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Naheniel
Dorfältester / Dorfälteste
Beiträge: 198
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#301

Beitrag: # 52277Beitrag Naheniel »

Scharf sog er die Luft ein, zuckte allerdings kaum merklich zusammen, als sich ein kleiner Schnitt auch auf seiner bärtigen Wange zeigte und sich von jenem ein Blutstropfen löste, der langsam seinen Weg hinabsuchte und erst an seinem Kinn innehielt.
Er hob seine Hand, strich mit seinem Daumen über das Kinn, rieb jenen gegen seine anderen Finger und betrachtete das Blut mit einem leisen Schnalzen seiner Zunge. Dann erst fixierte er das Auge vor sich wieder mit seinem Blick.
„Würdest Du wohl endlich aufhören, mein Hab und Gut zu beschädigen?
Hat Dir Deine Mutter etwa nicht beigebracht, dass man behutsam mit dem Eigentum anderer umzugehen hat?“

Falsches Bedauern schlich sich auf seine Züge, als er weitersprach:
„Am Ende will nämlich sonst niemand mehr mit Dir spielen. Ziemlich traurig, nicht?“

Naheniels Gesicht wandelte sich wieder zu einer kühlen, undurchdringlichen Maske, die nur ein leichtes Zusammenziehen seiner Brauen zuließ. „Selbst ein Händler Deines Formats, weiß doch wohl um die Gepflogenheiten und hält sich an die Regeln.“
Mit festem Blick bedachte er das Auge von Fungus, zeigte dabei jedoch keinerlei Regung.
Der gewisse Grad an Sorge, den er um das Wohlbefinden Freyas hatte, wusste er gut in seinem Innersten zu verbergen.

Es konnte doch wahrlich nicht sein, dass er seit Monaten all seine Kraft dahingehend investiert hatte um sie irgendwie in seiner Nähe zu halten und an sich zu binden, nur um sie nun an ein Wesen, das nicht mehr war als ein maßlos aus der Form geratener Wurm mit bedeutend zu vielen Beinen und Armen, mit denen er allerdings durchaus nur allzu gut umzugehen wusste, zu verlieren.
„Was Deine Intelligenz betrifft, nun ja…“ ein erheitertes Lächeln zuckte über seine Mundwinkel und stahl sich hinauf zu seinen blauen Augen, „darüber können wir gerne zu einem anderen Zeitpunkt diskutieren.“

Es wäre töricht gewesen anzunehmen, dass es Fungus Aufmerksamkeit entgangen wäre, wenn es tatsächlich seine Absicht gewesen wäre, Freya auf einem Markt zu verscherbeln.
Mit Sicherheit, sie würden den ein oder anderen passieren müssen und einige der hiesigen Händler würden ihre gierigen Hände nach ihr ausstrecken. Aber da ihm nichts ferner lag, als das was er hier behauptete, hatte er die kleine Hoffnung gehabt, Fungus würde ihre Anwesenheit gar nicht erst bemerken.
Ein Schnitzer, den es nun galt, irgendwie wieder gut zu machen.
Fungus war nicht unbedingt das gefährlichste Wesen, welches ihnen begegnen konnte. Allerdings, wenn ihm seine Rückkehr nicht verborgen geblieben war, noch dazu mit einer recht ansehnlichen und brauchbaren Begleitung, würde es nicht lange dauern, bis weitaus unangenehmere Gesellen ihren Weg kreuzen würden.
Er musste sich an dieser Stelle wohl doch das Eingeständnis machen, dass zwar vieles von seinem Geist erschaffen worden war, es aber auch Dinge, Wesen und Begebenheiten gab, die seiner Kontrolle doch mehr entglitten waren, als er es zunächst zugeben mochte.
 

Was ihm allerdings nicht entging, war, dass das Auge für einen kurzen Moment nach oben zuckte.
Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, an dem es irritiert von etwas zu sein schien.
„Weißt Du, Fungus. So nett es auch ist, sich mit Deinem hübschen zierlichen Auge zu unterhalten, wäre es nicht langsam angebracht, sich von Angesicht zu...“ er stockte kurz, musste er doch überlegen, was es war, das Fungus als Gesicht diente.
Es gab tatsächlich nichts passendes, was ihm dafür einfallen mochte, weshalb er es einfach unterließ, dem was auf Fungus Kopf war, eine Beschreibung zu geben,
.... was auch immer, zu unterhalten?“

Offenbar schien er von etwas gestört worden zu sein.
Hatte er nicht sogar selbst eine leise, raue Stimme gehört? Schwer zu sagen, bei all dem, was alles um ihn herumflatterte und seinem Tagesgeschäft nachging.
Vielleicht war es aber Naheniels Gelegenheit, um wieder in das Geschehen einzugreifen oder etwaige Möglichkeiten durchzuspielen, wie er an Freya herankam ohne selbst beträchtlichen Schaden zu nehmen.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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Lyvia
Schmied / Schmiedin
Beiträge: 65
Registriert: Fr 14. Jan 2011, 12:52

#302

Beitrag: # 52279Beitrag Lyvia »

Sie spürt den kalten und irgendwie vertrauten Steinboden unter sich und hebt nur mit Mühe den Kopf. Tanuri...und die Fremde...beide sind da. Sie hat es geschafft beide mitzunehmen, stellt sie trotz ihrer offensichtlichen Erschöpfung nicht ohne Stolz fest. 
Ihr Blick fällt auf den mächtigen dunklen Altar und ein leiser Dank formt sich in ihren Gedanken, bevor sie auch schon verschwommen eine Gestalt auf sich zueilen sieht. Vargus oder einer der Tempeldiener? Sie kann es nicht sagen. Die Erschöpfung trübt ihren Blick und lässt sie immer wieder leicht abdriften, während sie mit aller Macht versucht, wach und bei Bewusstsein zu bleiben. 

Sie sind verletzt…sie brauchen Hilfe...

murmelt sie leise. Zu leise, wie sie befürchtet, also wiederholt sie die Worte diesmal hoffentlich laut genug. 
Erneut fällt ihr Blick auf den Altar und sie überlegt angestrengt, ob ihre Kraft noch reicht für ein Gebet. Wobei das Gebet weniger das Problem als vielmehr der Weg zum Altar. Doch zumindest hat sie darin immer Trost aber auch ihre Stärke und Kraft gewonnen. Gute Gründe es wenigstens zu versuchen, ob die den Altar nicht erreichen könnte. Vorsichtig richtet sie sich ein wenig auf und schätzt die Strecke. Das müsste sie schaffen, wenn auch nicht gerade würdevoll, denn sie würde hin kriechen müssen auf allen Vieren. Doch an aufstehen ist nicht einmal zu denken, zumindest so viel ist klar. 
Zuerst müssen die Wunden Tanuris versorgt werden, Zeit für sie selbst ein wenig Kraft zu finden, um sich erneut in deren Bewusstsein versenken zu können. Es muss ihr einfach gelingen sie zurückzuführen, ungeachtet des Preises, den es vielleicht kosten könnte. Die unerwartete Geste Tanuris reißt sie jedoch aus ihren Überlegungen und macht alle achso tollen Pläne erstmal zunichte.

Tanuri!

flüstert sie leise...die Kraft die Stimme zu erheben ist ihr nicht mehr gegeben…während ihr Blick auf der Hand Tanuris ruht die ihr Handgelenk umklammert. Zum ersten Mal durchzuckt sie so etwas wie Hoffnung. 

Tanuri...

doch diesmal dringt kein Laut über ihre Lippen. Den Blick fest in Tanuris geschlossene Augen gerichtet dringt es wie ein Schrei durch ihr Bewusstsein. Ob die Verbindung, die sie vorher im Tempel aufgebaut hatte, noch nachhallt und Tanuri diesen Ruf vernimmt, als ein kleines Leuchtfeuer, welches den Weg weist? Sie weiß es nicht, wirklich nicht, doch gerade ist sie bereit einfach alles zu versuchen, während sie ihre freie Hand auf, die der Priesterin legt. 

Fast zeitgleich spürt sie eine vertraute Hand auf ihrer Schulter. Auch ohne den Kopf zu heben, weiß sie wem diese Hand gehört und wer ihr da versucht beizustehen und auf diese Weise Kraft zu geben. 

Vargus hinterfragt ihre Art schon lange nicht mehr. Er hat akzeptiert, dass sie so ist wie sie ist und vieles auf ihre ganz eigene Art sieht und macht. Auch wenn jene so gar nicht zu der der altehrwürdigen Sehern passt und in jeder Beziehung eigentlich das absolute Gegenteil ist. Würde und Bedacht sucht man ihr jedenfalls vergeblich. Und doch ist es vielleicht gerade der Umstand das sie so anders ist, der notwendig ist, damit sie den ihr gestellten Aufgabe gerecht werden kann. 

Doch an all das verschwendet sich gerade weder sie noch Vargus auch nur einen Gedanken. Es hat nur einen Wink von ihm bedurft und fähige Heiler waren herbeigeilt, um sich den körperlichen Blessuren der beiden Damen noch vor Ort anzunehmen, nachdem er mit sichtlichem Schreck festgestellt hat, wen Lyvia da in den altehrwürdigen Dom gebracht hat, um wen es sich bei einer der beiden reglosen Gestalten handelt. Bei Ogrimar! Die Priesterin und für einen Moment hat er die gewohnte ehrwürdige Ruhe verloren und sich einem Moment der Panik hingegeben. Wie gesagt...einen Moment lang, der genauso schnell verstreicht, wie er sich seiner bemächtigt hatte. 

Syndra wurde alsbald auch gleich in einen der hinteren Räume verbracht, um ihre Wunden in einer angemessenen Umgebung versorgen zu können. Nur was die Priesterin betrifft zögert er. Wohl war ihm die Bewegung Tanuris aufgefallen mit welcher sie nach Lyvia griff und lediglich ein Gefühl sagt ihm, dass er jene Bindung derzeit lieber nicht trennt. Heiltränke kann man ihr auch hier einflössen…ebenso wie die schlimmsten der Wunden versorgen. Doch eben jenes Gefühl sagt ihm auch, dass die offensichtlichen Wunden wohl das geringere Übel sind.
 
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Fungus
Kräuterkundiger / Kräuterkundige
Beiträge: 17
Registriert: Mo 26. Apr 2021, 18:51

#303

Beitrag: # 52280Beitrag Fungus »

Natürlich hätte Fungus mit Haedinn rechnen müssen. Besonders, nachdem der Kater und er sich schon  so lange kannten. Einst waren es geschäftliche Dinge gewesen, die sie miteinander verbunden hatten und aus denen in all der Zeit etwas wie eine Symbiose geworden war, die einer Freundschaft am nächsten kam.

Auch wenn Haedinn im Grunde ein miserabler Geschäftsmann war, so war er dennoch einer der besten, wenn es darum ging, sich Informationen zu beschaffen, Informationen zu streuen und hin und wieder auch mal einen uneinsichtigen Geschäftspartner seine Meinung überdenken zu lassen oder ihn aus dem Weg zu schaffen, wenn er lästig wurde.

Im Gegenzug bezahlte Fungus die Spielschulden des Katers und gewährte jenem, der verzückt von dem Duft seiner Sporen und Ausdünstungen zu sein schien, dass jener sich hin und wieder daran berauschte.

So wie auch jetzt, als er sich wie ein kleiner Welpe auf seinem Rücken herumrollte und schnurrte, als würden die achtarmigen Spinnen von Nephil persönlich seinen Bauch kraulen, um nur Sekunden später so zu tun, als wäre nichts gewesen. Ein Spiel, was er gut und gerne mehrfach wiederholte und dabei immer wieder seltsame Geräusche und Töne von sich gab.

Aber so leichtfüßig wie der Kater sich bewegen konnte, bekam Fungus oftmals beim Genuss seiner Pfeife gar nicht mit, wenn jener räudige Streuner sich heimlich heranschlich und auf seinem Rücken oder Bauch einrollte, um seine Wunden zu lecken oder seinen Rausch auszuschlafen.

Unglückseliger Streuner. Vermutlich hatte er sich wieder mal auf ein Spielchen mit dem Hasen oder den Zwillingen eingelassen und dabei noch immer nicht bemerkt, dass sie ihm immer wieder Käse unterjubelten und ihn anschließend im Glücksspiel wie eine Weihnachtsganz auszunehmen wussten, da er nicht mehr Herr seiner Sinne war. Der fehlende Stiefel war ein deutliches Zeichen dafür, weshalb er ihm wohl kaum irgendwelche Reichtümer anvertrauen würde.
   
 „Bin ich so leicht zu durchschauen?“
  
kam es leise aus seinem Mund oder vielmehr Maul, bevor er einen Zug von der Pfeife nahm. Tatsächlich überdachte Fungus die Möglichkeiten.
    

„Immerhin war sein Platz einst dort wo nun der Hintern des Kaisers thront. Ob es schlechter oder besser war nun. Sagen wir einfach man tauscht Pest und Cholera.
Allerdings bin ich überzeugt, auch er hier wird uns ein Angebot machen können. Oh ja. Er ist überheblich, aber kein Idiot.“
  
Kurz blickte Fungus zu Freya und etwas wie ein zwielichtiges Lächeln suchte das, was man seine Züge nennen mochte, heim.  
     

„Und wenn nicht, so bleibt noch immer die Option ihn dem Kaiser oder auch dem dunklen General und seinen Schatten auszuliefern. Angebot und Nachfrage.“
          
Immerhin, wer sich die Zeit nahm alle Optionen abzuwägen, trug den größten Gewinn davon, wenngleich die hohe Kunst am Ende darin bestand, dass man die Beteiligten immer wieder bis zum Äußersten gegeneinander ausspielte,  um ein Maximum herauszuholen ohne, dass man den Bogen überspannte oder sich vielleicht einen Feind dabei machte. Alles eine Frage des Fingerspitzengefühls im übertragenen Sinne.

Besonders viel Fingerspitzengefühl hatte Fungus immerhin nicht unbedingt bei Freya bewiesen. Wie zerbrechlich dieses kleine Ding offenbar war, hatte er auch kaum erahnen können.  Vielleicht hatte Haedinn nicht Unrecht. Er senkte sein Auge und liess das offenbar bewusstlose Mädchen auf der Pilzkappe nieder, während vier seiner Augen auf dem Kater ruhten. Dieser Fisch durften sie nur nicht von der Angel lassen.

Wohl kaum war Fungus entgangen, dass jener an derselben Stelle einen Kratzer davon getragen hatte, wie das zierliche Wesen, das zerbrechlicher als ein Teeservice zu sein schien. Doch würde er sich kaum direkt mit diesem Wissen brüsten. Immerhin so war das Wissen darum noch für ihn unter Umständen von Vorteil. Ein Vorteil, den sein nahendes gegenüber noch nicht kommen sah. Zumindest, wenn er sich nicht getäuscht hatte, was er jedoch kategorisch ausschloss.
   
„Pass auf sie auf. Immerhin, vielleicht Haedinn, haben wir hier den Fang unseres Lebens gemacht.“
      
sagte er leise, aber nicht zuletzt auf eine Art und Weise, die sehr deutlich machte, dass jener mehr als nur ein Auge auf dem Mädchen sollte, während er sich nun vollkommen großmütig Naheniel widmet, den man schließlich schon lang genug hatte warten lassen.
   
 „Meine Intelligenz im Augenblick zu beleidigen ist ein ebenso unkluger Schachzug, wie mich anzulügen, alter Freund. Aber Du hast vielleicht nicht Unrecht.
Reden wir von Angesicht zu Angesicht, bevor wir uns darin verstricken, wer mit Unhöflichkeiten und mangelnder Etikette begonnen hat. Es bringt niemanden einen Schritt weiter."
   
Fungus nahm einen tiefen Zug von seiner Pfeife und liess ihn tief in seine Lungen dringen, bevor eine rötliche Rauchwolke seinen Mund verließ. Blutrot senkte sich der von offenbar so etwas wie Sporen durchsetzte Nebel langsam hinab und legte sich wie Pollen auf Pflanzen und Blätter. Die Pilze vor Naheniel begannen zu wachsen, während der Rauch sich legte, so dass jene nach und nach so etwas wie eine Treppe formten und einen Weg freigaben, welcher Naheniel hinauf zu Fungus, Haedinn und Freya führen würde. Oder wie er es nennen würde, eine Einladung dem ehrenwerten Fungus Peditus ins Angesicht zu sehen.
   
"Wir  kennen uns schon lange genug, da braucht es doch nicht diese zeitraubenden Gebärden. Wir wissen alle, dass Du nur noch eine Hand voll Verbündete hast.
Und jene Zahl deiner loyalen Freude ist noch geringer.  Alleine werdet ihr es nicht einmal in einem Stück bis zur Grenze der Wüste von Thraa schaffen, geschweige denn bis zu den Ebenen der Himmelsquallen.
Also sei mein Gast und erzähle uns, was Dich herführt. Vielleicht können wir hilfreich sein."
   
Wie warmer Honig kamen die Worte über seinen Mund, fast schon anbiedernd, doch vollkommen bewusst gewählt.  Langsam zogen sich seine Tentakelauge wie die Fühler einer Schnecke zurück und Fungus nahm eine entspannte Haltung ein, während er die Optionen dieses kleinen Fangs abwog. Er vertraute dabei dem Streuner durchaus, dass er das kleine Ding mehr als gut im Auge behielt und bewachte oder wusste, was zu tun wäre, wenn es aufwachte, wieder laut wurde oder Anstalten machen würde herum zu zappeln oder gar zu fliehen versuchte.

Nur der alten Freundschaft wegen und vielleicht auch, um alle Seiten zu hören, erlaubte Fungus Naheniel  einen letzten Versuch zu unternehmen, ihm die Wahrheit für sein Auftauchen zu schildern.. Erst dann würde er darüber entscheiden, ob er das laute Ding und Naheniel ausliefern würde oder, sofern es Naheniel gelang ihn mit einem entsprechend unmoralischem Angebot zu überzeugen, vielleicht sogar jenem seine Unterstützung zukommen liess. Allerdings selbstredend nur, sofern es für ihn von Vorteil war.
Fungus Pedites
- Ein Vertrag ohne Kleingedrucktes ist das Werk eines Idioten -
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Syndra
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Registriert: Fr 27. Mär 2020, 20:37

#304

Beitrag: # 52281Beitrag Syndra »

Der Schmerz, der Syndras Körper erbarmungslos erfasst hatte, als die Knochensplitter des Vampirs sich wie messerscharfe kleine Geschosse in ihren Körper bohrten, war so überragend, dass er sie hatte besinnungslos werden lassen.

Dennoch, sicherlich würde Syndra es wieder tun. Auch wenn Tanuri zu jenen Personen gehörte, die es in ihren Augen am wenigsten verdienten. Doch ging es Syndra dabei ganz gewiss nicht um die Priesterin selbst, jenes arrogante, von sich mehr als selbstüberzeugte Weib. Nein, bestimmt war sie ihr im Grunde nicht annähernd etwas wert. Erst recht nicht ihr Leben für sie zu geben. Anders jedoch verhielt es sich mit dem Wissen Tanuris. Jenes Wissen, mit dem diese sie überhaupt erst hatte ködern können.

Auch wenn die Chance gering war, so war es die einzige, die Syndra geblieben war. Darum und NUR darum würde sie bevor der Vampir Tanuri das Leben rauben könnte, eher ihr eigenes opfern, als dabei zu zusehen, wie vielleicht die letzte Möglichkeit ihre Magie zurück zu erlangen wie Wasser zwischen ihren Fingern verrinnen würde.

Der Tod war da im Zweifelsfall gnädiger, als ein Leben mit der Bürde einer solchen Unvollkommenheit mit der man sie zurückgelassen hatte. Eine Unvollkommenheit, Syndra vollends ihren Eltern, mit ihrer vorgeschobenen Sorge und leeren Versprechen zuschrieb.

Dennoch, so es Ogrimars Wille war, würde Syndra entweder Erfolg haben, oder aber vielleicht schon bald die Gelegenheit finden, ihren Erzeuger im Reich des einzig Wahren gegenüberstehen zu dürfen und die längst überfälligen Erklärungen einzufordern. Noch immer war es ihr unbegreiflich und es glich ihrem Verständnis nach mehr einem Verrat, als jener fadenscheinigen Ausrede sie vor einer Bedrohung schützen gewollt zu haben. Welch‘ falsche Hoffnungen sie doch gehabt hatte.

