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Oh, natürlich missfiel es Naheniel. Fungus konnte es an seinen Zügen erkennen. Das Mahlen seiner Zähne und der angewiderte Blick, mit dem er ihn bedachte, sprachen Bände darüber, wie gern er ihn dafür Buße tun lassen würde. Aber genau das war sein Ziel gewesen. Welch wunderbarer und vor allen Dingen unbezahlbarer Anblick.
Es wäre ihm ein leichtes sie mit einer Hand zu zerquetschen oder dem winzigen Ding die kleinen Flügel auszureißen, nur um zu zusehen, wie sie sich in ihrem Schmerz winden würde. Ein gar nicht abwegiger Gedanke, denn was wollte Naheniel schon dagegen tun. Er könnte nur zusehen. Allerdings, was außer dem schlichten Vergnügen sie beide leiden zu sehen, hätte er am Ende davon? Nein es war unprofitabel und nicht besonders weitsichtig. Wer voreilig handelte, den strafte das Verderben. Sein überhebliches Lächeln nahm leicht diabolische Züge an, sofern man sie überhaupt zu deuten wusste. Gerne hätte Fungus den Moment noch ein wenig ausgekostet, doch wusste er, dass die Zeit drängte, sofern er sich alle Optionen offen halten wollte.
Auch wenn es im Unwillen geschah, dass Naheniel diesen Handel einging, tat er es schlussendlich dennoch. Ein Akt, welcher all seine Forderungen besiegeln sollte. Ohne mit der Wimper zu zucken oder nach zu verhandeln, stimmte jener ein. Amüsant, dass ein so kleines Wesen ihn offenbar dazu veranlasste ihm einen Freibrief zu erteilen.
Es gab Zeiten, da hätte Naheniel keinerlei Skrupel gehabt ein so kleines zerschlissenes Ding einzutauschen und zugegeben anfangs hatte Fungus noch geglaubt, genau deshalb hätte Naheniel so gehandelt gehabt, um sie für ihn nur interessanter zu machen. Aber nun war ihm der Preis egal? Gut für ihn, auch wenn es natürlich die Frage aufwarf, was bei aller Verderbnis so besonders oder bedeutend an ihr sein mochte und Naheniel mit ihr vorhaben mochte. Dies galt es herauszufinden. Auch wenn das Symbol auf ihrem Handgelenk schon ein erstes Anzeichen dafür bergen mochte. Aber Fungus hatte gelernt zu warten und zwar auch den richtigen Moment.
Für den Augenblick war er mit seiner Forderung zufrieden. Egal welche Wendung seine Rückkehr nehmen und welche Bedeutung das Kind dabei haben mochte, er würde am Ende einen Gewinn erzielen.
„Naheniel. Du verletzt mich. Ich, als Dein loyaler Diener, erfreue mich lediglich über Deine Rückkehr und sehe großartigen Zeiten entgegen. Zeiten, die wir einst hatten.“
Er nickte ihm zu, während das Blut ihren Pakt besiegelte. Natürlich würde er ihm helfen. Und doch würde man sehen, inwiefern und wie weit diese großartigen Zeiten auch sein Gegenüber einschließen würde. Gefallener Prinz. ‚Ich werde es schon herausfinden‘ Mehr sagte sein Blick nicht, während Fungus noch immer in den Zügen seines Gegenübers sehr deutlich erkannte, dass Naheniels mehr als klarstellte, wem das Gör gehörte. Aber solche Verhältnisse konnten sich schnell ändern. Das hatte Naheniel nun selbst besiegelt. Ja er würde dafür bekommen, was er verlangte und vielleicht würde sie dann Sein werden. Nicht sehr weitsichtig dafür, dass er das Zentrum seiner Interessen auf das Kind zu fokussieren schien. Aber er würde die Zusammenhänge schon noch herausfinden.
Fungus hatte nichts zu verlieren. Im Gegenteil. Nein er konnte nur gewinnen. Mit Wissen, einem Handel oder für den unwahrscheinlichsten Fall mit der Wahl der richtigen Seite. Ja im Zweifelsfall waren nun vertraglich Naheniel die Hände gebunden. Und wer sich daran nicht weiden würde, wäre ein Idiot.
„Die Tunnel, ganz wie es Dein Wunsch ist.“
Nickte er Naheniel zu und man mochte annehmen, dass sich ein verletzter Unterton in seine Stimme schlich. Aber Fungus hatte durchaus erahnt, dass jener ihm nicht weiter traute, als ihm notwendig erschien. Nun Naheniel kannte die Tunnel. Zumindest einige von ihnen. Es würde interessant werden zu sehen, welchen Weg er wählen würde und sie wussten wohl beide, dass er eines oder gleich mehrere Augen auf ihn haben würde.
„So soll es sein.“
Er nahm einen tiefen Atemzug aus seiner Pfeife, bevor dunkelgrauer Rauch alles um sie herum in einen dichten Nebel hüllte. Wie von einer Magie erfüllt, platzten die Pilze um sie herum und begannen den Rauch mit rötlich schimmernden Sporen zu füllen. Was er tat oder wie genau, nun das blieb vor ihrer beiden Augen verborgen, welche getrübt durch den Nebel den er ausspie, nur noch einen dunklen rauchigen Schleier vor Augen haben sollten.
„Halte dein kleines Spielzeug besser gut fest.“
flüsterte Fungus Stimme warnend durch den Nebel hindurch, bevor die beiden das Gefühl umfangen sollte, als hätte man ihnen förmlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Ein freier Fall, der die beiden von Sporen und Nebel umgeben immer weiter in einem rasanten Tempo in die undurchsichtigen Tiefen zog. Immer weiter hinab in die Dunkelheit, während die Finsternis um sie herum zunahm.
Je weiter sie fielen, umso mehr schien ihr Fall langsamer zu werden, während man es gleichzeitig den Eindruck zu erweckte, als sei die Welt hier unten noch immer im Begriff sich neu zu formieren. Immer wieder rasten kleine schachbrettartige Plateaus an ihnen vorbei und alles schien hier noch in irgendeiner Form in Aufruhr zu sein. Gänge, an denen sie vorbeiglitten, die sich einfach aus dem Nichts heraus manifestierten und sonst wohin führen sollten, immer weiter vorbei an Wurzeln, Würmern, Gebeinen und Getier, wirbelten sie zusammen in die Tiefen. Ein Höhlensystem, welches weit unter der Oberfläche liegen sollte, wo das Gör Fungus vor die Füße gekotzt hatte.
„Wir sehen uns wieder, Naheniel.“
Hallte die Stimme der Raupe ihnen nach.
Fungus Pedites - Ein Vertrag ohne Kleingedrucktes ist das Werk eines Idioten -
Freya spürte die Anspannung Naheniels, als Fungus sie berührte. Der sanfte Druck seiner Hand, während sie jene Berührung im Grunde gegen ihren Willen über sich ergehen liess. Die Gefahr, dass sie sich sowohl verbal oder gar durch ihre bislang noch nicht wirklich bewussten Fertigkeiten bei diesem Ding tiefer in den Fokus rücken würde, war zu groß. Ebenso die Chance dabei zu versagen. Immerhin war Freya noch nicht wirklich geübt darin. Sie wusste nicht wie sie es im Zweifel unter Kontrolle bringen konnte. Am Ende würde sie mit dem Bedürfnis der Raupe das Gehirn zu grillen nur verschlimmern. Dennoch hörte Naheniel eigentlich, was er diesem Fungus da versprach?
Kurz stockte sie daher, als Naheniel sie aus seinem Arm freigab und hinter sich zu schieben gedachte. Suchend glitt das Blau ihrer Augen zu ihm hinauf, doch das Drängen, mit dem er sie hinter sich schob, sowie die kalte Stimme, mit der er zu Fungus sprach, erlaubten ihr keine Einwände. Spürbar versuchte er sie vor weiterer Aufmerksamkeit zu schützen und auch wenn der Trotz in ihr sich aufbäumte, so beschwichtigte die Wärme seiner Hand, die unentwegt auf ihr lag, ihre Zunge. ~Später...~
Ungläubig sah sie nur zu, wie er diesen Handel einging. War er vollkommen verrückt geworden? Was wenn Fungus ihn fordern würde für sein Kabinett des Grauens. Nein, das würde sie nicht zulassen. Niemals! Das war ein widerwärtiges Wesen ohne Moral oder Skrupel, auch wenn er versuchte ihnen etwas anderes weis zu machen.
„Nein!“ kam es ungewöhnlich bestimmend, geradezu vehement ihm widersprechend, über ihre Lippen, als das Blut jedoch den Pakt bereits besiegelte. Er konnte ihm doch nicht ein solches Versprechen geben. Beide Hände legten sich haltend an Naheniels Arm. Warum tötete er ihn nicht einfach? Ja sie war sicher, er konnte es. Sie könnten es zusammen. Ja, ganz sicher würden sie es gemeinsam schaffen. Nach dem, was Naheniel ihr gezeigt hatte, spürte sie nur Hass und Wut auf dieses Geschöpf und da er nun Naheniel den Schraubstock umlegte, intensivierte sich dieses Gefühl von Düsternis in ihr um ein Vielfaches. Vielleicht sogar so sehr, dass Naheniel es spüren konnte. Aber darüber machte Freya sich keinerlei Gedanken.
Bedachte sie Jeremias lehrenden Einblick, war es das einzig richtige ihn zu richten, bevor etwas Schlimmeres geschehen würde. Freya wollte und würde das nicht zulassen. Er gehörte ihr. Und nicht einmal diese hässliche Kreatur würde sich gegen den Willen Ogrimars auflehnen können.
Langsam nur hob sie ihren Blick, noch immer hinter Naheniel stehend, an, um Fungus in seiner vollen Größe zu betrachten, welcher gerade an seiner Pfeife zog. Es erweckte mehr als den Anschein, als würde er sie nirgendwo hinbringen. Dieses miese hässliche Stück Skraugdreck. Er schindete offenbar nur Zeit, bis sie umzingelt waren von irgendwelchen Wesen, deren Namen sie noch nie gehört hatte, aber die, aufgrund von Naheniels Reaktion, ihnen sicherlich nicht freundlich gesonnen waren.
Jedweder Vernunft und auch Angst zum Trotze verengte sie ihre Augen. Freya gedachte nicht länger einfach nur unbeteiligt zu zusehen. Auch wenn sie klein war, bedeutete dies nicht, dass sie stetig gehorchen musste. Nein. Nicht wenn es um Naheniel ging. Das, was er hier tat, zeigte nur, dass er mehr als nur ein Freund war. Er war bereit einen teuflischen Pakt einzugehen und sie würde nicht zulassen, er sich am Ende noch eine Sekunde daran erfreuen durfte, Naheniel auf die Art in die Ecke gedrängt zu haben.
Das Blau ihrer Augen schimmerte lodernd zu Fungus hinauf, während sie sich die Wüste in ihre Gedanken rief. Oh ja. Er sollte die gleißende Hitze in sich spüren, die sein Blut zum Kochen bringen würde. Seine Haut sollte schmelzen und Blasen schlagen, während sein wulstiger widerwärtiger Körper sich qualvoll unter dem brennenden Schmerz winden würde.
Gerade da Freya sich darauf fokussierte und all ihre Abscheu gegen ihn dazu bündelte, spie er den Qualm aus seinen Lungen aus.
Der Rauch, der auf sie niederging, liess Freya husten, so dass sie eine Hand von Naheniel löste, um schützend den Ärmel vor Nase und Mund zu halten. Was zum Grott tat dieses Ding da? Alles wurde grau, fast schwarz um sie herum, so dass sie fast blind war. Hatte er sie durchschaut? Doch bevor sie einen weiteren Blick in seine Richtung werfen oder gar ihren Plan vollenden konnte, wurde Freya von dem Gefühl zu fallen übermannt. Der Boden unter ihren Füssen hatte sich in Nichts aufgelöst und das einzige, was sie noch erblickte, als sie versuchte aufzuschauen, war, wie das Schimmern rötlicher Sporen über ihren Köpfen immer kleiner wurde.
„Nahenieeeel!“ kam es erschrocken und nicht minder laut über ihre Lippen, als das Gefühl des Falls ihren eh schon angeschlagenen Körper durchfuhr. Wäre noch etwas in ihrem Magen, so hätte es vermutlich den Weg hinausgesucht. Halt suchend krallte sie sich in Naheniels Arm, während sie versuchte sich an ihn heranzuziehen, während ein Luftstrom ihre Robe und das lange schwarze Haar wild aufflattern liess. War das Teil des Plans gewesen? Wirklich? Brauchten sie nicht einen sicheren Unterschlupf, wenn sie schon kein Portal nach Hause erreichen konnten? Seine Wunden mussten immerhin versorgt werden und sicherlich war nicht nur sie erschöpft und benötigte neben ein wenig Schlaf noch etwas zu Essen und zu Trinken.
Die Welt rauschte an ihr vorbei. Die Dunkelheit, dieses Chaos. Allerdings war Freya nicht in der Lage sich darüber in diesem Moment einen Gedanken zu machen. Alles, an was sie in diesem Moment denken konnte und wollte, alles was zählte, war er allein. Naheniel, den sie nicht los lassen durfte.
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit. ~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
Er hätte es wissen sollen. Fungus würde sie nicht „einfach so“ ziehen lassen, sondern sich selbstverständlich den für ihn größtmöglichen Spaß daraus machen und ein völlig unnötiges Schauspiel generieren.
Mit Sicherheit hätte es unter seinem wulstigen Körper einen Zugang zu seinen Höhlen gegeben. Bequem mit einer Treppe, auf der man problemlos und ohne Schwierigkeiten hinabsteigen konnte.
Aber nein, er wäre nicht Fungus, wenn er sich nicht noch seinen persönlichen Genuss daraus ziehen würde, seine Macht und derzeitige Überlegenheit zu demonstrieren.
Es war nicht sonderlich schwierig, sich auszumalen, mit welch einem unverhohlen zufriedenem Grinsen Fungus am oberen Ende des Schachts stehen musste, durch den sie gerade fielen.
Wenn er sich durch solcherlei Dinge seine Befriedigung fand, war er doch ein recht trauriges Seelchen. Nicht nur traurig, noch dazu armselig. Er hatte seinen Sieg doch längst errungen, musste er diesem tatsächlich noch eine zierende Krone aufsetzen?
Wie dem auch sei, sie würden sich wieder begegnen. Auch seine Zeit würde nicht ewig währen, dafür würde Naheniel schon sorgen.
Doch alles zu seiner Zeit und im richtigen Augenblick. Noch profitierten Freya und er von Fungus. Und solange dies anhalten würde, wäre es äußerst unklug, sich gegen ihn zu wenden.
Und so fielen und fielen sie. Immer weiter hinab in die Dunkelheit. Vorbei an nasser Erde und mächtigen Wurzeln, die versuchten nach den beiden zu greifen, sie zu umschlingen und in das Erdreich zu ziehen, um sie dort langsam zu ersticken.
Vorbei fielen sie an seltsam wirkenden Wesen, die mit ihren scharfen Zähnen nach ihnen schnappten. Dicke Würmer, ohne Augen, dafür aber mit gespenstisch großen Mäulern und spitzen Zähnen, die sich in Spiralen ihren Schlund hinab bewegten.
Sie dürsteten nach frischem Futter, bestehend aus lebenden und nahrhaften Menschen. Doch gelang es weder den Würmern noch den Wurzeln, Freya oder Naheniel zu erwischen. Offenbar hatte Fungus wenigstens dafür gesorgt, dass sein Schutz um die beiden lag, welcher die hässlichen Wesen immer wieder wütend ins Leere schnappen ließ.
Je tiefer sie fielen, desto nasskälter und mordrig stinkend wurde es.
Unangenehm drang die Kälte an ihre Haut, ließ sie beide erschauern. Doch hatten sie nicht wirklich viel Zeit, sich daran zu stören, da sie weitestgehend damit beschäftigt waren, das Gleichgewicht zu wahren um nicht tausende Saltos zu schlagen, um irgendwann kopfüber auf einem harten Fels unter ihnen zu landen.
Fest schlang Naheniel seine Arme um den kleinen, schmalen Körper Freyas und zog sie zu sich, während er mit ausgebreiteten Schwingen versuchte, den Fall durch den Tunnel etwas abzumildern.
Doch in dieser Welt galten keine physikalischen Gesetze, die sie von der wirklichen Welt gewohnt waren. Trotz aller Bemühungen purzelten sie ohne irgendeine Kontrolle weiterhin hinab, mal seitlich, mal über Kopf.
Und plötzlich, völlig unvorbereitet, sah Naheniel den Boden auf sich zurasen.
Oder nein, es war vielmehr ein weiterer übergroßer Pilzkopf, in bunten schillernden Farben, die sich auf einen kleinen Punkt in der Mitte zubewegten.
Erschrocken riss er die Augen auf und versuchte sich der hier geltenden Kraft ein weiteres Mal zu widersetzen.
Mit einer letzten Anstrengung drehte er sich seitwärts, so dass sein Rücken auf den Boden zeigte und hielt Freya so fest er konnte, damit sein Körper als Schutz für den ihrigen diente.
Mit voller Wucht landete er nur kurze Zeit später auf dem Pilzkopf, wodurch dieser zerplatzte und es ihm sämtliche Luft aus den Lungen presste.
Schwarz wurde es ihm vor Augen und er mochte wohl für einige wenige Augenblicke, vielleicht waren aus auch Minuten, das Bewusstsein verloren haben.
Als er langsam wieder zu sich kam, war sein Gesicht schmerzverzerrt von der unsanften Landung. Seine Wunden brannten wie loderndes Feuer und die Müdigkeit übermannte ihn.
Auch wenn der explodierte Pilz unter seinem Körper nicht sonderlich einladend war, genoss er diesen kurzen Augenblick des Ruhens. Wie gerne wäre er in diesem Moment einfach liegengeblieben und hätte die Augen geschlossen gehalten.
Obwohl er es sich selbst nicht wirklich eingestehen mochte, die letzten Stunden hatten ihren Tribut von ihm gefordert. Auch er war nur aus Fleisch und Blut und die Wunden des Höllenfeuers, welches er selbst beschworen hatte, schmerzten mit jeder Minute mehr.
Jetzt, da er seine Konzentration nicht mehr auf Fungus oder Haedinn lenken musste, spürte er die das Brennen auf seiner Haut umso mehr.
Und doch öffnete er die Augen und suchte den Boden nach Freya ab. Er konnte nur hoffen, dass ihr nichts geschehen war und er die Landung so gut wie möglich abgefedert hatte.
Es wäre eine Schande, wenn sie nun schwerer verletzt oder gar tot wäre. Schließlich hatte er sich gerade mitunter für sie auf einen mehr als eigentlich unakzeptablen Handel eingelassen.
Aber sie lag nur eine Armlänge mit blinzelnden Augen von ihm entfernt und schien soweit unversehrt. War es vielleicht doch so etwas wie Erleichterung, die sich da in ihn geschlichen hatte als er sah, dass sie nach wie vor in einem Stück war?
Trotz des wiederkehrenden Schwindels versuchte er sich ein wenig zu erheben. Auf Knien zog er Freya fest an sich und ließ sie für einige schweigsame Sekunden nicht los, bevor er sie ein Stück von sich streckte und sie genau musterte.
Seine Augen wanderten prüfend ihren schmalen Körper auf und ab. Ihre Robe war mittlerweile sichtlich in Mitleidenschaft gezogen worden und ihre langen schwarzen Haare hingen wirr in ihr kindliches Gesicht.
Er ließ seine Hände seinen Blicken folgen und tastete das Mädchen vorsichtig an ab, als wolle er sichergehen, dass nichts gebrochen oder gar verloren gegangen war.
Als er mit seinem Tun geendet hatte, umgriff er mit seinen Händen ihr Gesicht und strich langsam und etwas zögerlich mit den Daumen über ihre schmutzigen, aber warmen Wangen. „Geht es Dir gut, Freya?“
Voller Besorgnis war sein Blick, doch ließ er sie gar nicht erst zur Antwort kommen, sondern schloss sie sogleich wieder in seine Arme, legte seine Hand auf ihren Hinterkopf und drückte ihn an seine Brust. „Freya, meine kleine, liebste Freundin.“ Sacht küsste er sie auf ihren Scheitel, während er weitersprach. „Ich hatte solch‘ eine Angst um Dich.“ Flüsterte er ihr mit belegter Stimme zu und strich dabei sacht über ihren Kopf. „Ich will mir gar nicht ausmalen, wie schrecklich all das für Dich gewesen sein muss.
Es tut mir so unglaublich leid, was Du durchmachen musstest. Und das alles nur wegen mir.
Ich wünschte, ich könnte all dies ungeschehen machen.“
Teilweise entsprachen seine Worte sogar der Wahrheit. Fungus und Haedinn waren eine Begebenheit, die nicht passieren hätte dürfen. Vielleicht hörte er sich deshalb ehrlicher an, als es letzten Endes wirklich gemeint war.
Aber wer weiß, vielleicht würde ihm diese Begegnung sogar noch mehr in die Hände spielen, als er es zunächst gedacht hatte.
Denn Freya blieb nur eins: Entweder sie vertraute ihm bedingungslos und würde ihm überall hin folgen, blind vor Gefühlen und der vermeintlichen Freundschaft zu ihm, oder sie würde sich hier verirren und wäre vollends und für immer verloren. Vielleicht war diese Welt doch noch mehr auf seiner Seite, als er es zunächst durchschauen hatte können. Er vergönnte sich, ob dieser Erkenntnis, ein lautloses inneres Auflachen.
Welch ein Narr war er gewesen, dass er das Offensichtliche nicht sofort zu erkannt hatte?
„Ich wollte nie, dass Du so etwas erleben musst.“ Heiser erstarb seine Stimme. „Dabei habe ich doch versprochen, auf Dich zu achten und Dich zu beschützen.“ Langsam löste er seine Hand um sie direkt ansehen zu können. „Einen ziemlich unfähigen Beschützer stelle ich dar, hm?“ Unbeholfen und unsicher versuchte er ihr ein Lächeln zu schenken, welches trotzdem seine Augen erreichte, die in Hoffnung auf ihre Vergebung hell aufglänzten.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?
Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Seine starken Arme hatten sich fest um sie gelegt gehabt und Freya spürte nur, wie er ihren Körper schützend an sich drückte. Sie hatte mit einigem gerechnet, aber nicht damit, nicht mit einem fast ewig wirkenden freien Fall in das nächste Chaos. Wollte Fungus sie umbringen? Was hatte er bitte davon? Ihre kleinen Finger hatten sich in dem Stoff seiner Robe gegraben, da sie um nichts in der Welt von Naheniel getrennt werden wollte. Es wäre im Augenblick, in diesem Moment für sie vermutlich das Schlimmste.
Ihm so nah konnte sie nicht umhin, ihr Gesicht an seine Brust zu drücken. Sein Griff war so fest, dass es in ihr in dieser Sekunde wie der sicherste Ort vorkam.
Freya spürte nur, wie seine Schwingen sich ausbreiteten und er durch sie versuchte den Fall abzubremsen. Doch war es nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Das Geräusch, als die Luft durch die Federn zog, und dann die seichte Drehung. Sie würde lügen, würde sie behaupten, keine Angst zu haben. Freya hatte ihre Augen geschlossen und ihr Gesicht in der schulterbeuge Naheniels vergraben, stetig auf den Moment wartend, da sie auf dem Boden aufschlagen würde, während ihr Magen sich abermals auf links zu drehen schien. Bei der Höhe war es sicherlich mehr als schmerzhaft und die Frage, warum er sich überhaupt auf den Handel eingelassen hatte, drängte sich abermals in den Vordergrund.
