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Stellan
Bauer / Bäuerin
Beiträge: 49
Registriert: Mo 5. Dez 2022, 16:26

#1226

Beitrag: # 54737Beitrag Stellan »

Genau darin lag der Unterschied. Er verstand ihre Position durchaus. Sicher war er ein wenig überschwenglich in die Situation gegangen, aber niemand war perfekt außer die finstere Heiligkeit selbst. Sicher mag er in seinem gewohnten Ton über die Strenge geschlagen haben und damit Lorena veranlasst haben zu beissen und bissig zu bleiben. Doch er hatte nie verlangt, dass sie alles offen legt, er hat nach einem Namen gefragt und das nachdem er eingesehen hat, dass er zu harsch vorgangen war. Auch er war in der Lage seine Fehler einzusehen und auch wenn es schwierig war, sich den Gegebenheiten anzupassen. Leider scheint es üblich das nur in extremen Ansichten gedacht wurde. Eine Frage nach dem Namen als 'alles' offenbaren zu verstehen ist in der Tat eine interessante Interpretation von Worten.

"Ich habe nie behauptet euch nicht zu verstehen. Deswegen versuche ich seit einigen Minuten einen Konsenz zu finden. Wir misstrauen einander. Ja das habe ich begriffen." Er nickte langsam und ob sie nun in seinem Rücken stand oder nicht, er würde die Treppe beginnen herab zu steigen. Ihre Andeutungen schienen offen genug um zu verstehen, es geht da runter. Also ging er vor ihr. Sie könnte ihm in den Rücken treten und sie würde damit auch Erfolg haben, da nicht in der Lage auszuweichen oder schnell genug zu sein. Ob es ihn umbrachte? Nicht solange seine Fehler noch immer im Raume standen. Davon war er überzeugt. Der Herr würde ihn nicht die Ruhe gönnen, bis er zufrieden war. "Was wollt ihr von mir hören? Das es mit leid tut meine Tochter geschlagen zu haben? Sie hat hysterisch gebrüllt und ich wollte sie aus dieser Situation rausholen. Das geht am besten mit kaltem Wasser oder einer Ohrfeige. Wasser fehlte mir." Zumal Lorena selbst den Gedanken gehegt hatte. Jenen Fakt kannte Stellan nicht, aber vielleicht half es Lorena einfach mal fünfe gerade sein zu lassen, wenn sie doch selbst mit dem Gedanken gespielt hatte. Dann sollte sie am ehsten verstehen wieso er es getan hatte. Dabei ging es nicht mal um Einmischung.

"Ich würde abwägen. Ich würde nicht alles verraten, was auch niemand verlangt hat. Ich würde durchaus fragen wer ihr seid und das habt ihr und ihr habt Antwort bekommen. Ihr seid sehr extrem alles oder nichts. Es könnte ja zu viel sein was ihr sagt, fordert aber gleichzeitig alles von dem anderen ein. Ich habe euch meinen Namen genannt, meine Beziehung zu Tanuri und mich nun ja, gefügt. Was wollt ihr noch? Das ich mich ganz entblöße und selbst dann wärd ihr vermutlich nicht zufrieden und würdet mir glauben. Ich habe niemanden gebeten mich zu retten, ich weiß nicht wie oder wer mich hergebrachte und das könnt ihr mir nicht anlasten, das ich mich in irgendeiner Form an eure Schwelle geschmissen habe. Ich habe weder vor euch auszuhorchen, noch interesse euch auszuspionieren. Aber wenn meine Tochter da oben hysterisch rumbrüllt wie von Sinnen, dann geht mich das auch sehr wohl was an und da könnt ihr euch auf den Kopf stellen, dass ändert nichts daran, dass ich ihr Erzeuger bin, egal wie gut oder schlecht ich meine Rolle gemacht habe. Denn eines seid ihr nicht, in der Position mich zu verurteilen wie ich mit meinem Nachwuchs umgehe, dass steht euch nicht zu."

In dem Punkt schien er stur. Vielleicht sollte sie es einfach akzeptieren, dass sie nicht einfach alles an jemanden kritisieren und verurteilen durfte. Auch eine Inquisitorin hatte grenzen und sie war vielleicht eine Freundin von Tanuri, aber nicht ihre Mutter und auch nicht die Moralapostel für Familienangelegenheiten, welche sie berechtigt sein Verhalten gegenüber seinen Kindern abzustrafen.
Er nahm Stufe für Stufe. Sie hatte noch Gelegenheit. Was hatte ein alter knöttriger Mann ihr schon entgegen zu setzen oder?

"Geht doch. Ich bin euch die ganze Zeit schon entgegen gekommen falls ihr das überseht. Ich denke ich habe mir euren Namen verdient. Und wenn.. nun ja, ich vielleicht was zu trinken bekomme, beantworte ich auch die Fragen die ihr habt so gut ich kann." Das klang doch sehr entgegenkommend und vor allem kooperativ. Natürlich wusste er um die Fedhe von Tanrui und Naheniel. Welche Seite er wählen würde? Das war die große Frage mh? Er machte keinen Hehl daraus, dass er Tanuri für unfähig hielt oder sagen wir nicht kompetent genug. Er machte keinen Hehl daraus, dass er lieber Naheniel als Sohn als Würdenträger sehen würde. Doch Naheniel hat versucht ihn umzubringen. Welche Seite also würde Stellan bevorzugen? Wusste er es selbst gerade überhaupt noch?
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Das Chaos wird entbrennen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisters sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Tanuri
Bürger / Bürgerin
Beiträge: 305
Registriert: Sa 30. Dez 2017, 09:57
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#1227

Beitrag: # 54738Beitrag Tanuri »

Natürlich nahm sie ihren Vater wahr, ebenso wie die erste Berührung, die sie seit Anbeginn ihres Lebens von ihm erhielt. Nichts, was ein Kind sich wahrscheinlich wünschte und doch das Wahrhaftigste, was sie in den letzten Stunden erfahren durfte. Es war seltsam, ihn zu spüren und seine unerwartete Nähe zu begreifen. Auch wenn der Ausdruck in seinen Augen kalt und emotionslos blieb, war seine Anwesenheit und sein Schlag in ihr Gesicht genau das, was sie aus ihrer Angst und ihrer Überforderung heraus riss. Vielleicht war er in diesem Augenblick zum ersten Mal das, was er schon vor vielen Jahren hätte sein sollen: Ein Vater. 
 

Es blieb Tanuri aber keine Zeit, um darüber nachzudenken, wie Stellan in ihre Hallen gelangt war. Denn endlich gab ihr Körper nach, überwältigt von der Last der Sorge, der Angst und den Einflüssen der letzten Minuten und Stunden. Gleich wer man war, ob Mensch oder Seraph, jeder konnte nur ein gewisses Maß an Belastung tragen. Erst jetzt spürte sie, wie müde und erschöpft sie war.

Weder zuvor noch jetzt ging es ihr um sich selbst, nicht um das, was sie erlebt und gesehen hatte. Was für sie zählte, waren all jene, die es zu beschützen galt. Dies war ihre Aufgabe, gleich, ob sie für alle die gleiche Form der Sympathie hegte oder nicht. Andere Meinungen darüber mochte es viele geben, die Tatsache war aber, dass an erster Stelle niemals sie selbst stand. Dies wäre eine Sünde vor dem Angesicht seiner ewigen Majestät. Fehler mochte sie sich häufiger erlauben, eine Sünde jedoch musste es wert sein, begangen zu werden.  

Zusätzlich lastete die Ungewissheit darüber, ob sich die Anhänger ihrer Gilde in Sicherheit befanden und ob Adrian für immer in der Dunkelheit verschwunden war, zu schwer auf ihr, als das ihr wacher Geist sich diesem Orkan aus Gedanken und Sorgen noch länger hätte aussetzen können. Und so war die Einladung von Jeremias mehr als begrüßenswert. 
 
Nach einigen Atemzügen drehte sie ihren Kopf zur Seite und öffnete die Augen. Noch flogen die Raben, schwarz und weiß, wanden sich ineinander, um schon bald eine Gestalt freizugeben. Tanuri erkannte das Reich des Rabenvaters, das ihr wie ein willkommener Zufluchtsort erschien. Es war eine Befreiung und eine Erleichterung zugleich, genau hier erwachen zu dürfen, fern von all den Antworten, die sie wahrscheinlich geben musste, aber nicht geben konnte. Zumindest für diesen Moment, egal, wie lange dieser dauern mochte, konnte sie den Fragen, den Vorwürfen und der bitteren Wahrheit, versagt zu haben, entkommen. 
 
Lautlos fiel ein Tropfen von oben herab, obwohl weder ein Himmel noch ein Ende über ihr zu sehen war. Er entstand einfach aus dem Nichts, so wie auch Gedanken häufig aus dem Nichts heraus plötzlich da waren. Gemächlich und ohne Hast fiel er an ihren Augen vorbei, schimmerte in der Dunkelheit des Zwielichts, die sich ihr erneut in grauen und schwarzen Schattierungen präsentierte, dabei aber nicht kalt und abweisend war, sondern einlud, zu verweilen. 
 
Alles geschah verlangsamt und im gleichen Takt mit der bedächtigen Zeit, erhob Tanuri sich, ließ ihre Zehen den Untergrund berühren, während ihr Blick fest auf den Tropfen gerichtet blieb. Sie hob eine Hand und versuchte ihn zu fangen, als könnte sie dadurch zumindest etwas festhalten, nachdem doch alles andere verloren schien. 
 
Aber dann, für einen Augenblick, stand die Zeit still. Selbst der Regentropfen, der immer noch seinen Weg nach unten suchte, hielt inne, als eine Stimme, womöglich nur in ihrem Kopf, erklang. "Du bist eine Priesterin." 
 
Wie lange hatte sie diese Worte nicht mehr gehört? Über ihren unbedingten Willen hinweg, der Prophezeiung gerecht zu werden, hatte sie vergessen, wer über dieser stand - nein, wer über allem stand. 
 
Meister.

Flüsterte sie? Sprach sie es laut aus? Oder geschah auch das nur in ihrem Innersten? Wichtig war es nicht. Einzig das Erkennen zählte. 
 
So schnell wie die Worte gekommen war, verschwanden sie wieder, wogen aber immer noch schwer in der Luft. So einfach, so wenig zu sagen und doch so viel Bedeutung. Für jetzt kehrte eine völlige Ruhe in ihr ein, als hätte die Erkenntnis über das, was sie vergessen hatte, all die Schwere von ihr genommen. Mit dem verklingen der Stimme wollte auch der Tropfen nicht länger in der Luft verweilen und fiel zu Boden, um sich dort mit dem Wasser zu vereinen, das sich an ihre Füße schmiegte und weder kalt noch warm anfühlte.

War es eine Ewigkeit, die zwischen Jeremias, ihr und dem Tropfen verging oder nicht mehr als ein flüchtiger Moment? Warum aber überhaupt über so etwas ungreifbares wie die Zeit nachdenken? Zeit setzte nur allzu häufig Grenzen, die unüberwindbar waren. Hier aber schien es keine Grenzen zu geben, weder für die Gedanken noch für das eigene Sein.

Selbst die Weite zog sich in alle Richtungen in eine Unendlichkeit und weder Himmel noch Erde waren sichtbar existent. Ihre Füße mochten zwar einen Grund berühren, doch was verbarg sich darunter? Was, wenn man den Mut fasste, tiefer zu blicken, mit der Hand die Oberfläche zu durchbrechen und ohne Angst und Zweifel eine neue Sicht auf eine festgefahrene Meinung zuzulassen und hinweg zu sehen über die Gesetze, die man sich selbst auferlegte? 
 
Als Tanuri sich schließlich vollständig aufgerichtete und die letzte Rabenfeder zu Boden gefallen war, stand Jeremias vor ihr, wenn auch nicht ganz so, wie sie ihn in Erinnerung hatte und doch war alles an ihm, wie sie es kannte. Leicht neigte sie ihren Kopf, um ihm die angebrachte Ehrerbietung zukommen zu lassen. 
 
"Fragen, ja die habe ich. Zahlreiche sogar. Aber, auch wenn Ihr in meiner Welt nicht mehr in dieser Form existiert, bleibt Ihr mein Priester und mein Lehrer. Und deshalb steht es mir nicht zu, Euch mit Fragen zu bedrängen." Tanuri schloss für einen Moment ihre Augen und ließ sich in die Stille fallen.

Ihr erneutes Zusammenkommen in diesem Reich, welches wohl einzig Jeremias gehörte und in dem sie als Gast geladen war, war von einer durch und durch einnehmenden Ehrfurcht getragen. Es fühlte sich anders an wie im Felsendom oder bei den Gräbern der Toten. Der Glaube, sowie auch der dunkle Lord waren hier nahezu greifbar, ganz so, als müsse man nur die Hand ausstrecken, um beides zu fassen. 
 
Mit einem ruhigen Atemzug öffnete sie ihre Augen wieder und ließ ihren Blick über die endlose Ebene gleiten. Alles wirkte neu und zugleich so bekannt. Nichts war ihr fremd und doch hatte sie es nie zuvor auf diese Weise gesehen. Und was sich noch verändert hatte war, dass sie diesmal keine Eile mehr verspürte. 
 
Niemand wartete auf sie, niemand bedrohte ihr Leben. Die Geschichten setzten sich fort, auch dann, wenn sie schlief. 
 
