Wissen und Erfahrung in sich tragen mochte. Adrian zweifelte nicht daran, dass er ihnen weiterhelfen konnte. Stattdessen jedoch zog Stellan es offensichtlich vor seiner deplatzierten Meinung beabsichtigt den Vorrang zu geben.  Noch eine bemerkenswerte Parallele, wie der Magier selbst feststellen musste.

Das Blau seiner Augen ruhte kalt auf dem Mann, der sich nicht weniger selbstgerecht als seine Tochter präsentierte und ebenso von sich selbst überzeugt zu sein schien, wie sein Sohn. Ruhig atmete er aus und stellte das Glas neben sich ab, bevor er auf nüchterne, fast schon pragmatische Weise sein Wort wieder an ihn richtete.

 „Ich denke, Ihr seid mit mir einer Meinung, dass weder Vorhaltungen noch Vorwürfe zielführend sind und uns in irgendeiner Form weiterbringen. Die Priesterin bat Euch um Unterstützung. Also, Lord var Aesir, habt Ihr etwas Hilfreiches beizutragen?“
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✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖  Bruder des Verlion Al Saher ✟
❖ Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
❖ Wahre Finsternis herrscht nur dort, wo kein Licht durchdringt, denn sonst wäre sie nichts weiter als ein Schatten.❖
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Naheniel
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#866

Beitrag: # 53858Beitrag Naheniel »

Das Geräusch der Hufe war gerade verklungen und der Staub legte sich. In der Ferne flackerte der Schein der glühenden Sonne, die getaucht war in tiefes Rot. Eine Blutsonne, die so wie ihr Bruder, die so wie der Blutmond, das Chaos nicht nur versprach, sondern es auch hervorbringen konnte.
 
Plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung, flutete ein tiefer Schmerz durch Naheniel. Es war nicht nur der Schnitt, den Freya sich zufügte und der auch seine Haut erneut durchtrennte, es war wesentlich mehr.

Als der Tropfen ihres Blutes fiel und den Boden berührte, verlor dieser seine Festigkeit und aus der verbrannten und lodernden Asche wurde fließender roter Sand. Wie ein Meer bauten sich rauschende Wellen auf, die zu hohen Bergen heranwuchsen nur um gleich darauf wieder in sich zusammen zufallen. Erst vor ihm machten sie Halt, als würde ein schützender Kreis Naheniel umgeben.
Wie lange der Schutz aber anhalten würde, das war nicht abzuschätzen. Aber eins, das wusste er mit Gewissheit: Würden die tosenden Wellen aus glühendem Sand und Asche über ihm zusammenbrechen, gab es für ihn kein Entkommen. Er wäre dazu verdammt, unter der Lawine zu ersticken, während die kleinen Körner und Flocken sich gnadenlos durch seine Haut brannten. 

 
Aber auch wenn die Wellen über ihm noch nicht einbrachen, verlieh der Boden seinen Füßen keinen festen Halt mehr. Naheniel stürzte, fiel auf seine Knie und stützte sich mit seinen Händen auf dem aschig, sandigen Boden ab, der aber keinerlei Stabilität zeigte, sondern in dem seine Hände versanken, als griffen sie in das Leere.

Mit angespannten Körper und Konzentration ließ Naheniel es zu, dass seine Hände sich immer tiefer in das Gemisch aus brennend heißer Asche und Sand gruben. Tief atmete er ein und aus, während sein Haar und sein Mantel immer mehr bedeckt wurden von den rötlich gräulichen Flocken.
Er versuchte eins zu werden, mit dem fließenden Sand, der seine Hände und seine Knie umgab und durch das Fassen nach seiner Kreation diese wieder unter seine Kontrolle zu bekommen.

Die Geräusche, die die ganze Ebene für sich vereinnahmten, waren durchdringend und laut. Erwartete man doch von Asche und Sand leise zu sein, so schwollen sie entgegen allem, was man gewohnt war, zu einer dröhnenden Lautstärke heran, der eher einem Orkan auf dem Ozean glich. 

 
Es kostete Naheniel sichtlich Kraft und Anstrengung, dem widerspenstigen Ausbruch seiner Schöpfung an Eigensinn und Auflehnung gegen seine von ihm aufgestellten Gesetze wieder seinen Willen aufzuzwingen. Ganz langsam aber beruhigte sich das Tosen des rauen Sandes und die glühend flirrende Asche legte sich zu Boden.

Nur noch wenige Flocken flogen vom Himmel und alles glich plötzlich vielmehr einem stillen Wintertag. Denn genauso wie Schnee es tat, erstickte die Asche zunächst ein jedes Geräusch und eine seltsame und gleichzeitig gefährlich anmutende Ruhe kehrte über die Ebene ein. 

 
Erst jetzt wagte er es aufzusehen. Überrascht zog er seine Stirn in Falten, als er einige Schritte von ihm entfernt die Silhouette einer Frau erkannte. Sie besaß keine Züge auf ihrem Gesicht und das lange Haar bestand einzig aus fließendem Sand, der zu Boden fiel und sich von dort wieder an ihren Körper fügte und auch diesen formte.
Düster war der Schein, der sie umgab und sie selbst bestand aus nichts außer aus glühender Asche und rotem Sand. 

 
Naheniel wollte sich erheben, zu ihr gehen und das Gebilde zerschlagen, doch in eben jenem Moment lösten sich Schlingen aus dem Boden, legten sich um seine Handgelenke, zogen ihn zurück und zwangen ihn dazu, vor der Gestalt auf seinen Knien zu bleiben.
Er wusste genau wer vor ihm stand, dazu brauchte es weder die Farbe von Augen, noch Züge eines Gesichts. Es brauchte keine Kleidung oder andere Merkmale, an derer man sonst jemanden wiedererkannte. 

 
Von strahlend hellem Blau waren seine Augen, obwohl diese tiefste Düsternis zeigten, als die zuvor gesprochenen Worte wie ein Echo über die weite Ebene widerhallten, und der Klang nicht mehr kindlich wirkte, sondern eine Weiblichkeit in sich trug, die Gefahr und zugleich Versuchung bedeutete. "Naheniel …. Spürst Du es?" 
 
Die Fesseln gruben sich noch tiefer in seine Haut, zogen ihn unbarmherzig zu Boden und die Hitze, die von ihnen ausging, verbrannte einige der Härchen auf seinem Unterarm. Ein kaltes, aber dennoch von gewisser Süffisanz geprägtes Lächeln zuckte über seine Lippen, als er direkt in das gesichtslose Gesicht des Körpers vor sich sah.
"Miststück." War es ein Flüstern oder nur ein Gedanke, der durch seinen Kopf schoss?

Es waren bereits so viele Visionen, die er mit Freya teilte. Was war also das hier in diesem Augenblick? War es Wirklichkeit oder wurde er nur erneut durch eine Reise von Bildern geschickt, über die man nicht sagen konnte, ob sie eintrafen oder nicht?

Das, was vor ihm stand, war eine Frau, kein Mädchen. Und es war pure Macht, die sie ausstrahlte und die sie umgab, als würde sie alles Leben aus der Umgebung in sich aufnehmen und für sich nutzen, ohne auch nur eine Hand dafür heben zu müssen. Naheniel war sich sicher, dass es er erneut ein Trugspiel war, das sich ihm zeigte.
Geschuldet seinem erschöpften Geist und der wirren Umwandlung seiner Schöpfung, der er wieder Einhalt gebieten musste. 

 
Entschieden und ohne ein Zögern oder Zurückhaltung zu zeigen, blieb sein Blick auf dem Gesicht fixiert, während weitere Flocken aus grauer Asche sich auf seinem Haar absetzten. Er fühlte die Selbstsicherheit der Gestalt und dass jene zweifellos Freude daran verspürte, ihre Macht so offen zu demonstrieren.
Nicht zum ersten Mal zeigte sie das, doch mit jedem Blick in eine mögliche Zukunft wurde alles davon intensiver. Aber so wie sie immer stärker wurde, wurde er es auch.

Mit einem selbstgefälligen Lächeln blickte er auf die Fesseln hinab, die ihn am Boden festhielten und ihm seiner Bewegungsfreiheit beraubten. Dann sah er wieder zu der Gestalt ohne Gesicht und fester Form auf, die weiterhin einzig aus fließenden und sich miteinander verschlingenden rötllich schimmernden Sandkörnern und heißer Asche bestand. 

"Das willst Du nicht wirklich, Freya." 
 
Nicht nur wurde er über die Zeit stärker, auch die Macht über Freya wuchs immer weiter und unaufhaltsam heran. 

 
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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Stellan
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#867

Beitrag: # 53859Beitrag Stellan »

Mit einem seichten Lächeln sah er in die Richtung des Magiers, der sich dafür entschied, weiterhin seinen Namen für sich zu behalten und sich stattdessen eine Einschätzung darüber zu erlauben, ob und welcher Vorhaltungen Stellan sich bediente.