Nutze deinen Verstand, noch vor deiner Macht.  Sollte für sie noch nicht die Zeit gekommen sein, so würde Syndra dennoch jenen einen Rat  ihres Vaters in ihrem inneren weitertragen.  Und ja verdammt, sie wollte leben. Eine van Darc gibt weder auf, noch versteckt sie sich. Sie kämpft.

Was auch immer der Weg sein würde. Wenigstens war der körperliche Schmerz nur von kurzer Dauer, bevor die Welt um Syndra herum schwarz geworden war und nichts als ein traumloser Schlaf sie eingehüllt hatte, während das Leben langsam aus ihrem Körper sickerte.

Ihr war weder bewusst, dass der Zauber, auf den sie alles gesetzt und den sie mit letzter Kraft gesprochen hatte, sie erfolgreich fortgebracht hatte, noch wohin er sie geführt hatte. Wohl kaum war jener Ort es gewesen war, der sich in ihren Gedanken manifestiert hatte. Bei seiner finsteren Lordschaft. Wohl kaum. Denn lieber wäre sie an ihrem eigenen Blut erstickt, als dass sie eine dieser Götzendienerinnen an sich herangelassen hätte.

So war es vermutlich der Wille Ogrimars vielleicht gewesen, dass jene Bognerin sie gefunden und zusammen mit Tanuri in den Felsendom gebracht hatte, wo man sie sogleich in einen der hinteren Räume schaffte, um sich um ihre Wunden zu kümmern.

Khoron, der nun schon seit einiger Zeit unter Vargus dem Tempel des einen diente, sah nur, wie die anderen Tempeldiener Syndra zu ihm brachten, während Vargus selbst  offenbar sich um die Priesterin und die andere Seraphim zu kümmern gedachte. Pflichtgerecht dachte er auch nicht weiter darüber nach, was dort vielleicht vor sich gehen würde, denn er Herr selbst hatte ihm das Schicksal dieser jungen Dame aufgebürdet.

Ihre Haut war benetzt von kleinen fiebrigen Schweißperlen, während ihr vor kurzem noch seidiges Haar nun in wirren tiefschwarzen feuchten Strähnen an ihrem Körper klebte. Ein feines rotes Rinnsal rann über ihre Lippen hinab und vermengte sich zusammen mit dem Blut, welches ihr aus der Nase lief, auf den Laken und zeugte deutlich davon, dass die Verletzungen nicht nur äußerlicher Natur waren.

Sein Blick glitt über den teuren Stoff der dunkelblauen Robe, welcher an mehreren Stellen tiefdunkle Schatten aufwies, dort wo das Blut von Wunden den Stoff tränkte. Irgendwelche Geschosse mussten sich in ihre Brust getrieben haben. Ein einfacher Heilzauber würde die Wunden sicherlich schließen, aber vorher musste er sicher sein, dass alle Fremdkörper entfernt worden waren.

„Gebt Ihr Mohnblütensaft. Aber beim dunklen Lord seid vorsichtig damit.“ Wies er pragmatisch die anderen an, bevor er mit einer rasiermesserscharfen Klinge den Stoff der Robe durchtrennte, um einen Blick auf die Wunden zu werfen. Scharf sog er die Luft ein, als er die eins, zwei drei,... fünf Eintrittswunden sah, in denen so Etwas wie Knochen zu stecken schienen. Kleine scharfe Geschosse mit üblen Widerhaken.

Was auch immer es gewesen war, das junge Ding hatte Glück gehabt,  noch schlug ihr Herz kräftig. Wäre sie nicht hier gelandet, nun dann würde der einzig Wahre sie in seinem Reich begrüßen dürfen. Wobei, nein, er sollte den Tag nicht vor dem Abend loben. Ein ehrfürchtiger Glanz überzog seine Augen. Da hatte Ogrimar ihm wahrlich eine Aufgabe gestellt. Er krempelte die Arme seiner tiefschwarzen Robe hinauf und machte sich ans Werk.

„Verdammt, ich sagte, gebt Ihr mehr von dem Mohnblütensaft! Sie kommt zu sich.“  Flatterhaft blinzelten ihre Lider, während die weit entfernte Stimme Khorons in ihre Gedanken drang. . „Muss ich alles selber machen?!“


Ein grausamer Schmerz durchfuhr Syndras Körper. Allein das Luftholen erschien ihr wie eine Qual. Instinktiv vergruben sich ihre Finger in den Laken und krallten sich hinein, um Halt zu suchen. Alles drehte sich und sie fühlte sich benommen.
 
Was war geschehen? Wo war sie? Was war mit der Priesterin und dem Vampir? Nur bruchstückhaft kehrten die Erinnerungen vorerst zurück, während sie langsam ihrem Dämmerschlaf entstieg, Sie sah nur schemenhaft Menschen um sich herumeilen und hörte gedämpft die pragmatischen stimmen, die irgendetwas tuschelten. Verdammt wer waren die Leute und wo war die Priesterin?

„Tanuri!?“ kam es leise röchelnd über ihre Lippen, bevor Syndra schmerzverzerrt ihr Gesicht verzog. Aber das hätte Syndra erahnen können, nachdem das Atmen selbst einer Folter glich. Dennoch wollte sie es hören. Hören, dass die Priesterin am Leben war.

„Oh verdammt noch eins. Gebt ihr mehr von dem Mohn. SOFORT!“ herrschte Khoron die umherstehenden an, während er sich umgehend an ihr Bett setzte und sich über sie beugte. Offenbar musste man sich selbst um die wirklich wichtigen Dinge kümmern. „Ganz ruhig. Bewegt Euch nicht. Keine Sorge Mylady. Tanuri ist hier. Alles ist gut. Aber Ihr braucht jetzt Ruhe.“

Syndra spürte, wie man ihr etwas an die Lippen hielt mit der stummen Aufforderung, was auch immer es war, es zu trinken. Nur schemenhaft nahm sie jene schattenhafte Silhouette des Tempeldieners wahr, der zu ihr hinabblickte. Doch Syndra wollte zuerst sicher sein und drehte ihren Kopf sträubend fort, auch wenn jene Weigerung sie umgehend mit einem ermahnenden Schmerz abstrafte.


Ihre schlanken Finger entließen die Laken, nur um sich mit aller, ihr verbliebener Kraft um sein Handgelenk zu legen.

„Lebt sie?“ kam es als kraftloses Flüstern über ihre Lippen, während ihr leicht weggetretener Blick auf Khoron ruhte. „Tanuri lebt und befindet sich in den besten Händen. Vertraut mir.“ versicherte Khoron ihr mit beruhigender Stimme, wobei er abermals die Phiole auffordernd an ihre Lippen führte.

Vertrauen. Welch Ironie, dass jeder verlangte, dass sie ihm vertrauen sollte. Vertrauen war ein Wort, dem sie keinerlei Wert zusprach. Doch die Schmerzen selbst waren zu stark, so dass sie widerwillig, aber schlussendlich fügsam, den Inhalt der Phiole hinunterschluckte und das Gefühl hatte sie würde dabei ersticken.

„Schlaft ein wenig. Ihr braucht Ruhe, damit die Wunden heilen können.“ Hörte sie ihn noch leise sprechen, bevor sie wieder in einen Dämmerschlaf glitt.

Skeptisch blickte er auf jene fünf wahrlich fiesen Knochensplitter, die er der jungen Dame mit filigranem Fingergeschick aus dem Fleisch gezogen hatte und die nun blutig in einer kleinen Schale auf dem Tisch standen . Wahrlich hatte sie Glück gehabt. Immerhin hatte der eine sich bis in ihre Lungen gekämpft. 

Mit einem harschen Blick sah er die anderen Tempeldiener an. „Wenn sie sich regt, sagt mir sofort Bescheid.  Kein Rumlungern, keine Umwege. Ich schaue derweil, ob Vargus meine Hilfe brauchen kann.“   Er hatte sein bestes gegeben. Doch auch wenn die Zauber die Wunden geschlossen hatten,  so würde eine unbedachte ruckartige Bewegung ausreichen, um alles zunichte zu machen und vielleicht ungeahnte und irreparable Komplikationen mit sich bringen. Ein paar Stunden Schlaf waren somit nun das wichtigste, erst dann würde Khoron mit Sicherheit sagen können, inwiefern er von einem Erfolg sprechen konnte.
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Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht man diesem gewährt, die Gegenwart noch zu beeinflussen. ~
❖Niemand kann sehen, was verborgen liegt. Niemand vermag es zu stehlen, was dir gehört.❖
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Naheniel
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#305

Beitrag: # 52283Beitrag Naheniel »

Klug, unklug. Wer konnte schon so genau sagen, was in der Anwesenheit jener seltsam gestalteten Wesen klug war?
Es war einzig und allein Aktion und Reaktion. Mehr wäre ihm derzeit nicht möglich.
Ja, mit Sicherheit, auch jetzt, während er schon fast gemächlich die Treppe aus bunten Pilzkappen hinaufschritt, versuchte er seine nächsten Züge genau zu durchdenken. Aber auch das musste er zugeben, es war unmöglich, alle Möglichkeiten bis zum Ende durchzuspielen.
Selbst wenn er sich für eine Variante entscheiden würde, die ihm als recht erfolgreich schien, konnte er völlig daneben liegen.

Als er seinen Fuß auf die letzte Stufe setze und sowohl Fungus wulstiger Körper, als auch Haedinn in sein Blickfeld gerieten, war er versucht seine Augen zu schließen und innezuhalten. Vielleicht auch einfach umzudrehen, die Stufen wieder hinabzusteigen und einfach seiner Wege zu gehen.
Er hatte nicht erwartet, dass es mit Freya ein fröhlicher Spaziergang durch jene Welt werden würde, die er vor so vielen Jahren nur in seinem Geist geschaffen hatte und die heute lebendiger und eigenständiger war, als er es je für möglich gehalten hätte. Aber, dass sie innerhalb kürzester Zeit bereits über Fungus und Haedinn stolpern würden, damit hatte er nicht gerechnet.
Bei seinen letzten Besuchen war es ihm recht gut gelungen, ihnen aus dem Weg zu gehen.
Schließlich hatte er nicht vergessen, dass er nach wie vor mit beiden von ihnen eine Rechnung offen hatte. Zu welchen Gunsten diese ging, darüber wollte er gerade nicht erinnert werden.
Es konnte also nur an dem Mädchen an seiner Seite liegen, die die Bewohner aus all ihren Löchern hervorholte und sie anlockte, wie das Licht die Motten.  

„Kater.“ kam es ihm trocken über die Lippen.
„Wieso verwundert es mich nicht, Dich hier auch anzutreffen?“ Es zeigte sich ein schmales Lächeln auf seinen Lippen.
Das sollte des Willkommensgrußes genug sein. Keiner von ihnen wollte sich hier noch groß mit Höflichkeiten aufhalten und lange genug kannten sie einander um zu wissen, dass untereinander darauf kein wirklich großer Wert gelegt wurde.
Sein Blick glitt stattdessen kurz zu Freyas reglosem Körper hinüber, bevor er sich mit einem genervten Seufzen zurück an Fungus wand.
„Großartig. Also wenn Du das da,“ er deutete mit einem lustlosen Wink gen Freya, „darunter verstehst, etwas was nicht Dir gehört nicht zu beschädigen, dann wundere ich mich wirklich, wie Du zu Deinem ganzen Gold gekommen bist.“
Abermals seufzte er schwer, trat auf Freya zu und ließ sich auf ein Knie zu ihr hinab.
„Selbst wenn Du im Recht sein solltest und meine Aussage bezüglich meines Vorhabens mit ihr nicht ganz der Richtigkeit entsprach, was denkst Du, soll ich nun mit diesem Ding hier, das mehr einem umgekippten Kartoffelsack gleicht, als einem lebendigen Wesen?“

Er nutzte seinen abfälligen Kommentar, um die Hand nach Freya auszustrecken und ihr vorsichtig über das Gesicht zu streichen, in der Hoffnung, dort ihren warmen Atem auf seiner Haut zu spüren.
Dennoch ließ er seine Augen dabei nicht ab von Fungus. Er wollte sich nicht noch mehr verraten und das Kind zu seinen Füßen direkt ansehen.
Sorge und Angst, das hatte man nicht mit seinem Besitz. Zumindest nicht in der Welt von Fungus.
Für ihn galt einzig und allein: Egal, ob mit einem Herzschlag oder ohne, Ware war Ware und es wäre vergeudete Zeit, sich dieser mehr zu widmen als nur der Berechnung des Gewinns.  

Trotz der Antipathie gegenüber seines massiven Gegenübers, kam Naheniel nicht umhin, Fungus bis zu einem gewissen Grad recht zu geben. Die Reise die sie angetreten hatten, war alles andere als einfach. Wohin auch immer sie führen würde, die Wüste von Thraa würden sie nicht umgehen können.
Und damit auch die bösartigen Dschinns, die dort zwischen den Wüstenburgen und Dornenpalästen herrschten.
Natürlich hatte er einen gewissen Plan in seinem Kopf, wohin ihr Weg sie führen würde. Denn schließlich verfolgte er durchaus einen Zweck damit, sie hierher geholt zu haben.
Aber wenn es so weiterging, dass dieses Kind in jede noch so kleine Falle trat, die sich vor ihren Füßen befand, würde dies ein recht kurzer Ausflug in „sein“ Reich werden.   

Fungus, wir wissen beide gut genug, dass Du nichts tust, ohne Dir daraus einen Vorteil zu ziehen und Dein Geschäft daraus besteht, einzig und allein einem dienlich zu sein. Und zwar Dir. 
Warum also sollte Dir danach sein, mir hilfreich sein zu wollen?"


Immer noch befand er sich neben Freya auf einem seiner Knie, hatte die Hand mittlerweile jedoch von ihr zurückgezogen. 
Gespürt hatte er ihn, ihren Atem. Leicht, aber dennoch deutlich vorhanden. Sie war also noch soweit ein ganzes Stück, um selbstständig atmen zu können. 
Abschätzig sah er hinauf zu Fungus, welcher mit seiner Pfeife mittlerweile tanzende kleine Rauchkringel in die Luft entließ. Konnte er etwa ein Lächeln auf seinen seltsam anmutenden Zügen erkennen?
Konnte es sein, dass dieses dicke Etwas von einer Raupe tatsächlich amüsiert war? 
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Fungus
Kräuterkundiger / Kräuterkundige
Beiträge: 17
Registriert: Mo 26. Apr 2021, 18:51

#306

Beitrag: # 52286Beitrag Fungus »

Oh, amüsiert war gar kein Ausdruck für das, was dafür sorgte, dass  er ausnahmsweise sich zu einem Lächeln hinreißen liess.
    
„Vielleicht haben wir beide einfach falsch angefangen. Selbstverständlich ist das Mädchen dein.
Ob Besitz oder nicht doch, vielleicht sogar ein Welpling von Dir?“
    
Nun Fungus wagte einfach eine solche Hypothese in den Raum zu stellen. Immerhin waren Naheniel und das kleine Ding von der gleichen Art und Beschaffenheit. Nur das Ding war eben kleiner. ein gar nicht so abwegiger und uninteressanter Gedanke, wie er einräumen musste, auch wenn es dann sicherlich nicht zuträglich war, wenn das Ding nun wirklich beschädigt oder kaputt wäre.
    

„Ich bin mir sicher, es wird schon wieder aufwachen.“
    
kommentierte Fungus jenen Tadel Naheniels, so als könnte ein solches kleines Missgeschick doch mal passieren.
    

„Und wenn nicht, nun dann werde ich Dir sagen wir, hm, dreißig Prozent vom Gewinn ihrer Haut und Innereien zukommen lassen. Abzüglich weiterer Gebühren für das Häuten und Ausnehmen versteht sich.“
    
Alle sechs Augen schienen in eine unterschiedliche Richtung zu rotieren, während Fungus bereits sichtlich zu kalkulieren begann.
      

So beschäftigt, wie er mit den Zahlen in seinem Kopf war, nahm er zwar wahr, dass Naheniel nach dem Ding schaute, aber ihm entging dennoch, dass jener über ihre Wange strich. Eine Geste, die somit niemals stattgefunden hatte, denn immerhin wäre dem so, hätte Fungus es selbst mit eigenen Augen gesehen. Hatte er aber nicht. Daher prüfte er offenbar nur, ob er irgendwelche Regressansprüche stellen konnte. Etwas, das Fungus selbstredend unter Freunden klären wollte.
    

„Du weißt selbst, dass die Welt rau und ungerecht ist und nur die stärksten überleben.“
    
 Oder jene, die bereit sind die stärksten dafür zu bezahlen. Eine gewisse Logik, die alle Anwesenden selbst schlussfolgern konnten.
     

„Daher, alter Freund, entschuldige ich mich für mein mangelndes Fingerspitzengefühl und gewähre dir im Falle ihres Ablebens auch fünfzig Prozent des Gewinns.
Die Stiefel jedoch bekommt Haedinn. Schließlich braucht sie diese dann nicht mehr.“
    
Seiner Meinung nach, war das erstmal mehr als nur ein großzügiges Angebot, doch war er noch nicht fertig.
   

Nein er witterte, dass Naheniel nicht ohne Grund zurückgeehrt war und genau deswegen bemühte er sich darum, dem ganzen weiter auf den Grund zu gehen. Immerhin würden sich irgendwelche Machtverhältnisse verschieben, auch wenn es im Moment noch unwahrscheinlich klang, so würde Fungus sicherlich wie so fot gerne einen seiner vielen Füße gerne in der Tür haben.
    

Daher ging stattdessen auf Naheniels Frage ein, die ihm zugegebener Weise abermals ein überaus überhebliches Lächeln auf sein Antlitz zauberte. Langsam fokussierten seine Augen wieder sein Gegenüber.
   

„Wir kennen uns schon so lange und du wirfst mir einen solchen Egoismus vor?“
   
erwiderte Fungus gespielt verletzt. Immerhin, was war mit seiner fast schon selbstlosen Geste für Haedinn in punkto Stiefel? So ungerecht. Und doch wussten sie beide, dass Hilfe immer einen Preis hatte und niemand jemand anderem einfach etwas aus freien Stücken schenkte. 
    

„Habe ich Dir in der Vergangenheit das ein oder andere Mal mit meinem Wissen dienlich sein können.  
Auch wenn der Dank dafür noch immer auf einem Schuldschein prangt. Nicht wahr?“
   
Letzteres waren leise Worte, die mehr einer Randbemerkung glichen. Doch auch jene sollte er ruhig hören.
   

Langsam und mehr als ungewöhnlich für Fungus schleifte er seinen Körper fast majestätisch ein wenig näher an Naheniel heran. 
 

Ja einst, als er noch ein kleines Insekt gewesen war, in den Anfängen der Schöpfung, hatte Naheniel ihn benutzt, um an Informationen zu gelangen. Dass er Fungus neben seines damalig unscheinbaren Erscheinungsbildes gewählt hatte, schien heute jedoch einfach nur undenkbar. Doch jene Größe hatte Fungus nicht immer besessen. Etwas, dass neben seinen Kräften, die Naheniel ihm verliehen hatte, sich um ein vielfaches vergrößert hatte. Aber in welcher Form. Nun vielleicht würde jener es noch herausfinden.
    

Er zog an seiner Pfeife und blies kleine Kringel in Richtung Naheniels.
    
„Nun, ich bin mir sicher, wir hatten vielleicht das ein oder andere Missverständnis in der Vergangenheit und unter gewissen Umständen werden wir sicherlich darüber hinwegsehen können.“
   
Nicht, dass nur Fungus am Ende dem Kaiser auf den Thron verholfen hatte, nachdem Naheniel fort gewesen war. Er hatte immer wieder alle machthungrigen gegeneinander ausgespielt und letzten Endes war er auch nicht ganz unbeteiligt daran, dass jeder seitdem nach Naheniels Kopf trachtete. Etwas, dass jener vielleicht wusste oder erahnte, aber beweisen, nun würde er ihm das wohl kaum können.
   

Hach, Fungus genoss das Spiel, welches sich daraus entwickelt hatte. Jedem, der nach der Herrschaft strebte, gegen viel Gold und andere Schätze, Informationen und diverse andere Dinge zu besorgen. Selbstredend ohne sich selbst die Hände oder Füße schmutzig zu machen. Nein somit war er stets bei den höchsten der Hohen und grausamsten der Grausamen derjenige, der die Weichen stellte, wenn es um das Gefüge ging und verdiente sich dadurch noch zusätzlich eine goldene Nase.
    