"Es wäre anmaßend, etwas von Euch zu fordern, denn Ihr seid mir nichts schuldig, Jeremias. Ich erwarte von Euch deshalb weder Antwort noch Tat. Wenn Ihr mir aber trotzdem eine Korrektur erlaubt?"

Kurz wartete sie ab, ob ihr Gegenüber sie unterbrechen würde. Der Priester mochte nicht mehr lebend und auch nicht tot sein, trotzdem war er ihr Vorgänger, so wie es viele zuvor gewesen waren und wie auch viele nach ihr folgen würden. Und so gebührte ihm der gleiche Respekt und die Anerkennung, die auch sie einforderte.
 
Wenngleich sie selten einer Meinung gewesen waren, war es genau das, was sie miteinander verband. Denn was geschah, wenn man nicht länger über das Wort diskutierte und aufhörte, seine Überzeugungen zu verteidigen? Könnte der Glaube dann überhaupt weiter bestehen? Schwerlich, denn am Leben bleibt nur das, worüber man nachdenkt, wofür man betet und worauf man vertraut. 
 
Ein ungewohnt sachtes Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab und ließ ihr Gesicht wesentlich weicher und jugendlicher wirken, als es der sonst strenge und unnahbare Blick zuließ. "Ich habe keine Freunde." Weder wollte sie Mitleid oder Trost erhaschen, noch tat sie sich selbst in irgendeiner Form Leid. Es war eine einfache Tatsache, die sie begleitete und die sie nicht anders beabsichtigte.

Sie war, wer sie war, und oft genug verurteilte man sie genau dafür. Zu kalt, zu verschlossen, zu perfekt, zu unangreifbar, zu distanziert. Gleichzeitig war es aber genau das, was von ihr erwartet wurde. Es war schwer, allen gerecht zu werden, vor allem dann, wenn es bisher niemand schaffte, gerecht zu bleiben. Denn Gerechtigkeit bedeutete unter anderem, sich an die Ehrlichkeit zu halten, auch dann, wenn es einem selbst schadete.
 
Andächtig hob sie ihre Hände auf Hüfthöhe, verschränkte ihre Hände ineinander und suchte vorsichtig auffordernd, aber nicht bittend, den Blick des Priesters. "Ich verlange nichts von Euch, wenn Ihr mir aber Antworten geben könnt, dann höre ich Euch zu."

 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Etoh
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#1228

Beitrag: # 54739Beitrag Etoh »

„Ja ich will das du weiter gehst. Stillstand kann niemals eine Lösung sein. Doch ein Spiel, Freya, ist es nicht. Ich sorge mich um dich.“
 
Das Kind schien seltsam entrückt zu sein. Schien ihren Augen und Ohren und noch weniger ihrem Verstand zu trauen. Kümmernis überkam den Priester. Sorge um den Zustand ihrer Seele. Würde sie jemals gesunden können? Jemals wieder Vertrauen in andere oder in sich selber finden? Für ihn sprach das Mädchen weiterhin in Rätseln. Woher hätte er wissen sollen oder können wie sie dort hin kam? Sachte schüttelt er den Kopf.
 
„Nein ich weiß es nicht. Ich habe dein Zimmer nie gesehen. Du weißt das sie mich niemals in die Mauern der Legion rein lassen würden.“
 
Er konnte sehen wie die Erinnerungen die in ihr hoch kamen sie zu quälen schienen. Wie sie versuchte sich dagegen zu wehren, um doch der Erinnerung zu unterliegen. Die Schale unter seinen Händen wurde immer wärmer. Wärmer als es die Umgebungstemperatur hätte zulassen dürfen. Lag es an der Umgebungstemperatur in der Freya sich befand, oder lösten ihre Emotionen es aus das sich das Metall veränderte?
Etoh war gezwungen die Schale los zu lassen. Begleitet mit der eignen Befürchtung somit die Verbindung zu dem Mädchen zu verlieren. Doch das Bild in der Schale blieb konstant. Verflüchtigte sich nicht.
 
„Ich war nicht dabei, Freya, es ist deine Erinnerung ganz alleine.“
 
Sie musste weiter erzählen, um irgend einen Anhaltspunkt finden zu können wie er ihr weiter helfen konnte. Wo er sie finden würde. Auf welchen Weg man sie zurück bringen konnte, oder ihr zumindest einen Weg zeigen um den Weg nach Hause selbst zu finden.
 
„Du hast Recht, die Erinnerungen ändern nichts. Doch sie können dir Helfen dich zu Orientieren. Zu verstehen was genau geschehen ist und damit deine Lehren für deinen weiteren Weg mitgeben.
 
Manchmal können sie einem aber auch Trost sein. Erinnerst du dich an den Strand? Das Wasser, die Wellen? Den Stein an dem wir saßen? Erinnerst du dich, das ich immer da war, wenn du gekommen bist?"

 
beschreibt er ihre gemeinsamen Erinnerungen.
 
"Es muss nicht alles schlimmer werden... Was glaubst du akzeptieren zu müssen?
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Heiler zum Beruf - Priester aus Berufung
"Du weißt nicht, wie schwer die Last ist, die du nicht trägst"
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Lorena
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#1229

Beitrag: # 54740Beitrag Lorena »

Vertrauen war etwas, dass man sich verdienen musste. Auch ein Name, so lapidar es auf den ersten Blick erscheinen mochte, war eine nicht
zu unterschätzende Information. Mit ihm konnten Reaktionen herausgefordert oder Verbindungen geknüpft werden. Gerade in Zeiten wie diesen,
wo ihre Feinde reich gesät waren, galt es ganz genau abzuwägen, welches Wissen man preisgab oder eben auch nicht. Daher empfand sie es
durchaus schon als Zugeständnis ihres guten Willens, dass sie ihren Namen verraten hatte.


„Nein danke, ich halte nicht sonderlich viel von vergebenen Lippenbekenntnissen, die keinerlei Nutzen stiften.“ Ob Stellan ihre Worte abermals
als harsche Abfuhr empfinden würde oder den wahren Sinn dahinter erfassen konnte, war nicht abschätzbar, aber im Grunde auch egal.
Sie wusste um ihr resolutes Auftreten. „Sich zu entschuldigen, obwohl das Vergehen nicht bereut wird, entbehrt jeglicher Logik. Eine Ohrfeige
zur Eindämmung von Hysterie empfinde ich durchaus als legitim, insofern der äußere Rahmen entsprechend gegeben ist.“


Selbst wenn er einräumen würde, dass er voreilig oder falsch agiert hatte, müsste seine Entschuldigung wohl viel mehr seiner Tochter gelten,
als der Eismagierin. Sie selbst verurteilte lediglich die äußeren Umstände nicht die Tat als solches. „Ich kann Euch versichern, nicht erpicht
darauf zu sein, dass Ihr Euch entblößt. Ihr mögt mein Einschreiten verurteilen und seht Euch selbst im Recht, aber niemand bei Verstand hätte
in meiner Position tatenlos zugesehen, bei dem was ihr getan habt.“


Auch wenn Stellan ihr offenkundig nicht zugestand, über die familiären Verhältnisse zu urteilen, würde sie ihm dennoch keine weitere
Möglichkeit bieten, seiner Tochter erzieherische Maßnahmen angedeihen zu lassen. Möglicherweise hatte er keinen Einfluss auf die nebulöses
Konturen, die ihn in die Legion geführt hatten, doch konnte sie sich dessen wirklich sicher sein?  Warum sollte er ihr die Wahrheit sagen?
Wenn er mit Naheniel unter einer Decke steckte, wäre er ein dummer Narr dies zu offenbaren. Besonnenen Schrittes folgte sie ihm dennoch
die Stufen hinab, nur um ihm am Fuße der Treppe den Weg in das Kaminzimmer zu deuten, während sie im Geiste schon ihre weiteren Schritte
durchdachte.


~“So viel zu tun, wer kommt zuerst und wer kann warten? Die Bognerin finden, das Kind beschützen, es fortbringen, der Hüterin Hilfe zukommen
lassen, den Spuren der Dunkelheit folgen, der Verlockung der anderen Seite widerstehen, ergründen wer was wissen könnte
oder doch gar einfach alle töten? “~


„Es wirkt, als hättet Ihr ein Problem damit, dass sich hier nicht alles so fügt, wie Ihr es gewohnt seid.“ Nicht mehr als eine Vermutung ihrerseits,
aber die Starrsinnigkeit, welche der Greis an den Tag legte, deutet für die Inquisitorin darauf hin. „Ich kann Euch versichern, dass ich eine gute
Auffassungsgabe habe, wohingegen meine Geduld jedoch Grenzen hat. Wie ihr seht, steht auf dem Tisch ein Krug mit frischen Wasser und dort
auf dem Servierwagen findet ihr Wein oder auch andere alkoholische Getränke. Nehmt Euch, wonach es euch dürstet und dann erwarte ich
Antworten.“


Während sie darauf wartete, welche Wahl Stellan treffen würde, nahm sie in einem der Sessel vor dem Kamin Platz und musterte eingehend
dessen Erscheinung. „Nun, da wir die gängigen Höflichkeitsfloskeln hinter und gebracht haben und ich Euch entgegengekommen bin, ist es an der
Zeit, dass Ihr es mir gleichtut. Lasst uns also darüber sprechen, warum Ihr wieder zurückgekehrt seid, was hat sich geändert, dass Ihr es für
ratsam haltet, eine Tarnung aufzugeben, die Ihr jahrelang aufrechterhalten habt?“

 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
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Jeremias Rabenherz
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Beiträge: 408
Registriert: Do 6. Mai 2010, 17:46

#1230

Beitrag: # 54741Beitrag Jeremias Rabenherz »

Die Züge lächeln leicht. Es war verstehendes Lächeln. Eines das irgendwie erahnen lässt, dass alles seinen Gang ging. Er hatte sie nie wirklich vor Bücher gequält. Natürlich die Doktrin und die Bibliothek des Doms waren nie verschlossen, aber er hatte nie gesagt, lies das und das oder das. Nicht mal das eine Buch, dass so viel Bedeutung trug. Mögen es andere getan haben, sein Wirken war stets anders. Er war jemand der sehr unkonventrionelle Wege anging. Sie wusste das.

"Keine Freunde also. Dann bist du jetzt bereit." Sollte das bedeuten das dieser Moment unausweichlich gewesen ist. Das es ihre Bestimmung war? Oder gab es überhaupt Bestimmungen. Wozu bereit. "Dann hast du nämlich jetzt Zeit. Zeit zu heilen und sich bewusst zu werden, warum du dort bist wo du jetzt bist. Niemand wird dich drängen, du kannst jetzt das tun wofür ich dich erwählt habe und das ist mehr als irgendwelche Riten halten, Tanuri. Worte, Bücher, selbst Gebäude tragen nicht den Kern des Glaubens. Den trägt man in sich. Du hast einst entschieden, wie viele andere sich entschieden haben. Du bist den Weg gegangen, du hast dich geopfert für ihre dunkle Heiligkeit. Aber -  weißt du was?"

Er schritt näher auf sie zu. "Das reicht nicht." Er schmunzelte leicht. Er hat sie so ins offene Messer laufen lassen einst. Aber selbst das war ein Grund. Selbst diese Entscheidung hatte eienn Sinn.

"Diesen Weg kann jeder gehen. Jeder kann für diese Macht sterben. Du hast es gesehen. Diese Kreatur die ist auch für diese Macht gestorben und viel schlimmer, er hat sie bekommen. Das sollte in dir die Frage wecken, warum? Eine Kreatur die nicht glaub, ein Wesen das offen sogar gegen den Gott spricht. Wieso gewährt unser HERR diese Macht? Ich sage es dir oder nein, ich zeige es dir. Ich zeige dir wem wir dienen, ich zeige dir warum wir ihm dienen und was deine Bestimmung ist. Dabei geht es nicht darum was andere denken was sie wollen, wie jemand zu sein hat, es geht darum was Glaube ist und an WAS und WEN wir glauben, so wie die Überzeugung dahinter. " Er will auf etwas hinaus und Tanuri merkt wie langsam der Boden erzitterte. Feine ringförmige Kreise wabern über das Wasser, als würde es vibrieren. Er selbst schritt über die Oberfläche als wäre das Gehen noch nie so leicht gefallen. Die schwarzen Schwingen mit den roten Spitzen hoben sich stolz empor, das erste Mal sieht sie ihn nicht im kranken zustand. Sondern offen, stolz erhaben. Die Federn im satten schwarz und tiefen rot. "Du hast lange Zeit ein Amt ausgeführt, aber du hast da noch nicht verstanden was es bedeutet, du hast noch nicht verstanden das dieses Amt, kein einfaches Amt ist sondern noch viel tiefer geht. Es ist mehr als eine Predigt, es ist mehr als ein Wort an die anderen zu richten. Wie lange Tanuri. Wie lange ist es her, dass du Ogrimar gefühlt hast. Wie lange ist dieses Amt schon mehr Bürde als Berufung?"

Aus dem Boden schoben sich schwarze Obsidianes Gestein, spitz und scharf, türmen sich auf zu einem Gebilde und bilden einen Kessel um sie herum. Es wirkte kühl und gleichsam aber nicht frierend kalt. Als wäre alles durchdrungen von einer eigenen Finsternis. Die Frage war es ob Jeremias dafür verantwortlich war oder nicht. Es war sein 'Gefängnis' er könnte es durchaus befehligen. Selbst wenn er das tut, tut er das aus einem Grund.