Eine Emotion war aus der Stimme des alten Mannes nicht herauszuhören, wohl aber der Tadel, den diese mit sich trug. „Glaubt Ihr wirklich, dass Euch eine Einschätzung über die Bestimmung der Hüter des Schlüssels zusteht?“


Er hob seinen Arm und deutete eine einladende Geste an, war er schließlich äußerst neugierig darauf, was Adrian dazu noch zu sagen hatte. „Oder über die Meinung eines Vaters über seine Tochter, die bisher nichts weiter war als eine bittere Enttäuschung?“

Die geringschätzige Kälte seiner Augen wanderte hinüber zu Tanuri, die für ihn nicht mehr war als ein Elend. Er könnte sich nun in die Einzelheiten seines Erbes ergehen und Adrian darüber aufklären, warum dessen Feststellung über das Auftauchen des Schlüssels nicht ganz korrekt war.

Aber wer wusste schon, ob der Mann sich dafür interessierte oder vertrauenswürdig genug war? Seine Tochter schien es bisher verpasst zu haben, diesen hinreichend über die Geschichte ihrer Familie und durch was sie erwählt wurden, aufzuklären.

Stellan war darüber aber mittlerweile kaum noch verwundert. Tanuri war offenbar mit für sie wesentlich wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen, als sich dem zu widmen, was ihr eigentlich bestimmt und wofür sie geboren worden war.

Wieder kam ihm der Gedanke auf, dass er sie als Säugling einfach gemeinsam mit ihrer Mutter hätte töten sollen, ihren kleinen Körper zerreißen und ihre fleischlichen Überreste ohne Mitleid zurückzulassen.


Viele Probleme wären damit gar nicht erst aufgekommen und der Schlüssel nach dem Willen der Prophezeiung und des einzigen Gottes geformt und bereit seinem Sohn das Tor zur allumfassenden Macht zu öffnen.

Leise seufzte er und zeigte mit einer knappen Geste, dass Adrian vorerst nicht zu antworten brauchte. Denn, wie dieser bereits treffend festgestellt hatte, war das derzeit nicht zielführend und noch befand Stellan sich im Nachteil. Er wusste nicht was geschehen war und wo sich der Schlüssel aufhielt.

War Freya freiwillig gegangen und wenn ja, wohin? Oder war sie gestohlen worden, womöglich von diesem elendigen Pack, welches sich einem Gott verschrieben hatte, der sich einzig dadurch auszeichnete, nichts zu bieten außer einem Glauben, der ohne Inhalt war?

„Nun, Tanuri,“ er vermied es, sie als Priesterin zu deklarieren. Mochte sie jene zwar sein, aber wenn sie dieses altehrwürdige Amt ähnlich ausfüllte wie jenes als Hüterin, konnte und wollte er die Schmach über das Versagen seiner Tochter in diesem Fall und zu diesem Zeitpunkt nicht auch noch vor Augen geführt bekommen, „wie Dein Gildenbruder schon richtig festgestellt hat, batest Du mich um Unterstützung.“

Sein Blick hielt an Tanuri fest, während er sich über seine eingefallenen Wangen und Bart strich. „Sprich aus was Du genau von mir willst und“, leicht neigte er sich nun nach vorne.
Seine Stimme nahm eine dunkle und von äußerster Bedrohung behafteter Klangfarbe an und das stechende Blau seiner Augen duldete weder Ausflüchte noch schöne Umschreibungen der äußert prekären Lage, in der sie sich befanden. „was, in Ogrimars Namen, hast Du mit dem Schlüssel getan?“

 
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Das Chaos wird entbrennnen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisteres sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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-Freya-
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#868

Beitrag: # 53861Beitrag -Freya- »

Nein, Freya wollte nichts von alledem. Sie hatte nie vorgehabt, ihm bewusst Schmerz zuzufügen, geschweige denn ihn auf diese Weise zu rufen. Nicht aus Angst, dass sie ihn ebenso fühlen würde, sondern vielmehr, weil Naheniel ihr wichtig war. Alles war einfach so unwirklich, seitdem sie etwas aus der Welt –aus ihrem Leben- gerissen hatte.

Freya spürte nur, wie die Erde aufbegehrte.  Ein rauschendes ohrenbetäubendes Rumoren unter dem sich das rote Meer aus feinem Sand um sie herum zu Wogen und die Ebene durchzog, um sich langsam aber sicher zu gigantischen Wellen aufzutürmen. Wie ein blutig schimmernder Tsunami erhoben sich die Wellenberge schützend vor dem Mädchen. Doch wovor? War es eine Ahnung? Ein Zweifel?

Das Mädchen suchte nur nach seiner Hilfe. Sie brauchte seine Hilfe. Alles was sie zu tun versuchte, war Naheniel festzuhalten, damit sie die Verbindung nicht verlor. Eine fragile Verbindung, von der Freya nicht wusste, ob sie real war oder nur eine Illusion der Dunkelheit war, in die sie hinabzugleiten drohte.

Es war nur ein Gedanke, dass er nicht gehen durfte. Eine Furcht, dass er im nächsten Moment verschwunden wäre. Nie war es ihr Wille ihn anzuketten und doch hielt jener ihn unterbewusst gefangen.

Naheniel war ihr Freund und sie … Es würde ihr das Herz brechen, ihm wehzutun. Ihn leiden zu sehen. Aber war sie ihm ebenso wichtig? Seine Züge spiegelten keine Freude wieder, sie zu sehen. Nicht eine Frage, was geschehen war, verließ seine Lippen. Hatte sie dieselbe Bedeutung für ihn?

Sah er es nicht? Spürte er es nicht?

Bedrohlich sollte der Sand der innehaltenden Wogen langsam auf ihn hinab rieseln. Als würde die Erde zittern und Körnchen für Körnchen wie glühende Vorboten seine Haut streifen sollten. Warum fühlte Naheniel es nicht? Wo war das Vertraute hin, die Nähe, die Bestimmung?

All die Fragen, die sie zu zerbrechen versuchten. Warum half er ihr nicht, wieso war ihm ihr Schmerz so gleich? War sie ihm egal? Ihre Freundschaft? Hatten alle recht und das, was nur ein leises Wispern in ihrem Geist gewesen war, ein Raunen, nicht mehr, behielt recht? War sie für ihn auch nur ein Ding? Ein Instrument? Ein Schlüssel? Lachten sie vielleicht alle?  

Ihre Augen hatten sich geweitet, während sie eine ihrer größten Ängste in sich spürte. Eine Furcht, welche nahezu in Wut überging.  Das Chaos in ihrem Geist überwältigte Freya, unwissend was Wirklichkeit und Schein war.

Lautlos begann ihre Robe zu wehen, als würde ein aufkeimender Sturm sich ankündigen. Ein Wind, der die dunklen Strähnen ihres Haars umspielte. Ein gnadenloses Gefühl durchfuhr ihren Körper oder vielmehr dessen Geist. Eine unbändige Wut, die sie zu übermannen drohte.


„Doch, ich will es, Naheniel“ Flüsterte sie, als ihr Blick seinen traf und sie inmitten seines selbstgefälligen Lächelns sah. Jene überhebliche Süffisanz, die ihr im selben Moment wie ein Schlag ins Gesicht vorkam. War es ein Traum? Die ewige Verdammnis, die sie quälen wollte?

Auch sie hatte einst gezögert, ihm zu helfen, als er hinter dem Spiegel gefangen war, die Umstände waren jedoch andere gewesen und schlussendlich war sie am Ende an seiner Seite gewesen. Immer und immer wieder hatte Freya sich hinter ihn gestellt. Er gehörte zu ihr, so wie sie sein Schicksal sein sollte. Sie waren miteinander verbunden und doch lächelte er ihr süffisant in ihr Gesicht?

Die Böen um sie herum wurden stärker. Immer heftiger zerrten jene an dem dünnen Stoff ihrer Robe und ließen ihr Haar wie lebendige Schatten auftanzen. Ihre Augen ruhten auf Naheniel, doch schien ihr Blick von immer weiter weg auf ihn hinabzusehen.


„Wo ist Dein Zorn? Zeig ihn mir oder war das schon alles?“ Adrians herabwürdigender Tonfall klang in ihrem Geist, während sie fühlen konnte, wie jene Wut selbst etwas tief in ihr erweckt hatte. Sie konnte spüren, wie das Wehen einer flirrenden Wärme über ihre Haut streifte und die Schwärze ihres Haars mit dem Glitzern feiner Sandkörner belegte. Einem Schimmern, das anwuchs, je länger der Moment der Stille sich hinzog und sie sich förmlich von ihrer Wut durchströmen ließ.

