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Die dunkle Prophezeiung

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Adrian
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#1276

Beitrag: # 54800Beitrag Adrian »

Die Finsternis war unerbittlich. Gnadenlos drang sie in ihn ein, als er sich entscheiden musste - dem Befehl der Priesterin zu gehorchen oder den letzten Funken Beherrschung zu wahren. Auf Knien, umgeben von Schwärze, die ihn tiefer und tiefer verschlang, vernahm er die Schreie gequälter Seelen. Sie hallten wider, als ob die entfesselte Macht ihn selbst verzehren wollte. Schatten flüsterten, lockten und forderten seinen Geist heraus, während die Dunkelheit in ihm heranwuchs, sich in jede Faser seines Wesens grub.

Er konnte spüren, wie die uralte Präsenz ihn immer erbarmungsloser einnahm, um seinen Willen zu brechen und ihn zu verzehren. Schmerzhaft verzogen sich Adrians Züge, während das Blut in seinen Adern förmlich verglühte und ihm das Gefühl verlieh, von innen heraus zu verbrennen.

Das war der Preis. Doch er hatte sein Versprechen gehalten, egal was es fordern würde. Entschlossen richtete sich sein Blick auf die gewaltige Präsenz, die ihn umzingelte—Schatten, die einzig seinem Befehl folgten und um dessen Kontrolle er ringen musste. Ein eisiger Glanz flackerte in seinen Augen, während die Dunkelheit darüber glitt. Ein Funke aus überheblicher Arroganz loderte auf, in dem Glauben, er könnte die Kontrolle über das erlangen, dem er Einlass geboten hatte. Eine Macht, die mit kalter Gnadenlosigkeit seine verborgenen Ängste packte. Jene, die tief in seiner Seele schlummerten und in den dunkelsten Winkeln seines Geistes nagten.
Das Zwielicht hatte viele Gesichter. Ein Ort, der einen abdriften ließ, während man auf dem schmalen Grat eines endlosen Abgrunds wandelte. Die Frage war, wohin man sehen wollte, woran man festhielt oder was man bereit war, loszulassen. Zu erkennen, welche Worte aus tiefster Seele gesprochen worden waren und welche zu verblassenden Erinnerungen werden sollten.

Was war daher wirklich von Bedeutung? So viele Erwartungen lasteten auf ihm, doch wer war am Ende an seiner Seite gewesen? Wer hatte ihm vertraut und wessen Worte waren am Ende nicht mehr als bloße Lippenbekenntnisse? Wer war bereit gewesen fernab von Zweifeln zu kämpfen und den Glauben über seine eigenen Bedürfnisse zu stellen? Wer hatte am Ende Worte Taten folgen lassen? Wer war über seinen Stolz hinweggeschritten und war nicht nur bereit zu nehmen, sondern auch zu opfern?

Er hatte Fehler gemacht, zu viele. Man erkannte sie oft erst, wenn es zu spät war. Doch sie hatten ihn geformt, ihm den Blick geöffnet für die brutale Realität. Perfektion war eine Illusion. Selbst der mächtigste Geist konnte fallen, doch es brauchte wahre Stärke um wieder aufzustehen. Vielleicht war es der Wille des dunklen Lords, dass man den tiefsten Abgrund erkannte, um seine eigene Kraft darin zu finden.

„Suchst du deinen Willen? Deinen Glauben?“ hörte er das grausame Flüstern der Stimmen in seinen Gedanken. Eine Sinfonie aus Schreien und dunkler Qual.

Vor seinem inneren Auge entfaltete sich eine Ebene. Umgeben von schattengleichen Nebeln, welche das Bildnis der Erinnerung umrahmten.

Ein junges Mädchen setzte zögernd ihre ersten Schritte durchs Gras. Schwarzes Haar umgab ihre unschuldigen Züge, das tiefe Blau ihrer Augen das Zentrum formten. Unbeschwert, jedoch vorgezeichnet von dem Schicksal, das sie erwarten würde. Immer wieder schwankte sie, während ein unbedarftes Lächeln ihre zarten Züge umspielte, wenn sie ins Taumeln geriet.

Ein blonder Junge, schon ein paar Jahre älter, folgte ihr. Er war immer in ihrer Reichweite geblieben und bereit gewesen, sie aufzufangen, wenn sie zu stürzen drohte. Sein ernster Gesichtsausdruck verharrte stetig auf jeder ihrer Bewegungen.

Es war seine Aufgabe Alyssa zu schützen. Seine Schwester, für die er vom ersten bis zum letzten Atemzug die Verantwortung tragen musste. Es war so bestimmt und fern eines Zweifels sich dem zu widersetzen. Es war selbstverständlich, ebenso wie seine Hand, die sich bei jedem Wanken nach ihr ausstreckte, um sie zu halten. Bedenkenlos vertraute sie ihm, hielt sich ohne Scheu an seiner Hand fest ohne über eine Schwäche nachzudenken, war jenes Vertrauen selbst eine umso größere Stärke.

Eine Erinnerung, die weit zurückreichte, als nichts anderes als der Schutz des zerbrechlichen Wesens für ihn von Relevanz gewesen war, das irgendwann mit ihm zusammen, die Bestimmung der Familie hätte fortführen sollen.

Mit jedem Schritt, den sie durch das Gras machte, veränderte sich die Umgebung. Aus den Kindern wurden Erwachsene. Das Gras verdorrte, der Himmel wurde trüb und das einst sanfte Licht wich einem düsteren, undurchdringlichen Zwielicht. Sie war nicht länger ein Mädchen, sondern eine junge Frau. Er hatte sie behütet. Ihren zerbrechlichen Geist, der berührt worden war von seherischen Fähigkeiten, die ihre Seele immer wieder unvermittelt in ihre eigene Welt einschlossen. Einer Gabe, die sie immer wieder erschütterte. Anfälle, welche sie ereilten und unter denen ihr Körper krampfte und nachgab, bevor ihre verwirrte Seele, leise Worte flüsterte. Gedanken und Bilder, die nicht immer einen Sinn ergaben, außer für jene die ihr stetig lauschten und den verzehrten Sinnbildern ihrer Visionen folgen konnten.

„Du konntest sie nicht schützen…Weder vor ihm.“ Die Dunkelheit wandelte erneut die Erinnerungen, als würde er nach etwas suchen.

Halbtrockenes Gras war überall, während unter einem Baum die junge Frau saß. Das rabenschwarze Haar wehte im Wind, während vor ihr ein anderer junger Mann, dessen Gesicht ihm wie ein Bruder gewesen war. Seine Hand zeichnete ihre Züge nach, bevor seine Finger beiläufig nach dem Amulett griffen, das an ihrer Brust ruhte. Doch war dort keine Eifersucht gewesen. Er hatte ihm vertraut, dass er sie ebenso schützen würde. Ihr zerbrechliches, verwirrtes Wesen, das immer wieder von Visionen getrieben worden war. Ein Fehler.

Er selbst starrte in die Leere, in der ihre Gestalt umherirrte, bis sie auf die Knie sank. Ihre Gestalt begann sich aufzulösen, bis nur noch ihre schwachen Züge in seinen Armen lagen, zerbrechlich wie das Licht in einer Nacht ohne Sterne. Dunkles Blut sickerte über seine Hände, während der Dolch in seinem Griff lag. Er spürte den kalten Stahl, die Last der Entscheidung, die er einst getroffen hatte. Die Entscheidung, das Versprechen einzuhalten, das er gegeben hatte, auf eine Weise, die sie niemals hätte erahnen können.

„.. noch vor dir.“ Die Stimme sprach mit der Ruhe einer unausweichlichen Wahrheit. Ihre Augen, einst lebendig, waren leer, und das letzte Fünkchen Licht darin erlosch.

Adrian sah auf die blassen Züge, das vertraute Gesicht, das ihm vor so vielen Jahren vertraut gewesen war. Er hatte versagt. Wieder und wieder. Naheniel hatte es geschafft, jeden zu blenden oder zu manipulieren. Alyssa. Liadan. Freya. Sogar die Priesterin. Alle waren sie in irgendeiner Weise gescheitert, und er hatte sie nicht davor beschützen können.

Die Dunkelheit um ihn herum pulsierte, als er die Augen schloss. Er wusste, was ihn erwartete, was er auf sich nehmen würde. Aber es gab kein Zögern, keine Kapitulation. Jede Faser seines Wesens brannte mit Entschlossenheit.

Wenn er kapitulieren würde, dann bedeutete dies das Ende für alles, wofür er je gekämpft hatte. Sein Leben würde dann nichts anderes als ein leeres Versprechen sein. Eines ohne Bedeutung, weshalb er gegen die uralte Macht ankämpfte und das Zwielicht selbst um sich herum neu zu formen begann. Eine Ebene, auf der er nicht allein verweilte und doch seinen eigenen Pfad suchen musste, um den Weg hinauszufinden, damit sein Schwur nicht in einer endlosen Leere verhallen würde. Ein Eid, unter dem er sich nicht nur durch bloße Worte gebunden, sondern ein magisches Band geschaffen hatte. Etwas, das ihm nun auf eine Weise ungeahnt wie ein Anker diente, als der Kreislauf aus Finsternis sich schloss.

Nichts außer Dunkelheit umgab die zarte Gestalt, deren langes schwarzes Haar lose über die Schultern glitt, als wären sie aus der Finsternis geschaffen, zu der sie sich so angezogen fühlte.

Ein einziger Lidschlag, der sie ebenso in Schatten einhüllen sollte, wie jene dunklen Schemen es um sie herum taten. Angelockt von dem zarten Licht, das sie umgab. Körperlose Gestalten, deren Silhouetten sie in einem stillen Tribut umtanzen sollten, während alles andere sich in einem undurchdringlichen schwarzen Nebel um sie herum ergoss, der in eine unendliche Finsternis überging. Er konnte die Wärme spüren, wenn auch nicht wirklich greifen. Doch sah er den Schein um sie herum, der umgab. 

„Wage es nicht zu gehen?" Düster erklang das mahnende Raunen an ihrem Ohr. Ein warmer Luftzug, nicht mehr, aber auch nicht weniger, der sie umgab. „Sollen dies deine letzten Worte an mich sein?“

Begleitet von einer düsteren Stille erhob sich spürbar eine Präsenz. Als würde jemand hinter ihr stehen. Ein Schatten, der schützend auf ihr ruhte, sie einhüllte in seine kühle Aura, während eine federleichte Berührung wie ein Luftstrom über ihren Arm hinabfuhr.

„Die Welt wird in Dunkelheit versinken, bis dein Licht das letzte ist, das scheint und mich zu dir führt. Ich werde dich immer finden. Ein Teil von mir ist immer bei dir. Ganz gleich, wer du glaubst oder entscheidest zu sein. Es ändert nichts daran. Es gibt keinen Weg zurück. Nur die Wahl, die vor dir liegt."

Nur gedämpft drang die Stimme an sie heran. Ein Flüstern, wie eine Erinnerung, die bedeutsam verhallte, während sie Berührung an ihrem Arm ihre Hand erreichte und diese für einen Moment umschloss.

„Ich sehe dich. Dein wahres ich.“ Nichts als Finsternis war um sie herum, nichts anderes, das sie in diesem Moment hielt. Schwaden aus purer Schwärze, die sie umsäumten. Einzig nur ihr Licht schien diese zu durchdringen. Der magische Schein, der in ihren Tiefen verborgen lag. Er allein spiegelte seine Silhouette wider. Ein Schatten der sich mit ihrem vereinte. Doch was sie darin sah oder sehen wollte, wusste Tanuri nur ganz allein. Eine Frage, die sie sich nur selbst beantworten konnte, während sein Atem an ihrem Ohr vorbeistreifte. „Wenn ich bei Tag bleibe, wären wir mehr, als wir jemals waren?"

Ein dunkler Schwur, dessen Beweis sie trug und Bedeutung sie kannte. Die Dunkelheit wird sie begleiten, den Weg des Lichts weisen.

Ob es eine Berührung oder eine Erinnerung war, die sie bereit war loszulassen oder an der sie festhielt, wusste nur sie allein. Vielleicht war es auch nur ein Luftzug, dem man keine Beachtung schenkte, als die Ebenen einander kreuzten. Sie alle trafen eine Wahl. Eine Entscheidung, die er bereits vor Jahren im Felsendom getroffen hatte, wobei er den Fehlern der Vergangenheit kein zweites Mal einen Raum geben würde.
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✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Gemahl der PriesterinTanuri Al Saher
❖ Bruder des Verlion Al Saher ❖
Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
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Tanuri
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#1277

Beitrag: # 54801Beitrag Tanuri »

Als nun der Rabenvater nach dem Rahmen griff, wiederholte sich in ihrem Geist, was geschehen war, als sie kurz zuvor selbst hineinblickte. Viele Stimmen, doch eine war am lautesten. Bilder, doch eins war am klarsten. Worte, doch bestimmte waren am ehrlichsten. Momente, doch einer war am wahrhaftigsten.

Ein Schatten ohne Körper, eine Stimme ohne Mann, ein Ort ohne Sein. 

Letzte Worte… nein, die gab es nicht. Trotzdem hatte sie etwas zu sagen. Was es aber war? Vielleicht hatte Adrian es gehört, vielleicht aber auch nicht. Als ihre Aufmerksamkeit auf das Bildnis in dem Rahmen gerichtet gewesen war, war schließlich alles möglich. Und in diesem viel zu kurzen Augenblick, von dem sie sich wünschte, er könnte ewig verweilen, war sie eingefangen von einer süßen, so warmen Dunkelheit und hatte sie gespürt, die vollkommene innere Ruhe und den Einklang mit dem Gestern, dem Heute und dem Morgen und mit dem Schicksal, das auf sie wartete. 
 

Aber auch das wurde ihr genommen, als ihr eigenes Grauen seine Hand nach ihr ausstreckte. Nein, wirklich, das, was gerade in ihrem zerbrochenen Haus geschah, gefiel ihr nicht. 
 
Gab es denn nirgends, auch hier in dem Zwielicht des Rabenvaters, eine Möglichkeit der Flucht? Würde dies von nun an ihre Zukunft und ihr unabänderliches Schicksal sein, dass sie niemals entkam, gleich wie weit sie rannte und wo sie sich versteckte? Folgte ihr das Verderben nun überall hin? Das konnte und das wollte sie nicht wahrhaben. 
 
Stumm starrte sie auf Jeremias, der selbst für einige Zeit versunken war, in dem, was das Bild für ihn bereit hielt. Zunächst traute sie sich nicht, die Stille zu unterbrechen, die Zwiesprache, die der alte Mann womöglich mit seiner eigenen Vergangenheit hielt. Was mochte es wohl sein, das er sah? Die Zeit um sie herum verging, anders als dort, wo der schlafende Körper Tanuris sich befand.

Gerade noch raste die Zeit, während sie kurz darauf schon wieder langsam und gemächlich dahin kroch. Jetzt gerade, da verging sie langsam, so langsam und zäh, dass Tanuri irgendwann nicht anders konnte, als einen Schritt auf den Priester zuzugehen. Vorsichtig fragend erhob sie ihre Stimme, während ihr Blick noch immer auf ihm lag. 
 
"Jeremias?" Kurz darauf aber legte er den Bilderrahmen zur Seite. Irgendwie hatte sie gehofft, dass er mit seiner Berührung das Verderbte aus diesem verscheuchen würde, um dem erneut Platz zu machen, was sie sehen wollte. Vielleicht aber sagte er ihr auch, dass es nur ein Gespinst in ihrem Kopf war, nicht mehr als ein Traum. Doch genau das, worauf sie hoffte und was ihr eine Erleichterung bringen würde, tat Jeremias nicht. 
 
Stattdessen begann das, was gerade gewichen war, von vorn. Scharf sog sie die Luft ein, als sich dickflüssiges Blut aus dem Bilderrahmen wand und sich zu einem immer größer werdenden kleinen See auf dem Boden ausbreitete und ihm und ihr immer näher entgegen floss, bis die dicke Masse ihre Zehen berührte. Erschrocken über das Gefühl, dass dieses dort hinterließ, zuckte Tanuri zusammen und wollte zurückweichen, instinktiv die Flucht ergreifen, aber die Hand des Priesters war schneller.

"Nicht loslassen." Seine Stimme war eindringlich und auch wenn er längst nicht mehr sprach, wiederholte sie sich immer und immer wieder in ihren Ohren. Es war einfach, das zu sagen, doch viel schwerer, sich darauf einzulassen. 
 
Nicht loslassen. 
 
 
 
Was hält uns in der Welt?
 
Was sorgte dafür, dass es selbst in so einem Moment, in dem man nicht wusste, was man gesehen hatte oder nicht, den Geist nicht entzweite und ihn in tausend Stücke zerriss? War es allein die Hand eines alten Mannes, die sie festhielt oder war es das, was das Zwielicht des Rabenvaters symbolisierte? 
 
Der Glaube und der Weg, der zu Ogrimar führte, war keine Last und keine quälende Herausforderung, so wie es an vielen Stellen behauptet wurde. Der einzig Wahre zwang seinen Dienern keine niemals enden wollende Mühsal auf und unterjochte sie mit der Grausamkeit seiner Antworten auf ihre Fehler. Erwählte er jemanden aus, sich seinen Prüfungen zu stellen, war dies einzig ein Indiz dafür, dass seine Aufmerksamkeit auf einen gerichtet war.

Und trotzdem blieben sie, die Zweifler und diejenigen, die nach einem Beweis seiner Existenz verlangten oder etwas von ihm, dem dunklen Herrscher, einforderten. Aber um diese würde sich der Lord niemals bemühen, ganz gleich, wie laut ihre Fragen und ihre Versuche, Konflikte zu schüren, waren. Selbst dann nicht, wenn sie sich besannen und für ihn das Schwert erhoben, um Artherk zur Strecke zu bringen - und es womöglich sogar vollbrachten. All die Bemühungen, die sie nach ihren unverzeihlichen Fehltritten aufbrachten, wären nichtig, denn der leiseste Zweifel und die kleinste Forderung an den einzig Wahren war bereits zu viel - Ogrimar verzieh nicht. Niemals. 
 
 
Vielleicht war er deshalb so gefürchtet in den Reihen derer, die die Schwingen des weißen Gottes trugen. Derartiges war ihnen schließlich fremd. Sie wurden abhängig gemacht durch Verzeihen und Nachsicht. Ihr Gott ließ ihnen all das zukommen, streichelte ihre Seelen und umhüllte sie in Güte und Zuwendung, wenn sie Fehler begingen. Was für eine wohldurchdachte List des eigentlich so listlosen Gottes es doch war, um seine Diener an sich zu binden. Die Liebe und die Sanftmut, die sie durch Artherk erfuhren, war nicht mehr als wohl kalkulierte Sklaverei.

Von Geburt an legte er ihnen eine Schuld auf die Schultern, die sie bis zu ihrem Lebensende nicht begleichen konnten. Durch das ewige Verzeihen und seine Nachsicht hielt er seine Jünger klein und unterwürfig, weil sie es niemals schaffen würden, durch ihre Fehler und die Strafen und Belehrungen, die darauf folgen mussten, zu wachsen und ihre Persönlichkeit zu formen. Wie belastend es doch sein musste, wenn man seine eigentliche Natur und das, was aus einem werden konnte, für seinen Gott einschränkte - ja diese gar verleugnen musste - aus Angst, die Schuld, in der man stand, noch zu vergrößern? Wie erdrückend Gnade doch sein konnte. 
 
Wohingegen Ogrimar die eigene Persönlichkeit nicht nur forderte, sondern förderte. Denn erst dann, wenn man sich eingesteht, wer und was man ist, und nichts davon verdrängt und die Strafe für seine Fehler nicht nur akzeptiert, sondern diese dankend annimmt, kann man beginnen, seine Schritte auf dem Pfad des Glaubens fortzusetzen. Betreten konnte diesen ein jeder, die Herausforderung war es aber, über diesen zu wandern, war der wahre Weg zu ihm. Doch dieser Weg war alles andere als einfach zu beschreiten. 
 





 
Fester als gewollt, umschloss Tanuri die kühle Hand des Priesters. War dies alles viel weniger eine Reise durch das Zwielicht als eine Reise durch den Glauben selbst? Warum aber war es dann so furchterregend, was gerade geschah? 
 
Die Gestalt wuchs weiter heran und entstieg dem Rahmen. Gesichtslos war sie nicht, Tanuri erkannte sehr wohl, um wen oder was es sich handelte. Scharf sog sie die Luft ein und riss ihre Augen auf, während sie kurz zu Jeremias hinüber sah. "Was geschieht, wenn das, was in mir ist, das Zwielicht verschlingt?" 
 
Und was, so führte sie stumm ihre Frage fort, wenn es das verschlungen hat, was ich dachte, endlich gefunden zu haben? 
 