Ein Spieler mehr auf dem Brett bedeutete mehr Profit. Wer am Ende gewinnen würde, nun es war gleich, solange sie alle brav ihre Schulden bei ihm abzahlten.
     

„Wohl kaum bist du blauäugig zurückgekommen, um dem nächstbesten Kopfgeldjäger eine hübsche Summe Gold einzubringen.
Nenne mich vielleicht naiv, aber vielleicht möchte ich, wie immer, gern auf das richtige Pferd setzen und bin dafür bereit auch meine Unterstützung anzubieten,
wenn ich mir sicher sein kann, dass es sich am Ende für mich lohnt. Hm?“
    
Mit der gehobenen Überheblichkeit eines sehr wissenden Wesens, lehnte er sich fast gleichgültig zurück. Schließlich würde er sich auch nicht unnötig aufdrängen wollen. Das wäre unhöflich. Doch eine Bemerkung am Rande vergönnte er sich dennoch.
    

„Allerdings, vielleicht habe ich deine Intelligenz auch mit deiner Überheblichkeit verwechselt und du denkst wirklich, du würdest es alleine schaffen.“
   
Es war nicht mehr als ein Schulterzucken oder wie auch immer man diese gleichgültige Geste nennen wollte, die den wulstigen Körper Wellen schlagen liess, als Fungus sich seiner Pfeife zuwandte.
    

 „Nur zu...  nun versuch dein Glück, allein. Du kennst den Weg. Aber ich verspreche Dir, du wirst, noch bevor du den Sumpf verlässt,
auf die ersten Kopfgeldjäger des Kaisers und die des Generals treffen und mit Verlaub, bedenke, dass ich dir dann nicht mehr helfen kann.“
   
Ob es allerdings genauso stimmen mochte oder Fungus nur auf unheimlich ‚subtile‘ Weise Naheniel in eine Richtung lotsen wollte, war sicherlich ein Glücksspiel. Trotzdem sollte Naheniel bewusst sein, dass es sicherlich nicht einfach werden würde unbemerkt zu bleiben. Erst recht nicht, mit dem nassen Kartoffelsack im Schlepptau. Selbstredend würde Fungus sie nicht so einfach ziehen lassen. Nein. Und genau da kam Haedinn ins Spiel. Immerhin wären sie Narren, wenn sie Naheniel einfach gehen lassen würden. Und niemand war am Ende besser darin, ein Auge auf sie zu haben, als der Kater. Jeder Schritt, jedwedes Handeln würden sie im Auge behalten. Aber nun noch war das letzte Wort noch nicht darüber gefallen.
    

„Deine Entscheidung, alter Freund.“
Fungus Pedites
- Ein Vertrag ohne Kleingedrucktes ist das Werk eines Idioten -
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Haedinn
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#307

Beitrag: # 52287Beitrag Haedinn »

Schweigend verfolgte er dem kleinen Schlagabtausch, den sich Fungus und Naheniel lieferten. Es war ihm nicht sonderlich danach, auf Naheniels freundliche Begrüßung einzugehen. Außerdem war er niemand, der gerne viele Worte an falscher Stelle verlor. Handlungen hingegen beherrschte er wesentlich besser und große Reden schwang er nur, wenn er einen etwaigen Nutzen daraus ziehen konnte. Deshalb überließ er das Gespräch zunächst den beiden und widmete sich lieber dem Häuflein Mensch, welches am Boden ruhte.
Haedinn streckte sich somit  nochmals genüsslich, bevor er sich mit leisen Pfotenschritten näher zu ihr aufmachte. Wie er es dabei schaffte, trotz seiner zahlreichen Ohrringe und dem knöchernen Leib, der eigentlich gar nicht sonderlich grazil wirkte, lautlos zu bleiben, war wohl eines seiner vielen Geheimnisse.

Einige Male schnupperte er an ihr, so dass seine langen Schurrhaare an ihrem Gesicht kitzelten. Sie war ja recht hübsch anzusehen, das musste er ihr schon lassen. Und noch so klein. Wenn sie denn mal zum Stehen kam, wohl kaum viel größer als er selbst es war. Eigentlich hätte sie ein hübscher kleiner Spielgefährte sein können, ein kleiner Ball, den es galt genüsslich zu zerfetzen oder wie eine Maus, die man erfreut in seine Einzelteile sezierte.
Eine Maus, saftig und roh.
Wie lange war es wohl her, seitdem er das letzte Mal in den Genuss eines solchen Leckerbissens gekommen war? Allein der Gedanke daran, ließ die wirren Zeichnungen auf seinem einzig aus Knochenstücken bestehenden Schwanz, in allen Farben aufleuchten.
In letzter Zeit war sein einziger Schmaus widerwärtige Kanalratten, mit schmutzigem Fell und verderbten Innereien. Innerlich bereits tot, bevor er sie überhaupt gefangen hatte.

Aber nun denn, derlei Schmuckstücke, wie Freya eines war, waren nicht sein tägliches Geschäft. Er hatte sich darauf spezialisiert, Gesuchte zu finden und dorthin zu verfrachten, wo das meiste Gold geboten wurde. Nur um es dann, zumeist mit großem Verlust, wieder zu verlieren.
Überhaupt hätte er es mittlerweile lernen sollen, dass ihm das Glück im Spiel nicht sonderlich hold war. Aber es faszinierte ihn doch viel zu sehr, als dass er seine Krallen davon lassen hätte können. Noch dazu, lagen nicht immer nur Goldstücke auf den Spielertischen. Oft genug hatte auch der ein oder andere funkelnde Edelstein seine Aufmerksamkeit geweckt. Hach, wie gerne würde er doch solch ein prunkvolles Stück sein Eigen nennen?

Es würde sich ganz prächtig als weitere Zierde in seinen Ohren machen oder einfach nur als kleines Spielzeug, an welchem er seine Krallen wetzen konnte.
Aber auch wenn er, trotz seines Erfolges in der Kopfgeldjagd, seine kleine geheime Schatzkammer nicht wirklich füllen konnte, stieg jedoch sein Wissen über das, was sich in dieser Welt so zutrug. Denn redselig wurden sie alle, wenn sie erstmal lange genug an den Tischen zusammensaßen und sich selbst vergaßen. Wer brauchte also schon all das Gold, wenn er Informationen hatte, die für so Einige durchaus unangenehm werden oder sie gar in eine etwas unerfreuliche Lage bringen konnten?
Der Gedanke daran entlockte ihm ein kleines erheitertes Schnurren, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder dem kleinen Bündel auf dem Boden zukommen ließ.
 

Es war ihm natürlich nicht entgangen, dass Naheniel wohl doch mehr für das Kindchen übrig hatte, als er es hier den beiden gerne weis machen wollte. Dachte er denn wirklich, sie würden ihm seine halbgare Geschichte von einem etwaigen Verkauf einfach so abnehmen? Wohl kaum. Mochte er zwar schon das ein oder andere Geschäft auf den hiesigen Märkten abgeschlossen haben, Menschenhandel war so gar nicht Naheniels Metier, das wusste Haedinn.
Aber ganz offensichtlich, schien es Fungus sechs zauberhaften Äuglein entgangen zu sein, wie der Mensch mit einer kurzen Geste geprüft hatte, ob das Dingchen zu seinen Füßen noch am Leben war. Eine Tatsache, die des Katers Lächeln nur noch breiter werden ließ. Mit Sicherheit, Fungus und er mochten durch etwas verbunden sein, was Andere durchaus als Freundschaft betitelten. Doch immer noch waren sie beide Geschäftsmänner.
Oder Geschäftsraupe und -kater, je nachdem, wie genau man es hier mit der richtigen Definition nahm.
Und dort wo ein gutes Geschäft begann, endete eine Freundschaft zumeist. So viel Verständnis hätte auch Fungus an dieser Stelle gehabt.
Sein Blick glitt hinab zu den kurzen Beinchen des menschlichen Wesens. Die versprochenen Stiefel allerdings, die würde er selbstverständlich nur zu gerne nehmen. Ein bisschen Politur hier, ein kleiner Wisch dort und vielleicht doch ein hübscher, kleiner, funkelnder Edelstein und sie würden ihn gar außergewöhnlich schmücken.  

Umso wichtiger für ihn, seine scharfen Augen nun noch mehr auf die beiden zu konzentrieren und ganz genau, auf sämtliche Regungen zu achten. Nicht, dass sie am Ende doch noch versuchen würden, ihnen beiden mit einer holprigen List zu entwischen. Zwar war das Kindchen für ihn völlig wertlos, auf Naheniel jedoch war mittlerweile ein recht ansehnliches Kopfgeld ausgesetzt.
Und das nicht nur aus dem purpurnen Palast.
Unverzeihlich, wenn er ihm nun durch die Lappen, oder besser gesagt, durch die Pfoten gehen würde. Noch dazu würde Fungus wohl auch mehr als unangenehm werden, wenn ihm ein gutes Geschäft verloren gehen würde.
Geschäftspartnerschaft hin oder her.
 

Und so ließ er sich neben Freya nieder und zeigte Naheniel ein breites, jedoch hinterhältiges Grinsen. Er würde schon wissen, dass er sich selbst nicht überschätzen sollte.
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Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
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-Freya-
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#308

Beitrag: # 52290Beitrag -Freya- »

~... den Fang unseres Lebens gemacht~ hörte sie nur leise Worte, so als wären sie weit weit fort. Noch immer benommen, brauchte sie einen Moment, um sich  im Klaren darüber zu werden, dass sie nicht wirklich freiwillig eingeschlafen und dies ebenso wenig einer ihrer fantasieumwobenen Träume war.

Noch immer spürte sie den Schmerz an ihrem Hals und auch an anderen Stellen des Körpers, wo jenes schlängelnde Ding sich um sie herumgewunden hatte. Ein Druck der ihr die Luft zum Atmen abgeschnitten hatte und im Nachhall noch immer schmerzte. Aber wenigstens konnte sie wieder atmen. Sie wollte hier nur noch weg. Konnte nicht so ein verfluchtes Spiegelportal einfach auftauchen? Irgendwie?

Intuitiv fuhr Freya sich über ihre Lippen, während sie überlegte, was sie nun tun sollte. Vielleicht ein Fehler, denn der bittere Geschmack an ihren Lippen liess sie fast loswürgen. Was auch immer da an ihrem Mund klebte, war wohl so etwas wie Blut von dem Ding, was wiederum bedeutete, dass sie ihn verletzt haben musste, als sie ihn zu beißen versucht hatte.

Bei Ogrimar, wer oder was war das gewesen? Vor ihrem inneren Auge formten sich die abstraktesten und groteskesten Kreaturen, denen wohl ein solches Auge gehören mochte, schließlich war es vielleicht nicht klug, einfach die Augen zu öffnen.

Auch wenn Freya versucht war gerade mit einem Auge zu linsen, wo sie gelandet war und was zu dem Rest des Tentakels wohl gehören mochte, liess sie jäh im selben Moment Naheniels Stimme erstarren. Ruhig versuchte sie weiter zu atmen. Ganz ruhig und leise. Es war da vermutlich besser im Moment einfach so zu tun, als sei man vielleicht tot. Ja vielleicht war es das Beste, wenn sie es alle dachten und dann im Anschluss das Interesse an ihr verloren.

Fast unbeweglich befühlten ihrer Finger die raue Oberfläche, auf der sie mucksmäuschenstill lag und versuchte lediglich dem Gespräch zu folgen. Worte, die sie erschaudern ließen und die im Grunde für sie keinen wirklichen Sinn ergaben. Nein, so kannte sie Naheniel nicht. So kühl, nein eiskalt, wie er von ihr sprach, als wäre sie nicht seine Freundin, sondern vielmehr als würde sie ihm gehören.

Doch dann spürte sie, wie er sich neben sie kniete. Dafür brauchte Freya nicht die Lider heben. Es war ein Gefühl, einfach ein Wissen darum, dass da plötzlich etwas oder vielmehr jemand war, ganz nah. Und sie sollte sich nicht täuschen.

Wie versteinert lag Freya jedoch da, als seine Hand fast in einer warmen Geste über ihre Wange strich. Sie konnte das leichte Kribbeln, welches seine Fingerspitzen hinterließen, zu deutlich spüren. Täuschte sie sich vielleicht in ihm und es war sein Plan, um jene unliebsamen Wesen loszuwerden? Nur nicht zucken und ganz flach atmen.

Eine wahrliche Probe, wenn man bedachte, über was das Ding gerade philosophierte. Unterbewusst musste Freya schlucken, als jener, den Naheniel Fungus nannte, darüber sprach sie zu häuten und auszunehmen und für einen kurzen Moment war sie versucht mit letzter Kraft aufzuspringen und beide einfach anzuschreien. Dabei waren ihr ihre Stiefel einerlei. Niemand würde sie ausnehmen, häuten und ganz sicher würde sie niemandem auf irgendeine Weise Gold einbringen. Vielleicht würde sie auch mit letzter Kraft  es schaffen, diesem Ding auf eine Weise wehzutun, wie Lyvia es bei den Robenträgern in 'seinem' Reich getan hatte.  Ihn die sengende Hitze der Wüste spüren lassen, bis es ihn innerlich zerriss. Aber war es klug? Wenn Naheniel wirklich verfolgt wurde? Und wer sagte, dass das, was dort draußen herumlungerte nicht noch viel schlimmer, grausamer und bösartiger sein würde?

Noch während Freya die Möglichkeit abwägte, kitzelte sie jedoch unerwartet etwas an der Nasenspitze. So etwas wie ein Haar oder eine Feder. Etwas, das ein unangenehmes Jucken verursachte und einen auch gut und gern zum Nießen bringen mochte. Bemüht darum dies nicht zu tun und ebenso ein Zucken ihrer Mundwinkel zurückzuhalten, krauste sich dennoch intuitiv ihre Nase dabei.  

Verflixt, was war das nun schon wieder. War da noch jemand oder etwas? Sie hörte das leise Klingen von Metall, fast wie kleine Glöckchen, während etwas pelziges sich an ihr vorbeischlich. Ganz sacht streiften Haare an ihrem Nacken vorbei, so als würde es sie wie eine Beute umrunden. Erneut versuchte Freya fast unmerklich nur noch zu atmen und dem Drang ihre Augen zu öffnen zu widerstehen, während das andere etwas sich hinter ihr scheinbar gemütlich machte. 

So war es nur ein Instinkt, der ihre Hand fast unmerklich in Naheniels Richtung fahren liess. Langsam und unscheinbar glitten ihre Finger über die raue Oberfläche des Pilzes, bevor sie die warmen Fingerkuppen Naheniels erreichte, der noch immer an ihrer Seite kniete. Er war im Grunde das Alpha und das Omega um hier heraus zu gelangen.  Er war im Augenblick ihr einziger Halt, und bei Ogrimar, sie hoffte inständig, dass seine Worte lediglich eine Lüge gegenüber dem Ding war, um für sie beide einen Weg aus der Situation zu finden. Dennoch, die Eiseskälte, mit der er über sie sprach, als wäre sie einfach nur ein Ding, machte Freya dennoch Angst und ja, sie wollte ihn dafür hassen, doch konnte sie es nicht.

Vorsichtig legte sich ihre Hand auf seine und versuchte danach zu greifen, als würde sie all ihr Vertrauen auf ihn setzen und dieses Mal seinen Schutz suchen, erbitten, erhoffen.
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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Tanuri
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#309

Beitrag: # 52291Beitrag Tanuri »

Der Schemen Lyvias manifestierte sich in jenem Gefängnis, welches einzig und allein aus Leere bestand.
Eine Leere, die alle Gedanken umschloss und erschaffen worden war von dem Nichts, welches unerbittlich auf sie einzubrechen drohte. Einzig und allein mit der Absicht, einem alles zu nehmen, woraus man bestand. Vergönnte man sich eine Bewegung, ja schon allein ein Gedanke, drohte man, eine weitere Erinnerung zu verlieren.
An jenem Ort bedurfte es keiner großen Magie oder eines scharfen Schwertes, um das zu nehmen, was einem zu einem lebenden Wesen machte. Je länger man sich hier aufhalten würde, desto mehr wurde man zu dem, was einem umgab. Eine Leere, einzig zusammengehalten von einer Hülle, die nach und nach an Bedeutung verlor. Bis nichts mehr übrig blieb, als der sanfte Hauch eines Nebels, der sich früh morgens über die Wälder legte, nur um beim ersten Sonnenstrahl leise zu verschwinden.

Mit dem ersten Schritt, den Lyvia in diese Welt aus Finsternis und Auflösung des eigenen Seins setzte, war die Zeit zum Stillstand gekommen.
Jene Art von Magie würde nicht ewig währen, jedoch lange genug, dass nicht auch Lyvia sich in dieser Welt zu verirren drohte. Es bedurfte nur einer fehlenden Erinnerung, auf dass es zu spät sein würde, von alleine den Willen aufzubringen, sie wieder zu verlassen.


Du gehörst hier nicht her. Noch scheinst Du zu wissen, wer Du bist. Doch je länger Du hier verweilst, desto trüber und ungreifbarer wird das werden, was Dich zu jenem Wesen macht, welches Du bist.

Worte, gesprochen von einer Stimme, die Lyvia nur allzu vertraut war und die nur sie vernehmen konnte.


Dein Leben, Lyvia, ist an dieser Stelle noch nicht verwirkt. Noch hat der Orden nicht mit Dir abgeschlossen. Du magst Deine Gabe beherrschen, es wäre aber überheblich zu glauben, dass sie über allem steht und Dir selbst auf den Pfaden, auf denen Du Dich gerade bewegst, einen Ausgang zeigt.
Wie oft müssen wir Dich noch Deiner Grenzen belehren? Sei Dir gewiss, trotz Deiner guten Absichten, Du würdest Dich hier genauso verlieren, wie es die Priesterin tut. Niemand ist vor der Leere, die das Nichts einem zu bieten hat, gefeit. Niemand kann dem Vergessen entkommen.


Vor ihr erschuf sich verzerrt das Bild jenes Raumes, in dem Lyvia sich mit Tanuri eigentlich befand. Es zeigte ihr das, was gerade um sie herum geschah, Gestalten, die ihr Bestes gaben, um die beiden irgendwie zu versorgen, jedoch ohne ihnen zu Nahe zu treten. Es bedurfte nur eines Schrittes ihrerseits, um zurückzukehren in die Welt, aus der sie gekommen war und zu der sie eigentlich gehörte.

Ich weiß, Du wirst nicht aufgeben. Deshalb nimm sie mit Dir, die Priesterin. Es ist Deine einzige Chance. Es bleiben Dir nur noch wenige Augenblicke, bis das Nichts die Zeitschleife durchbrechen wird und auch Du ihm ausgeliefert bist. Ein weiteres Mal werde ich Dir nicht zur Seite stehen.

Langsam entfernte sich die Stimme des Meisters von Lyvia, jedoch hallte noch ein letzter Satz, in ihrem Kopf wieder, bevor sich ganz allmählich, jedoch unaufhaltsam, das Rad der Zeit wieder zu drehen begann.

Du stehst nun in meiner Schuld. Vergiss das nicht.   

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Naheniel
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#310

Beitrag: # 52295Beitrag Naheniel »

Unbeeindruckt von den Kringeln aus Rauch, die ihn einhüllten, überhörte er geflissentlich die Anspielung dahingehend, Freya könnte seine eigene Tochter sein.
Selbst wenn dem so wäre, er würde sich hüten, gerade ihm das auf eine seiner schleimigen Tentakel zu binden. Denn je enger das Verhältnis zwischen ihm und ihr war, desto interessanter würde sie für Fungus werden.
Nicht, weil er Naheniel damit schaden konnte, sondern einfach nur aus dem Reiz heraus, dass sie einen gewissen Wert für jemand anderen hatte.
 
Fungus war ein Sammler von Leben, auf eine ganz spezielle Art. Würde er in Freya auch nur einen Funken dessen erkennen, was sie wirklich war, wäre sie unwiederbringlich an ihn verloren.
Dem könnte selbst Naheniel nichts entgegensetzen. Noch schien Fungus sie als eventuell nettes Geschäft für Zwischendurch anzusehen und Naheniel musste dafür sorgen, dass es auch dabei bleiben würde.

Mit kühler Gelassenheit war er Fungus kleiner Ansprache deshalb gefolgt.
 