"Ich zeige dir was Glaube ist. Und ich stelle dir jemanden vor. Ich nehme an du wolltest immer schon mal den EINEN dem wir dienen endlich begegnen? Sehen Tanuri und hören, aber wenn du nicht bereit bist, wird sein Anblick dich blinden lassen, sein Wort dich zerreißen. Also werden wir vorher dich vorberteiten müssen, dass du diese Begegnung überlebst." Das klang erstmal unmöglich. Konnte man Glauben zeigen? Wenn ja wie? Sollte das wahrhaftig so sein, dass sie Ogrimar begegnen wird? Dem Herrn für den sie starb, den Einen für den sie all das getan hat. Noch viel schwerer ist die Frage: Wird er ihr wohlgesonnen sein?

Das Bild hatte sich geändert. Sie waren umgeben von den scharfkantigen Obsidianen Gestein. Überall bis auf einen kleinen Pfad. Es blieb ihr keine andere Möglichkeit als dieser Pfad. Das Sofa war verschwunden, die einzige Verbindung die sie im Moment noch gehabt hatte an den Raum indem sie lag.

Seine Schritt lenkten an ihr vorbei. Über den nassen Boden auf den Pfad. Schritt für Schritt und nicht eilig. Er begnügte sich nicht damit ihr irgendwelche Phrasen zu erzählen, irgendwelche Zitate um die Ohren zu schleudern. Er wird sie mitnehmen. Tief in seine Welt. Das Zwielicht war ein Ort der Möglichkeiten, aber auch ein Ort den er nicht verlassen kann. Dort gibt es alle Zeiten und Einblicke in alle Welten. Das klingt wunderbar und spannend, aber ohne je diese Welten wirklich betreten zu können, war es dann doch eher ein Zusehen als ein Aktives Eingreifen. Also nur halb so spannend. Trotzdem konnte es ihr helfen, die tiefere Bedeutung zu verstehen und das ganze zu erleben. Warum sie sich dafür einst entschieden hat vor dem Orakel, warum sie damals sich geopfert hatte um diese Macht zu empfangen. Warum sie die Legion gründete und wieso sie entschied das Amt das ihr ein sterbender Priester hinterlassen hatte anzutreten. Dafür gab es Gründe. Keine Gründe die sie nun beschreiben würde. Sie würde sagen die Verpflichtung, das Elternhaus und der Glaube. Aber was war Glaube wirklich?

"Erscheck dich nicht, was du auch siehst. Du solltest immer in meiner Nähe bleiben, es gibt Orte und Zeiten, an denen du aus dem Zwielicht gezogen werden könntest und dann haben wir den Salat." Sie war schließlich nur geistig hier. Wenn sie verloren ginge.. oh, dann würde sie vermutlich nie wieder erwachen. "Du musst eine Kreatur bezwingen, welche entschlossen ist, dich und alles was du kanntest auszulöschen. Da kannst du dann nicht ewig schlafen. Also schön bei mir bleiben."

Der Rabe landete auf der Lehne des Sofas und schaute auf die Priesterin herab. Die Augen spiegeln ihr Bildniss wieder mit den Obsidianen Gesteinen. Der Vogel starrte die schlafende an. Eindringlich und gleichsam studierend.

"Krah!" Fast wie ein Wunsch. "Gute Reise."
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Rabenvater •  Stammbaum Rabenherz
"Ich diente dem HERRN bis er mich rief, jetzt diene ich ihm erneut."
<<Die Tugend nistet, wie der Rabe, mit Vorliebe in Ruinen.>>
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Naheniel
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#1231

Beitrag: # 54742Beitrag Naheniel »

Naheniel beugte sich zu Syndra hinab und seine Lippen streiften flüchtig über die ihrigen. "Sssssch, mein Liebes."
Sein Zug auf ihr Haar verstärkte sich noch ein klein wenig mehr, ebenso wie der Druck um ihr Handgelenk. Die Male würden wohl für eine längere Weile bleiben, aber das war ihm gleich. Manchmal schadete es nicht, eine Erinnerung bei sich zu tragen, die nachhaltig wirken konnte und dauerhaft im Gedächtnis verblieb. Noch trug seine Nordfrau keine Wunden durch ihn, die er auch wieder rücksichtslos aufreißen konnte, ohne auf die Konsequenzen einer solchen neuerlichen Verletzung zu achten. Die Betonung lag allerdings auf "noch".

 
"Misstrauen. Ein mächtiges Wort, findest Du nicht? Wollen wir uns gemeinsam an etwas erinnern? Ein Abend, der Felsendom, Deine Freundinnen, Du und ich?"
Mehr musste er nicht sagen, sie würde schon wissen, worauf er anspielte. "Weißt Du noch, wie es sich angefühlt hat?" Ein kaltes Lächeln zeigte sich auf seinen Zügen, das begleitet wurde von einem ebenso kalten Ausdruck in seinen Augen, die stählern auf sie gerichtet waren. 

 
"Und Du denkst, ich toleriere es, wenn sich Dir jemand nähert?" Leise schnalzte er mit seiner Zunge und schüttelte dabei leicht seinen Kopf. "Wirke ich auf Dich wie meine einfältige Schwester, die sich seit Jahren immer wieder vor aller Augen zum Narren macht?" Naheniel lachte heiser auf und wog seinen Kopf abwägend zur Seite. "Im Gegensatz zu ihr, dulde ich keine Nebenbuhler.
Ich stehe offen zu dem stehen, was ich will und hole es mir, ohne dabei Rücksicht auf irgendwen zu nehmen." 

 
Reagierte er über? Vielleicht. Aber so war es eben, wenn man sich auf ihn einließ. Ganz oder gar nicht. Etwas Halbes gab es nicht.
Syndra sollte längst wissen, wen sie in ihr Leben gelassen hatte. Jetzt überrascht von seiner Unberechenbarkeit zu sein oder ihm diese zum Vorwurf zu machen, wäre naiv. Und naiv, das hoffte er doch inständig, war sie nicht, denn dann hätte er sich in ihr getäuscht und von Täuschungen jeder Art hielt er sehr wenig.

 
Langsam löste er den Griff in ihrem Nacken und glitt mit seinen Fingerkuppen an ihrem Hals entlang, um an ihrer Kehle zu verharren. Ein ganz leichter Druck konnte schon ausreichend sein, um eine unerfreuliche Atemnot hervorzurufen. Naheniel wusste, wie wenig Kraft dafür notwendig war, denn er hatte bereits viele auf diese Weise in den Tod geschickt.
Zuletzt seinen Vater. Zumindest dachte er das.
Oder war es möglich, dass Stellans Überleben Absicht gewesen war? Ein kleines Geheimnis und die Antwort darauf kannte nur er. 

 
Das widerspenstige Feuer in Syndras Augen gefiel und reizte ihn gleichermaßen. Allerdings auf eine Weise, die ihr nicht sonderlich zuträglich sein würde, da es ihn nur noch mehr anstachelte. Zumindest, das musste er ihr lassen, wehrte sie sich gegen ihn und gab sich nicht einfach hin, wie eine willenlose Marionette, die nur darauf wartete, für das Dunkel die Beine breit zu machen.
Und genau das war es, was es für ihn umso interessanter machte. 

 
"Angst allein genügt mir nicht." Seine Stimme senkte sich zu einem leisen Wispern, das sich kühl auf die Lippen legte, die er kurz zuvor noch mit so etwas wie einem Kuss bedacht hatte. "Ich werde Dich mit der Panik bekannt machen." 
Für einen Moment hielt Naheniel nachdenklich inne und seine Augen verengten sich abwägend, bevor er diese wieder unbarmherzig auf Syndra richtete.
"Nein, anders, Du sollst ihr nicht nur begegnen, ich will, dass sie gespürt wird. 
Angst ist vergänglich und kann zu einfach verdrängt werden. Panik aber vermag es einen in die Knie zu zwingen und sie … bleibt. Für immer.

Einmal erlebt, kann sie bereits von einem einfachen Gedanken ausgelöst werden. Sie nistet sich ein und man vergisst nie, wie es ist, wenn sie einem die Luft zum Atmen raubt, die Lungen zusammendrückt und das Herz,"
er fuhr mit seinen Fingern hinab zu ihrem Brustkorb und ließ diese dort für einen Augenblick verweilen. Dabei verzichtete er aber auf jegliche dunkle Magie, denn er vertraute darauf, dass seine Worte mehr als ausreichend waren, "schneller und immer schneller schlägt, bis es vor Anstrengung zu zerplatzen droht und außer dem Rauschen des eigenen Blutes dringt kein Geräusch mehr an die Ohren." 

 
Kurz wartete er ab, ließ das Gesagte und seine Berührung zu seiner vollen Entfaltung kommen, bevor seine Finger wieder hinauf wanderten und zärtlich zur Begleitung seiner weiteren Worte an ihrem Kiefer entlang strichen, als müsste er ihr aufgrund seines Vorhabens Trost spenden. 
"Niemand, der einen besänftigen kann, niemand, der einen aus dieser Spirale holt. Bis sich die Panik, um was auch immer, denn Dein Leben bedrohe ich nicht, ins Unermessliche steigert.
Und irgendwann da kommt der Moment, an dem der Körper zitternd nachgibt. Was einen nur noch schutzloser macht." 

 
So sanft seine Geste auch war, seine Worte blieben schneidend und unerbittlich. Er verschwendete seine Zeit nicht mit einer bloßen Androhung, die er niemals in die Tat umzusetzen gedachte. Das, was er versprach, hielt er immer, sowohl das Gute als auch das Böse.

Auch wenn der Griff in ihrem Nacken sie nicht mehr fesselte, mit seinem Blick hielt er sie fixiert und gab ihr keine Möglichkeit des Entrinnens. 
Sie mochte sich gegen ihn auflehnen, eine selbstbestimmte und starke Frau sein, doch das gewährte er ihr in diesem Moment nicht. Wollte sie für ihn mehr sein als nur eine von vielen, würde sie seine Regeln akzeptieren müssen. 
 
"Man wünscht sich, vor diesem erdrückenden Gefühl fliehen zu können, doch es gibt keinen Ort, der sicher ist. Es findet Dich überall. Und irgendwann genügen nur wenige Worte oder ein einzelner Name, damit die Panik erbarmungslos angreift und ihre Krallen in Deinen Geist schlägt." 
Mit seiner Wange strich er an ihrem Gesicht entlang, kratzte mit seinen Bartstoppeln über ihre weiche Haut und berührte mit seinem Atem die Konturen ihres Ohrs, um ihr dort einen Namen einzuflüstern, der bei ihr mit Sicherheit ein unangenehmes Gefühl wecken sollte. 
 
Dann aber lächelte er sacht, nahezu nachgiebig und richtete sich wieder vor ihr auf.  Zärtlich tänzelten seine Fingerkuppen wieder zu ihrem Hals und mit seinem Daumen fuhr er dort an der Kette entlang, die er ihr bei ihrem Besuch in seiner Welt schenkte.
Ein Familienerbstück mit einer weit zurück reichenden Geschichte. Syndra wusste nichts davon, aber Naheniel entschied, dass die Zeit gekommen war, dass sie langsam aber sicher die Magie der Kette kennenlernen durfte. Spiele konnte man zahlreiche spielen, nicht aber mit ihm.  
 
Denn er war zu einem Zweck auf dieser Welt, nämlich um zu herrschen und alle zu unterwerfen und zu brechen, die sich seiner Macht nicht beugen würden. Bisher hatte er Syndra viele Freiheiten gelassen. Da aber andere versuchten, sie gegen ihn zu benutzen, war dies nicht länger eine Option. 
 
Langsam strich er Glied für Glied über die Kette und mit seiner Berührung wurde diese schwerer und schwerer um ihren Hals. Sie erdrückte oder würgte die Syndra nicht, aber die Schwere brannte sich spürbar in ihre Haut. Die einzelnen Verschlingungen des Schmuckstücks begannen sich zu winden und noch weiter ineinander zu greifen und es wirkte, als würde sich eine lebendige Fessel um Syndras Hals legen, die mit nichts zu lösen war. 
 
"Ich sagte es bereits, ich habe keine Zweifel. Nur will ich abschließend etwas klarstellen." Naheniels Stimme blieb nach wie vor ruhig, auch wenn diese eine unterschwellige Warnung in sich trug. "Ich stehe zu meinen Worten und Bekenntnissen.
Aber glaube nicht, dass ich mir alles gefallen lasse, was ich sehen und hören muss."
 

 
Die Anspannung in seinen Muskeln wich und schließlich gab er Syndras Hand ebenfalls frei. Mit einem letzten, warmen Atemzug berührte er die Lippen seines Gegenübers und war gerade dabei, mit seiner Hand über ihre Wange zu streicheln, als er bemerkte, dass Sand aus dem Ärmel seines hellen Leinenhemds rieselte. 
 
Verwundert richtete er seine Aufmerksamkeit auf die fallenden Körner, die in ihrer Farbgebung einmalig waren. Noch dazu brannte es auf seinem Körper, als wäre dieser über und über mit eben diesem Sand bedeckt, der gerade noch von einer heißen Wüstensonne erhitzt worden war. 
 
Er trat einen Schritt von Syndra zurück und betrachtete auch seinen anderen Arm. Auch hier verhielt es sich gleich, feine Sandkörner rieselten aus seinem Ärmel. Verärgert legte er seine Stirn in Falten und sah sich prüfend um. Nichts sonst hatte sich in dem Raum verändert.
Allerdings konnte er die Gegebenheiten nun definitiv nicht länger ignorieren. Denn es vergaßen anscheinend nicht mehr nur die Schatten zu ihrem Dienst anzutreten, sondern der Sand aus der von ihm geschaffenen Wüste holte ihn ein, legte sich auf ihn und hinterließ glitzernde Spuren, als wäre er unter diesem begraben. 