Ohne jede Vorwarnung gelangten sie beide an das Ende des Schachtes. Einen Aufprall, bei welchem sie auf Naheniel landete. Die Wucht dessen presste jedoch jedwede Luft aus ihren Lungen, bevor die Kräfte sie aus seinem Arm schleuderten und sie einfach nur noch die Augen fest zusammenkniff.
Bei Ogrimar. Einen kurzen Augenblick lag sie einfach da, während sie festen Boden unter sich spürte.. Auf ihrem Rücken. Ihre Schwingen waren ebenfalls gespreizt, während sie ihre Lider nur langsam hob und ihre Augen wie paralysiert in die Höhe blickten. Lebte sie noch oder war sie tot? Eine Frage, die sie sich in den letzten Stunden immer wieder gestellt hatte und langsam die Erkenntnis gewann, dass Ogrimar das ganz sicher noch nicht im Sinn haben mochte.
„Naheniel?!“flüsterte sie, während ihre Hand nach ihm tastete, jedoch dabei ins Leere griff. Freya traute sich kaum sich weiter zu bewegen, aus der Befürchtung heraus, dass vielleicht etwas gebrochen war oder sie schlimmer noch feststellen würde, dass ihm etwas passiert war. Als allerdings Minuten vergingen und keine Antwort kam, musste sie schlucken. Mühsam versuchte Freya aufzustehen, während ihr die letzten Sekunden vor dem Aufschlag vor ihr inneres Auge traten. Angstvoll formte sich ein Kloß in ihrem Hals, bevor sie sich auf ihren Händen abstützte und aufrichtete.
Naheniel hatte sie so fest gehalten und ihren Körper so gedreht gehabt, dass er den unsanften Aufprall abbekommen hatte.
Panisch sah sie sich um. "Naheniel?"Kam es abermals unsicher über ihre Lippen, als sie seine Umrisse zunächst nur der schillernden Oberfläche erblickte. Gebannt blickte sie ihn an, während sie einen weiteren Schritt auf ihn zumachte. Seine Augen waren geschlossen und er zeigte keinerlei Regung, während er einfach nur da lag.
Mit geweiteten Augen wagte sie einen weiteren Schritt auf ihn zu und streckte zögerlich ihre Hand nach ihm aus, auch wenn sie Angst davor hatte, vielleicht etwas zu sehen, was sie nicht sehen wollte. Er durfte nicht tot sein. Nein - niemals durfte er das. Sie wäre verloren ohne ihn. Nicht nur hier. Nein, sie brauchte ihn, sie... sie.. ach egal... Er gehörte zu ihr.
Gerade wollte ihre Hand ihn berühren, als er seine Augen öffnete. Das Gefühl, welches das Mädchen in diesem Moment durchfuhr, war unvergleichlich mit allem, was sie bisher gespürt hatte. Eine Erleichterung, die ihresgleichen suchte. Ihre großen Augen sahen glasig zu ihm, während sie ihre Hand intuitiv zurückgezogen hatte. Er selbst wirkte im ersten Augenblick benommen, während er um sich sah. Ein kurzer prüfender Blick, auf welchen Naheniel sie, als er sie erblickte, nur einen gefühlten Atem später, an sich zog, als wäre er ebenso erleichtert wie Freya selbst. Aufgeregt und wild schlug ihr Herz, während seine warmen Hände sie fest und schützend an sich drückten."Mir geht es gut."Flüsterte sie, während sie sich an ihn drückte.
Ihre Augen blickten ihn fassungslos und zugleich erleichtert an, als seine großen Hände sich um ihr Gesicht legten, nachdem er offenbar sicher gehen wollte, dass sie noch in einem Stück war und ihren Körper provisorisch abgetastet hatte.
„Mir.. mir geht es gut, wirklich.“Ein weit gefächerter Begriff, wenn man davon absah, dass sie hungrig, durstig und nicht zuletzt vollkommen ausgelaugt und müde war. Dennoch schenkte sie ihm ein kleines Zahnlückenlächeln, nachdem er sie fest an sich gedrückt und ihren Scheitel geküsst hatte. Es war auch im Grunde nicht gelogen, wenn man es nüchtern aus der Sicht heraus betrachtete, dass sie sich nicht verletzt hatte.
„Es ist nicht deine Schuld.“sagte sie leise, während sie ihre kleine Hand an seine Wange legte und tröstend mit ihren kleinen Fingerspitzen darüber strich. „Du bist der beste Beschützer, den ich mir vorstellen könnte.“ Nach ihrem Papi, aber nun das war selbstredend, auch wenn Naheniel nicht unweit von jenem einen Platz in ihrem Herzen innehielt. Ein wenig unsicher liess sie ihre Hand über die kleinen Bartstoppeln gleiten, welche unter ihren Fingerkuppen kitzelten.
Ihr Herz hatte bis zum Hals geschlagen und beim dunklen Lord, sie wusste nicht, ob es an ihm gelegen hatte oder dem Fall selbst. Aber das war egal. Er lebte, das war alles, was tatsächlich zählte.
Langsam löste sich Freyas Blick von seinen Augen und wanderte über sein nicht weniger geschundenes Äußeres.
„Aber was ist mit Dir? Du bist schlimmer verletzt, als ich dachte.“lenkte sie ein. Es war ihr oben bei Fungus schon aufgefallen, dass hin und wieder der Schmerz an ihm gezerrt hatte. „War es das Ding, das uns verfolgt?“ fragte das Mädchen leise, während ihre Augen über die geschmolzene Haut wanderten, die sie zwischen dem verbrannten Stoff der Robe erkennen konnte. Freya wusste, dass ihre Kraft mittlerweile verschwindend gering sein würde. Sie konnte all die Strapazen in jeder Faser ihres Körpers spüren, der sich nur noch nach Ruhe sehnte.
Fraglich, wann und wo sie einen Moment verschnaufen konnten. Diese modrigen Tunnel mochten sicherlich vorerst alle Gefahren der Oberwelt fernhalten. Doch wie lange würden all die Würmer und das über ihnen tobende Chaos sich daran halten. Freya hatte keine Ahnung. Nicht die geringste und er war alles, was sie im Moment hatte.
Vorsichtig liess sie ihre Handfläche über seiner Brust schweben, unter welcher ein zarter lichter Schimmer aufglimmte. Es war vielleicht nicht viel. Nicht nachdem sie Tanuri so viel gegeben hatte. „Darf ich?“kam es leise über ihre Lippen, bevor sie mit einem Wimpernschlag seinen Blick suchte, obwohl ihre Hand bereits über die von Blasen überzogene, wie Wachs geschmolzene Haut hinwegschwebte und jene nur von einem kühlen beruhigenden Licht berührt wurde. Noch einmal Zeit verschenken würde sie nicht. Nicht, wenn sie helfen konnte.
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit. ~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
„Sagt mir Adrian, von welcherlei Komplexen seid ihr Männer geplagt, dass ihr jedesmal denkt, mir sagen zu können, was ich zu tun und zu lassen hätte? Ist eure Dienerschaft so unerzogen, dass Ihr Eure Machtgelüste nicht an ihnen auslassen könnt und deshalb versucht mir, der Priesterin, irgendwelche ungefragten Ratschläge zu geben, die ich Eurer Meinung nach einzuhalten habe?“ Ein seichtes Lächeln schlich sich über ihre Lippen, bevor sie sich mit Bestimmtheit aus ihrem Bett erhob. Zu schnell offenbar, wie sie sogleich mit schmerzhafter Gewissheit feststellen musste. Sie war noch schwächer auf ihren Beinen, als sie es sich eingestehen wollte. Doch würde sie es Adrian gewiss nicht vergönnen, ihr dies anzusehen. Er hatte sich ihr gegenüber schon genug Frechheiten erlaubt.
"An eines möchte ich Euch doch noch erinnern. Euer Bruder hat ein gutes Wort für Euch eingelegt, damit Ihr in den Hallen der Gilde ein sicheres zu Hause findet. Denn offenbar scheint Ihr vor irgendetwas Schutz zu benötigen. Ich habe nicht weiter nach euren charakterlichen Eigenschaften gefragt, das Wort Eures Bruders genügte mir vorerst. Doch solltet Ihr meinen, dass Ihr Euch in meinen Hallen jegliche Freiheiten herausnehmen dürft und Euch noch dazu an Euren eigenen Unverschämtheiten mir gegenüber erfreuen könnt, werde ich Euch sehr schnell eines Besseren belehren.“
Natürlich hatte das Wort Verlions ein gewisses Gewicht für sie. Er hatte sich vor ihr für seinen Bruder, so wie auch für seine Frau eingesetzt, weshalb sie zunächst davon abgesehen hatte, sie durch die eigentlich vorgeschriebenen Prüfungen der Gilde zu schicken. Doch wurden beide stets durch prüfende Augen beobachtet, selbst wenn sie sich sicher waren, unbeobachtet zu sein. Was auch immer es war, das Adrian zu verbergen hatte, ob es innere Dämonen waren, die ihn hierhergetrieben hatten, oder eine Vergangenheit, vor der er versuchte sich zu verstecken, irgendwann würde sie es herausfinden.
„Ich hoffe meine Worte waren deutlich genug für Euch?“ Sie musterte den schwarzen Seraphen mit einem eisigen und durchdringenden Blick. Was auch immer er getan hatte, während sie bewusstlos gewesen war, die Energie die sie danach verspürt hatte, schien nicht endlos zu sein. Dass sich etwas verändert hatte, dessen war sie sich gewiss, doch war es schwierig für sie auszumachen, was genau es war. Auch wenn er mit seinen von Arroganz geprägten Worten versuchte ihr zu entgehen, er würde ihr Rede und Antwort stehen müssen. Und zwar genau jetzt und hier.
„Ich werde Euch sagen, wann Ihr zu gehen habt. Oder muss ich Euch nochmals an die Hierarchie erinnern, in welche Ihr eingewilligt habt, als Ihr um eine Aufnahme in meine Gilde gebeten habt? Wohl kaum.“ Mit einer knappen Geste deutete sie ihm, sich zu setzen. „Setzt Euch.“ Sie hätten ihr Gespräch durchaus im Stehen weiterführen können. Aber zum Einen wollte sie Adrian tatsächlich aufzeigen, dass nicht er es war, der ihr irgendwelche Vorschriften über ihr Handeln zu machen hatte und zum Anderen wollte sie damit vor ihm verbergen, dass sie doch noch recht unsicher auf ihren Beinen stand. Er hatte es selbst gesagt, sie war dem Tode nahe gewesen, wahrscheinlich sogar wesentlich näher als dem Leben. Und dem Tod entkommt man nicht einfach mit süßen Worten und ein wenig Augengeklimper. Bekanntermaßen lässt er sich nur auf einen Handel ein, wenn er einen nicht unbedeutenden Vorteil daraus ziehen konnte. Gewiss hatte er sie nicht aus reiner Barmherzigkeit entlassen, denn ein Wesen wie er es war, machte sich wenig aus dem, was in der Welt geschah. Den Tod interessierten weder die Götter, noch die Menschen. Er war einzig und allein dafür verantwortlich, sie in das Reich des Todes zu geleiten. Was dort mit ihnen geschah und welche Tore der Götter sich für sie öffneten oder nicht, oblag nicht mehr seiner Verantwortung. Wieso also hatte er sie einfach ziehen lassen?
„Ich denke, Ihr habt mir einiges zu erklären.“ Es blieb ihr nichts anderes, als diese Annahme einfach so in den Raum zu stellen. Irgendetwas musste er damit zu tun haben, dass sie so plötzlich und ruckartig erwacht war, wo sie doch kurz zuvor noch gegen das Vergessen gekämpft hatte und eigentlich der weiblichen Stimme hatte folgen wollen. „Also, was ist es, das Ihr versucht vor mir hinter überheblichen Worten versucht zu verbergen und weshalb Ihr so schnell wieder Eurer Wege zu ziehen wollt?“ Für einen Moment hielt sie inne, bevor sie mit einem unterkühlten Lächeln anfügte: „Und tut uns beiden den Gefallen, schmückt es nicht allzu sehr aus oder versucht gar mich zu belügen. Meine Zeit ist begrenzt und ich würde sie nur ungern darauf verschwenden, dass ich mich auf weitere Querelen mit Euch einlasse.“
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!
~~Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~
Anführerin der Legion des Schattens Frau des Adrian Al Saher Mutter der Nymeria Al Saher
War das nun wirklich ihr absoluter Ernst? Ach bitte Priesterin. Konnten wir diese Kindereien nicht einfach sein lassen und uns wie Erwachsene benehmen?
Als Tanuri ihn mit ihrem harschen Tonfall zurückhalten wollte, legte Adrian eine Hand an den Türrahmen und atmete hörbar aus.
Eisig blickte er auf den Altar in dem Kirchenschiff, über welches er den Dom zu verlassen gedacht hatte. Was hatte er sich da nur aufbürden lassen? Sie war nicht nur überheblich und überschätzte sich in aller Maßen selbst, sondern in vollkommener Form anmaßend, kratzbürstig und einfach auf rebellische Art trotzig, wenn man ihr die Zügel aus der Hand nahm. Wäre sie nicht die Priesterin, hätte er sie genommen und übers Knie gelegt. Etwas, dass ihre Eltern vielleicht hätte tun sollen. Leicht hob sich eine Augenbraue, bevor er resignierend seufzte. Danke Ogrimar.
Gerade wollte Adrian sich zu ihr herumdrehen und ihr ein paar passende Worte zukommen lassen, als Tanuri Verlion ins Spiel brachte. Flucht? Bei allen Göttern der Welt. Ernsthaft? Das hatte sein Bruder behauptet? Wie äußerst kreativ von ihm. Aber kein Wunder, dass sie sich nun so aufspielte. Die barmherzige Samariterin, welche nun Rechenschaft für jeden Schritt verlangte. Beinahe wäre er in schallendem Gelächter ausgebrochen. Es würde noch ein ernstes Gespräch mit Verlion folgen, dessen konnte man sicher sein. Sicherlich hatte er ein höllisches Vergnügen daran ihn auf diese Weise darzustellen. Fraglich inwiefern eine solche Rolle hier hilfreich wäre, aber bitte. Dann spielte er das Ganze wohl oder übel vorerst auf seine Weise mit. Immerhin ihr im Augenblick zu widersprechen, war ihm zu müßig und ebenso sinnlos.
Leicht wandte er seinen Kopf zur Seite, so dass er ihre Silhouette von der Seite aus erfassen konnte. Sie wollte Erklärungen? Nun bitte sehr. Aber sie sollte seine Geduld nicht überstrapazieren. Ob von Ogrimar erwählt oder nicht. Alles hatte Grenzen.
„Gegenfrage, Eure Erhabenheit. Welcher Komplex lässt Euch nach dieser Erfahrung noch immer in dem Glauben dass Ihr Ratschläge ignorieren solltet?“ antwortete er daher mehr als kühl.
Mehr als langsam wandte er sich zu ihr herum und sein Blick, der sie auf mehr als frostige Weise erfasste, wirkte so, als würde er ein Kind Tadeln sofort ins Bett zu gehen.
„Lasst uns allein.“ Entgegnete er mit der trügerischen Ruhe, welche trotz allem einen dominant mitschwingenden Unterton innehielt, der einen Widerspruch dessen als inakzeptabel anerkennen würde.
Im Gegensatz zu ihr hegte er kein schieres Vergnügen daran es ihr gleichzutun und sie vor aller Augen zu diffamieren oder sie auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Wenn er ihr den Spiegel hochhalten sollte, dann würde er es diskreter angehen und auch nur aus dem Hintergrund heraus, dass sie sich ihrer Aufgabe besinnen sollte.
Leicht hob er seine Hand und untermalte es mit einer Geste, welche auch dem hochgestellten Klerus darauf aufmerksam machen sollte, dass er mit ihr alleine zu reden gedachte. Seine schneidend eisige Stimme unterstrich genau dieses noch einmal mit nur einem einzigen Wort. „Alle.“
Eine Gefahr für ihr Leib und Leben stellte er wohl kaum dar? Es wäre kontraproduktiv, ihr direkt wieder das zu nehmen, was man ihr geschenkt hatte. Auch wenn Tanuris Art und Weise ihm zu begegnen vollkommen nach derartigen Konsequenzen zu betteln schien. Aber Erlösung war das letzte, was er ihr bringen würde.
Musternd ruhte sein eigener Blick auf der Priesterin, welche mehr als angestrengt versuchte ihre eisige unnachgiebige Fassade zu wahren. Es wäre amüsant gewesen zu sehen, wie sie sich vor allen hätte eingestehen müssen, dass sie sich selbst vollkommen überschätzte. Aber er würde sich nicht auf ihr Niveau hinabbewegen, sondern bevorzugte es diskret vorzugehen. Sein Ego brauchte diese Form der Erbauung nicht, auch wenn er überdachte, dass ihres vielleicht eben genau diese Form der Demonstration benötigen könnte.
„Vielleicht sollte ich ebenfalls deutlicher werden, Eure Erhabenheit.“ Setzte er an, als der einzige Herzschlag im Raum neben seinem nur der von Tanuri war. Das Blau seiner Augen taxierte ihren Körper, welcher angespannt versuchte jedweder Schwäche zu widerstehen, auch wenn ein vermeintlich geringer Windstoß sie vermutlich umgehend in die Knie zwingen könnte.
„Ich bin nicht hier, um mit Euch zu diskutieren oder Euch in Eurer selbsternannten Herrlichkeit zu beweihräuchern. Es war Ogrimars Wille allein, dass ich zur rechten Zeit am richtigen Ort sein würde und Euch zurückhole, wenn es notwendig so kommen sollte. Nur ihm bin ich gefolgt, nicht Euch."
Seine Stimme nahm an Kälte zu, während er auf sie zuging und sein Blick sie nahezu gnadenlos fixierte. "Wenn Ihr jenes Geschenk jetzt mit Füßen treten wollt. Bitte. Es obliegt Eurer unantastbaren Einschätzung, das richtige zu tun.“
Sie wollte die Wahrheit wissen? Mit Sicherheit nicht hier und jetzt. Vermutlich würde sie nicht einmal annähernd die Tragweite dessen im Augenblick verstehen und das angeschlagene Selbst, welches sich hinter jener Mauer aus Eis und Stein verbarg würde daran weiter zerbrechen, wenn er ihr den Preis für alles nennen oder gar vor Augen halten würde, wohin ihre Strategie sie allesamt geführt hatte. Immerhin glich der Felsendom einem Feldlazarett und welches Ergebnis hatten sie am Ende damit erzielt? Nein, viele freundliche Worte hatte er nicht, ebenso wenig wie gute Nachrichten.
„Ich habe Euch einiges zu erklären. Damit habt Ihr sicherlich recht.“ stimmte Adrian ihr zu, als er vor ihr stand. Kühl funkelte das Eisblau seiner Augen zu ihr hinab, während er dies unverweigerlich eingestehen musste. Sogar seine Stimme schien für einen kurzen Moment ein wenig an samtener Wärme zu gewinnen, auch wenn keinerlei Gefühl in beidem ruhen sollte. „Das meiste davon wäre im Moment jedoch zu viel für Euch. Ihr selbst seid der Meinung stark genug dafür zu sein. Ich erlaube mir, dem zu widersprechen, ebenso wie dem Trugschluss, dass Ihr in Eurer Position mich dazu bewegen könnt, dass ich mich gegen meine Prinzipien wende.“
Es war jedoch nur ein kurzer Moment, da er auf diese Weise verdeutlichen wollte, dass er in keiner Form einknicken würde und sie ihm gerne weiter von ihrem hohen Ross aus drohen durfte, wenn es sie glücklich machen würde. „Neben allen Fehleinschätzungen, die Ihr meiner Person entsprechend schon getroffen habt, ist dies nur eine weitere mit der ihr Eure Kräfte vergeudet." Keinesfalls konnte sie ihm mit ihren Drohungen nur im Ansatz imponieren können oder ihn gar in die Knie zwingen. Er war keiner dieser Männer, die vor ihr kuschen würden oder den Schwanz einzogen, wie ein getretener Hund, nur um ihre Gunst zu erlangen. Und genau das würde er ihr ein einziges Mal in aller Deutlichkeit vor Augen führen.
„Ich habe meine Dienste unter Euer Banner gestellt, aber weder bin ich Euer Sklave noch ein Hündchen, das nach Eurer Pfeife tanzen wird. Gefällt es Euch nicht, was ich zu bieten habe, nun dann nehmt Euer Abzeichen zurück und umgebt Euch weiterhin mit Menschen, die Euch nach der Nase reden und Euch beim Sterben zusehen. Es sind Taten, die uns zu jemandem machen, nicht Worte. Hübsche Worte haben Euch nicht in das Leben zurückgeholt, ebenso wenig wie die Gnade Ogrimars.“ Leise Worte, die er gefährlich nah an ihr Ohr flüsterte, denn am Ende galten sie nur ihr und keinem lauschenden neugierigen Ohren. Aber noch war er nicht mit ihr fertig.
Nur langsam richtete er sich auf und machte einige Schritte durch den Raum, anstatt auch nur ansatzweise der Aufforderung der Priesterin nachzukommen, sich zu setzen. Nein dieser verwöhnten Göre von Priesterin musste man mehr als deutlich vor Augen halten, dass sie vielleicht die Gallionsfigur des Lords sein mochte, aber sich nicht annähernd mit jenem auf eine Stufe stellen konnte.
„Ihr wollt die Wahrheit? Die Wahrheit ist, dass ich nur hier bin, weil seine dunkle Majestät der Meinung ist, dass Ihr der Aufgabe allein nicht Herr werden könnt und ihr nicht zum ersten Mal den einfachsten Weg des Entrinnens sucht.“ Ohne eine Wertung zu offenbaren, glitt sein Blick auf die Wölbung ihres Bauches.
„Ich hinterfrage ihn nicht, ich diene ihm. Nur ihm.“ Sagte er mit eisiger Stimme, die keinerlei Zweifel daran liess, dass er sich nicht von ihr dressieren oder abrichten lassen würde.
„Ich habe Euch ins Leben zurückgeholt, doch der kurze Hochmoment, der Euren Körper durchfuhr, schwindet ebenso schnell, wie er gekommen ist. Und je mehr Ihr ihn fordert, desto schneller geschieht es. Vermutlich merkt Ihr es bereits, nicht wahr? Spürt ihr das Zittern in Euren Beinen? Ihr würdet Euch liebend gern hinlegen und dem nachgeben. So wie Ihr Euch am Liebsten der Dunkelheit und dem Vergessen hingegeben hättet. Doch so unbarmherzig man Eurem Wunsch nach Erlösung nicht entsprochen hat, so gnadenlos lässt Euer Ego es jetzt nicht zu, dass Ihr es Euch nun selbst eingesteht.“
Er hatte eine Armlänge Distanz zu ihr geschaffen und das sicherlich nicht ohne Grund. Immerhin war sie eines dieser Frauenzimmer, dem er durchaus zutraute, dass sie ihre Hand erhoben, wenn Ihnen die Worte fehlten, nachdem man ihn den Spiegel vor ihr Angesicht gehalten hatte. Nun wenn, dann sollte es sie schon etwas kosten und wenn es nur der Moment der Erkenntnis war, dass ihr Körper mit jeder Anstrengung schwächer wurde.