"Setze meinen Namen meinetwegen so oft wie es Dir beliebt auf einen Schuldschein, es bedeutet trotzdem noch lange nicht, dass es einzig und allein Deiner Laune obliegt, wie dieser eingelöst wird.  
Selbst wenn Dein Angebot der Hilfe ehrlich gemeint und völlig selbstlos wäre, was es - wie wir beide nur allzu gut wissen – nicht ist, würde Dich das Wissen über den Grund meiner neuerlichen Anwesenheit dahingehend kein Stück weiterbringen.
Du weißt, dass ich zurück bin. Dies soll Deiner etwaigen Handelsmöglichkeiten genug sein.
Teuer genug wirst Du dieses Wissen an den richtigen Mann bringen können, daran zweifle ich nicht.“


Mit jenen Worten warf er einen abschätzenden Blick auf Haedinn.
„Einen hättest Du ja bereits an Deiner Seite, der nur allzu gerne die Schmutzarbeit für dich erledigt und mich ausliefert.
Welchen Anteil überlässt er Dir, Kater? Reicht es, um Deine alten Spielschulden bei der Gräfin zu begleichen?
Wohl kaum, wenn man bedenkt, dass Du bereits mit einem Deiner sieben Leben gezahlt hast. Überlege Dir also genau, wem gegenüber Du bereit bist, Deine Loyalität zu schenken.“

Er vergönnte dem grinsenden Tier ein frostiges Lächeln. Nein, er war an jenem Abend nicht zugegen gewesen, als Haedinn ein Leben für seine anderen ließ.
Doch was so getuschelt wurde, durfte es nicht besonders liebevoll zugegangen sein. Und die Gräfin war unersättlich, in jedweder Hinsicht.  
 

„Nun, Fungus, wollen wir doch völlig offen miteinander sein. Es hat Dich nicht sonderlich viel zu interessieren, was meine Beweggründe für eine Reise hierher sind.
Genauso wenig, wie mich oder gar die Kaisergarde Deine kleinen Geschäfte, tief unten in den kalten modrigen Erdhöhlen, etwas angehen, nicht wahr?“

Naheniel hielt kurz inne, damit in Fungus die Gelegenheit hatte, über seine soeben gesprochenen Worte nachzudenken.
Leicht neigte er sich zu dem wulstigen Tier nach vorne, immer noch weit genug entfernt, um nicht seinen ihn seltsam umgebenden Duft direkt einatmen zu müssen, jedoch Nahe genug, damit dieser seine gesenkte Stimme vernehmen konnte.
„Oder soll ich es erst laut aussprechen, dass viele Deiner angebotenen Waren nicht ganz der Legalität entsprechen?“
Mit aufgesetzter Vorsicht sah er sich um, als könnte er zwischen den mächtigen Pilzen und dem Blubbern des Moores einen Späher der Kaisergarde erkennen.

„Kannst Du Dir so sicher sein, dass nicht die Soldaten des Palastes irgendwo herumstreunen und einem jeden Wort lauschen, nur um Dir endlich auf die Schliche zu kommen?“
Mit Sicherheit, Naheniel spielte hier mit einem Feuer, dass er nicht hätte entzünden dürfen. Noch konnte er nicht abschätzen, welches Eigenleben die Bewohner seiner einst selbst geschaffenen Welt mittlerweile genommen hatten.
Dass Vieles nicht mehr unter seiner Kontrolle stand, hatte er ja bereits eingesehen, aber wüssten sie auch, was geschehen würde, wenn er sterben würde?
Dass alles und jeder hier mit seinem Leben verknüpft war? Weder Haedinn noch Fungus gehörten zu jenen Kreaturen, die selbst zu töten vermochten.
Wozu auch? Bei Bedarf lieferten sie das aus, was gesucht und was gefordert wurde. Was danach allerdings mit der Ware geschah, stand außerhalb ihres Kontrollbereiches.
Und wahrscheinlich wäre es ihnen auch gänzlich egal, denn sie saßen dann bereits weit entfernt und ließen die einzelnen schimmernden Goldmünzen durch ihre Pfoten oder, in Fungus Fall, unzählige Arme und Beine gleiten.


Freya musste verstehen, mit was sie es hier zu tun hatten.
Und sie musste verstehen, dass alles was er sagte, alles was er tat, einzig und allein den Grund hatte, sie vor dem zu schützen, was ihr bevorstehen würde, wenn Fungus Interesse dahingehen würde, sie tatsächlich auf einem der Märkte anzubieten.
Nicht die Märkte, die offen und für jeden zugänglich waren, sondern jene, die im Verborgenen lagen und das Grauen offenbaren würden, welches tief in der Seele aller Menschen lag und sich seinen Weg in die Freiheit gebahnt hatte.

Das was er vor hatte, konnte nun auch völlig schieflaufen. Nach wie vor, konnte er sich nicht sicher darüber sein, welche Auswirkungen diese Welt auf die Verbindung zwischen ihm und Freya hatte.
Immerhin, bisher hatte er keine weiteren Visionen gehabt, daran hatten auch die kurzen Berührungen nichts geändert. Vielleicht war in diesem Land die Verbindung zwischen den beiden abgebrochen oder zumindest gestört.
Darauf verlassen konnte er sich allerdings nicht. Gerade deshalb galt es umso mehr, nun besondere Vorsicht walten zu lassen. Wenn er seine Erinnerungen mit ihr teilte, mussten diese stark und intensiv genug sein, um jene zu überlagern, die das zeigen konnten, was er mit Tanuri getan hatte. 
Aber Freya musste wissen, mit was sie es hier zu tun hatten und was geschehen würde, wenn sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen würde, sobald sie die Augen aufschlug.
Niemand würde kommen, um sie zu retten, weder ihr Vater, noch ihre Gilde und schon gleich gar nicht ihre Mentorin.
Wenn sie in Fungus Fänge geriet, würde sie im Untergrund verschwinden. Dass dieser fernab von sämtlicher Vorstellungskraft war, musste sie nun wohl oder übel selbst erfahren.
Aber Telepathie beherrschte er nun wirklich nicht. Ein viel zu komplexes Thema der Magie und er hatte ohnehin nie viel dafür übrig gehabt.
Schon alleine deshalb, weil es keinerlei Nutzen für ihn gehabt hätte, sie zu erlernen.

Als sie aber nach seiner Hand griff, sich ihre schmalen Finger zwischen seine gruben, musste er den Versuch wagen. Denn sie hätten nur diesen einen und er hoffte inständig, dass sie es sehen und verstehen würde.
Verstehen durch seine Worte, die er an Fungus gewandt aussprach und zu Bildern formte, die aus Erinnerungen entsprangen, die selbst er nur zu gern nicht gehabt hätte.
Und so nutzte er die sachte Verbindung ihrer Berührung, während er seine Aufmerksamkeit wieder an Fungus richtete:
„Du weißt doch selbst, dass Dein ganz spezieller Handel weitab von dem ist, was der Palast zu dulden bereit ist. Selbst Dir gegenüber.
Hast Du nicht Angst, dass sie sich irgendwann gegen Dich erheben? All jene seltsame Kreaturen, die ihre kranken Erschaffer bei Dir unterbringen, bis sich ein Käufer dafür findet?
In ihre Einzelteile zerlegte Tiere, deren Herz mit grausamer Magie am Schlagen gehalten wird.
Gefangen gehalten hinter dicken, gläsernen Scheiben, um von gelangweilten Reichen begutachtet und ausgewählt zu werden, die sich an ihrem Leid ergötzen.
Oder alle jene Kreaturen, die zu etwas Neuem geformt wurden, nur um der Belustigung derer zu dienen, die Du Deine Kunden nennst?“


In Freyas Kopf manifestierten sich Bilder von allerlei bunt geschmückten Wesen. Prächtig gekleidet, mit Gold und Edelsteinen behangen.
Mit unverhohlenem Interesse traten diese durch die den Irrgarten im Erdreich, betrachteten das, was sich hinter den Scheiben befand.
Nicht mit Abscheu, nicht mit Ekel, sondern vielmehr als würden sie Kunstgegenstände in einem Museum begutachten.
 

Ein junger Mann, gerade dem Kindesalter entwachsen. Seinen Kopf zierten zwei mächtige Hörner. Doch waren sie dort nicht natürlich gewachsen, sondern ihm mit aller Brutalität in die Schädeldecke gebohrt worden.
Anstatt seine Hände trug er gespaltene Hufe, die ihm mit blutigen Stichen an seine Armstümpfe angenäht worden waren.
Verzweifelt blickte er zwischen all den Schaulustigen hin und her, immer noch auf der Suche nach einem Ausgang oder vielleicht einer Möglichkeit, sich selbst das Leben zu nehmen.
Einige Meter weiter begegnete man einem Tier, das wohl einst ein stolzer Meeresbewohner gewesen war. Doch hatte man es seines Oberkörpers beraubt und anstelle dessen jenen, einer Frau darauf gesetzt.
Dieser war jedoch erschlafft und völlig leblos, während der schuppige Fischschwanz unaufhörlich weiter schlug und den toten Körper somit immer wieder blind gegen die Scheiben schmetterte. Ein trauriges Schauspiel, welches sich aber stetig, immer wieder von vorne, wiederholte.
Nicht besser hatte es aber jene Frau getroffen, die sprichwörtlich zu einer Marionette umfunktioniert worden war. Alle ihre Glieder waren voneinander getrennt worden, nur um sie mit feinen Fäden wieder aneinander zu binden und mit wesentlich dickeren Schnüren an einem Kreuz zu befestigen, mit welchem ein Spieler, hoch oben an der Decke zu jeder vollen Stunde, zu spielen begann um mit ihr einen grausamen Tanz aufzuführen.
In ihren Mundwinkeln waren eiserne Haken befestigt die an ihrem Hinterkopf wieder zusammentrafen. Und so blieb ihr nichts anderes als ständig ein breites Lachen zu zeigen, selbst wenn ihr heiße Tränen über ihre rot geschminkten Wangen liefen.
Viele der gläsernen Gefängnisse waren besetzt von noch abartigeren Figuren, die die Fantasien der Interessenten zu perversen Gedankenspielen antrieben. Aber viele Zellen waren auch leer und warteten nur darauf, mit weiteren traurigen Kreaturen gefüllt zu werden.
Und so brachen die Bilder in Freyas Kopf jäh ab, doch löste Naheniel seine Finger noch nicht aus den ihrigen. Noch schien es niemand bemerkt zu haben, dass sie einander berührten und wer wusste schon, wozu es noch gut sein konnte.  


„Fungus, auch wenn Du denkst, mir gegenüber im Vorteil zu sein – was derzeit vielleicht der Fall sein könnte – vergiss nicht, dass nicht nur Du gefährliches Wissen besitzt.
Du bist nicht der Einzige, der sich über den Wert von Informationen wohl bewusst ist.
Steht Dir also der Sinn danach, mich an den Palast auszuliefern und Dir als kleine Belohnung meine Begleitung einzubehalten, wird mir dort vielleicht selbst ein kleines Missgeschick passieren und das kleine Geheimnis über den Zugang zu Deinem verworrenen Reich unter den Gräsern versehentlich herausrutschen. Was Dir dann bevorsteht, nun, selbst davor können Dich all Deine Anhänger nicht mehr schützen.
Der purpurne Kaiser mag bis in seine Haarwurzel korrupt sein, doch wir wissen beide, dass er nichts weniger ausstehen kann, als wenn etwas in seinem Land geschieht, was er zuvor nicht gestattet hat.
Überlege Dir also gut, was Du von mir einfordern willst.“
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Fungus
Kräuterkundiger / Kräuterkundige
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Registriert: Mo 26. Apr 2021, 18:51

#311

Beitrag: # 52298Beitrag Fungus »

Och bitte. Wirklich? Drohte Naheniel ihm jetzt tatsächlich so offen? Wahrlich nicht nett. Aber umso aufschlussreicher. Zumindest in seinen Augen.
     

„Warst nicht Du derjenige, der mich soeben gefragt hatte, was das quengelnde Ding für einen Wert für mich hätte? Verzeih, wenn ich jene Offerte falsch gedeutet habe und Du lediglich eine Expertise von mir wolltest.“
       
Fungus zog an seiner Pfeife, bevor er nachdenklich den Rauch in kleinen wohl dosierten Wölkchen in den kränklich aussehenden Himmel pustete.
     

„Offenbar ein Missverständnis? Allerdings verstehe ich eines nicht, alter Freund.
Warum nur nimmst du auf einmal wegen eines kleinen Häufchen Elends eine so aggressive Haltung mir gegenüber ein, Naheniel? Hm?
Oder war es die Erwähnung der alten Rechnungen?“
     
Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, betrachtete er sein Kunstwerk aus kleinen Rauchwolken. Noch fehlte ihm das ein oder andere Puzzleteil. Aber gut. Naheniel gedachte sich in sein geheimnisvolles Zusammenspiel aus Angriff und jener Überheblichkeit, die ihm nicht unbekannt war, zu hüllen, während er in jedweder Hinsicht seine wahren Interessen sowie Vorhaben und was jene mit dem Ding zu tun haben mochten, dahinter zu verschleiern versuchte und damit gleichzeitig langsam aber sicher immer mehr verstrickte.

Oh ja, er zweifelte immer mehr an jenen Absichten Naheniels bezüglich des kleinen Dings. Absichten, die es nicht zuletzt allein dadurch schon wieder trotz seiner Zerbrechlichkeit und  vielleicht leichten Blessuren dennoch interessant machten.

Immerhin war Naheniel nicht irgendjemand, der hübschen Plunder oder außergewöhnliche Kreaturen als ein Statussymbol seiner Macht brauchte, geschweige denn in der Vergangenheit darauf Wert gelegt hätte.

Für seine kleine Menagerie jedoch wäre sie allerdings mehr als ein Blickfang. Ein besonderer Anblick, zwischen all jenen grotesken Kreaturen und Schöpfungen. Ein Kontrast aus unberührter Zartheit und Zerbrechlichkeit inmitten all jener wahrgewordenen Alpträume. So klein, mit den diesen glänzend schwarzen Schwingen und den leuchtend blauen Augen würde so mancher seiner Mitbewerber oder Kunden ihm einen hohen Preis dafür bieten. Und würde er einen Zusammenhang zu Naheniel schaffen können, dann würde er die Summe vielleicht vervielfachen können. Nicht abzusehen, wie weit die Gebote gehen würden, wäre sie wirklich ein Abkömmling von ihm. Ein  wirklich entzückender Gedanke, welcher ihn allerdings gleichzeitig zurück zu Naheniels Drohung führte.

Mutig in seiner Lage und gleichzeitig war Fungus auch bewusst, dass er sein Gegenüber in keiner Weise unterschätzen sollte, da jener nicht nur so alt war, wie diese Welt selbst, sondern auch über einige mehr als außergewöhnliche Kräfte und Macht verfügte, welche ihn genau zu jener Zielscheibe gemacht hatten, die er nun war. Ja Angst war mächtig und profitabel, was insbesondere das Kopfgeld des Kaisers ihm nur noch einmal in Zahlen bestätigte.
   

„Denkst du wirklich mich auf diese lächerliche Weise einschüchtern zu müssen, geschweige denn es überhaupt zu können?
Dieses Mal sehe ich darüber noch hinweg. Aber ich rate Dir nicht noch einmal diesen Fehler zu begehen, mich, auf diese Art, herauszufordern.“
   
Mit diesen Worten lehnte er sich zurück und nahm eine entspannte Haltung ein, welche in einem deutlichen Kontrast zu seinen gerade gefällten Worten stand. Sicherlich war Fungus bewusst, dass, wenn Naheniel seinen Worten Taten folgen lassen würde, er mehr als nur einem Problem gegenüberstehen würde. Aber Schwäche oder einen wunden Punkt zu zeigen wäre ein fataler Fehler, gerade ihm gegenüber. Ein weiterer Grund, weshalb er mehr als unbeeindruckt an seiner Pfeife zog.
     

„Aber dennoch, verstehe ich schon. Du lehnst mein großzügiges Angebot dennoch ab.
Da Du also weder einen Handel mit mir suchst, noch meine Hilfe in Anspruch nehmen möchtest,
nimm deinen Plunder und verschwende nicht länger meine Zeit.“
Fungus Pedites
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Haedinn
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#312

Beitrag: # 52299Beitrag Haedinn »

Wie nett die beiden doch dabei anzusehen waren, wie sie sich gegenseitig wie zwei Pfaue zu all ihrer Herrlichkeit aufplusterten um einander zu beweisen, wer der größere Gockel von ihnen war. Wirklich, zwei ganze Kerle. Hätte es noch breiter werden können, Haedinns Grinsen hätte es an dieser Stelle getan. Doch er zeigte bereits alle seine scharfkantigen Beißerchen. Vielleicht auch besser so. Am Ende hätten es die beiden noch missinterpretiert als Verhöhnung ihrer Persönlichkeiten und sich gemeinschaftlich gegen ihn gewandt.
Wobei sie doch längst schon einen gemeinsamen Nenner gefunden hatten, auch wenn sie es so direkt nicht aussprachen. Sie wollten etwas voneinander, ob sie das nun zugaben oder nicht. Ob alles am Ende an dem Kind zu seinen Pfoten hängen würde, würde sich wohl noch herausstellen müssen. Aber ganz offensichtlich, das hatten die beiden Pfaue sich ja nun deutlich bewiesen, hatte das Dingchen seinen ganz speziellen Wert.
Nur welchen?

Haedinn nutzte die Zeit ihres Gespräches dafür, um ihr ein kleines Stück seine Nase entgegen zu strecken und ein weiteres Mal zu schnuppern. Besonders schmackhaft roch sie seiner Meinung nach ja nicht. Aber was wusste er schon von Menschenfleisch? Es war ihm schlichtweg zu zäh und musste viel zu stark gewürzt werden, um auch nur irgendeinen angenehmen Geschmack zu erreichen. Und Gewürze, die mochte er nicht. Sie kitzelten zu sehr in seiner Nase. Derlei Empfindungen konnte er nicht ausstehen, weshalb er sie umging, so weit es ihm eben möglich war.
Mäuse hingegen, sie waren so herrlich zart und… nein, schallte er sich selbst, nicht wieder mit den Gedanken abdriften.


Sein Blick ruhte noch immer auf dem zierlichen Häuflein vor sich, als eines seiner ledrigen Fledermausohren in Richtung Fungus schnellte. Naheniel und das Dingchen einfach so ziehen lassen? Oh bitte, Haedinn kannte seinen Freund lange genug, um zu wissen, dass dies ganz gewiss nicht geschehen würde. Dafür war Fungus Interesse zu sehr angestachelt worden, mehr über das Kind herauszufinden. Allerdings glaubte Haedinn auch nicht daran, dass Naheniel so dämlich sein würde, Fungus Worten Glauben zu schenken. Wenn er allerdings auf Zeit spielte, so stellte er das nicht besonders klug an.

Ach, er würde dieses Spielchen mit Worten einfach weiterhin den „Großen“ überlassen und sich stattdessen doch lieber einmal eingehender mit dem Bündel zu seinen Füßen auseinandersetzen.
Während eines seiner Ohren weiterhin aufmerksam den Stimmen der beiden lauschte, hatte sich sein Blick zu keiner Zeit von ihr abgewandt. Nun neigte er seinen Kopf näher zu ihrem heran und starrte in ihre geschlossenen Augen, gar so, als könnte er sie damit zwingen, eben jene für ihn zu öffnen. Glühend gelb waren die Seinigen und wechselten nun in ein sattes Orange. Die blutroten verworrenen Zeichnungen auf seinem Körper taten es den Augen gleich und wandelten ebenfalls ihre Farbe, um sich seinen Augen anzupassen. Sein heißer, nach Verwesung riechender Atem, legte sich auf ihr Gesicht und hüllte sie ein.  

Schlief dieses Menschenkind denn nun wirklich, oder hoffte es nur, dass es in Ruhe gelassen würde, wenn es sich schlafend oder gar tot stellte? Haedinn spürte die Wärme, die ihr kleiner Körper ausstrahlte und hörte mit seinen großen Ohren ihren regelmäßigen Herzschlag. Nun, wenn es ihre Absicht war, sich tot zu stellen, würde sie dringend noch etwas mehr Übung gebrauchen.
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Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
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-Freya-
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#313

Beitrag: # 52304Beitrag -Freya- »

Bislang hatte Freya weder Fungus angesehen noch Haedinn. Sie ahnte nicht im Entferntesten, mit was für Kreaturen sie es zu tun hatte und eine Intuition besagte ihr, dass sie es auch gar nicht wollen würde, da sie bereits jetzt das Gefühl hatte, von einem Alptraum in einen anderen zu fallen, von denen jeder ein Stück dunkler, grausamer, bestialischer zu werden schien, als der zuvor.