 
"Unmöglich."

 
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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-Freya-
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#1232

Beitrag: # 54743Beitrag -Freya- »

Freya ließ ihre Lider sinken, während sie sich nachdenklich über die Lippen fuhr. Ja, sie erinnerte sich. Auch wenn es weit entfernt war, doch waren die Bilder nicht weniger lebendig. Er war immer da gewesen. Das konnte sie genauso wenig abstreiten wie ihre Fußabdrücke im Sand, welche die seichten Wellen hatten verblassen lassen, bis sie am Ende des Tages weggespült und nur die Erinnerung blieb. Für einen kurzen Moment hatten sie existiert, auch wenn es keine bleibenden Spuren hinterlassen hatte, außer in den Bildern und den Gedanken in ihrem Geist.

Freya konnte es bestreiten, aber sich nicht selbst belügen. All die Worte über Hoffnung, Aufopferung, Liebe und Wahrheit. Gespräche über Eifersucht, Neid, Lüge und Hass – so vieles war damals gesagt worden. Ihre Bedeutung, wem es vorbehalten bleiben sollte, die wahrhaftig zu kennen oder wer vorgab, frei davon zu sein.

Doch die Wirklichkeit holte jeden ein und sollte sie eines Tages jemals wieder an den Stein treten, wäre dieses Gespräch sicher unter vielen neuen Facetten zu betrachten. Aber dies hier? Dies hier war eine Illusion. Nichts weiter. Was sollte sie einem Trugbild erklären, wie es sich anfühlte, wenn nichts mehr blieb. Was diese Herausforderung des Meisters mit ihr machte und wie tief sie nach ihrem eigenen Glauben suchen musste, um sich nicht vollständig selbst zu verlieren.

Die Geschichte des ersten Seraphs des Herrn hatte es ihr bereits gezeigt, dass man bereit sein musste, alles für den Einen aufzuopfern. Ein Opfer, das nicht nur bedingungsloses Vertrauen erforderte, sondern Glauben. War dies nun ihre eigene Geschichte? Ihre Prüfung.

Der Glaube verlangte vieles. Liebe war dabei nicht nur dem Licht vorbehalten. Es war eines der wenigen Dinge, die Dunkelheit und Licht miteinander verband. Eine Macht, die alles übertraf, sowohl im Guten als auch im Schlechten und die Menschen zu ihren größten Opfern, aber auch zu ihren größten Verbrechen oder Sünden trieb. Kriege wurden dafür geführt, Menschen betrogen, Verrat begangen und Leben zerstört. Nichts ließ jemanden mehr hoffen und verzweifeln zugleich, als dieses Gefühl, nichts stürzte eine Seele tiefer in den Abgrund.

Keine Macht entfesselte mehr Chaos als Liebe. Je bedingungsloser sie war, desto mehr wuchs aus ihr heraus. Man war bereit zu töten, zu opfern, zu hassen oder sein Leben selbst zu geben. Eine Hingabe, zu der sie nicht weniger bereit war. Sie konnten es bestreiten, aber nicht sich selbst belügen.

Leicht nur wanderte das Blau ihrer Augen mit den zarten Kreisen. Welche Lehren hatte sie in ihren Erinnerungen. Sich zu erheben oder untergehen. Es gab immer mehrere Wege. Doch am Ende waren beide eine Entscheidung - entweder zu kämpfen oder aufzugeben.

Ein zynisches Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Sanft umspielte es ihre zarten Züge auf eine erkennende Weise, während die Sonnenstrahlen ihre Augen in goldenen Facetten zum Leuchten brachte.

„Du weißt, ich werde weitergehen.“ Tief in ihrem Inneren spürte Freya die Wahrheit dieser Worte. Seine dunkle Majestät hatte sie vor diese Prüfung gestellt. Er hatte ihr alles genommen und ihr war nicht als tiefer Schmerz und die Leere geblieben. Eine Angst, die sie verfolgte, sich am Ende sogar selbst zu verlieren. Sie brauchte etwas, um Halt zu finden. Einen Grund. Und wenn es der Glaube des Paters war, der sie mahnte, die Hoffnung zu bewahren, dann sollte es sein Glaube sein.

Ja, sie würde weitergehen. Schritt für Schritt, bis auch der letzte Splitter ihrer Seele zerbrechen würde. Bis sie einen neuen Weg fand oder sich endgültig verlor. Es war Akzeptanz, dass niemand kommen würde, um sie zu retten.

Ganz sicher auch nicht der Pater. Es wäre nicht nur absurd, sondern unvorstellbar. Nein. Die Zeit hatte dort sicher bereits alles mit einem Schleier des Vergessens bedeckt. Die Tage in der Legion, die zerbrochenen Spiegel – all das war längst auch dort nur noch eine Erinnerung.

„Ebenso, dass niemand kommen wird, sich um mich sorgt oder wahrhaftig auf mich wartet.“ Mit einem leichten Blinzeln, das so zart war wie das Schlagen von Schmetterlingsflügeln, klärte sie ihren Blick und vertrieb den Nebel aus ihren Gedanken. Wie oft hatte sie immerhin bereits gehört, dass sie wichtig sei für jemanden oder eine Bedeutung hätte. Alles Worte, nicht mehr.

„Auch du nicht, Etoh. Warum solltest du.“  Ohne Eile, Drängen oder Furcht war es zum ersten Mal ein Moment, in dem Freya sich erlaubte, in sich zu blicken. Vielleicht war sie an einem Ort, an dem sie endlich begreifen konnte, wer sie wirklich war und wer sie sein wollte. Ein Ort, der in seiner Bedeutung dem Stein ähnlich war, den sie in ihrer Erinnerung trug.

„Nein, auch du nicht.“  Wiederholte sie leise. Erneut nach Hoffnung zu suchen, die sie mit allen Facetten von träumerischen Illusionen in die Dunkelheit geführt, wollte sie sich nicht erlauben. Wie schnell sich eine erwartungsvolle Zuversicht wandeln konnte, während alles um sie von einem Herzschlag auf den anderen zu Asche zerfiel, war ihr bewusst. Wenn sie das war, was Tanuri in ihr gesehen hatte und wofür man sie schützte, um ihren Weg zu ebnen, dann war es schon fast Ironie, dass ausgerechnet der Pater sie vermisste.

„Akzeptanz. Einen Weg zurück gibt es nicht. Nur einen nach vorn.“ Wenn es einen Weg gab, dann war es der Glaube. Nicht nur der Glaube oder das Vertrauen an einen Gott, sondern auch an sich selbst. Ein Wille und eine Entschlossenheit, ihrem eigenen Weg zu folgen. Eine Überzeugung, die keinen Raum für Zweifel ließ, wie die Hoffnung es tat. Sich an etwas so Zerbrechliches zu klammern, verursachte Schmerz, den sie nicht länger ertrug.

Vielleicht hatte der Pater dennoch recht. Ganz gleich, ob er hier war oder nicht. In ihren Erinnerungen lag vielleicht der Weg. Klammerte sie sich jedoch einfach nur länger an eine Hoffnung, jemand oder etwas zu sein, was andere von ihr erwarteten und akzeptierte sie es vielleicht sogar oder war sie entschlossen genug zu dem zu werden, wer sie wirklich sein wollte? Der Spiegel ihrer Seele, in den sie gesehen hatte. Die Erkenntnis, wonach sie suchen musste…

Ihre Fingerspitzen fuhren über die Oberfläche hinweg, um ihre eigenen Augen sehen zu können. Die Illusion fort zu streifen. Das tiefe Blau. War es noch dort? Sah sie noch immer sich?
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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Tanuri
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#1233

Beitrag: # 54744Beitrag Tanuri »

Mit einer kindlich anmutenden Faszination in ihren Augen beobachtete sie, wie Jeremias' Welt sich unter ihren Füßen neu formte. Das leise Beben bewog Tanuri dazu, für einen Moment innezuhalten und den Versuch zu unternehmen, zu begreifen, wo sie tatsächlich war. Doch das wahre Fassen einer Erklärung war für einen einfachen menschlichen Geist mit großer Wahrscheinlichkeit unerreichbar. Worte vermochten nicht alles zu erklären, auch wenn sie noch so zahlreich vorhanden waren.

Erstaunlich blieb es aber für sie, wie leicht es war, sich der aufkeimenden Neugier darüber hinzugeben, wohin die Lehre des Priesters sie führen und welchen Pfad er ihr bereiten würde. Denn es war nicht nur seine Stimme, die eine Offenbarung überbrachte, sondern jeder Schritt, mit dem sie ihm zu folgen bereit war.  

 

Zum ersten Mal musste sie die Verantwortung nicht tragen, musste keine Entscheidung treffen, nicht das für und wider ausgestalten und über einen Fortgang bestimmen. Sie musste nicht erschaffen und sich keiner für sie noch so tragischen Wendung anpassen. Hier, in diesem Moment, in diesem Raum, ohne Wände und ohne Grenzen konnte sie tatsächlich einfach nur sein. Ohne Zwang und nicht als Bürde. Sondern aus freiem Willen. 
 
Eine Priesterin. Ausgewählt von Jeremias Rabenherz und unter den fortwährend prüfenden Blicken seiner Lordschaft. Hatte sie all Seine Prüfungen bestanden? Mitnichten. Aber nur wer scheiterte, konnte einer Perfektion nahe kommen. Diejenigen aber, die Schwäche zeigten und aufgaben, waren nicht würdig am Ende ihres Lebens in das Reich des einzig Wahren überzugehen und mussten sich vor seinem Gericht verantworten und auf Gnade hoffen. Gnade. Würde diese Tanuri gewährt werden?  
 
Ihr Blick senkte sich auf ihre ineinander verschränkten Hände. Auf einem Ringfinger der einen Hand glänzte der Ring der Priesterschaft, den ihr einst Jeremias hinterlassen hatte, kurz bevor er in ihrem Sessel verstarb und in dieses Leben überging. Auf dem Ringfinger der anderen Hand ruhte der Ring der Finsternis. War es tatsächlich nur ein stummes Mahnmal oder doch der ersehnte Beweis für die Einhaltung eines Versprechens, das sie einst erhalten hatte? 
 
Schwer zu sagen, denn Adrian war in den Schatten verschwunden, bevor sie nach den Worten fragen konnte, die sie hätte hören müssen, um die für sie so nötige Gewissheit zu finden. Verschwunden oder verschollen. Eine dieser zahlreichen Fragen, von der sie nicht wusste, ob sie jemals eine Antwort erhielt.
 
Doch hier und jetzt, in dieser entrückten Welt, fernab des Sterblichen, durfte sie sich nicht ihren eigenen Zweifeln hingeben. Den Zweifeln einer Frau, die so vieles ersehnte und auf so vieles wartete. Stattdessen musste sie ihren Geist auf den Glauben lenken. Einen Glauben, uralt und weit erhaben über den flüchtigen weltlichen Bedenken und Nöten. Aber war sie nach all dem, was geschehen war, noch Priesterin genug? Vielleicht war dies eine weitere Frage, die ihr am meisten auf der Seele brannte. Eine Frage, deren Antwort sie aber gleichsam am meisten fürchtete. 
 
Als der Priester seine Flügel für sie in seiner vollen Pracht entfaltete, sah sie ihn an, als hätte sie ihn nie zuvor gesehen. Ein Außenstehender glaubte womöglich, ein Gläubiger sei wie der andere. Doch dem war nicht so. 
 
Jeder trug seine eigene Aura in sich und um sich - die eine war stärker, die andere schwächer. Aber sie war da. Und in diesem Moment spürte sie jene von Jeremias in einer Kraft, die sie lange nicht mehr so erfahren hatte. Oder vielleicht war ihr Blick auch zu lange getrübt gewesen? Belastet von dem Kummer, der Furcht und der Sorge, die sie jeden Tag über das, was in ihren Händen lag, mit sich tragen musste. 
 
Nun erst ließ sie die Worte von Jeremias in sich dringen, ohne aber genauer beschreiben zu können, ob er sie gerade erst aussprach oder sie ein Nachhall waren und sich solange wiederholten, bis sie gehört wurden. Nicht nur gehört, sondern auch verstanden. Denn das war nicht das Gleiche, wie sie schon oft selbst erleben durfte. "Ich würde diesen Weg immer wieder beschreiten, ohne zurückzublicken auf das Leben, das vergangen ist, sondern ich begrüße das, was vor mir liegt. 
 
Stets dankbar und ehrfürchtig begegne dem, was seine Majestät mir zu überlassen bereit ist. Ich bleibe auch dann dankbar, wenn ich seine Prüfung nicht mehr bestehe und er mich als unwürdig erachtet. Warum? Aus demselben Grund, weshalb ich nicht hinterfrage, warum er dem Vampir das Geschenk der Wiedergeburt gewährte. Weil ich überzeugt bin und es im tiefsten meines Innersten weiß, dass seine Lordschaft erhaben über allen Zweifeln und allen Infragestellungen ist." 
 
Als sie endete und auch das letzte Echo ihrer Stimme erstarb, war Tanuri versucht, das Obsidian, das vor ihr erwuchs, zu berühren. Doch sie hielt sich zurück und bändigte ihre Neugier, denn sie wusste nicht, was eine Berührung verursachen konnte. In der wirklichen Welt, so hatte sie gelernt, brachte eine Berührung von ihr zumeist alles zum Einsturz. 
 