Es folgte Stille, während die Gestalt mit lautlosen Schritten nahte und sich vor Priester und Priesterin aufbaute. Ob diese aber für den Mann neben ihr die gleiche Bedrohung ausstrahlte oder nicht, das wusste Tanuri nicht zu sagen. Zumindest, und das beruhigte sie ungemein, konnte Jeremias es auch sehen. Es war also keine Einbildung, sondern es war hier und in seiner Form real. "Ich sehe Dich." Es war ein zischelndes Flüstern, das über die Lippen der Gestalt drang. Eine Gestalt, die für sie vielleicht auch eine ganz andere war, als für den Rabenvater, genauso wie das Bild in dem Rahmen, ein anderes gewesen war. 
 
Albträume konnten so unterschiedlich sein und doch waren sie für alle gleich. Sie verkörperten tiefsitzende Ängste und holten Erinnerungen hervor, die aus gutem Grund vergraben wurden. In ihren Farben und den Bildern, die sie zeigten, waren sie so variabel, wie die Leben derer, die sie träumten. Aber ihr Kern hatte den gleichen Ursprung. Tanuri mochte gerade jemand ganz anderes vor sich stehen sehen, aber die Worte, die das Wesen aus Traum und Wahrheit an sie beide richtete blieben identisch. 
 
"Jeremias, Jeremias. Hast Du unsere letzten Begegnungen vergessen und wie schwer es ist, sich zu lösen, wenn ich erst jemanden gefangen habe? Albträume im Zwielicht…" Das Wesen schnalzte mahnend mit seiner Zunge und wog seinen Kopf hin und her. "So gefährlich, so unberechenbar. Was passiert, wenn sie einen nicht mehr loslassen und zur neuen Realität werden?" Das Wesen, welches für den Priester vielleicht Frau oder Mann war, streckte seine Hand nach ihm aus und sprach mit einer fast zärtlichen Stimme. "Erinnerst Du Dich an mich?" 

 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Etoh
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#1278

Beitrag: # 54802Beitrag Etoh »

Eben hatte er sich noch die Bildnisse an der Wand angesehen. Auf einer Kommode fand er ein Bonbonglas gefüllt mit Erdbeerbonbons. Kurz sah er verstohlen zu den Wachen rüber, ließ es sich dann aber nicht nehmen, beherzt hinein zu greifen und sich eben ein solchen in den Mund zu schieben.
 
In dem Moment in dem Lorena vor ihn trat, wendeten sich die beiden Wachen ab um mit der Haushälterin und dem Kind durch eine der weiteren Türen zu verschwinden. Langsam dreht er sich Lorena zu, dabei schiebt er sich den Bonbon in die Backentasche. Leicht neigt er seinen Kopf um ihren 'Gruß' zu erwidern.
 
„So sehen wir uns wieder.“
 
Sein Blick ging musternd an Lorena hinauf und hinab. Anschließend wandert sein Blick durch den Flur zu welchen er eben noch den Greis im Nachthemd hat die Treppe hoch wandern sehen. Bedächtig nickt er zu Lorenas Frage.
 
„Ich weiß das es für euch sehr unwahrscheinlich klingen mag. Aber ich komme leider nicht umhin mit jemanden aus dem Näheren Umfeld von Freya zu sprechen.“
 
Er deutet zu einer der Türen.
 
„Aber vielleicht können wir uns wo anders Unterhalten als hier zwischen Tür und Angel. Ich muss euch da vielleicht auch etwas zeigen.“
 
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Heiler zum Beruf - Priester aus Berufung
"Du weißt nicht, wie schwer die Last ist, die du nicht trägst"
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Stellan
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#1279

Beitrag: # 54803Beitrag Stellan »

Die Ebenen der Kommunikation wie sie es beschreibt und da hatte sie recht waren vielschichtig, leider aber nicht bei ihr. Sie hatte recht sie war nicht nur nicht einfach, sie war frustrierend für den Gesprächspartner. Gedankenlesen kann er schlicht nicht und trotz ihrer starren Mimik und Körperhaltung konnte er auch da nichts herleiten, weil sie glatt war wie ein Aal. Er will sich auch nicht ständig in den Gedanken verlieren und warten das die Frau eine Regung oder einen Satz von sich gibt, oder mal eine Information die keine Gegenfrage oder ein ausweichende schwammige Antwort ist. „Ihr seid die mit Abstand schlimmste Gesprächspartnerin die ich je hatte.“ Hatte er noch gesagt und das klang aufrichtig und ehrlich. Es wird ihr eh egal sein, also was soll ihm passieren. Selbst das war nicht mal eine Beleidigung, sondern für ihn nüchtern Fakt und eine Feststellung. Es hätte ihn durchaus interessiert ob nur er den Eindruck hatte mit der Inquisitorin zu reden brachte so viel wie mit einem Stein zu reden und mit denen redete es sich schlecht.
 
Dann sei dazu gesagt Stellan ist knapp über 50 und damit weder senil noch wirklich uralt. Den Stock hatte er wegen einer Verletzung am Bein die nicht gut verheilt ist. Er ist etwas angeschlagen. So wäre jeder angeschlagen, wenn er einen Mordanschlag nur knapp überlebt hätte. Aber geistig war er noch recht fit und plante Kriege und Taktiken. Hatte Heere geführt und Intrigen gesponnen für den dunklen Herrn. Geistig war er sehr bissig und scharf unterwegs. Das machte ihn aus. Er hatte sich zurück genommen was Lorena betraf, um dieses Gespräch zu ermöglichen, ihr Chancen zu geben was sie möchte zu beeinflussen. Seine Zunge war sonst weit rauer und brutaler, seine Schlüsse weit aus Kompromissloser. Sie hat alle Chancen nicht genutzt.
 
Er war hier nur Gast und vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass er sich erhoben hatte und gegangen um sich anzuziehen. So bleibt ihm erst mal der weiß geflügelte Gast verborgen.

Denn selbst als Gast wäre, wäre es ein sehr interessantes Bild und Information für ihn. Wie man mit ihm umgegangen war, als Glaubensbruder und Mitglied der Familie var Aesir und wie man mit dem offensichtlichen Feind umgehen würde. Es wäre ein sehr interessantes Bild über das Haus der Legion und darüber wie man hier Prioritäten setzte. Es wäre für ihn sehr interessant zu wissen ob es Konsequenzen gab, aus der Entscheidung heraus und ob Lorena diese bereit war zu tragen. Ob es reichte einfach den Namen eines Kindes und ein Fakt in den Raum zu werfen um tatsächlich Zugang zu einem Kinderzimmer im Herzen der Legion zu bekommen? Lorena machte sich Sorgen um einen Blutsauger, der sich noch nicht hat hier blicken lassen, als um einen Weißgeflügelten der in ihrem Foyer stand und gerade selbst gut sehen kann? Was ist die richtige Entscheidung? Allgemein würde ihn die Reaktion der Legion darauf interessieren.

 
Aber er bekam es nicht mit. Zumindest noch nicht.
 
Er fand seine Kleidung auch da wo Lorena sagte das sie waren. Endlich wieder wie ein Mensch könnte man sagen. Die Hand strich über den Stoff des Gewandes und er schickte sich an zu tun was er angekündigt hatte. Das Gildenhaus zu verlassen, denn offensichtlich war er nicht länger als nötig erwünscht. Kurz überlegte er bei Tanuri vorbei zu sehen. Aber das Gespräch mit ihrer Gildenschwester war so ernüchternd gewesen, dass er sich entschied, je früher aus dem Haus um so besser.
 
Gerade langsam auf dem Rückweg trat er in Sand. Sand der unter einer Tür hervor quillt als würde der Raum darin von Sand geflutet zu sein. Er ahnte nur was es heißen könnte. War er bereit dafür? Hier wird Naheniel kaum vollenden was er angefangen hatte, aber dennoch. Es schien alles so durcheinander. Er musste tatsächlich kurz lächeln. Gefällt dir das Chaos, Herr? Prüfst du mich jetzt so? Er blieb unschlüssig vor der Tür stehen. „Mh.. Du solltest gehen.“ Mahnte er sich selbst und die Hand legte sich fest um den Knauf seines Gehstockes.
 
Aber er erwischte sich wie er die Hand hob und an die Tür klopfte aus der der Sand kam. Ein festes Klopfen an die Tür.

Ob er bereit war auf die Begegnung? Sicher nicht.

 
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....
Das Chaos wird entbrennen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisters sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Landru
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#1280

Beitrag: # 54804Beitrag Landru »

Auch wenn es gerade still geworden war um seine Person, so war er nicht fort. Lorena hatte nicht so unrecht, er war durchaus auch auf Rache aus, wenn auch nicht wie sie vermutete. Er hatte tatsächlich ganz andere Pläne als einen direkten Angriff. Das wäre töricht und verschwendete Mühe. Aber er gäbe wirklich viel darum, sich an dem Schauspiel zu laben. Leider wird er es vermutlich nie erfahren.

Er hatte alles vorbereitet. Diese Residenz war nur eine von vielen. Ein typisches altes Gemäuer. Es war nicht das Schloss selbst. Nicht das Herz. Dieser Feldzug war sein eigenes privates Vergnügen und momentan schien es eher still um seines gleichen, also beschäftigte er sich anders. Er hatte sich erholt soweit es ging und war zufrieden mit dem wie es gelaufen war. Die Priesterin wurde gerettet und war wieder im seligen Heim. Sie hatte einen Helden und wähnte sich nun in Sicherheit oder nicht?

Gewiss war es geplant gewesen, dass sie befreit wird, die Art wie es dann geschehen ist, war allerdings überraschend gekommen. Doch das Ergebnis blieb gleich. Er war sich sicher, tief genug einen Stachel gesetzt zu haben. Sich tief genug in ihre Ängste gepflanzt zu haben. Er sann darüber nach, welche Ziele es noch gab. Seine hagere Gestalt stand vor dem Tisch auf dem eine Reihe Figuren standen. Jede Figur war ein Name. Jeder Name könnte ein Plan werden. Könnte.. muss aber nicht. Es war für ihn eine Art Brainstorming. Seine Ziele waren schließlich nicht mal eben so leicht erreicht. Nicht alle Namen waren vertreten, denn es gab Figuren auf dem Feld, die er nicht kannte oder dessen Bedeutung er nicht erkannt hatte. Eigentlich waren sie alle potenielle Ziele. Einen nach dem anderen vielleicht? Oder vielleicht sogar jemanden auf seine Seite ziehen? Oder, so viele Möglichkeiten, aber er wollte zunächst sehen welche Figuren jetzt ihn voran bringen könnten.

Tanuris Figur in Form einer geschnitzten Priesterin ohne Gesicht hatte er an den Rand gestellt. Sie war erstmal außer Gefecht und vorbereitet. Wer war also der nächste?

Lorena. Die Inquisitorin. Die Figur zeigte einen Ritter mit Kreuz. Ein für ihn recht unsicheres Frauenzimmer. Unsicher weil sie sich versteckte. Sie war aber mindestens genauso stur. Das machte es schwer sie zu beeinflussen. Durchaus ein Punkt für sie, aber vielleicht wenn sie für eine Weile verschwand. Er hatte jede Menge Zellen übrig. Aber brachte ihn das seinem Ziel näher? Er wiegte den Kopf.

Nymeria. Die Figur war eine Krippe mit Kind. Er war kein Freund davon sich an Kindern zu vergreifen. Sie waren so zerbrechlich und es könnte fatale Folgen haben, wenn ihm das Kind stirbt. Allerdings war sie eine direkte Nachfahrin. Was könnte eine Mutter mehr treffen als der Verlust ihres Kindes? Landru hatte keine Hemmungen ein Kind zu töten, wenn es nützlich war. Aber war es das?

Freya. Eine junge Frau mit Füllhorn. Für ihn unerreichbar. Irgendwo verschwunden. Er selbst hatte nie eine Ahnung gehabt wo sie gewesen war. Sie wäre ein durchaus lukratives Ziel gewesen, da sie für alle sehr wichtig erschien, aber sie war nicht da. Also konnte er sie vorerst nicht in seine Pläne einbeziehen.

Naheniel. Ein Krieger mit erhobenen Schwert. Die Weichen sind gestellt. Die Frage war nur ob dieser Mann anbiss. Fraß er den Köder den er ihm entsandt hatte. Er war gespannt. Er hatte mit dem Mann noch kein Wort gewechselt, aber er schien möglicherweise tatsächlich eine gute Wahl als Bündnis. Die Frage war nur ließ sich der Mann davon überzeugen.

Adrian. Ein Magier mit Buch. Ein Mann mit mächtiger Magie, wie er sich eingestehen musste. Ein Punkt den er nicht unbeachtet lassen sollte. Adrian hätte sicherlich versuchen können ihn den Gnadenstoß zu geben als er sich ergab. Aber hat er nicht und somit blieb der Notfallplan in der Tasche. Er würde sich ja nicht einfach vernichten lassen. Adrian schien aber eine Bindung zur Tanuri zu haben. Vielleicht waren sie enger befreundet oder mehr. Das gab dem ganzen natürlich eine gewisse Dynamik. Vielleicht fand er mehr über Adrian heraus.

Etoh. Ein Engel. Der weiße Prediger und er hatten so manches Gespräch geführt. Aber am Ende verlief sich alles. Er war nicht sicher ob er diesen Mann noch brauchte. Vielleicht.

Syndra. Eine Frau mit Bogen und stolzer Haltung. Sie haben sich kurz getroffen und sogar miteinander gerungen. Das war eine Weile her und sie hatten sich beide gegenseitig verletzt. Ob sie noch eine Rolle spielte? Er war nicht sicher. Zumindest sollte er sie nicht an den Rand schieben. Er schob die Figur zu Adrian und damit zur Gruppe mehr erfahren.

Kenna. Eine Figur einer geduckten Jägerin. Er kannte sie nicht wirklich. Sie waren sich sehr kurz begegnet und er hatte keinen Namen. Trotzdem hatte er sie gesehen. Wer weiß, was sich noch ergeben würde. Er schob die Figur zu Adrian und Syndra, als großes Fragezeichen wer diese Drei genauer sind müsste er noch klären.

Er dachte darüber nach ob er jemanden vergessen hatte, welcher unmittelbar mit dieser Geschichte zu tun hatte. Im Moment wollte ihm aber niemand einfallen. Er zog Lorenas Figur und Naheniels nach vorne. Er wird sehen wie sich das Spiel fortsetzte. Direkt dahinter Adrian, Syndra und Kenna.
 
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Sohn seiner Lordschaft Kain und der Lady Enoia Vykos
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-Freya-
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#1281

Beitrag: # 54805Beitrag -Freya- »

Die Luft um Freya herum vibrierte vor Anspannung. Der Wind, der durch die Zeltbahnen zischte, ließ die Stoffe rascheln und aufbauschen. Sie konnte es spüren. Das, was nahte, wovor alle zurückwichen.

Die plötzliche Kälte, die sich wie ein Mantel aus Frost auf ihre Haut legte. Unbewusst begannen ihre Lippen zu zittern, während sich bei jedem Ausatmen vor ihrem Mund kleine Wölkchen zu formen begannen. Es war, als würde etwas all die Wärme aus der Luft ziehen und alles, was übrig blieb, war das eisige Gefühl, das nun von ihrem Körper Besitz ergriff.

Freya hielt die Augen fest geschlossen, die Wimpern vor Angst bebend. War das alles nur ein Traum? Die Gräfin war weit entfernt. Der Reif, die Kette – sie war fort und mit ihr sollte die Herrschaft über sie gewichen sein. Das war unmöglich. Ein böser Streich, den ihr eigener Geist ihr spielte.

Vielleicht aber suchte man sie für den Tod am Auktionator? Hatte man ihn gefunden? Die Gräfin sah immerhin alles. Vielleicht auch noch immer sie? Hatte sie es wahrgenommen, was geschehen war? Jagte man deshalb hinter ihr her? Sogar noch andere Wesen oder Menschen und waren ihre Verfolger jetzt hier, mitten in der Wüste?

Die Kälte nahm weiter zu, während die Rufe mit einem Mal erstarben. Wie feine Klingen schnitt sie durch die Luft und ließ die Anspannung wie spitze Nadeln auf ihrer Haut brennen, als eine eisige Stille um sie herum herrschte.

Laufen war ein natürlicher Instinkt, der sie ergreifen wollte. Doch wohin sollte sie dann rennen? Es hatte keinen Zweck. Ganz gleich, ob das hier eine Illusion war oder Wirklichkeit – außerhalb dieser Oase, dort draußen in den Wogen der Wüste, lauerte nur der sichere Tod. Freya spürte, wie die Panik sie immer mehr erfüllte und ihr das nahm, was sie gerade geglaubt hatte, gefunden zu haben.

Ein Gefühl von Schwäche durchströmte sie. Etwas, das sie nicht spüren und erst recht nicht zeigen durfte. Freya konnte fühlen, wie die Angst und Kälte ihren Körper lähmten, als der eisige Schatten sich über sie legte. Dunkel, tief, bedrohlich.

Die Luft flirrte, als kleine Nebelschwaden um ihre Beine tanzten und im Licht der kälter werdenden Sonne glitzerten. Langsam öffnete Freya ihre Augen, nur um sich einem Wesen gegenüberzusehen, das ihre Vorstellungskraft sprengte. Klar schimmerte das Blau zu ihm hinauf. Dem Geschöpf, das unmöglich der Wirklichkeit entspringen konnte.

Es war wie ein Traum – oder besser gesagt, wie ein Albtraum, der zum Leben erwachte. Ihre Augen wollten nicht glauben, was sie sah und doch blickte sie wie gebannt auf das Geschöpf, das vor ihr schwebte.

Sein Körper schien aus purer, fließender Magie zu bestehen. Die Farben seiner Haut waren lebendig und schimmerten wie Licht, das durch zerbrochenes Glas fiel. Ein grünliches Blau, das stetig im steten Fluss von Macht in Bewegung zu sein schien.

Seine Augen, tief und dunkel, durchzogen von grünen Schlieren, blickten auf sie herab. Nein. Das war nicht wahr.  Das alles war nur ein Trugbild. Wo waren Haaram , Yusaf und der Junge? Ahaat? Langsam stolperte sie rückwärts, um Abstand zu gewinnen, ihm nicht zu nahe zu kommen, doch stieß sie unmittelbar an die Wand des Zeltes.

Ohne sich von dem Blick zu lösen, sah Freya beinahe panisch hinauf. Beinahe als wäre sie gebannt von dem Unglauben dessen, was sie sah. Grün, schwarz, undurchdringlich und doch in ständiger Bewegung, als wäre er aus dem Stoff der Nacht selbst geformt.

Nein…“, hauchte Freya, als könnte ein Wort alles ändern. Ein Wort, welches sich in der eisigen Luft ungehört verlieren sollte, als die Arme des Wesens mit einer plötzlichen Bewegung nach vorn schnellten. Seine Klauen blitzten auf, um mit einer einzigen fließenden Bewegung den Männern, die sich zwischen Haaram und ihr aufgebaut hatten, die Köpfe abzutrennen. Warmes Blut spritzte auf ihr Gesicht, der salzige Geschmack berührte ihre Lippen, während die Köpfe rollend zu ihren Füßen kamen.

Es waren die Köpfe jener Männer. Ihre Augen waren weit aufgerissen und voller Leere, und doch formten die toten Lippen Worte, die in ihren Kopf drangen, wie leises, gespenstisches Flüstern. „Saahira!“

„Nein…“ Freyas Stimme brach, als sie auf die Gesichter sah, deren tote Münder ihr mit diesem einen Wort die Schuld für ihren Tod zu geben schienen, während ihre Leiber zusammengesackt im Sand ausbluteten.

„Seid still… Schweigt!“ Es war nur ein leises, erschrockenes Flüstern, das im Rauschen des Windes unterging. Nicht einmal Haarams Flucht in den See nahm sie wahr, während das Wesen aus reiner Magie vor ihr stand und ihr selbst keinen Ausweg ließ. Keine Möglichkeit, außer sich erneut zu beugen oder das Schicksal der Männer vor ihr zu teilen. Eine Wahl, die ihren Willen brechen würde. „Was immer du bist, du hast keine Macht über mich! Niemand hat das!“

Freya presste die Augen fest zu, als wollte sie damit das Wesen und die furchtbaren Eindrücke verbannen. All die Stimmen, die anklagend in ihren Ohren widerhallten. Ihr Atem ging stoßweise – panisch und schnell wie ihr Herz, das wild gegen ihre Brust hämmerte. Das passierte alles nicht wirklich. Das war nicht real. Sie musste eingeschlafen sein. Doch selbst hinter dem Dunkel ihrer Lider konnte sie das schimmernde Grün sehen. Ein teuflisches Lächeln.