So fühlte Freya nur die Wärme seiner Finger, die sich Halt spendend um ihre Hand legten und den ein oder anderen Zweifel zu zerstreuen wusste. Die Angst jener Magie, welche kam und ging, hatte sie bereits verloren, auch wenn die Bilder, Worte, Gedanken vielleicht nicht das sein würden, was Freya sehen wollte. Doch war es eine Bestimmung, etwas Besonderes, ein Band, welches seinen Ursprung auf einer außergewöhnlichen Höhe haben musste und welches nicht ohne Grund ihn und sie erwählt hatte.

Als das seichte Kribbeln Freya heimsuchte, war es jedoch für sie die Bestätigung, dass er noch da war. Nicht nur körperlich, sondern jener Naheniel, der mit ihr in der Hütte gesessen hatte und dem Rätsel um ihre Verbindung ebenso auf die Spur kommen wollte wie sie. Jener, der ihr Freund war und nicht dieser eiskalte Mistkerl, den er hier gerade mehr als glaubhaft versuchte zu spielen.

Sacht fuhr das Kitzeln durch ihren Körper, bevor es jedoch gnadenlos in ihren Geist eindrang.
  
Die Dunkelheit vor Freyas Augen wandelte sich nur langsam, so als würde sie einem Tunnel, einem Gang folgen, an dessen Ende nur ein träges Licht bis zu ihr hervordrang.


Ruhig atmend ruhte sie da, bevor die Bilder in erbarmungsloser Form sich in ihrem Geist manifestierten.

 


Katakomben taten sich vor ihrem inneren Auge auf. Weitläufig und wenn sie vorher meinte, es wäre ein Tunnel, so wirkte es eher wie eine Welt unter dieser. Noch dunkler und schonungsloser. Fast schon bizarr, dass sie kaum Worte oder einen Vergleich dafür finden mochten.

An den Wänden hingen gewaltige Fackeln, welche in Haltern ruhten, die den ehemaligen Gliedmaßen irgendwelcher Wesen glichen. Ob es der Tanz der Flammen war, oder jene tatsächlich hin und wieder durch ein Eigenleben zuckten, vermochte Freya dabei nicht zu erkennen. Warm und gleichzeitig unheimlich erstrahlte alles in diesem warmen Licht. Eine riesige Halle, deren unheimliches Licht zusätzlich von gewaltigen Flammensäulen und Feuerschalen gespeist wurden. Schemenhaft tummelten sich eine Vielzahl Wesen und Kreaturen herum, tranken und lachten, während sie immer wieder auf die Glasscheiben deuteten. Ihre Erscheinungen konnte Freya nicht wahrnehmen. Sie waren wie transparente Schatten, deren Stimmen man nur leise und geisterhaft im Hintergrund wahrnehmen konnte ohne sie wirklich zu verstehen.

Den schattenhaften Deutungen folgend wandte Freya ihren Blick in jene Richtung, auf die eine größere Gruppe zu blicken schien.  Nur langsam näherte sie sich einer massiven Scheibe vor der sie zum Stehen kam und ein eisiger Schauer umfing sie bei dem Anblick, der jene offenbar auf eine unverständliche Weise zu erheitern schien.

Voller Mitgefühl musterte sie jenen den Mann mit den blutigen Hörnern. Das Rot an jenen Stellen, wo man diese in seinen Schädel getrieben hatte, glänzte frisch, während der Schmerz ihm ins Gesicht geschrieben stand. Aber er konnte sich weder die Tränen aus den Augen wischen noch diese Fremdkörper berühren oder gar entfernen.

Entsetzt nahm Freya wahr, dass man ihm zusätzlich seine Hände waren abgetrennt und durch massive Hufe ersetzt hatte. Wer zur Hölle tat so etwas? Sacht hob sie ihre Hand an und legte jene auf die Scheibe, als wollte sie ihm Trost spenden.


Eine Geste, welche nicht länger als eine Sekunde dauern mochte, bevor jene Magie ihren Blick zwang die Tragweite zu verstehen. Hier ging es nicht um Mitgefühl oder Trost. Das konnten sie sich nicht leisten. Nein, denn leise hörte sie im Hintergrund, einer Geschichte gleich, wie Naheniel zu Fungus sprach. Worte, die in die dunklen Gänge ihrer Gedanken fanden und dem Szenario, welches sich ihr offenbarte, eine klare Bedeutung verlieh.

Sie spürte, wie ein Schatten sich hinter ihr aufbaute. Gewaltig und letztlich auf eine Weise majestätisch. Ein Schatten bei dem sie spürte, dass sie diesem fernbleiben sollte, wenn sie nicht ebenfalls in einem dieser Zellen enden wollte.

So versuchte sie sich von den Gedanken zu befreien. Als würde sie den Ausgang aus diesem Kabinett des Grauens suchen rannte sie los. In die Dunkelheit, welche ihr jedoch nicht erlaubte wegzusehen. Wie Blitze tauchten immer neue bizarre und groteske Kreaturen vor ihr auf.

Fast zu Tode erschreckte Freya sich, als sie in die toten Augen der zusammengesetzten Meerjungfrau blickte, die direkt vor ihren Augen auftauchte und an sie Scheibe prallte. Scharf sog sie die Luft ein und wollte in eine andere Richtung laufen, doch auch wenn sie sich nur umgedreht hatte, so war sie plötzlich im inneren eines Käfigs, während eine Frau, wie eine Marionette an blutigen Schnüren oder gar Gedärmen geführt vor ihr tanzte. Oder man sie eher tanzen liess ohne, dass sie sich wehren konnte. Das grausame Lächeln auf ihren Lippen hatte man mit Drähten fixiert und der Schmerz stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben.

Sie glaubte langsam zu verstehen, was Naheniel ihr schonungslos versuchte zu zeigen. Die Erklärung, was geschehen würde, wenn sie aufbegehren würde. Vielleicht würde sie hier auf die gleiche Weise enden, wenn jemand Interesse an ihr hätte. Mit festgenähten Lidern, damit sie ihre blauen Augen  sehen konnten oder einer weitaus größeren Perversion, von der sie sich noch kein Bild zu machen wusste und erst recht nicht wollte. Sein Wissen, welches gleichzeitig die Bestätigung dessen war, dass er mehr als zu genau wusste, versuchte Naheniel ihr zu zeigen. Ungeschönt und ungehemmt, damit sie verstand, um was es ging und er scheinbar ganz genau wusste, wie man hier mitspielte, um zu überleben. Vertrauen... Abermals legte sich der Schatten sich abermals über sie...
  


  
Freyas kleiner Körper spannte sich, von all jenem Grauen gepeinigt und gleichzeitig angewidert, an. Wer oder was tat so Etwas nur und weshalb? Wollte sie das wirklich wissen?

Alles in Freya zog sich förmlich zusammen, während unerwartet der Gestank fauliger Verwesung in ihre Sinne drang und gleichzeitig jener Atemhauch über ihre Wangen strich.  Widerwärtig und ekelerregend zog jener alles in ihrem Körper zusammen und sorgte dafür, dass sie nicht länger in ihrer Starre verharren konnte. Das Blut auf ihren Lippen, die Bilder in ihrem Geist und nun jener faulige Geruch in ihrer Nase, sorgten dafür, dass sie es nicht länger zurückhalten konnte, was all dies in ihr auslöste.

Abrupt richtete sich Freya auf ihre Knie auf, wobei ihre Finger aus Naheniels glitten, da sie sich halt suchend mit beiden Händen abstützen musste, bevor die aufsteigende Übelkeit sie übermannte.

Würgend presste das Mädchen die Galle aus ihrem inneren hervor, der sie sich nicht länger erwehren konnte. Es war einfach widerlich. Hustend und nach Luft ringend, stützte sie sich auf beide Hände, während der Drang sie immer wieder erfasste. Sichtlich versuchte Freya immer wieder gegen den Reiz anzukämpfen, während sie nach Luft schnappte. Erst als sie das Gefühl hatte, ihre Kehle wäre ausgebrannt, gar weggeätzt und ihr Körper einfach nur noch hohl und leer schien jener Instinkt zu schwinden. Schwer atmend blickte Freya von der Pfütze vor sich.

~
Das war es dann nun wohl mit dem Totstellen~ huschte es durch ihre Gedanken, bevor sie ihre Wimpern senkte. Innerlich fluchend, dass sie es nicht zurückhalten hatte können, hoben sich ihre Augenlider aus einem reinen Impuls heraus an, so dass sich ihr Blick, ob sie wollte oder nicht, direkt auf den Ursprung jenes fauligen Gestanks legte. Ja ein Schatten hatte sich über sie gebeugt, doch vielmehr war es der von Haedinn und nicht jener, Fungus, der sich direkt vor sie gesetzt hatte und sie mit amüsierten orangen Augen sehr interessiert beobachtet hatte und dessen stinkender Atem am Ende dafür gesorgt hatte, dass sich ihr der Magen herumdrehte.

Das breite Maul jenes Wesen, das einer verzerrten Erscheinung nach einer Katze entsprechen mochte, war zu einem Grinsen verzogen, welches die Vielzahl gelber kantiger Zähne, welche trotz oder gerade durch ihre teils abgerochenen Kanten und teils faulen Stümpfe gefährlich scharf aufblitzten, offenbarte. Nun wusste sie wenigstens, warum der Papa ihr immer das Zähneputzen predigte. Und bei Ogrimar, sie würde es nie wieder versäumen.

Glasig, aufgrund der Anstrengung des Würgereflexes, schimmerte das Blau zwischen den schwarzen Haarsträhnen hindurch, während sie Haedinn, noch immer nach Luft ringend, ebenfalls zu mustern begann. Abermals musste Freya schlucken, und dieses Mal nicht mehr nur, um den sauren Geschmack der Gallenflüssigkeit aus ihrem Mund zu verbannen, sondern auch das Grauen, welches jener mit seinem breiten Grinsen und teuflisch funkelnden Augen ausgelöst hatte.

Was sollte sie nun tun? Und wollte sie nach all dem wirklich noch wissen, wer oder was Fungus war? Ihr Blick glitt im Augenwinkel nur über jenen Schatten hinweg, die jener wohl mit seinem gewaltigen Körper warf.


Nein besser nicht. Noch nicht. Nach Naheniels Warnung, welche sie verstehen liess, dass sie nicht einmal im Ansatz wusste, mit was sie es zu tun hatte, und offenbar ein unschuldiger Augenaufschlag hier keineswegs die Lösung sein würde, sondern stattdessen vielleicht sogar alle schlimmer machen würde, hielt Freya sich, wenn auch widerwillig zurück. Schlimm genug, dass sie der Brechreiz überkommen hatte. Naheniel wäre das bestimmt nicht passiert.

Hier sprach man eine andere Sprache und vollkommen andere Dinge schienen von Wert zu sein.  Etwas, wo ihr gänzlich die Erfahrung und nicht zuletzt sie Härte, die Naheniel mehr als selbstsicher bewies und damit offenbar in irgendeiner Weise wohl jemand hier zu sein schien, den man zum einen fürchtete, jagte und gleichzeitig respektierte.


So rief Freya sich seine skrupellosen Worte ins Gedächtnis und versuchte zu verstehen, was er in diesem Moment von ihr verlangte, damit er sie beide, davor bewahren konnte ein Teil dieses Kabinett des Grauens zu werden.

Tief ein und ausatmend wandte Freya daher ihren Blick vom Schatten der Raupe auf zu Naheniel. „Es tut mir leid“ formten ihre Lippen dabei fast stumm, nachdem sie es geschaffte den Würgereflex zu unterdrücken, den all ihre Sinne ungewollt ausgelöst hatten. Fast eine gewisse Unterwürfigkeit ausstrahlend, sah sie unter halbgesenkten Lidern zu ihm auf, um in seinen Augen erkennen zu können, was sie tun sollte, nun da sie nicht länger unscheinbar geblieben war und sich totstellen konnte. Aber mit Sicherheit war es nicht falsch, erst einmal auf sein Spiel mit dem Besitz einzugehen.
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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Naheniel
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#314

Beitrag: # 52305Beitrag Naheniel »

Auf Naheniels Lippen zeigte sich ein süffisantes Lächeln.
„Interessant, dass Du Dich direkt bedroht fühlst von meinen Worten. Habe ich etwa einen wunden Punkt getroffen? Dabei wollte ich Dich doch nur ganz höflich und unverbindlich daran erinnern, dass…“
Weiter kam er nicht. Eigentlich hätte es seinerseits noch wesentlich mehr gegeben, was er Fungus zu sagen gehabt hätte, doch die unüberhörbaren Würgegeräusche aus Freyas Richtung sollten ihn jäh unterbrechen.
Ebenso wie es das Prickeln auf seinen Fingern tat, das ihm versichert hatte, dass sie aus freien Stücken immer noch die Verbindung zu ihm hielt und somit hoffentlich das Gesehen hatte, was er beabsichtigt hatte und diese Erinnerungen nicht von anderen überlagert worden waren, die so rein gar nichts in ihrem Kopf verloren hatten.
Mit einem Kopfschütteln erhob er sich und sah mit fast schon ehrlichem Bedauern zu Fungus.

„Sieh Dir nur an, was Du angerichtet hast.“
Es war dennoch schwer auszumachen, ob der vorwurfsvolle Ton Fungus, Haedinn oder vielleicht sogar doch Freya galt.
Ganz offenbar hatten die geteilten Bilder ihre Wirkung nicht verfehlt. Mitnichten waren diese etwas für einen jungen Geist.
Nicht, dass er sich auch nur irgendetwas aus Kindern machte oder ihn deren Gesundheit auch nur im Geringsten scherte.
Doch wusste er sehr wohl, welche tiefe Kluft jene Erinnerungen, die sich so sehr wie ihre eigenen angefühlt haben mussten und denen sie wehr- und machtlos gegenüberstand, hinterließen.
Noch war Freyas Seele unberührt von derlei Grausamkeiten und auch wenn es durchaus in seiner Absicht lag, sie auf seine Seite zu ziehen und seine Welt mit Sicherheit etwas dazu beitragen würde, fühlte er in jenem Moment einen Funken von Mitleid mit ihr.
Jenes Leid, welches den missgestalteten Kreaturen widerfahren war, hatte selbst ihn damals bis zu einem gewissen Grad betroffen gemacht.
Einst war Naheniel es gewesen, der dieses Land aus Düsternis als Fluchtmöglichkeit erschaffen hatte.
Vieles was ihnen hier begegnete, entsprang seinem eigenen Geist. Doch das, was er dort selbst in dem versteckten Erdreich von Fungus gesehen hatte, nein, das konnte keine Schöpfung von ihm gewesen sein.
Oder etwa doch?


„Nicht besonders appetitlich, Kind.“ Eine lapidare Geste mit seiner Hand sollte die Abscheu und Ablehnung ausdrücken, als er die übel riechende Galle betrachtete, die sich ihren Weg in die Freiheit gesucht hatte.
Mit einem kurzen, tadelnden Schnalzen seiner Zunge wand er sich dann aber wieder Fungus zu.
„Komm gar nicht erst auf die Idee, dass ich mich um diese Sauerei kümmern soll. Ich hatte Dich davor gewarnt, dass es sehr schnell kaputt gehen kann.“
Tunlichst vermied er es, Freyas Namen in den Mund zu nehmen. Je unpersönlicher und abwertender er ihr gegenüber war, desto weniger öffnete er weitere Tore für irgendwelche Vermutungen, in welch Verbindung sie beide zueinander stehen mochten.
Durch seine offen ausgesprochene Drohung hatte er ohnehin schon zu viel verraten.
Aber es war nötig gewesen, denn wie sonst hätte er Freya sonst vermitteln sollen, dass dieser Ort hier nach seinen eigenen Regeln spielte.
Regeln, die nicht für ein kleines Kind geschaffen worden waren. Regeln, die sie aber schnell lernen musste, wenn sie hier mit ihm überleben wollte.

„Nun Fungus, ich denke, es hat Dir gerade eine sehr anschauliche Demonstration dessen gegeben, worauf Du Dich einlassen würdest, wenn Du sie, entgegen Deinen Beteuerungen, doch für Dich beanspruchen wollen würdest.“
Mit sicherem Schritt trat er auf Fungus zu und musterte seinen massiven Körper um sogleich, mit einem leichten Stirnrunzeln, seinen Kopf etwas zur Seite zu legen.
„Du erlaubst?“
Ohne eine Antwort abzuwarten, streckte er seine Hand aus und tat, als würde er ihm einen Fleck von seiner Brust wischen. Dann seufzte er fast schon ergeben und zeigte ihm ein unterkühltes Lächeln.
„Kinder. Sind sie nicht alle irgendwie gleich widerlich?“
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Fungus
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#315

Beitrag: # 52311Beitrag Fungus »

„Offenbar hat dir deine Abwesenheit einen Teil deiner Auffassungsgabe und Deiner Persönlichkeit geraubt.
Herrje, ja, zugegeben, ich habe dein Kindchen etwas grob angefasst, nachdem ihr meinen Sumpf betreten habt.
Aber was spielt es für eine Rolle? Du hast weit schlimmere Dinge getan, wenn ich mich recht erinnere und warst weniger zimperlich.
Erst recht nicht, wenn es um so eine kleine Kröte ging.“
     
Fungus schenkte jenem Maleur Freyas keinerlei Beachtung. Nein, auch wenn es ihm alles andere, als gefiel, dass sie hier ihren Mageninhalt einfach so entleerte, so missfiel ihm Naheniels Gebaren offenbar noch viel mehr.
      

„Würde ich sie beanspruchen wollen, wäre sie mein.“
    
gab er mit kühler Überheblichkeit und sehr von sich selbst überzeugt zurück. Ja, er bekam stets, was er wollte. Es war nur eine Frage des Preises. Und jeder hatte einen Preis, auch er, oder nicht?

Jener war zuweilen nicht immer in Gold gemünzt. Oh nein. Handel war ein so mannigfaltiges Terrain. Intrigen, Ränke schmieden, Vertuschung und noch vieles mehr.  Wissen jedoch war eines der wichtigsten Güter, und er wusste einiges. Offenbar so viel, dass einige der hochrangigsten ihm das ein ums andere Mal den noch so abwegigsten Wunsch nicht abschlugen, nur damit sie sich Fungus Schweigen erkauften oder aber an eines der kleinen schmutzigen Geheimnisse gelangten, von denen er wusste.
 
„Doch kommen wir auf den Punkt, denn dieses launenhaftes Hin und Her beginnt mich zu langweilen. Und wir beide langweilen uns nur ungern, nicht wahr?
Dass Du scheinbar etwas anderes mit dem Kindchen vorhast, als du uns hier glauben machen willst ist immerhin uns allen klar.“

    
Zugegeben war genau dies etwas, das Fungus mehr als wurmte. Einst waren sie intensive Handelspartner gewesen. Geheimnisse, jede Menge Dreck und Köpfe hatte er Naheniel geliefert. Vor dem Fall und der Expansion. Nun jedoch hatte keine Ahnung, was Naheniel wollte, wieso er zurückgekehrt war, geschweige denn was er vorhatte. Der Grund, weshalb hatte er dafür gesorgt, dass Naheniel und sein Anhängsel bei ihm gelandet waren. Doch kam er keinen Schritt vorwärts.
    
„Ich selbst würde mir auch nicht vertrauen. Doch du wirst sehen, dass es ein Fehler war, meine Hilfe auszuschlagen.“
     
Würde sich nun etwas an den Machtverhältnissen ändern, so durfte er aber auch nicht vorschnell eine Position beziehen. Und genau jene Veränderung lag nahe. Er musste es also herausfinden, damit er nicht auf das falsche Pferd am Ende setzte und ihm vielleicht alles um die Ohren fliegen würde, was er sich so mühsam aufgebaut hatte.
   

Allerdings war der Aufruhr, welcher sich umgehend nach seinem Erscheinen Naheniels aufgetreten war, sehr bedenklich. Zu viele wussten bereits von ihm, was dafür sorgen würde, dass, wenn Fungus einen Nutzen daraus ziehen wollte, er nur wenig Zeit haben würde, um eine Partei zu ergreifen.
    