Dieses Risiko durfte sie hier an der Seite von Jeremias nicht eingehen. Denn vielleicht müsste sie dann vorzeitig erwachen. Aber das wollte sie nicht, nicht bevor sie alles gehört und gesehen hatte, was der Priester ihr zu sagen und zu zeigen hatte. Sie war nicht grundlos hier, das wusste sie und da es kein Traum war, dessen war sie sich sicher, musste sie die Gelegenheit nutzen und alles, was sie erfahren konnte, wie ein nach Wasser hungriger Schwamm aufsaugen. 
 
"All jene, die seine Allmacht bezweifeln und nicht an ihn und seine Lehre glauben, haben nichts anderes verdient, als sich seinem gnadenlosen Urteil klaglos hinzugeben und sich von ihm richten zu lassen." Wieder zog das gleiche, sanfte Lächeln über ihre Mundwinkel, wie schon kurz zuvor, als sie ihren Blick wieder auf Jeremias richtete. "Ich für meinen Teil möchte nicht gerichtet werden, weshalb ich mir zumindest diesen Fehler nicht erlaube." 
 
Das Lächeln verschwand allerdings sogleich wieder, als sie sich über die weiteren Worte des Priesters Gedanken machte. Das, was er sprach, wog weit schwerer als das, was in einem normalen Gespräch zwischen zwei Gläubigen besprochen wurde. Es war weitaus tiefgründiger und verlangte, dass jedes Wort genau überlegt wurde. 
 
Dabei ging es nicht darum, Fehler im Gesagten zu vermeiden, sondern zu denken, bevor man sprach und handelte. Eine Tugend, die zunächst so simpel klingen mochte und doch zumeist schwer auszuführen war. Dabei war sie nötig, um nicht nur Schlachten, sondern Kriege zu gewinnen. 
 
"Wie lange ich Ogrimar nicht mehr spüre…" Mit einem tiefen Atemzug senkte sie den Blick und versuchte in der aufkommenden Stille die richtige Antwort zu finden. Doch war es überhaupt eine Frage von richtig und falsch? Oder ging es vielmehr darum, überhaupt eine Antwort zuzulassen? 
 
"Ich habe den dunklen Vater nicht gefühlt, weil ich es nicht zuließ. Ich habe mich vor ihm verschlossen, aus Angst, er könnte mich durchschauen und mich für meine Fehler nicht erst am Tag des Gerichts, sondern sofort bestrafen. Lächerlich, ich weiß. Nur weil ich mich hinter einer Mauer verstecke, heißt es nicht, dass er mich nicht sehen kann. So paradox diese Hoffnung auch ist, sie ist nachvollziehbar, denn…", Tanuri hielt inne, blickte über den weiten und langen Pfad, der sich vor ihnen erstreckte und nicht enden wollte. 
 
Für einen Atemzug erlaubte sie sich, über ihre Schulter zurück zu sehen, als ob dort etwas wartete, was sie von dieser Reise zurückhalten würde. Doch alles, was sie sah, war der sich in die Höhe streckende Obsidian. So wandte sie sich wieder Jeremias zu und ihre Augen trafen auf seine, eindringlich und mit absoluter Aufrichtigkeit, um ihren Worten die nötige Bedeutung beizumischen. "... ich will meine Welt noch nicht verlassen. Ja, ich weiß, es wäre unausweichlich, wenn Er es beschließt und mich büßen lässt. Aber mein Schicksal ist noch nicht zu Ende geschrieben." 
 
Bedächtig setzte sie ihren Weg neben dem Priester fort, ohne etwas zu erwarten, sondern sie ließ alles einfach geschehen, während ihre Füße sie nahezu lautlos immer tiefer hinein trugen. Weg von da, woher sie gekommen war, näher nach dort, wohin sie gehen sollte. 
 
"Wisst Ihr, was ich meiner Adeptin sagen würde, wenn wir ein ähnliches Gespräch führten?" Versunken in der Erinnerung als Mentorin verfiel sie für einen Moment in Schweigen, während sie weiter voran schritt, einem Bild und einer Lehre, das sich nur Stück für Stück zeigen würde. 
 
"Erst wenn Du an Dich selbst glaubst, wird sich Dir der Glaube offenbaren." So einfach und doch so komplex in seiner Ausführung. "Und erst dann, wenn Du den wahren Glauben findest, dann bist Du." Ihre Stimme verhallte zwischen den schwarzen, scharfkantigen Obsidianfelsen, die mit jedem Schritt weiter wuchsen und sich vor ihnen in einer Endlosigkeiten aufbauten. Die Symbolik, die sich ihr damit präsentierte, war eindeutig: Der Weg des Glaubens kennt kein Ende, ganz gleich, ob man hastig auf diesem entlang lief oder gemächlich dahin schritt. 
 
Was aber sehr wohl ein Ende finden würde, war der Kampf, der von Landru eröffnet worden war. Und einer von ihnen beiden, der Vampir oder die Priesterin, würde dafür sterben müssen. "Ich werde diese Kreatur nicht nur bezwingen, ich werde sie vernichten." 
 
Nein, sie hatte wirklich nicht vor vorzeitig zu sterben, denn zumindest war er eine Kreatur, die sie töten konnte. 

 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Stellan
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#1234

Beitrag: # 54745Beitrag Stellan »

Der Blick des Mannes lang schweigend auf der Inquisitorin. Er erwiderte nichts. Weil es egal war was er sagte oder tat. Für sie war jede Information zu viel und erwartete aber alles von ihm. In Ordnung. Er lächelte leicht. Es war nicht mal spöttisch. Es war eher amüsiert. Darüber wie verzweifelt sie versuchte ihre Mauer zu waren. War das der Preis dafür das sie einen Status hatte? Er stellte sich kurz die Frage, aber er verzichtete darauf sie auszusprechen. Wenn Lorena eines erreicht hatte, dass er das Gespräch als ziemlich einseitig empfand. Selbst der Name war also ein sensibles Gut. In einem Haus, wo er hätte auch mit Angestellten reden können, die absolut nichts an Entscheidungsgewalt hatten, vielleicht sollte er nächstesmal die hochsensiblen Informationen dem Latrinenputzer mitteilen, der könnte ja was zu sagen haben. Die Post wird schon ankommen, oder nicht. Was war das für eine Gemeinschaft die darauf fußt, so wenig wie möglich und so kratzbürstig und abweisend wie möglich auf andere zu wirken. Gewinnt man so neue Anhänger? Ach, sie wollen das vielleicht nicht, dass ergab Sinn. Er verstand nur eines, er war nicht erwünscht. Das war in Ordnung.

"Nutzen." Erneut verzogen sich die Lippen zu einem Lächeln. Eine krampfhaft passiv aggressive Frau versuchte Nutzen zu finden, indem sie versuchte einen alten Mann, der hier gestrandet war zu dominieren. Stellan lachte tatsächlich und die Lachfältchen verzogen sich um die Augen wie ein Kranz. "Und ihr seid die Richterin die bestimmt das Namen wertvolle Informationen sind, jetzt hier in diesem Moment, ihr seid Richterin die darüber urteilen darf wie mit meinem Kind umgehen darf. Jeder einzele Satz von euch trieft von Vorverurteilung und Anmaßung und wisst ihr was. " Er machte eine Pause und nickte langsam. "Mir ist es völlig egal. Das ihr einen Titel habt oder eine Position ist egal. Ich habe keinen Titel werteste Inquisitorin und macht mich das jetzt zu dem Dreck auf dem ihr rumtreten könnt, damit ihr euch unantastbar und groß fühlt. Werdet ihr sonst so sehr unterdrückt, dass dies nötig ist?" Er wiegte den Kopf Kopfschüttelnd, aber fast schon Mitleidig. "Eine Frage an euch um zu verstehen wieso ihr das tut. Wie bewertet ihr die jetzige Situation, dass ihr glaubt eurer Name ist eine Information die nicht leichtfertig genannt werden darf, in den Hallen der Legion mit einem in Krankenhemd stehen alten Mann, der halbtot von der Straße gekratzt wurde?" Denn scheinbar sah sie überall Angriff und Angreifer und selbst er der sich kaum auf eigenen Beinen halten kann, schien genug Angreifer umd en Versuch zu starten ihn verbal zu bezwingen. Er zog eine Augenbraue hoch. Ehrlich Lorena, geh in dich. Bewerte das, reflektiere. Manchmal ist ein alter Mann nur ein alter Mann und niemand der Würde und Stolz angreifen möchte.

"Oh, Frau Inquisitorin, war das der Versuch von Humor, ich bin beeindruckt?" Bezüglich seiner Worte der Entblößung. Sie war also nicht erpicht das er sich 'entblößt' im Sinne von Wissen preisgeben, will aber wissen. Scheinbar schrankt es, hauptsache das Gegenteil von dem sagen und vehement dagegen sein? Es fühlte sich so an. Ein schwieriges Gespräch, wenn man einer Wand sprach. Aber vielleicht will sie dann doch nicht alles wissen, ja, dass hätte sie vielleicht dann auch konkretisieren können. Na immerhin ein Erfolg, er konnte ihren Namen erringen und muss sie jetzt nicht mit: Frauenzimmer ansprechen.

"Keine Sorge ich werde eure Geduld und ihr meine nicht länger strapazieren." Da sie ihm sagte wo er was fand, holte er sich einen Becher Wein selbst und dieser wurde in einem Zug geleert, Frauen waren anstrengend und diese ganz besonders. "Ihr erwartet einen SCHEISS Skraugmist, WEIB. Es reicht. IHR könnt bitten darum, dass ich euch Auskunft gebe. Aber nicht erwarten noch verlangen, noch befehlen. Ich bin nicht einer eurer Marionetten, die es scheinbar sehr gut finden, wenn ihnen jegliches Denkrecht, Wortrecht und Selbstbestimmungsrecht entzogen wird. Wenn man nur eine plappernde Drohne ist, die ihre Informationen über den Tag der hohen Inquisitorin darbieten können ohne je ein Funken Respekt von ihr zu erlangen, genau das seid ihr. Ihr erwartet Respekt, gebt selbst keinen, ihr erwarten Informationen und man muss selbst euren NAMEN aus euch rauszerren, als wäre es ein Gewaltakt. Ihr erwartet und verlangt und fordert. Ich bin keiner eurer Inquisitionsgefangenen und ihr solltet aufhören mich so zu behandeln. Wenn nicht, sagt mir wo ich meine Kleidung finde, ja ich hole sie mir sogar selbst, dann gehe ich. Ist ja nicht auszuhalten mit euch in diesem Haus." Er konnte durchaus resoluter werden. Immerhin hat er es jetzt sehr lange versucht mit ihr auf eine Wellenlänge zu kommen. Diese Bemühungen kamen nicht von ihrer Seite.

Er holte tief Luft und atemte durch. Was fällt der Frau so schwer normal mit ihm zu reden? Er hat jetzt echt verdammt oft signalisiert, okay, vielleicht hab ich übertrieben, aber scheinbar geht das irgendwie auf dem Weg zu ihrem Gehör verloren.  "Also versucht es noch mal. Eine Chance habt ihr noch. Aber danach ist meine Geduld erschöpft und auch meine Kooperationsbereitschaft." Es ist ja nicht so als hätte er ihr das nicht angeboten und zugestanden, aber ihn dann zu befehlen, erwarten und zu fordern. Sie fand die Waage nicht und es blockierte eher das es ein Gespräch förderte.

War die Hoffnung das der kleine Ausbruch vielleicht auch ihr sowas wie ein Einsehen verschaffte, auch wenn er nicht daran glaubte, dass sie irgendwas davon einsehen würde. Menschen wie Stellan mögen es nicht behandelt zu werden wie ein Kind das man scheltet und auch nicht dem man Befehle erteilt. Und Lorena schien was das betrifft recht uneinsichtig und lernresistent zu sein. Liefen alle Gespräche so?  "Vielleicht interessiert es euch auch nicht wirklich ob ich was zu sagen habt. Dann beenden wir das einfach. Ich nehme meine Sachen und gehe. Aber hört auf mich zu behandeln wie einen eurer Inquisitionsgefangenen, denn das bin ich nicht, noch ist das ein Verhör oder wollt ihr mich festnehmen? Also steigt von eurem Ross und redet Normal mit mir, wenn ihr euch dafür entscheidet. Oder bleibt drauf hocken, dann aber werde ich gehen."

Er füllte den Becher erneut mit Wein. "Also interessiert euch wirklich was ich zu sagen habe, oder schlagt ihr nur eure Zeit tot?"
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Das Chaos wird entbrennen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisters sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Etoh
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#1235

Beitrag: # 54746Beitrag Etoh »

Was sah Freya dort im Wasser? Sah sie sich selbst? Oder sah sie dort ihre noch immer kindliche Seele die es ihr Verbot sich selbst zu sehen? Hielt sie sich selber an ihrer Kindlichkeit fest um sich der Gefahr, die Verantwortung für sich zu Übernehmen, zu entziehen?
 
Akzeptanz war immer eine der schwersten Angelegenheiten die ein Wesen erlangen konnte oder musste. Meist beschlich einem dieses Gefühl in größter Not. Wenn jeder Ausweg Aussichtslos erschien. Spiegelte Akzeptanz also nicht auch eine Art Resignation wieder? Das Erkennen das sich Dinge vermeintlich nicht ändern könnten? Bei dem einen mochte es zu einem Stillstand führen, ein verharren in einer Art Schocksteife. Andere erkennen darin die Chance ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und bewusst einen anderen Weg einzuschlagen. Einen Weg der ihnen zuvor niemals in den Sinn gekommen sein mag.
 