„Daher würdet Ihr es mehr als begrüßen, wenn ich mich wenigstens setzen würde. Ihr wartet nahezu darauf, dass ich den Stuhl vorziehe und Ihr Euch ebenfalls den Luxus erlauben könnt, Euch setzen zu dürfen, ohne dabei eine Schwäche offenbaren zu müssen, von der ich jedoch unlängst weiß.“
Mit einer erhobenen Augenbraue suchte er ihren Blick, erahnend, dass er Tanuri geradewegs herausforderte, auch wenn keinerlei Belustigung darin lag. Sicherlich würde sie weiterhin auf ihre Rechte und ihren Status pochen, aber sie konnte sich sicher sein, dass Adrian keineswegs darauf ein weiteres Mal eingehen würde, nachdem er ihr einmalig seinen Standpunkt vor Augen geführt hatte. Ein Monolog, der bisweilen schon viel zu viel Zeit in Anspruch genommen hatte.
„Da wir nun unter uns sind, ersparen wir uns doch das Machtgerangel. Wir wissen beide, dass es Zeitverschwendung ist und zu nichts führt. Ihr wollt wissen wohin ich so schnell will? Ich will das suchen, was Ihr verloren habt. Freya.“
✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Gemahl der PriesterinTanuri Al Saher ✟ ❖ Bruder des Verlion Al Saher ❖ ❖ Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
Seine Stimme war leise, dem Hauch eines Windes gleich. „Es ist alles gut, alles ist gut…“
Und doch schloss er erleichtert die Augen, als die ersten Strahlen ihrer heilenden Magie sich auf seinen geschundenen Oberkörper legten. Für einen Moment, gab er sich der Wärme und der Schmerzlinderung hin, die ihre Zauber hinterließen. Ihre Magie wob sich angenehm in die Wunden seiner Haut. Auch wenn sie selbst bereits mehr als geschwächt war, es verschaffte ihm doch etwas Linderung.
Zwar verschwanden die Verbrennungen nicht, doch die Heftigkeit, die der Schmerz des Feuers hinterlassen hatte, wurde deutlich weniger und erträglicher. Er wusste, dass er sich diesen Moment der Unachtsamkeit nicht lange vergönnen konnte.
Sie wären hier nicht sicher und mussten so schnell wie möglich die unterirdischen Gänge wieder verlassen. Doch ihre Heilung, mochte sie auch noch so schwach sein, verleitete ihn dazu, sich seiner Erschöpfung hinzugeben und seinen Schutz fallen zu lassen.
Ihre gegenseitigen Berührungen mochten in dieser Welt nichts mehr ausrichten, keine Visionen des Untergangs und des Todes heraufbeschwören, doch Zauber waren mächtiger als jede Berührung und vielleicht taten Freyas Gefühle zu ihm auch ihr Übriges, als sich hinter seinen geschlossenen Lidern Bilder zu formen begannen.
Mit langsamen Schritten trat er auf eine Frau vor sich zu. Schwarzes Haar ergoss sich an ihrem weiblichen Körper hinab, bedeckte ihren Rücken und sollte erst an ihren Hüften enden.
Die flammende Welt um sie herum tauchte sie in einen rötlich, warmen Schein, doch schien das Feuer um ihr nichts anzuhaben. Im Gegenteil, es gehorchte ihren stummen Worten.
Es konnte sich nur um Syndra handeln, die in seiner Vision langsam immer konkretere Formen annahm und die ihm so vertraut war.
In seinen Gedanken war er, er selbst. War er im hier und jetzt und beobachtete die Szenerie außerhalb seines Körpers. Seine Handlungen und Worte hingegen waren so, wie die Zukunft es für ihn und sie vorherbestimmt hatte, es war deshalb unmöglich für ihn, diese zu beeinflussen.
Als er neben ihr zum stehen kam, erhob er seine Hand und strich der jungen Frau sacht über ihre Wange.
Er war so überzeugt davon, dass es sich um Syndra handeln musste, die neben ihm stand, dass die Überraschung ihn völlig unvorbereitet traf, als die Frau sich ihm zuwendete.
Er hatte erwartet, dass die dunkelblauen Augen Syndras ihn anblicken würden, jene in denen das gleiche Feuer der Leidenschaft für Zerstörung und Rache lebte, wie in seinen eigenen.
Doch es waren nicht ihre Blicke, die die seinen trafen, sondern jene Freyas. Ihre kindlichen Züge waren derer einer jungen Frau gewichen, ihre hellblauen Augen hoben sich leuchtend von ihrer weißen Haut ab.
Sie reichte ihm nun bis zu seiner Schulter und ihr unreifer Körper hatte sich zu dem einer erwachsenen Frau gewandelt.
Wunderschön war sie anzusehen und strahlte ob ihrer gewonnen Macht und Weiblichkeit. „Sieh sie Dir an, die Welt, die Du geschaffen hast." Mit Stolz blickte er zu ihr hinab und strich ihr zärtlich einige ihrer pechschwarzen Strähnen aus ihrem Gesicht. Er genoss das Gefühl, welches die weiche Haut ihrer Wange auf seiner Hand hinterließ und neigte sich zu ihr hinab, um genüsslich den Duft ihres Haares in sich aufzunehmen.
Was geschieht hier? Das ist nicht möglich. Es waren Bilder aus einer Zukunft, dessen war er sich sicher. Doch es war eine Zukunft, mit welcher er niemals gerechnet hatte und die nicht der Wahrheit entsprechen konnte.
Sein Blick glitt hinüber zu den brennenden Feldern und den in Asche gewandelten Leichen, die zu tausenden die Wege säumten. Die Prophezeiung hatte sich erfüllt und Ogrimar war aus seinen Toren getreten um all jene zu vernichten, die sich seines Glaubens nicht würdig erwiesen hatten oder gar den Worten des weißen Gottes gefolgt waren. Der Schlüssel war an seinen Platz gelangt und nun standen sie hier, Seit an Seit um sich an dem Bild des Chaos zu erfreuen.
Langsam glitt seine Hand ihr Gesicht und ihren Hals hinab, um sogleich in ihren Nacken zu greifen und sie besitzergreifend an sich zu ziehen.
Die Blicke, welche er ihr schenkte waren geprägt von einer seltsamen Art der Zuneigung, nicht das, was Liebende sich gaben und fernab eines frisch verliebten Jünglings, der sich blind der Liebe vor die Füße einer Frau wirft.
Ihnen wohnte etwas inne, was noch viel gefährlicher war, als alles, was er ihr bisher zu Teil hatte werden lassen.
„Sie macht Dich nur noch unwiderstehlicher, die Vernichtung, die Du über diese Welt gebracht hast.
Welch beruhigender Gedanke zu wissen, dass Du einzig und allein mir gehörst, mein Licht der Finsternis.“ Zu groß war die Versuchung für ihn, seine Lippen über ihre Stirn und noch weiter hinab wandern zu lassen. So zog er sie bestimmend noch ein Stück näher zu sich heran, bis sein Atem ihre Haut berührte.
Doch bevor seine Lippen auf die ihren trafen riss Naheniel gar schon panisch seine Augen auf.
Hatte sie es auch gesehen?
Es war unmöglich, dass dies die Zukunft war, die Ogrimar für ihn erdacht hatte. Es musste sich um ein Trugbild handeln, geschuldet seinen Wunden und seiner Erschöpfung.
Diese Gefühle für sie, die ihn in der Vision übermannt hatten, konnten nicht wahr sein und mussten einer Lüge entspringen. Denn er fühlte nicht und würde niemals fühlen.
Und schon gleich gar nicht für dieses Mädchen vor ihm, welches er doch eigentlich zu seinem Werkzeug machen wollte und zu töten gedachte, wenn die Zeit dafür gekommen war.
Nein, es musste ein falsches Phantasiegebilde sein um ihn ein weiteres Mal, ob seiner Beständigkeit und seiner Hingabe für seine Aufgabe und seiner Bestimmung, zu prüfen.
Grob griff er nach Freyas Handgelenk und drehte es ruckartig von sich weg. „Hör auf!“ Seine Worte waren barsch, doch gelang es ihm nicht, sich in diesem Moment zurückzuhalten.
Es kann nicht sein, was nicht sein darf…
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?
Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
„Ich weiß.“Flüsterte sie nur leise, während sie seine sich entspannenden Züge betrachtete. Es ist alles gut, behauptete sie auch immer gern, weshalb sie wusste, dass das meiste sicherlich geflunkert war.
Seine leise Stimme verriet Freya jedoch, dass jene wenige Magie, die sie noch schöpfen konnte, Naheniel zumindest ein wenig Linderung verschaffte. Seine geschlossenen Augen waren mehr als ein Zeugnis dessen, dass er sich ebenso nach einen Moment Ruhe sehnte, wie sie selbst. Doch ebenso spürte sie, dass jener leichte Zauber allein ihm schon ein wenig der Schmerzen nahm.
So wandte sie sich wieder seinen Wunden zu, auf deren Heilung Freya sich zu fokussieren versuchte. Naheniel hatte sich diesen Moment der Entspannung mehr als verdient. Er hatte sich nahezu heldenhaft vor sie gestellt, vor jenem widerwärtigen Fungus und sie selbst sah sich schon fast als nutzlos an, nachdem sie nur untätig zugesehen hatte, wie er bereit gewesen war mehr oder minder seine Seele zu verkaufen. Was immer dieser Handel bedeuten mochte, Freya war sich sicher, dass es nichts Gutes sein konnte. Aber dem konnte sie später auf den Grund gehen.
Blinzelnd sah sie auf, blickte auf seine geschlossenen Lider. Träumte er oder versuchte er nur Kraft zu schöpfen? Bei Ogrimar, sie war sich sicher, so wie er sich schützend vor sie gestellt hatte, musste er sie gern haben, ganz so wie der dunkle Lord es vorherbestimmt hatte. Ein kleines Lächeln huschte über ihre Mundwinkel, während jene heilende Magie ein leichtes Kribbeln auf ihrer Handfläche auslöste. Sanft legte sie jene auf seine verbrannte Brust, ein reiner Instinkt, mit der vagen Hoffnung, dass die Magie eine stärkere Wirkung haben würde.
Ein Trugschluss, wie sich herausstellen sollte, denn in jenem Moment war ihr Geist wie losgelöst. So als wäre er ihr entrissen worden. Ihr Blick selbst glitt dabei nahezu ins Leere. So als hätte etwas ihren Geist ergriffen und mit sich gerissen und ihre Hülle einfach zurückgelassen.
Orientierungslos wandte Freya sich herum in all der Finsternis. Das hatte sie nun nicht gewollt. Wieso war am Anfang eigentlich immer alles dunkel. Und warum liess Ogrimar sie nicht in der Dunkelheit sehen, wenn sie jene schon verehrten. Nebulös lichtete sich derweil der Schleier. Schwarze Schlieren lösten sich um sie herum auf, während sich jene Vision, oder was auch immer nach ihr gegriffen hatte die Welt um sie herum langsam freigab. Aus der Dunkelheit zeichnete sich langsam ein rötlicher Schein ab, unscharf und undeutlich, so dass Freya einen Moment brauchte, um ihre Umgebung wirklich wahrzunehmen.
Die Welt stand im Feuer, eine Welt, die sie bereits oft genug gesehen hatte. Ein Chaos, welches alles Unreine mit sich gerissen hatte. Langsam wandte Freya sich um ihre eigene Achse und betrachtete den infernalen roten Himmel, welcher wirkte, als hätte man ihn selbst in Brand gesetzt. Sie kannte jene Bilder zu gut, doch etwas war dieses Mal anders. Abrupt blieb ihr Blick auf einer dunklen Silhouette hängen. Eine junge Frau, die ihr auf eine Weise bekannt vorkam. Kurz blickte das Mädchen an sich hinab, liess ihren Blick über ihre zerschlissene Robe fahren, bevor sie diesen wieder auf die Gestalt wandern liess.
Nein es war keine ihrer Visionen. Sie war hier und nicht, wie sonst üblich, ein Teil dessen, so wie sie es kannte, sondern vielmehr ein Zuschauer von außen. Aber wenn das nicht sie war, wer war es dann? Jene kam ihr seltsam bekannt vor und zugleich konnte sie nicht mit Bestimmtheit sagen, woher.
War sie selbst vielleicht ohnmächtig geworden und träumte das ganze? Das Szenario, die Frau, welche ihr auf eine Weise so vertraut erschien. Jene schien sie nicht wahrzunehmen, weshalb Freya es wagte, sie näher zu betrachten, gar eindringlich zu mustern. Das lange schwarze Haar, ihre geradezu makellose Figur und eine spürbare Aura von Macht, die von ihr ausging, während die Wogen der Flammen auf ihr Geheiß alles verschlangen. Nein unmöglich konnte sie selbst es sein.
Aber was war es dann? Verdammt! War sie ungewollt in Naheniels Gedanken gestolpert? Lag es an ihrer Magie oder daran, dass sie einfach beide nur erschöpft waren? Erlaubte sich irgendjemand einen gnadenlosen Schmerz? Und wer war jene, die sie dort sah?
Schweigend betrachtete sie das schwarze Haar, welches in dem warmen Wind umhertanzte, als sie Naheniel nahen sah. Auch er schien sie in keiner Form wahrzunehmen.
Nein sein Blick war auf sie fixiert und schien dabei auf eine ähnliche Art in Brand zu stehen, wie die Welt um ihn herum es für den einzig wahren tat. Er war kaum einen Tag älter, so dass sie es selbst ganz sicher nicht sein konnte. Was bedeutete das bitte?
"Syndra…."Wortlos formten ihre Lippen diesen Namen bei der vermeintlichen Erkenntnis und sie spürte, wie jedwede Wärme dabei entwich. Das konnte unmöglich wahr sein. Hatte Ogrimar ihr nicht etwa anderes gezeigt?
Der Blick, welchen Naheniel ihr schenkte, war so innig war, dass es spürbar wehtat. Was immer er zu ihr sagen mochte, sie konnte nur das makellose Lächeln erkennen, bevor er sie an sich zog und ihre Stirn küsste. Eisig blickte sie auf die verschmelzenden dunklen Silhouetten. Er war so groß, selbst sie in ihrer scheinbaren Vollkommenheit schien er noch zu überragen und doch fügten sie sich nahezu perfekt zusammen. Ein Bild, welches ihr die Kehle förmlich zuschnürte.
Freya wollte hier raus. Nein sie hatte gar nicht hier sein wollen. Schmerzvoll ballte sie ihre Hände zu kleinen Fäusten und drückte ihre Fingernägel in die Handflächen, in der Hoffnung der Schmerz würde sie zurückholen. So wie jede Vision mit Schmerz geendet hatte. Ihre Nägel gruben sich in die feine Haut bis sie es deutlich spüren konnte. Das Brennen, den Schmerz und die Wärme ihres Blutes, welches ein feines Rinnsal unter ihren Fingern formte. Sie wollte das nicht sehen.
Angestrengt senkte sie ihre Lider und versuchte den Schmerz zu verstärken, sich selbst einem stärkeren körperlichen Schmerz auszusetzen, so sehr, dass ihr das Blut aus ihrer Hand langsam auf den Boden tropfte. In jenem Augenblick, da er die Erde traf, züngelten die Flammen auf. Chaotisch und unkontrolliert, während gleichzeitig der Boden unter ihren Füssen erbebte. Fast erschrocken sog sie die Luft ein, als plötzlich ein Luftzug sie zurückholte.
„AU!“ Kam es erschrocken über ihre Lippen, als der echte Schmerz sie durchfuhr. Oh verdammt. Bei Ogrimar, was hatte sie getan? Wieso war er so wütend? Warum drehte er ihr Handgelenk so grob beiseite. Hatte er es etwa bemerkt? Verdammt, es war keine Absicht gewesen.
Fast übermannt und sichtlich überrascht blickte Freya ihn mit großen Augen an, hatte sie mit einer solchen Reaktion sichtlich nicht gerechnet. Vollkommen irritiert, weshalb er sie so grob wegstiess, wieso er nun wütend auf sie war, machte das Mädchen einen Schritt rückwärts und biss sich sogleich in die Lippen, um nicht unbedacht etwas falsches zu sagen und dabei noch mehr Öl in das Feuer zu kippen, welches sie offenbar aus Versehen entfacht hatte.
Noch immer trug sie selbst dieses Gefühl des Bebens in sich, als würde ihre eigene Wut einen Weg zum Ausbrechen suchen, doch damit würde Freya sich mehr als eindeutig verraten, sofern dies der Auslöser seines Handelns war.Bei Ogrimar sie hatte das sicher nicht gewollt. Erst recht nicht diese Syndra in seinen Armen sehen. Aber vielleicht war es auch etwas anderes, was ihn dazu gebracht hatte ihre Hand wegzureißen.
„Hab ich dir wehgetan?“fragte sie, mit einer fast reumütigen Stimme, während sie in seinen Augen oder Zügen zu erkennen versuchte, was ihn zu diesem Sinneswandel bewogen hatte. Gerade noch hatte er sie umarmt und so fest gehalten, als wäre sie ihm so wichtig, wie die Luft zum Atmen und nun stieß er sie weg. Einfach so? Das war nicht fair.
Sicherlich war es auch nicht richtig, dass sie Zeuge seiner Vision oder Gedanken geworden war, aber sie würde das sicherlich nicht zugeben, denn der Gedanke lag nahe, dass er ihr vermutlich nicht glauben würde. Nein. Sie würde alles abstreiten, auch wenn sie noch immer diesen innerlich brennenden Schmerz spüren konnte. Eine Wut, dass er sie nicht so bewundernd ansah, so wie nun diese Frau. Nein, nicht einmal annähernd, so wie damals im Orakel, als sie ihn begleitet hatte.
Der Boden um sie herum erzitterte abermals, als sie ihr Handgelenk aus seinem Griff riss. Irritiert schaute Freya direkt nach oben. Brach etwa Fungus Zauberschacht über ihnen zusammen? Oder war das Beben vielleicht gar das Ding, welches Naheniel verfolgt hatte ihnen bereits so nahe auf den Fersen. Verletzt wanderten ihre Augen zu Naheniel. Doch der Blick, auf den sie bei ihm traf, war keineswegs annähernd jener den sie sich gewünschte. Im ersten Moment wirkten seine Augen so kalt, wie seine Worte.
„Es war keine Absicht.“Flüsterte sie fast betroffen, doch war es er der Versuch sich selbst zu mäßigen, so dass sie tief ein und ausatmete, während sie sich das Handgelenk rieb, welches er grob gepackt gehabt und herumgedreht hatte.
Wohl kaum würde er jemals ehrlich so zu ihr schauen oder ihre Stirn mit so einer Hingabe küssen, wenn sie ihr Misstrauen so offen aussprach und sich aufführte wie eines dieser alten garstigen Weibsbilder in den Gassen von Lichthafen. Sicher nicht, ebenso wenig, als wenn sie ihm Anlass geben würde ihr zu misstrauen. Nein. Sie musste aus diesen Bildern lernen. Aus dem Schmerz lernen. Sie musste schöner, makelloser, reiner und machtvoller werden als sie.
Ihre Augen hatten sich für einen Moment auf das Handgelenk gelegt und während ihr Blick versuchte den Ursprung des eigentlichen Schmerzes einzufangen, bemerkte sie die kleinen blutigen Halbmonde in ihrer Handfläche, in welchen noch letzte Funken ihrer Magie kreisten, die sie nicht freigegeben hatte. Verdammt. Schnell schloss sie ihre Finger darum, damit er es nicht sehen konnte. Wenn er sie nun wütend und enttäuscht zurücklassen würde, wäre sie verloren. Das durfte sie nicht riskieren. Nicht jetzt.
Schluckend suchte sie Naheniels Blick und hoffte inständig, dass es genügen würde die verräterischen Male verschwinden zu lassen, bevor er sie entdecken konnte.
„Spürst du das auch?“ kam es leise hervor, als die Unruhe abermals die Erde erzittern liess.
Vielleicht hatte die Magie genügt, um die Halbmonde unsichtbar zu machen. Doch ein kleiner Tropfen ihres Blutes hatte sich unscheinbar einen Weg gesucht und tropfte lautlos zu Boden. Ein einzelner Tropfen, unter welchem, im gleichen Moment, da er die Erde berührte, diese abermals erbebte, so als hätte er selbst eine Urmacht erweckt.
Um sie herum stürzten Felsbrocken hinab und offenbar war es nur dem Zauber von Fungus zu verdanken, dass keiner in ihrem direkten Umkreis einschlug. Wie lange dies jedoch so bleiben würde, war ungewiss.
Wie versteinert stand Freya vor Naheniel, während die Felsen und Gestein zerstörerisch und erbarmungslos hinabstürzten. Das Blau ihrer Augen war auf ihn gerichtet. Fragend, nach Antworten suchend, verunsichert und nicht zuletzt schien etwas anderes noch dahinter zu lodern. Etwas, dass sie offenbar regungslos vor ihm stehen liess.
Ihre Stimme senkte sich dabei jedoch instinktiv zu einem Flüstern, während sie es allerdings nicht wagte seine Hand zu greifen oder sich zurück in seinen Arm zu flüchten. Nein, Freya würde keine Schwäche zeigen, sondern daran nun wachsen, so dass er sie eines Tages vielleicht doch noch auf diese Weise ansehen würde. Und im Augenblick war ihr inneres Lodern gewaltig genug, dem Drang zu widerstehen. Nur leise erhob sich ihre Stimme, welche noch immer nach Antworten forderte. „Hat es uns etwa gefunden?“
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit. ~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
„Seid Ihr, fertig?“ Antwortete sie ihm trocken. Was für ein wichtigtuerischer, aufgeblasener Gockel. Ihr ausdrucksloses Lächeln, welches sie ihm während seiner gesamten Ansprache zukommen hatte lassen, erstarb allerdings für den Bruchteil einer Sekunde, als der Name Freyas fiel. Ob es lange genug war, dass er es wahrnahm, vermochte sie an dieser Stelle nicht zu sagen. Was konnte er darüber wissen, wo sie sich derzeit aufhielt? Eigentlich hätte Lyvia ihr Rede und Antwort dafür stehen sollen, wo genau Freya abgeblieben war und warum sie es überhaupt zugelassen hatte, dass sie dorthin gelangt war.
Lyvia. Bei dem Gedanken an sie bedrängte sie ein seltsames Gefühl. Sie konnte es nicht direkt zu fassen bekommen, aber fast schon instinktiv sah sie sich suchend in dem Raum um, als würde sie erwarten, dass sie plötzlich neben ihr stünde. Vargus hatte ihr gesagt, sie wäre bei Freya und doch ließ sie das Gefühl nicht los, dass sie dort schon längst nicht mehr war. Aber warum? Eilig rief sie sich selbst wieder zur Ordnung und konzentrierte sich auf Adrian.
„Ihr scheint recht mitteilungsbedürftig zu sein, wenn es darum geht, die Beschaffenheit meiner Persönlichkeit zu beurteilen oder die Meinung, die Ihr über mich habt, kundzutun. Und trotz Eurer zahlreichen Worte, sind diese doch recht inhaltslos.“ Sie unterstrich ihre Bemerkung mit einer gleichgültigen Geste und fuhr sogleich fort. „Wenn Ihr aber meint, daraus die Größe Eures Egos zu ziehen, will ich dem nicht im Wege stehen. Nennt mich Erhabenheit oder nach was auch immer Euch beliebt. Ich würde die Langeweile, die Ihr dadurch in mir auslöst, ohnehin nur mit einem müden Runzeln meiner Kehrseite quittieren.“
Langsam schritt sie auf ihn zu und verringerte somit die Distanz, die er zwischen sie beide gebracht hatte. Noch konnte sie die immer noch schwachen Beine verdrängen, auf denen sie versuchte, sich zu voller Größe aufzubauen. Dicht neben ihm kam sie zum Stehen und musterte ihn aus ihren kühlen blauen Augen. Ihre Worte waren leise, für ihn jedoch deutlich hörbar, geworden, als sie zu ihm aufsah.