Ja, ihm war dabei sehr wohl bewusst, dass Naheniel viele Dinge wusste, die ihm gefährlich werden konnten und auch nicht davor zurückscheuen würde sie hemmungslos gegen ihn einzusetzen, wenn es ihm zuträglich war. Genau deshalb musste er mit Präzision und Fingerspitzengefühl an die Sache herangehen. Wenn er einen Profit aus seinem Auftauchen schlagen wollte, und er wäre wahnsinnig würde er es nicht annähernd in Erwägung ziehen, dann durfte er sich keinen Fehler erlauben.
    

„Noch habe ich niemanden über Dein Erscheinen informiert.
Und Du weißt, dass ich mit wenig Mühe ein beträchtliches Vermögen daraus schlagen könnte.
Vielmehr geht in irgendeiner Weise ein Leuchtfeuer von dir aus, das all die Jäger anlockt, wie das Licht die Motten.
Was meinst Du, warum Du immerhin hier bist?
Glaub mir, ich habe nicht vergessen, wer du bist und nur deshalb habe ich dir meine Hilfe angeboten.“

   
Fungus nahm einen tiefen Zug von seiner Pfeife, er hatte mit diesen Worten schon mehr Wissen offenbart, als er eigentlich wollte und doch, vielleicht war dieser Instinkt, der ihn dazu veranlasst hatte, aber noch nicht einmal falsch. Immerhin sollte Naheniel nur wissen, dass jene Kopfgeldjäger nicht seinetwegen die Grenzen des Sumpfes erreicht hatten. Naja zumindest nicht alle. Wie gesagt, jeder musste irgendwie über die Runden kommen.
   

„Wenn Du gehen willst, geh. Wenn Du meine Hilfe möchtest, bitte darum. Aber vergiss niemals, dass es deine Entscheidung war.“
   
Seine sechs Augen legten sich nur kurz auf Naheniel, bevor er abwartend auf seine Reaktion weiterhin sein geheucheltes Desinteresse vorspielte und sich gemächlich zurücklehnte. Im schlimmsten Fall schlug er ein weiteres Mal sein Angebot aus und dann würde Haedinn dafür sorgen müssen, dass ihnen der Fisch nicht von er Angel glitt. Nicht, bis sie wussten, wohin diese Reise wirklich führen sollte.
   

„Haedinn, sorg dafür, dass es seine Sauerei wegwischt, bevor unsere Gäste uns verlassen. Ansonsten darfst später Du jeden Tropfen auflecken.“
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Haedinn
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#316

Beitrag: # 52318Beitrag Haedinn »

„Igitt!“ Haedinn schüttelte seine große Pfote und trat einen Schritt zurück. „Das ist nicht sonderlich appetitlich, junge Dame!“ Er warf Freya einen pikierten Blick zu und leckte sich einige Male über die scharfkantigen Krallen seiner Pfoten. „Wirklich. Nicht. Appetitlich.“ Raunte er dabei zwischen seinen Zähnen hindurch, während er Freya missmutig aus seinen glühenden Augen betrachtete.
Als er sich genug gesäubert hatte, beschloss er zwischen ihr und ihm doch etwas mehr Sicherheitsabstand zu bringen und so sprang er galant auf Fungus Rücken um sich dort niederzulassen. Von hier aus konnte er das Geschehen wesentlich besser verfolgen und so lädiert wie das Mädchen war, würde Naheniel ohnehin nicht weit mit ihr kommen, sollte er denn einen Fluchtversuch planen.

Haedinn war sichtlich gelangweilt von dem unnötigen Kräftemessen der beiden, Reine Zeitverschwendung, in seinen Augen. Und so streckte er sich genüsslich auf Fungus Rücken aus und versenkte dabei seine frisch gesäuberten Krallen in dessen Haut. Als er diese wieder zurückzog, blieben daran einige klebrige und seltsam farbige Rückstande hängen. Mit gerümpfter Nase betrachtete er das, was auf seinen Krallen zurückgeblieben war und murmelte leise: „Du könntest Dich mal wieder häuten, alter Freund. Angemessene Körperpflege ist das A und O. Auch für eine Raupe.“ Er kam jedoch von weiteren Belehrungen bezüglich regelmäßiger Hygiene ab, als Fungus seine Worte an ihn richtete.
 

„Mein süßer dicker Schmetterling.“ Der Kater schmiegte seinen Kopf genüsslich an den Kopf von Fungus und zischte ihm in einem warnenden Tonfall zu. „Alte Beziehungen hin oder her. Dein kleiner Diener bin ich ganz bestimmt nicht. Nur weil ich von Deiner Größe zu profitieren weiß, heißt das noch lange nicht, dass Du über mich bestimmen kannst.“ Noch bevor er Fungus eine weitere gut gemeinte Berichtigung, bezüglich ihres Verhältnisses zueinander, zuflüstern konnte, zerschnitt ein lautes Donnern die Stille die sich über das Moor gelegt hatte.
Dem wummernden Dröhnen des Donners folgte ein bestialischer Schrei, nein, eher ein markerschütterndes Kreischen, welches seine Schnurrhaare zu allen Seiten aufstellen ließ. Eine freundliche Einladung zum gemeinsamen Tee war dies ganz gewiss nicht. Eher durchtränkt von einer tiefen Wut und abscheulichem Hass.
Es war derselbe Schrei, den Naheniel bereits kurz nach seiner Ankunft vernommen hatte und welches selbst durch den Spiegel hindurch für Freya zu vernehmen gewesen war.


Neugierig aufblitzend glitten Haedinns glühende Augen zwischen Fungus und Naheniel hin und her. „Oh, da wurde wohl jemand aus seinem Prinzenschlaf geweckt. Nun, das verspricht ja doch noch amüsant zu werden. Die Frage ist nur, wem gilt sein Interesse? Kleiner Hinweis,“ Er hob seine Pfote und zeigte mit einer seiner Krallen auf, so als würde er sich eifrig in einer Schulklasse melden und grinste von einem Ohr zum anderen, „ich bin es nicht. Trotzdem,“ und mit jener Bemerkung sprang er wieder von Fungus Rücken hinab und stolzierte zwischen ihm und Naheniel hindurch, „ziehe ich es nun vor, diese illustre Runde zu verlassen. Ihr könnt ja auch ohne mich weiter darüber philosophieren, wer denn nun die größeren Geschlechtsteile anzubieten hat.“ Er drehte seinen Kopf zu Fungus, und wiegte diesen hin und her. „Wobei ich mir noch immer nicht so ganz im Klaren darüber bin, wo Du Deine versteckt haben magst.“

Haedinn schenkte der Raupe ein tollkühnes Zwinkern, bevor er sich majestätisch verneigte und sich, von der Schwanzspitze beginnend, auflöste. Nur sein Grinsen verweilte noch für einen letzten Moment, während der Rest schon verschwunden war.
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Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
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Lyvia
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#317

Beitrag: # 52321Beitrag Lyvia »

Das hatte sie so nicht geplant. Nur ihre Stimme hätte den Geist Tanuris erreichen und sie führen sollen, als sie sich selbst unversehens wieder in dieser lähmenden Leere wiederfindet.
Sie weiß um die Gefahr, vor allem dank ihres geschwächten Zustandes. Einer der Gründe warum sie genau dies hatte vermeiden wollen.
Doch wenn nicht sie...wer dann hat sie erneut in Tanuris Geist geführt? Die Stimme die die Leere füllt beantwortet all die Fragen, die sich ihr unversehens gestellt hatten. Natürlich! Es gibt nicht mehr viele die sie gegen ihren Willen hierher hätten bringen können, ungeachtet ihres geschwächten Zustandes.
Und dennoch....noch nie hat der Meister sich so direkt in die Belange Altheas eingemischt, schon gar nicht indem er sich selbst, und sei es nur in seinem Geist, in diese Welt begeben hätte. Auch wenn der Ort wo sie sich jetzt befinden noch einmal eine eigene kleine Dimension zu sein scheint, losgelöst von allem, was man kennt.
Langsam dreht sie sich im Kreis, während sie den Worten der so vertrauten Stimme lauscht, bemüht die Leere, die sie umgibt nicht in ihren eigenen Geist vordringen zu lassen.
Jene mahnenden Worte verraten ihr nur, was ihr selbst sehr wohl bewusst ist. Doch der Wille die Priesterin zu retten war stärker als die Stimme der Vernunft. Und dennoch war ihr das Risiko bewusst gewesen als sie sich das erste mal in diese Welt begeben hat, auf der Suche nach Tanuri. Und ebenso ist sie sich ihrer Grenzen bewusst. warum sonst ist sie kein zweites Mal in deren Geist eingetaucht, sondern hat sie lediglich gerufen.
Sie strafft bereits die Schulter im gewohnten Aufbegehren. Schliesslich hat er sie diesmal hergeführt...nicht sie selbst...er sie in diese Gefahr gebracht. Natürlich, wer sonst würde eine solche Situation nutzen um nicht erneut eine weitere Lektion zu erteilen. Doch seine letzten Worte ersticken jedes Aufbegehren im Keim.
In seiner Schuld stehen? Kein wirklich angenehmer Gedanke, schon gar nicht für sie. Doch der Preis ist es wert...mehr noch...sie wäre bereit gewesen einen noch viel höheren Preis zu bezahlen. Und eines ist gewiss, das der Meister ebenso über dieses Wissen verfügt. Ein Gedanke der ihr tatsächlich selbst in dieser Lage ein kleines Lächeln entlockt.
Jedenfalls so lange, bis ihr erneut ins Bewusstsein dringt, das die Zeit eilt. Sie hätte es fast vergessen...vergessen...damit wäre ihr Untergang besiegelt gewesen. Die Zeit ist abgelaufen. In einer fast verzweifelten Geste greift sie nach der Hand jener schattenhaften Gestalt im Nebel vor ihr und es bleibt kaum mehr als die Hoffnung, das es sich dabei um Tanuri handelt, und zwingt ihren Geist zurück in die Welt in die sie gehören. 
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-Freya-
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#318

Beitrag: # 52325Beitrag -Freya- »

Sicherlich verstand Freya nun, weshalb Naheniel versuchte von ihr abzulenken, allerdings gefiel ihr die Art und Weise nicht wirklich. Egal, ob die Worte ehrlich gemeint waren oder er nur diesem Fungus etwas vormachte, es fühlte sich dennoch irgendwie wie Peitschenhiebe an, wenn Naheniel so über sie sprach. Allerdings was war die Alternative? Dass sie die Aufmerksamkeit dieser zwei unheimlichen Wesen auf sich lenkte oder sich schweigend Naheniels Plan  und der Tatsache, dass er sie wie ein Ding behandelte, fügte? 

~Der Zweck heiligt die Mittel. ~So lauteten schließlich die Worte des Herrn.


Freyas Blick ruhte unter den gesenkten Wimpern auf Naheniel, bis jener auf den Schatten zuging. Für einen Moment nur schloss sie die Augen. Konnte sie denn nicht einfach aufwachen? Hallo Ogrimar? Doch Ogrimar war niemand der Gnade kannte. Nein, sie sollte es mittlerweile wissen, oder nicht.

Sicherlich hatte Fungus Naheniel wissen lassen, dass er sie nicht wollte. Offenbar schien sein Plan aufzugehen. Konnten sie denn nun nicht einfach gehen? Bitte. Einfach nur weg, denn sie wollte nicht wirklich aufschauen und damit am Ende vielleicht noch wieder eine Kehrtwende bei jenem erzielen, der doch noch etwaige Ansprüche stellen würde.

Im Gedanken versunken war es Haedinns pikierter Kommentar, der sie blinzelnd zu jenem sehen liess. Dieses Katzentier, es sah sie an, als wäre sie ein überdimensionaler Vogel, den er ins Visier genommen hatte.  Jene katzengleiche Gestalt, welche jedoch aussah, als hätte der dunkle Lord ihn selbst das ein oder andere Mal durch den Fleischwolf gedreht.


Ihr Blick glitt kurz über die kahlen Stellen, währen er sich seine messerscharfen Krallen ableckte. Sicherlich war es nicht appetitlich, das wusste Freya selbst. Aber ebenso wenig waren es jene Dinge, die Naheniel ihr gezeigt hatte. Jene Dinge oder vielmehr bemitleidenswerten Geschöpfe, welche diese Fungus und Haedinn scheinbar quälten oder aber wie ein Tischtuch an den Höchstbietenden verscherbelten. Das war ‚Igitt‘, doch konnte sie es diesem räudigen zerfledderten Häufchen Kater mit seinen tödlichen Krallen kaum ins Gesicht werfen, auch wenn es ihr auf der Zunge förmlich brannte.

Ihre Augen verengten sich leicht, während sie Haedinn auf Schritt und Tritt folgten, bis jener seinen Kopf an den der Raupe schmiegte. Wobei Raupe? Schande. Kurz schloss Freya ihre Augen. Sie hatte nicht hinsehen wollen und nun doch am Ende genau das getan. Und das, was sie erblickt hatte, war vieles, doch sicher keine entzückende Raupe, die irgendwann zu einem Schmetterling werden würde. Nein, eher war dieses Ding einem widerwärtigen Alptraum entstiegen. Alptraum....
Noch immer war Freya speiübel und ihr ganzer Kopf hämmerte elendig nach der Anstrengung, besonders, da die Bilder sie nahezu noch immer verfolgten, zusammen mit dem, was sich eine raupenähnliche Kreatur darstellen sollte. Bei Ogrimar, er hätte zwar auch das Aussehen eines Welpen haben können und sie würde ihn dennoch allein für das, was er diesen armen Geschöpfen angetan hatte hassen, aber eine solche Laune der Natur machte es noch um vieles leichter. Am liebsten hätte sie ihm einfach das Gehirn in der Wüste frittiert, so wie die Lyvia es ihr gezeigt hatte. Auch wenn er Begriff frittieren selbst ihr unbekannt war. Doch würde es Naheniel wohl kaum in die Hände spielen und wenn ihr Versuch misslingen würde, dann würde, dann hätte sie ein kleines, oder eher unnatürlich großes Problem mit sechs Augen vor sich.

Mit einem Mal weitete sich das Blau ihrer Augen in dem noch immer kreidebleichen Gesicht. Doch war dies weder dem Anblick von Fungus geschuldet, dem sie zuvor erfolgreich ausgewichen war, noch der Gedankengang, den sie durchspielte. Eher war es die Erkenntnis, dass bei all dem, was um sie herum geschah, fast vergessen hatte, dass etwas viel schlimmeres in ihnen im Nacken sass.

Der donnernde Schrei, welcher über sie hinweg hallte, sorgte dafür, dass Freyas Atem kurz ins Stocken geriet und die feinen Härchen auf ihren Armen sich alarmierend in die Höhe stellten. Wie im Affekt rappelte sich das Mädchen auf seine Beine auf und stolperte einen Schritt auf Naheniel zu, um seine Hand zu greifen.

Da sie nun Haedinn und nicht zuletzt auch Fungus erblickt hatte, wollte Freya gar nicht erst wissen, was für eine grausame Kreatur sich dahinter verbergen mochte, geschweige denn, was diese mit ihnen machen würde, wenn es sie erwischen würde.

Sogar Haedinn schien einen gewissen Respekt davor zu haben. Prinzenschlaf, was sollte das nur wieder bedeuten? Doch war es im Moment bedeutungslos ihn danach zu fragen, denn der Kater verschwand im selben Moment einfach so vor ihren Augen und löste sich in Luft auf. Wie auch immer er das angestellt hatte, aber Freya war sich sicher, dass er sicherlich diesem Etwas genauso wenig begegnen wollte, wie sie.

Direkt zuckte ihr Blick daher zu Naheniel hinauf. Beim dunklen Lord, sie würde hier nix wegwischen, Ende, basta, Schluss und es war ihr auch egal, was die Raupe dachte oder wollte. Genug der ganzen Scharade und der Pfauentänze.

„Es kommt näher!“ flüsterte Freya leise, während ihre großen blauen Augen von ihm ab in die Richtung glitten, aus welcher der Schrei gekommen war. 

Nein, sie mussten hier weg und zwar schnell. Und falls möglich, diesen ganzen Alptraum direkt hinter sich lassen.
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Adrian
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#319

Beitrag: # 52330Beitrag Adrian »

Bei Ogrimar, es war nicht mit anzusehen, wie unbeholfen das Pack zu sein schien. Lange genug hatte er nur beobachtet und zugesehen. Wie unfähig und nicht zuletzt an Ketten von Moral gebunden sie herumschwänzelten und im Grunde nichts taten. 

Rüde stieß er die Anwesenden und sogar Vargus beiseite und beugte sich langsam hinab zu der Priesterin, welcher zwar der Lebenswille fehlen mochte, aber am Ende auch die Kraft. Der immer flacher werdende Atem war dabei nicht das einzige deutliche Zeichen. Aber stattdessen knieten und beteten sie hier zusammen oder was sollte das alles darstellen? Beim Dunklen. Warum gab ER jenen Macht, wenn sie nicht bereit waren, sie einzusetzen.

"Geht beiseite." raunte er leise, ohne die aufgebrachten Herrschaften eines Blickes zu würdigen. Schwarze Schlieren tänzelten noch um seine Füße, dennoch würde zu einem späteren Zeitpunkt keiner der Anwesenden mehr genau bestimmen können, woher er gekommen war.

"Kümmert Euch um die Jägerin." entgegnete er nur knapp, während Adrian, ohne einen Einspruch zu dulden, seine Arme unter Tanuri schob und sie behutsam in die Höhe hob, um ihren Körper ebenfalls weicher zu betten. „Idioten.“ Kam es eisig hervor, während er kopfschüttelnd den Körper Tanuris taxierte. Ein Leben für ein Leben. Ogrimar forderte nun mal Opfer für seine Gaben. So sollte es sein. Fraglich, ob jeder hier bereit wäre seines zu opfern für die Priesterin. Oder aber? Kurz verengte Adrian seine Augen, während der Körper vor ihm noch immer seiner Musterung unterlag. Nun ein Leben für ein Leben. Offenbar war niemand fähig pragmatische Entscheidungen zu treffen.

Bestimmend legte er seine flache Hand auf ihren Bauch. Der Zweck heiligte die Mittel. Wieso drei Leben verschwenden, wenn man zwei davon retten kann. Jemand musste handeln und er nahm ihnen einfach die Entscheidung ab, bevor sie allesamt am Ende tränenüberströmt ihre eigene Unfähigkeit bemitleiden würden, versagt zu haben. Und würde jemand auch nur im Ansatz wagen, ihm ins Handwerk zu pfuschen oder Einspruch erheben, nun er durfte dann gern den Platz des Opfers einnehmen.

Gezielt spreizte er seine Finger über der Wölbung des Bauches, bevor das Blau seiner Augen sich in ein vollkommenes Schwarz hüllte.

"Vitam pro vitae" flüsterte er wie ein leises Mantra. Worte, die langsam dunkle Schlieren um seine Hand formten, die er aus Tanuris Körper sog. Emotionslos blickte er auf die geschlossenen Augen der Priesterin, während die Dunkelheit sich um ihn säumte und der Körper vor ihm sich aufbäumte.

Mit sanftem Druck jedoch hielt er bestimmend dagegen. Ein Leben war sowieso verdammt dazu zu enden, weshalb er dem Körper zu verstehen gab, sich nicht zu wehren.

"Vitam pro vitae" wiederholte er ein letztes Mal seine Anrufung unter der sich auch der Körper der Priesterin langsam zu entspannen schien. Einsichtig, dass sie keine Wahl mehr hatte.

Manch Beobachter wird später davon berichten, dass er umgeben war von Dunkelheit, einem Nebel aus Finsternis. Ein anderer würde behaupten, er hätte von vornherein nur einen Schatten gesehen und die Dunkelheit selbst wäre gekommen, um sie zu retten. Doch egal, welche Geschichte man zu hören bekam. Die des Mannes oder die des Schattens, von denen kein Augenzeuge wusste, woher er gekommen war, eines hatten sie gemeinsam. Und zwar, was er daraufhin tat.

Langsam beugte Adrian sein Gesicht über die Priesterin. Von finsteren Schatten umgeben senkte er seine Lippen auf ihre hinab. Die Dunkelheit wandelte sich, konzentrierte sich nach und nach, bevor sie auf Tanuri überglitt. Fast wie ein Kuss streifte er dabei über diese hinweg und hauchte Tanuri das reine ungeborene Leben ein, welches er zuvor geraubt hatte. Die pure Lebenskraft, welche ihre Wunden schloss und den faden bleichen Zügen der Priesterin neues Leben schenkte.