In diesen Moment rief Etoh das unendliche, ganzheitliche Licht in sich auf, welches er in sich trug. Mit einem mal entfaltete er das zweite und dritte Paar Flügel, das ihn als einen Seraphen der dritten Ebene auszeichnen sollte. Er legte seine Hand über die Schale und jenes Licht sollte bis zu Freya durchdringen. Ein Leuchtfeuer das sich über die ganze Quelle erstrecken sollte. Für einen Moment verblassten selbst die Schatten der Bäume unter denen sie saß.
Einen letzten Hoffnungsschimmer, ein letztes Zeichen wollte er ihr mitgeben.
 
Freya, ….Überlege....Warum hast du mich gerufen? Warum war ich es an den du gedacht hast? Und warum habe ich dich gehört?
 
DU bist MIR wichtig, Freya. Das warst du schon immer.
 
Er sah und erkannte das sie ihm nicht glauben würde, nicht glauben wollte. Das Misstrauen war zu tief in sie eingeimpft worden. Niemals hatte dieses Kind gelernt zu vertrauen.
 
Ich habe dich nie belogen mein Kind. Das hatten wir beide nie nötig. Ich werde dich finden Freya. Und dich nach Hause holen
 
Verspricht er ihr. Er hatte von ihr einen Anhaltspunkt bekommen wo er anfangen sollte zu suchen. Die Silberschale schien ihm dabei eine Hilfe zu sein. Ob sie dabei von Nöten war oder nicht, wusste er nicht. Doch diente sie wohl als eine Art Verstärker. Zumindest wollte er es versuchen. Es musste einen Weg geben. Ganz gleich ob sie ihn dafür danken würden.
 
In diesen Moment spürte er dass er mit ihr nicht mehr viel Zeit mehr hatte. Mit durchdringender Stimme, welche bei ihm in der Halle in der er war den ganzen Raum erfüllte, sprach er weiter zu ihr.
 
Glaube an dich und deine innere Stärke. Das ist dein Weg. Du bist stärker als alles andere um dich herum. Niemand wird dich brechen. Denn 'ein' Gott ist bei dir.
 
Voller Überzeugung spricht er die Worte aus. Eine Überzeugung die sich auf sie Übertragen sollte, wenn sie den Mut darin finden konnte den er beabsichtigte ihr damit zuzusprechen.
 
Du bist Freya Chakai, man machte dich zur Adeptin der dunklen Kirche Ogrimars, Schülerin deiner Mentorin, der Priesterin Tanuri var Aesir. Tochter von Ninian Chakai. Und nun stehe auf und sprich mir nach.
''Ich bin Freya Charkai, Adeptin der dunklen Kirche unter meiner Mentorin Tanuri var Aesir. Ich bin die Tochter von Ninian Charkai und das ist MEIN Weg.“

 
Bei einer letzten Berührung der Oberfläche würde sie es noch einmal spüren. Die Wärme, Güte und Zuversicht das dieses Licht ihr Entgegenbrachte. Egal welchen Weg sie gegangen war oder welchen sie gehen wird.
 
Vielleicht würden sie sich einmal wieder sehen.
 
Die Verbindung ist da!

Wispert er leise. Das Licht verblasste und Etoh war in der Spiegelung des Sees nicht mehr zu sehen. Doch wen würde Freya nun sehen? Sich selbst, Ihr inneres Kind das sie bis zu Letzt bleiben wollte, oder wird sie ihre reifende Seele und reifenden Körper sehen?
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Heiler zum Beruf - Priester aus Berufung
"Du weißt nicht, wie schwer die Last ist, die du nicht trägst"
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Jeremias Rabenherz
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Beiträge: 408
Registriert: Do 6. Mai 2010, 17:46

#1236

Beitrag: # 54747Beitrag Jeremias Rabenherz »

Wir werden geboren
bar jeder Kleidung
Wir treten vor das Orakel
bar jeglichem weltlichen Tand
Wir sterben und werden wiedergeboren
beraubt von allem was wir bis dahin erlangt haben
Wir erhalten dafür eine Chance.




Die Worte klangen hallend als sie den ersten Fuß auf den Pfad setzte. Der Weg fühlte sich weich an, wie Moos, aber war schwer und kalt. Sie spührt wie die Kälte ihre Fußsohle kitzelt. Die Erkenntnis das sie den Pfad als reines Sein betreten musste. Keine Schuhe, keine Titel, nicht mal einen Namen, einzig ein Gewand das hauchdünn um ihren Leib lag, wie eine Tunika ohne Gürtel, bis zu den Knöcheln reichte, wie ein Totengewand. Es war durchaus weiß, aber der Stoff war durchzogen von schwarzen Schlieren, die je nach Bewegung schimmerten und sich bewegten. Fast könnte man meinen, die Priesterin sei gestorben und auf dem Weg in die nächste Welt. War sie das? Einen Moment könnte sich das sicher so anfühlen. War der Moment gekommen an den Jeremias sie zu ihrem letzten Gang begleitet. Vor das Gericht, vor das Urteil des Herrn.

"Im Moment bist du nur ein Gedanke. Dein Selbst ist nur ein Gedanke. Ein Echo, ein Hall, der verblassen kann. So zerbrechlich und flüchtig. Es genügt ein Windstoß, dich in tausend Teile zu zerbersten. Ein Gedanke in dem Geist einer Macht. Ein gewaltigen Macht, dessen Größe wir nicht zur Gänze erfassen können. Dieser Gedanke kann Bestand haben oder er wird verworfen. Jeder von uns der seine Aufmerksamkeit erlangt hat ist ein Gedanke in dem Geist unseren HERRN. Für den Bruchteil nimmt er es wahr, doch denke nicht das genügt. Denn wenn wir nicht genug tun, werden diese Gedanken verfallen und bedeutungslos für ihn. Sie werden vergessen." Der alte Greis schritt vor ihr, aber er gab das Tempo nicht an. Denn sie wird merken, dieser Weg würde nicht immer leicht sein. So kühl wie die Steine sich anfühlen unter ihren Füßen, so ahnte sie das dies auch für alles andere gilt. Die Umgebung war unberechenbar und der Pfad gerade erst beschritten.

Der Pfad schien lang und ins Nichts zu führen. Ehe sie sich versah gab es nur noch diesen Weg. Unter den Trittsteinen gab es nur ein nebliges Schwarz und keinen sichtbaren Boden. Jeremias war selbst in ein schwarzes Gewand gehüllt. Schwarz mit roten Saum. Hochgeschlossen mit Stehkragen und weiten Ärmeln. Es war ein schwerer Stoff und teilweise am Saum bereits ein wenig abgenutzt. Er trug sonst nichts. Keinen Ring, keine Kette, keine Insignia außer die Flügel. Machte Tanuri einen Schritt vorwärds, machte er einen vorwärds, immer im gleichen Tempo. Sie gab ihn an. "Mit der Mauer hast du nicht nur dich eingeschlossen. Du hast versucht ihn auszuschließen. Ja, du warst eine Närrin. Du weißt, dass diese Mauer kein Hindernis ist. Du weißt das er alles was du bist bereits kennt, dass alles was du versuchst zu verbergen bereits gefunden hat. Jeden Zweifel, jedes Stocken, jedes Zögern ist ihm bereits klar bevor es dir bewusst wird und zu einer Entscheidung. Was glaubst du wieso er das zuließ. Mh, ich schätze es war ihm nicht wichtig genug." Es mag erstmal wie ein schmerzhafter Dämpfer erscheinen. Ein Dämpfer in das eigene Selbstwertgefühl. Man war für diesen Gott gestorben, er hat doch seine Macht geteilt, wie kann man also nicht wichtig sein?

"Das ist der richtige Ansatz. Sie hat dich herausgefordert und sie hat dich angegriffen." Bezwingen reicht nicht. Das weißt sie und hat sie gut erkannt. Denn wenn sie nicht genau so entschlossen war wie dieses Wesen, wird sie verlieren und alles was ihr wichtig war gleich mit. Er belächelte die Bedrohung nicht, er maß ihr aber auch nicht zu viel Bedeutung zu. Landru war nur ein Problem der vielen, die sich in der Welt ereignen. Neben den üblichen Problemen, Streit und auch Konflikte war er nicht mal was besonderes. "Aber er ist nicht einzige Grund wieso du hier bist. Er ist nur ein Grund, aber nicht DER Grund." Es nur an einen Problem festzumachen wäre nicht richtig. Denn tatsächlich taten sich weit aus mehr auf. Allen voran der eigene Zweifel. Sie musste auch wieder ein wenig sich selbst finden.

"Kann man denn glauben, wenn man nicht mal an sich selbst glaubt? Wenn man nicht weiß, wer man ist? Wie soll man da an etwas glauben, dass so viel unbegreiflicher ist als man selbst? Wie soll der Gedanke funktionieren, wenn ich nicht weiß wie meine eigene Seele fühlt. Und weißt du wer du bist? Glaubst du an das was du bist und wer du geworden bist. Sag mir. Wer bist du?" Es klang nicht überzeugt davon, dass Tanuri wusste was sie da sagte. Das sie wirklich wusste wer sie selbst ist und das sie demnach theoretisch einen Ratschlag gab, den sie selbst noch erfüllen musste. "Wer bist du oder hast du dich verloren, ein verlorener Gedanke?" Er nannte sie so, weil sie war gerade nur ein Gedanke. Einer der noch gedacht und vollendet werden musste. Aber von wem. War dies abstrakt?


"Wir sind da." Zumindest an einem der Orte. Vor ihnen lag ein Stein der sich von den anderen Unterschied. Er wirkte als würde er leben. Ein rotes Schimmern ging von ihm aus. Wartend das er betreten wurde.

Genau in dem Moment wo sie das tut, Jeremias Berührung mit dem Stein löste nichts aus, endete der Pfad vor einem Haus. Es erbaute sich aus dem Nichts, schälte sich aus dem Nebel und der Steinweg endete genau vor der Tür. Es war ein alten kleines Bauernhaus. Nichts großes, eher ein Erdgeschoss und ein Dachboden. Es war klein und besaß einen kleinen Gemüsegarten drum herum. Hier im Nebel des Zwielicht wirkte es deplatziert und irgendwie wie ein Abbild von etwas das es mal gegeben hat. Es hatte was von Vergänglichkeit und vermutlich war es das auch, ein Blick in etwas vergangenes. "Willst du hinein gehen?"

Jeremias stand nun unmittelbar neben ihr. Er drängte sie nicht irgendwas zu tun. "Du kannst auch an dem Haus vorbeigehen." Entscheidungen über Entscheidungen. Gab es rein richtig oder ein falsch? Das Haus mit den warmen Licht am Fenster, schien so harmonisch in dieser nekromantischen Kälte die hier sonst herrschte. Es wirkte als würde es von innen heraus strahlen und man das Leben darin fühlen können. Es wirkte so harmonisch, so voller Wärme.

Doch sie sollte nicht vergessen, auf wessen Pfad sie wandelt.
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Rabenvater •  Stammbaum Rabenherz
"Ich diente dem HERRN bis er mich rief, jetzt diene ich ihm erneut."
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Kenna de Vil
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#1237

Beitrag: # 54748Beitrag Kenna de Vil »

Die Jägerin hatte die Hallen ihrer Gilde hinter sich gelassen, um vor der nächsten Trainingseinheit mit Sandro, einige passende Kleidungsstücke aus ihrem alten zu Hause zu holen.
Die Reise nach Felsriff auf dem Rücken ihres Pferdes, dem Namenlosen, war diesmal ruhig und ohne Zwischenfälle verlaufen. Sie folgte ihrem bekannten Schleichweg, um keiner Menschenseele begegnen zu müssen. Sie genoss den Ritt, den Wind in ihrem kurzen Haar, den warmen tröstlichen Tierkörper unter sich, um einfach mal in Ruhe den eigenen Gedanken zuhören zu können.