Erbarmungslos hob sie ihre Hand, um sie in einer gebieterischen Geste hinab schnellen zu lassen. Einer befehlenden Gebärde, unter welcher der Boden in Schwingung geriet, indem sich abermals unter ihrem Willen immer größer werdende Kreise wie Wellen um sie formten. Kleine Wogen, welche ein ohrenbetäubendes und gefährliches Raunen in jenen gigantischen Dünen, die Naheniel umgaben, hinterließen. Ein zerstörerischer Vorbote jenes Sturms der über ihn einbrechen sollte.

Er sollte es fühlen, den qualvollen Schmerz, der sie von innen heraus in diesem Augenblick beinahe auffraß. Das erstickende Gefühl, welches Naheniel in ihr auslöste.

Ihre Augen schimmerten bedrohlich und reflektierten nahezu den roten Schein der Sonne, sodass es wie ein unheilvolles Glühen wirken sollte. Keine Gnade, waren die Worte ihres Lehrers. Nur leise, ein Wispern im Wind selbst begegnete seiner Drohung, sollte er eines nicht vergessen. Sie war seine Bestimumung.


„Ich will, dass du es spürst…“
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♦ Stolze Tochter ihres Ziehpapas Ninian Chakai & ihrer Ziehmutter Caidith Chakai ♦
♦ Kleiner Keks ihrer großen Ziehschwestern Mahaba, Namayah, Lysiana & ihres möglicherweise fiesen Ziehbruders Liam Chakai ♦
Adeptin der dunklen Kirche Ogrimars unter ihrer Mentorin Tanuri 


Geboren aus dem Wissen einer dunkler Vergangenheit - verblaßt mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?
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Tanuri
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#869

Beitrag: # 53862Beitrag Tanuri »

Die Anspannung war Tanuri deutlich anzusehen. Adrians Worte mochten für sie sprechen, das, was seine Körpersprache aber aussagte, widersprach dem, was er sagte vollkommen. Ausnahmsweise war es keine undurchschaubare Dunkelheit, die er zeigte, sondern das Misstrauen, welches er sowohl gegenüber Stellan als auch gegenüber ihr verspürte, war, zumindest für sie, sichtbar. Worte waren dafür nicht nötig, um ihr das in aller Klarheit zu verdeutlichen. Mit einem Lidschlag sah Tanuri zu ihm hinüber und es war allein sein Blick, der entgegen seiner sonstigen Wahrung seiner Gedanken Bände sprach.
 
Warum war sie nur hierhergekommen? So viel einfacher wäre es gewesen, in der Zuflucht des Fuchses zu bleiben, sich zu verstecken und sich selbst zu verlieren und all das, was in solch eisiger Wahrheit vor ihr lag und der sie sich nicht versperren konnte, da sie sie immer wieder einholte.
 
Dort, in Kadirs sicherem Gewölbe, war es eine andere Dunkelheit, die auf sie wartete. Es war nicht das, was sie tatsächlich suchte, aber diese Form der Finsternis war zuverlässig und wenn Tanuri es für sich entschied, konnte sie auf ewig in dieser verbleiben. 
 
Stattdessen stand sie nun hier, inmitten eines Raumes, vollkommen machtlos vor zwei Männern, die sie nicht sehen und hören wollten, egal wie laut sie rief und wie sehr sie sich darum bemühte, als das gesehen zu werden, was und wer sie war. 
 
Steif war ihr Blick weiterhin auf Adrian gerichtet und fest ihre Hände ineinander gekrallt, während ihr Körper angestrengt, aber vollkommen gerade, aufgerichtet war. Zumindest dieses letzte Stück ihrer Würde ließ sie sich nicht nehmen, weder von ihrem Vater, noch von Adrian. Gerade da Letzterer mit jeder Sekunde, die vergangen war, seitdem sie voller Wut das Glas zu Boden geworfen hatte um es dort zerspringen zu lassen, immer weiter die Distanz aufbaute, die sie am liebsten mit aufbrausender Wut hinfort schlagen würde.

Gerade jetzt noch viel mehr, da doch nichts davon zeugte, dass es eine Seite war, an der sie stehen konnte, sondern ihr nur die Möglichkeit geblieben war, alleine zu stehen. Erneut. 
 
Kaum zu glauben, wie wenig Zeit vergangen war, seitdem sie sich innerhalb der Legion mit Kenna und Lorena trafen, um die Vorkommnisse in dem Keller der de Vils zu sondieren und versuchten bei der Bognerin zu ergründen, ob sie nicht mehr über über die Opferbereitschaft Samoels wissen würde. 
 
Ein Schleier legte sich über die klare Farbe ihrer Augen, als sie die Bilder und Worte verscheuchte, die sich dennoch fest in ihren Geist geprägt hatten. Trotz ihrer Bemühungen, ihre Gedanken im Hier und Jetzt zu halten, ließ sich weder die Bitterkeit noch die sie verhöhnende Wahrheit, die sich ihr schonungslos offenbart hatte, nicht verjagen.

Mit brachialer Gewissheit tobte die Erinnerung in unbarmherziger Genauigkeit vor ihrem inneren Auge, bevor sie im nächsten Moment mit einem abfälligen, leisen Schnauben feststellen musste, dass sie es nun anscheinend war, die die Position als die Angeklagte eingenommen hatte. Mochte sie von beiden Seiten auf unterschiedliche Weise angezweifelt werden, war beides eine offene Klage gegen sie und ihre Art zu handeln und zu entscheiden.  

 
Ob das jemals aufhörte? Stand sie nicht schon längst lange genug in eine Rolle gezwängt und hatte sich freiwillig entblößt, nicht nur allein ob der Schuld, die auf ihr lag?

Sie schloß ihre Lider und genoss für einen kurzen Augenblick die absolute Schwärze um sich herum und das Gefühl, eine Form der Flucht ergreifen zu können, um zumindest für einen Moment dem zu entkommen, was unausweichlich noch auf sie zukommen würde. Aber das Wissen darum, dass nichts einfach verschwand, ganz gleich, wie lange man die Augen geschlossen hielt und versuchte davor zu fliehen, wand sich schmerzend durch ihren ganzen Leib. 

Vielleicht war es keine gute Idee gewesen, Stellan die Nachricht zu schreiben. Nun aber war er hier und verlangte nach Antworten. Sie war es gewesen, die den Geist gerufen hatte, nun musste sie mit der Konsequenz, die sich daraus ergab, zurechtkommen. All das, die Gedanken, die Erinnerungen, die Überlegungen, die immer wieder gegen die gleichen Mauern prallten und die schier ausweglose Situation, ließen sie wohl auch unaufmerksam gegenüber etwaigen Gästen des Hörsaals werden, die sich dort womöglich versteckten. 
 
Mit einem Blinzeln öffnete sie ihre Augen, während ihre Hände immer noch fest ineinandergekrallt waren. Ihr Blick aber richtete sich nicht länger auf Adrian, sondern fiel direkt auf den alten Mann in dem Sessel. Auch wenn er sich verweigerte, sie anerkennen zu wollen und als das sehen zu können, was sie war, konnte sie ihn zumindest dazu zwingen, sie zu hören. Er war ein Erbe, genauso wie sie es war. Und als dieser konnte er nicht taub gegenüber derjenigen sein, derer er den Namen var Aesir gegeben hatte. 

Mit erhobener Braue und einem mahnendem Ausdruck blieb sie auf das verhärmte Gesicht Stellans fokussiert. "Euer Fleisch und Blut mag ich sein. Ein Vater seid Ihr deshalb aber nicht." Fraglos verspürte sie Respekt dem Mann gegenüber, der so wie auch sie selbst, ein Teil einer Bestimmung war, die den Wandel der Zeiten hervorbringen würde. Erschreckend und zugleich faszinierend war es, dass sie ihn nicht kannte, aber wusste, wie ähnlich sie einander waren. 

Aber trotz dem, was er war und woher er stammte, durfte auch er sich nicht anmaßen, derart mit ihr zu sprechen. Mochte er von ihr als seiner Tochter halten, was er wollte, immer noch war sie die Priesterin. Sie bekleidete nicht nur in aller Bequemlichkeit eine höhere Stellung in der Kirche, sondern lebte dieses mit Leib und Seele. Und als diese, hatte er sie anzuerkennen - ob es ihm nun gefiel oder nicht.

"Ihr mögt mich nicht akzeptieren als Eure Nachfolgerin und bereuen, was Ihr mir einst gabt. Allerdings könnt Ihr mir nicht absprechen, dass ich die Verkünderin des Wortes unseres Herrn, des einzig wahren dunklen Meisters aller Welten, bin."

Während sie sprach, verfinsterten sich ihre Züge zu einer selbstsicheren und stolzen Erhabenheit und sie trat einige Schritte auf Stellan zu. "Sollte Euch das nicht zusagen, so werte ich das als ein Widersetzen gegen die Worte des Glaubens und meine daraus resultierende Erwählung durch die Lordschaft und meinem Vorgänger in dieses Amt. Ist dem so, dann müsste ich Euch vor dem Tribunal anklagen."