Konnte sie aufwachen? Das, was sie lähmte und sie gefangen nahm von sich abschütteln? Ihre zarten Hände formten sich zu Fäusten, während sich ihre Nägel schmerzhaft in die Haut ihrer Handflächen drückten. Ein Schmerz, der die Illusion nehmen sollte, denn er war real. Nichts, was man ihr nehmen konnte. Nein!! - Niemand sollte Macht über ihren Geist haben, niemand sollte ihre Gedanken kontrollieren können. Niemand! Dies war ihre Welt.

Plötzlich begann es um ihre Finger zu flackern. Kleine, goldene Funken tanzten über ihre Haut, wie ein Funkeln von Sternen an einem klirrend klaren Winterhimmel. Freya bemerkte es nicht. Noch immer versuchte sie sich zu beruhigen.

Die Wärme ihres Blutes spürend, das zusammen mit dem brennenden Pulsieren in ihrer Hand in Einklang geriet, versuchte Freya ihren Atem zu kontrollieren und die Kälte der Illusion abzustreifen, während das Licht um ihre Hände heller wurde. Ein Wille, der in diesem Augenblick nur einer Sache galt. Unbewusst baute sich eine Energie in ihr auf, bis es den Anschein erweckte, die Sonne selbst würde zwischen ihren Händen aufgehen.

„Verschwinde!“ rief sie. Ihre Stimme zitterte unter einer Mischung aus Panik, Entschlossenheit und Zorn. Nichts von alledem hätte sein sollen. Sie war nicht länger die Sklavin der Gräfin oder eines anderen und jeder, der nach ihr suchte und sie für den Tod des Mannes an der Kutsche verantwortlich machen wollte, sollte dasselbe Schicksal ereilen. „Du hast keine Macht über mich!“

Ihre Fäuste öffneten sich und mit einem grellen Schein schoss das Licht aus ihren Handflächen empor, als ob es die Dunkelheit durchbrechen wollte. Ein Schimmern, das den Himmel spaltete und die Wolken zerriss. Der Boden erzitterte, während sie ihre Augen fest verschlossen hielt, um sich einzig auf ihren Willen zu konzentrieren, der diesen Albtraum, der mit ihrer Furcht nahezu spielte, verjagen sollte.

Es war, als hätte sie die Kraft des Himmels selbst entfesselt. Der grelle Strahl donnerte auf das Wesen nieder. Eine Macht, die es zerschmettern und aus ihrer Welt vertreiben wollte. Ihn im gleißenden Licht verdammen und mit ihm das Grün, das alles trübte, wegspülen sollte, wie ein strömender Fluss. „Das ist meine Welt, meine Regeln!“

Worte, die fordernd über ihre Lippen kamen, während das gleißende Licht sie selbst durch ihre Lider hindurch blendete. Ihre Lippen zitterten und die Kälte selbst schien sie noch immer zu umgeben. War es die Angst in ihren Knochen oder Magie? Ein Zauber, der sie in einem nie endenden Albtraum gefangen hielt? Eine Folter, der sie scheinbar niemals entkommen konnte, ganz gleich, wie sehr sie darum kämpfte? Oder war es die Macht, die sie für einen kurzen Moment gespürt hatte. Eine Magie, die sie überwältigt hatte und sie kraftlos auf den Knien zusammensacken ließ, während das Licht in den aufgewirbelten Sandkörnern um sie herum weiter umhertanzte. 

Unsicher, ob sie die Augen öffnen oder sich der Schwäche in ihr einfach ergeben sollte, ließ Freya ihren Kopf hängen, während ihre Hände Halt auf dem Boden suchten. 
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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Gesichtsloser Erzaehler
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#1282

Beitrag: # 54806Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

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Die Kettendschinns


Kehlig und tief war das Lachen des Dschinn, als das Mädchen begann, sich zunächst mit Worten gegen ihn zu wehren. Geschmeidig schwebte er näher an Freya heran, blickte auf sie herab und durchbohrte sie förmlich mit seinem Blick, während die Magie, aus die er bestand, sie in Nebel umgarnte. 

"Als würdest Du verstehen, was wahre Macht bedeutet." Gerade aber als er seine Hand nach ihr ausstrecken wollte, um sie zu fassen und mit sich zu zerren in den Palast, war es ein Grollen, das aus den aufgewühlten Wolken erklang und diese kurz darauf zerriss. Ein gleißendes Licht spaltete den Himmel, brach ihn auseinander, als wäre er nicht mehr, als ein Gemälde aus Öl. 

Was für eine Wut, was für ein Zorn waren nötig, um die Natur derart zu beherrschen, dass aus dieser eine Gewalt ausbrach, mit der selbst der Dschinn nicht gerechnet hatte  und der er nicht schnell genug ausweichen konnte. 

Mit einer für ein Kind einzigartigen Bestialität traf das Licht auf seine Gestalt und erfüllte diese mit einem brennend heißen Leuchten. Da er aber einzig aus Magie bestand, spürte er weder Angst noch Schmerz. Beides waren Gefühle für Wesen aus Fleisch und Blut, er besaß aber weder das eine noch das andere. Dennoch bündelte sich das Leuchten in ihm und strahlte aus seinen Augen und aus seinem Mund hervor, als er mit kaltem Amusement seine heißer und heißer werdende Hand auf das Gesicht des Mädchens legte. "Deine Welt, Deine Regeln?" Seine Stimme war nur ein Wispern, dennoch so durchdringend, dass Freya sein Versprechen, das folgte, nicht vergessen sollte. "Ob Du Dich auch dem entgegen stellen kannst, was Du heraufbeschworen hast, kleine Sterbliche?" 

Die Magie, die das Kind entfesselt hatte, war stark, zerrte an der aus Nebel bestehenden Hülle des Dschinn. Glühend heiß waren seine Finger mittlerweile geworden, doch bevor sie die Haut Freyas brandmarken konnten, bäumte das gleißende Licht sich in seinen letzten Zügen auf und riss den Dschinn entzwei. 

Nichts von ihm blieb. Nur die Kälte seiner sterbenden Magie, die sich mit den letzten Nebeln ausbreitete und an Freyas Körper entlang kroch. Als ihr letztes Licht verlosch, erstarb auch die Dunkelheit, die der Dschinn, oder vielleicht war es sogar das Mädchen selbst, gebracht hatte und zu Boden fielen die zwei Armreifen, die ihn an seinen Meister gebunden hatten. 

Dann war alles ruhig. Kein Wort, kein Laut, kein Geräusch. Für einen erlösenden Moment stand die Wüste still. Die Sande ruhten und der Wind hielt inne. 
Der Tod eines solchen mächtigen Wesens ist nicht vergleichbar mit dem eines Menschen oder eines anderen gewöhnlichen Wesens. Stirbt eine solche mächtige Kreatur, handelt es sich um ein äußerst seltenes, dafür umso katastrophaleres Ereignis. Ihre Existenz endet nicht einfach, da ihre Körper aus einer Ansammlung uralter Magie bestehen und diese sich nicht mit einem vernichtenden Schlag auflösen und zu Asche und Staub zerfallen kann. Das Sterben eines Dschinn ist nicht vorgesehen, weshalb eine Vernichtung zu einer gewaltigen, unkontrollierbaren Entfesselung der Energien führt, die in ihnen lebte. Und dies hatte immer einen verheerenden Einfluss auf die direkte Umgebung. 


Vorerst aber geschah nichts außer dieser Stille. Eine Stille, die erdrückend und quälend war, da sie in ihrer Lautlosigkeit alles übertönte. Die drei abgetrennten Köpfe starrten Freya mit ihren toten Augen weiterhin vorwurfsvoll an. Wer waren sie gewesen? 

Wie lauteten ihre Namen und hatten sie Familien, die nun vergeblich auf ihre Rückkehr warteten? Eine Frau, die jede Nacht in Angst erwachen würde, weil sie wusste, dass ihr Mann niemals zurückkehren würde. Kinder, die nie wieder die Arme ihres Vaters spüren und nie lernen würden, wie man auf einem Kamel ritt oder ein Zelt auf- und abbaute, wenn die Karawane weiterzog. 

Von jetzt an wären sie allein. Allein und verlassen, so wie auch Freya es war. Ohne Vater, der sie beschützte und umsorgte, der auf sie achtete und sie führte. Konnte das Mädchen die Stimmen schon hören, die bald um diese Männer weinen würden? Die Frauen und Kinder, die zurückgelassen wurden? Was würde sie ihnen sagen, wenn man die toten Körper der Männer im Wüstensand begrub? Dass sie wisse, wie es sich anfühlt, jemanden zu verlieren? Dass sie den Schmerz verstand? 

Oder waren diese Männer nur irgendwelche Soldaten gewesen, gesichtslose Krieger, deren Geschichte mit ihrem Tod endete? Ohne Namen und ohne Bedeutung? Welche der beiden Varianten war nötig, damit die anklagenden Augen sie nicht bis in den Schlaf  begleiten würden und sie vielleicht etwas fand, um das aufkeimende Gefühl der Schuld abstreifen zu können? 

War sie aber wirklich schuld daran, dass sie sterben mussten? Eine berechtigte Frage, denn schließlich waren sie es gewesen, die sich gegen sie gewandt hatten. Keiner dieser Männer hätte sie vor dem Dschinn beschützt, im Gegenteil, sie waren es gewesen, die laut gerufen und ihr Urteil gesprochen hatten, ohne ihr auch nur die Chance zu geben, sich zu verteidigen.  

Eigentlich, so könnte Freya sich vielleicht selbst beruhigen, waren die Männer selbst verantwortlich für ihr Schicksal. Hätten sie nur nicht so laut "Saahira!" gebrüllt. Nur deshalb war der Dschinn in ihre Richtung geflogen und sie wären unbemerkt geblieben. Wer trug also die Verantwortung? Weshalb mussten sie sterben? 
Weil sie genau dort waren, wo das Mädchen stand. 

Neben Freya erschien plötzlich, wie aus dem Nichts, eine kleine Gestalt. Sie war die ganze Zeit dort gewesen, unbemerkt, verborgen in der Unruhe und dem Chaos der letzten Momente. Mit wackeligen Schritten tappte das Kind, kaum drei Jahre alt, auf einen der abgetrennten Köpfe zu. "Baba?" 

In diesem Augenblick berührte der winzige Fuß die schweren Armreifen des Dschinn, die im Sand lagen. Unmittelbar darauf begann die Luft um sie herum zu glühen. Wie eine sterbende Sonne, die kurz vor ihrer letzten Explosion stand, sammelte sich die aufgestaute Energie in einem wirbelnden, grünblauen Feuerball. Langsam schwoll er an, während die Hitze in der Luft unerträglich wurde.

Und in der Ferne spürten die anderen Dschinns die sterbende Macht. So wendeten sie, aus dem Süden, aus dem Westen und aus dem Norden ihre Köpfe gen Osten und machten sich auf den Weg. 

 
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Adrian
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#1283

Beitrag: # 54807Beitrag Adrian »

Immer tiefer drängte sich das Entfesselte in seinen Geist. Finsternis, die kein Licht zulassen wollte. Keinen Schatten, sondern nur den reinen Quell der Dunkelheit.

Ein Gefühl, das er kannte. Ein Mantra, dem er lange gefolgt war, ohne mit der Wimper zu zucken. Eine Leichtigkeit, die den Weg des Einen so viel einfacher machte, indem man schlicht handelte, ohne sich von einem Gewissen peinigen zu lassen. Der Zweck heiligt die Mittel.

Wie dunkle Nebelschwaden erhob sich das, was ihn in Besitz nehmen wollte vor seinem geistigen Auge. Eine Gestalt körperlos und nur von einer fadenscheinigen Silhouette umwoben, der keine konstante Form zu zuschreiben war.

„Du weigerst Dich, obwohl du weisst, dass es einfacher es für uns beide wäre.“ Hallte es in tausend Stimmen in seinem Kopf wider. Qualvoll und kreischend. Ein Klang, der seine Beherrschung auf die Probe stellen sollte, während die Schwärze von Rauch um ihn herum aufstieg.

„Wie fühlte es sich an…“ Flüsterte es unheilvoll und düster an sein Ohr, während seine Schwester sich erneut vor ihm manifestierte.

Eine weite Robe zierte ihren Körper, während das lange schwarze Haar strähnig und schweißgebadet an ihr klebte. Qualvoll wandte die junge Frau sich auf dem steinernen Tisch, und schrie aus tiefster Seele heraus. Tränen liefen an ihren Wangen hinab, während die Verzweiflung in ihren Augen geschrieben stand. Ein Flehen, sie zu erlösen. Das Schicksal zu vollenden und dem Schmerz und der Qual ein Ende zu setzen.

Er konnte es hören. Wie sie in ihrer Hilflosigkeit seinen Namen rief und ihn immer wieder an sein Versprechen erinnerte.
„Ihr Leid, so wundervoll. Wie war es, sie davon zu befreien.“

Adrian konnte sich dagegen nicht wehren. Die Erinnerungen nicht verdrängen.
Es war nur ein Lidschlag, unter dem sich ihr Körper vor Schmerzen aufbäumte, als der Dolch ihren Bauch öffnete. Ein Schnitt, der durch ihr Fleisch hindurchglitt, bevor sowohl das Blut, als auch das Leben aus der jungen Frau herausquoll.

Ein Moment, da auch für ihn die Zeit stillgestanden hatte. Sehr genau wusste Adrian, was er gefühlt hatte. Etwas, das Worte nicht beschreiben konnten. Er spürte, wie er die Klinge in seiner Hand hielt. Die Kälte des Metalls, das seine Finger umschlossen, während die Wärme ihres Blutes über seine Finger rann. Weit aufgerissen starrten ihre tiefblauen Augen ihn leblos an. Ein Blick voller Gewissheit und einer Forderung. Einem Schwur, dem er verpflichtet war.

Auch wenn er seinen Blick nicht abwenden konnte, wusste er, was die Präsenz ihm sagen wollte. Er hatte sein Wort nicht halten können. Er hatte sie nicht schützen können. Weder damals noch jetzt.
„Es war alles, was ich für sie tun konnte.“

Beherrscht schlossen sich seine Augen und die Finsternis um ihn herum verstummte. Sie hatte sich geopfert und er hatte sie befreit. Ganz gleich, was er damals gefühlt hatte. In ihrem schwächsten Moment, hatte sie die größte Stärke bewiesen. Sie hatte sich für etwas geopfert, das ihr wichtiger war, als ihr eigenes Leben. Etwas woran Alyssa bis zu ihrem letzten Atemzug geglaubt hatte.
„Es ist noch nicht vorbei.“

Das letzte Flüstern versiegte, während die Dunkelheit ihn nun vollkommen überwältigte. Erbarmungslose Schwärze, die auf ihn niederstürzte und mit sich riss, bis nichts außer die Düsternis selbst um ihn herum existierte.

Kein Licht und keine Schatten. Nur der Kampf in seinem Inneren, während unbewusst leise Worte mahnend und rufend in seinen Gedanken erklangen, von denen Adrian nicht wusste, ob sie wirklich dort waren.
Und dann wurde es still.
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✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Gemahl der PriesterinTanuri Al Saher
❖ Bruder des Verlion Al Saher ❖
Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
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Lorena
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#1284

Beitrag: # 54808Beitrag Lorena »

„~ Hereinspaziert und aufgepasst, treten Sie näher und werfen Sie einen unvergesslichen Blick hinter die Kulissen dieses wundervollen Tollhauses!
Seien Sie dabei, und betrachten die exotischen Kuriositäten innerhalb dieser geschichtsträchtigen Gemäuer. Hinter jeder Tür verbirgt sich ein
neues Abenteuer! Die Treppe rauf zu Ihrer rechten finden Sie eine Ruine, welche bislang den sagenumwobenen dunklen Generals beherbergte,
den Gang weiter runter zu Ihrer linken, das verwunschene Schlafgemach der ehrwürdigen verschollenen Adeptin und vieles mehr erwartet Sie
hinter all den noch unerforschten Türen. Wer hat noch nicht… wer will noch mal? - Wenn das so weitergeht, solltet ihr wirklich Eintritt verlangen! ~“


Den sich abwendenden Wachen signalisierte die Inquisitoren mit einem kühlen Blick, dass jene achtsam sein sollten und ein Versagen keine Option
darstellte. Es war immerhin schon enttäuschend genug, dass ihnen Stellan entwischt war und sich dieser unbehelligt innerhalb der Legion
fortbewegen konnte. Unabhängig davon, ob er wirklich das war, was er behauptete zu sein und der gemeinsame Glaube sie einen sollte, genoss jener
noch lange keine Narrenfreiheit oder das Vertrauen der Eismagierin. Vermutlich wäre nicht mal seine eigene Tochter sonderlich erpicht darauf,
ihn hier zu wissen. Das diese Einstellung nicht unbedingt von Gastfreundschaft zeugte, war ihr einerlei. Solche Befindlichkeiten,
waren in ihren Augen Zeitverschwendung.


„Nun wie überaus praktisch, dass bereits jemand vor Euch steht, der diese Anforderung erfüllen kann.“ Argwöhnisch musterte sie den Pfaffen,
welcher in der Profilansicht ein überaus skurriles Bild abgegeben hatte. Ähnlich dem eines gebrechlichen Alten, dessen Rücken sich bereits zu einem
Buckel verkrümmt hatte, doch so alt war der Geistliche noch nicht. „Bislang habt Ihr noch nichts vorgebracht, was mich davon überzeugen würde
Eurer Bitte nachzukommen, also kommt zum Punkt und verschwendet nicht meine Zeit, Pater.“
Praktischerweise war ihr neuer Besucher bereits mit
ihren feinfühligen Umgangsformen vertraut, so dass diese wohl nicht erneut zur Debatte stehen würden.



Jedoch trieb sie ein unbestimmtes Gefühl immer drängender dazu an, sich zu sputen. Es war als würde der Sand im Stundenglas mit einem Mal viel
schneller verrinnen, als er sollte. Zu viele Dinge passierten zeitgleich. Wo sonst Tage, manchmal Wochen nichts geschehen war, kam nun alles mit
einem Mal zusammen. „~Tja, wer hat da wohl an der Uhr gedreht, ist es denn nicht schon längst so spät? ~“ Höhnte es da durch ihren Schädel.
Nein, das konnte nicht sein! Es gab keinen Grund, warum sich die Gezeiten plötzlich gegen sie stellen sollten, sie hatte die Sanduhr seit Wochen nicht
mehr angerührt, warum also jetzt? „~Weil es viel lustiger ist, wenn es unerwartet kommt.~“



Nein sie durfte sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Sie musste sich fokussieren und sich auf eine Aufgabe nach der anderen konzentrieren.
Vorerst war das der Götzenprediger, der noch immer vor ihr stand. Einen Augenblick überlegte sie, ob sie jenen dazu auffordern sollte, sein Hab
und Gut abzulegen, doch das könnte dem Eingeständnis einer Schwäche nahekommen. Also blieb sie einfach unbeirrt vor ihm stehen und wartete ab,
was er vorzubringen hatte.



 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
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Syndra
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#1285

Beitrag: # 54809Beitrag Syndra »

Verdammt, was war das für eine Macht. Nur einer Intuition folgend hatte sie versucht, die auseinandergerissene Struktur aus Raum und Zeit zusammenzuhalten. Fäden aus Magie, welche sie mit instinktiven Gesten wieder miteinander verwebt hatte, denn einmal danach gegriffen, hatte die Magierin sie nicht mehr loslassen dürfen. Ein einziger Moment der Schwäche und die Magie, die auf der anderen Seite ihr entgegenwirkt hatte, hätte sie womöglich zerfetzt. Ungläubig sah sie auf die Steine, welche nun geschlossen vor ihr lagen.  Was hatte es ausgelöst? Was für eine Macht?

Syndra fühlte die Nachwirkungen des Bebens noch in ihren Knochen, als ihre Hände langsam sanken. Das innerliche Zittern, das sich in ihr ausbreitete und sich in ihren Atem schlich, während die Magierin versuchte das Chaos in ihren Gedanken zu ordnen. Die Angst, die sie verborgen hielt und sie nun unter einem mahnenden Pulsieren hinter den Schläfen daran erinnerte, zu blinzeln, während Naheniels Stimme an ihr Ohr drang. Ruhige Worte, die sie aus ihrer Trance zurückholten.

Es war vorbei. Wäre es weniger gewaltig gewesen, hätte sie vermutlich darüber nachgedacht, wie verschreckt sie aussehen musste, während sie gebannt auf einen leeren Punkt im Raum gestarrt hatte. Wie ein ängstliches Eichhörnchen. Nicht viel brachte sie derart aus der Fassung.

Kurz nur liess die Magierin ihre Lider sinken und holte Luft, bevor sie mit einem Wimpernschlag zu Naheniel sah. Ihre Augen fuhren über seine vor dem Sand kniende Gestalt hinweg und kreuzten seinen Blick, der sie ohne weitere Worte aufforderte zu ihm zu kommen.