Irgendwann machte sie von weitem die Zinnen der Burg de Vil aus. Ein stattliches Gemäuer, nahezu protzig und doch in seiner kalten Düsternis, eher bedrohlich, als ein behagliches Heim, verborgen in den Wäldern von Steinbergen. Reisende verirrten sich eher selten hier her, wirkte das inzwischen verlassen Anwesen nicht gerade einladend. Kenna war die Letzte, die ab und an nach dem Rechten sah. Die zahlreichen Angestellten, waren längst entlassen, im Ruhestand oder ein paar Fuß unter der Erde. Kein geschäftiges Treiben im Burghof erklang, als sich die Reiterin nun näherte. Lediglich das dumpfe Geräusch der Hufe durchbrach die Stille.
Das eiserne Tor ließ sich nur mit Mühe öffnen und da auch kein Hausmeister mehr zugegen war, kreischten die alten Scharniere unerbittlich in Kennas Ohren. Sie entschied sich daher, es einfach offen stehen zu lassen, schließlich hatte sie nicht vor länger zu bleiben.
Nachdem sie die lange Auffahrt entlang geritten war, mied sie den Haupteingang und wandte sich stattdessen zu den Stallungen. Sie glitt vom Pferderücken und band ihr treues Tier dort an, um ihm den Schweiß von den Flanken zu reiben. Die vertraute Stille um das Gebäude war beinahe wohltuend. Nicht einmal einen Vogel hörte man rufen. Jedem anderen hätte dieser Umstand vermutlich die Angst in die Knochen gejagt, doch nicht ihr. Sie lächelte ein düsteres Lächeln. Zu Hause.
Nachdem sie ihr Pferd versorgt hatte, betrat sie durch den Dienstboteneingang die Burg. Die Küche lag hier in unmittelbarer Nähe, doch kein feiner Duft schlug ihr heute entgegen. Vor ihrem inneren Auge sah sie sich selbst und ihre Zwillingsschwester, wie sie durch die Flure jagten. Bis ihr Vater die stets langsamere von ihnen beiden am Arm erwischte und dem Spaß ein Ende bereitete. Kenna war ihm natürlich stets entwischt. Immer noch lächelnd lief sie jene Flure nun entlang. Fuhr hier und da mit dem Finger über von weißen Laken verhüllte Möbelstücke und hinterließ eine längliche Spur im dicken Staub.
Sie betrat die Empfangshalle und stieg die große Mitteltreppe empor. Der Kronleuchter war ebenfalls staubbedeckt und nur schales Licht drang von außen herein. Kenna fröstelte, doch ging sie unbeirrt weiter. Sie kannte den Weg. Sie berührte das hölzerne Geländer, auf dem Liora und sie allzuoft hinabgerutscht sind, die kreischende Gouvernante hinter ihnen her, die sich fast das Genick brach, bei dem Versuch mit ihnen Schritt zu halten. Ein paar Staubkörner rieselten abwärts und mit ihnen auch jene Erinnerungen. Ihre Schwester war immer diejenige gewesen, mit den wilden Ideen. Kenna war ihr wie ein schweigsamer Schatten gefolgt. Alle hatten Liora gemocht, während sie selbst nur das gruselige Kind war. Irgendwann hatte sie begonnen einen alten Helm zu tragen. Wie ein Schutzschild, hinter dem sie in ihrer eigenen Welt in Ruhe gelassen wurde. Auch wenn ihr das nur noch mehr Spott beschert hatte. Sie sei zu hässlich, deshalb würde man ihr Antlitz vor den Leuten verbergen. Hatte ihre Schwester verlauten lassen, wenn sie einmal in die Stadt gegangen waren. Lauter kleine versteckte Bosheiten, die sie stumm ertragen hatte.
Als die Zwillinge jünger waren hatten sie ein Zimmer geteilt und später hat jede eigene größere Gemächer bekommen. Da waren ihre Brüder längst in ferne Lande aufgebrochen. Ihren Rückzugsort unter der Burg, die Katakomben, hatte sie aber immer noch am Liebsten aufgesucht. Dort bewahrte sie ihre Sammlung mit nunmehr 38 Schädeln auf. Oder waren es zuletzt 39 gewesen? Leicht schüttelte sie den Kopf, war das wirklich alles so lange her, dass sie sich nichteinmal mehr daran erinnerte?

Schließlich erreichte sie den Westflügel. Dieser Teil der Burg war weit abgelegen vom Alltagstreiben und oftmals hatte man das Mädchen mit den dunkelblauen Augen und dem ungerührten Ausdruck darin einfach vergessen.

Ein Glück für sie, denn niemand bemerkte, wie sie sich Nacht für Nacht aus dem Fenster davon stahl und in den umliegenden Wäldern umherstreifte. Nur die Gouvernante machte morgens immer ein riesen Gezeter, weil Kenna mit schmutzigen Füßen die weißen Laken ruiniert hatte.
Heute betrat sie nun ihre Räumlichkeiten, mit gänzlich anderen Empfindungen als damals. Es schien beinahe zu einem fremden anderen Leben zu gehören.
Kurz blieb der Blick der Jägerin an dem großen Himmelbett mit den schweren Samtvorhängen haften. Bevor sich jedoch andere Erinnerungen in ihren Geist drängen konnten, ließ sie ihr Augenmerk weiterwandern und umfasste die Schemen der restlichen Einrichtung. Spärlich und einer pedantischen Ordnung folgend. Ganz so, wie sie es mochte.
Sie durchschritt den Raum und zog mit einem Ruck nacheinander die Laken von den Möbeln. Wilde Reigen aus Staub wirbelten durch die Luft und sie bekam einen Hustenanfall. Hastig öffnete sie die Fenster weit nach außen hin und atmete die kühle Luft ein. Von hier oben konnte man über die Baumwipfel hinweg sehen und der Anblick ließ sie erneut zufrieden Lächeln. Hatte sie das vermisst? Vielleicht ein wenig.

Doch sie war nicht hier um nostalgisch zu werden, auch wenn sich das zwangsweise irgendwie aufgedrängt hatte. Sie musste diese grässliche Robe loswerden. Rechts und links hatte sie zwar den Stoff so weit eingerissen, damit sie genug Beinfreiheit gehabt hatte, um darin reiten zu können, doch wollte ein Kleid einfach nicht recht zu ihr passen. Die staubigen Laken warf sie achtlos auf einen Haufen in der Zimmerecke und schritt dann an die andere Seite des Raums, wo sie mit beiden Händen nach den Türgriffen fasste und diese ruckartig aufzog. Dahinter offenbarte sich die Ankleide, über und über angefüllt mit Kleidern. Unfreiwillig schüttelte es die Jägerin bei dem Anblick. Selbst wenn jene Roben inzwischen in die Jahre gekommen waren, so waren sie stummes Zeugnis einer Zeit, in der sie zu offiziellen Anlässen gezwungen gewesen war, das artige Mädchen mit ordentlich geflochtenen Zöpfen und hübschen Kleidchen zu repräsentieren. Ihr Vater hatte sie stets verstanden. Doch auch Xaver hatte sie nicht vor den Verpflichtungen einer Lady bewahren können. Er selbst hatte seine Zeit auch lieber in den Katakomben bei seiner Schnapsbrennerei verbracht oder mit seinen Geschäftspartnern.  Immerhin gab es bei Festen auch genug Alkohol, die ihm jene Veranstaltungen wohl versüßt hatten und inzwischen verstand Kenna auch nach und nach, das verborgene Netzwerk und die Kontakte die ihr Vater gepflegt hatte. Als Kind waren ihr die Ausflüge mit ihm einfach wie ein geheimes Abenteuer vorgekommen und Mutter hätte ihm die Ohren lang gezogen, wenn sie davon gewusst hätte, dass er sie mitnahm. Oft war es jedoch so, dass sie ihm gar keine Wahl ließ und ihm einfach wie ein schweigender Schatten gefolgt war. Er hatte ihr jedoch nie wirklich böse sein können. Ein Blinzeln aus ihren Kulleraugen, ein Wimpernaufschlag und das polternde Lachen ihres Vaters brach hervor und fühlte sich wie eine Umarmung ihrer kalten Seele an.

Die Jägerin ließ die alten Kleider links liegen und bückte sich stattdessen hinab zu einer unscheinbaren Holztruhe. Sie zog sie mit einem lauten Schaben über den Boden in die Mitte der Ankleide und klappte den Deckel auf. Ungeduldig begann sie die Truhe zu durchsuchen. Leinen, Samt, Taft, Seide… alles wirbelte durcheinander. Während ihre Finger durch die Stoffe glitten, erstarrte sie plötzlich mitten in der Bewegung und lauschte. Alle Fasern ihres Körpers spannten sich an und die feinen Härchen in ihrem Nacken prickelten. Da war jemand!

Ein leises Surren in einem der entfernten Gemächer den Flur hinunter, als hätte jemand ein Portal genutzt. Dann leise Schritte auf den Dielen, die sich näherten und mit einem Mal entflammten die Kerzen in den Lüstern an den Wänden. Kenna hatte sich bereits aufgerichtet und lauerte hinter der Tür, bewaffnet mit einem alten Stiefel, den sie über den Kopf gehoben hatte und bereit war den Eindringling damit niederzustrecken. Verflixt noch eins, warum hatte der weiße Priester auch ihre Messer geraubt. Auch da würde sie Ersatz brauchen.
Als die Gestalt unerlaubt ihre Gemächer betrat, sprang Kenna hinter der Tür hervor, aufgrund ihres lädierten Beines, mehr oder weniger agil. Doch bevor sie zuschlagen konnte, wurde sie ihrer Cousine gewahr und konnte gerade noch den Angriff abbrechen.

„Eshira!“ rief sie einerseits erbost und andererseits erleichtert aus. Immerhin hätte sie ihr gerade fast die Lichter ausgeblasen.

Die Magierin schien gerade im Begriff gewesen zu sein an die halb geöffnete Tür zu klopfen, als Kenna sie gestellt hatte. „Cousine?“ fragte jene beinahe ungläubig darüber, tatsächlich jemanden hier anzutreffen.

Kennas Schultern entspannten sich sichtlich und sie ließ den Stiefel ungenutzt und mit einem Hauch Enttäuschung sinken, war sie doch bereit gewesen einem möglichen Einbrecher gnadenlos den Garaus zu machen.
Stattdessen grinste sie nun eine – für ihren Geschmack – viel zu fröhliche Eshira an, was sie selbst nur mit einem grimmigen Gesichtsausdruck quittierte. „Du bist das.“ Mit einem dumpfen Poltern landete der Stiefel auf dem Boden und Kenna schritt zurück zu der geöffneten Kiste. Sie war gerade dabei sich wieder darüber zu beugen, als sie plötzlich von hinten stürmisch umarmt wurde. Scheinbar wollte da jemand sichergehen, dass sie kein Geist war.


Als Kenna weiterhin nach passenden Hosen suchte, entspann sich ein langes Gespräch zwischen den beiden Frauen. Kennas Cousine schien von Selbstzweifeln geplagt, doch war die Jägerin nicht gerade für ihre Herzenswärme bekannt, so beschränkte sie sich mehr aufs Zuhören, als Eshira über den Sinn des Lebens philosophierte. Sie berichtete ihr von ihrem rastlosen Umherwandern und was sie in der Zwischenzeit erlebt hatte, während Kenna selbst sich über ihre Erlebnisse ausschwieg. Was spielte es schon für eine Rolle, was sie zu dem Punkt im hier und jetzt geführt hatte. Sie war selbst eine Rastlose. Immer wenn sich das Gefühl einschlich irgendwo beheimatet zu sein, drohte doch nichts als erschlaffen und unerfüllte Erwartungen führten unweigerlich zu Enttäuschungen. Davon versuchte sie sich zu befreien, manchmal gelang es mühelos und manchmal überhaupt nicht.
Die offensichtliche Veränderung ihres Äußeren blieb selbstverständlich nicht unbemerkt und die wagen Andeutungen Eshiras über den Zustand der Jägerin, mochten einen winzigen Hauch des Zweifels gesät haben, doch hielt sie an ihrer kühlen Distanz fest. Gleichzeitig begann sie sich mehr und mehr wieder wohlzufühlen in der Gesellschaft eines Familienmitglieds. Eine Vertrautheit, die wohl durch nichts in der Welt ersetzt werden konnte, auch wenn sie zuletzt eine Meisterin darin geworden war, ihre wahren Gefühle zu verbergen.
Ihre stets hilfsbereite Cousine ging ihr nun bei der Suche nach neuer Kleidung zur Hand und fand tatsächlich eine lederne Hose, eine dunkle Bluse und eine passende Corsage. Alles in einem fröhlichen Schwarz gehalten. Gerade als Kenna danach greifen wollte, um jene Gegenstände ihr abzunehmen, durchfuhr sie ein Schmerz der sie augenblicklich in die Knie zwang. Es war als implodierten gleißende Blitze in ihrem Kopf, die zeitgleich von einer Schwärze absorbiert wurden. Alles Denken, die Umgebung, die eben noch geführte Unterhaltung, ihre Räumlichkeiten, ihr zu Hause. Alles war in einem Bruchteil einer Sekunde ausgelöscht. Schmerz. Da war nur Schmerz. In ihrem Kopf und.. in ihrer Hand! Mit den Fingern ihrer Linken umfasste sie instinktiv den Unterarm ihrer Rechten, als könnte sie so etwas gegen das Gefühl von 1000 Klingen tun, die sich durch ihre Adern bohrten. Blutdolch. Adrian.
Es brauchte keine Gedanken, es war ein Bewusstsein. Unumstößlich. Unerbittlich.

Hätte sie in jenem Moment zugriff zu einem ihrer Messer gehabt, sie wäre im Stande gewesen, sich den Arm selbst abzuschneiden. Haut, Fasern, Sehnen, Muskeln, Fleisch. In einem hastigen Gewaltakt gegen sich selbst durchtrennt – nur um sich davon zu befreien. Der Mensch war fähig über sich selbst hinauszuwachsen, wenn er dazu gezwungen war. Körperlicher und seelischer Schmerz waren überwindbar. Ja, ausblendbar. Wenn es ein Zuviel gab, schaltete es sich einfach aus. Dann fühlte man gar nichts mehr. Ein Zustand der durchaus einer erhabenen Ebene des Seins angehörte, aus dem man jedoch schwer wieder zurückkehren konnte.
Sie brach am Boden zusammen, Worte hörend die sich gleichermaßen wie der körperliche Schmerz in ihren Geist einbrannten, Adrians Stimme.. es ergab keinen Sinn, nur die Gewissheit, dass sie nicht ihr galten. Er hatte sich der alten Macht bedient, die er einst von ihr genommen hatte und deren finstere Zerstörung Male auf ihrem Körper hinterlassen hatte, welche nun wie heiße Lavaströme unter ihrer Haut pulsierten. Die Schreie der Seelen hallten in ihrem Kopf wider und das Gefühl zu zerbersten war übermächtig.
Der Dolch… er hatte ihn… gefüttert.