Ein reserviertes Lächeln zuckte über ihren Mundwinkel hinweg und mit sachlicher Deutlichkeit fuhr sie fort. "Die Inquisitorin, die diesem vorsteht, wird bestimmt eine besondere Freude dabei empfinden, sich Eure Kritik in aller Ausführlichkeit anzuhören und sich dieser zu widmen … Vater." 


Nun, da sie ihm etwas näher war, ließ sie ihren Blick über den Mann schweifen, der so selbstsicher in dem Sessel saß und sie mit einer Ablehnung bedachte, die tatsächlich weit ab von väterlich war. Es kümmerte sie nicht, ob er irgendwelche familiären Gefühle für sie empfand oder nicht. Denn es waren einst seine eigenen Worte gewesen, die ihr beibrachten, dass sie für derartige Emotionen nicht gemacht waren.

Wofür sie aber gemacht waren, war die gnaden- und furchtlose Durchsetzung des Glaubens. Und zu diesem gehörte die Institution der Kirche. Vor ihr musste er sich beugen, wenn er denn von dieser Reinheit war, die er darstellen wollte. Für einen Moment wartete sie noch ab, bevor ihre Stimme mit distanzierter Kälte wieder in dem Raum erklang.
"Wenn wir diesen Punkt dann vorerst für geklärt erachten können, sollten wir uns dem widmen, weshalb ich Euch hierher bat."