Wortlos folgte sie seiner Geste.  Langsame Schritte, die Syndra an seine Seite führten, so dass sie sehen konnte, was er ihr zeigen wollte. Ja sie wollte Antworten. Was war hier passiert? Wer manipulierte an der arkanen Magie des Kontinuums, dem Zentrum von Schöpfung.

Der Sand bewegte sich. Er formte sich, als würde er ein Eigenleben haben. War das kleine Ding dort Freya? Zeigte es eine Wüste? Moment - war das Goldkind die Ursache für das Chaos? Verwirrt sah sie im Augenwinkel zu dem Mann an ihrer Seite. Sie sah eine Oase, die sich aufbaute, den See, das Gesicht, bevor Naheniel den Zauber brach.

Es ergab auf eine Weise einen Zusammenhang und doch konnte sie nur spekulieren, was alles zusammen für eine Bedeutung hatte. „Naheniel, bitte…“

Ihre Lippen öffneten sich leicht, als Naheniel sich zu voller Größe vor ihr erhob und sein Blick sie mitten in ihrem Satz innehalten ließ. Fragend suchte die Magierin in seinen Augen nach Antworten und vielleicht noch nach etwas anderem, während er nach einer ihrer Haarsträhnen griff. Sanft und doch distanziert richtete und drapierte Naheniel sie, während er dabei jede Form der Nähe abzuwägen schien.

Sollte sie ihre Fragen leugnen? Er konnte sie in ihren Augen erkennen, doch schien er keine Neigung zu haben, sie zu beantworten, geschweige denn, sie zu berühren zu wollen.
Der Blick in seinen Augen blieb verschlossen, als hätte er entschieden, dass es Dinge gab, die sie vorerst nicht wissen sollte – oder durfte. Oder kannte er vielleicht die Antworten selbst nicht?
Syndra schlug ihre Wimpern hinab, als Naheniel sich zum Gehen wandte.  Keine Antworten zu erhalten, war eines, sie jedoch nach alledem einfach stehenlassen zu wollen, etwas anderes.

Ein zarter Lidschlag unter dem eine Entschlossenheit auf ihre Züge zurückkehrte. Sie würde ihn nicht einfach so gehen lassen. Ganz gleich, er war ihr Antworten schuldig. Ihre Hand streckte sich nach ihm aus, um seinen Arm zu packen „Du musst gehen? Einfach so?“

War das sein Ernst? Ein kühles Glitzern lag in ihren Augen, das deutlich zeigte, dass sie es nicht so hinnehmen würde, dass man sie ohne irgendeine Antwort, was gerade geschehen war, einfach stehen lassen würde. War es Angst oder Wut, die das Blau in ihren Augen zum Leuchten brachte? Beides war möglich. Es zu deuten war an ihm. „Was, wenn es wieder passiert? Naheniel…“

Antworten, die ihr jedoch erneut verwehrt wurden, als ein Klopfen nicht einmal unerwartet an der Tür erklang. Ihr Griff erstarrte, bevor ihre Finger über seinen Handrücken hinabgleiten konnten. Das tiefe Blau ihrer Augen verdunkelte sich, als sie den Blick sich dem Geräusch zuwandte, während sie scharf die Luft einsog, ohne sich vollständig von ihm zu lösen.

Wer auch immer draußen stand, hatte den Lärm vernommen. Natürlich war es vorhersehbar. Vermutlich musste man blind und taub sein vielleicht auch ein naiver Tölpel, um die Unruhe, die sich in der Atmosphäre ausgebreitet hatte, zu ignorieren.

Syndra straffte ihren Körper, nur um die Anspannung, die noch immer sichtbar auf ihr lag, selbst nicht nach außen zu tragen, ehe sie leicht schräg zu Naheniel aufsah und das helle Blau seiner Augen suchte. Ein Blick, der nicht um Erlaubnis bat, sondern als stumme Geste, die seine Reaktion abwartete, als sie dem Klopfenden auf der anderen Seite mit einer trügerisch auferlegten Ruhe antwortete. „Ja, bitte?“
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Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht man diesem gewährt, die Gegenwart noch zu beeinflussen. ~
❖Niemand kann sehen, was verborgen liegt. Niemand vermag es zu stehlen, was dir gehört.❖
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Naheniel
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#1286

Beitrag: # 54810Beitrag Naheniel »

  
Noch bevor das Klopfen an der Tür zu hören war, wendete Naheniel sich nach seinem vergeblichen Versuch, die Schatten zu rufen, Syndra nochmals zu. Er erkannte die Verunsicherung in ihrem Syndras Blick, auch wenn sie gekonnt versuchte, diese zu überspielen. 
"Ich gehe nicht einfach so." In seiner Stimme mochte ein winziger Teil der für sie so bekannten warmen Vertraulichkeit liegen, dennoch schwang auch weiterhin die Fremde in ihm mit, die er ihr so offen präsentiert hatte. "Schließlich habe ich Dir etwas gezeigt."  Mit einem Nicken deutete er auf den Sandhaufen, der kurz zuvor noch das kleine Puppenspiel wiedergegeben hatte. "Du brauchst etwas, um der Macht der Gilde näher zu kommen." 

Seine Hand zeigte nun ebenfalls in die Richtung und er sah sie eindringlich an, während sein Kopf sich leicht nach unten neigte. "Wie Du es für Dich nutzt, musst Du entscheiden. Stürze die Priesterin, indem Du ihre so wohl gehütete Adeptin denunzierst, da sie wohl ein enges Verhältnis zu dem Götzenprediger pflegt.
Oder hol meine Schwester an Deine Seite, weil Du nun ein Geheimnis hast, von dem sie bestimmt nicht will, dass es an die Öffentlichkeit gerät." 


Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Züge und zeichnete zwei Grübchen unter seinen blonden, dichten Bart, während seine hellen Augen auffordernd aufleuchteten. "Du wolltest eine Chance, um die Fäden in Deiner Hand zu halten, damit Du Deine eigenen Ziele erreichen kannst und nicht länger im Hintergrund auf die richtige Gelegenheit warten musst." War Syndra auch nur ein Bruchteil aus dem Eis geschnitzt, woher sie entstammte, würde sie genau das nun für sich ergreifen. "Jetzt hast Du sie." Auch wenn seine Schwester dafür erst gefunden werden musste. Wobei ihm ein leises Gefühl sagte, dass die Suche beendet war. 
 
Naheniels Blick richtete sich auf die letzten Ausläufer des Sands, der sich noch immer zwischen dem Stein befand und sich in der vorherigen Wut des Sturms unter der Türschwelle durchgeschoben hatte. Ein verräterisches Zeichen dafür, dass etwas in diesem Raum nicht in Ordnung war und das würde schon sehr bald Aufmerksamkeit erregen, dessen war er sich sicher. 

Auch wenn sich die Gilde seiner Schwester bisher nicht unbedingt mit klugen Taten, bis auf wenige Ausnahmen, ausgezeichnet hatte, waren sie nicht dumm. Zumindest etwas, das er ihnen zu Gute halten konnte. Alles andere würde ihn nur noch mehr langweilen und tatsächlich auch enttäuschen. 
Schließlich wurde es immer schwieriger, einen guten Feind zu finden, den man ernst nehmen konnte. Gut, einen, den hatte er. Und dieser hatte sich tatsächlich die Schatten geholt. Sie nicht nur gerufen, sondern sie für eine Zeit an sich gebunden.

Was für ein törichter Zug das doch war, gehörte das bekanntermaßen zu einer der gefährlichsten Zauber in der Dunkelmagie. Völlig unvorhersehbar, ob es gelang und noch dazu, ob es zu kontrollieren war. Wenn die Schatten und die Dunkelheit nicht genau auf einen hörten und auch nur ein einziger Gedanke der falsche war, konnten sie einen vereinnahmen und man wurde selbst zu einer von ihnen.
Zu einem Schatten. Ohne eine Möglichkeit, jemals wieder in seinen Körper zurückzukehren. 

 
Naheniel hatte bereits eine leise Vorahnung gehabt, als er mit Syndra im Eingang der Legion stand und die untergehende Sonne einen Schattenwurf verweigerte. Es war nur ein leichtes Kitzeln in seinem Hinterkopf gewesen, etwas, dem er keine weitere Beachtung schenken wollte. 
Doch mit jedem Schritt durch die Hallen der Legion und seinem Aufenthalt in diesem Zimmer war eine Ahnung herangewachsen. Schatten verschwanden nicht einfach so für eine längere Zeit, denn sie gehörten zu allem, was existierte. Völlig gleich, ob es sich dabei um ein Tier oder ein lebloses Ding handelte.

Alles war verknüpft mit seinem eigenen Schatten und genau deshalb war die Magie, die angewendet wurde, um Objekt und Schatten voneinander zu trennen, so machtvoll und sollte nicht unüberlegt und angewendet werden. Nahm man es genau, sollte sie überhaupt niemals zur Anwendung kommen. 

Ein Dunkelmagier wusste das und eigentlich sollte auch Adrian das wissen. Naheniel war sich sehr bewusst darüber, wie unberechenbar dieser Zauber war und genau deshalb hätte er selbst ihn niemals ausgeführt. Zu viele Risiken, zu hoch die Gefahr, zu verschwinden und von ihnen einverleibt zu werden.

Aber genau deshalb gab es für ihn auch keinen Zweifel, dass sein einstiger Freund es gewesen war, der die Schatten auf derartige Weise befehligt hatte. Auch wenn er es nicht offen zugeben würde, spürte er doch so etwas wie einen Funken Anerkennung für diesen Wagemut, sein eigenes Leben hinten anzustellen. Er konnte für Adrian nur hoffen, dass es das wert gewesen war.

 
"Als ich Dich das letzte Mal vor einer Gefahr schützen wollte, hast Du mich abgewehrt. Auch wenn ich Dich nicht beschützen darf, werde ich gehen, um mich darum zu kümmern, dass genau das nicht wieder passiert." 
Einmal war bereits zu viel. Und noch hatte er keine genaue Idee, woher diese Risse kamen. Er hatte die Stimme gehört, die er nicht kannte. Aber war der Träger dieser alleine für den Riss zwischen den Welten verantwortlich?
Oder waren die Grenzen durch den Aufenthalt Freyas in seiner Kreation bereits so fragil, dass er nun doch selber eingreifen musste? 

 
Würde sein Vater noch leben, es wäre ihm wahrscheinlich ein Hochgenuss, nun doch recht behalten zu haben. Es war nicht so, dass Naheniel die Warnung um Freyas ansteigende Macht nicht ernst genommen hatte, aber die Tötung Nymerias war nicht seine Priorität gewesen. Etwas, das er ändern musste. Zuvor aber musste er wissen, was genau diesen Riss verursacht hatte und wem diese Stimme gehörte. Wer auch immer es war, er würde allein für die Äußerung seines Vorhabens sterben müssen. 
 
Als er sich der Tür zuwendete, konnte er aber nicht einfach außer Acht lassen, dass sein Schatten immer noch nicht zurückgekehrt war. Für einen Atemzug hielt er inne und betrachtete das Holz vor sich und aus den Augenwinkeln die Frau neben sich, die ebenfalls schattenlos geblieben war. Eigentlich hätte Naheniel sich freuen sollen, schließlich war es Adrian gewesen, der sich ihm seit Jahren entgegen stellte und versuchte, seine Pläne zu durchkreuzen und Freya vor seiner Nähe zu beschützen.

Während der Großteil aus der Dienerschaft des dunklen Lords sich bisher nur durch ihre Tatenlosigkeit auszeichnete. Selbst dem Krieg, der ihm erklärt worden war, hatte sich niemand angeschlossen.
Was für ein absolutes Armutszeugnis. 

Aber so war es eben mit den Sympathien. Diese galten vor allem dann, wenn man sich etwas erhoffte. Eine eigene Leistung zu erbringen war da schon wieder zu viel verlangt. 

 
Wenn Adrians Körper starb und er zu einem Schatten wurde, ging von ihm keine Gefahr mehr aus und die Legion würden erheblich geschwächt werden. Ganz zu schweigen von Naheniels Schwester, die daran zerbrechen würde. Andere mochten ihren Kummer nur belächelt haben, er aber hatte es gesehen, für wen sie zu morden bereit war. 
Es wäre so liebreizend, sie an ihrer Trauer ertrinkend zu beobachten. Obwohl ihn diese Vorstellung eigentlich mit einer unbändigen Freude erfüllen sollte, geschah genau das nicht, sondern es wurde von etwas anderem überlagert. Das wiederum überraschte ihn.
Idiot.
Ob er diesmal immer noch Adrian oder viel eher sich selbst meinte, ließ er für sich dahingestellt. 

 
Für Syndra aber musste es mit Gewissheit seltsam anzusehen sein, als sie eine für sie völlig neue Regung in dem Gesicht Naheniels zu sehen bekam. Er haderte mit sich. 
 
Freundschaft. Manchmal ging sie über eine Feindschaft hinaus und musste neu definiert und zusammengerückt werden. 
Es blieb ihm nicht viel Zeit. Die Schatten waren bereits sehr lange fort und je länger sie von ihren Besitzern getrennt waren, desto schwieriger war es, sie und sich selbst unter Kontrolle zu halten.

Unbemerkt konnte Naheniel den Raum aber nun nicht mehr verlassen, denn ein Klopfen kündete von einem Besuch. Bei ihrer sachten, fast unmerklichen Berührung neigte er sich nochmals zu ihr hinab und raunte leise an ihr Ohr, sodass seine Stimme sie warm auf der Haut kitzelte. "Ah, Du hast Dich umentschieden? So leicht mache ich es Dir nicht… mein Nordmädchen."
Dann trat er von ihr zurück und deutete gen der Tür. "Nach mir verlangt Dein Gast bestimmt nicht." 
 
 

 
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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Stellan
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#1287

Beitrag: # 54811Beitrag Stellan »

Er hatte Zeit seine Gedanken zu sortieren. Nun gut, wo eine Tür sich schließt öffnen sich eben andere. Der Sand unter der Tür ließ ihn annehmen, dass irgendwas nicht stimmte und Syndra hatte Recht, das der Lärm auch seinen Teil dazu beigetragen hatte. Es gab verschiedene Möglichkeiten was schief gelaufen sein könnte. Keine davon gefiel ihm. Es war natürlich nicht seine Entscheidung darüber zu richten. Doch sah er es durchaus in seiner Verantwortung, dass manche Dinge so passieren wie sie sollen. Wobei das sollen eine rein persönliche Einschätzung war und sicherlich nicht immer richtig.

Ob der weiße Priester nun Erfolg hatte oder die Inquisitorin ihn ebenso auflaufen ließ wie ihn. Nun das wird sich zeigen. Er war noch nicht wieder unten, also bemerkte er den Besuch auch nicht. Stattdessen hatte er damit zu tun seine Gedanken zu sortieren. Der Sand. Er strich sich erneut durch den Bart. Kaum noch Sand. Die meisten Körner hatte er unten gelassen.

Die Stimme die auf sein Klopfen reagierte, kam ihm bekannt vor. Vage. In seinem Halbtoten Zustand hatte er nicht viel um sich herum mitgeschnitten und daher war es jetzt auch kein direktes Erkennen. Wieso war da Sand in dem Raum? Sand der ihm eindeutig sagte, dass es vom Naheniels Reich stammen musste, sonst hätte er nicht auch Sand verloren. Er war zwar nur sehr wenig mit dem Land verbunden, aber ein winziger Teil eben doch durch das Blut. Was bedeutete es? Es zieht sich die Blutlinie entlang. Wie ein Rückkopplung. Was bedeutete es für sein Leben? Könnte es sogar möglich sein, dass durch die Schöpfungs Naheniels sein eigenes Leben damit verbunden war wie es seinem Sohn ging? Verrückt. Aber ausschließen konnte er es nicht. Es würde erklären wieso er dem Tod so oft von der Schippe gesprungen war. Aber da gab noch viel Raum für Interpretation und gerade war nicht die Zeit dafür.

Die Frage nach seiner Bitte ließ ihn zwei Möglichkeiten erwägen. Einfach warten und vor der Tür bleiben. Fragen, möglicherweise abgewiegelt werden und weiter ziehen oder er schaut nach. Er sieht es als Aufforderung einzutreten. Erste Option wäre höchst unbefriedigend, wenn er bedenkt welche Konsequenzen sich sichtbar zeigten. Möglicherweise war Freya im Begriff das Land zu zerstören. Ihre Macht zu stark geworden als sie zu bändigen. Wenn dem so war, müsste man endlich handeln.

Die Hand legte sich auf den Knauf der Tür, dann schob sich diese auch auf. Mit dem Sand der sich träge davor schob. Noch hatte er nichts gesagt. Aber sollte niemand ihm die Tür wieder vor der Nase zuschlagen und damit verhindern das er eintritt würde er beide bald sehen.

"Ich wollte nur nachsehen ob alles in Ordn -. " Und genau da endete der Satz. Es ist nicht so das er überrascht war. Hier war Sand. Natürlich war er nicht überrascht. Aber doch ein Stück weit hatte er vielleicht gehofft, etwas anderes wäre der Grund. Er stützte sich auf den Stock, beiden präsentierte sich aber jetzt auch endlich ein angezogener Stellan. Mit Gewand und Gürtel. Nickte gen Syndra, nickte gen Naheniel, wobei der Blick länger auf Naheniel lag. Einfach den Blick wirken lassen. Wie viel Kontrolle hast du noch?

Ehe der Blick zu Syndra glitt und die Kette um ihren Hals. Die Kette. Er neigte leicht den Kopf. Er war immer noch ein Gast und musste davon ausgehen, diese Dame gehörte zum Haus. Also versuchte er es erneut mit Entgegenkommen wo er bei der Inquisitorin gescheitert war.  "Ma'am." Grüsste er sie neutral höflich. Stellan wusste nicht, dass sie es war, welche ihn hergebracht hatte. Sicher irgendwo ganz unbewusst war es noch da, aber viele Dinge der Nacht waren einfach im Dunkeln verschwunden. 

Die Kette war wie ein Magnet. Er musterte sie und sogleich hatte er das Bildnis vor Augen. Es verfolgt und sitzt wie ein Schatten in seinem Nacken. Er rieb sich über die Augen um es abzuschütteln. Einen Moment holte er tief Luft und erdete sich mit bewussten Atemzügen. "Naheniel." Er wollte fast Sohn, sagen, aber entschied sich für eine distanziertere Variante. Vermutlich wird es diesen sowieso überraschen ihn überhaupt noch lebendig zu sehen.

Wie würde Naheniel reagieren, wie Syndra. Würden sie ihm etwas sagen? Gerade Naheniel wusste, dass Stellan sein Reich kennt. Er wusste also auch, dass Stellan merken würde wenn was nicht stimmt und hier sah es offensichtlich so aus als würde was ganz gewaltig nicht stimmen.
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....
Das Chaos wird entbrennen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisters sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Etoh
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#1288

Beitrag: # 54812Beitrag Etoh »

Charmant und Herzlich, genau so wie er Lorena kannte, kam sie ihn natürlich in seiner Bitte nicht einen Schritt entgegen. Nichts anderes hatte er erwartet. Ihre Begegnungen verliefen in der Regel immer gleich ab. Erst beäugte man sich kritisch, warf sich noch die eine oder andere Spitze an den Kopf um nach und nach doch zum eigentlich Kern zu kommen. Seine Einleitung war selbstredend für Lorena nicht Aufhänger genug gewesen.
 
Er schob sich das Bonbon zwischen die Zähne, kaute zwei mal darauf und schluckte die süße Masse herunter um freier sprechen zu können.
 
„Lorena...“ beginnt er sie Gleichmütig fast vertrauensvoll anzusprechen. „Inquisitorin, Großinquisitorin? Bist du bereits Großinquisitorin, oder hat man dich deines Amtes enthoben, nach dem letzten öffentlichen Infragestellen deiner Person?“
 
Er wollte es nicht, er gab sich wirklich Mühe, dennoch kam Etoh nicht umhin ihr die eine oder andere Spitze hin zu werfen, nur der guten alten Zeiten Willen. Während er sprach schenkte er ihr zugleich ein versöhnliches lächeln. Dann machte er eine Wegwischende Handbewegung.
 