„Erlaubt mir an dieser Stelle jedoch eine durchaus angebrachte Kritik: Euer Versuch, Euch mit mir messen zu wollen, ist zwar ganz amüsant anzuhören und mag ein netter Zeitvertreib sein. Dennoch teilt Ihr mir mit Euren überheblichen Bemerkungen nichts mit, was ich nicht bereits etliche Male zuvor gehört hätte. Eure Worte sind für mich somit gleichtönig und ohne jegliche persönliche Note. Abgekupfert von all jenen, die versuchten, sich vor mir zu etwas Besserem aufzuplustern und die am Ende doch an sich selbst scheiterten.“ Einige Male wog sie abschätzig den Kopf hin und her, als würde sie ihr Urteil über ihn nochmals überdenken.
„Wie bedauerlich, schon fast war ich der Hoffnung erlegen, Ihr wäret dazu fähig, mich zu beeindrucken. Gerechtfertigt ist deshalb die Frage, was es ist, weshalb Euer Bruder sich so für Euch eingesetzt hat. Was sieht er in Euch, was ich nicht sehe?“ Sie hob ihre Hand, griff nach Adrians Kinn und begutachtete sein Gesicht, als wäre er ein Stück Ware, das auf einem der hiesigen Märkte feilgeboten wurde. „Über alle Maßen hübsch seid Ihr meines Erachtens nach nicht. Ansehnlich für die ein oder andere einsame Frau, die nach Aufmerksamkeit lechzt mit Sicherheit, aber ansonsten gewöhnlicher Durchschnitt.“
Sie zog eine ihrer Augenbrauen nach oben und zuckte knapp mit ihren Schultern. „Schade, wenn Ihr nicht mehr zu bieten habt, dann reiht Ihr Euch doch nur in die Reihe derer ein, die außer hochmütigen Beleidigungen gegen mich nichts weiter vorzubringen haben.“ Sie zeigte ihm ein aufgesetztes, bedauerndes Lächeln und entließ sein Kinn aus ihrem Griff. Dann machte sie sich auf in Richtung der Sessel, um sich auf einen von ihnen niederzulassen. Doch zuvor wand sie ihren Kopf zur Seite und warf ihm aus den Augenwinkeln einen kurzen Blick zu.
„Dies Eine muss ich Euch allerdings zugestehen: Ihr wisst, wie man meine Neugierde weckt und nur deshalb entgeht Ihr – zumindest für heute – einem schmachvollen Ausschluss aus meiner Gilde. Auch wenn Euch ein Verbleib völlig egal zu sein scheint und dies keine beeindruckende Drohung für Euch darstellen mag, am Ende wird es Euer Bruder sein, der sich dafür zu verantworten hat. Denkt also nochmals darüber nach, ob dies in Eurem Sinn steht, nur um mir auf klägliche Weise die Stirn zu bieten.“
Sie unterdrückte ein erleichtertes Seufzen als sie Platz nahm, denn trotz all der Magie, die Adrian ihr zukommen hatte lassen, zollten die Erlebnisse der Vergangenheit ihren Tribut. Hätte sie gekonnt, zu gerne hätte sie sich der Erschöpfung hingegeben und Tage oder gar Wochen geschlafen. Ein für sie sehr einladender Gedanke, wenn man bedachte, dass die Zeit bis zur Geburt der Kinder nicht mehr fern sein konnte. Doch vor Adrian würde sie dies gewiss nicht eingestehen und ihn in seinen ungefragten Ratschlägen noch bestätigen. Stattdessen setzte sie sich gerade auf und legte ihre Hände in den Schoß. Sie würde ihm nicht nochmal eine Einladung zukommen lassen, sich ebenfalls zu setzen.
„Wie auch immer, kommen wir zum wichtigsten Kern Eures kleinen, nett formulierten Monologes, für den Ihr Euch unbestritten sehr viel Mühe gegeben habt. Freya.“ So wenig Adrian sich auch aus der Hierarchie der Gilde zu machen schien, etwas in ihrem Tonfall sollte ihm deutlich zu verstehen geben, dass sie zu dieser Thematik keine Ausflüchte oder Vertröstungen dulden würde.
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!
~~Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~
Anführerin der Legion des Schattens Frau des Adrian Al Saher Mutter der Nymeria Al Saher
Was hatte sie erwartet? Dass er vor ihr im Staub kriechen würde? Verzeihung, er war kein Diener des Götzen, für den dies durchaus der richtige Platz wäre. Nein, er war ein Nachtkrieger wie sie. Ein Diener des dunklen Lords und wenn die Priesterin meinte, ihre Machtgelüste an ihm ausleben zu müssen, dann würde sie sich ihre gefletschten Zähne daran ausbeißen. Noch entschied Adrian selbst, wann die rechte Zeit gekommen war, sein Wissen mit ihr zu teilen.
Immerhin führten ja scheinbar allein schon offene Worte des Rates bei ihr nur direkt dazu, dass sie eine Mauer um sich herum errichtete, um eben jene Wahrheiten nicht sehen zu müssen. Eine Mauer von der aus sie scheinbar zu gern zum Gegenschlag ausholte, indem sie ihren eigenen Unrat darüber hinweg auf ihr Gegenüber regnen ließ. Nicht, dass er sich dies gefallen lassen würde, aber in diesem Moment darauf einzugehen wäre nun keineswegs produktiv, weshalb er es auch nicht auf einen ausgiebigen Diskurs anlegte, zu dem es sicher kommen würde, wenn er damit beginnen würde, ihre verbalen Ausschweifungen zu demontieren. Ein andermal vielleicht. Im Augenblick zeigte es ihm nur, dass sie wohl kaum für alle Offenbarungen bereit war, auch wenn sie diese Ansicht sehr anschaulich nicht teilte.
Resignierend, vielleicht auch ein wenig amüsiert, schüttelte er den Kopf und fuhr sich anschließend durch sein dunkelblondes Haar. „Offenbar versteht Ihr nicht, dass ich nicht hergekommen bin, um Euch zu beeindrucken. Ich habe keinen Grund, mich vor Euch, wie Ihr es nennt, aufzuplustern, geschweige denn mich vor Euch zu beweisen.“
Allein die Tatsache, dass sie auch ihren zittrigen Beinen meinte, ihm nachgehen zu müssen, legte genug Zeugnis für ihn ab, dass eher sie diejenige war, die hier Eindruck schinden wollte. Wenn man ihr Gebaren und ihre Worte noch dazu nahm, war die Intention dahinter schon mehr als deutlich, auch wenn Adrian unklar war, weshalb die Priesterin so harsch reagierte.
Unter anderen Umständen hätte Adrian sie vielleicht sogar danach gefragt, es vielleicht provokativ mit einem kleinen Kosenamen geziert, um sie weiter herauszufordern, aber derzeit lag ihm nichts ferner als dies. Nicht nachdem was geschehen war und was noch vor ihnen liegen würde. So war es nur der Anflug eines vielleicht kleinen, aber dennoch kaum erkennbaren Lächelns, der seine Lippen bei dem Gedanken daran aufsuchte.
„Wäre dem so, hätte ich Euch jede schmeichelhafte Lüge hören lassen, die Ihr hättet hören wollen. Es wäre so viel einfacher und effektiver.“
Sein Blick folgte ihr, als sie sich auf einen der Sessel niederließ. Eine weise Entscheidung und das erste wirklich Vernünftige, was die Priesterin seiner Ansicht nach seit ihrem Erwachen tat.
„Ich zog Euch gegenüber jedoch die ungeschönte Wahrheit vor. Eine Wahrheit, die ihr nicht zuletzt selbst eingefordert habt. Es hat für mich keinen Nutzen, Euch zu diskreditieren, geschweige denn, dass ich eine Erheiterung darin finde mich, in kindischen verbalen Attacken zu verstricken. Glaubt Ihr, sonst hätte ich alle anderen gebeten, uns allein zu lassen?“
Langsam ging Adrian auf Tanuri zu. Das kühle Blau seiner Augen hielt die Priesterin ebenso fixiert wie sie ihn. Wohl kaum würde er sich für wahre ehrliche Worte entschuldigen. Egal, wie heftig ihre Reaktion darauf sein würde. Er legte seine Arme auf die Stuhllehne und beugte sich über jene hinweg, anstatt diesen zurückzuziehen und sich zu ihr zu setzen. Sie konnte jene Wahrheit in seinen Worten nicht leugnen, aber vermutlich würde sie dennoch einen Weg suchen, um ihm zu demonstrieren, dass sie recht haben würde, auch wenn sie wusste, dass sie vollkommen falsch lag.
„Und zu Eurer These, ich wolle mich mit euch messen.“
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah er zu ihr und fast zeigte das Aufglimmen seiner Augen für einen kurzen Augenblick das Amüsement darüber, welches seine Züge selbst zurückhielten.
„Auch wenn ich nicht wüsste, warum ich dies in Erwägung ziehen sollte. Aber wäre dem so, hätte ich es leichter gehabt, Euch beim Sterben zu zusehen, anstatt Euch dem Tod zu entreißen und ins Leben zurückzuholen.“
Schweigend musterte Adrian die Priesterin. Nur für einen kurzen Moment, während er auf die Lehne gestützt zu ihr sah, damit sie die Möglichkeit hatte, die Tragweite seiner Worte zu verstehen. Wohl kaum hatte er mit einem Ritterschlag oder einem Danke gerechnet. Allerdings auch nicht, dass sie ihn unmittelbar wie niederen Pöbel anging.
„Stattdessen rate ich Euch erst zu Kräfte zu kommen. Immerhin weiß ich zu gut, wie es sich anfühlt.“
Nun Adrian kannte das Gefühl gewiss, wenn man in die Dunkelheit hinabtauchte und sich der Finsternis ergab. Er wusste, wie der Tod sich anfühlte, was er bedeutete, was er aus einem machen konnte und jenes zeichnete sich auch in seiner Stimme ab, welche durchaus Verständnis dafür widerzuspiegeln schien. Jedoch konnte er wohl kaum dies aus jenen Umständen heraus beurteilen, in den denen Tanuri selbst derzeit befand. Vermutlich intensivierte es das Ganze.
Sie selber würde vermutlich jedem, der nur ansatzweise eine ihrer Schwäche ihr gegenüber aussprach, versuchen, in der Luft zu zerfetzen. Aber mit welchem Ergebnis. Sie vergeudete mehr Kraft und Zeit, als sie beide hatten. Immerhin hatte der Tod sie schon fest in seinem eisernen Griff gehalten und sie war bereit gewesen, sich zu ergeben. Auch wenn sie wahrlich stark sein mochte, spurlos war es wohl kaum an ihr vorübergegangen. Allerdings war es ja vielleicht schon ein stummes Eingeständnis, dass sie sich setzte.
„Euch steht noch einiges bevor, Tanuri. Das wisst Ihr. Und Ihr tragt dabei mehr als nur die Verantwortung für Euch.“ Fast unscheinbar wanderten seine Augen für einen Sekundenbruchteil auf ihren Bauch.
Es war ein vager Versuch, Tanuri noch einmal die Fakten vor Augen zu führen. Er war nicht ihr Feind und sie würde auch nicht wollen, dass er es werden würde. Dessen konnte sie sich gewiss sein. Aber ebenso wenig war er ein Speichellecker, der ihr nach dem Mund reden würde. Doch bevor er ihren Unmut weiter schüren würde, nahm er einen hörbaren Atemzug, um damit das Machtgebaren zu beenden.
„Wir dienen der gleichen Macht und haben ein gemeinsames Interesse.“
Er räumte eine kleine Pause ein, in welcher er nur schweigend den Augenkontakt zu der Priesterin hielt. „Freya.“ Als er den Namen aussprach, veränderte sich etwas in seiner Tonlage. Ein Moment, da jedwede Belustigung verflog und seine Miene sich verhärtete. Tanuri war auserwählt gewesen, Freya zu führen, zu leiten und zu schützen. Und es bedurfte keiner hellseherischen Kräfte, um zu erkennen, dass das Kind nicht an dem Ort war, wo es hätte sein sollen.
„Selbstredend könnt Ihr mich korrigieren, sollte ich falsch liegen.“ Eine nahezu emotionale Kälte baute sich in seinem Blick auf, der an der Priesterin festhielt. „Sie ist nicht hier. Und weder Ihr noch ihre Familie haben eine Ahnung, wo sie sich befindet.“ Sein Tonfall wirkte dabei recht kühl. Nur das kurze hörbare Ausatmen zeugte davon, dass er, auch wenn er nicht sicher sein konnte, wo sie war, durchaus erahnen konnte in wessen Gesellschaft sie wohl sein würde. Eine Ahnung, die dafür sorgte, dass seine Begeisterung sich spürbar in Grenzen hielt.
„Ihr selbst seid nicht unbedingt in der Verfassung, sie zu suchen, geschweige denn, dass wir davon ausgehen können, dass ihre Familie Euch dabei unterstützen wird. Und wir beide wissen, dass wir jede Minute, die wir hier vergeuden, jemand anderem in die Hände spielt. Oder irre ich mich?“
✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Gemahl der PriesterinTanuri Al Saher ✟ ❖ Bruder des Verlion Al Saher ❖ ❖ Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
Hatte sie gesehen, was er gesehen hatte?
Mit Bestimmtheit konnte er es nicht sagen. Bisher hatten sie alle ihre Visionen geteilt, auf die ein oder andere Art und Weise.
Er widerstand allerdings dem Drang, ihr einen prüfenden Blick zukommen zu lassen. Es wäre bestimmt zu auffällig gewesen und noch dazu zeugte das lauter werdende Grollen davon, dass es jetzt nicht an der Zeit war, irgendetwas aus ihr herauszubekommen.
Dass sie aber etwas vor ihm zu verbergen versuchte, entging ihm trotz der Ablenkung durch fallenden Steine und dem bedrohlichen Dröhnen nicht.
Denn als sie ihre Hände für seinen Geschmack etwas zu schnell zu Fäusten ballte und ein weiterer, noch lauterer Donner, gepaart mit einem beben der Erde, das Auftreffen ihres Tropfen Blutes untermalte, war ein gewisser Zusammenhang nur schwer zu verleugnen.
Vor allem dann, wenn man die Worte der Prophezeiung in derartiger Präzision studiert hatte, wie er es über viele Jahre hinweg getan hatte.
Und erst dann, wenn des Schlüssels Blut die Erde berührt, werden entbrennen die Berge, kein Baum bleibt auf Erden bestehen. Wenn die Flüsse vertrocknen und das Moor sich selbst verschlingt, dann wird der Himmel in Flammen sich auflösen.
Der laute Knall eines Felsbrockens, der nur einen halben Schritt von ihnen entfernt auf den Boden aufschlug und sie in beißenden Staub einhüllte, holte ihn aus seinen Überlegungen. „Komm.“ Wieder wesentlich sachter umfasste er ihr Handgelenk und riss sie mit sich.
Schnell nahm er an Tempo zu, um dem was dort auf sie zurollte, zu entkommen.
Es konnte nicht möglich sein, dass die Prophezeiung hier ihren Anfang nahm. Diese Welt war eine Gedankenwelt, ein Konstrukt.
Geschaffen aus alledem, was in der „normalen“ Welt, nicht zulässig war. Was dort nicht existieren konnte und nicht existieren durfte.
Nichts davon war real, zumindest war er dieser Überzeugung immer gewesen.
Doch wenn seine Vermutung richtig war und ein kleiner Blutstropfen von Freya auch hier bereits so machtvoll war, dann mochte er sich gar nicht ausmalen, was geschehen würde, wenn ihre Macht in der wirklichen Welt zum Vorschein kommen würde.
Eins aber war klar, wenn hier wirklich Fungus Reich gerade in sich zusammenfiel, war dieser mit großer Gewissheit nicht besonders erfreut darüber und würde daraus im schlechtesten Fall auch seine Rückschlüsse daraus ziehen.
Auch wenn die Raupe die Prophezeiung nicht kennen konnte, so würde er sie beide für das plötzliche Zusammenbrechen seines Territoriums verantwortlich machen.
Aber dieser Sorge wollte er sich widmen, wenn sie wieder aufeinander treffen würden und sich seine derzeitige Vermutung bewahrheitete.
Schnell zog er Freya weiter und obwohl wenn sie sich mit jedem Schritt weiter von dem in sich einstürzenden Schacht entfernten, wurde das gefährliche Donnern nicht leiser. Selbst der Boden unter ihnen erbebte in erschreckender Gleichmäßigkeit immer wieder aufs Neue.
Mal war das Beben schwächer, mal stärker. Doch bei jeder Erschütterung mussten sie damit rechnen, dass der Boden unter ihnen plötzlich eine klaffende Spalte freigeben würde und sie sich hilflos einem weiteren Fall hingeben mussten.
Ein weiteres starkes Erzittern der Erde ließ ihn stolpern. Hilfesuchend suchte er Halt an der feuchten Mauer. Ein lautloser Fluch drang über seine Lippen, als er sah, dass etwas auf sie zukam.
Ein Steinbeißer. Wesen, mit einem fischartigen großen Maul, die sich unaufhaltsam durch jegliche Art des Untergrundes schlängelten und mit ihren scharfen Zähnen und den langen Klauen, die sie anstelle von Flossen an ihrem Körper trugen, durch das Geröll hindurch fräßten.
Für sie würde es keinen Unterschied machen, ob sie Steine oder Menschen zerfetzen.
Ihre einzige Aufgabe bestand darin, ihrem unstillbaren Hunger nach Dreck, Stein und Erde nachzukommen.
Wahrscheinlich waren sie zum großen Teil für Fungus unterirdisches Reich verantwortlich, wenn nicht sogar er selbst sie dafür geschaffen hatte. Seelenlos und leer, wie auch das Gestein, durch das sie sich fraßen.
Naheniel zog harsch Freya zu sich und drängte sie gegen die Wand. Mit seiner einen Hand hielt er sie gegen die Mauer gedrückt, während er den Zeigefinger seiner anderen an die Lippen legte um ihr zu bedeuten, ruhig zu sein.
Eindringlich sah er sie dabei an, bevor er wieder zu dem Steinbeißer sah, der sie nun fast erreicht hatte. Sein ganzer Körper war übersät von Diamanten, in unterschiedlicher Form und Größe.
Röchelnd schlängelte er sich am Boden und der Decke entlang. Naheniel konnte nur hoffen, das sie nicht bemerkt wurden und das Tier seine Arbeit einfach weiter verrichtete, ohne darin innezuhalten und seine Aufmerksamkeit auf die Gäste seines Tunnels zu richten.
Aufgeregt hielt er den Atem an, als könnte er damit vermeiden, dass sein Herz weiterschlug.
Doch vielleicht war es gerade das Lebende an ihnen beiden, welches den Steinbeißer dazu veranlasste, ohne zu pausieren, weiterzuziehen.
Die Diamanten auf seinem Körper hallten noch einige Zeit nach, als er bereits außer Sichtweite war. Erst dann wagte Naheniel wieder zu atmen und mit sich mit einem Flüstern an Freya zu wenden. „Wir müssen weiter.“ Das vehemente Donnern war nicht weniger geworden, weshalb er folgerte, dass es nicht das Wesen war, welches dieses ausgelöst hatte.
Eine Tatsache, die ihm nicht sonderlich gefiel, hätte sie doch zumindest seiner Annahme widersprochen, Freya könnte dafür verantwortlich sein.
Wieder zog er sie am Arm und rannte genau in die Richtung, in die der Steinbeißer verschwunden war. Was blieb ihm auch anderes übrig? Zurück in Richtung des einstürzenden Schachtes konnten sie nicht laufen und noch waren sie an keiner Abzweigung angekommen.
So musste er es riskieren, ihm erneut zu begegnen. Doch sie mussten nur wenige weitere Schritte in dem Tunnel zurücklegen, bis sie an einer Gabelung ankamen.
Die Eingänge wurden von bunten Schrifttafeln geziert, die in ihrer Farbenpracht völlig trügerisch darüber waren, was ihnen dort begegnen sollte. Er nutzte die Gelegenheit um kurz gemeinsam mit Freya inne zu halten und zu Atem zu kommen.
"Ich wollte Dich vorhin nicht erschrecken, Freya.“ Er versuchte ihr ein reumütiges Lächeln zu schenken. „Ich bin es wohl einfach nicht gewohnt, einen Heilzauber zu spüren. Die Wärme und die plötzliche Linderung des Schmerzes haben mich wohl etwas benommen gemacht. Offenbar bin ich einfach nur erschrocken.“
In seiner Aussage lag durchaus mehr der Wahrheit, als er es vorgehabt hatte. „Entschuldige bitte, ja?"
Verlegen strich er sich durch sein blondes Haar und fügte noch hinzu: "Schon wieder." Erst jetzt lockerte er seinen Griff um ihren Arm und sah hinauf zu den Schildern, welche ihnen ihre Optionen darlegten.
Fröhlich sprangen die Buchstaben auf den Schildern hin und her und sollten sie durch ihren Tanz dazu verführen, ihrer jeweiligen Einladung zu folgen, in die Stadt der fallenden Berge oder in die Wüste von Thraa.
Die Stadt war bevölkert von allerlei zwielichtigen Figuren, mit Finstergnomen und Kreischlingen seien an dieser Stelle nur die Freundlichsten von ihnen genannt. Unterteilt war sie in verschiedene Bereiche, wie den Bezirk der Sünde und den Bezirk des Schabernacks.
Letzteres mochte sich reizvoller anhören, als es am Ende war, denn in jenem befand sich der lachende Zirkus.
Aber nichts was man dort geboten bekam, sollte einen gesunden Geist kaum zum Lachen bringen. Zum Nachdenken vielleicht, wenn man sich der umgekehrten Grausamkeit, die dort vonstatten ging, bewusst war.
Denn die Menschen dienten als Attraktion für die Zuschauer, während sie von Tieren zu allerlei brutalen Kunststücken gezwungen wurden.
Des häufigeren hatte er sich schon im Bezirk der Sünde aufgehalten, doch was einem dort begegnen konnte, war der Stoff einer Geschichte, die ein andermal erzählt werden sollte.
Es wäre mehr als gefährlich, die Stadt mit einem kleinen Mädchen zu durchqueren, da sie für nicht Wenige ein durchaus ansprechendes Produkt darstellen würde. Allerdings wäre der Weg durch sie wesentlich kürzer als durch die Wüste.
Doch wie lange würden sie sich in den Schatten verbergen können?
Eine Wanderung durch die Wüste von Thraa wäre durchaus anstrengender.
Denn so wie es Wüsten nun einmal an sich hatten, würden sie dort nur schwer an Nahrung und an Wasser gelangen.
Die gleißende Sonne verwandelte den Sand zu einem glühend, heißen Untergrund und die zahlreichen Stürme, die dort tobten, würden ihnen nur selten eine freie Sicht auf das was vor ihnen lag, gewähren.