Tanuris Atem war vollkommen ruhig, obwohl ihr Innerstes bebte. Er wollte es hören und er musste es hören, auch dann, wenn es wohl zu den schwierigsten Dingen gehörte, die sie jemals aussprach, da dies das Eingeständnis war, dem sie versuchte, auszuweichen. 
"Ich habe den Schlüss… Ich habe Freya verloren. Und Ihr seid hier, um sie mit uns wiederzufinden."
~~~
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


Bild
~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya Chakai ~~ 
~~ Anführerin der Legion des Schattens ~~ 
~~ Mutter der Nymeria var Aesir ~~ 
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Naheniel
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#870

Beitrag: # 53865Beitrag Naheniel »

Der Ausdruck auf seinem Gesicht war triumphierend, als er den Zorn Freyas spürte, der die Wellen aus heißem Sand erneut in Bewegung brachte und ihre Stimme sich mit bedrohlicher Selbstsicherheit erhob. "Es gefällt Dir, nicht wahr?"

Genau das war es, wohin er sie all die Jahre seit ihres Kennenlernens hatte führen wollen. Sie musste das Kind, das alle so wohl behüteten, deren Lächeln sie alle so zauberhaft fanden und dem alles verziehen wurde, wenn es nur seine Augen aufschlug, in sich endlich hinter sich lassen. Dem entwachsen und alles was davon übrig war töten.
Freya musste ihr unschuldiges Wesen und ihr Vertrauen in all jene verlieren, die ihre Wegbegleiter waren und sie für sich vereinnahmen wollten.

Sie musste sich bedingungslos und ohne weitere Zweifel von ihm führen lassen und erkennen, dass nur er sie auf diesen Weg brachte, den sie einschlug und ihr diese grenzenlose Macht eröffnete.
Er war es, der ihr zeigen würde, diese für sich zu nutzen, denn während alle anderen sie in Ketten gelegt hatten, befreite er sie aus diesen. 

 
Wieder griff er in den Untergrund, tauchte mit seinen Händen tiefer hinein, bis er endlich festeren Boden zu fassen bekam. Als er diesen berührte, spürte er das pochende Leben seiner Kreation und wie sie auf ihn reagierte. Die Schlingen aus Asche und Sand lockerten sich, hinterließen dennoch ihre Spuren. Es sollte ihn aber nicht kümmern, Wunden vergingen schließlich und waren nur ein Zeichen der Standhaftigkeit in einem Kampf. 
 
Langsam erhob er sich, während er seinen Blick fest auf Freya gerichtet hielt und das Spiel ihrer Miene, das sich ihm nun immer deutlicher zeigte, eingehend studierte.
Das war er also, der Schlüssel. Nicht mehr Mädchen und nicht mehr Kind. Sondern Frau und Macht.

Gezielt trat er näher an sie heran, blickte zu ihr herab, während seine aus dem roten Schein der Umgebung leuchtenden Augen die ihrigen fixierten.
"Erinnerst Du Dich an unsere erste Begegnung im Orakel und meine Worte?"
Weiterhin wütete der Sandsturm um die Körper der beiden herum, die jetzt näher aneinander standen, aber noch Abstand zwischen sich hielten. Das Tosen verschlang alle Geräusche um sie herum. Sie beide aber befanden sich mitten im Zentrum des Orkans, den Freya heraufbeschworen hatte, während die Umgebung um sie herum der Hitze der Blutsonne und des Chaos nicht standhalten konnte und sich auf der Asche ein neues, vernichtendes Feuer bildete.

"Hast Du je dahin gestrebt, wo das Unerforschte lebt? Ganz weit fort an einen Ort, wo die Finsternis ihre Geheimnisse verbirgt? Zieht das Düstere Dich an und schlägt es Dich in seinen Bann? Willst Du sehen und verstehen, was meine Dunkelheit für Dich bereit hält?"
Genauso wie damals wurde auch jetzt seine Stimme leiser, während er weitere Schritte auf Freya zutat, so dass die Nähe zwischen ihnen jenes Prickeln auslöste, dass er verspürt hatte, als er ihr als erwachsene Frau im Traum begegnet war.

Langsam hob er seine Hand, während er seinen Kopf zu ihrem Gesicht senkte. Er berührte sie nicht, doch warf seine Hand einen Schatten auf ihren Blick.
"Wenn die Dämmerung beginnt, spürst Du, dass dort Dinge sind?"

Mit Bedacht strich er Freya das lange Haar zur Seite, das für ihn immer noch aus dem fließenden warmen Sand bestand. Ihr Gesicht aber war nun in aller Deutlichkeit vor ihm gezeichnet, so dass er sie weiterhin in seinem Blick gefangen halten konnte.
"Dinge, die noch keiner sah…" Seine Finger glitten durch die einzelnen Strähnen, bis er auf die Höhe ihres Oberarms gelangte. Diesen fasste er und zog Freya mit einem sanften Ruck an sich heran. Nicht fest oder grob, aber dennoch so, dass sie sich dem nicht verwehren konnte. "Und fühlst Du Dich ihnen dann ganz nah?"

Seine warme Stimme berühte ihr Ohr und senkte sich zu einem versprechenden und lockenden Flüstern, das ihr jenen Tag im Orakel noch stärker in Erinnerung rufen sollte. "Bist Du innerlich erhitzt, wenn Du Grenzen übertrittst? Fühlst Du Dich mit der Dunkelheit verwandt, als wäre dort ein unsichtbares Band und treibt Dein Sinn Dich immer wieder dorthin, wo das Verbotene auf Dich wartet?" 

 
Vorsichtig fuhr Naheniels Hand an Freyas Arm entlang, bis er ihr Handgelenk erreichte, dieses umschloss und sie herumdrehte, so dass sie nun direkt zu der tiefroten Sonne gerichtet war, während er hinter ihr stand.
Neben ihr erhob er seine andere Hand und deutete mit dieser in die Richtung, in die sie sah. Kurz darauf schloss er seine Finger zu einer Faust und entzog der Sonne das Licht und die Farbe.
"Wenn die Nacht ihr Haupt erhebt, spürst Du wie es in Dir bebt?"

Wieder senkte er seinen Kopf zu ihr herab, so dass dieser sich nun über ihrer Schulter hinweg nah an ihrem Gesicht befand und dieses schon fast berührte. "Ist Dein Hunger nach mehr von dieser Macht nun unstillbar und alles, was für Dich bisher kaum aussprechbar, packt Dich plötzlich mit Haut und Haar?"

In jenem Moment, als die Dunkelheit sich endgültig über die weite Ebene legte, erstarb der Sturm und der Sand und die Asche fielen zu Boden herab und offenbarten tote Körper vor Freyas Füßen. Immer noch hielt Naheniel sie an ihrem Handgelenk fest und stand eng an ihrem Rücken, damit sie ihm und dem, was er ihr zeigte, nicht entkommen konnte.

Es waren die Leiber all ihrer Freunde, ihrer Gildenmitglieder, ihrer Familie und Vertrauten. Alle, für die sie etwas empfand und die in ihrem Leben eine Rolle spielten und für die sie wahrscheinlich alles gegeben hätte. Ob nun aus Pflichtbewusstsein oder aus Liebe.


"Jetzt bist Du genau dort, wo es Dich immer hingezogen hat." Er löste seinen Griff von ihr, führte seine Hand an ihrem Arm wieder hinauf über ihren Hals hinweg und umfasste ihren Unterkiefer, um ihren Blick auf das zu richten, was sie selbst durch ihre vernichtende Macht getan hatte. 

"Sieh hin Freya und betrachte Dein Werk. Erkenne, wer Du wirklich bist und dass nicht ich der Feind bin, gegen den Du Dich wenden solltest, sondern Du selbst."
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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Adrian
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#871

Beitrag: # 53866Beitrag Adrian »

Versuchte der alte Mann, ihn zu tadeln? Skeptisch hob Adrian eine Augenbraue an, während er die hagere Erscheinung Stellans musterte, der sich in einen der Sessel setzte, um seinem sichtlich erschöpften Körper eine Pause zu gönnen. Die Zeit selbst schien ebenso erbarmungslos jenem gegenüber gewesen zu sein, wie Ogrimar selbst. Eine Ironie? Weder hatte der Greis eine Gnade im Tod gefunden, noch hatte Ogrimar seine gebrechliche Hülle gestärkt.

Adrian war sich dennoch bewusst, dass Äußerlichkeiten über vieles hinwegtäuschen konnten und man Stellan in keiner Weise unterschätzen sollte.

Eine Falte hinterließ einen Schatten auf seiner Stirn, als sein Blick den Mann forschend betrachtete. Bislang wusste Adrian nur von einem Zusammentreffen zwischen Stellan und Freya. So hatte er selbst sich bisher aus den wenigen Informationen nur eine grobe Vorstellung von dem Mann machen können.

Nun da er ihm selbst in die Augen sehen konnte, vervollständigte sich das Bild, welches der Dunkelmagier von ihm hatte. Stellans Untätigkeit und seine selbstherrliche Arroganz spiegelten dabei deutlich seinen überheblichen Charakter wider. Adrian zweifelte daher daran, dass der Greis auch nur Ansatzweise seine Meinung hören wollte.

Eine, über welche das Schweigen vielleicht hinwegtäuschen mochte. Tanuris Vater mochte sein dies vielleicht sogar in seiner Arroganz als Defensive fehlinterpretieren, jedoch sprach Adrians eisiger Gesichtsausdruck dafür umso deutlicher seinen kritischen Argwohn aus.

Stellan mochte zwar als ehemaliger Hüter durchaus mehr über die Prophezeiung selbst wissen als er, doch jenes Wissen trug nichts zu dem Schicksal der Prophezeiung selbst bei. Bisher hatte jener sich in den Augen des Dunkelmagiers weder durch Taten ausgezeichnet, noch sich in irgendeiner Form nur ansatzweise als Hüter hervorgetan.

Unter anderen Umständen hätte der Dunkelmagier sich überlegt, ihm eine nüchterne Schilderung der Fakten darzulegen, um ihm die mehr als unangebrachte Überheblichkeit vor Augen zu führen. Die Priesterin jedoch schien ihn als hilfreich anzusehen.

Sein Blick strich über Tanuri hinweg, nur um einen Augenblick danach zu greifen. Weder hatte Stellan der Verbleib seiner Tochter interessiert, als ihr vorbildlicher Bruder sie entführt hatte, noch hatte sich jenes Abbild eines Vaters in der Pflicht gesehen, entsprechend seiner eigenen Bestimmung die Führung des Schlüssels im Namen des Lords zu übernehmen, als er die Gelegenheit gehabt hatte, seinen eigenen Wert unter Beweis zu stellen.