„Nein, schon gut, lassen wir das. Ich bin gekommen um mit euch über das Mädchen Freya zu sprechen. Sagt, was wisst Ihr über die Magie von Spiegeln? Was über Scherben im Zimmer des Mädchens?“
 
Wie viel wusste Lorena über das Verschwinden des Mädchens? Waren seine Andeutungen bereits genug um ein tieferes Interesse schüren zu können? Immerhin ging es um die das vermeintlich wohl behütetste Kind von ganz Althea, das Kleinod der dunklen Kirche, Adeptin und Schlüssel einer Prophezeiung. Wollte sie wirklich zwischen Tür und Angel mit ihm über derlei Informationen sprechen? War ihnen diese Halle wirklich derart Heilig als das sie es nicht zulassen konnte einen unbewaffneten Mann -abgesehen von dem Waffensammelsurium von Kenna das er in seinem Beutel mit sich trug- Zutritt zu einem noch so unbedeutenden Arbeitszimmer zu gewähren?
 
War es einfach nur Misstrauen, oder war es gar Angst, dass die Legion nicht mit dem Besuch eines Glaubensfremden umgehen konnte? Vielleicht konnte er die Wogen noch ein wenig mehr glätten.
 
„Ich bin nicht euer General der in fremde Hallen eintritt um Forderungen zu stellen. Ich bin gekommen um euch meine Hilfe anzubieten. Solltet Ihr jedoch bereits wissen wo das Mädchen ist und wie Ihr sie nach Hause holen könnt, dann werde ich auf der Stelle diese Hallen wieder Verlassen.“
 
Ruhig stand er Lorena gegenüber, sah sie mit offenen ehrlichen Blick an. Abwartend wie nun ihre Entscheidung ausfallen würde.
'Junge, bleib auf einer sachlichen Ebene. Spring über deinen Schatten und überzeuge sie dass es für alle von Interesse wäre zusammen zu arbeiten.' Schossen ihn die Gedanken durch den Kopf. Im gleichen Moment sah er sich verwirrt um.
Schatten....
Wo waren die Schatten in diesem Haus?
Wo war sein eigener?
Nicht das er es nicht kannte im Lichte Artherks die Schatten vertreiben zu können. Doch war ihm das nur so lange möglich wie er das Licht Artherks auch aktiv nutze. Das hier fühlte sich jedoch mehr als befremdlich an. Prüfend ging sein Blick noch einmal auf den Boden und zu allen Vorsprüngen die er ausmachen konnte. Es gab keine Schatten...Wie war das Möglich?
 
Die Verwirrung war ihm folglich im Gesicht geschrieben. Leise wispert er. „Was ist hier los?“
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-Freya-
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#1289

Beitrag: # 54813Beitrag -Freya- »

Ihr Herz raste, als sie die Lider hob und unmittelbar auf die Gesichter der toten Männer starrte, deren abgetrennte Köpfe im Sand vor ihr lagen. Noch immer bewegten sich die bleichen Lippen. Immer wieder, als würde nicht einmal der Tod ihre Münder zum Schweigen bringen.  „Saahira.“

Fast schon aufflammend glitzerte das Blau ihrer Augen auf, als Freya die Hand an ihrem Gesicht spürte. Eine sengende Hitze, die sich auf ihre Haut legte, während diese sie berührte. Eine Macht, die nach ihr greifen wollte, während das Wispern der Stimme sich tief in ihren Geist einbrannte.

War es kein Albtraum, der sie verfolgte?

Freya konnte sich nicht wehren. Vielleicht wollte sie es auch nicht, um es mit eigenen Augen zu sehen. Zarte Perlen von Schweiß liefen ihr über die Stirn, während die glühenden Finger des Wesens und die zunehmende Hitze des Nebels um sie herum, ihr das Gefühl gaben, dass die Luft in Flammen stand.

Das Blau ihrer Augen wollte es dennoch nicht wahrhaben. Nicht glauben, dass es kein Traum war. Nicht einmal, als sie erneut in die Augen des Wesens sah. Den grünen unwirklichen Glanz, der von innen heraus zu einem unnatürlichen Leuchten schwelte.

Wie aus dem Nichts heraus wurde Freya durch das sengende Licht geblendet. Ein grelles Leuchten, welches sich wie ein Geäst aus Adern in dem nebelgleichen Körper des Wesens vor ihr ausbreitete, bevor der Dschinn von ihr abließ und unter einem Aufbäumen förmlich zerrissen wurde, als die Macht sich in ihm entfesselte.

Als sie ihre Wimpern anhob, war er fort. Nichts war mehr dort. Nur ein kühler Nebel, der sich um sie herum verteilte. Kühl strich er über ihre erhitzte Haut hinweg, während nichts außer eine unendliche Stille blieb. Es war, als würde in diesem Moment die Zeit stillstehen.

Als hätte eine Macht die Sanduhr angehalten, herrschte eine absolute Stille, die alles auf bedrohliche Weise einnahm, als würde der dunkle Meister selbst vor sie treten und urteilen.
Verunsichert und ungläubig fuhren Freyas Augen über die Armreife hinweg. Was hatte sie getan? War das wirklich geschehen?

Was für eine Macht, hatte die Männer getötet? Jene, die sie noch immer anklagend ansahen, deren Münder einfach nicht schweigen wollten. Männer, die sie als Fremde scheinbar bereitwillig dem Wesen geopfert hätten, um ihre eigenen Leben zu retten. Wem diente diese Macht? Wer war ihr Meister und warum jagte er ihr nach?

Unbewusst schluckte Freya den Kloß in ihrem Hals hinunter, der ihr den Atem fast raubte, während ein zierlicher Schatten lautlos durch die Stille trat. Es war fast wie eine weitere Anklage, sein Gesicht zu sehen. Die großen Augen, als die zarte Stimme des Kindes zu einem der toten Männer sprach. Worte, die hofften, es wäre vermutlich ebenso ein Albtraum wie sie. Erneut senkte Freya ihre Wimpern.

Doch das war die Wirklichkeit. Eine grausame Realität, welche für jede Entscheidung, die man traf, Konsequenzen einforderte.

Die Männer hätten laufen sollen. So wie Haaram es getan hatte. War es also Freyas Schuld? Hätte sie es vermeiden können? Nein, außer sie wäre in der Wüste selbst sitzengeblieben. Nur dann würden sie vermutlich noch leben. Zumindest, wenn dieses Wesen wirklich existent war. Nein, die Schuld traf die Männer selbst. Es war ihre Entscheidung gewesen, sie bereitwillig zu opfern und dafür hatten sie am Ende mit ihrem eigenen Leben bezahlt.

Das leise Scheppern, als das Kind unachtsam an einen der Armreife stieß, holte Freya aus ihren Gedanken. Es war wie ein ohrenbetäubender Hall innerhalb der absoluten Stille, die überall um sie herum herrschte. Zumindest für Freya. Wie die Ruhe vor einem Sturm, klang das dumpfe Geräusch, als hätte jemand unmittelbar die Tore dafür geöffnet. Ein Auslöser, wie ein Kiesel, der zu einer Lawine heranwuchs.

Ein Schwingen, dass sich um sie herum spürbar ausbreitete und den Raum mit einer Energie erfüllte. Die Luft begann zu flimmern, während der Nebel sich zusammenzog. Eine sengende Hitze, die sich sammelte, als würde sie von einem Schwerpunkt oder einem Zentrum angezogen werden.

Ein gleißendes, blaugrünes Leuchten, welches sich pulsierend im Kreis wandte und zu einer schwebenden Kugel formte, während das Leuchten der Magie die Hitze einer kleinen Sonne ausstrahlte. Ein Pulsieren von Macht, das stetig wuchs und sich scheinbar entfesseln wollte.

Noch niemals hatte sie etwas Vergleichbares gesehen. Wie auch. Das war nicht gut.

Den Untergang der Oase? Ihr eigenes Ende? Sie sah das Pulsieren des Lichts, während die Wärme unerträglich wurde. Es fühlte sich an, als ob der Kern der Macht, den sie freigesetzt hatte, zu kollabieren drohte. Das Licht wurde immer greller, das Pulsieren intensiver.

Verdammt, was hatte sie getan und was hatte sie damit nun heraufbeschworen? War es das, was das Wesen gemeint hatte?

„Lauf!“ Brüllte Freya das Kind an. Sie konnte die Magie spüren. Eine Entfesselung, vor der vermutlich nicht einmal der See jemanden schützen konnte. Aber ihr blieb auch keine Zeit um nachzudenken. Das Licht der kleinen Sonne spiegelte sich in ihren Augen wider und ließ das Blau darin fast magisch aufleuchten. Ein heller gleißender Schein unter dem sie erneut ihre Stimme erhob. Ein Tonfall, der jedoch dieses Mal einem Befehl gleichen sollte. „LAUF, habe ich gesagt!“

Freya stand nicht zum ersten Mal vor einer alten unbekannten Macht. Dieses Mal war jedoch weder Lorena noch Adrian an ihrer Seite. Niemand war hier. Nur sie. Damals sowie auch jetzt spürte sie, dass die Angst in ihren Gedanken unwiderruflich ihr Schicksal besiegeln würde. Aber was sollte sie tun? Konnte sie etwas tun?

Nein, jeder Zweifel, jede Überlegung und jeder Atemzug, indem sie haderte, würde einen Preis verlangen. Ob es funktionieren würde oder nicht. Einen Zweifel gab es nicht, denn die einzige Alternative, die sich bot, war zu laufen.
Langsam nur senkte Freya ihren Blick, um ihre Kraft zu sammeln und sich in einer fließenden Bewegung zu erheben. Tief holte sie Luft, um all ihre Gedanken zum Schweigen zu bringen und ihren Körper zur Ruhe zu zwingen. Die Gräfin, die Augen, der Riss. Es war alles ohne Bedeutung, wenn das, was sie ausgelöst hatte, sich hier und jetzt vor ihren Augen entfesselte und alles um sich herum in Asche und Staub zerlegte. Sie durfte nicht zulassen, dass diese Macht außer Kontrolle geriet.

Mit einer Handbewegung ließ sie Lichtmagie um ihre Finger tanzen. Kleine Funken, die wie flüssiges Silber im Licht des Nebels glänzten, während die zarten Lichtfäden sich spiralförmig über ihre Haut schlängelten, als ob das Licht selbst sie schützen wollte.

Langsam nur hob Freya ihre Wimpern. Das Blau ihrer Augen schien im Angesicht des hellen Scheins in eine Dunkelheit gehüllt zu sein. Nur das Glitzern der Funken spiegelte wie das Leuchten von Sternen wieder. Ein Tanz aus goldenem Licht, das wie schimmernde Fäden ihren Blick durchzog, der einzig auf der pulsierenden Energie ruhte. Ein Pulsieren, das ihrem rasenden Herzschlag ebenbürtig war. Keine Zweifel. Dieses Mal würde sie niemand daran erinnern.

Entschlossen streckte Freya die Hand nach der anschwellenden Energie aus, unter dem die hauchdünnen schimmernden Fäden sich um die Überreste des Dschinns legten. Ein Schwall aus Licht, welcher sich um die konzentrierte Macht selbst legte, welche immer schneller zu wirbeln begann. Wie magische Ketten schlängelten sich das Licht um das Pulsieren herum, als wollt sie den Fluss darin aufhalten.

Ein Wirbel aus glitzerndem Leuchten und einer unbekannten kosmischen Macht, die für einen Moment miteinander verschmolzen, ehe Freya ihre andere Hand danach fast verlangend ausstreckte.

War es möglich? Vielleicht. Freya spürte, die unkontrollierte Energie, welche sich ungebändigt entfesseln wollte.

„Nein! Du wirst nicht ausbrechen!“ Trotzig und einzig auf das Licht selbst fixiert, konzentrierte sie ihre gesamte magische Kraft auf die glühenden Fäden, deren Hitze selbst sich in ihre Haut sengte, während zarte Schweißperlen ihre Stirn hinabrannen. Ein fordermdes Zerren, bevor sich das Kreisen der Sonne ihrem Willen beugte. Langsam und entgegengesetzt begann sie sich zu drehen, während ein Nebel sich in zarten Kreisen nach und nach löste und von ihr angezogen wurde, als wolle sie die Macht selbst in sich aufnehmen, bevor sie sich unkontrolliert und zerstörerisch befreien würde.
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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Syndra
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#1290

Beitrag: # 54815Beitrag Syndra »

Interessant, welche offensive Wirkung ein nicht getrunkenes Glas Wein mit Adrian hinterlassen hatte und mit welcher selbstsicheren Ruhe Naheniel diesem Chaos um sie herum nun begegnete.

Sie hatte seine Intention verstanden, weshalb seine Erklärung grundlegend nicht notwendig war. Ein Szenario, welches sie in gewissem Maße bereits längst anstrebte. Doch gingen ihr in diesem Augenblick ganz andere Dinge durch den Kopf, als sich mit internen Machtspielen auseinanderzusetzen.

Ihre Fragen selbst galten daher ganz anderen Problematiken, als den internen Belangen der Gilde oder des Klerus. Den vielleicht wesentlich offensichtlicheren Begebenheiten, die sich in Form von rotem Sand um sie herum ergossen.
Doch weder blieb ihr die Zeit, etwas Weiteres zu sagen, noch zu hinterfragen. Weder zu Tanuri, noch zu dem Beben oder dem Sand und ebenso wenig zu dem, was er ihr nun bewusst vorenthielt.

Sie bekam keine Antworten, was sie dennoch nicht davon abhielt Naheniels Worten mit einem vielsagenden, fast schon herausfordernden Schimmern in ihren Augen zu begegnen, ehe sich ihre Silhouette in einer leichten Drehung dem Klopfen zuwandte.

Ein Hauch des Unerwarteten zeichnete sich in ihren Augen ab, als der Blick der Tochter des Eises dabei auf den Mann fiel, der in der Tür stand. Jener Mann, dessen leblosen Körper sie auf den Treppen hatte aufsammeln lassen. Das leichte Erstaunen, das sich in ihrem Blick zeigte, ließ keinen Zweifel daran, dass sie mit einer anderen Person gerechnet hatte.

Für einen flüchtigen Augenblick hatte Syndra eher damit gerechnet, dass jemand wie Mila oder Lorena den Geräuschen gefolgt war. Adrian wäre eine weitere, durchaus unangenehmere Option gewesen, die tendenziell ein weiteres Beben hätte auslösen können.

Doch es war nicht einer ihrer Gildenbrüder oder -schwestern, sondern der Mann, den sie vor kurzem beinahe leblos auf den Treppen vor der Legion vorgefunden hatte, der im Türrahmen stand.

Neutral glitt ihr Blick über seine Erscheinung hinweg, und musterte ihn unverhohlen, nachdem er scheinbar zu Kräften gekommen war und es ihm offenbar besserging. Sehr erfreulich, würde Syndra diese Entwicklung dahingehend nennen. Immerhin konnte nun die Inquisitorin bestimmt ihre Antworten erhalten, auf die sie seinerzeit so gepocht hatte. Eine Aufgabe, die ihr gewiss Freude machen würde.

Doch war es sicher kein Dank oder dergleichen der ihn hierhergeführt hatte ebenso wenig wie eine Neugier. Oder täuschte sie sich? Sie bemerkte das Stocken in seinen Worten. Das Zögern, das nicht nur seine Frage abrupt enden ließ, sondern auch dafür sorgte, dass seine Augen von ihr unmittelbar weiter zu Naheniel wanderten und auf ihm ruhen blieben. Zu lange, als das es ihr entging.

Etwas an seiner Haltung war unmissverständlich, fast so, als ob hier eine unausgesprochene Spannung in der Luft lag. Seine Miene blieb zwar neutral, aber die Art, wie er Naheniel betrachtete, verriet auf subtile Weise, dass es einen Zusammenhang gab, den sie bisher nicht kannte. Ein Fakt, den seine persönliche Anrede mit seinem Namen deutlich untermauerte.


„Alles in Ordnung,“ antwortete Syndra schließlich höflich, während sie den Kopf leicht zur Seite neigte, um mit einem Wimpernschlag ihre Worte zu untermalen. Der höfliche Tonfall war nichts weiter als eine dünne Maske. Es war nichts Persönliches dahinter, doch sie spürte ihre eigene Anspannung, die nach dem Zwischenfall in ihren Gliedern zurückgeblieben war. Allerdings gedachte sie dies weder vor Naheniel noch vor dem unbekannten Mann zur Schau tragen.

„Wie ich sehe, geht es Euch besser?“ bemerkte sie, wobei Syndras Blick unmittelbar nach der Frage fast beiläufig zu Naheniel schweifte. Leicht nur hob sich eine elegante Braue in die Stirn, als das Blau ihrer Augen sich ihm fragend widmete. Sollte sie überrascht oder verwundert sein, dass der Fremde seinen Namen kannte?

Ein zartes Lächeln, das sich fast schon herausfordernd auf Syndras Lippen legte, bevor sie nur unter einem seichten Wimpernschlag zu ihm aufsah, um mit gebotener Zurückhaltung in der Stimme dennoch die mehr als offensichtliche Frage in den Raum zu stellen. „Ihr kennt einander?“
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Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht man diesem gewährt, die Gegenwart noch zu beeinflussen. ~
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Gesichtsloser Erzaehler
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#1291

Beitrag: # 54816Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

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Das kleine Kind blickte mit großen Augen zu Freya  auf. Es hörte die Stimme, aber wusste gar nichts damit anzufangen. Die Sprache von dem fremden Mädchen verstand es nicht und so blieb es einfach wie angewurzelt stehen. Alles, was da gerade passierte, war einfach viel zu viel für so ein kleines Wesen. Nur einen Schritt entfernt lag der tote Kopf des Vaters, auch wenn sie gar nicht begriff, was der Tod war. Jetzt aber blieb dem Kind nichts anderes übrig, als sehr schnell zu lernen, zu lernen was Schmerz war und wie es sich anfühlte, wenn jemand fortging und niemals wiederkam. Wenn man allein zurückgelassen wurde, von jemandem, der kurz zuvor noch alles für einen war. Der große Held, der Beschützer, der Aufpasser. 

Nun war er fort, der Papa, der ihr immer seine große Hand entgegengestreckt hatte, um sie aufzufangen, wenn sie mal wieder über ihre Füßchen stolperte. Ganz stolz war er gewesen, als sie zu laufen lernte und ihn zum ersten Mal "Baba" nannte. Jetzt war er aber weg. Irgendwie war es seltsam, wie schnell Kinder lernen konnten und verstanden. In den nussbraunen Augen sammelte sich eine dicke Träne, die schon gleich darauf über die weiche, gerötete Backe hinunter ran. Das Kind, es war wohl ein Mädchen, da sich eine etwas längere Locke unter der Kopfbedeckung löste, biss sich auf die bebende Unterlippe. Auch wenn es die Bedeutung davon noch gar nicht verstand, wusste es, dass sich nun alles ändern würde. 

Im Moment war vorerst niemand hier, außer dem großen Mädchen, welches sie gerade noch angeschrien hatte und aus deren Händen plötzlich dieses Leuchten erschien. Ein helles Glitzern, das die Kleine noch nie auf so eine Weise gesehen hatte. Dabei war sie  in der Wüste groß geworden und die Nächte waren voller Sterne, die sich über das gesamte Himmelszelt erstreckten. Das war seit ihrer Geburt etwas besonderes gewesen und jeden Abend war ihr Papa mit ihr hinausgegangen, um mit ihr die Sterne zu zählen. Sie konnte nicht zählen, natürlich nicht. Bisher hatte dies schließlich immer er für sie getan. Jetzt aber musste sie früher als gedacht lernen, alleine zu zählen. Wenn es denn überhaupt noch so weit kam. 

Immer heller und heller wurde das Licht, das aus den Händen Freyas strömte und sich auf die Überreste dessen legte, was kurz zuvor noch eine unbesiegbare Macht gewesen war. Fasziniert starrte das kleine Mädchen die für sie so große Magierin an. Selbst wenn die Kleine Freyas Sprache verstanden hätte, hätte sie nicht einfach davonlaufen können. Schließlich war sie nur ein Kind und als dieses kannte es das nicht, was gerade um sie herum geschah. Auch einen Dschinn hatte sie noch nie gesehen, genauso wenig wusste sie also über die Gefahr, die von diesem Wesen ausging.

Erstmal verstand es nur, dass ihr Papa weg war und dass das Mädchen vor ihr die einzige Person war, an der sie sich orientieren konnte. Die Leute aus ihrem Clan hatten sie Saahira genannt. Die Kleine, nennen wir sie der einfachheit halber "Gänseblümchen", weil sie so ihr Vater immer liebevoll nannte und ihr deshalb die Kette um ihren Hals schenkte, kannte den Begriff, weil die alten Weiber das oft sagten, wenn sie etwas nicht verstanden und etwas anders war, als das, über das sie Bescheid wussten. 

Gänseblümchen aber fand eigentlich, dass Freya vielmehr eine Mala'ika, ein Engel, war. Auch wenn man diese eigentlich nicht sehen konnte. Und so wie kleine Kinder es eben gerne machen, wollte sie das Fremde einmal anfassen. Vielleicht konnte sie ja auch ein bisschen etwas von dem Licht und den kleinen Sternen haben, als kleiner Trost. Doch genau in diesem Augenblick stob eine noch stärker werdende Energie aus den Händen Freyas und blendete das kleine Mädchen, welches sich sofort ihre Hände vor die Augen hielt, um sich vor dem grellen Leuchten zu schützen. 