Es gab zwar einige Oasen, in denen sie Schutz suchen konnten, doch diese wurden bevölkert von den Feuerdschinnen, die den Worten der Sandkönige gehorchten. Und diese waren beileibe nicht erschaffen worden, um ihrem Gegenüber Wünsche zu erfüllen.
Nicht zu vergessen die Dornenhexen, die in den singenden Dünen ihr Unwesen trieben.
Ihre einzige Chance wäre es wohl, wenn sie einer Karawane der Wüstenschreiter begegnen würden, die auf ihren Eisenrössern Waren innerhalb der Wüste von Thraa hin- und herbewegten.
Selbst wenn sie dieses Glück hatten und allen Gefahren aus dem Weg gehen konnten, so würde der Weg mehr als beschwerlich und eine Herausforderung für ihre ohnehin geschwächten Körper werden.
Die sengende Sonne würde unerbittlich auf ihrer Haut brennen und in den kurzen Stunden der Nacht, würden sie kaum Erholung davon finden. Sollten sie es dennoch überleben, würden am Ende der Wüste zwei mächtige Gebilde auf sie warten, katzenartig und so groß, dass man ihre Köpfe mit den abgebrochenen Ohren kaum noch erkennen konnte.
Sie wären wohl die größte Hürde, die sie zu nehmen hatten, denn einfach so entließen sie niemanden aus ihrem Reich der Sandstürme.
Eine Entscheidung so gefährlich wie die andere, denn nirgendwo würden ihnen Freunde begegnen.
„Was meinst Du, Freya?“
Seine Stimme durchbrach die Stille, die sich auf beide gelegt hatte.
Natürlich konnte er nicht wirklich auf das Urteil des Kindes zählen, denn sie wusste nicht, was ihnen bevorstand.
Doch würde er weiterhin versuchen, Vertrauen zwischen ihnen zu schaffen.
Und dies gelang ihm nur, wenn er sie nicht behandelte, wie es alle anderen Erwachsenen taten und ihr ihre Entscheidungen abnahm oder sie nicht nach ihrer Meinung befragte. „Ich möchte diese Entscheidung nicht ohne Dich treffen, kleine Lady.“
Aufmunternd sah er zu ihr hinab und strich ihr in einer vertrauten Geste eine Strähne aus ihrem Gesicht.
Ein weiteres Grollen erschütterte den Boden unter ihnen und sollte beide nochmals daran erinnern, dass ihnen für die Wahl ihres weiteren Weges nicht viel Zeit bleiben sollte.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?
Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Freya spürte deutlich, wie ihr das Herz bis zum Hals schlug. Der Ursprung dessen war jedoch nicht die Angst. Angst nein. Sicher nicht. Vielmehr war es das ganze Chaos, welches sich immer mehr in ihr aufbaute. Das Durcheinander an Eindrücken, an Erfahrungen, an Emotionen und Ereignissen, welche innerhalb kürzester Zeit und ohne jedwede Gnade oder Unterlass auf sie ein prassten. Angst gehörte sicherlich auch dazu, jedoch war jene die geringste unter ihnen. Nicht einmal, als ein Felsbrocken nur knapp neben ihnen einschlug und ein klaffendes Loch hinterließ. „Komm.“ Hörte sie nur Naheniels Stimme, als er nach ihrer Hand griff, als sie wie gebannt mit ihrem Blick noch dem herabfallenden Gestein folgte. Es war keine direkte Antwort auf ihre Frage, aber dennoch schien sogar für Freya die Aussage dahinter eindeutig.
Seine Hand umfasste sie und die Bestimmtheit, mit der er jenes eine Wort bedacht hatte, zusammen mit seinem Griff, duldete kaum einen Widerspruch. Auch wenn sie kaum nach ihm gegriffen hätte, so hielt Freya sich dennoch an seiner Hand fest und versuchte ihm zu folgen.
Immer wieder erschütterten neue Beben die Erde um sie herum und sie hatte mit jedem Mal das Gefühl, es war schon nah. Der Ursprung. Er schien immer näher zu kommen, egal wie schnell sie versuchte, Naheniel zu folgen.
Freya spürte bereits, wie ihre Lungen förmlich brannten und all ihre Muskeln schmerzten. Die Strapazen machten sich immer mehr bemerkbar, doch durfte sie sich das nicht erlauben. Nein, Freya wollte sicherlich nicht dem Ding begegnen und erst recht wollte sie es sich nicht erlauben, ihm zu sagen, dass sie nicht mehr konnte.
Dabei sie spürte jeden Schlag ihres Herzens, wie es das Blut durch ihren Körper pumpte, mit einer solchen Intensität, dass es ihr so laut wie das Beben selbst in den Ohren dröhnte. Ein Dröhnen, welches sie fast benommen werden ließ, während ihre Hand sich an Naheniel klammerte.
So ließ der Moment, da Naheniel sie unerwartet und ruckartig an sich zog und an die Wand presste, beinahe vergessen zu atmen. Im ersten Augenblick vermutete sie, dass sie vielleicht fast in eine Felsspalte gelaufen wäre oder sich der Boden unter ihren Füssen auftat.
Schockerfüllt und vollkommen neben sich schaute das Mädchen mit großen Augen zu ihm auf, doch bevor sie ihn fragen konnte, legte sich sein Finger auf ihre Lippen und gebot ihr, ohne es auszusprechen, eindeutig zu schweigen. Stoßweise ging ihr Atem, ob all der Anstrengungen, während ihr Blick auf Naheniel ruhte. Was sollte nun noch kommen? Etwa die Kreatur selbst?
Keine Regung ging von ihr aus, während sie sich an seinen Blick geklammert hielt. Dann spürte auch sie es. Sah es im Augenwinkel. Ein Schatten, der sich näherte. Etwas Gewaltiges. Freya konnte den Schatten sehen, auch wenn hier unten nur spärliche Lichtverhältnisse in Form von kleinen umherflirrenden Wesen, die Glühwürmchen ähneln mochten, herrschten.
Auch Freya versuchte ihre Luft anzuhalten. Oh Ogrimar, sie hatte fast das Gefühl, ihre Beine würden nachgeben, während das Dröhnen in ihren Ohren zunahm. Fast fokussiert lag ihr Blick auf dem Blau von Naheniels Augen, verunsichert, ob sie sehen wollte, was an ihnen vorüberzog. Dennoch erlaubte sie sich einen kurzen Blick. Nur ein leichtes Bewegen ihrer Augen, mit denen sie das mit Klauen behaftete Getier, das sich in seiner widerwärtigen und zugleich durch die schillernden Diamanten faszinierenden Monstrosität an Naheniel und sich vorbei ziehen sah.
Abermals suchte Freya seinen Blick, während sein Finger noch immer ihre Lippen versiegelte. Es war groß und fraß sich durch den Untergrund. Aber war das die Kreatur, die sie verfolgt hatte? Jene, die für die Beben verantwortlich war? Kurz schluckte sie, als das Ende des Wesens in einem der Tunnel verschwand und nur das leise Schwirren und Summen der Diamanten noch nachhallte.
Gerade als er seinen Finger zurückzog, wollte das Mädchen Naheniel fragen, was das für ein Tier war. Jener gewährte ihr aber noch nicht die Möglichkeit, Antworten zu finden. Im Gegenteil. Erneut trieb er sie an ihm zu folgen, eilig weiterzugehen.
Ein wenig verwundert schaute sie zu, wie Naheniel schnurstracks denselben Weg wie diese Kreatur einschlug, während er sie mit sich zerrte. War das nun sehr klug? Was, wenn es stoppte, sie wittern würde oder sich sogar entschied, wieder zurück zu kriechen? Doch Freya hatte vorerst weder die Zeit noch den Atem, um danach zu fragen.
Im Gegenteil. Das Beben nahm nicht ab, es wurde spürbar stärker. Erneut drehte Freya sich herum. Kamen davon etwa noch mehr? War das der Grund, warum er diesen Weg nah? Waren sie der Ursprung? Liefen sie vor ihnen weg oder war es etwas ganz anderes?
Als sie nur nach wenigen Metern eine Gabelung erreichten, stoppte er jedoch. Unsicher blickte auch Freya sich um, während sie den Moment versuchte zu nutzen, um ein wenig zu Atem zu kommen. Tief holte sie Luft und ließ ihren Blick in die beiden Gänge wandern, bevor Naheniel ansprach, was im Schacht geschehen war.
Das schuldbewusste Lächeln auf seinen Zügen, die durchaus Spuren von Erschöpfung aufzeigten, verfehlte dabei seine Wirkung keineswegs. Kurz blickte sie auf den Boden, um sich nicht vielleicht noch selbst zu verraten, weil im Grunde auch sie sich hätte entschuldigen müssen, wenn sie offen und ehrlich wäre. Doch tat sie es nicht. Immerhin hatte sie nie in seine Gedanken gewollt. Aber wenigstens schien es ihm wichtig zu sein, sein Verhalten richtigzustellen. Auch wenn er sie nicht auf eine solche Weise ansah, so war sie ihm zumindest dennoch wichtig, und auch wenn Syndra scheinbar in seinen Augen so mächtig wirkte, so kam ihr erst jetzt der Gedanke, war sie es, die er zu sich geholt hatte. Die Frage war nur, warum. „Ist schon gut.“ Strich sie das Geschehene in dem Moment beiseite, da sei seine Verlegenheit bemerkte, so als wäre es offenbar nie passiert. Innerlich jedoch gärte es noch immer in ihr. Ob sie wollte oder nicht.
Nachdenklich wandte er sich derweil den Wegen zu, die sich ihnen auftaten. Freya jedoch wandte sich den Schildern zu. Im schummrigen Licht der kleinen fliegenden Insekten versuchte sie die Buchstaben auf den Schildern zu entziffern, bevor ihr Blick abermals auf die zwei Tunnel wanderte.
Es war ein kurzer Moment des Schweigens, bevor seine Frage die Stille durchbrach.
Woher sollte sie wissen, welcher Weg er Richtige war? Sie konnte noch nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, in welchen Weg die Kreatur genommen hatte, weshalb ihre Augen sich abermals den tanzenden Buchstaben zuwandten. Auch wenn es vielleicht höflich war zu fragen, sie hatte weder eine Ahnung, wo sie waren, was das hier war, geschweige denn wohin sie mussten, um einen Weg nach Hause zu finden. Wenn einer die Antwort kannte, dann war er es und nicht sie.
Fragend wandte Ihr Blick sich von dem Schild zu Naheniel. „Welcher Weg führt denn nach Hause?“ Kam es leise über ihre Lippen. Ihre Augen wandten sich den gabelnden Wegen zu, welche in vollkommen unterschiedliche Richtungen zu führen schienen.
Eine Wüste klang wenig einladend, während eine Stadt in einer Form vielversprechend klang und sie dort sicherlich eine Art von Taverne oder Gasthaus finden konnten. Aber dieser Fungus hatte von einem Kopfgeld gesprochen, welches auf Naheniel ausgesetzt war. Ob es klug wäre? Was, wenn sie genau in deren Armen landen würden?
Die Wüste wiederum klang wenig einladend. Immerhin wohl kaum würden sie ohne Wasser und so ausgelaugt wohl kaum weit durch die sengende Hitze kommen. Oder? Allerdings würde er sie vor die Wahl stellen, wenn jener Weg der falsche war und sie mitten in Tod und Verdammnis führen würde?
Wohl kaum. Vielleicht war die Wüste die richtige Wahl, aber auch Naheniel war selbst zu erschöpft und sie ging davon aus, dass man auch ihr ansehen konnte, wie alles an ihr zerrte. Fragte er vielleicht nur, um ihr und sich eine Pause in der Stadt zu vergönnen, bevor sie den richtigen Weg einschlugen?
„Vielleicht sollten wir die Stadt wählen.“ Kam es nachdenklich über Freyas Lippen. Intuitiv, weil sie spürte, dass auch sie bald kapitulieren musste. Ihr Körper tat es bereits, und im Grunde war es nur noch ihr Wille allein, der sie auf ihren Beinen stehen ließ. Ihr Hals brannte noch immer von der Galle und verursachte den Drang danach etwas Kühles zu trinken. Sie war müde und ihre Waden und Füße taten nur noch weh. Bei Ogrimar sie war erschöpft und am liebsten würde sie hier auf der Stelle nur für einen Moment die Augen zumachen. Dich kurz nur an ihn lehnen und seine Wärme spüren.
Vermutlich würde sie zwar eh keinen Schlaf finden, da sie immer wieder die Bilder von diesem Miststück vor Augen hätte, aber dennoch fühlten ihre Lider sich einfach nur schwer an und sie sehnte sich nach einem Augenblick der Geborgenheit.
Allerdings würde Freya genau das nicht sagen. In keiner Form. Schnell nahm sie einen tiefen Atemzug und blickte mit großen Augen vom linken zum rechten Gang, bevor sie seinen Blick abermals aufgriff und dabei gleichzeitig versuchte, ihre Schwäche und spürbaren Bedürfnisse sich nicht anmerken zu lassen.
Vermutlich würde sie zwar eh keinen Schlaf finden, da sie immer wieder die Bilder von diesem Miststück vor Augen hätte, aber dennoch fühlten ihre Lider sich einfach nur schwer an und sie sehnte sich nach einem Augenblick der Geborgenheit.
Allerdings würde Freya genau das nicht sagen oder zu zeigen. In keiner Form. Schnell nahm sie einen tiefen Atemzug und blickte mit großen Augen vom linken zum rechten Gang, bevor sie seinen Blick abermals aufgriff und dabei gleichzeitig versuchte, ihre Schwäche und spürbaren Bedürfnisse sich nicht anmerken, sondern ihre Wahl wie eine Intuition klingen zu lassen.
„Was meinst Du? Du warst hier ja scheinbar schon.“ Abermals sah sie auf das Schild und überdachte die beiden Optionen. Ob sein letztes Treffen mit diesem Fungus auch so geendet hatte? Er hatte die Tunnel sehr bestimmt ausgewählt, weshalb Freya sich sicher war, dass er das nicht ohne Grund getan hatte. Nein. Naheniel wusste bestimmt, wo sie waren und was immer sie am Ende der Tunnel erwarten würde, so konnte er mit Sicherheit eher sagen, welches der richtige Weg sein würde. Eine Entscheidung, die er vielleicht eben so schnell, wie hoffentlich klug fällen sollte, denn abermals spürte Freya bereits, ein leichtes Zittern unter ihren Füßen „Du kennst Dich hier doch aus.“
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit. ~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
In dem schummerigen Licht zeichnete sich langsam ein breites Grinsen ab. „Vielleicht solltest Du Deine Wahl nochmals überdenken, kleines Menschenkind.“ Das Grinsen drehte sich einmal um die eigene Achse und hüpfte einige Male zwischen Freya und Naheniel hin und her. „Keine leichte Entscheidung, nicht wahr? Ein Weg so herausfordernd wie der andere, so viele Eventualitäten, die es zu berücksichtigen gibt.“ Das Grinsen tanzte an Freyas Bein entlang, sprang an ihr hoch und schwebte nun direkt vor ihrem Gesicht hin und her. Erst dann zeichneten sich glühend rote Augen ab, die sogleich wieder ihre Farbe wechselten und zu einem leuchtenden grün wurden. „Wäre es nicht spannend, für so ein kleines Mädchen, in der Wüste einem Dschinn zu begegnen und ihm einen Wunsch abzuluchsen?“ Denn auch wenn es heißt, ihre Magie dafür wäre von den Sandkönigen gebannt worden um nur ihnen allein zu dienen, so kam es ganz auf den Preis an, den man ihnen bot. Um durch einen Wunsch etwas zu bekommen, musste etwas an anderer Stelle genommen werden, so einfach war das. Ein Gesetz, ganz deutlich und klar und doch waren die Folgen unvorhersehbar.
Das Grinsen wurde noch ein Stück breiter und fiel dann plötzlich auf den Boden hinab. Nur die glühenden Augen fixierten sie für einige weitere Atemzüge, bevor sie es dem Grinsen gleich taten und ihm auf den Boden folgten. „Oder ist Dir vielleicht nach ein wenig Abwechslung und Erheiterung, nach Deinen spannenden und nervenaufreibenden Begegnungen? Ich hoffe doch, Du nimmst die Art meines alten Freundes Fungus nicht allzu persönlich? Eigentlich ist er ganz handzahm und wenn man die richtigen Stellen kennt, lässt er sich auch nur allzu gerne kraulen und liebkosen.“ Das Grinsen wandelte sich zu einem lauten Lachen, welches bellend durch die Tunnel widerhallte. „Wo war ich stehengeblieben? Ah ja, Erheiterung. Nun, dann wird Deine getroffene Wahl nicht die schlechteste sein. Der lachende Zirkus ist immer wieder einen Besuch wert. Mir wurde unlängst von einer neuen Attraktion berichtet. Seraphen die über ein mit Säure gefülltes Becken springen müssen. Es soll einen wirklich witzigen Anblick bieten, wie sie sich darin langsam in ihre Einzelteile zersetzen.“ Das Grinsen wurde zu einem hämischen Kichern. "Aber auch sonst bietet die Stadt jede Menge an Erstaunlichem. Gerade das Richtige, für so kleine, unschuldige Kinderaugen, wie es die Deinen sind.“
Nun begann auch der bisher fehlende Körper Form anzunehmen, zuerst zeigten sich die blutroten Zeichnungen, die sich sogleich in Bewegung setzen und um Freyas Bein herumstrichen. „Für wahr, keine leichte Wahl, die Du zu treffen hast.“ Sein Blick wanderte zu Naheniel. „Du scheinst es Dir ja nun etwas bequem damit zu machen, das Ding hier entscheiden zu lassen.“ Sein Körper war nun vollends zu sehen und langsam drehte er einige lautlose Runden um Naheniel. „Da bist Du aber auch einen äußerst interessanten Handel mit Fungus eingegangen. Ich hätte Dich eigentlich für klüger gehalten.“ Direkt vor ihm kam Haedinn zum Stehen und musterte den nun doch etwas in Mitleidenschaft gezogenen Mann. „Ein kleiner, völlig kostenloser Hinweis aus meiner eigenen Erfahrung: Er wird es nie vergessen.“ Das Grinsen, welches seine teils brüchigen Zähne und die dafür umso schärferen Reißzähne zeigte, zog sich nun bis zu seinen Ohren hinauf. „Aber was kümmern mich Fungus Geschäfte? Das Kopfgeld des purpurnen Palastes ist für mich eigentlich ansprechend genug. Aber…“ Haedinn zeigte ein ausladendes Gähnen, wobei er den Blick auf seine schwarze Zunge freigab. „… irgendwie langweilt mich das immer gleiche Spiel.“ Er erhob eine seiner Pfoten und begann an diesen den Prozess seiner Arbeit abzuzählen. „Jemand setzt Kopfgeld aus, ich bringe ihm den verlangten Kopf, mit oder ohne dazugehörigen Körper, und erhalte meinen Lohn. Eine ziemlich eintönige Sache, wenn man die Jahre bedenkt, in denen ich das jetzt schon mache. Außerdem ist der Kaiser nicht sonderlich gut auf mich zu sprechen und würde mich am liebsten selbst in einen seiner Verließe verrotten lassen. Ein unangenehmer Zeitgenosse."
Kurz hielt er in seinen Ausführungen inne, bevor sich ein wissendes Lächeln in seine leuchtenden Augen stahl."Was es für mich allerdings durchaus verständlicher macht, warum Du das Menschenkind die Entscheidung treffen lassen willst, sie ist unvoreingenommen und kann nicht wissen, was auf sie hinter den Türen wartet, die da vor euch liegen. Du hingegen, Du hast schon alles gesehen, was diese Welt zu bieten hat. Und das was man bereits gesehen hat, das kann auch erscheinen, nicht?“ Diese Welt war eben voll wundersamer Gesetze, eines unverständlicher wie das andere und fernab von dem, was ein Fremder zu fassen möglich war. Haedinn bedachte Naheniel mit einem vielsagenden Zwinkern. Zu viel wollte er davon nicht aussprechen, denn das was er sagte, würde sich in dem Kopf des Kindes festsetzen und ihr dadurch das Nehmen, worauf Naheniel wohl so erpicht war: Ihr Unwissen. Er wendete sich somit wieder von ihm ab, setzte sich direkt vor Freya hin und war dadurch mit ihrem Gesicht fast auf Augenhöhe. Dann neigte er seinen Kopf etwas zur Seite und mit unverhohlener Neugier in seinem Blick sah er zu ihr auf. „Also kleines Menschenkind, wonach steht Dir der Sinn?“
Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
Haedinns Erscheinen ließ Freya instinktiv einen Schritt rückwärtsgehen, so dass die Wand des Tunnels in ihrem Rücken war. Nicht etwa vor Schreck, oh gewiss nicht. Oder vielleicht doch, aber nur ein ganz kleines bisschen, aber vielmehr war es die Überraschung darüber, dass er vollkommen unbemerkt Naheniel und ihr gefolgt war. Bei Ogrimar, wie lange war er wohl schon hier, wie lang war er ihnen gefolgt?
Zuerst war es nur sein grinsendes Maul, welches vor ihr schwebte, aber wohl kaum hatte sie seine vergilbten Zähne vergessen. Das Blau ihrer Augen weitete sich zunächst in seines Auftritts, aber nicht zuletzt auch wegen der Gedanken daran, dass jener vielleicht Dinge gehört oder gesehen hatte, die Naheniel zuvor tunlichst vermieden hatte, vor Fungus oder ihm zu offenbaren.
Was wollte er hier? Und wieso mischte er sich nun ein? Hatte sein grässlicher Freund ihn etwa hinter ihnen hergeschickt, damit er ein Auge auf sie haben würde? Oder wollte er sie in eine Falle führen? Wozu diese Kreaturen fähig waren, nun, dass hatte Naheniel Freya sehr eindrucksvoll gezeigt. Allein deshalb hielt Freya vorerst den Mund. Immerhin war sie sich nicht sicher, ob sie etwas sagen sollte oder Naheniel ihr ein Schweigen anraten würde.
Immer wieder zuckten ihre Pupillen fragend zu Naheniel, um seine Reaktion auf das Erscheinen dieses unerwarteten Gastes zu erfassen, ohne dabei den Kater aus dem Blickwinkel zu verlieren, welcher scheinbar seine Freude daran hatte ihr das Ende der beiden möglichen Wege näher zu bringen, während sein Körper sich in einem fast schon grotesken Spiel erst nach und nach aus dem Nichts heraus zu manifestieren schien.
„Dschinns?“ Kam es wie ein Flüstern über ihre Lippen. Davon hatte sie noch nie gehört. Oder sie konnte sich nicht erinnern. Aber ein Wunsch klang verlockend. Ein Wunsch konnte sie nach Hause bringen. Es klang zu einfach um wahr zu sein. Sicherlich gab es dabei auch wieder einen fiesen Haken. Wohl kaum würden diese Dschinns fröhlich durch die Sanddünen hüpfen und nur auf sie beide warten, um ihnen einen Wunsch zu erfüllen. Nein, ganz sicher nicht und bei Ogrimar, weder Naheniel noch sie würden ohne Vorräte, Wasser und ein wenig Erholung lange der sengenden Hitze trotzen geschweige denn eventuellen Hürden, die sich ihnen in den Weg stellen konnten etwas entgegensetzen können.