Das Blau seiner Augen schimmerte für einen Herzschlag auf. Stellan mochte eine Enttäuschung sehen. Er jedoch konnte deutlich erkennen, wie sie nicht zuletzt gegen ihre eigenen Dämonen ankämpfte, um jenes Kind, das ihr anvertraut worden war, zu schützen und zu leiten.

Wie oft hatte er dabei Tanuri selbst für ihr Gebaren verflucht und nicht zuletzt für ihr Handeln verurteilt? Unangebrachte Verhaltensweisen, törichte Entscheidungen sowie damit einhergehende Schwächen, die sie sich nicht erlauben konnten.

Wie oft hatte er dennoch oder genau deshalb versucht, sie vor sich selbst zu schützen? Vor ihren Zweifeln und dem Chaos, welches in ihrem Inneren verborgen tobte.

Kurz nur senkte er seine Lider. Es war ohne Belang. Der Lord und die Umstände ließen keinen Raum oder Zeit für Klärungen, ganz gleich welche Ansichten er hatte oder wie deutlich er wurde.

Durchaus hatte Adrian Fehler gemacht. Einige davon waren sogar mehr als gravierend und ließen sich nicht mehr korrigieren, geschweige denn ungeschehen machen. Dennoch floh er weder vor den Konsequenzen, noch würde er es zulassen, dass es sie oder ihn von ihrem Weg abbringen würde.

Abwartend folgten seine Augen den Schritten Tanuris. Auch wenn er die Anspannung der Priesterin anfänglich erkennen konnte, so sah Adrian ebenfalls, wie sich ihr Körper straffte und sie sich mit einer absoluten Erhabenheit vor Stellan im Schein der Morgensonne erhob.

Ihres Amts und ihrer Würden entsprechend bewusst, beobachtete er, wie sie sämtliche Tadel von sich abstreifte. Deutlich strahlte sie dabei die selbstbewusste Anmut der Priesterschaft aus, die auch nicht davor zurückschreckte, ihren Vater selbst klar in die Schranken zu weisen. Wie ein Phönix, der sich aus der Asche erhob, um in seinem eigenen Feuer erneut zu erstrahlen, waren ihre Worte mehr als klar und aus seiner Sicht gerechtfertigt.

Ungewollt zuckten seine Mundwinkel, als die Priesterin Stellan zu verstehen gab, weshalb er hier war. Ein Grund, der weder die Meinung noch das Urteil des Greises über jene mit einschloss, wie Tanuri ihm unmissverständlich zu verstehen gab.

War Lord var Aesir sich darüber im Klaren, dass es nicht nur Worte, sondern Taten brauchte, wenn er sich so weit aus dem Fenster lehnte?

Keiner von den beiden schien jedoch in Betracht zu ziehen, dass sie hier unter Umständen nicht alleine waren. Vielleicht hatte er sich aber auch täuschen lassen. Adrian führte sein Glas an die Lippen, um mit einem Schluck erneut seine Aufmerksamkeit kurz auf das Bücherregal zu richten. Ein Blick, der dort für einen Moment verweilte, ohne jedoch eine weitere direkte Bestätigung zu finden.

Aber auch ohne diese wandte er sich mit einem Blinzeln Tanuri zu, um mit ruhiger Stimme, die eher eien Warnung als eine Kritik mit sich tragen sollte, seine Bedenken zu äußern.
„Vielleicht ist hier nicht der geeignete Ort für ein solches Gespräch, meine Priesterin?“
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#872

Beitrag: # 53867Beitrag -Freya- »

Sein abschätziges Lächeln allein hatte ausgereicht, um etwas in ihrem Inneren zu entfesseln. Ein Sturm, der die Wellen brennender Glut und Sand über ihn hatte einbrechen lassen sollen. Verzweifelt wollte sie ihn das erstickende Gefühl von Hilflosigkeit und Entsetzen spüren lassen, das ihm die Luft rauben und in seinem Inneren wie Feuer brennen sollte, um ihn auf die Knie zu zwingen und um Verzeihung zu bitten.

Doch all ihren Erwartungen entgegen, erhob Naheniel sich aus dem glühenden Sand und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Forschend lag sein Blick auf sie gerichtet, während die Süffisanz jedoch von seinen Lippen verschwunden war.

Ihre Augen musterten ihn. Verunsichert und zugleich regungslos strichen ihre Augen über seine Arme hinweg. Sie konnte die Schatten der geröteten Haut sowie die Spuren von Glut und Hitze deutlich erkennen. Zeichnungen dessen, was Freya ihn hatte spüren lassen wollen.

Es war nicht wirklich. Freya wusste es, auch wenn sie die Wärme der sengenden Sonne auf ihrer Haut und das Spiel des Windes in ihrem Haar zu fühlen glaubte, als er im Auge des Sturms auf sie zuschritt.

Sanft strichen einige verirrte Strähnen, wie ein Spiel aus Licht und Dunkelheit über ihre Stirn hinweg, als Naheniel an sie herantrat. Freya musste nicht aufsehen, um zu wissen, wie nah er ihr war. Es war ein Gefühl, wenn sein Schatten sich über sie legte und sie in sich einhüllte. Jenes Prickeln auf ihrer Haut, welches sie wie ein Vorbote seiner Nähe durchfuhr. Die Magie selbst, welche sie wie feine Nadelstiche durchfuhr, wenn seine Haut sie streifte.

Wie konnte es nur sein? Eine Frage, die sich das Mädchen immer wieder stellte, konnte sie sogar seinen Duft wahrnehmen, als er sich zur ihr hinabbeugte und seine einnehmende Stimme sich versuchte, um ihren Geist zu legen. Eine Illusion, die für einen Moment so vollkommen erschien, dass man sich gar in ihr verlieren konnte.

Verlockend spiegelten jene einflüsternden Worte wider, was er bei ihrer ersten Begegnung zu ihr gesagt hatte. Keines von ihnen hatte sie vergessen. Jede Silbe, jede Betonung und jeder Blick hatten sich in ihre Erinnerungen gebrannt. Und nicht nur dort. Unvergessen war jener Moment, da er vor den Lord selbst getreten war und die Macht seines Segens sie ebenso in einen Rausch von Macht versetzt hatte, als wären sie durch ein unsichtbares Band miteinander verbunden.

Eine Magie, die sie auch jetzt zu spüren glaubte, auch wenn sie unmöglich an seiner Seite sein konnte. Es war nur eine Vision, ein Traum oder der Übergang in das dunkle Reich seiner dunklen Eminenz.

Als Freya aufsah, stand er vor ihr, als hätte sie ihm nicht mehr als einen Kratzer verpasst. Sie sah das ersterbende Rot, das sich in seinen Augen widerspiegelte und das helle Blau darin in einen glühenden Schein eintauchte. So oft hatte sie diese Nähe nun schon erträumt. Die unwiderstehliche Versuchung der dunklen Gefahr selbst. Jene Macht seines Zaubers, der sie unsichtbar berührte. Er, Naheniel, der zu ihr kam, sie suchte, sie führte und beschützte.

Die Dunkelheit seiner Schatten, welche sich über sie ebenso hinweglegte, wie auch über die Ebenen um sie herum. Seine Finsternis, die sie vertraut und behütend einhüllte und das gleißende Licht der blutroten Sonne am Himmel verschlang.

Freya spürte, wie seine Finger zärtlich über ihren Arm hinwegstrichen, bevor er sie führend zu sich zog, um sie langsam herumzudrehen. Der Sturm legte sich im Schatten der Dunkelheit, während weiße Flocken in dessen letzten Atemzügen auf sie hinab schwebten.

Fordernd richtete Naheniel ihren Blick auf die Ebenen. Seine Finger umschlossen ihren Kiefer so fest, dass er sie förmlich dazu zwang hinzusehen. Jene Körper anzublicken, deren geschmolzene Gesichter entstellt im roten Sand lagen. Qual und Schmerz in den wenigen noch kenntlichen Zügen, während das verschmorte Fleisch an einigen Stellen noch qualmte.

Voller Entsetzen wanderten Freyas Augen über die entstellten Körper hinweg. Von der Hitze gezeichnet, waren sie für die meisten vermutlich fast unkenntlich geworden. Doch sie, sie hatte all dies schon einmal gesehen. Sie kannte sie alle. Ihre Familie, welche stolz das Wappen der Chakais auf deren rauchenden Rüstungen trugen. Ihre Gildenschwestern und –brüder, welche leblos und gezeichnet von alles verzehrenden Flammen inmitten weißer Asche lagen.

Es war nur eine Illusion, ein Traum. Es musste so sein. Das war nicht ihr Wille. Er hatte es spüren sollen. Niemand anderes. Aber auch nicht auf diese Weise. Ihre Angst sich zu verlieren, ihre Verzweiflung allein an jenem Ort, ihren Schmerz, den sie hier erdulden musste und den Zorn, über sein abschätziges Lächeln. Es war ein Hilfeschrei, in der vagen Hoffnung. dass er an jenem Ort, in jener Sphäre wo ihre Seelen sich vereinten, ihn hören könnte.

Zärtlich strichen ihre Augen über die verbrannten Züge der Priesterin hinweg. Ein Anblick, der sie wie ein weiterer Stoß ins Herz treffen sollte. Auch wenn sie wusste, dass ihre Mentorin, ihre Freundin, ohne mit der Wimper zu zucken, ihr Leben für sie geben würde. Niemals, nein, nie, niemals würde sie das zulassen.

„Nein.“ Flüsterte sie leise. Ihre Stimme war von Unglauben belegt, während Freya spüren konnte, wie es ihr die Kraft nahezu raubte und sie auf die Knie fallen wollte. Verunsichert von dem, was sie sah und getan haben sollte. Wozu sie vielleicht fähig sein sollte. Nein, niemals war sie in der Lage, so etwas zu tun. Und doch schien sie diese unbändige Macht unkontrolliert entfesselt zu haben. Aber wie? Ihre Magie schien in dieser Sphäre nicht zu funktionieren oder aber ihr Körper war zu erschöpft und geschunden. 

Verzweifelt schloss das Mädchen ihre Augen. Wieso half er ihr nicht? Wieso fragte er nicht, wo sie war? Was geschehen war? Fragen, die ihr auf den Lippen lagen, doch konnte sie die Worte nicht aussprechen. Als würde etwas diese auf ihrer Zunge selbst ersterben lassen. Je mehr sie es versuchte, desto schmerzhafter erstickten die Worte bei dem surrealen Anblick all der Toten, bevor sie diese über die Lippen bringen konnte. 

Ihre Finger klammerten sich fest an das Messer in ihrer Hand, als würde es ihr einen Halt geben. So fest, dass das weiße ihrer Knöchel hervortreten sollte.

„Naheniel…“ Ihr Blick blieb an den leblosen Körpern haften, bevor sie ihre Augen schloss. Eher würde sie sterben. Etwas, wovon das Mädchen nicht mehr weit entfernt war. Freya konnte spüren, wie die Dunkelheit nach ihr zu greifen versuchte, um sie noch tiefer in ihren Bann zu ziehen. So tief, dass sie vielleicht für immer verloren war.