Ein Leben, welches sowieso verwirkt gewesen war, aber so hatte es immerhin noch einen Zweck erfüllt. 
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Naheniel
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#320

Beitrag: # 52331Beitrag Naheniel »

Zweifelsohne, die Zeit der großen Diskussionen und Verhandlungen war nun vorbei.
Er hatte damit gerechnet, aber doch gehofft, dass ihnen noch ein wenig mehr Zeit bleiben würde. Zumindest solange, bis er sich einen ordentlichen Plan zurechtgelegt hatte, wie sie es aus Fungus‘ Wirkungsbereich schaffen würden und ihm und Haedinn im weiteren Verlauf ihres Aufenthaltes aus dem Weg gehen konnten.
Und zwar weit aus dem Weg, sehr weit.
Das leise Flüstern Freyas aber erinnerte ihn schmerzlich daran, dass er nun tatsächlich auf die angebotene Hilfe angewiesen war.
Eine Tatsache, die ihm so gar nicht gefallen wollte.


Sein Blick folge dem ihrigen, doch noch war nichts zu erblicken, außer der Weite des Landes, welches sich nahezu endlos vor ihnen erstreckte. Dennoch war alles was sie sahen bunte Pilzköpfe, die doch so fröhlich in ihrer Farbenpracht wirkten aber nichts anderes bringen würden als Krankheit und einen schmerzhaften, langsamen Tod.
Die Sporen, die sie überall verteilten, würden sich schnell in den Lungen der Besucher einnisten, sich dort verbreiten und nach und nach dazu führen, dass man von innen heraus erstickte.
An der Masse der Sporen jämmerlich ertrank.
Fungus beherrschte auf eine gewisse Weise das Leben der Moorgewächse. In seiner Nähe schien es so, als würde sich stets eine unsichtbare und undurchdringliche Kuppel in einem gewissen Radius um ihn herum bilden, weshalb sie vor den todbringenden Gewächsen im Moment in Sicherheit waren.


Zumindest noch und auch nur, solange sie sich nicht zu weit von ihm wegbewegten, sie taten was er wollte und sie sich in seiner Nähe befanden, würden die Sporen der Pilze und die Auswüchse der anderen Gewächse auf respektablem Abstand zu ihnen bleiben.
Wer konnte schon genau sagen, welche Magie Fungus über sie gelegt hatte, dass sie ihm dahingehend gehorchten.

 Eine schnelle Flucht wäre also unmöglich, auch wenn Naheniel genau dies am liebsten auf der Stelle getan hätte.
Furcht war etwas, was er nur jenen zuschrieb, die schwach waren.
Aber jene Bestie, deren Schrei ihm quälende Gewissheit darüber verschaffte, dass sie nicht mehr weit von ihnen entfernt war, hatte ihm bereits früher gelehrt, was Angst wirklich bedeutete.
Damals allerdings hatte er sich noch zur Wehr setzen können, wenn auch nicht sonderlich erfolgreich, denn sie hatte ihn mit vielen Narben gekennzeichnet. Aber jetzt?
Noch immer loderten die Brandwunden auf seiner Haut, die ihm seine eigene Magie zugefügt hatte, sein Fleisch gierte nach Kühlung und Versorgung und all das würde seine Zauber bis auf das Minimalste schwächen.


Auch wenn er es nicht laut zugeben wollte, Fungus war die einzige Chance, die Freya und er hatten.
Wohin auch immer ein Entkommen sie führen würde, denn verlassen konnte man sich auf die Raupe kaum und vertrauen schon gleich gar nicht.
Alles würde irgendwie zu seinem eigenen Nutzen sein, auch wenn Naheniel Fungus' Spielzüge noch nicht ganz durchschauen oder gar vorhersehen konnte.


Aber sie mussten eine sichere Distanz zu diesem ungezähmten Biest bekommen.
Somit griff er nach Freyas Hand, die sie ihm ausgestreckt entgegenhielt und zog sie in den Schutz einer Umarmung, indem er einen Arm um sie legte.
Er spürte die weiche, kindliche Wange unter seiner Brust und selbst wenn ihn die Berührung kurz schmerzhaft zusammenzucken ließ, gab es ihm doch etwas Tröstliches. Sowohl Freya, als auch der Schmerz, waren das einzig Verlässliche, was hier an diesem Ort, der einst nur ihm gehorcht hatte, geblieben war.


„Fungus, nun, wir können uns nun mit weiteren Plänkeleien aufhalten. Wie Du aber unschwer bemerken wirst ist es so, dass gerade Zeit etwas ist, was ich nicht im Überfluss anzubieten habe.
Du willst also, dass ich um Deine Hilfe bitte? So soll es sein. Dieser eine Kampf geht an Dich.
Ich bitte Dich hiermit darum, uns den Zugang zu Deinem Erdreich zu gewähren.“

Es widerstrebte ihm sichtlich, nach Fungus Hilfe zu bitten und doch sprach er mit fester Stimme weiter:
„So wie Du nicht vergessen wirst wer ich bin, werde ich nicht vergessen, dass ich diese Bitte ausgesprochen habe. Ich halte mein Wort.“
Wenn auch nicht immer im Sinne derer, die sich auf einen Abkommen mit ihm eingelassen hatten.
Naheniel hielt Fungus seine andere Hand hin, während sein Arm immer noch um Freya lag. Er wartete auf den Handschlag, als Besiegelung ihres Vertrages.
Mag der Handschlag in der wirklichen Welt nur noch eine nichtssagende Geste sein, die niemand mehr besonders ernst nahm, hatte er hier durchaus noch sein Gewicht und galt sogar mehr, als das Unterzeichnen eines Pergaments.

„Du wirst es nicht abstreiten können, es ist ein wahrlich treffliches Geschäft für Dich.
Ich biete Dir einen Handel, dessen Preis ich nicht kenne.“  


Am liebsten hätte er Fungus angeschrien, dass er doch endlich nach seiner verdammten Hand greifen sollte.
Aber er wusste genau, je mehr Ungeduld er ihm entgegenbringen würde, desto länger und ausgiebiger würde die Raupe es genießen, plötzlich alle Karten in der Hand, oder besser gesagt, seinen Tentakeln, zu halten.

Deshalb deutete er mit seinen Augen nur kurz auf die gen Fungus ausgestreckte Handfläche, während er Freya unbemerkt noch ein wenig stärker umfasste und sie an sich zog.
Sollte die Raupe sich gegen dieses Angebot entscheiden, wären mit großer Sicherheit alle seine Beteuerungen dahin.

Der Vorteil stand derzeit gewiss auf seiner Seite.
Naheniel zweifelte nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde daran, dass Fungus sich dessen mehr als bewusst war und dass alles nur davon abhing wie sehr er dieses Spiel genoss und wie lange es ihm Freude bereiten würde, es weiterzuspielen.
Sollte es ihm mittlerweile zu langweilig geworden sein, würde er bei seiner derzeitigen Verfassung, Fungus bei dem Versuch, ihm Freya zu entreißen, nicht viel entgegen zu bringen haben.
Und deshalb konnte er nur hoffen, dass die Aussicht auf solch einen speziellen Handel für Fungus reizvoller wirkte, als ein kleines Menschenkind in seinem Besitz.
Er versuchte ruhig zu atmen, als er ihn mit erhobenen Brauen beobachtete.
„Nun? Sind wir im Geschäft?“
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Fungus
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#321

Beitrag: # 52336Beitrag Fungus »

Na bitte. Am Ende handelte doch jeder wie erwartet. Brauchte es denn immer einen gewissen Nachdruck, dass sie alle verstanden, dass er die Regeln aufstellte. Ein süffisantes Lächeln verzerrte seine Züge zu einer Fratze.

Selbstredend wollte er ihm auch nicht begegnen. Jenem Wesen, von dem niemand berichten konnte, wie es tatsächlich aussah oder woher es gekommen war, denn jeder, der ihm begegnet war, war niemals zurückgekehrt. Auch wenn es sicherlich mehr als lukrativ wäre, würde er auf irgendeine Weise Kontrolle darüber bekommen. Jeder der sich jenes Kopfgeld, das Fungus auf die Kreatur ausgeschrieben hatte, hatte verdienen wollen, war niemals wieder gesehen. Ja es wäre profitabel, doch wohl kaum würde er seine Existenz dafür aufs Spiel setzen.  Aber das stand alles auf einer vollkommen anderen Rechnung, aber nicht ohne sich gedanklich zu vermerken, dass Naheniel dem Anschein nach wie ein Leuchtfeuer auf die Kreatur wirken mochte. Eine vermeintliche Tatsache, die es zu beobachten galt. Aus einer sicheren Entfernung.

Reichliche Möglichkeiten einer Begegnung mit jener Kreatur auszuweichen hatte Fungus. Und dies sicherlich nicht durch die Tunnel allein.

Gemächlich richtete er sich auf und blickte auf Naheniel hinab. Natürlich entging ihm dabei nicht die beschützende Geste dem Kind gegenüber. Wie entzückend er es an sich drückte und nicht zuletzt das  kleine Ding schien sich förmlich an ihn zu schmiegen.  Nicht, dass er Naheniel es nicht zutrauen würde, das Kind zu verteidigen. Nein. Er wusste mit wem er es zu tun hatte und nicht zuletzt auch, dass er ihn nicht einmal jetzt unterschätzen sollte. Trotzdem erheiterte es Fungus, dass gerade er über Sentimentalität. Wahrlich interessant.
  

„War doch gar nicht so schwierig, oder?“
  
kam es amüsiert über seine wulstigen Lippen. Wie lange hatte er auf einen solchen Moment nur gewartet? Schwebend liess er eine Hand über jener von Naheniel hinweg gleiten. Doch anstatt einzuschlagen, wandte er sich dem kleinen Kotzbrocken zu und widmete für einen Moment seine Aufmerksamkeit diesem zerbrechlichen Geschöpf.

Was war an ihr so besonders? Nun vermutlich würde er sie nicht hergeben. Wobei, war überhaupt etwas an ihr besonders? Natürlich wäre sie umso wertvoller, wenn es einen Zusammenhang mit ihm gab, aber was, wenn sie einfach eben genau jene Wirkung auf ihn haben sollte und am Ende wertlos war? Verschlagen und durchtrieben genug war Naheniel.

Sacht streifte einer der hornigen Finger über die Wange der kleinen. Dieses Mal jedoch ohne sie jedoch zu verletzen.

Entweder bedeutete das Häufchen Elend Naheniel tatsächlich etwas oder war von einer gewissen Bedeutung für ihn oder seine Pläne, oder aber er benutzte sie ganz bewusst, um sein Interesse auf sie zu lenken. Oh sie einzufordern war sicher schon eine gewisse Versuchung, doch würde er dieser nicht erliegen, bevor er sicher war damit keinen Kuhhandel einzugehen.

Er wäre ein Narr würde er vorschnell Forderungen stellen. Nein, einen solche Situation musste man vollends auskosten und zudem dabei aus den Vollen schöpfen. Der Moment würde kommen und bis dahin würde er entscheiden, was Naheniel ihm wirklich bieten konnte.

Langsam ließ Fungus von der weichen zerbrechlichen Haut Freyas ab und liess jene Hand zurück zu der von Naheniel schweben.
    

„Nun in Anbetracht der Situation, stehst Du in meiner Schuld und ich werde sie bei Zeiten einfordern. Ohne Wenn und Aber. Keine Vertröstungen, keine Tricks.
Neben der Tatsache, dass Du nicht vergessen wirst, dass ich bereit war dir zu helfen anstatt das Kopfgeld des Kaisers einzustreichen, dafür dürft ihr die Tunnel benutzen,
sowie du es wünscht oder könnt für eine Nacht auch Zuflucht im Blätterpalast suchen. Immerhin sieht das kleine Ding aus, als könnte es eine Pause gebrauchen.
Es obliegt Dir. Allerdings musst es schon laut und deutlich aussprechen, damit es Gewicht hat.“
       
Fungus rezitierte das Angebot und seinen Preis dafür noch einmal in aller Deutlichkeit. Seine Worte jedoch wurden mit einem kleinen fast überheblichen Lächeln abgerundet.

Abwartend darauf, dass Naheniel einschlagen würde sein eigener Daumennagel den Pakt mit Naheniels Blut besiegeln würde.

Als hätte es jemand heraufbeschworen, nur um Naheniel unter Druck zu setzen, erschütterte ein weiterer grauenhafter Schrei alles um sie herum. Dieses Mal deutlich näher. Wild flog einiges Getier in den grünlich schimmernden Himmel empor, während ein buntes Potpourri aus Sporen umher zu tanzen begann und den Himmel in bunte Farben tauchte, die nicht zuletzt wunderschön, aber eben so giftig oder gar tödlich sein konnten.
  

„Was sagst Du alter Freund, haben wir einen Handel?“
  
Selbstredend würde er Naheniel dafür erlauben das Ziel einer Flucht zu wählen. Doch dies entsprang nicht allein seinem grenzenlosen Großmut, sondern vielmehr würde die Wahl nicht zuletzt vielleicht etwas über Naheniels Absichten verraten. Doch er sollte sich schnell entscheiden, wohl kaum würde Fungus abwarten und weiter verhandeln, wenn die Vorboten der Kreatur die Grenzen seines Sumpfes durchdrangen.
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-Freya-
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#322

Beitrag: # 52340Beitrag -Freya- »

Freya spürte, dass auch Naheniel zurückblickte. Dorthin, in jene Richtung, aus welcher der Schrei gekommen war.  Doch all die Pilze und sonderbaren Gewächse versperrten ihnen jedwede Sicht auf das, was hinter ihnen lag und sich ihnen näherte. Oder andersherum, sie boten ihnen noch ein wenig Schutz. Allerdings wie lange, war eine andere Frage.  Wenn sie Naheniels Reaktion deuten konnte, war es gewiss nicht mehr viel. Sie spürte nur seinen festen Griff um ihre Hand. Bestimmend, aber nicht zuletzt beschützend zog er sie in seinen Arm.  

Wohl kaum hatte sie damit gerechnet.  Immerhin liess er damit den Vorhang seiner Scharade im selben Moment fallen, zumindest ein Stück weit. Dennoch war sie froh. Froh, dass er ihr in diesem Moment Geborgenheit schenkte. All die Rückschläge, Verunsicherungen und Zweifel, welche sie auf die Probe gestellt hatten, forderten trotz Naheniels Zauber zunehmend ihren Tribut, so dass sie kaum in der Lage war ihre eigene Angst zu verbergen. Daher lehnte sich das Mädchen an den weichen Stoff seiner Robe, während die Wärme seiner Hand die Verunsicherungen selbst ein wenig vertrieb. Kurz schloss sie die Augen während sie den Augenblick für einen kurzen Moment genoss.

So nah an seiner Seite, wie selten, konnte sie den Rauch in seiner Robe und das verbrannte Fleisch darunter riechen. Beim dunklen Lord. Dass er dennoch so eiskalt seine Maske hatte wahren können, obwohl er vermutlich Schmerzen hatte, die unsäglich sein mussten, dafür fand sie keine Worte. Erst jetzt wurde ihr ein wenig bewusster, wie dumm sie sich verhalten hatte in ihrer Bockigkeit. Wohl kaum hätte er, wenn er eine Wahl gehabt hätte, diese Welt oder was auch immer es war, dem sicheren Heim auf Arakas, welches er ein eigen nannte, vorgezogen hätte, sofern er eine andere Wahl gehabt.

Dort hätten sie seine Wunden reinigen und kühlen können und vielleicht hätte sie die schlimmsten unter ihnen auch mit einem Zauber abschwellen lassen. Sie wollt ich nicht ausmalen, wie schlimm es brennen mochte. Doch unter den Blicken der Raupe wäre es sicherlich nicht die klügste Wahl. weder irgendwelche Fähigkeiten zu zeigen, noch eine Schwäche. Nicht hier und nicht jetzt.


Die Zeit jedoch drängte. Freya konnte es förmlich spüren, wie sich dieses etwas näherte Die reine Verdammnis. Als würde die Erde sich auftun und die Flammen alles verzehren, bevor es von Rauch, Finsternis und Verzweiflung verschlungen wurde. Was war nur richtig. Sacht hielt sie noch immer Naheniels Hand fest, welche schützend um sie lag und ihr Daumen strich über seine Finger hinweg. Fast als wolle sie ihm Trost spenden. Allerdings vielmehr traute sie sich nicht.

Aber auch wenn er nun vielleicht sein Schauspiel beendet hatte, so wagte sie nicht ohne Weiteres ihnen ins Wort zu fallen, geschweige denn, den Blick anzuheben.  Erst recht nicht, als Fungus sich ihr unerwartet zuwendete, anstatt Naheniels Angebot anzunehmen. Er zögerte es hinaus und schien es dabei noch vollends auszukosten, dass er über ihn triumphierte. Was für eine miese widerwärtige Kreatur. Sie spürte, wie die Wut innerlich in ihr aufkeimte und sie diese in ihrem Blick kaum zurückzuhalten vermochte, als er jenen leicht zu sich anhob.  

Freya versuchte ruhig zu atmen und sich auf Naheniel allein zu konzentrieren, während Fungus sie betrachtete. Alpha und Omega. Naheniel hatte sie hergebracht und sie vertraute ihm, dass er sie beide zurückbringen würde. Das Gefühl von Geborgenheit spendete alles Vertrauen in ihn, das sie brauchte, um sich seinem Willen zu fügen. Seine Wärme, seine Geste zeugte nur, dass er sie niemals verraten würde. Auch wenn ‚niemals‘ eine vielleicht sehr weite Spanne umfasste. Aber er würde nicht zulassen, dass sie in diesem Kuriositätenkabinett enden oder dieses Wesen, welches sie verfolgte, sie jemals bekommen würde. Nicht solange er atmen konnte. Nein, sie vertraute ihm, seinem Wissen, seiner Erfahrung und nicht zuletzt auch dem, das sie miteinander verband.

Sanft drückte Freya seine Hand, als er seinen Griff um sie herum ,nur für sie spürbar, verstärkte, als wäre es eine zusätzliche Versicherung zu ihren Gedanken. So war es auch nur eine intuitiv Reaktion des Mädchens, dass sie ihren Körper nah an ihn gepresst hielt.

 „Wenn er so mächtig ist, wie er behauptet, soll uns zu einen Portal bringen." flüsterte sie unbedacht ihren Gedanken hervor, in der festen Überzeugung, dass auch Naheniel heimkehren wollen würde. Doch wer genau wusste schon, welches seine Pläne waren oder welche Macht Fungus wirklich sein eigen nannte.

Als wäre sie sich nicht einmal bewusst darüber ihre eigenen Worte ausgesprochen zu haben, blickte sie auf die schwebende Hand oder Klaue über Naheniels. Und zugegeben es war ein mehr als schlechter Handel, wenn er darauf einging. Auch wenn Freya nicht wirklich im vollen Umfang verstand, was Fungus mit seinen Worten meinte oder worauf er am Ende abzielen mochte.


Doch jener Schrei der hinter ihr ertönte und abermals alle zum Erzittern brachte, lies sie vermuten, dass ihm keine andere Wahl bleiben würde. Die Frage, die sich stellte war daher, was das größere Übel sein mochte. Die Kreatur vor ihnen, der man einen Freibrief ausstellte, was-auch-immer einzufordern. Eine, die man nicht einschätzen konnte, auf welcher Seite sie am Ende stand und was ihr Ziel sein würde oder doch jenes Monster hinter ihnen, dessen Absichten mehr als klar waren. Was war am Ende der gefährlichere Weg?
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Tanuri
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#323

Beitrag: # 52341Beitrag Tanuri »

Nichts von alledem, was in den letzten Augenblicken – oder waren es gar Stunden gewesen – um sie herum geschehen war, hatte sie mitbekommen. Weder den kurzen Ausflug in den Tempel des Götzen, noch die Teleportation zurück in den Dom des schwarzen Herrn und auch nicht, als Adrian sie hochgehoben hatte um sie in ein Bett zu legen. Auch die Stimme, die zu Lyvia gesprochen hatte, hatte sie nicht vernommen. Denn deren Worte waren nicht für sie bestimmt gewesen.