Trotzdem klang es aus diesem Blickwinkel heraus vielversprechender, als wenn irgendetwas oder jemand sie über ein Säurebecken balancieren lassen würde, auch wenn sie die Stadt aus dem Grund gewählt hatte, um ihm und sich eine Verschnaufpause zu erlauben. Aber nun, da sie selbst Zeuge von sprechenden Tieren und widerwärtigen Geschöpfen geworden war, war dies durchaus etwas, dass der Wahrheit entsprechen konnte. Und wenn sie Naheniel tatsächlich suchten, wäre es vermutlich auch das silberne Tablett, auf welches sie sich selbst legen würden, wenn sie durch belebte Straßen streiften.
Doch über all diese Dinge hatte Naheniel kein Wort der Warnung oder der Hoffnung verloren. Vielleicht hätte sie sich dann von ihm direkt auf die Wahl der Wüste verleiten lassen. Nein, aber wäre eines der sichere Weg heim, dann hätte Naheniel es ihr gesagt. Oder etwa nicht? Aber konnte man Haedinn überhaupt glauben?
Kaum war sie so naiv, seinen Worten zu vertrauen, auch wenn sie nicht leugnen konnte, dass jene viele Fragen aufwarfen. Immerhin führte Freya sich selbst vor Augen, dass Haedinn zu der abartigen Kreatur gehörte und vermutlich keinen Deut besser als Fungus war, was nicht zuletzt bedeutete, dass auch einiges an Lügen oder Täuschungen unter all den Worten sein konnte. Wieso also sollte er sie an ihrer Entscheidung zweifeln lassen, wenn er selbst nicht etwas davon hätte. Grund genug der Stadt treu zu bleiben. Vielleicht brauchte ein Wesen wie er keinen Schlaf oder spürte die Schwere seines Körpers, wenn er sich scheinbar in Luft auflösen konnte. Aber sowohl als Naheniel als auch sie brauchten ein paar Stunden Erholung.
„Was willst du wirklich Streuner?“ Ihre Stimme war ein leises Flüstern, aber dennoch versuchte sie es so unbeeindruckt wie möglich klingen zu lassen. Ganz langsam wanderten ihre Augen wieder zu Naheniel. Was meinte Haedinn wohl damit, dass er es sich leicht machte oder dass sie unvoreingenommen war? War das etwa der Grund, warum Naheniel sie im Dunklen gelassen hatte, was sie erwarten würde. Weil ein Weg so beschwerlich, gefährlich und schlimm sein würde wie der andere? Das Wissen darum, dass sie nicht zur Ruhe kommen würden?
Wenn Naheniel wirklich alles gesehen hatte, so wie Haedinn sagte und wie sie es bisher nur grob vermutet hatte, dann musste er doch wirklich wissen, wie sie hier rauskommen würden und welches am Ende der richtige Weg war. Egal, was sie dabei antreffen würden. Er musste es sie doch wissen lassen, bevor sie wieder in irgendeinen Fettnapf treten würde. Gehörte so viel Vertrauen und Ehrlichkeit nicht zu einer Freundschaft dazu?
„Und was soll das bedeuten, dass ich es entscheiden soll? Ich will nach Hause.“ Kurz glitten ihre Augen hinauf und suchten nach Naheniels Blick. „Wir wollen nach Hause.“ Mittels eines Wimpernschlages wanderte ihr Blick wieder zurück und legte sich auf Haedinn, bevor sie mit einer kindlichen Selbstverständlichkeit noch etwas hinzufügte, obwohl sie mittlerweile selbst schon die Erkenntnis gewonnen hatte, dass es garantiert kaum so einfach sein würde, wie sie es klingen ließ. „Das ist alles.“
Ganz simpel oder nicht? Nun vielleicht war es das für andere Kinder ihres Alters. Aber genauso ließ sie es klingen. Vermeintlich unbedarft und ebenso einfach. Aber Freya erkannte durchaus, dass jener Wunsch nicht so simpel zu erfüllen war. Fraglich, welcher Weg dorthin führen und was am Ende dessen auf sie warten würde. Ihre Wahl würde sich dadurch allerdings nicht ändern. Mit wenigen Schritten versuchte Freya an Naheniels Seite zu gelangen, während die Erde unter ihren Füßen abermals ein Zittern verkündete.
Nein. Sowohl Naheniel als auch sie brauchten eine Pause. Und außerdem brauchte sie Antworten. Freyas Blick wandte sich hinauf zu ihm, während sie mit ihren kleinen Fingern nach seiner Hand griff. Sie vertraute Naheniel, was sie ihm versuchte ohne Worte zu vermitteln, sondern schlicht und ergreifend nur dadurch, dass sie ihre Hand in seine legte.
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit. ~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
Mit überkreuzten Beinen hatte sie sich zurückgelehnt und seinen weiteren Worten gelauscht. Eigentlich wäre ihr danach gewesen, ihm weitere scharfe Worte zukommen zu lassen. Doch offenbar waren diese bei ihm völlig fruchtlos. Er war eben auch einer jener, die sich ihrer eigenen Sache und ihres eigenen Charakters mehr als sicher waren. Wieso auch sollte sie es sich zur Aufgabe machen, jenen darin weiterhin zu korrigieren und ihn darauf aufmerksam machen, wo sein Platz in der Rangordnung war? Er würde es noch früh genug merken, auf die ein oder andere Art und Weise.
Deshalb begnügte sie sich vorerst damit, ihm ein frostiges und dennoch überhebliches Lächeln zukommen zu lassen. Sollte er sich doch in dem Glauben sonnen, er hätte die Weisheit dieser Welt mit Löffeln gefressen und könnte es sich deshalb erlauben, ihr gegenüber auf diese unverschämte Art und Weise Dreistigkeit zu zeigen. „So sehr ich Eure Ermahnungen und die daraus bekundete Sorge um mein Wohl zu schätzen weiß,“ ihre Stimme war durchzogen von einer gewissen Arroganz, „würde ich es doch begrüßen, wenn wir derlei Nettigkeiten nun bei Seite lassen können. Ohnehin scheine ich Euch mit meinen Worten zu langweilen, somit werde ich Euch nun den Gefallen tun und die Eurigen unkommentiert lassen. Wenn es Euch damit in irgendeiner Form besser geht, so verbucht das als einen Sieg auf Eurer Seite.“
Tanuri zeigte ihm eine knappe, gleichgültige Geste. Damit war wahrscheinlich ihnen beiden am meisten geholfen, noch länger hätte sie seine völlig deplatzierten Worte wohl kaum noch ertragen. Es genügte ihr ohnehin, sich immer wieder gegen den widerspenstigen Kopf Freyas stellen zu müssen. Doch sie war ein Kind und ein gewisser Mangel an Erziehung war wohl auch ihr eigener Fehler gewesen. Adrian hingegen war bereits im Mannesalter und es wäre mit Gewissheit nicht an ihr, ihm die gebotenen Manieren beizubringen.
„Dennoch wäre ich Euch nun äußerst verbunden, wenn Ihr die Freundlichkeit besäßet und mich an Eurem Wissen bezüglich Freya teilhaben lassen würdet.“ Sie erhob abschätzig eine ihrer Brauen, während sie ihn mit einem kühlen Blick musterte. „Wenn ich Eure Worte richtig deute, kann ich wohl davon ausgehen, dass mein letzter Wissensstand bezüglich Freyas Aufenthaltsort nicht mehr aktuell zu sein scheint. Eigentlich dachte ich, sie befände sich in Lyvias Obhut. Offenbar ein Irrtum?“ Ihre letzte Aussage hatte sie mit Absicht als Frage gestellt, denn so trug sie doch noch den Funken der Hoffnung in sich, dass zumindest Lyvia ein wachsames Auge auf ihre verschwundene kleine Schülerin hatte. Doch so wirklich glauben daran mochte sie nicht mehr. Wäre Adrian sonst hier und würde sie mit aller Härte vor die Tatsache stellen, dass weder sie noch ihre Familie wusste, wo Freya sich befand? Wohl kaum.
„Ihr scheint so einiges an Wissen zu besitzen, was Ihr in ziemlich verschwommene Aussagen steckt. Habt Ihr denn bereits Freyas Familie aufgesucht, oder zieht Ihr Eure Kenntnis einzig und allein aus einer Vermutung?“ Sie neigte sich ein wenig weiter nach vorn und ließ ihn dabei nicht aus ihrem durchaus wachsamen und prüfenden Blick. „Da Ihr Euch bisher sehr kryptisch darüber geäußert habt, was Ihr von Freya zu wissen glaubt, gehe ich nicht davon aus, dass Ihr mir einfach so mitteilen wollt, woher Ihr Eure Informationen bezieht?“
Langsam lehnte sie sich wieder zurück und ließ einige schweigsame Augenblicke verstreichen, bevor sie fortfuhr. „Aber Adrian, nun, da ich Euch den Gefallen getan habe und Euren Frechheiten keine weitere Beachtung schenkte, so könntet auch Ihr mir den einen tun und Euch nicht weiter hinter irgendwelchen verschleierten Worten verstecken. Wir Ihr schon so treffend festgestellt habt, teilen wir ein gemeinsames Interesse. Ein Teil davon betrifft mit Sicherheit Freya. Deshalb möchte ich von Euch konkrete Antworten auf meine Fragen haben. Das dürfte selbst für Euch nicht sonderlich schwer sein, nicht wahr?“ Sie untermalte jene letzte Bemerkung mit einem hochmütigen Lächeln und deutete ihm, dass es nun an ihm war, das gebotene Entgegenkommen anzunehmen.
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!
~~Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~
Anführerin der Legion des Schattens Frau des Adrian Al Saher Mutter der Nymeria Al Saher
"So zurückhaltend, großer Verdammnisbringer? Wie ungewohnt. Kannst du dich etwa nicht entscheiden,
ob du dich um einen Wunsch bei den Dschinns bemühen willst, um deine stümperhaften Fehler auszuradieren oer
ob du dein Versagen erstmal im Haus der Sünden für einen Beweis deiner absoluten Männlichkeit gegenüber besuchen willst?"
Hallte eine höhnische Stimme, bevor man das anschließende Augenrollen vor der theatralischen Pause fast hören konnte.
„Ich nehme an, du hast keine Ahnung, wie erbärmlich du wirklich bist, oder Naheniel?"
Ein leichtes Räuspern erfüllte kurz die Stille.
„Die Wärme und die plötzliche Linderung des Schmerzes haben mich wohl etwas benommen gemacht. Offenbar bin ich einfach nur erschrocken.“
Klang es mit Naheniels eigener auf affektierte Weise verzerrten Stimme aus dem Nichts,
bevor für einen kurzen Moment ein erneutes Schweigen folgte.
„Unter uns gesagt, Du bist nicht nur erbärmlich, sondern auch noch ein wahrlich miserabler Lügner und Spieler, mein Lieber.
Jedes Kind, ja sogar das vor Dir beherrscht die Täuschung und das Lügen besser als Du.“
Fast fachmännisch hallten die Worte nach, während einer rhetorischen Pause, die offenbar zum Nachdenken anregen sollte.
„Du glaubst doch nicht wirklich, dass sie so dumm ist und dir das abkauft? Oder etwa doch? Nein, nicht wirklich. Dann bist du mit noch mehr Naivität gesegnet, als Du ihr zuschreibst.“
Die Vermutung konnte man sicher bekommen, dass das Gör ihm sabbernd nachlief. Vielleicht war dem auch so.
Doch wenn man das Schweigen betrachtete, konnte durchaus vielleicht so etwas wie der Anflug von Erkenntnis daraus wachsen.
„Noch hast Du nur Angst vor deinem kleinen feuchten Träumchen. Unwissend und überfordert, ob es Deiner, ihrer oder gar etwas vollkommen anderes war.
Immerhin vielleicht war es auch ein Ausblick auf jene Wendungen, dies dein großer Preis hätten sein können.
Ein kurzer Blick auf alles, was dir nun entgehen wird, weil du erbärmlich versagt hast.“
Ein leichtes Zungenschnalzen war zu hören, bevor sich die Lautstärke zu einem flüstern senkte.
„Aber vielleicht macht es gerade das so interessant. Es ist fast schon eine Komödie dir zu zusehen.
So nah am Ziel und dennoch bist du wie der Esel, der ewig der Möhre hinterherläuft, aber sie nie zu schnappen bekommt.“
„Fassen wir mal zusammen, was gleich noch mal dein Ziel war.
War es jenes, auserwählt von einer Prophezeiung zu sein? Ja genau, nicht wahr?
Immerhin wolltest du den Schlüssel nicht vernichten, um seinen Platz einzunehmen. Richtig?
Aber etwas liess dich scheinbar deinen Plan ändern. Ja wir erinnern uns.
Und dann, dann wolltest du die Priesterin vernichten, um den Schlüssel zu besitzen.“
Zuckersüss erklang die Stimme während sie offenbar rückblickend resümierte.
„Fraglich, was dich an so einfachen Dingen scheitern lässt.
So begehrenswert zappelt er geradewegs direkt sogar vor deiner Nase. Beinahe zum Greifen nah.
Es könnte kaum besser sein. Aus deiner Sicht. Unsereins wäre fast verführt dir mit einem Beifall zu huldigen.
Aber auch hier liegt die Betonung auf einem kleinen niederschmetternden Wort.
„Amüsant, wie ein so einfaches Wort wie ‚beinahe‘ oder ‚kaum‘ leider schon bald deine vermeintliche Glückssträhne wie eine Seifenblase zerplatzen lassen wird.
Immerhin du hast ja auch nur fast die Priesterin ins Jenseits geschickt. Ein kleines Wort und es wird zu deiner eigenen Verdammnis werden.
Fraglich, was dich abgehalten hat? Skrupel? Angst? Hemmungen? Fast wärst du an deinem Ziel gewesen, und nun wird dich dieses kleine Wort in den Abgrund stoßen, dein Verhängnis werden.
Eine gnadenlose Lawine auf dich niedergehen lassen. Genau hier beginnt das Kartenhaus zusammenzubrechen...
erkennst du die Ironie des Schicksals?“
Die Stimme wurde zunehmend leiser, doch das Lachen darin hallte noch eine Weile nach. "Lächerlich, dass du auch nur eine Minute daran glauben konntest, für irgendetwas auserwählt zu sein."
„Kater. Ich hätte es mir denken können, dass Du nicht weit sein kannst. Hat die Raupe dich etwa geschickt, um uns hinterher zu spionieren oder bist Du nur rein zufällig hier, auf der Jagd nach Kakerlaken und anderem schmackhaftem Getier?“
Naheniel hatte mit Argwohn das Grinsen beobachtet. Es würde ihn nicht weiter verwundern, wenn Fungus tatsächlich dafür gesorgt hätte, stets zu wissen, wo Freya und er sich befanden und was sie taten. „Du scheinst recht gut darüber Bescheid zu wissen, was nach Deinem Verschwinden geschehen ist. Du wirst uns doch nicht etwa belauscht haben?“ Tadelnd schnalzte er mit seiner Zunge und bedachte Haedinn mit einem mahnenden Blick. „Sowas gehört sich doch nicht.“
Lässig lehnte Naheniel sich gegen die feuchte, erdige Wand und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Willst Du gar unseren Führer durch die Stadt mimen, die Du hier so malerisch beschreibst? Wenn mich nicht alles täuscht, hast Du in der ein oder anderen Spelunke noch einige Spielschulden offen.
Sah ich nicht unlängst Dein Haupt auf einem der der Plakate, die Dir verbieten, sie nochmals zu betreten?“
Er neigte seinen Kopf etwas zur Seite und musterte das magische Tier vor sich eingehend. „Oder hast Du etwa die Hoffnung, uns gegen Deine Schuld eintauschen zu können?“
Haedinn war nicht Fungus und wenn er sich entscheiden musste, wem von beiden er vertrauen musste, dann würde er sich ohne zu zögern für den Kater entscheiden. Dennoch wäre es leichtsinnig, hier nicht eine gewisse Vorsicht walten zu lassen.
Denn immer noch führten diese beiden ihre Geschäfte miteinander und würden versuchen, stets ihren Vorteil aus etwaigen Gegebenheiten zu ziehen.
Wieder grollte ein lauter Donner durch den Tunnel und ließ die Körper der Anwesenden leicht erzittern.
Eigentlich hatten sie alle keine Zeit, für einen netten Plausch oder dafür, sich über die Hintergründe ihrer Anwesenheit zu erkundigen.
Aber vielleicht konnte Haedinn ihnen zumindest nützlich sein, je nachdem, für welchen Weg Freya sich entscheiden würde.
Er kannte die Spielregeln zu gut, nach denen sich diese Welt immer wieder auf ein Neues formte und hatte deshalb offenbar durchschaut, weshalb Naheniel es Freya überließ, einen Weg zu wählen.
Sie war ahnungslos und völlig frei von Wissen, auf das was vor ihnen liegen konnte. Mit etwas Glück, konnte dies zu ihrer aller Vorteil sein.
Er versuchte einen kurzen und unbemerkten Blick auf sie zu erhaschen. Sie war sichtlich müde und erschöpft.
Lange würde sie die Reise nicht mehr durchhalten, wenn sie nicht bald eine erholsame Pause einlegen würden. Doch weder die Stadt noch die Wüste würde sie so wirklich zu Atem kommen lassen, das wusste er.
Dennoch, vielleicht konnten sie in der Stadt zumindest ein verlassenes Haus oder eine Taverne finden, die noch nicht ganz dem Verfall der dort lebenden Gesellschaft anheim gefallen war.
Sie würde es bitter nötig haben, zumindest ein paar Stunden Schlaf zu finden. Denn er hatte wenig Lust dazu, sie durch die Stadt oder die Wüste zu tragen und ihr dabei immer wieder aufmunternd das Köpfchen zu streicheln und ihr gut zuzureden.
Langsam wurde er es doch Leid, sich immer wieder zu verstecken und zu verstellen. Es war anstrengend und er selbst hatte genug eigene Wunden davon getragen und musste dringend neue Kraft schöpfen.
Und da war auch noch immer diese seltsame Vision, die sich in seinen Kopf geschlichen und ihn vollkommen unvorbereitet getroffen hatte.
Was auch immer es gewesen war, was er gesehen hatte, es musste einer von vielen möglichen Wegen sein.
Oder war es gar etwa der einzige Weg, den er einschlagen konnte, um die Macht ganz für sich alleine zu haben?
Musste er so weit gehen, so lange warten, bis sie das Tor öffnete, die Hölle und das Chaos über Althea hereinbrechen würde?
Wäre erst dann seine Zeit gekommen?
Er musste zugeben, das würde durchaus Sinn machen. Das was ihm dabei allerdings mehr als widerstrebte war die Tatsache, dass er sich dann wirklich noch sehr lange gedulden musste.
Denn schließlich war die Freya, die er gesehen hatte, längst dem Kind vor ihm entwachsen, fast schon einer erwachsenen Frau gleich, mit all den dazugehörigen Vorzügen.
Wenn dies allerdings der Plan Ogrimars war, dass der Schlüssel an seinen Platz gebracht werden musste um das Tor zu öffnen, dann würde er diesem Plan folge zu leisten haben.
Wenn erst dann seine Zeit käme, würde es ihm umso mehr Freude bereiten, sich endgültig Freyas zu entledigen.
Alleine der Gedanke daran, rang ihm ein inneres Lächeln ab.
Doch lange konnte er den Triumph dieses Gedankens nicht genießen, denn eine schneidend, kalte Stimme durchbrach seine Überlegungen.
Woher? Unruhig sah er sich um. Wer spricht da?
Er kannte niemanden außer Haedinn, der sich der Unsichtbarkeit bedienen konnte. Was nichts heißen mochte.
Aber wenn er in die Gesichter der beiden anderen sah, erkannte er keine Verwirrung oder Ähnliches, was darauf hinwies, das auch sie die Worte vernommen hatten.
Konnte es sein, dass sie diese plötzlich auftretende Stimme nicht gehört hatten?
Wäre es ein Schauspiel, so konnte nur Haedinn es spielen. Aber Freya?
Nein, hätte sie es gehört, so hätte er mit Sicherheit eine Reaktion in ihrem Gesicht ablesen können.
Aber da war nichts, nur die immer noch blasse Erschöpfung, die ihm hilfesuchend entgegenblickte.
Schon fast war er versucht der Stimme zu antworten, sie auf ihre falschen Schlussfolgerungen hinzuweisen und sie zu korrigieren und doch er zügelte sich selbst im letzten Moment.
Konnte es ein Machtwerk von Fungus sein?
Möglich wäre es, doch wie konnte er so vieles wissen, was sich nicht in dieser Welt zugetragen hatte?
Nein, so weit reichte seine Magie nicht, dessen war er sich sicher. Soweit reichte keine Magie der hier lebenden Wesen.
Aber woher kam sie dann, was war sie oder wäre die richtige Frage nicht viel eher: Wer war sie? Und was wollte sie von ihm?
Ihn mit aller Vehemenz darauf hinweisen, dass er bei der Priesterin versagt hatte?
Nun, das wusste er bereits und er würde dieses Missgeschick mit Sicherheit wieder gut machen, sobald sich ihm die Gelegenheit bot.
Wollte die Stimme ihn auf billigste Weise verunsichern? Ihn?!
Hätte es vor Freya und Haedinn nicht lächerlich geklungen, so hätte er laut ausgelacht.
Und doch blieb ein bitterer Nachgeschmack, als sie wieder verklungen war. Etwas, das sich wie ein langsam wachsender Parasit in ihn gesetzt hatte, durch seinen Körper und seinen Geist wanderte und sich durch seine eigenen Zweifel und sein mehrmaliges Scheitern ernährte und langsam heranwuchs.
Der Fall eines weiteren großen Felsens dröhnte in seinen Ohren und ließ den Boden unter seinen Füßen erbeben.
Sollte diese Stimme nicht der Scherz seines ermüdeten Geistes gewesen sein, der seinen Unfug mit ihm trieb, so würde er sich an anderer Stelle darum kümmern müssen. Nicht hier und nicht jetzt.
Fast schon ungeduldig wollte er Freya darauf hinweisen, endlich einen Weg zu wählen.
Doch wie konnte er dies tun, ohne dass sie wieder eine ihrer tausend Fragen stellte? Fragen, die er nun nicht beantworten konnte.
Denn jede Antwort würde ihre Entscheidung beeinflussen, würde Bilder in ihrem Kopf formen und dadurch vielleicht etwas hinter den noch verschlossenen Türen heraufbeschwören, was noch schlimmer und noch grausamer war, als das was sie ohnehin erwarten würde.
Und so blieb ihm nichts, als weiter mit aufgesetzter Lässigkeit an der Wand zu lehnen und seinen Blick auf Haedinn zu konzentrieren und darauf zu hoffen, dass auch er klug genug wäre, zu erkennen, dass selbst ihm in diesem unterirdischen Labyrinth nicht mehr viel Zeit blieb.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?
Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Adrian hatte seine Hände ineinandergelegt, während er sich mit seinen Armen auf der Rückenlehne abstützte und den Worten Tanuris vorerst schweigend lauschte.
Bei Ogrimar, war diese Frau anstrengend. Sie rühmte sich mit ihrer aufgesetzten Freundlichkeit, ohne dabei einen Hehl aus ihrer aufgeblasenen Überheblichkeit zu machen. Unglaublich, aber wahr, das Ogrimar ihn erst schickte, um Tanuri zurückzuholen, nur damit sie es war, die sich ihm nun in den Weg stellte. Ehrlich gesagt hatte Adrian mit vielem gerechnet, aber das war nun unerwartet.Aber auch wenn sie mit ihrer arroganten Art trotz all der Umstände noch immer meinte, sie müsste jeden und alles anzweifeln, so unterbrach er sie kein einziges Mal, sondern liess die Priesterin all ihre Zweifel und Fragen mit der von ihr gewählten und äußerst entgegenkommenden Freundlichkeit hervorbringen. Noch einmal sollte der dunkle Lord sich nicht einen solchen Scherz mit ihm erlauben. Ob er jedoch wollte oder nicht, er musste sich dennoch damit nun wohl oder übel arrangieren, auch wenn es ihm widerstrebte Zeit für dieses unnötige Kreuzverhör zu vergeuden. Bedauerlich nur, dass er weder Verlion noch Liadan darum gebeten hatte, ihn zu begleiten, da er ein unheilvolle Ahnung hatte, wo Freya sein mochte und wenigstens dann einer der beiden dem auf den Grund hätte gehen können.