Scheinbar konnte sie ihm nicht schaden. Nicht auf diese Weise. Aber er musste verstehen, dass es keine Vision war. Kein Traum. Naheniel musste es fühlen. Den Schmerz, die Angst, die Hilflosigkeit und den Verlust - Freya senkte kurz ihre Wimpern - des Schlüssels.

Ein kurzer Schmerz ließ sie für einen kurzen Augenblick erzittern. Ein leichtes Zucken, das ihren Körper durchfuhr, bevor sich ihre Finger um den Griff des Dolches lösten. Freya konnte die Wärme spüren, welche sich auf ihrer Haut ausbreitete. Das Blut, welches aus der Wunde quoll. Ein Schmerz, der verging, während ihr Körper an Kraft verlor und wie Sand zwischen seinen Fingern zerrann.

„Spür es! .... Diu mirsin“  
   


   

Begraben unter Brettern, Balken, Stroh und Staub lag das Mädchen bewusstlos am Boden. Im letzten Moment hatte sie ihre Schwingen ausgestreckt, um diese schützen um sich zu legen, doch hatten diese Freya nicht vor dem Einsturz des Daches schützen können, als der Dachstuhl selbst nachgegeben hatte.

Erbarmungslos hatten die schweren Balken sie zu Boden gerissen und irgendetwas schien sich in ihr Fleisch gedrängt zu haben. Blut sickerte hervor, tränkte die Erde um sie herum und färbte sie in dunkles Rot. Doch die Dunkelheit selbst trug sie mit sich und gnadenvoll spürte sie nichts mehr, als die Finsternis, in die sie schwebend hinabglitt.
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♦ Stolze Tochter ihres Ziehpapas Ninian Chakai & ihrer Ziehmutter Caidith Chakai ♦
♦ Kleiner Keks ihrer großen Ziehschwestern Mahaba, Namayah, Lysiana & ihres möglicherweise fiesen Ziehbruders Liam Chakai ♦
Adeptin der dunklen Kirche Ogrimars unter ihrer Mentorin Tanuri 


Geboren aus dem Wissen einer dunkler Vergangenheit - verblaßt mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?
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Gesichtsloser Erzaehler
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#873

Beitrag: # 53878Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

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Der Schlachter


Panisch rissen die in der Scheune untergebrachten Tiere die Augen auf und wieherten laut, während sie scheuten mit aller Wucht ihre Hufe gegen die morschen Bretter ihrer Ställe donnerten. Noch mehr alter und dichter Staub rieselte von dem Heuboden herab, auf dem das getrocknete Gras schon längst nicht mehr genießbar war. Krachend barsten die ersten dicken Balken, die der in die Jahre gekommenen Scheune ihren Halt gaben und brachen in sich zusammen.

Noch sollte das Gebäude stehen, doch lange würde es nicht mehr halten. Mit schlurfendem Schritt und rotem Gesicht riss der Schlachter das knarzende Scheunentor vollständig auf, so dass das rötlich schimmernde Sonnenlicht hereinfiel. Wütend keifte er in die Richtung der Tiere:
"Ruhe! Sonst seid ihr die nächsten, die von meinem Beil zerschnitten werden und im Suppentopf des Wirt landen!"

Erstaunlicherweise beruhigten sich die Tiere, trotz des harschen Tonfalls und der langsam in sich zusammenbrechenden Scheune. Eines seiner Beine hinter sich herziehend und das große blutige Beil in seiner Hand, die mehr einer Pranke glich, kam der Schlachter vor dem dürren Leib Freyas zu stehen, der unter einigen der Bretter und immer noch fallendem Stroh zur Hälfte begraben war. Mürrisch leckte er sich über seine dünnen, trockenen Lippen, ging dann aber an ihr vorbei nach hinten, um die Boxen der Tiere zu öffnen, auf deren Fell sich deutlich der Angstschweiß abzeichnete.

Es ging ihm nicht wirklich um deren Überleben, den Ärger, den er sich aber mit Hafrun einhandeln würde, sollten ihre Ponys unter unter einem Berg von Holz, Stroh und Werkzeugen erschlagen und begraben werden, wollte er tunlichst umgehen.

Während die Pferde Hafruns mit wilden Sprüngen aus der Scheune flüchteten, blieb der Schlachter noch kurz stehen. In der lichtlosen Finsternis musste noch ein alter Esel sein. Völlig wertlos für ihn und sein Handwerk, war dessen halbes Gesicht bereits zerfressen von fleischfressenden Würmern und anderen kleinen Tieren. Außerdem brachte ein Esel nur wenig ein, sein Fleisch war ohne Geschmack, nur die Knochen konnte man zu etwaigem Schmuck oder Gebrauchsgegenständen verwenden. Er hatte ihn einst bei einem Kartenspiel gewonnen, damals jedoch nicht gewusst, unter welchem Befall der Esel bereits litt.

Wenn der Schlachter es nicht vergaß, dass er das abgenutzte Tier immer noch hatte, brachte er ihm Wasser und einen schimmelnden Ballen Stroh. Bisher war der Esel sehr zäh gewesen, aber er hatte auch schon lange nicht mehr nach ihm gesehen. Ob er den eventuell bevorstehenden Zusammenbruch der Scheune überleben sollte oder nicht, konnte dem Schlachter somit ziemlich gleich sein. Die Tür blieb also verschlossen und erschlurfte stattdessen wieder zurück zu dem unter Bretter und Staub begrabenden Kind, von dem er nur das schwarze Haar erkennen konnte und ein glänzendes Ding, dass aus ihrem Rücken hervortrat und anscheinend ihren Körper durchstochen hatte.

Das Blut mischte sich bereits mit dem Dreck auf dem Boden und hinterließ dort eine Lache, die nicht gerade ungefährlich für das Überleben des Kindes war. Damit kannte er sich schließlich aus.

Der Schlachter stellte sein scharfes Beil neben sich und versuchte trotz seines kaputten Beins in die Hocke zu gehen, um mehr von dem Ding zu erkennen, das sich da unerlaubterweise in seine Scheune geschlichten hatte. War es nur ein dahergelaufenes Waisenkind, würde es ihm weniger Ärger machen, wenn er es einfach liegen und das Schicksal entscheiden ließ. Zur Sicherheit würde er die Scheune sowieso in Brand stecken, damit nichts von dem übrig blieb, was er darin noch verborgen hielt.

Als Schlachter von Tieren allein verdiente man nicht mehr so viel Gold, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war. Die Menschen waren arm und versuchten das Meiste selbst zu erledigen, ohne noch Dienste von den Fachmeistern in Anspruch zu nehmen. Allerdings erschloss sich vor einiger Zeit ein neuer Geschäftszweig, nebst jenem von Hafrun, für ihn. Das Zerteilen und Zerkleinern von Tieren unterschied sich nicht besonders als jenes von Menschen. Wollte also jemand, ob nun Reisender oder Anwohner jemanden unauffällig los werden, war er eine der ersten Adressen.

Die Entsorgung stellte nur ein gewisses Problem dar. Bisher hatte er die Knochen und das Fleisch in irgendeine Ecke geworfen, entweder als Futter für die Tiere oder damit es dort von allein verrottete. Weder der Gestank noch das, was die Verwesung sonst mit sich brachte, störten den Schlachter in irgendeiner Form, er war es schließlich gewohnt und der Tod roch immer gleich. Trotzdem brachte eine zusammengebrochene Scheune ungewollte Aufmerksamkeit, wusste schließlich nicht jeder von seinen speziellen Diensten. Deshalb war es besser, sie schnellstmöglich in Brand zu stecken. Glaubhaft war es schließlich, so wie sich derzeit die Welt in Aufruhr befand. 


Noch aber war da dieses unbekannte Kind, welches reglos zu seinen Füßen lag. Auf den ersten prüfenden Blick wirkte es nicht besonders vernachlässigt, auch wenn er durch das wirre Haar und die Spuren von Staub und Dreck auf ihrem Gesicht nicht viel erkennen konnte. Mit seinen fleischigen Fingenr schob er einige Strähnen zur Seite, während schon die nächsten Hölzer warnend über ihren Köpfen zu krachen begannen. "Was für ein entzückendes Püppchen unter dem ganzen Schmutz versteckt ist." Ein seltsames Glänzen zeigte sich auf seinen Augen und schon glitten seine dicken Arme unter ihren kraftlosen Körper und mit Leichtigkeit hob er sie nach oben. Selbst sein großes Beil vergaß er nicht, als er gemeinsam mit Freya an sich gepresst wieder aus der Scheune hinaus schlurfte.

Das Sonnenlicht war mittlerweile vollständig erstorben. Bevor der Schlachter sich darüber aber wundern konnte, war es doch gerade noch mitten am Tag gewesen und sie vor kurzem noch in einem satten, glühenden Rot über der Landschaft gestanden, brachen die letzten Balken des Daches und rissen die veraltete Konstruktion in sich zusammen.

Über die Überreste, die geblieben waren, würde er sich später kümmern. Vorerst sollte seine Aufmerksamkeit dem zwar noch atmenden, aber sichtlich schwächlichen Wesen gelten, das er in seinen Armen hielt. Etwas genauer betrachtete er es nun aus seinen kleinen Augen, die nahezu völlig in seinem aufgedunsenen Gesicht verloren gingen. Sein von Alkohol und Tabak geschwängerter Atem strich über das nun sichtbare Antlitz Freyas hinweg, als er sich weiter von der Scheune entfernte.


"So ein hübsches kleines Mädchen hab ich mir schon immer gewünscht. Du könntest mich bestimmt bei meinen Aufgaben unterstützen und mir auch sonst meinen schweren Alltag etwas erleichtern." Unbeirrt ob des letzten, lauten Krachens hinter ihm, ging er schlurfend in Richtung der Siedlung, während er Freya fest an seine massige Brust und Bauch gedrückt hielt. "Bisschen dürr bist du. Aber ich kenn jemand, die wird dich schon wieder zusammenrichten und sich auch um deine Wunden kümmern. Dann bekommst du ein nettes kleines zu Hause und musst nicht mehr hungern." Während ihm das warme Blut aus Freyas Wunde über seine Hände ronn, trug er sie über einen der verborgenen Wege in die Richtung von Hafruns Haus. 


 
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Stellan
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#874

Beitrag: # 53920Beitrag Stellan »