Dabei verlor es, aufgrund der plötzlichen Dunkelheit, das Gleichgewicht, geriet ins Schwanken und stieß erneut gegen einen der Armreifen, der sich nun, durch die Kombination aus der drohenden Implosion des Dschinn, auf die eine unabwendbare Explosion folgen würde und der Macht des Lichts, glühend heiß aufgeladen hatte. Es schrie schmerzerfüllt auf, da sich das Metall sofort durch ihre Schuhe brannte und stolperte direkt in Freya hinein.



 
 
Eine winzige Irritation.

Nicht viel war nötig, um die Kontrolle über die durch das Licht gezügelte Magie des Dschinns aus den Augen zu verlieren.
Schließlich nahm Freya es hier nicht mit irgendeiner Macht auf, sondern es war eine, die sonst einen ganzen Kosmos lenken konnte.

Was sollte die Magierin des Lichts nun also tun?

Es erneut versuchen und alles auf das kanalisieren, was von dem Dschinn geblieben war, während die Energie aus blau-grünem Nebel wieder zu pulsieren begann?
Würde es ihr gelingen, die Macht zu bannen oder konnte sie nur das Unausweichliche hinauszögern?

Vielleicht sollte Freya womöglich besser ihrem eigenen Befehl folgen und laufen, weit laufen, und sich ein Versteck suchen, dass sie vielleicht vor dem schützte, was kurz davor war, in einer vernichtenden Kraft zu explodieren? 



Immer noch war das kleine Mädchen neben ihr, das so unbeholfen in sie hinein gestolpert war und völlig verloren wirkte.
Ähnlich wie Freya selbst, damals, vor vielen Jahren, als sie allein vor dem Mausoleum stand bis jemand zu ihr gekommen war, der ihr den Weg zeigte und sie mit sich nahm. 





Ein heißer Wind zog durch die Wüste und trug ein forderndes Flüstern heran, ein leises Zischen, durch das sich die Dünen erhoben und es bis zur Oase trugen.
Die Dschinn kamen näher.
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Naheniel
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#1292

Beitrag: # 54818Beitrag Naheniel »

Damit hatte er nicht gerechnet. Weder damit, dass Stellan noch lebte, noch, dass dieser ausgerechnet vor Syndras Tür stand. Sein Blick richtete sich sogleich auf das Profil der Nordfrau, die nun wieder ihre kühle und abweisende Maske trug und der Anflug eines Lächelns strich über seine Züge hinweg.

Wenn sie wüsste, dass Naheniel seinen Vater tötete, nachdem dieser ihn aufgrund seiner Beziehung zu Syndra kritisierte, wäre sie ihm gegenüber vielleicht etwas milder gestimmt. 

 
Manchmal spielte der dunkle Herr ein äußerst erheiterndes Spiel, dass er ausgerechnet jene drei nun in einen Raum zusammengeführt hatte. Womöglich aber verfolgte dieser sogar ein Ziel damit. Nachdenklich zog er eine seiner Brauen nach oben und wendete seinen Blick von der Frau an seiner Seite zu seinem Vater.
"Was für ein Zufall, dass wir genau hier aufeinandertreffen."

Naheniel kniff amüsiert seine Augen zusammen und betrachtete Stellan von Kopf bis Fuß. Dafür, dass er eigentlich hätte tot sein sollen, sah er überraschend gut aus. "Noch dazu befindest Du Dich bei bester Gesundheit. Das freut mich für Dich. Wirklich." Es war ein leises Lachen, das über seine Lippen drang. Vielleicht war es tatsächlich so, dass Stellan einfach überleben musste, damit das Schicksal, so wie es Naheniel vorherbestimmt war, weiter geflochten werden konnte. Ein Faden, dem er bisher zu wenig Beachtung schenkte. 

 
Irgendetwas musste es wohl auf sich haben, dass der alte Mann nicht sterben wollte. Oder nicht sterben konnte? Dieses Detail würde Naheniel noch ergründen. Ob er Stellan dafür ein weiteres Mal töten musste oder es aber auch auf andere Weise ging, würde sich herausstellen.
Vorerst aber akzeptierte er, dass sein Vater weiterhin unter ihnen weilte und dass man dies zu seinem eigenen Vorteil nutzen konnte. Wenn man es denn richtig anging. 

 
Naheniel hob seine Hand, strich sich zunächst nachdenklich durch den Bart und dann mit seinem Daumen über seine Unterlippe, nur um sich dann in eine bequeme Position zu begeben. Zumindest, so entschied er sich, strahlte Stellan vorerst keine größere Gefahr aus.
Wenn sein Vater etwas nicht war, dann unüberlegt und impulsiv. Naheniel war sich sicher, dass es hier keinen offenen Kampf, um etwaige Rachegefühle zu befriedigen, geben würde. Es war vielmehr das Gegenteil, was er von Stellan erwartete. Schließlich war er ein var Aesir und so lag es ihnen im Blut, dass die Worte meistens wesentlich schärfer waren als eine geschliffene Klinge.

 
Entspannt verschränkte er vorerst die Arme vor seiner Brust und wendete sein Augenmerk wieder auf Syndra, die sich nun wieder wesentlich mehr in eine spürbare Zurückhaltung ihm gegenüber zurückzog. Auch wenn man ihn für einen narzisstischen Bastard hielt, eine Bezeichnung, die bestimmt nicht ganz ungerechtfertigt war, konnte er trotzdem sehr gut die Feinheiten einer Veränderung in den Blicken und in der Haltung seines Gegenübers erkennen und diese für sich interpretieren.
Wäre es anders, wäre sein bisheriger Erfolg nicht möglich gewesen. 

 
Wieder andere nannten ihn deshalb selbstdarstellerisch. Das wiederum war nicht ganz korrekt. Naheniel nahm sich einfach nur die Zeit, die Personen, mit denen er es zu tun bekam, genau zu beobachten und etwas über sie zu lernen, anstatt sie einfach nur anzugreifen und mit Worten oder Taten auf gut Glück auf diese zu schießen.
Solche Handlungen waren nicht besonders zielorientiert und wurden zumeist mit sehr wenig bis gar keinem Fortschritt belohnt. 

 
Auch seine Nordfrau wusste er sehr gut zu beobachten, vielleicht wesentlich mehr, als sie dachte. Genauso, wie er ihr mehr Vertrauen zusprach, als ihr bewusst war.

Eine fast schon aufrichtige Wärme lag in seinen eisblauen Augen, als er den Kopf leicht zur Seite neigte und seinen Blick über ihr Gesicht gleiten ließ, ohne dabei eine unnötige Eile zu zeigen. 

Wie passte diese plötzliche Ruhe zu seinen Besitzansprüchen auf sie, die er wenige Minuten zuvor noch sehr deutlich gemacht hatte, indem er ihr zeigte, dass er auch vor der Ausübung von Gewalt ihr gegenüber nicht zurückschrecken würde?
Diese schnelle Veränderung sollte die Unsicherheit seinem Charakter gegenüber nur noch mehr schüren, denn wie konnte man einschätzen, wie er auf was im nächsten Moment reagieren würde? 
Genau das war es aber, was ihn ausmachte.
Ein weiterer Zufall, dass auch Stellan diese schwer vorhersehbare Unstetigkeit schon am eigenen Leib erfahren durfte.

Tief und samtig einhüllend war seine Stimme, als er diese wieder erhob und Syndra dabei mit einem fragenden Blick bedachte.
"Ihr wurdet einander nicht vorgestellt?" Wie schon so oft, breitete sich auf seinem Lächeln der Hauch einer Überheblichkeit aus, das aber gleichzeitig auf seine Art charmant wirkte.
"Syndra, das ist mein Vater Stellan." 

 
 

 
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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Jeremias Rabenherz
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#1293

Beitrag: # 54819Beitrag Jeremias Rabenherz »

"Erinnerst Du Dich an mich?" 
Flüstert es.

Diese Welt prüfte und gönnte keine Pause. Die Herausforderungen gaben sich die Klinke in die Hand. Weil der eigenen Verstand, der Geist, die verborgenen Emotionen, Sehnsüchte und Wünsche und auch der Glaube waren stets in jeder Sekunde da. Dieser Krieg im Kopf war eine Sache die nicht jeder bereit war mit sich auszufechten. Viele gehen den einfachen Weg. Sie stellen ihre Fehler aus und erwarten dafür verständnis. Doch Veränderung und Akzeptanz war nicht nur geschaffen dadurch andere zu zwingen es anzunehmen, sondern die Waage zwischen Selbstbewusstsein und Rücksichtnahme zu üben. Es wäre falsch zu glauben Ogrimar kenne Rücksicht nicht. Er war nur kein Samariter. Er war Lehrer, er war Tadler, er war Erzieher und er ließ seine Schöpfung lernen durch Schmerz und Chaos. Die Kinder fallen, dann fallen sie und lernen besser aufzupassen wohin sie treten. Natürlich wirkt es kalt und doch gibt es sowas wie Bindung. Doch Ogrimar war auch sehr einnehmend. Er verlange Loyalität und Treue vor der dem eigen Fleisch und Blut. Der Glaube war höher als jede Schöpfung die wandelt. Er war ein Gott, natürlich interessierten ihn die Streitereien einer Familie nicht noch wird er sie entscheiden.

Er war nicht immun gegen die Macht der Träume und Alpträume, selbst wenn er keinen sterblichen menschlichen Körper mehr besaß.
 
Die Krähe beobachtete die Priesterin auf ihrer Stätte und spürte die Unruhe die ausging. Wenn sie dachte das Haus wäre die Prüfung irrte sie. Die finden gerade erst an. Sie waren noch nicht mal wirklich dabei. Der Rabe rutschte Näher und hobste auf den Bauch der Frau. Drehte sich ein paar mal und blieb dann da hocken, die Federn und Flügel ausgestreckt als wollte er sie beschützen. Was für so einen kleinen Vogel echt albern wirkte.

Sie mussten sich etwas stellen. Es war für jeden anders. Aber der Alptraum hatte sie beide gefunden. Diese Welt war gerahmt von Emotionen, auch von denen die man leugnet, auch von denen die man nicht sehen will und die man glaubt nicht zu haben. Sie waren da. So war es für Tanuri ihre momentan aktuelle größte Blockade aus Angst. Das was sie tief in sich begräbt, irgendwo wegspürt aus Angst sie könnte sonst versagen. Es kann eine Person sein, die für Zweifel steht, ein Wesen das für Angst steht. Jedenfalls bekamen die Emotionen eine Gestalt. Sie wachsen symbolisch aus ihrem Blut, aus den Ahnen, aus den Bildnissen der Erfahrungen und der Vergangenheit. Treten empor und je mehr man sie begrub und so gewaltiger wurden sie. Hier gab es kein Entrinnen. Keine Flucht. Was verdrängt wurde wurde offenbart. Nicht nur für Tanuri.

Nur aus dem Blut seines Blutes durch die Berührung des Rahmens trat was anderes als bei ihr. Symbolisch. Im Grunde war ihr Anblick schmerzhaft, wie immer schon. Er sieht sie nicht zum ersten Mal. Eine hochgewachsene Magierin. Mit goldenen Haar.
 
Es war nicht seine Frau Lunata, die er stets geliebt hatte und sie haben wirklich verdammt lange miteinander zugebracht. Eine Ehe die mal wirklich sehr lange hielt für den Herrn und auch für den Schwur den er ihr gab. Kein Schwur vor Ogrimar lässt sich einfach aufheben. Sie haben es durchgezogen mit Höhen und Tiefen. Sind zusammen alt geworden und sie weiß manchmal kommt er sie besuchen als Rabe, ans Fenster und Lunata lässt immer noch Körner da, die der Vogel picken kann. In dem Moment wo er durch den Vogel durch die Welt reißt erinnert er sich kaum an seine sterbliche Vergangenheit. Doch zieht es immer wieder zu der Fensterbank um die alte Frau zu beobachten.

Doch es gab noch eine andere Frau. Eine die Ursache war für so viel Schmerz den er sich selbst und anderen zugefügt hatte. Aus Fanatismus und aus Glaube und aus verletzem Stolz. Diese eine Frau war die Ursache für einen Blutigen vernichtenden Feldzug den er geführt hatte und selbst Kinder waren davon nicht verschont. Diese Frau stand für alles was schief gegangen war. Für Schuld und für seine Fehler.

"Erinnerst Du Dich an mich?" 

Er nickte langsam. "Wie könnte ich nicht." Er drückte Tanuris Hand, als wollte er sich vergewissern das sie noch da war. Es war schwer sich dem zu stellen. Es auszuhalten. Der Bedrohung keinen Raum zu geben. Er blinzelte in dem fahlen Licht eines Landes in denen keine Gesetze wirklich fixiert sind. Die Worte die das Bildnis der Schuld spricht oder auch das Bildnis des größten Zweifels.

"Es gibt keinen Ort an dem du laufen könntest Tanuri/Jeremias. Weg gesperrt und ignoriert hast du was offensichtlich ist. Am Ende wird die Rechnung erstellt. Erhoben und gewogen. Am Ende entscheidet nicht ihr, ob ihr gut getan oder gesündigt habt, sondern ER."

Ihm graute es vor dem Moment an dem sie ihn auffordern würde. Der Richter, der Zweifel, die Angst, die uns immer wieder verurteilte und die man einfach verschloss. Doch verurteilte mans ich am Ende doch dafür. In den einsamen Moment wo man darüber nachdenken konnte. Scham, Unsicherheit und zerbrechlichkeit ein Gesicht geben konnte. Da verurteilte man sich. Man geht ins Gericht, mahnt sich noch härter zu sein, noch kälter, noch unnachgiebiger und verhinderte die eigene Entwicklung noch mehr. Den eigenen Stand und den Stand in der Gesellschaft. Man wird dann von anderen verurteilt. Wie man sein soll, was erwartet wurde, was 'richtig' und was 'falsch' wäre. Doch am Ende war es eine Mischung aus Offenheit und Lernbereitschaft, aus Egoismus für sich selbst und Sicht für die Sichtweisen anderer.

"Zeit die Augen nicht länger vor der Wahrheit zu verschließen. Könnt ihr aufrecht sprechen mit Wahrheit und Überzeugung? Dann gebe ich den Weg frei. Doch wenn die Antwort mir nicht gefällt. Macht ihr einen Umweg."

Diese Worte waren für sie beide gleich. Dazwischen gab es noch Gewhisper das für jeden anders war. "Du hast den Ort schon gesehen, weil du nicht aufrichtig warst. Willst du dorthin zurück?" Die zarten Lippen der Blonden Frau formen in ihrer leicht verzerrten und doch lieblichen Stimme an sein Ohr. Sie war das nicht, sie kann nicht hier sein, sie war tot. Wie alle in diesem Dorf gestorben sind. Er hat es einmal geschafft, er schafft es wieder nur hatte er das erste Mal wo er diesen Ort erreicht hatte und mit dem eigenen Zweifel und der Schuld in Kontakt kam versagt und musste den Umweg gehen. Er schloss die Augen und drückte Tanuris Hand. Ehrlichkeit gegenüber sich selbst war schwer, weil man funktionieren musste. Weil man jahrelang so funktioniert hat. "Ich gehe wohin du gehst." Flüsterte er leise. Er rechnete nicht damit, dass sie diese Aufrichtigkeit schon verinnerlicht hatte, nicht nach all dem was war.

Die Frau für Jeremias oder das Wesen welches sich Tanuri zeigte riss die Arme empor und ein Portal öffnete sich. Dahinter lag erneut ein Weg. Der Weg. Sie stellte nur eine Frage.

"Zweifelst du?"

Er hatte damals nein gesagt und war tief gefallen. Denn jeder zweifelt auch wenn er behauptet es nicht zu tun, die Frage war nur konnte man dazu stehen? In Anbetracht der Umstände. So viele waren so felsenfest überzeugt davon, dass sie wahrhaft glauben, dass sie über jeden Zweifel erhaben sind und sich damit eine Perfektion ausstrahlen die es so nicht gab. Selbst der geringste Zweifel an einem Selbst war ein Zweifel, der Zweifel an andere, Verzweiflung, egal welches Thema. Das alles nährte die Saat der Zweifel und damit das Gefüge. Es ging nicht darum nicht zu zweifeln, sondern darum zu wissen das man zweifelt und diese Zweifel immer wieder ausräumen kann.

Jeremias war einst sehr überheblich als er nein sagte. Er wurde eines besseren belehrt. Doch ein Ja auf die Frage war nicht die Antwort. Die Antwort ging tiefer. Sie erforderte mehr als ein dahin gerotztes Ja. Sie erforderte eine Begründung und das war die eigentliche Schwierigkeit, den richtigen Zweifel, die richtige Begründung, die Wahrheit in einem Ja.
 
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Rabenvater •  Stammbaum Rabenherz
"Ich diente dem HERRN bis er mich rief, jetzt diene ich ihm erneut."
<<Die Tugend nistet, wie der Rabe, mit Vorliebe in Ruinen.>>
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Stellan
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#1294

Beitrag: # 54820Beitrag Stellan »

Impulsivität war pure Emotion. Natürlich kann man mal aus der Haut fahren, aber er hatte schon weit schrägeres erlebt. Tatsächlich machte er Naheniel nicht mal einen Vorwurf. So war doch der Lauf der Dinge. Ein Löwenjunges muss irgendwann die Horde verlassen oder fordert den Vater heraus. Die Söhne sind immer die härteste Konkurrenz. Sie übertrumpfen irgendwann die vorige Generation und lösen sie ab.

Ihre Frage quittierte er mit einem Nicken. Ein leichtes Nicken. "Ich denke der Medikus mag weibische Züge haben, aber seine Arbeit hat er gut getan. Erstaunlich was er zusammenflicken konnte. Es war schon ein kleines Wunder." Bei dem letzten Wort musterte er seinen Sohn und ließ das Wort Wunder wirklich auf der Zunge zergehen. Es hatte diesen Subtext tief verborgen: Du warst nicht sorgfältig genug. Denn mit Wunder hatte das wohl nicht so viel zu tun, außer mit Glück und vielleicht weil Naheniel zu überheblich gewesen war, wirklich sicher zu gehen, dass er nicht wieder aufsteht. Die Chance war vertan fürs Erste, aber Stellan war nun gewarnt. Auch wenn er sich durchaus nach der Ruhe sehnte lag ihm das Sterben eigentlich fern. Nicht solange er nicht sicher sein konnte, dass seine Bemühungen Früchte tragen. Naheniel nahm die zweite Frage ab. Er bestätigte es im Grunde nur durch ein Nicken.

Das war sie also. Das Mädchen das ihn ablenkte, dass er so an sich kettet. "Ich habe die Frau kennen gelernt, die wohl Inquisitorin sein soll." Er sagte nicht, die Inquisitorin ist. Das war ein feiner Unterschied. Es klang durchaus durch was er von ihr hielt und das hatte sie selbst zu verschulden. "Und meine Enkelin erfreut sich bester Gesundheit, wie ich erfahren durfte." Auch da lag der Blick auf Naheniel und schweifte dann über den Boden. Den Sand. Es war das subtile der Körpersprache die deutlich machte, dass es kein einfacher Smalltalk war. Der Vater klangt an. Der Vater scheltet und weist auf den Missestand hin, dass Handlungsbedarf nötig ist.

"Interessante Dekoration. Hat ein regelrechtes Wüstenflair." Im moment kassierte Naheniel eine Schelle nach der anderen. Ein wenig Zynismus. Syndra kann durchaus merken das zwischen ihnen eine gewisse Spannung herrschte. "Ich hätte den Sand vielleicht weniger offen liegen gelassen?" Naheniel weiß was er meinte. Er hatte das Land zu wenig unter kontrolle, er war zu lasch und zu offen mit der wachsenen Macht Freyas umgangen und nun hatten sie ein Problem. Der Druck auf seinem Sohn lastet schwer. Offensichtlich konnte er die Zeichen nicht länger ignorieren. Nicht länger vor sich herschieben.

Der Blick wurde wieder von der Kette angezogen. "Oh, ist das das Familienerbstück? Es sieht danach aus. Es rahmt die Schönheit gut ein und fesselt den Blick. Steht euch." Einen Moment hörte er Ihre Stimme an seinem Ohr. Wirst du verrückt? Du hast keinen Fiebertraum mehr. Sie ist nicht hier.