Seine Brauen hatten sich leicht nach oben gezogen, während sein Blick auf ihr ruhte. „In Ordnung Tanuri. Ihr traut mir nicht. Vermutlich traut ihr niemandem. Aber letzteres ist weniger mein Problem. Aber ich bin nicht Euer Feind.“ Sprach er mit ruhiger Stimme, die durchblicken liess, dass er keineswegs weiter das Spielchen um die Obermacht weiterzuführen gedachte.
Dennoch, war es für Adrian abzusehen, dass egal, welche Antwort er ihr liefern würde, Tanuri nur noch weitere Fragen hervorbringen würde. Immerhin schien sie mehr als anfällig zu sein für jedwede rhetorische Lücke, die sich ihr bot und ja, er ging davon aus, dass sie alles nur mit noch mehr Argwohn und Misstrauen tiefergehend hinterfragen würde. Was immer sie suchte. Es war nicht nur Wissen allein, sondern sie suchte offenbar nahezu etwas, für das sie jemanden verurteilen konnte. Keine Ahnung, wie Verlion es geschafft hatte ihr Vertrauen zu erlangen, aber vor ihm zog er wahrlich in dem Punkt seinen Hut.
„Ihr habt viele Fragen und scheinbar noch mehr Zweifel. Aber wir haben vielleicht nicht die meiste Zeit, weshalb ich es vorerst versuche, kurz zu machen.“
Fast schon amüsiert über diesen göttlichen Humor und die Ironie der Dinge, formte sich ein kurzes Lächeln. Wer genau hinsah, zuhörte und über seinen Tellerrand hinwegsah, der konnte auch aus den einfachen Dingen eins und eins zusammenzählen. Aber scheinbar stellte sie gern die Intelligenz in Frage.
„Zuerst einmal, nein. Ich hatte noch nicht das Vergnügen die Familie des Kindes kennenzulernen.“ Begann er ruhig. „Es sind allesamt Schlussfolgerungen aus den Dingen, die ich höre und sehe. Oder eben nicht sehe. Wie zum Beispiel, weder Freya, noch ihre Familie. Ich würde vermuten, dass wenn ihre Familie es wüsste, jene wohl sehr rigoros dafür gesorgt hätte, dass Naheniel ihr fernbleiben würde.“
Ja, er hatte Augen und Ohren und auch wenn Tanuri es sicherlich anzweifeln wollen würde, besaß er auch einen Verstand, den er unglaublich, aber wahr zu nutzen wusste. Auch wenn er selbst daran zu zweifeln begann, nachdem Tanuri ihm direkt nach ihrer Wiederbelebung mit solch abweisendem Argwohn begegnete.
„Des Weiteren sagtet Ihr soeben, dass Ihr annahmt, sie wäre in Lyvias Obhut. Gleiches dachte Vargus ebenfalls. Doch dann seid Ihr und die fremde junge Dame, welche im übrigen ganz sicher nicht Freya ist, mit Lyvia schwerverletzt im Felsendom gelandet.“
Nur mit einem leichten Nicken deutete Adrian auf die Türe, hinter welcher sich Syndra, Lyvia, Vargus und, wusste Ogrimar, wer noch verweilten. Seine Augen hielten dabei Tanuris Blick wohlwissend fixiert, abwartend, ob eine Regung, ein Zucken oder Blinzeln ihm im Vorfeld verraten würde, ob er mit seiner Vermutung so weit daneben lag. Doch so wie sie zuvor gefordert hatte, schilderte Adrian seine Erklärung nach bestem Gewissen, auch wenn er wohlwissend einige Details zurückhielt.
„Erlaubt mir daher die bescheidene Gegenfrage. Täusche ich mich und wenn nicht, wo denkt Ihr wird Freya wohl sein?“ Ein kleiner Funken Herausforderung lag in seinem Blick. Bewusst. Immerhin spielte jede Minute, die sie hier miteinander mit Misstrauen vergeudeten nur jemand anderem in die Karten und Adrian war sich sicher, dass auch Tanuri dies tief in ihrem Inneren bewusst war.
✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Gemahl der PriesterinTanuri Al Saher ✟ ❖ Bruder des Verlion Al Saher ❖ ❖ Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
„Ach Naheniel.“ Haedeinn schritt mit erhobenem Schwanz zu ihm hinüber und schmiegte seinen Rücken an dessen Beine. „Warum denn so abweisend? Ich wollte dem kleinen Menschenkind doch nur ihre Optionen darlegen, nicht mehr oder nicht weniger. Wieso vermutest Du gleich hinter allem einen doppelten Boden?“ Als Haedinn an Naheniels Beinen entlangstrich, gelang es ihm kaum, ein lautes und wohliges Schnurren zu unterdrücken. Am Ende war auch er nur ein Kater, der den Körperkontakt zu einem anderen Lebewesen genoss. Schließlich hatte er selbst in letzter Zeit viel zu wenig davon gehabt. Ja, Fungus Rücken war ganz nett, um seine Krallen darin zu versenken. Aber so wirklich kuschelig konnte er ihn nicht nennen, zu abstoßend waren doch die zahlreichen kleinen stinkenden Pilze, die hier und da explodierten und einen recht unangenehmen Geruch verströmten. Schnell besann er sich jedoch, bevor er völlig in die Welt des Genusses abdriftete.
„Lauschen.“ Er zeigte Naheniel ein freches Zwinkern. „Als hätte ich dies nötig. Du solltest mich besser kennen.“ Haedinn hatte es tatsächlich nicht nötig zu lauschen. Warum auch? Er war schließlich immer genau dort, wo er zu sein hatte. Auch wenn man ihn nicht sah. Dies hatte recht wenig mit Unsichtbarkeit zu tun. Dies war eine Magie, die er nicht beherrschte. Was er jedoch nur allzu gut konnte, war sich selbst, in eine sogenannte Zwischenwelt zu „teleportieren“, wie es wohl der allgemeine Volksmund nannte. Er war also immer noch da, nur, um es in einfachen Worten zu sagen, nicht mehr auf derselben Ebene mit den anderen. Im Laufe seines Lebens hatte er es perfektioniert, sich zwischen den parallel verlaufenden Welten hin- und herzubewegen und trotzdem stets das zu hören und zu sehen, was dort geschah, wo er sich zuletzt befand. Wenn der Menschenmann dies als „lauschen“ betitelte, so zeugte dies nur von seiner Unwissenheit über die Möglichkeiten, denen sich Haedinn bediente.
Mit einer letzten Berührung seines Kopfes gegen das Knie Naheniels wendete er sich wieder Freya zu, die immer noch etwas unbeholfen und verloren herumstand. „Nach Hause willst Du also, ja? Dann sag mir, kleines Menschlein, was ist ein zu Hause?“ Haedinn schien völlig unbeeindruckt von dem erneuten Grollen des Schachtes, welches sie alle erschütterte. Ob es nun durch Fungus heraufbeschworen worden war oder durch eine andere wütende Kraft, die er nicht fassen konnte. Am Ende würde er sich dem, was ihnen bevorstand so oder so beugen müssen und könnte dies nicht beeinflussen. Wieso also Angst davor zeigen? Er war zu lange ein Tier dieser Welt, um sich von leichten Erschütterungen beeindruckt zu zeigen. Vielleicht deutete er auch deshalb Naheniels plötzlich seltsamen Ausdruck als eine Irritation auf das laute Donnern.
Viel interessanter schien es ihm da doch, was das Menschenkind noch zu sagen hatte.
Weil es ihm doch recht angenehm gewesen war, seinen Körper an ein anderes lebendes Wesen zu schmiegen, tat er dies nun mit einem noch lauteren Schnurren an Freya. Er umkreiste ihre Beine, stupste sie mit seinem Kopf an und blickte dann mit treuen Augen zu ihr hinauf, als er wieder vor ihr zum Stehen kam. „Natürlich könntest Du versuchen, den Dschinns Deinen Wunsch zu äußern, sie darum zu bitten, Dich nach Hause zu schicken – wo auch immer sich das befinden mag.“ Das Grinsen um seine Mundwinkel wurde nun wieder etwas breiter und dabei zeigte er seine spitzen Reißzähne voller Stolz. „Aber Menschenkind, lass Dir eines gesagt sein. Egal, für welchen der beiden Wege Du Dich entscheiden wirst, hinter diesen befindet sich eine Tür. Nachdem Du sie durchschritten hast und sie sich hinter Dir schließt, wirst Du nicht mehr die Möglichkeit haben, zurückzukehren und einen anderen Weg zu wählen. Geschlossene Türen sollen nicht wieder geöffnet werden, dafür sind sie nicht gedacht. Deine Entscheidung ist somit endgültig und unwiderruflich.“ Seine leuchtenden Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, aus welchen er Freyas Reaktion genau zu beobachten versuchte. „Es gibt immer nur einen Weg. Welcher wird also der Deine sein?“
Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
Einer Geste gleich hatte Freya ihre Hand in die Naheniels gelegt gehabt, bevor jener ihr seine wieder entzog, als er sich an die Wand lehnte. Bei Ogrimar, wieso sollte gerade sie die Wahl treffen? Warum liess er sie damit bitte ganz allein? Etwas, dass Freya grundlegend nicht verstand, aber das sie vermutlich niemals hinterfragt hätte, wäre Haedinn nicht erschienen und hätte es auf seine subtile Weise so sehr in den Fokus gerückt.
Immerhin erschien es in Freyas Augen nun vollkommen unlogisch, da sowohl Naheniel als auch Haedinn offenbar mehr als zu genau wussten, wohin die beiden entgegengesetzten Wege führten, von denen sicherlich sie nur einer dorthin bringen würde, wohin sie wollten. Nach Hause. Also warum zum Grott noch mal sollte sie wählen? Warum sagte keiner von ihnen, welcher der Richtige war?
Ihre Pupillen wanderten bei dem Wortwechsel Naheniels und Haedinns von einem zum anderen in der vagen Hoffnung, dass sie irgendetwas aus ihren Worten ableiten konnte. Doch das wenige, was ihr zuteilwurde, verwirrte sie am Ende noch mehr. Das Einzige, was für Freya noch einmal deutlich wurde, war, dass Naheniel ihm auch jetzt nicht wirklich zu trauen schien.
Somit wuchs ihr Misstrauen unterbewusst gegenüber dem Katzengetier und dämpfte sogar das aufkeimende Mitleid jenem gegenüber, als Haedinn sie fragte, was ein Zuhause sei. Wahrlich, sie kannte das Gefühl noch zu gut, diesen Begriff selbst nicht zu kennen. Immerhin, wie lange hatte sie selbst kein wirkliches Zuhause gehabt und hatte einfach Dinge getan, um ein trockenes Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit im Bauch zu haben.
Auch wenn er aufgrund seiner ramponierten Erscheinung und seiner offensichtlichen Suche nach ein wenig Nähe in Freya ein wenig Mitgefühl hervorrief, so steckte er trotz allem mit diesem hässlichen Fungus unter einer Decke und wozu jener fähig war, darüber wollte sie nicht weiter nachdenken. Vielleicht war dies einfach nur eine Masche und nein, darauf würde sie ganz bestimmt nicht reinfallen wollen. Leicht verengten sich ihre Augen hinter den in ihr Gesicht gerutschten schwarzen Haarsträhnen, als sie den Kater trotzig anfuhr.
„Wenn Du nicht lauscht und für deinen hässlichen Freund spionierst, was willst du denn dann? Uns helfen offenbar nicht, also...“ Irritiert wandten sich ihre großen blauen Augen auf das Wesen, welches sich einfach schnurrend an ihre Beine schmiegte und sie mit seinem Kopf fast nach Aufmerksamkeit ringend anstupste, bevor sie hilfesuchend zu Naheniel sah, als würde sie jeden Moment einen herrischen Kommentar von ihm erwarten, welcher jedoch ausblieb.
Sie bemerkte dabei zwar eine gewisse Unruhe in seinem Blick. Doch diese Unruhe galt aber scheinbar ebenso ihr sowie des Gebaren des Katers, denn die Augen Naheniels wirkten eher so, als blickten sie nachdenklich ins Leere. Vermutlich war es das Grollen der Erde sowie vielleicht einen Funken Ungeduld seinerseits, dass sie endlich eine Entscheidung treffen sollte, welche ihm diese nervöse Anspannung in sein Gesicht schrieben.
„Hey lass das!“ Stellte sie daher selbst dem Katzentier erst mal gegenüber klar, dass er sich lieber wieder an anderen Dingen herumschuppern sollte, aber nicht an ihr. Mitleid und Verständnis hin oder her. Er gehörte zu er Raupe und war daher ganz klar kein Freund. Daher waren alle seine Worte sowieso unwichtig für sie. Nein, er sollte verschwinden. Ganz einfach.
Gerade wollte sie dies in Worten hinzufügen, denn den Faden zudem, was sie Haedinn eigentlich an den Kopf hatte werfen wollen, hatte sie eh schon verloren, als ein heftiges Erschüttern Freya vor Augen führte, dass die Zeit des Nachdenkens, Hinterfragens und des Trotzes sich dem Ende zuneigte. Der Boden unter ihren Füßen erzitterte von Neuem. Dieses Mal jedoch mit solcher Intensität, dass sie selbst Halt an der Wand des Tunnels suchen musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, während unter einem lauten Krachen Erde und Gestein um sie herum zu Boden gingen.
„Ihr beide scheint die Wege zu kennen, aber wollt mir offenbar nicht sagen, welches der richtige ist.“ Monierte Freya mit leicht hörbarem Trotz, während ihr Blick besorgt über die Höhlendecke glitt. Nachdem sogar Naheniel die Bürde der Entscheidung auf ihre Schultern abgeladen hatte und sowohl er als auch Haedinn ihr nicht einmal erklärten, wieso sie diese Wahl treffen sollte, musste sie nun eine Wahl treffen. Eine Wahl, die ihr mehr als gruselig erschien, aber das Zittern der Erde nahm nicht ab. Bei Ogrimar, dann war es nun an ihr zu tun, was getan werden musste, bevor alles um sie herum einstürzen würde und sie hier lebendig begraben werden würden.
Kurz nur schloss Freya ihre Augen und versuchte jedwede Zweifel, Wenn und Aber beiseite zu streifen, während die Steine um sie herum geräuschvoll zu Boden gingen und in tausend kleine Splitter zerbarsten. Beim dunklen Lord, wo war sie da nur reingeschlittert. Ihre Finger glitten haltsuchend über die kantigen, scharfen Steine, welche unter ihren Fingerkuppen vibrierten und zitterten, als wären sie in einer steten Schwingung.
Eigentlich gab es nur eine Entscheidung in Freyas Augen. Einen Ort, wo sie vielleicht ein paar Stunden zur Ruhe kommen konnten. Eine Ruhe, die sie beide brauchten. Keine Ahnung, ob der Kater die Wahrheit sprechen mochte oder sie nur verunsichern wollte und warum auch Naheniel sich in Schweigen hüllte, obwohl die Entscheidung im Grunde so klar war. Aber tief in ihrem Inneren hatte Freya sowieso eigentlich schon längst eine Wahl getroffen und bei Ogrimar, wenn nun einer der beiden es wagen würde, noch mal auf so geheimniskrämerische Weise diese zu hinterfragen, dann würde sie dafür deutliche Worte finden.
Freya wusste, wohin sie wollte, was sie in diesem Moment wollte und welches der wahrscheinlichere Weg war, auf dem Naheniel und sie dieses finden würden. Und das war vermutlich nicht die Wüste. Schließlich, auch wenn sie nicht ein so wundervolles Zimmer erwartete wie daheim, so würde doch eine sichere kleine Hütte wie die von Naheniel mehr als ausreichen. Ein kleiner sicherer Ort, wo sie sich wärmen und ein paar Minuten die Augen schließen konnten. Einen Apfel essen oder einfaches klares Wasser trinken. Mehr brauchte es nicht. Hatte es nie.
Hörbar entließ Freya die Lust aus ihren Lungen, als sie die Augen aufschlug und ihren Blick auf Naheniel fokussierte. Mit ihm an ihrer Seite hatte sie sich immer sicher und geborgen gefühlt. Fast so sicher wie bei ihrem Papi. Aber jeder brauchte einmal eine Pause. Sogar ihr Papi, was sie mittlerweile wusste, aber sichtlich nun auch Naheniel. Von ihr selbst ganz zu schweigen.
„Gehen wir.“ Kam es mit einer für sie fast selbst fremden Entschlossenheit über ihre Lippen, ohne zu sagen wohin. Das bedurfte es nicht, denn die Buchstaben auf dem Schild tanzten frohlockend und verkündeten die Richtung die sie gewählt hatte, als Freya zielstrebig den ersten Schritt in den Gang wagte. Die Stadt der fallenden Berge.
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit. ~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
„Was für eine überaus interessante Wahl, Menschenkind. Zu gerne würde ich wissen, was Dich zu dieser Entscheidung bewogen hat. Ich mag nicht mehr in einem Stück sein, ob das nun die Verfassung meines Geistes oder meines Körpers beschreibt, mag an dieser Stelle frei zu interpretieren sein. Blind bin ich allerdings nicht. Und so ist es meiner Aufmerksamkeit nicht entgangen, dass Du und der Menschenmann es etwas eilig zu haben scheint. Dabei ist Eile eine solche Verschwendung.“ Das Grinsen, das ohnehin schon breit genug geworden war, als Freya die Stadt der hängenden Berge genannt hatte, zog sich nun über beide Ohren hinweg. Wahrscheinlich hätte es sogar den ganzen Kopf umrundet, wenn dies denn möglich gewesen wäre. „Aber etwas gekränkt fühle ich mich nun doch, da Du wohl offenbar meine Nähe nicht wirklich zu schätzen weißt.“ Mit aufgesetzter Erschrockenheit riss er seine leuchtenden Augen auf, hob seine vordere Pfote und schnupperte in auffälliger Lautstärke an dieser. „Rieche ich für Dich etwa nicht angenehm? Nun, ich muss zugeben, vielleicht habe ich es in der letzten Zeit etwas an Pflege mangeln lassen, aber dass Du mich direkt so abstößt. Nein, besonders nett ist das von Dir nicht, Menschenkind.“ Und doch erstarb sein breites Lächeln nicht. Im Gegenteil, es wirkte nun umso amüsierter.
„Wie auch immer,“ knapp zuckte er mit seinen schmalen Schultern, was in Anbetracht seines knöchernen Körpers mit den seltsamen Zeichnungen darauf etwas seltsam anmutete, „Du hast eine Entscheidung getroffen und scheinst Deiner sehr sicher zu sein. Richtig und falsch, das sind Wörter, deren Bedeutung in dieser Welt eine völlig andere haben, als in der Deinigen.“ Noch während er sprach war er Freyas entschiedenem Schritt gefolgt, der in die Stadt der fallenden Berge wies. „Nur Wenige finden den Weg, den sie betreten sollen. Manche wiederum erkennen ihn nicht, selbst wenn er mit leuchtenden Buchstaben gewiesen wird. Und wieder andere, die wollen den Pfad, den sie betreten sollen, nicht sehen.“ Haedinns Augen leuchteten nun noch heller auf, wechselten von grün in ein warnendes Rot, bevor sie in strahlend, sattem Gelb aufglimmten. Auch wenn sie sich deutlich dagegen gewehrt hatte, so strich er abermals um ihre Beine, glitt zwischen ihnen hindurch, gar so, als bestünde sein Körper nicht aus fester Materie. Das Grinsen löste sich aus seinem Gesicht, schwebte zu ihrem Kopf hinauf und „sah“ sie direkt an.
„Wenn Du den Weg nicht kennst, ist es ohnehin egal, welche Richtung Du einschlägst. Aber eines solltest Du immer in Deinem kleinen Köpfchen bewahren.“ Er erhob seine Pfote und klopfte einige Male mit seiner Kralle an ihre Stirn, während sein körperloses Grinsen immer noch in der Höhe ihrer Augen auf- und abschwebte.„Jede Entscheidung trägt gewisse Konsequenzen mit sich. In welche Richtung diese sich für euch beide entwickeln werden, dies wird sich noch früh genug zeigen. Versuch nicht ihnen zu entgehen, es würde sowieso keinerlei Wirkung haben.“ Und so wie seine Worte immer leiser wurde, verschwand auch sein Körper wieder in das Nichts, aus welchem er entstanden war. Nur sein Grinsen zeichnete sich noch deutlich von der dunklen Höhlenwand ab. „Denke immer daran, Deine Gedanken und Zehen beisammen zu behalten, niemals rückwärts zu gehen und Deinen Kopf nicht zu verlieren.“ Mit jenem „Ratschlag“ verglomm auch sein Grinsen und es blieb nichts zurück, außer die kleinen glühwürmchenartigen Lebewesen, die sie tanzend umschwirrten.
Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
Sicherlich war sie sogar einen Moment versucht gewesen, sich trotzig auf den Boden zu setzen und gar nichts zu machen, bis einer der beiden den Mund aufmachen würde. Es kam ihr zumindest für einen Moment in den Sinn.
Stattdessen ignorierte Freya den Kater. Zumindest dem Anschein nach. Was auch immer er und vielleicht sogar Naheniel vor ihr zu verbergen versuchten, sie würde es schon noch herausfinden.
Sollten sie nur schweigen oder in Rätseln sprechen. Keine Ahnung, was der verflohte räudige Kater ihr mit seinen wundersamen Worten mitteilen wollte, aber in einer Sache wusste Freya bereits sehr wohl, dass er recht hatte. Jede Entscheidung führte zu Konsequenzen. Allerdings konnte Freya diese hier dank der geheimnisvollen Umschreibung des Katers und dem verstummten Naheniel sich in keiner Form ausmalen, was es in diesem Fall bedeuten sollte. Es konnte alles bedeuten oder auch nichts. Eine Warnung sein oder ein schlechter Scherz, um vielleicht sogar Zwietracht zu schüren.
Als Haedinn vor ihr her schwebte, konnte sie weder ihren Unmut noch ihre Skepsis länger verbergen. Beim dunklen Lord, wie machte er das überhaupt bitte. Dieses Verschwinden und wohin ging er.
Mit verengten Augen und einer unausgesprochenen Wut blickte das Mädchen in die bunten Pupillen des Streuners. Ja, sie war zornig und sie spürte, wie alles in ihr brodelte und rumorte, fast so wie die Erde unter ihnen, weil sie scheinbar als einzige keine Ahnung hatte und sicherlich auch genau deshalb den nächsten Fettnapf mit vollem Elan erwischen würde.
So gern sie Rätsel und Herausforderungen normalerweise mochte, so sehr widerte es sie gerade in diesem Moment an. Dass Naheniel und auch dieser räudige Streuner mehr wussten, war so offensichtlich. Allerdings, wieso sie dennoch Freya gefühlt in ein offenes Messer laufen ließen, war für sie jedoch nicht klar.