Mit einem schmalen Lächeln sah er hinüber zu dem Magier, der sich anscheinend immer noch daran festhielt, sich ihm nicht vorzustellen. „Dabei war ich doch gerade dabei, es mir hier gemütlich zu machen.“

Stellan umfasste seinen Stock und richtete sein Augenmerk im gleichen Moment auf einen unbestimmten Punkt im Hörsaal. Er hatte nichts wahrgenommen, kein Geräusch oder keine fremde Aura, die ihm als störend vorkam. Aber was wusste er schon, was den fremden Mann dazu bewog, einen anderen Ort für ihre Unterredung vorzuziehen.

Eigentlich war es ihm nicht im Sinn gestanden, das Zusammentreffen länger auszudehnen als es unbedingt nötig war. Es interessierte ihn aber herauszufinden, ob sein Sohn etwas mit dem Verschwinden Freyas zu tun hatte und wenn ja, inwieweit er darin involviert war.

Sollte es tatsächlich Naheniels Werk sein und nicht nur der unkontrollierbare Charakter des Kindes, musste er überdenken, ob er seinen Sohn vielleicht doch falsch eingeschätzt hatte.

War es klug, das Mädchen bei sich zu halten und die gesamte Legion, ihre Familie und sogar Teile der schwarzen Gemeinde auf sich zu hetzen?

Wobei es auch hier fraglich war, wie viele sich dazu noch motivieren ließen, ihre faul gewordenen Geister aus der Zone der Bequemlichkeit zu erheben und mehr zu leisten, als nur Bettspielchen, in ihren Hinterzimmern geführtes kritisches Geflüster oder sich ständig wiederholende und immer gleichklingende Jammerei, über die Gleichtönigkeit ihres Lebens?

Bitte, hier lag die vielleicht größte Möglichkeit ihrer aller Leben vor ihnen. Ein Beweis, dass sie alle mehr waren, als nur Lethargie und Selbstbeweihräucherung über Taten, die entweder längst in der Vergangenheit lagen oder niemals geschehen waren.

Wenn das Wertvollste, das es für Ogrimar gab, verloren gegangen war, sollten sie eigentlich schon alle längst bereitstehen, in ihre Kriegshörner blasen, mit den Knochen ihrer Feinde auf Trommeln schlagen, um ihr unweigerliches Kommen anzukündigen und alles daran legen, den Schlüssel zurückzuholen.

Ganz gleich wo sich dieser befand, war er nicht in der Hand des Hüters, war er in Gefahr. Die Einflüsse waren stark, die auf das ungeformte Kind einwirken konnten, ganz gleich, aus welcher Richtung diese kamen.

Stellan biss sich auf seine Unterlippe und spitzte seine Ohren. Was aber hörte er? Nichts.

Waren seine Tochter und der wortkarge Dunkelmagier tatsächlich mittlerweile alles, was die Gemeinde noch zu bieten hatte? Wenn es dabei blieb, dann konnte er jetzt schon prophezeien, welcher Art des Erfolgs sie entgegen blicken konnten.

Mit einem Seufzen zog er sich an seinem Stock in die Höhe und stützte sich dabei an der Lehne des Sessels ab. Er trat auf seine Tochter zu und musterte ihr Gesicht aus seinen kritischen Augen.

„Ein Titel ist nur ein Titel, Tanuri. Was zählt, sind die Taten. Ich respektiere die Kirche und vor so manchem Priester habe ich mein Knie ehrfürchtig und ohne Zweifel gebeugt.“

Enttäuscht, dass diese Zeiten längst vergangen waren und enttäuscht, über das, was mittlerweile der Ersatz dafür war, zuckten seine Nasenflügel auf.

„Zeige mir, dass du mehr zu bieten hast, als nur mit einem Titel zu protzen, der noch dazu weit unter vielen anderen in der Rangfolge der Kirche steht, vielleicht bekommst du dann den Respekt und die Aufmerksamkeit von mir, nach der du verlangst.“

Leicht schüttelte er seinen Kopf, während er sich vor ihr mit seinem hageren Körper aufbaute und seinen Blick erneut über ihre Erscheinung streifen ließ. „Bis dahin aber bist du nicht mehr als meine Tochter. Und welche Meinung ich über Familie und die Bindungen halte, die sich aus dieser für andere zwangsweise ergeben, habe ich dir bereits gesagt.“

Emotionslos und kalt schenkte er ihr ein Lächeln, das deutlich unterstrich, wie er zu ihr stand. Allerdings neigte er sich im gleichen Moment leicht zu ihr nach vorne und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. Ob es nur von ihr gehört wurde oder auch von dem unbekannten Mann, war ihm völlig gleich.

„Entscheide dich, was du sein willst. Hüterin und Priesterin, die ihre eigenen Interessen, Wünsche und Bedürfnisse nicht nur hintenanstellt, sondern diesen keinerlei Raum gibt oder eine Frau, die Haus und Herd hüten möchte.“

Sein Blick hielt an ihr fest und erforschte in dem Blau ihrer Augen, nach der Wahrheit und nach einer Bestätigung, ob sie tatsächlich nur ein vollkommenes Versagen war oder doch noch eine Chance bestand, dass sie endlich begriff, was sie zu sein hatte und dass sie nicht dafür gedacht war, zu sein, was andere waren.

„Wählst du die erste Option und beweist dich selbst,, dann Tanuri höre ich dir zu und beuge ich mich deinem Befehl.“
Ohne sie noch weiter zu beachten, drehte er sich von ihr weg und sah stattdessen zu Adrian. An der Kälte in seinem Blick hatte sich nichts geändert, jedoch war von der Schärfe nichts mehr zu sehen, die er soeben noch Tanuri zukommen hatte lassen.

„Ich würde Euch und Tanuri“, er stockte kurz und zeigte dann einen unehrlichen entschuldigenden Ausdruck auf seinem Gesicht, „verzeiht, die Priesterin, ja zu mir nach Hause einladen. Allerdings verhalten sich die Umstände so, dass ich derzeit über diesen Komfort nicht verfüge. Welchen Vorschlag habt Ihr also?“

 
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Das Chaos wird entbrennnen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisteres sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Adrian
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#875

Beitrag: # 53946Beitrag Adrian »

Adrians Blick ruhte noch für einen Moment Tanuri. Er konnte den Wandel spüren und sehen. Die Maske ihrer selbst, welche sie mit einer distanzierten Erhabenheit erfüllt, als sie Stellan seine Grenzen aufzeigte. Eine unantastbare Kälte, die sich auf ihre Züge legte, keinerlei Emotion selbst durchblicken ließ und einzig darauf bedacht war, dem Willen Ogrimars zu folgen.

Ihm zu dienen und seinen Pfaden zu folgen war ihr oberstes Gebot, auch wenn er die Inbrunst ihres Feuers kannte, das zweifelsohne unter der Fassade verborgen lag. Der alte Mann wäre gut beraten, es nicht herauszufordern.

Ohne sich selbst aus seiner Position zu lösen, verweilte der Dunkelmagier weiterhin am Fenster. Lediglich wanderten seine Augen kurz zu Stellan, als jener das Wort ergriff. Kühl und ohne eine Form von Emotion beobachtete er den alten Mann, der seine Meinung unverhohlen deutlich machte. Das Sonnenlicht zeigte die Spuren der Zeit in seinen hageren Zügen. Schatten tiefer Fakten, welche seine eisige Verbissenheit und die Kälte seiner Stimme unterstrich.

Freya hatte ihn als streng, kalt und nüchtern beschrieben. Alt, runzelig und gruselig waren auch Begriffe, die gefallen waren, aber Adrian interessierte sich weniger für die Äußerlichkeiten des Mannes, als für sein Wesen und seiner eventuellen Loyalität, die er vielleicht in einer archaischen Anschauung eher seinem männlichen Nachkommen angedachte. Um seine Ansichten zu seiner Tochter und Erbin machte er bereits kein Geheimnis.

Eine Einstellung, mit der Stellan sich seinen Augen jedoch auf dünnem Eis bewegte. Eine weitere Warnung würde der Magier ihm jedoch nicht geben. Es gab Momente, in denen Adrian es ähnlich gesehen hatte, wie Stellan, manches sogar noch immer wie er betrachtete. Doch wenn er selbst Vertrauen forderte, musste er bereit sein welches zu geben. Sowohl in die Adeptin, als auch in Tanuri.

„Es war nur eine Anregung, Lord var Aesir.“ Bemerkte er mit einer kühlen nüchternen Distanz, unter welcher Adrian jedoch nicht weiter ausholte oder dem noch etwas hinzufügte. Weder zu dem Gefühl belauscht zu werden noch über eine mögliche Alternative, das Gespräch anderenorts fortzusetzen.

Am Ende traf Tanuri die Entscheidung, seine Bedenken ernst zu nehmen oder sie zu ignorieren. Nicht Stellan und auch nicht er selbst.

Allerdings würde das Gefühl, belauscht zu werden, seiner Redseligkeit im Augenblick auch keinen weiteren Aufschwung verleihen. Vielleicht sollte er seiner Ahnung auch nachgehen und unverfänglich zwischen die massiven schweren Regale treten, in denen Bücher und Schriftrollen ihren Platz fanden. Das meiste davon waren sicherlich neuere Werke oder Abschriften von alten gut gehüteten Überlieferungen. Kaum würde die Kirche ihre Schätze so unbehütet zur Schau stellen.

Tatsächlich hatte Adrian es einen Moment lang überdacht, sich Gewissheit zu verschaffen. Doch dieser Ort war öffentlich zugänglich. Auch wenn sich daher ein wissensdurstiges Wesen zwischen all den Schriften verborgen hielt, war nichts Verwerfliches daran. Ebenso wenig, dass er oder sie sich zurückhielt und vielleicht ihre Worte mitanhörte, anstatt sich zu erkennen zu geben. Es war gleich, hatte jener oder jene durchaus jedes Recht, sich zurückzuhalten. Sei es aus Scheu sich zu erkennen zu geben, Neugier, einer Ehrfurcht der Priesterin gegenüber oder gar am Ende Desinteresse.

Kurz schloss Adrian seine Augen, ehe er wieder zu der Pristerin sah. Fragend griff das helle Blau seiner Augen ihren Blick auf, um diesen für einen weiteren Moment für sich zu vereinnahmen und darin nicht nur ihre Meinung oder Entscheidung wiederzufinden, die eh ihre Lippen verlassen würden.

„Meine Priesterin?“
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✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖  Bruder des Verlion Al Saher ✟
❖ Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
❖ Wahre Finsternis herrscht nur dort, wo kein Licht durchdringt, denn sonst wäre sie nichts weiter als ein Schatten.❖
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