"Ich hätte dir alles gegeben. Du hättest mich nur bitten brauchen." Er hatte dieses Geschöpf angesehen und ihre schlanke Hand ruhte auf ihrer Kette. "Ich weiß." Flüstert er leise. Einst war die Bürde dieses Geschmeide zu tragen so leicht für ihn. Er war sich nicht bewusst, wie schwer sie werden kann für jene die sie tragen. Eine Entscheidung die langsam zerbrach was er unbedingt halten wollte. "Nimm sie ab." Sie hörte sich verzweifelt an und ihre Augen schimmerten flehend.
Sie war immer noch schön, fast als würde sie mit jedem Mal schöner, wenn er sie sah. Sie war immer so rein. Wie ein Schwan aus Glas, dass er ganz behutsam pflegen musste, damit es nicht zerbrach. "Gib mich frei." Ihre Stimme zitterte und sie zerrte an dem schweren Stoff der Stellan einhüllte. "Bitte." Hauch zart und leise. Seine Augen trafen auf dieses weiche Gesicht mit den sanften Zügen.
Sie war so vieles. Mittel zum Zweck und doch eine so wundervolle Gestalt, die er einfach nicht loslassen konnte. Er musste sicher gehen, keine Zufälle, keine Kompromisse. "Sie zerbricht mich." Flüstert sie hilflos und krallte sich bittend an ihn. Er schwieg. Ein kaltes Schweigen. Sie begann zu weinen. Er legte seine Finger unter ihr Kinn, hob es sachte an und blickte in die traurigen Augen. Der Daumen strich an ihrem Kinn entlang. Mit leichtem Druck um die weiche Haut zu fühlen. "Keine Sorge. Wenn du zerbrichst, füge ich dich wieder zusammen." Es klang tonlos und monoton. Er verweigerte sich jegliches Mitgefühl.
"Ich kümmere mich um ein Eigentum." Flüsterte er und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.


Ein kurzer Moment wo er Syndra nicht als Syndra sieht sondern als jene Frau die ihn verfolgte. Im Traum und selbst in Gedanken. Doch dann war sie wieder da. Die Freundin seines Sohnes. Einen Moment schien er zu überlegen, ob sie schon weiß, was dieses Geschmeide mit ihr machen wird und auch ob Naheniel weiß was das Geschmeide im Stande war zu tun.

"Deine Schwester ist aufgetaucht." Ließ er dann die Information fallen die für Naheniel als auch für Syndra wohl eine Neugigkeit darstellen dürfte. Allerdings war der Ton mit dem er es sagte nicht gerade als erfreut darüber zu bezeichnen sondern eher lieblos. Er verlor kein Wort über Naheniels Angriff auf ihn.
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Das Chaos wird entbrennen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisters sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Tanuri
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#1295

Beitrag: # 54821Beitrag Tanuri »

Ein Traum war so vielschichtig wie die Person, die ihn erlebt. Auch wenn die Erlebnisse zwischen Menschen ähnlich sein mögen, konnten die Träume eine ganz andere Gestalt annehmen, da jeder das Geschehene auf seine eigene Weise empfand. Träume spiegeln Sehnsüchte, Hoffnungen und Wünsche wider, sie formen Bilder, die offenbaren, was tief in uns begehrt wird. 
 

Die einen verlangte es nach Gegenständen, nach Gold und nach Ruhm. Nach Anerkennung durch das, was sie leisteten. In diesen Träumen waren sie vielleicht große Krieger und besaßen eine große Schar an Freunden, die ihnen zu ihren Erfolgen gratulierten. 
 
Wieder andere träumten von einer guten Ernte oder von einem Wandel ihres Schicksals. Ein einfacher Bauer konnte plötzlich ein großer König sein, und ein König wurde zu einem Bettler, unerkannt und ohne Verantwortung. Alles war in den eigenen Träumen möglich und alles, was man will, konnte man dort sein. 
 
Tanuri träumte nur selten. Denn Träume, so glaubte sie, waren viel schlimmer und hinterlistiger als Albträume, da sie einem etwas zeigten, was niemals erreicht werden konnte. So, wie man dem Pferd die Karotte an einer Angel vor das Maul hält. Es läuft und läuft und läuft und doch kann es nie nach dem schnappen, was es will. 
 
Wenn sie aber in den letzten Jahren geträumt hatte, wirklich geträumt, dann war es immer wieder das Gleiche gewesen. War es ein Traum von Erfolg, der nach dem nächsten hohen Amt in der Kirche oder die Erfüllung der Prophezeiung? 
 
Nein. Trotz alledem, trotz ihrem Glauben, ihrer Aufgabe als Hüterin, ihrer nach außen hin getragenen Unnahbarkeit war auch sie nur eine Frau. Und so träumte sie von einem Brunnen in einer kleinen Stadt, unweit von Lichthafen entfernt. Das weiche Gras unter ihren Füßen und das leise Plätschern des kalten Wassers in ihren Ohren, während die hellen Fäden des Lichts sich in einem immerwährenden Tanz mit den Schlieren der Dunkelheit befanden. Und nichts war, was sie jemals stören oder nochmals entzweien konnte. 
 
Wie lange war dies ein Traum gewesen? Wie oft war sie davon erwacht mit der bitteren Erkenntnis, nichts gewonnen und alles verloren zu haben? 
 
Doch jetzt, jetzt war es anders. Weder in ihrem Zimmer, als sie noch wach gewesen war, noch hier, einige Sekunden zuvor, war es ein Traum. Der Bilderrahmen selbst war kein Blick in ihre Sehnsüchte gewesen, um ihr erneut aufzuzeigen, was sie nicht erreichen konnte - nein - nicht erreichen durfte, weil nicht nur ihre Bestimmung, sondern auch ihr Vater es ihr immer wieder eingebläut hatte: Wir fühlen nicht. Dafür sind wir nicht gemacht. 
 
Und doch tat sie es, umso mehr, als Jeremias ihr förmlich aufzuwang, hinzusehen um ihr eines der Dinge zu zeigen, das untrennbar mit ihrem Leben verbunden war und sie zu dem machte, wer sie war. 
Und das war eben nicht nur der Glaube an Gott und ihre Bestimmung und ihre Hingabe als Priesterin. Es war, dass Adrian ihr das Fühlen gezeigt hatte. 
Ich gehöre Dir, vollständig… 
 

 
Wenn ihr Traum nun also Wirklichkeit geworden war, was war es dann, was ihr Albtraum ihr zeigte? 
 
Während Jeremias eine Frau sah, die sich aus dem zähflüssigen, teerigen Blut auf dem Boden löste und zu einer Erinnerung aus seinem Kopf aufbaute, war es für Tanuri jemand anderes, der ihr entgegensah. 
 
"Erinnerst Du Dich an mich?" Scharf sog sie die Luft ein und spürte, wie ihre Knie nachgeben wollten. Auch sie fasste hilfesuchend fester nach Jeremias' Hand und hoffte darauf, dass diese die ersehnte Rettung für sie bringen konnte. Das war vorerst alles, was gesprochen wurde, während ihr große blaue Augen entgegen sahen. Es lag so viel Schmerz, so viel Enttäuschung, so viel ungesehene Gefühle in dem Gesicht, das Tanuri anblickte, dass es ihr nahezu ihr eigenes Herz zerdrückte. 
 
"Wie könnte ich Dich vergessen?" Sie war versucht auf die Gestalt, die irgendwie gar nicht mehr so klein war, wie sie sie in Erinnerung hatte, zuzugehen. Aber etwas, und es war nicht die Hand von Jeremias, hielt sie fest, als würden Wurzeln, die aus dem Boden kamen, sie daran hindern wollen. 
 
"Es gibt keinen Ort, an den Du laufen könntest Tanuri/Jeremias. Weg gesperrt und ignoriert hast Du das, was offensichtlich ist. Am Ende wird die Rechnung erstellt. Erhoben und gewogen. Am Ende entscheidet nicht ihr, ob ihr gut getan oder gesündigt habt, sondern ER."

Es waren die Worte, die aus dem Mund ihres Gegenübers kamen, auch mit der Stimme, die Tanuri so bekannt war, aber irgendwie war alles davon fremd und noch dazu so falsch. "Ich habe es nicht ignoriert!" Ihr Ausruf war laut und doch war er nur für ihre Ohren und jene des jungen Mädchens, welches ihr gegenüberstand, zu hören. "Du bist nicht mein Albtraum, Freya!" 
 
Die Stimme verstummte zunächst, während die Augen ihrer Adeptin sie aber weiterhin ansahen. Tanuri einfach nur musterten, ohne eine Wertung, ohne einen Vorwurf. Und das war wahrscheinlich das Schlimmste daran. 
 
 
Zweifel.
Zweifel waren von solch einer vielschichtigen Natur und noch dazu konnten sie so vielfältige Ausprägungen annehmen. Wie sie sich vor einem zeigten, verhielt sich dabei genauso, wie es mit den Träumen war. Jeder empfand sie anders. Die Zweifel aber blieben nicht allein, sondern sie wurden begleitet, gingen Hand in Hand, mit der Angst. Angst zu versagen, Angst nicht genug zu sein, Angst zu verlieren. 
 
Es bedurfte weder eines Widersachers noch eines Schwertes, keine Magie und keinen allmächtigen Bösewicht. Der gefährlichste Feind war man selbst, verborgen lauernd in der eigenen Seele, heranwachsend aus den Ängsten und Zweifeln, die tief in einem verwurzelt waren, genährt von den Unsicherheiten, die man versuchte zu verbergen. Kein anderer konnte so mächtig werden, wie der Gegner, den man aus sich selbst erschuf. 
 
"Zeit, die Augen nicht länger vor der Wahrheit zu verschließen. Könnt Ihr aufrecht sprechen mit Wahrheit und Überzeugung? Dann gebe ich den Weg frei. Doch wenn die Antwort mir nicht gefällt: Macht ihr einen Umweg." 
 
Tanuri wusste, dass diese Worte nicht von Freya stammten und doch war der Körper vor ihr genau sie. Ihre Adeptin, die seit so langer Zeit verschwunden war. Fort, in einer Welt, auf die sie keinen Zugriff besaß. Vielleicht verloren, vielleicht auch nicht. Was Freya aber war, war alleingelassen. Entgegen von Tanuris Versprechen, sie zu beschützen und auf sie zu achten. 
 


 
Ehrlichkeit gegenüber sich selbst war schwer, weil man funktionieren musste. Weil man jahrelang so funktioniert hat…. 
 


 
Für einen Moment wagte sie, ihren Blick zu senken, auf die Hand, die ihre hielt und auf die andere, in der Tanuri nichts mehr hielt. Zweifel und Angst, die sich zu einem lebendigen Albtraum verwandelten… jeder hat ein anderes Bild davon. 
 
Für Tanuri war es Freya, die all das, was sie versuchte, tief in sich zu vergraben und niemals zu offenbaren, symbolisierte. Freyas Abbild war ihre Angst, das Mädchen zu verlieren und nicht mehr wiederzufinden. Ihr nicht genug eine Mentorin zu sein, ihr nicht den richtigen Weg zu weisen. Sie aber gleichsam zu sehr einzuschränken, ihr Ketten anzulegen, aus denen sie irgendwann zornerfüllt ausbrechen würde. Es waren die Zweifel an sich selbst, nicht alle Fragen beantworten zu können, die das Mädchen an sie hatte und ihr nicht rechtzeitig die Hand zu reichen, wenn sie sie brauchte. Vor ihr stand also nicht ihre Adeptin als Person, sondern das schmerzhafte Abbild all ihrer Unsicherheiten und der Furcht, nicht nur Freyas Schicksal im Weg zu stehen, sondern auch dem Kind nicht gerecht zu werden. 
 
"Du bist nicht mein Albtraum, Freya." Wiederholte sie nochmals, diesmal aber wesentlich ruhiger, während sie wieder zu dem Mädchen aufsah, das stumm vor ihr stand. "Das bin ich selbst." 
 


 
Das Mädchen riss die Arme empor und ein Portal öffnete sich. Dahinter lag erneut ein Weg. Der Weg. Sie stellte nur eine Frage. 
 


 
"Zweifelst Du?" 
Zweifel sind von entscheidender Bedeutung. Ohne Zweifel und ohne Angst hört man auf, sich zu hinterfragen und sich ändern zu wollen. Änderung ist aber wesentlich für das Vorankommen, denn sonst entsteht Stillstand. Keine Angst und keinen Zweifel zu empfinden führt dazu, unvorsichtig und blind zu werden, weil man zu sehr von sich überzeugt ist, ohne die Augen auf das zu richten, was um einen herum geschieht. Es sind nicht die Ängste und Zweifel, die uns schwächen. Vielmehr liegt die wahre Schwäche darin, zu glauben, man wäre frei von davon oder über diese erhaben. 
 
Fest drückte sie nochmals die Hand von Jeremias, während sie Freya - nein, während sie all ihren Ängsten und Zweifeln in die Augen sah und antwortete. "Ja, ich zweifle. Aber nur an mir." 

 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Lorena
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#1296

Beitrag: # 54823Beitrag Lorena »

„~ Knusper, knusper knäuschen, ein größenwahnsinniger Pfaffe ist Gast in diesem Häuschen! Dreist und verfressen benötigt er eine Lektion…
Ob wohl brennend auf dem Scheiterhaufen als natürliche Todesursache durchgeht? ~“
Zugegeben so allmählich fand sie die Vorschläge ihrer
Schattenseele gar nicht mehr so abwegig. Es wäre definitiv eine langfristigere Lösung ihrer Probleme, die Verursacher zu eliminieren, obwohl
nein, auch das würde unweigerlich nur wieder neue Konsequenzen nach sich ziehen. Allerdings musste sie sich dennoch nicht alles bieten lassen
und jemandem wie Etoh gestattete sie es gewiss nicht, sie in irgendeiner Form zu denunzieren.


„Die Infragestellung und Überprüfung von Umständen, ist im Endeffekt nichts anderes als ein Beweis dafür, dass jemand kein treublökendes
Schaf ist, welches blauäugig zur Schlachtbank geführt wird. Aber ich verstehe natürlich, dass Euch so etwas in Euren Reihen vollkommen fremd
ist.“
Bislang war sie immerhin keinem Weißherz begegnet, welches seinen Prinzipien wirklich treuergeben war. Aber das sollte nun nicht das
Thema sein. Vielleicht hatte der Prediger tatsächlich ausnahmsweise einmal etwas Sinnvolles vorzubringen. Ihre Optionen abwägend, bedachte
sie den Pater abermals mit einem scharfen nicht gerade einladenden Blick, bevor sie ihre Entscheidung treffen sollte.


Leider schien jener jedoch aber nicht die gewünschte Wirkung zu erzielen, da der Götzenprediger offensichtlich von etwas anderem abgelenkt
war. Seine Frage, die fassungslose Mimik und sein fehlender Fokus, deuteten zumindest darauf hin. „~Schau an, das Priesterlein in verwirrt.
Wovon nur, ob es wohl die Frage ist, wie er hierhergekommen ist? Warum er sich überhaupt für die Adeptin interessiert, wo ihm der Verbleib
der Priesterin schon nicht gekümmert hat, oder geht ihm wohl was ganz anderes durch das wirre Köpfchen? Lenke ihn ab, sonst mischt er sich
womöglich nur in noch mehr Angelegenheiten ein, die ihn nichts angehen! ~“
 Eine Tatsache, der nicht mal die Inquisitorin widersprechen konnte.
Je mehr Leute wissen würden, was hier vor sich ging, umso größer wurde das Risiko. Um die Aufmerksamkeit des Paters zurückzuerlangen
schnipste sie ein wenig unwirsch mit den Fingern. „Folgt mir.“



Zwar war sie noch nicht wirklich davon überzeugt, dass Etoh ihnen helfen könnte Freya wieder nach Hause zu bringen. Doch sie wusste sehr wohl,
in welchem Zustand das Zimmer der Adeptin gewesen war, als jene verschwand. Sie zweifelte keinesfalls daran, dass Naheniel sich unter zur
Hilfenahme von Magie Zutritt verschafft haben musste. Das ‘Wie‘ war ihr jedoch bislang nicht klargewesen. Womöglich war genau jene
Information das Zünglein an der Waage, warum sie den Pater nun in das Kaminzimmer führte, aus dem sie zuvor herausgekommen war.
Insofern ihr Gast tatsächlich zielführende Informationen besitzen würde, wollte Lorena diese nicht unbedingt mit allen Anwesenden innerhalb
der Mauern teilen.


„~ So ist es recht, Verhöre und Folter sollten immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Verlorene Gliedmaßen oder Leichen sind
schwieriger zu erklären, wenn es Augenzeugen gibt.~“
Während sie darauf wartete, dass Etoh eintrat und die Tür hinter sich schloss, richtete die
Eismagierin erneut das Wort an den Pater. „Soweit ich in Kenntnis gesetzt wurde, hat unser General Euch lediglich aufgezeigt, dass das Auffinden
der Priesterin ebenfalls in Eurem Interesse liegen könnte.“
In Anbetracht der Tatsache, welch immenser Druck zu diesem Zeitpunkt auf Adrian
lastete, wollte sie jedoch nicht ausschließen, dass er bei jener Zusammenkunft möglicherweise wenig Wert auf die freiwillige
Kooperationsbereitschaft des Predigers gelegt hatte. „Aber gut, wie dem auch sei, wenn Ihr beim Auffinden der Adeptin behilflich sein wollt,
werde ich mir anhören, was Ihr meint in Erfahrung gebracht zu haben. Sollten Eure Hinweise nützlich sein, sehen wir weiter.“

 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
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Etoh
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#1297

Beitrag: # 54824Beitrag Etoh »

 
Mit keiner Sekunde war Etoh von den Umständen der Umgebung vom eigentlich Thema abgelenkt. Kurz hebt er eine Augenbraue an als Lorena ihn über das freiheitliche Denken in ihren Reihen sprach. Wie kam sie dazu Naheniel nun in Schutz zu nehmen? Steckte sie nun womöglich schon mit ihm unter einer Decke?

„Ach ist dem so? Wie kommt euer Sinneswandel? Ich kann mich an ein Tribunal gegen einen gewissen Bullox erinnern, dem ihr Vorstandet, bei dem ihr eben ein eigenes Blöken als Ketzerisch und den Glauben absprechend interpretiert habt.“
wieder einmal winkt er ab.
„Aber ich will diesbezüglich nicht Kleinlich sein. Euch damit nur Aufzeigen das ich es durchaus merke das ihr euch die Dinge zurecht biegt wie ihr glaubt das sie gerade Nützlich für euch sind.... Also, welchen Nutzen zieht ihr daraus Naheniel in diesem Fall in Schutz zu nehmen?“
 
Noch einmal sah er sich um ob sie beide bereits von anderen als der Haushälterin, den Wachen und dem Kind gesehen wurden. Jeh weniger wirklich von seinem Aufenthalt in der Legion mitbekamen, um so besser sollte es sein. Er hatte nichts zu verbergen, kam er doch aus freiwilligen Stücken in die Legion. Jedoch war es immer Einfacher mit nur einer Person zu sprechen wie mit einem ganzen Rudel, in dem keiner dem anderen die Butter auf dem Brot gönnte, von der Wurst dazu ganz zu schweigen. Außerdem kannte er das Prinzip, 'Meine Informationen die ich bekomme müssen deine noch lange nicht sein'.
 
So folgte er Lorena in das Kaminzimmer. Auch hier sah er sich aufmerksam um. Dabei kam er nicht umhin die Spuren die der rote Sand hinterlassen hatte zu übersehen. Für das erste jedoch wollte er noch nicht darauf Eingehen. Er stellte seine Tasche auf einem der Stühle ab. Er blieb stehen und sah Lorena fragend an.
„Ich weiß das Ihr mit dem Teilen von Informationen eher sparsam seid, doch um nicht alleine ins Hintertreffen zu geraten....immerhin bin 'ich' zu 'euch' gekommen um mit euch zusammen zu arbeiten....Möchte ich euch folgenden Kompromiss vorschlagen.“
 
Kurz geht sein Blick wieder auf den Tisch vor dem er stand. Mit den Fingern schiebt er ein paar der Sandkörner zusammen auf einen kleinen Haufen. Hebt den Blick wieder gen Lorena um ihre Offenheit und Bereitschaft für seinen folgenden Vorschlag zu sondieren.
 
„Eine Frage, eine Antwort. Im Wechsel. Ich beantworte euch eure Fragen und dafür bekomme ich auch vernünftige Antworten eurerseits auf meine Fragen. Nur so werden wir beide weiter kommen können. Ich habe nämlich den Verdacht das es durchaus von Vorteil sein könnte nur 'einmal' Zusammen zu arbeiten.“
 
Er kam um seine Hilfe anzubieten, doch auch um weitere Informationen zu erhalten. So war er wohl in der Bringschuld als erstes weitere Informationen heraus zu geben. Noch einmal wandert sein Blick auf den roten Sand der überall auf dem Tisch und dem Boden verteilt zu finden war.
 