Welche Konsequenzen Lyvia nun daraus ziehen und was dies für ihre eigene weitere Geschichte auf dieser Welt bedeuten würde, noch blieb das im Verborgenen. Was wäre es auch für eine Erzählung, wenn verfrüht alle Geheimnisse und Winkelzüge gelüftet werden würden? Jede Tragödie, jedes Epos zeichnete sich mitunter dadurch aus, dass es viele, zunächst leere Seiten gab, die es zu beschreiben gilt. Ein Kapitel würde somit auf das nächste folgen und am Ende ein großes Ganzes ergeben.
Aber auch wenn es an dieser Stelle unmöglich war vorauszusagen, welche Bedeutung es haben würde, dass der Meister zum ersten Mal das Wort direkt an Lyvia gerichtet hatte, über eines musste sie sich bereits jetzt schmerzlich bewusst werden: Ihre Schuld musste beglichen werden, auch wenn sie niemals um die Hilfe des Meisters gebeten hatte.


Während jener für sie das Tor zurück in die Welt der Lebenden geöffnet hatte, war für Tanuri die Zeit zu einem Stillstand gekommen. Nun, vielleicht nicht völliger Stillstand. Zähflüssig hatte sie sich weiterbewegt, jedoch längst nicht in der unerbittlichen Eile, für die sie sonst so bekannt war. Eine kurze Wohltat für den durchaus verwirrten – oder doch eher verirrten Geist - der Priesterin, die auch das Vergessen für einen Moment aufgehalten hatte. Als das letzte Wort des Meisters verklungen war, konnten die Sandkörner der Zeit wieder unaufhörlich in der Sanduhr des Lebens hinabrieseln. Nur noch wenige waren geblieben, die der Zeit, welche Tanuri blieb, ein Bild gaben.

Auch wenn sie zu Vergessen schien, dass dies nicht der Ort war, an dem sie zu sein hatte, darüber war sie sich gewiss. Deshalb wollte sie nach der Hand greifen, die ihr entgegengestreckt wurde, ohne sicher sein zu können, dass es nicht doch ein trügerisches Bild jenes Nichts war, welches versuchte, sie immer näher an den Abgrund zu locken. Ein Abgrund, der so verführerisch auf sie wirkte, der solch eine magische Anziehungskraft hatte und ihr zuckersüß in ihr Ohr flüsterte, dass sie doch noch ein Stück weiter hinabsehen sollte. Hinab in die Schwärze, hinab in die Finsternis. Hinab in die Leere und in das Nichts. Bis sie davon komplett verschlungen wurde.

Doch es war irgendetwas Vertrautes, was die Stimme Lyvias ausstrahlte, als sie nach ihr gerufen hatte. Was auch immer es sein mochte, mehr zu verlieren schien sie derzeit ohnehin nicht zu haben.
Oder wäre es vielleicht doch klüger, sich die Frage danach zu stellen, wie die vermeintliche Rettung es hierher geschafft hatte? Hier an diesen Ort, an dem sie doch zuvor in gewissem Maße geschützt verweilt hatte und der ihr nichts anderes als Einsamkeit versprochen hatte.
Es war ein Zögern, welches ihre Hand innehalten ließ, die soeben noch nach Lyvias greifen wollte. War es vielleicht doch ein trügerisches und grausames Spiel?
Ein weiterer Test ihres verbliebenen Willens zu überleben? Eine List um zu prüfen, für welchen Weg sie sich entscheiden würde? Nur um enttäuscht zu werden, wenn die Hand, die sich nach ihr ausstreckte zu Staub zerfallen würde, sobald sie sie berührte, um ihr dann mit einem grausamen Lachen aufzuzeigen, wie leicht sie sich verführen und belügen hatte lassen?


Aber mehr Gedanken über ihr Tun oder nicht Tun konnte sie sich nicht mehr machen, denn eben in diesem Moment begann etwas mit Vehemenz an ihr zu zerren, ohne sie jedoch zu berühren. Etwas drängte sie hinaus aus jener Welt, die nichts übrig hatte, außer Dunkelheit und einem verlorenen Selbst. Im letzten Augenblick, legte sie ihre Hand in die Lyvias um sich an ihr zu halten und sie mit sich zu ziehen, hinaus aus der Welt des Nichts.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Es war kein Kuss, der sie berührte, doch spürte sie durchaus seine Nähe und die Wärme seines Körpers, die er auf sie ausstrahlte. Tanuri konnte nicht wissen, dass er ihr ein Leben genommen hatte, nur um ihr ihr eigenes dadurch wieder zurückzugeben. Vorerst ließ seine Körperhaltung und seine Nähe nur einen Schluss für sie zu. Noch bevor sie die Augen öffnete, griff sie mit einer schnellen Bewegung nach seinem Hals.
„Wann lernen es solche wie Ihr endlich, dass es niemals gut endet, wenn man mir zu Nahe kommt?“ Sie schlug ihre Augen auf und blitzte ihn aus jenen mit einem frostigen Blick an.
Nur das kurze Zucken eines ihrer Mundwinkel sollte ihm darüber Aufschluss geben, wie wenig begeistert sie über seine Haltung war, die er über ihr eingenommen hatte. 
„Ihr seid ein wahrlicher Al Saher, Adrian. Ungehobelt, frech und von sich selbst über alle Maßen überzeugt.“

Der Abgrund mochte lange genug in sie geblickt haben, aber sie nicht lange genug in ihn. Wahrscheinlich hätte ihr Aufenthalt im Reich der Leere nicht sonderlich weiter andauern dürfen um ihr das zu nehmen, was ein lebendes Wesen auszeichnete: Ihre Erinnerungen, ihr Sein, ihre Seele. Welche Spuren die Zeit dort am Ende hinterlassen hatte und welche Auswirkungen sich noch abzeichnen würden, darüber konnte an dieser Stelle nur spekuliert werden und es war für diesen Moment auch nicht wichtig. Niemals war jemand von dort zurückgekehrt, somit gab es keinerlei Erfahrungen darüber, was von ihr dort geblieben war und was nicht. 

Mit der Hand an seiner Kehle, ließ sie ihre Augen durch den Raum wandern. Noch fiel es ihr schwer, alles um sie herum zu erkennen und zu fokussieren. Es würde noch andauern, bis sich ihre Augen wieder an die ungewohnte Helligkeit der Fackeln und Kerzen gewohnt hatten. Doch eines entging ihr nicht. Sie befand sich nicht mehr in der Taverne auf dem Boden, wo Naheniel sie zurückgelassen hatte. Und auch wenn sie die Gestalten um sie herum nur als Schatten wahrnahm, erkannte sie sofort, dass Freya nicht unter ihnen war. 

Dann wanderten ihre Augen zu Adrian zurück. Noch hatte sie keinerlei Ahnung was geschehen war. Sie spürte nur eine leichte Veränderung, eine Kraft, die langsam in sie zurückkehrte, Leben, welches sie durchfloss und jede Zelle ihres Körpers erfüllte. Fraglich wie lange dieser Zustand anhalten würde. Denn langsam begann das, was einst einer von zwei kleinen Herzschlägen gewesen war, in ihr zu verwesen. Sich aufzulösen und das Gift von verrottendem Fleisch an sie und an den lebenden Zwilling abzusondern. Eine Tatsache, die auf Dauer mit Sicherheit nicht zu ihrer beider Wohl sein würde.

„Wenn Ihr so darauf erpicht seid, mich zu küssen, Adrian, hättet Ihr einfach nur fragen sollen. Oder glaubt Ihr, wenn Ihr versuchen würdet ein Kindermärchen nachzuspielen, dass ich Euch für alle Zeit ergeben zu Füßen liegen würde?“ Es war ein schmales Lächeln, welches sich auf ihren blassen Lippen abzeichnete, bevor sie die Hand von ihm löste. „Diesen Gedanken hatten andere Eures Geschlechtes bereits vor Euch und sind kläglich daran gescheitert.“ Mit einer selbstsicheren und überheblichen Geste bot sie ihm ihre Hand dar. „Fürs Erste dürft Ihr mir aber helfen aufzustehen.“

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
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Adrian
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Beitrag: # 52343Beitrag Adrian »

Sieh an, da erwachte das Prinzesschen aus ihrem Schlaf und fuhr gleich ihre Krallen aus. Mit einer so schnellen Reaktion hatte Adrian nicht gerechnet, so dass er Tanuris Griff auch in keiner Form hatte ausweichen können.

Es war fast ein amüsiertes Aufblitzen in seinen Augen zu erkennen, als ihre schlanken Finger sich um seinen Hals legten und ihm kurzzeitig die Luft raubten. Dennoch hinterließ ihre direkte Reaktion ein süffisantes Lächeln auf seinen Lippen. Ob dies jedoch seinem sichtlichen Erfolg entsprang oder die Worte der Priesterin ihn erheiterten, würde vorerst er nur wissen. Aber man durfte gut und gerne annehmen, dass beides einen Anteil haben mochte.

Als Tanuris Griff sich lockerte, kühlte sein Blick sich jedoch ab. Schweigsam liess er ihre eitlen Worte auf sich niedergehen, während er zur Kenntnis nahm, dass sie ihm ihre Hand darbot, um ihr aufzuhelfen.

Anstatt ihrer subtilen Bitte zu folgen, ignorierte Adrian diese und überließ es Vargus oder Khoron, welcher sich bis gerade eben um Lyvia gekümmert hatte, der Priesterin aufzuhelfen, während er sich seinerseits direkt vor ihren Augen auf dem Bett abstützte und zu seiner vollen Größe aufrichtete. Er hatte weder etwas für Speichelleckerei, noch für ihre mädchenhaften Fantasien übrig.

Dachte sie wirklich er sei wie sei ein Bruder? Dann würde Tanuri sich sicherlich noch umschauen. Nur leicht wandte Adrian seinen Blick seitlich zu ihr und sah sie taxierend an, als die Tempeldiener ihr bereits überschwänglich zu Hilfe eilten. Er selbst griff nach einem Tuch welches auf dem Tisch bereit lag und kommentierte stattdessen ihre zuvor gefällten Worte mit ungewöhnlich ruhiger Stimme.

"Ihr solltet Euch noch schonen, Priesterin. Ihr seid dem Tod nahe gewesen und das nicht nur für einen Atemzug. In Euren Umständen ist es wohl kaum ratsam direkt das Bett zu verlassen. Wobei bevor ihr mir unterstellt, ich würde euch nur dorthin bekommen wollen, überlasse ich es wohl besser eurem Leibarzt oder der Hebamme Euch diesen Ratschlag zu geben, sofern Ihr selbst nicht diese Spur an Vernunft in Euch tragt."

Wohl kaum würde er seine Zeit mit derlei Geplänkel verschwenden. Und Vernunft. Nun bei all der Geistesschärfe und Klugheit, war sie dennoch mehr als überheblich. Und Selbstüberschätzung konnte gut und gerne tödlich ausgehen.

Sein Blick hatte sich von ihr abgewandt, während er seine Hände an einem Tuch abwischte. Oh nein. Noch einmal würde er sie nicht zurückholen. Seine Aufgabe war erfüllt. Und wie ihre Reaktion mehr als offensichtlich gezeigt hatte, war der Zauber mehr als effizient gewesen und sie erfreute sich zumindest für den Augenblick allerbester Gesundheit und scheinbar auch ihrer Erinnerungen. Etwas, das tatsächlich nicht unbedingt der Regelfall war, doch die Reinheit des Opfers hatte für ihn sichtlich erkennbar dazu beigetragen.

„Wie mir scheint, hat die Magie ihre Wirkung nicht verfehlt. Oder wollt Ihr das etwa bestreiten, Erlauchte? Fühlt Ihr Euch besser?“

Wohl kaum würde sie die Frage verneinen können. Im Augenblick ganz sicher nicht, auch wenn sie es wollen würde, nicht wahr?

Sicher musste Adrian sie noch darüber aufklären, was er getan hatte. Allerdings ersparte er sich vorerst die Offenbarung dieser Details. Im Moment war es noch nicht notwendig. Sie sollte sich erst einmal finden, auch wenn sie allen Anschein nach nicht einmal im Tode ihre arrogante selbstüberschätzende Art verloren hatte, konnte sie ihm zumindest kaum vormachen, dass es spurlos an ihr vorübergegangen war. Sein Werk jedoch war nun vollbracht. Ein fast perfektes Werk über dessen Preis sie jedoch noch zu einer anderen Gelegenheit sprechen mussten. Doch für den Moment war es noch zu früh, auch wenn es sicherlich nicht zu lange auf sich warten lassen durfte.

Danach durfte sie ihn gerne weiter verachten oder seinetwegen auch hassen, aber es würde nichts daran ändern, dass es Ogrimars Wille gewesen war und er auch nichts davon rückgängig machen konnte. Sollte sie mit ihrer Entourage erst einmal jene Nahtoderfahrung verdauen, bevor er das Gespräch mit ihr suchen würde und sofern ihr Leibarzt nicht schneller mit der Kunde war.

Achtlos warf er Khoron das Tuch zu und wandte sich der Tür zu, um sichtlich zu gehen und die Priesterin ihrem Gefolge zu überlassen.

Adrian ging nahe an ihr vorbei. Im Vorbeigehen lehnte er sich dabei an ihr Ohr, so dass sein Atem nah an der feinen Haut ihres Halses entlang fuhr, während seine gedämpfte Stimme samten zu ihr flüsterte.

"Und nur für Euch, Teuerste. Hätte ich es gewollt, hätte ich es getan und ihr hättet es genossen. Aber glaubt mir, dass nichts ferner liegt als das."

Untermalend glitt sein Blick seitlich an ihr hinab auf die Wölbung ihres Bauches. Oh sich unnötigen Ballast aufzulasten lag nicht in seinem Sinne. Sicherlich war sie eine starke Frau, aber ebenso kompliziert und nicht zuletzt im wahrsten Sinne des Wortes vorbelastet.

„Ein Rat nur noch von mir. Zerbrochenes Porzellan kann man kleben, aber die Risse werden dennoch bleiben. Wie lange es halten wird, hängt allerdings am Ende davon ab, wie man damit im Anschluss umgeht. Also Erlauchte, legt Euch nun in euer Bett und gebt euch dort meinetwegen euren romantischen Träumen hin. Hier werdet ihr sie kaum finden. Ogrimar ist mit jenen, die für seine Ziele kämpfen und sich nicht auf der Geschichte ausruhen."

Es war ein kurzer kühler Blick mit dem er sie von der Seite bedachte, während sein Tonfall etwas tadelndes annahm.

"Und Kämpfe habt Ihr noch reichlich vor Euch. Erholt Euch besser vorerst. Ihr werdet Eure Energien noch brauchen."

Mit diesen Worten machte er sich zum Gehen bereit und schritt, sofern ihn niemand aufhalten würde, in Richtung des Ausgangs des Felsendoms. Er hatte noch andere Dinge zu tun. Wichtige Dinge, anstatt mit Tanuri über kindische Gebaren zu streiten.
Zuletzt geändert von Adrian am Mo 31. Mai 2021, 21:39, insgesamt 1-mal geändert.
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#325

Beitrag: # 52344Beitrag Naheniel »

Es war kaum zu übersehen und schon gleich gar nicht zu überhören, dass Fungus es in allen Zügen genoss, den Vorteil, den Naheniel ihm gewährt hatte, nun voll und ganz gegen ihn auszuspielen.
Naheniel wusste natürlich durchaus, auf welch ein gefährliches Spiel er sich da eingelassen hatte und dass es ihn so einiges kosten würde, um für sie beide wieder einen Ausweg zu finden.
Doch darüber würde er sich dann Gedanken machen, wenn es so weit wäre. Eines hatte ihn die Zeit, die er hier immer und immer wieder verbracht hatte gelehrt: Es war völlig unnötig, mehrere Züge im Voraus zu planen, da nie etwas so verlief, nie ein Wesen so handelte, wie man es zunächst vermuten mochte.
Und so würde auch er sich dieses Recht herausnehmen und nicht so handeln, wie man, oder in diesem Falle Fungus, es von ihm erwarten oder gar abverlangen würde.


Mit Abscheu in seinen Augen hatte er das Tun der Raupe beobachtet.
Würde die Zeit nicht aufs Äußerste drängen, hätte er ihm mit Freuden den ekligen Auswuchs, was wohl seinen Arm darstellen sollte, ausgerissen und mit einem verzückten Lächeln auf den Lippen den Schmerz beobachtet, den er ihm damit zufügen würde.
Wieder hatte er Freya entgegen seiner Anweisung berührt und auch wenn ihm der Sinn lange genug danach gestanden hatte, ihr das Leben auszuhauchen, würde er es kein weiteres Mal dulden, dass Fungus sie durch seine Berührungen markierte.
Sie gehörte ihm. Ihm allein. 
Wären sie beide in der wirklichen Welt, wäre es Naheniel ein persönliches Fest gewesen, ihm seinen Dolch in seine von dicken Pusteln und kleinen Pilzen übersäte Brust zu rammen und diesen dabei genüsslich mehrmals herumzudrehen.
Doch eines hatte er gelernt: Töte ein Wesen hier und Du tötest ein Stück von Dir selbst.
Nicht, dass er einen besonderen Anspruch auf die Unversehrtheit seiner Seele legte. Doch er konnte nie im Vornherein wissen, welcher Teil dabei starb.
Es war ein russisches Roulette, welches er für Fungus nicht zu spielen gedachte.
 

„Wir wählen die Tunnel.“ Antwortete er ihm deshalb in aller Knappheit.

Dachte er denn wirklich, er würde Freya und sich freiwillig seinen Fängen überlassen und den Blätterpalast wählen?
Auch wenn sie beide erholsamen Schlaf, Ruhe und Nahrung bitter benötigten, niemals würde er sich ungeschützt seinen Wachen und Speichelleckern ausliefern.
So dumm war er nun wirklich nicht. Und wenn Fungus das von ihm dachte, so war sein von Maden besiedeltes Hirn wohl doch angefressener, als er selbst dachte. Vielleicht lag die Schuld auch bei dem übel riechenden Kraut, welches er immer und immer wieder in seine Lunge paffte.


„Und Fungus,“ seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, aus denen das helle Blau seiner Augen hervorschimmerte, während er ein eiskaltes Lächeln aufsetzte, „tu uns beiden doch den Gefallen und heb Dir Deine Selbstgefälligkeit für einen anderen Zeitpunkt auf. Ich habe Dir bereits mein Angebot unterbreitet, es ist also völlig unnötig und noch dazu zeitraubend, Dich darin nun zu aalen. Du wirst noch Zeit genug haben, Dir selbst auf Deine Schulter zu klopfen und Dich für Deine nicht vorhandene Großartigkeit selbst zu loben.“
Mit jenen Worten entließ er Freya aus seinem schützenden Griff und schob sie hinter sich. Nachvollziehbar, dass sie auf den Gedanken kam, Fungus könnte ein Portal aus dieser Welt schaffen.
Man konnte sie zwar mit Hilfe der Spiegelportale betreten, doch sie wieder zu verlassen, war um so Vieles komplizierter. Aber es war jetzt nicht an der Zeit, ihr dahingehend Aufklärung zu verschaffen.
Ohnehin musste er seine Pläne, die ihm noch vor einiger Zeit so durchdacht erschienen waren, nochmals überdenken.
Da er bereits die Aufmerksamkeit so einiger auf sich gezogen hatte, würde es nicht lange dauern, bis die kaiserliche Garde sich an seine Fersen heften würde. Schon alleine deshalb galt es, sich vorerst in den Untergrund zu begeben.

Sacht drückte er Freyas Arm, als er sie hinter sich geschoben hatte und ließ seine warme Hand dort ruhen. „Später … .“
Schon fast war er versucht gewesen, ihren Namen auszusprechen, schluckte jenen dann aber noch im letzten Moment hinunter.
Er durfte dem Getier vor sich, nicht noch weitere Informationen liefern.
Somit wand er seine Aufmerksamkeit wieder der wulstigen Raupe zu, die sie beide mit seinem allzu überheblichen Grinsen musterte. Ein Grinsen, welches Naheniel ihm zu gerne aus seinem widerlichen Gesicht gewischt hätte.
Doch stattdessen tat er einen letzten Schritt auf ihn zu, jedoch nicht ohne, Freya dabei loszulassen.


„Du sollst bekommen, nach was Du verlangst.“
Und so schlug er in Fungus Hand ein, fühlte den kurzen Stich, welchen der dornenartige Nagel auf seiner Haut hinterließ und den warmen Blutstropfen, welcher sich sogleich löste und ihren Pakt unwiderruflich besiegelte.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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