"Halt den Mund, wenn du mir nicht sagen willst, welches der richtige Weg ist! Oder warum vielleicht der falsche!"Herrschte sie ihn in jenem Moment an, als er sich vor ihren Augen dematerialisierte und in Hunderte kleiner Glühwürmchen zersprang.
Seufzend blickte sie auf die kleinen schillernden Lichter, welche vor ihnen davon in alle Himmelsrichtungen flogen. Vermutlich hatte er sie nicht einmal mehr gehört und eine Antwort? Nun die würde sie darauf auch nicht mehr bekommen.
Es war frustrierend. Kein Moment der Ruhe, alles tat ihr weh, sie war müde und durcheinander und zudem wuchsen die Zweifel immer mehr. Konnte sie Naheniel wirklich vertrauen? Immer wieder waren es die kleinen Dinge, die jenes schwelende Feuer schürten. Er verheimlichte ihr etwas. Etwas, dass sie wissen sollte, da war sie sich sicher.
Aber warum redete er nicht mit ihr?. Ja das Warum war immer wieder die quälende Frage. Aber so sicher, wie Freya auf all die anderen Dinge keine Antworten erhalten hatte, konnte sie sich hierbei sicherlich direkt die Frage ersparen. Vermutlich würde seine Antwort ähnlich lauten, wie die der anderen Erwachsenen. dass sie es nicht verstehen würde oder zu klein und dumm wäre.
Kurz glitt ihr verengter Blick von den schillernden Insekten zu Naheniel, bevor sie ihren Blick nach vorne wandte."Kommst du oder willst du den anderen Weg nehmen." Kam es aufgrund der Umstände zickiger über ihre Lippen, als Freya angedacht hatte, aber sie wollte nur noch hier raus. Er hatte ihr die offene Wahl überlassen und wenn etwas dagegensprach, dann bitte, sollte er sich nicht länger in Schweigen hüllen. Immerhin konnte in jedem Moment, der Tunnel einstürzen.
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit. ~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
Abermals hatte sie ihm mit der gebotenen Aufmerksamkeit zugehört und ihn, der Höflichkeit wegen, nicht unterbrochen. Es mochte durchaus auch sein, dass es auch der deutlich spürbaren Erschöpfung geschuldet war, dass sie sich mit ihren eigenen Worten zurückhielt und noch dazu wäre ihr danach gewesen, sich wieder zu erheben. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass er durch seine Verweigerung sich zu setzen die Ablehnung ihr gegenüber deutlich zur Schau stellte, gepaart mit seiner flapsigen Art, sich an die Lehne des Stuhls zu positionieren.
Doch so wie er ihr die Kraft, die aus ihr verschwunden gewesen war, wiedergegeben hatte, so schwand sie langsam wieder dahin. Vielmehr noch breitete sich ein deutliches Unwohlsein über ihren Körper aus, welche sie auf diese Weise noch nicht verspürt hatte. Etwas hatte sich verändert, seitdem er seine Magie über sie gewirkt hatte. Sie fühlte das unbändige Leben in sich, aber dieses war begleitet von etwas anderem. Auch wenn sie nicht wusste, was geschehen war, so übermannte sie eine bedrückende Sicherheit, dass nicht alles Leben in Gänze in ihr verblieben war, welches sie kurz zuvor in sich getragen hatte.
Zu gerne hätte sie ihn zu Rede gestellt und wäre ihm mit ihrer gewohnt arroganten und selbstüberzeugten Art entgegen getreten. Doch noch wusste sie nicht, was sie in sich fühlte – oder eben nicht mehr fühlte. Und ob er für die Veränderung verantwortlich war, die sich mit jeder Minute die verstrich, deutlicher manifestierte. Schließlich hatte sie sich selbst nur zu gerne auf einem gefährlichen Pfad bewegt, war am Abgrund entlangbalanciert und hätte sich vielleicht dazu entschlossen, sich in ihn fallen zu lassen. Wenn das, was auch immer geschehen war, ihre eigene Schuld war, dann würde sie dies mit ihm ganz gewiss nicht besprechen.
So versuchte Tanuri sich nichts anmerken zu lassen, nichts von dem aufkeimenden Schmerz und dem Gift, welches das, was lebte, drohte mit sich zu reißen.
Im Moment blieb ihr somit nichts anderes, als sich auf sein kleines, selbstgefälliges Spiel einzulassen. Ihre Aufmerksamkeit musste alleine Freya gelten. Denn wenn das, was er ihr unterschwellig versuchte zu sagen, der Wahrheit entsprach und Freya nicht bei Lyvia war, so hatte sie bereits eine düstere Vorahnung dessen, bei wem sie sich vielleicht aufhalten mochte.
So wenig ihr diese Tatsache gefiel, Adrian schien vorerst die einzige Möglichkeit zu sein, mehr über Freyas Verschwinden herauszufinden und diese zurückzuholen. Wenn sich schon niemand anderes um ihren Verbleib kümmerte, sie tat dies sehr wohl. Und nicht nur aus dem Grund, dass Tanuri sich sehr wohl darüber bewusst war, welche Verbundenheit zwischen Naheniel und Freya bestand und sie sich durch ihr offensichtlich unerschütterliches Vertrauen in ihn in sehr gefährlichen Gefilden bewegte, nein, sie sorgte sich um sie. Freya mochte allem voran ihre Schülerin sein und welche Bestimmung ihr die Prophezeiung auferlegt hatte, war für den Verlauf der Geschichte dieser Welt von unermesslicher Bedeutung. Doch tief in ihrem Herzen, von welchem viele dachten, es bestünde einzig und allein aus Eis und Stein, bedeutete das Mädchen ihr so viel mehr. Nun, da sie wusste, zu was ihr Bruder fähig war, begann sich ihre Sorge in Angst zu wandeln.
„Nun, Adrian. Warum ich Euch nicht traue, dürfte Euch nicht weiter verwundern. Glaubt mir, nur weil Ihr Euch nun sichtlich in dem zurückhaltet, was Euch eigentlich auf der Zunge liegt, spricht der Ausdruck in Eurem Gesicht Bände.“ Ein knappes Lächeln zuckte über ihre Mundwinkel, während sie ihn unverhohlen musterte. „Diesen habe ich bereits so viele Male zuvor gesehen und so wenig wie Ihr mir mit dem nötigen Respekt begegnet, begegne ich Euch. Mit Eurem Vertrauen mir gegenüber, dürfte es auch nicht sonderlich gutstehen, da Ihr es immer noch nicht geschafft habt, mir zu sagen, wo Freya ist und woher Ihr dieses Wissen bezieht. Somit lasst mich Eure Worte bestätigen: Mit Sicherheit stehen wir auf der gleichen Seite und verfolgen das gleiche Ziel. Dennoch bedeutet dies noch lange nicht, dass ich Euch aufgrund dessen nach dem Mund rede und vor Euch kusche. Oder Euch gar mein bedingungsloses Vertrauen schenke. Gleiches Recht für alle, nicht wahr?“ Sie tat es ihm gleich und hob ihre Brauen nach oben und blickte ihn fragend an, obwohl es eine Frage war, derer es seinerseits keiner Antwort bedurfte.
„Aber wir wollen uns nicht weiter mit diesen Feinheiten aufhalten. Wie Ihr bereits selbst sagtet, die Zeit drängt.“ Schon längst wäre ihr danach gewesen, ihn des Doms zu verweisen, allerdings nicht ohne ihm davor das Wappen ihrer Gilde mit einem mehr als zufriedenen Lächeln abzunehmen. Doch sein Wissen und sein Können schienen durchaus eine tragende Rolle zu spielen, für die sie über seine unangebrachte Art und Weise ihr entgegen zu treten hinwegsehen musste. „Ihr scheint doch ohnedies bereits zu wissen, dass meine Informationen fehlerhaft sind. Denn diese stammen von Vargus. Wollt Ihr Euch die Gewährung einer Gegenfrage nicht für etwas wesentlich Sinnvolleres aufheben als für eine Frage, deren Antwort Ihr bereits kennt?“
Tanuri verschränkte ihre Arme vor der Brust und unterdrückte ein weiteres Mal den plötzlich aufkommenden, stechenden Schmerz in ihrer Bauchregion, der sich immer weiter hinaufzog und sie daran erinnerte, dass Zeit wirklich etwas war, von der sie im Moment nicht allzu viel vorzuweisen hatte. „Erspart es uns beiden also, Euch weiterhin verschwommener Aussagen zu bedienen. Ihr habt mir bereits bewiesen, dass Ihr mehr wisst, als ich es tue.“ Dass Lyvia gemeinsam mit ihr und einer Unbekannten zurück im Felsendom gelandet war, hatte sie doch etwas irritiert. Warum hatte sie Vargus hinsichtlich Freyas und Lyvias Verbleib belogen? Und um wen mochte es sich bei der Frau handeln, die mit ihnen den Weg in die heiligen Hallen des schwarzen Lords gefunden hatte? Oder war die Frage danach, warum sie gemeinsam mit ihnen hier gelandet war vielleicht sogar wesentlich wichtiger?
Ungeduldig klopfte sie mit abwechselnd mit ihren Fingern auf ihren Oberarm. „Entweder Ihr habt mir nun etwas zu berichten oder Ihr habt es nicht.“
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!
~~Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~
Anführerin der Legion des Schattens Frau des Adrian Al Saher Mutter der Nymeria Al Saher
Beim dunklen Lord, hatte dieses Gör es tatsächlich gewagt, ihm gegenüber diesen derart zickigen Tonfall an den Tag zu legen?
Dieses Balg war wirklich mehr als lästig und ganz eindeutig fehlten ihm noch dazu Manieren. Zu schade, dass er nicht die Fähigkeit der Nekrospinnen besaß und sie in Wort wie auch in Bewegung lähmen konnte. Vielleicht sollte er sich einmal mit vor der Brust verschränkten Armen vor sie stellen und darüber jammern, wie sehr ihn diese ganze Situation in der er sich befand seitdem sie sich zum ersten Mal begegnet waren, nervte. Wie wenig es ihn begeisterte dieses kleine Anhängsel an seinem Bein zu haben und ständig dafür Sorge zu tragen, dass ihr alles genehm war.
Womöglich sollte er sich zur deutlichen Untermalung seines Unmuts und der Unverfrorenheit ihres Tuns noch auf den Boden werfen und laut über die Ungerechtigkeit zu schreien beginnen.
Im Moment hätte ihm wirklich der Sinn danach gestanden, einfach den anderen Weg zu wählen und sie hier sich selbst zu überlassen.
Vielleicht würde sie dann endlich erwachsen werden, wenn niemand mehr neben ihr stand um sie an der Hand zu nehmen. Erwachsen.
Die Erinnerung an die vergangene Vision prallte mit voller Wucht auf ihn ein, drückte gegen seine Kehle und schnürte ihm die Luft ab.
Wie gerne hätte er das verdrängt, was er gesehen hatte. Doch er konnte sich nicht gegen das versperren, was vielleicht seine Zukunft war.
Und wenn es eben Ogrimars Wille war, ihm auf diese Weise an seine Seite zu holen, als seinen Krieger gegen den Abschaum, dann würde er sich seinen Wünschen beugen.
Sie mochte der Schlüssel sein, der das Reich Ogrimars öffnete, aber er würde derjenige sein, der gemeinsam mit dem dunklen Herrscher die Verdammnis über diese Welt bringen würde. Mit einem knappen abfälligen Zucken seiner Nasenflügel verdrängte er diesen fast unwiderstehlichen Drang, seine großen Hände um Freyas schmalen Hals zu legen und ihr auf ganz altmodische Art und Weise das Leben zu nehmen.
Es wäre ihm ein Hochgenuss, ihr dabei in die sterbenden Augen zu sehen, die dann nicht nur das Leben verlören, sondern noch dazu jegliches Vertrauen in alle, die sie doch als ihre Freunde und Familie betitelte.
Wen, außer ihn, hatte sie denn noch? Bisher schien sich niemand darum zu scheren, wo sie abgeblieben war.
Oh, wie schmerzhaft konnte die Erkenntnis des Verrats sein. Mit etwas Glück würde Ogrimar es ihm als Belohnung für seine Geduld und sein Durchhaltevermögen gegenüber dem unerzogenen und immer unerträglicher werdenden Gör gestatten, sie nach der Erfüllung ihres Zwecks zu vernichten.
Diese Aufgabe würde er mit offenkundiger Freude annehmen und jede Sekunde davon zelebrieren.
Was erwartete sich dieses Kind eigentlich von ihm?
Dass er für ihren kleinen „Ausflug“ zunächst einige Speisen zusammenpackte, Bonbons und Kakao bereithielt und unter den letzten Fetzen seiner verbrannten Robe einen Nachttopf für ihre Notdurft bereit hielt? Wohl kaum. Aber nun gut, er musste sich zusammennehmen und ein weiteres Mal ein sanftes Gesicht auflegen um das kleine Prinzesschen nicht noch mehr in Missmut zu treiben, egal wie lästig ihm das erschien.
Gute Miene zu einem bösen Spiel. Zu seinem bösen Spiel.
„Du bist müde, nicht? Und hungrig mit großer Sicherheit auch.“
Naheniel ging zu ihr hinüber, ließ sich vor ihr auf eines seiner Knie hinab und in seinen Augen konnte sie so etwas wie Reue erkennen.
Das der Kater verschwunden war, kümmerte ihn nicht weiter. Er kannte Haedinn und wusste sehr wohl, dass dieser sich die weiteren Geschehnisse wohl kaum entgehen lassen würde.
Vorerst sollte es ihm allerdings ganz recht sein, dass dieser nicht noch weiter mit seinem dämlichen Grinsen um sie herumsprang. „Ich weiß nicht, wie oft ich mich noch dafür bei Dir entschuldigen soll, Dich in diese Lage gebracht zu haben.
Glaube mir, wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, ich würde es tun. Wahrscheinlich ist es sogar unentschuldbar.“
Leise seufzte er und strich dabei mit seiner Hand über ihre kleine Schulter. „Sobald wir diese gefährlichen Tunnel hinter uns gelassen haben, werden wir uns einen Platz suchen, an dem wir uns ausruhen können.
Und ich werde für Dich etwas zu Essen und zu Trinken suchen. Das verspreche ich Dir.
Du musst nur noch ein klein wenig durchhalten, ja?“
Und reiß Dich gefälligst zusammen, bei Ogrimar. Nachdem er ihr ein letztes entschuldigendes Lächeln geschenkt hatte, erhob er sich wieder und griff nach ihrer Hand um diese in die seine zu legen. Dann zeigte er mit einem Kopfnicken in den Tunnel, den sie gewählt hatte und der nun vor ihnen lag.
Er war schmal und nebeneinander würden sie keinen Platz haben. „Keine Sorge, ich bleibe hinter Dir. Sollte ein weiteres seltsames Ungetüm auf uns zukommen, werde ich Dich vor ihm beschützen.“
Mit einem sanften Druck seiner Hand deutete er Freya, sich auf den Weg zu machen. Das Rumoren des Donners durch die Wucht der fallenden Steine war nicht weniger geworden und wer konnte schon sagen, wie lange Fungus Bauwerk noch halten würde?
Zögerlich hatte Freya einige weitere Schritte in den Tunnel gemacht, den sie ausgewählt hatte.
Naheniels Blick wanderte über ihren Kopf, hinab zu ihrem Hals, der hinter ihrem langen schwarzen Haar verborgen war. Ein wehmütiges Seufzen kam über seine Lippen. So verführerisch, so einladend.
Und doch beließ er seine Hand in der ihrigen und gemeinsam setzten sie den Weg durch den dunklen Tunnel fort.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?
Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
„Mit allem Respekt, Ihr handelt mit gefährlichem Halbwissen, welches euch schnell zu Trugschlüssen verleitet.“Erwiderte er mit ruhiger Stimme, nachdem die Priesterin ihren kleinen Monolog beendet hatte. Dass sie meinte seine Intentionen und Gedanken aus seinem Gesicht ablesen zu können, war damit nicht das Einzige, was er anspielte, sondern auch, dass er nur die Fakten um Freya, die sich ihm offenbarten, lediglich zusammengesetzt hatte. Weder hatte er Kenntnis davon wo sie war, noch was mit der Priesterin und ihrem Gefolge geschehen war.
Adrian hatte lediglich die Puzzlestücke aus dem wenigen, was er in Erfahrung gebracht hatte, zusammengesetzt und jene schürten nur mehr seinen Verdacht und den Drang dieser düsteren Vorahnung nachzugehen. Schließlich war seine Aufgabe hier erfüllt, die Priesterin lebte immerhin. „Der einzige Grund, weshalb ich min Wissen nicht umgehend mit euch teile, ist, dass ich Prioritäten setze.“
Was hatte Ogrimar sich nur gedacht. Sicherlich brachte er der Priesterin einen gewissen Respekt entgegen. Zumindest nach all den Dingen, die er über sie gehört hatte, war der Weg, den sie bisher beschritten hatte, selten ein leichter gewesen. Durchaus war es sogar nachvollziehbar, dass sie ihm nur ein geringes Maß an Vertrauen entgegenbrachte. Misstrauen war sicherlich etwas, zu dem er ihr auch raten würde, denn nur wenigen Masken dieser Welt verbargen sich die Dinge, die sie nach außen hin verkörperten.
Nein, er hatte weder von ihr erwartet, dass sie ihm nach dem Mund redete oder gar vor ihm zurückwich. Wäre dem so, hätte er Ogrimars Wahl seiner weltlichen Vertretung ein wenig in Zweifel stellen müssen. Ein schwacher Geist wäre wohl mehr als deplatziert an jener Stelle.
Trotzdem einen gewissen Vorschuss an Vertrauen hatte Adrian sich durchaus erhofft, was die Angelegenheit einfacher gestaltet hätte. Nun saß er einer Furie gegenüber, welche wie eine trächtige Löwin ihre Krallen ausgefahren hatte und allem, das ihr zu nahe kam, die Augen auskratzte. Wunderbar in Anbetracht der Tatsache, dass er eigentlich in die Schatten zurückkehren wollte. Nun war es ein schmaler Grat, auf dem er sich bewegte. Besonders in Anbetracht all der Dinge, die er ihr im Grund auch noch offenbaren musste.
So blieb ihm nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder er würde nun der Priesterin das zu hören geben, was sie hören wollte, um ihre von der Nahtod verwirrten Launen zu besänftigen oder aber er würde sie stehen lassen und ihr damit die Genugtuung geben, ihn in der Luft zerreißen zu können, obwohl er lediglich ihrer Aufgabe nachging und nach dem Kind suchen wollte.
Vielleicht hätte er sich die Zeit genommen, wenn er sie gehabt hätte, um sein Wissen in Grenzen mit ihr zu teilen. Aber genau davon hatten sie nicht allzu viel. Kurz blickte Adrian zur Tür. Dachte er wirklich darüber nach? Bei Ogrimar. Eigentlich hatte er es sich etwas anders vorgestellt. Neben jener Resignation, seine Optionen neu überdenken zu müssen, kehrte auch ein kühler Ernst in seinen Blick zurück.
„Da Ihr“ ,er machte eine kurze Pause, in welcher er offenbar nach dem richtigen Wort suchte, um den Umstand, den er wiedergeben wollte, zu beschreiben, „nicht ansprechbar gewesen seid, als Ihr im Tempel angekommen seid, ist sicher auch einiges an Zeit vergangen, zwischen Euren Worten mit Vargus. Zeit, in der einiges geschehen scheint. Was genau wisst nur Ihr und die beiden Damen, die in Vargus Obhut sind.“ Liess er seinen Satz enden, während sein Blick sich auf Tanuri intensivierte.
Weder wollte er Zwietracht säen, noch ein falsches Zeugnis über einen Glaubensbruder ablegen. Es reichte schon, dass die Priesterin ihm mit solchem Argwohn begegnete. Argwohn und Vorsicht, die an anderer Stelle angebrachter gewesen wären.
Fraglich war immer noch, was genau alles geschehen war. Darüber hatte er keinerlei Kenntnisse und je mehr Zeit er hier damit verschwendete, Rechenschaft abzulegen, umso mehr Gelegenheiten räumte man anderen ein, um den Keil tiefer zu treiben. Denn an einer Sache zweifelte er nicht.
„Freya ist bei Naheniel“ sprach er seinen Gedanken mit einer solchen Überzeugung aus, dass ihm bei dieser Gewissheit darin beinahe selbst sich die Magengegend zusammenzog. Aber er war sich dessen so sicher wie dem Umstand, dass Tanuri ihn hier nicht ohne Erklärungen durch die Tür schreiten lassen würde. Dennoch schien der dunkle Lord seine Pläne umzulenken. Denn auch wenn Tanuri es nicht offen zeigen wollte, so war es schwer vor ihm zu verbergen, dass etwas nicht in Ordnung war.
Sehr wohl bemerkte er, wie Tanuri, ihre Arme vor dem Bauch verschränkte. Ein Blick in das Blau ihrer Augen verriet ihm jedoch, dass es allerdings kein trotziges oder selbstsicheres Gebaren war, so wie sie es vielleicht wirken lassen wollte, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Ein kurzes erschrockenes Zucken ihrer Pupillen gab ihm preis, dass es vielmehr von dem herzurühren, was unter ihrem Herzen ruhte. Sie würde doch nicht etwa ausgerechnet jetzt? Dunkler Lord, wehe dem. Diese Form des göttlichen Humors war vieles, aber nicht lustig.
„Ist alles in Ordnung, Tanuri?“ Instinktiv hatte Adrian sich aufgerichtet und sein eindringlicher Blick ruhte unverhohlen, nach einer wahren Antwort fordernd auf der Priesterin, während der ernste Tonfall seiner Stimme dieses noch zusätzlich untermalte.
„Auch auf die Gefahr hin, dass Ihr mich ohrfeigt, aber Ihr solltet Euch vielleicht wieder hinlegen.“ Verflucht, so schnell sollte der Verfall doch nicht vonstattengehen, weshalb er annahm, dass unter den gegebenen Umständen ihre Niederkunft sich nähern mochte. Welch bösartige Ironie des Schicksals. Er hatte ihr sicher noch einiges zu sagen, nicht nur Freya betreffend, aber scheinbar lief für ihn an allen Fronten die Zeit ab. „Ich verspreche Euch auch, all Eure Fragen zu beantworten und nicht wegzulaufen.“
Auch wenn die Versuchung vorhanden war, die Gunst der Stunde zu nutzen und umgehend das Weite zu suchen, umrundete er stattdessen langsam den Stuhl und trat an Tanuri heran. Dieses sture Weibsstück musste sich schonen, ob sie wollte oder nicht. Weder ihr noch dem Kind taten nach allem, was geschehen sein mochte, jedwede Anstrengungen gut. Sie beide würden alle Kraft bald brauchen.
Sanft legte er seine Hand auf ihre Schultern, und auch wenn Adrian wusste, dass er sich auf gefährliches Terrain begab, beugte er sich dennoch zu ihr hinab, um ihren Blick zu suchen. „Oder soll ich Vargus holen?“ Seine Stimme gewann bei der Frage ein ungewöhnliches Maß an Ruhe und Wärme, während seine Augen sie tiefgründig musterten, und dabei hinter die Fassade von Sturheit und Arroganz zu blicken versuchten, um die Wahrheit hinter ihrer vermeintlich folgenden Antwort erkennen zu können.
✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Gemahl der PriesterinTanuri Al Saher ✟ ❖ Bruder des Verlion Al Saher ❖ ❖ Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