„Ich habe diesen Sand schon einmal gesehen“ dabei deutet er auf das kleine Häufchen. „Nämlich als ich mit Freya sprach. Ich sah sie durch so etwas wie einem Spiegel. Sie befand sich an einem Ort der einer Wüste sehr ähnlich sah. Mit eben jenen befremdlich roten Sand.“
 
Während er sprach drückte er seinen Finger auf die Sandkörner, hob ihn an um sich jene genauer anzusehen. Er zerrieb die Körner zwischen Zeigefinger und Daumen, sah über die Finger hinweg zu Lorena rüber.
 
„Also, was wisst ihr über die Magie der Spiegel?“
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Heiler zum Beruf - Priester aus Berufung
"Du weißt nicht, wie schwer die Last ist, die du nicht trägst"
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Syndra
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#1298

Beitrag: # 54825Beitrag Syndra »

Wenn sie Naheniels Gründe wüsste - wer weiß, wie sie reagiert hätte? Hätte sie diese im Vorfeld gekannt, vielleicht hätte sie mit kühler Ausdauer neben ihm gesessen und zugesehen, wie sein Blut immer langsamer durch seinen Körper floss. Wie sein Leben langsam aber spürbar in seinen Adern gefroren wäre, bis seine sterbliche Hülle nicht mehr als ein kalter Kadaver wäre. Möglich, dass sie dem alten Mann noch einmal die Stirn geküsst hätte, bevor sein letzter Atemzug wie kalter Dunst in der Welt verhallt wäre.

Vielleicht hätte sie ihm auch ein Kissen aufs Gesicht gedrückt. Wobei nein, das wäre nicht ihr Stil.  Dann hätte sie vermutlich eher genau das getan, was geschehen war. Ihn bewusst von den besten Heilkundigen zurückholen lassen, um Stellan nicht nur sehr genau zusehen zu lassen, sondern ihm auch die Gelegenheit einzuräumen, seinen Fehler zu erkennen.

Allerdings wusste Syndra gelinde gesagt bis zu diesem Moment nichts über den Mann von der Treppe. Es war schon fast erheiternd, dass Naheniel zuvor eingeräumt hatte, dass jener Gast nicht nach ihm verlangen würde.

Ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen, als ihre Fingerspitzen sich betont langsam von dem Mann an ihrer Seite lösten, nur um ihm mit angemessener Sanftheit zu antworten, ohne das Versäumnis des Bekanntmachens oder die Gründe dafür infrage zu stellen. „Nein, bisher hat sich offenbar nicht die Gelegenheit ergeben.“

Das schimmernde Blau, in dessen Tiefen sich für einen Atemzug das Lächeln widerspiegelte, welches sie auf ihren Lippen trug, hielt einen Moment an seinem Blick fest, als sie durchaus wahrheitsgemäß Naheniels Frage beantwortete. Ganz gleich, welche Gründe er dafür gehabt hatte, seinen Vater nicht einmal ihr gegenüber in irgendeiner Form zu erwähnen, war es  allerdings nichts, was sie im Gegensatz zu den in mehrfacher Hinsicht außer Kontrolle geratenen magischen Momenten mit Naheniel beschäftigte.

Syndra wusste durchaus das leichte Nicken Stellans zu deuten, mit dem er auf Naheniels schlichte Vorstellung der Etikette entsprechend reagiert hatte. Eine knappe Geste, mit der er ebenso knapp der Höflichkeit genüge getan hatte. Hatte sie ein Interesse an einem Wohlgefallen ihm gegenüber? Unmerklich verengte die Tochter des Eises ihre Augen, während sie vorerst die Situation selbst beobachtete, indem sie sich gebührend manierlich und durchaus wohlerzogen zurückhielt, um diesem Widersehen nicht im Wege zu stehen. 

Es waren nur wenige Schritte die Syndra sich von Naheniel distanziert hatte. Gründe gab es viele, die man aus welcher Perspektive auch immer dahinter spekulativ erkennen mochte.  Tatsächlich ging es ihr darum schlicht einen besseren Blickwinkel auf beide Männer zu haben.

Immerhin, wie Naheniel es sagte - was für ein Zufall. Nun umso mehr erschien es der Magierin eine scheinbar richtige Wahl, um diesen weiteren Zufall weniger abgelenkt und aufmerksam zu folgen.

Syndra wusste sehr genau, wann man besser den Mund hielt und einfach nur aufmerksam zuhörte, auch wenn man sich dafür in mancher Hinsicht auf die Zunge beißen musste. Sehr genau beobachtete die Tochter des Eises in diesem Moment die Situation, indem sie von ihrer neu gewählten Position auf unscheinbare Weise sehr bewusst ihren Blick zwischen den beiden Männern wandern ließ, um die Zusammenhänge nicht nur zu verstehen, sondern um in ihnen das abzulesen, was unausgesprochen blieb.

Es war daher nur ein kurzes Blinzeln, bevor ihre Hand sich nach den umgefallenen Gläsern ausstreckte, um diese wieder aufzustellen, ohne sich eine Unaufmerksamkeit zu erlauben.

Stellans Worte waren immerhin mit Bedacht gewählt. Für jemanden der sich blenden lassen wollte. Lauschte man ganz genau, erkannte man deutlich, dass es ihnen allein bei den Thematiken nicht nur an einem fließenden Übergang fehlte. Ebenso war es kaum zu übersehen, dass sein Vater bei jedem seiner Anmerkungen, seinen Blick auf Naheniel richtete.

Objektiv betrachtet schien seine Meinung über Lorena offenbar nicht sonderlich hoch zu sein. Sie hatte durchaus eine scharfe Zunge und wenn der Gesprächsverlauf ähnlich sprunghaft verlaufen war wie dieser hier, konnte Syndra sich durchaus vorstellen, dass die Inquisitorin ihn mit ihrer persönlichen Note darauf hingewiesen hatte, einem roten Faden zu folgen oder nicht ihre Zeit zu vergeuden. Seit dem Tribunal lastete immerhin ein gewisser Druck auf ihren Schultern, der nicht von ungefähr kam.

Stillschweigend ließ Syndra ihre Augen über Naheniels Züge wandern, während sie seine entspannte aber zugleich verschränkte Haltung vor der Brust ebenso zur Kenntnis nahm, wie die Körpersprache Stellans.

Wie außerordentlich seine Freude darüber war, dass das Halbblut sich bester Gesundheit erfreute, war ebenfalls unübersehbar. Die Glückseligkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. In seinem Profil zumindest, ruhte sein Blick immerhin erneut auf Naheniel. Sollte sie es wundern oder als treusorgende Schwester hinterfragen?

Es war fast erheiternd der Form des Gesprächs zu folgen, auch wenn sein Vater ihr das vielleicht absprechen mochte. Ein vielsagendes Schimmern, das sich wie ein Aufblitzen unterhalb der Oberfläche ihrer Augen abzeichnen sollte.

Pauschal war sie sogar versucht, sich auf vielsagende Weise dafür zu entschuldigen, dass sie ihn in einem solchen Chaos empfing, was nicht wirklich ihre Art war. Doch würde es den Moment doch gewissermaßen zerstören, wenn Stellan den dabei sich vielleicht hineinschleichenden Sarkasmus erkennen würde, welcher durchaus einen Rückschluss darüber geben mochte, dass sie möglicherweise weniger naiv oder weibisch war, als er annehmen mochte.

Mit einer schlichten Handbewegung ließ Syndra jedoch stattdessen nur die Tür ins Schloss gleiten, um vorerst keinen weiteren Gästen eine unmittelbare Einladung gegenüber auszusprechen, um die Spuren des ungezügelten Treibens nachzugehen.

Dass alle seine Andeutungen durchaus Wissen repräsentierten war unmissverständlich. Jedem Punkt jedoch eine genaue Bedeutung oder Erwartung zu zuschreiben dagegen war eine andere Herausforderung. So war es nur ein kurzes Aufglimmen in ihrem Blick, als er das Familienerbstück erwähnte und sie seinen Blick auf sich liegen spürte oder vielmehr auf dem Schmuckstück an ihrem Hals.

Für einen kurzen Moment schien er dabei fast weggetreten. Ruhig beobachtete Syndra ihn dabei, ohne jedoch den Anschein zu erwecken, dass sie etwas bemerkt hatte. Ein zarter kühler Wimpernschlag war es daher nur, als Stellans Geist zurückkehrte und seinem Sohn in fast schon überschwänglicher Begeisterung wissen ließ, dass auch Tanuri zurückgekehrt war.


Ein undurchschaubares Lächeln legte sich auf ihre Züge, welches jedoch innerhalb ihrer Augen klarer und greifbarer wurde, als Syndra ihren Blick Naheniel zuwandte. Ein Glänzen, in dem er durchaus ihre Gedanken lesen konnte, welche primär um die Auffälligkeiten der vielen Zufälle rankten, aber eben nicht nur...

„Was für ein Zufall. Wir sprachen kurz vor Eurem Eintreten von ihr. Ist sie wohlauf?“
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Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht man diesem gewährt, die Gegenwart noch zu beeinflussen. ~
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-Freya-
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#1299

Beitrag: # 54833Beitrag -Freya- »

Das Licht vor Freyas Augen wurde immer heller. Ein goldenes Leuchten, das sich nahezu in ihren Augen widerspiegelte und alles andere unbedeutend werden ließ. Sie spürte bereits jetzt, wie sehr sie sich verschätzt hatte. Die Macht, die in diesem Wesen innegewohnt hatte, war so unbändig und gewaltig, dass selbst die stärksten magischen Fesseln es kaum halten konnten. Ein Zögern oder Abweichen würde den Wirbel jedoch unmittelbar umkehren, ihn vielleicht nur noch beschleunigen.

Ihr Körper bebte unter der Anstrengung, ihre Hände zitterten unaufhörlich, während der Schweiß in feinen Linien über ihre Stirn rann. Trotz des drohenden Untergangs, der sich mit jedem Moment abzeichnete, zwang Freya sich auf die Energie vor ihr konzentriert zu bleiben. Die Hitze brannte auf ihrer Haut und drohte, sie vollständig zu verzehren.

Das zarte Kitzeln der Magie, die zu ihr gelangte, jenes Streifen von kosmischer Macht, gab ihr dennoch den Mut weiterzumachen. Vielleicht zögerte sie einfach nur das Unvermeidliche heraus, unter dem alles um sie herum in einem gleißenden Licht vergehen sollte, ehe alles unter der sengenden Hitze zu Schutt und Asche verfiel. Es war eine Entscheidung etwas zu tun. Ob richtig oder falsch, spielte dabei keine Rolle.

So sah Freya nicht kommen, was geschah. Dem Kind hatte sie befohlen zu laufen. Worte, die es vielleicht nicht verstanden hatte, doch die sich im Nachdruck ihrer Stimme selbst abgezeichnet haben mussten, ebenso wie in ihrem eigenen Blick, der sie angehalten hatte auf ihr Gefühl zuhören.

Als das Kind gegen ihre Beine prallte, wurde die fragile Balance gestört. Die plötzliche Berührung riss Freya aus ihrer Konzentration und ließ alles ins Wanken geraten.

Die Welt schien sich um sie herum zu drehen, während sie nach Halt suchte. Doch nichts war dort, nur der freie Fall. Nein! Panisch weiteten sich ihre blauen Augen in dem Moment, als sie den Boden unter den Füßen verlor und mit einem dumpfen Laut in den heißen Sand fiel.


Ein Aufschrei entkam ihrer Kehle, ein verzweifelter, kraftloser Laut. Sie spürte, wie sich die Magie auflöste, Wieso? Warum? Das durfte nicht passieren.  Sie durfte nicht loslassen! Unkontrolliert peitschten die Lichtfäden, die sie um das pulsierende Herz des Wesens gesponnen hatte, um sie herum auf, bevor sie wie Funken zerstoben.

„Nein!!“ Schrie sie aus tiefster Seele, doch scheinbar alles verloren. Das Pulsieren der Macht verlangsamte sich, wurde immer träger, bis es für einen kurzen, schrecklichen Moment vollkommen stillstand. Die Energie schien die Luft um sie herum förmlich einzusaugen, bevor sie sich umkehrte, der Fluss der Magie in die entgegengesetzte Richtung schoss.

Freya spürte, wie ihr Herz bis zum Bersten schlug und ihr Körper trotz all der Hitze um sie herum zitterte. Eine Verzweiflung und eine Angst, in der sie mit geweiteten Augen für einen Atemzug das Gefühl hatte, die Zeit würde ebenfalls stillstehen. Das konnte alles nicht wahr sein?

Was sollte sie nun tun? Es blieb keine Zeit für irgendwelche Experimente. Und auch wenn sie es sich wünschte, könnte sie diese unbändige Energie kaum in einem Gefäß einfangen oder eindämmen. Die Magie, die sie entfesselt hatte, würde sich befreien. Eine Macht des Kosmos. Wie dumm war sie nur. Sie konnte es nicht aufhalten. All ihre Kräfte waren vergebens gewesen.

Zittrig holte sie Luft. War das nun ihr Ende, das sie selbst heraufbeschworen hatte? Der Kloß in ihrem Hals war gewaltig, als plötzlich ein leises Schluchzen sie innehalten ließ. Verflixt!!
Das war doch nun ebenso wenig wahr, oder? Freyas Blick zuckte zur Seite und fiel dabei unmittelbar auf zwei große haselnussbraune Augen, die verloren zu ihr sahen.
War sie es gewesen, die gestolpert war?  Verdammt, was machte das Kind noch hier?

Anstatt wegzulaufen, wie Freya es befohlen hatte, stand sie einfach da, verunsichert und als hätte man sie hier zurückgelassen. Warum hatte es nicht gehört? Warum war es nicht vor der Hitze geflohen und hatte Schutz bei seiner Mutter gesucht?

Unzählige Fragen schossen durch Freyas Kopf, doch blieb keine Zeit, um eine Antwort zu finden oder einen weiteren Versuch zu wagen.  Die vibrierende Kraft in der Luft und das grelle Pulsieren nahm stetig zu.

„Verflixt, komm her.“ Die Verzweiflung in ihrer Stimme war nur schwer zurückzuhalten. Ihr blieb kaum eine andere Wahl. Aber so es der Lord wollte, war Flucht vielleicht der einzige Weg. Mit einem entschlossenen Ruck, nahm sie das Kind auf den Arm.  

„Wir müssen hier weg.“ Die Worte waren leise. Ein Flüstern in dem tosenden Lärm der Magie um sie herum. Freya spürte, wie die Luft brannte und der Sand nahezu um sie herum zu schmelzen begann.

Mit zitternden Beinen lief Freya los. So schnell sie mit dem kleinen Leichtgewicht auf ihren Armen konnte. Ihr Kleid klebte an ihrem Körper, während die Strähnen ihrer Haare in feuchten Locken ins Gesicht hingen. Schmerzhaft brannte die immer heißer werdende Luft dabei in ihren Lungen. Es war ein Gefühl, als würde eine Glut sie von innen heraus verbrennen. Unbewusst drückte sie das kleine Mädchen schützend enger an sich, während sie taumelnd, aber entschlossen weiterrannte

War es zwecklos? Alleine hätte sie sich womöglich in den Sand fallen lassen und die Konsequenz ihres Scheiterns ertragen. Doch das konnte sie nun nicht mehr. Nicht mit dem Mädchen mit dem Gänseblümchen.

Der Himmel über ihnen selbst wandelte sich erneut ein immer tieferes unheimliches Grün. Mit jedem Atemzug und jedem Schritt, wurde die Farbe darin bedrohlicher und unnatürlicher.  Fast jeden Moment rechnete Freya damit, dass eine Druckwelle sie beide niederreißen würde. Es war vielleicht ein absolut sinnloser Versuch, aber wenn sie jetzt jedoch nicht weiterlief, dann war es höchstwahrscheinlich vorbei. Für sie beide.
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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Lorena
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#1300

Beitrag: # 54835Beitrag Lorena »

„Weder hat etwas meine Ansichten revidiert, noch sind Eure Rückschlüsse folgerichtig.“ Über die Außenwirkung solcher Prozesse hatte sich die
Inquisitorin bislang nie wirklich viele Gedanken gemacht. Ein jeder Anhänger Ogrimars entschied selbst, ob er sich der dunklen Gemeinde anschloss
und sich den dort geltenden Regeln, insbesondere der Doktrin Ogrimars, unterwerfen wollte. Als Teil jener Gemeinschaft, musste einem jedoch
bewusst sein, dass ein Verstoß gegen die Gebote der Doktrin, Folgen hatte. Meist in Form eines Tribunals, in dessen Verlauf alle Beteiligten ihre
Sichtweise darlegen konnten, Beweise sowie zweckdienliche Schriftstücke vorgebracht und verlesen wurden und bei dem am Ende die Schuldfrage
durch die anwesenden Vertreter, des Glaubens, geklärt wurde.


Weder Bulox noch Naheniel hatten in ihren Augen je in Erwägung gezogen sich dem Willen des Kollektivs zu beugen, sondern nutzen nur die
Gelegenheit, um sich selbst zu profilieren. Im Prinzip waren sie sich beide sogar sehr ähnlich, da ihr Ziel darin bestand ihren Wirkungskreis zu
erweitern und sich über andere zu erheben, indem sie andere herabwürdigten. „Ich nehme Naheniel weder in Schutz noch verschafft es mir einen
Nutzen, indem ich als Inquisitorin eine Institution vertrete, welche kritisches Denken und Meinungsfreiheit fördert.“
Immerhin war es ihre
Aufgabe, in solchen Prozessen dafür sorge zu tragen, dass jede Seite gehört wurde und nach der Urteilsfindung der Gemeinde das Strafmaß zu
verkünden, sowie für dessen Vollstreckung zu sorgen.


„~ Das sollte Erklärung genug sein, pass lieber auf, dass sich dein Gast nicht häuslich einrichten will. Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn sie Gepäck
dabeihaben. Gut das es hier im Moment schmutzig ist. Wobei vielleicht findet das auch gefallen, schau nur wie er mit dem Dreck spielt. Furchtbar
sowas. ~“
Bisher konnte Lorena nicht mit Bestimmtheit sagen, ob Etoh den Sand nur als Requisite für seine vermeidliche Entdeckung nutzte oder ob
hinter seinen Worten möglicherweise auch ein Fünkchen Wahrheit stecken könnte. Insofern sein Auftauchen hier kein Ablenkungsmanöver war,
um kostbare Zeit zu verschwenden, spräche also nichts dagegen, sich erstmal auf dieses Gespräch einzulassen. „~Nutze ihn als Mittel zum Zweck
und dann bring ihn einfach um, wer scherrt sich schon um einen Götzenknecht? ~“


„Interessant, Ihr wollt also einen Kompromiss eingehen.“ Nichts weiter als eine Feststellung, die ihr noch ein wenig Zeit zum Nachdenken verschaffen
sollte. „Mich würde ja durchaus interessieren, welchen Vorteil es Euch verschaffen würde, wenn wir unsere Adeptin wieder in unseren Reihen begrüßen
könnten.“
War es doch nicht sonderliche üblich, dass sich die Weißlinge ihnen gegenüber hilfsbereit und selbstlos verhielten. Aber gut, niemand soll mir
vorwerfen können, dass ich nicht allen Spuren nachgegangen bin, versuchen wir es also. 


Die erste Information, welche Etoh preisgegeben hatte, war merkwürdig. Sand war in einer Wüste keine Seltenheit, doch speziell dieser Sand, in seiner
rötlichen Farbe, war sehr signifikant. Zudem warf es eine weitere Frage auf. Nämlich die, was Stellan mit Naheniels Reich zu schaffen hatte? War er
doch schließlich die Quelle dieses Hinweises. Bisher war es nur ein Verdacht gewesen, dass der ehemalige Hüter eine engere Bindung zu seinem Sohn als
zu seiner Tochter hatte, doch dieses Indiz schien ihre These zu unterstützen. Vielleicht war der Pater doch gar nicht so unnütz wie ursprünglich
angenommen. „Ich hörte einst davon, dass man Spiegeln einen magischen Effekt zuspricht, doch persönlich habe ich mich mit dieser Form der Magie
bislang nicht auseinandergesetzt.“


„~ Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist wohl der hübscheste in diesem Land? Spiegelportale sind praktisch, aber auch ebenso tückisch. Damit
könntest du sicher auch einen Pater verschwinden lassen oder selbst bei der Nutzung draufgehen, wenn du dich dumm anstellst. ~“
Das sie selbst noch
nicht auf diesen Gedanken gekommen waren, war fast schon lächerlich. Aber das würde sie den Prediger selbstverständlich nicht wissen lassen.
„Dann ist es jetzt wohl an mir, eine weitere Frage zu stellen. Ihr habt von Scherben in Freyas Zimmer gesprochen, was habt ihr gedacht,
damit anstellen zu können?“

 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
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