Die Ohnmacht umfing sie voller Gnade, als Kennas Körper nachgab und sich in einem Taumel des Vergessens wie eine sorgetragende Decke über sie legte. Eine unerwünschte Gnade, so ließ die Jägerin nicht freiwillig los. Sie war zwar ihr Leben lang bereit gewesen zu sterben, hatte den Tod regelrecht herbeigesehnt. Doch sie war das Werkzeug ihres dunklen Herrn. Er bestimmte. So hatte er dafür gesorgt, dass sie einst den Dolch fand und dieser seinen Weg zu dem Dunkelmagier, der nun jene Macht entfesselt hatte.


Ihre Cousine, die voller Panik nicht wusste was gerade geschehen war, die aufgeregt an ihre Seite gesprungen war und die wie vom Blitz getroffen von ihr abprallte, als sie versuchte Kenna zu berühren. Doch als die Jägerin nun still dalag, kroch sie auf allen Vieren wieder heran. Voller Angst ihre Cousine könne nicht mehr atmen. „Kenna?“
Doch keine Antwort.
Hatte sich damit Kennas Teil der Prophezeiung bereits erfüllt?

 
~

~ Selten ist nicht nie. Doch welch ein Ereignis über Sie hereinbrechen würde und was diese Begegnung in Ihrem Dasein verändern würde, konnte Sie noch nicht wissen.
Der Schöpfer hält seine gerechte Strafe schon bereit und Ihr solltet aufpassen, denn Ihr wisst nicht, wem Ihr gegenüber steht. Das werdet Ihr am eigenen Leib noch erfahren, solltet Ihr es herausfordern.
Ein Sturm zieht auf, Ihr werdet sehen. Für welche Seite Ihr euch entscheidet, welche Zukunft Ihr wählt, sagte das Orakel erzürnt, dessen Namen Sie noch nicht zu wissen erahnten.

Ihr Blick kann noch so misstrauisch sein, ihre Hand noch so fest das Messer umfassen, wenn die Prophezeiung eintrifft wirst Du Dich entscheiden müssen auf welcher Seite Du stehst. Und diese Antwort kenne ich bereits Kenna de Vil. Du kannst Deinem Schicksal nicht entfliehen. So ist es geschrieben und geweissagt.
Wissend, unwissend oder nicht wollend. Dennoch kommend. ~

~

Schlagartig setzte sie sich auf. Weiche Kissen umgaben sie und sie befand sich unmittelbar in ihrem heimischen Bett. Weit aufgerissene Augen starrten in die Finsternis um sie herum. Spürte den warmen Körper ihrer schlafenden Cousine neben sich.
„Mein Schicksal... was wisst Ihr darüber?“ raunte sie ins Dunkel, ohne wirklich auf eine Antwort zu hoffen.

 
~Nur nicht so forsch Jägerin des Schattens. Euere Unwissenheit wird bald vom Licht erhellt, doch der Weg dahin ist Euer. Mehr kann ich nicht verraten. Ihr werdet es sehen, wenn es soweit ist. Folgt dem Weg.~

 
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~ Ich wasche meine Hände im Blut der Unschuldigen. ~
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Tanuri
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#1238

Beitrag: # 54749Beitrag Tanuri »

 
In meiner Unvollkommenheit trete ich an Dich, und bitte um Dein Gehör. 
Auch wenn ich Deiner Aufmerksamkeit nicht würdig bin, so hoffe ich auf Dich. 
Gnade will ich nicht erbitten. Wonach ich aber frage, ist der Glaube.
Lass ihn mir zu Teil werden, 
öffne meine Augen
und geleite mich auf dem Weg, 
auf dass das Chaos mich umgibt und ich Dich spüren darf. 
 
Du mein Herrscher.
Du bist die Wahrheit. 
Du bist Leben und Tod. 
Du bist Macht. 

Mein Glaube soll sein wie Du: 

Unvergänglich. 
 
 

Das Wasser unter ihren Fußsohlen stob mit jedem Schritt ein wenig in die Höhe. Nur wenige Tropfen und das, obwohl ihre Schritte federleicht waren. Doch fielen das Wasser nicht wieder zu Boden, sondern blieb in der Luft auf der Höhe ihrer Knie hängen und bildete somit einen ganz eigenen Pfad. Jedoch nicht nach vorn, sondern beschrieb nur das, was bereits zurücklag. Dabei war jeder Tropfen ein eigener Gedanke, eine Überlegung und ein vergangenes Geschehen. Taten, Worte, Versprechen und Erinnerungen, die sie nicht vergaß und die in ihr lebten. Alles davon war ein Teil von ihr, genauso, wie auch sie ein Teil von allem war. 
 
"Erheben Menschen sich auch zu Göttern empor, wenn sie einen anderen nur für den Bruchteil eines Augenblicks als einen wertvollen Gedanken empfinden, ihn aber bei nächster Gelegenheit, wenn er unpassend und nicht länger nach den eigenen Wünschen funktionabel erscheint, wieder vergessen und durch einen besser und praktischer erscheinenden Gedanken ersetzen?" 
 
Es war ein Spiel mit Worten, aber genau dafür waren Worte da. Nicht nur, um sich durch sie in vernichtenden Schriften zu ergehen, um Stärke und Überlegenheit zu demonstrieren oder zu mahnen und aufzuzeigen, welchen Platz man in der Ordnung der Welt einzunehmen hatte. Worte gaben das, was das Leben sonst nur schwer bieten konnte: Sie schenkten Freiheit und überwanden jegliche Grenzen. 
 
"Wer verdient es und vor allem wie verdient man es, nicht nur ein einfacher Gedanke zu sein, sondern heranzuwachsen zu einer Erinnerung, die sich festsetzt und bleibend ist und um die getrauert wird, wenn man sie verliert?" 
 
Der Saum ihres Kleides flatterte an ihren Knöcheln entlang und berührte dabei sanft ihre Haut. Doch fühlte Tanuri weder das Wasser noch den Stoff. Das Reich, in welches sie eingeladen worden war, machte sie aber nicht gefühllos und kalt, so wie sie es in ihrer Welt versuchte zu sein, damit niemand ihre Selbstzweifel erkannte, sondern es öffnete ihre Sinne allein für das Begreifen und das Erfühlen der Anwesenheit des dunklen Lords. 
 
Noch war da nichts, nach was sie tatsächlich fassen konnte und was eine Bestätigung wäre, dass Er überall war. Doch das war auch nicht wichtig. Denn der Weg war noch längst nicht zu Ende gegangen und wie vermessen und egoistisch wäre es zu verlangen, dass Er seine Anwesenheit einfach so preisgab, ohne dass sie etwas dafür tat. 
 
Ogrimar konnte man um etwas bitten, aber es wäre einfältig, etwas von ihm zu erwarten. Er war der König der Welten, der Herrscher von Chaos und Tod. Das Einzige, was sie erwarten durfte, war, dass Er etwas erwartete. 
 
Sinnierend sah sie in die Richtung von Jeremias, der nicht nur neben ihr, sondern je nach Blickwinkel, vor ihr und hinter ihr war. Als würde er sie umgeben, nicht beschützend und auch nicht behütend, sondern einfach nur führend. Denn obwohl der Pfad vorgegeben und gerade war, konnte man nur allzu leicht auf diesem verloren gehen. Verloren wie ein Gedanke.
 
"Was lässt Euch glauben, dass ich nicht immer noch eine Närrin bin? Wisst Ihr, was man über einen Narren sagt? Er verachtet Weisheit und Zucht. Ich hoffe, dass ich somit nicht Eure Zeit stehle."

Amüsiert senkte sie ihren Blick und ließ es zu, dass sie tatsächlich hörbar lachte. Nichts, was ihr sonst so leicht über die Lippen kam, aber hier war doch alles ein wenig anders. Weder konnte jemand sie hören, noch sie sehen. Genauso wenig, wie sie etwas hörte und sah. Es war nur der Meister selbst, der sie verurteilen konnte, niemand sonst. Denn auch wenn Jeremias hier eine Gestalt angenommen hatte, wusste Tanuri, dass das einzig Wirkliche, was in dieser Zwischenwelt Bestand hatte, allein der Glaube war. 
 
"Ogrimar sieht uns alle und doch sieht er nicht hin. Nicht, weil er es nicht will oder seiner göttlichen Existenz überdrüssig ist, sondern weil jeder von uns seine Aufmerksamkeit verdienen muss. Wie wäre unser aller Leben, würde er uns immer bemerken und uns seine Hand ausstrecken? Wir wären weich und schwach, nicht fähig, allein zu überleben und schon gar nicht, könnten wir unsere Schwerter für ihn im Krieg gegen Artherk erheben." 
 
Obwohl sie diese Wahrheit selbst oft verkündet hatte, machten es sich viele seiner Jünger nach wie vor viel zu leicht. Sie ruhten sich auf ihren Wiedergeburten aus und posaunten mit geschwellter Brust, wieviel Erfahrung sie täglich sammelten. War das aber von wahrer Bedeutung? Schwarze Schwingen allein verliehen nicht das Recht, sich zurückzulehnen. Es spielte keine Rolle, wie oft man für den Herrn starb und in ein neues Leben übertrat. Denn tat man dies - und so hatte es immer häufiger den Anschein - nur für einen winzigen Augenblick aus Eigennutz heraus oder mit der Einstellung, danach nichts mehr leisten zu müssen, waren alle Schritte vor das Orakel wertlos und nichtig. 
 
Der Kreislauf aus Geburt und Tod wiederholte sich, doch die wahre Erkenntnis und das Verständnis dessen, was es wirklich bedeutete, vor das Orakel zu treten und mit dem Wort "bereit" eine Verpflichtung einzugehen, blieb vielen verschlossen. Wie traurig und leer musste eine Seele sein, die nie die tiefgreifende Erfüllung einer Wiedergeburt erfahren durfte? 
 
Mit einem Kopfschütteln verwarf Tanuri aber weitere Überlegungen dazu. Sie konnte es aussprechen, gemeinsam mit Jeremias diskutieren. Doch es gehörte zu jenen Themen, die der Klerus schon seit vielen Jahrhunderten behandelte. Nichts aber würde sich ändern, solange diejenigen, die den Segen seiner Lordschaft so gerne entgegennahmen, sich selbst nicht veränderten. 
 
Erst als der letzte Stein sich vor ihren Füßen erhob, mit einem leichten Schimmern, das sich in ihren Augen widerspiegelte und das Haus, unwirklich und fremdartig, aber zugleich genau so platziert, wie es sein sollte, aus dem Nichts entstand, fand sie eine Antwort auf seine Frage, die vielleicht nur rhetorischer Form war, aber doch für sie nach einer Beantwortung verlangte. 
 
"Wer ich bin." 
Eigentlich könnte ihre Stimme mit Stolz erfüllt sein, angesichts dessen, was sie bisher erricht hatte und aufgrund der Ämter, die sie bekleidete. Doch Stolz wurde nicht allzu selten zu einem Stolperstein, der einen schmerzhaften Fall verursachen konnte. Noch dazu aber war Stolz wertlos, denn egal wie viel man davon besaß, man erhielt nichts dafür. 
 
"Ich habe einen Namen. Ich trage ein Amt. Ich führe eine Gilde. Ich habe eine Familie und ich habe …" Wieder fiel ihr Blick hinab zu ihren Händen, als könnten die Zeichen und die Schmuckstücke darauf ihren Satz vervollständigen. Konnten sie nicht, denn sie wusste tatsächlich nicht genau, was sie noch hatte. 
 
"All das bin ich und doch bin ich nichts davon." Für einen kurzen Moment sah sie auf das Profil von Jeremias. Forschend und suchend und zugleich aber ohne Erwartung, etwas in seinem Gesicht zu erkennen, da falsch und richtig nicht von Relevanz waren. Dennoch, vielleicht war es die menschliche Natur, die sie dazu antrieb, nach irgendeiner Form der Bestätigung zu suchen, auch wenn sie wusste, dass dort keine war.
 
"Ich habe einen Schwur geleistet und mich verpflichtet. Solange ich aber nicht weiß wer ich bin und wer ich sein soll, kann ich das nicht beschützen, was meinen Schutz braucht." 
 
Ihr Schutz musste so vielen gelten. Nebst der Bedrohung durch ihren Bruder, hatte sie die Aufmerksamkeit einer Bestie auf sich gelenkt, die genau wie Naheniel dazu bereit war, alles zu zerstören. Der Kampf galt ihnen beiden, es war nur die Frage, ob die Kraft und ihre Ressourcen ausreichten, um es mit ihnen gleichermaßen aufzunehmen. 
 
Bevor jedoch die Schwere dieser ganzen Sorgen sie wieder zu erdrücken drohte und sie unter der Last all dieser Verantwortung und Angst gegenüber denen, für die sie auf ihre ganz eigene Weise etwas empfand, auseinanderbrach, ging sie entschlossen den Pfad zu dem Haus entlang. Ein Vorbeigehen stand für sie nicht zur Auswahl, auch wenn der Weg dafür offen stand. Es gab immer mehrere Möglichkeiten, man musste nur wissen, wie man für sich selbst richtig entschied. 
 
"Verloren, das bin ich, da habt Ihr recht. Doch nur wer etwas verliert, der kann auch gewinnen." Vorsichtig legte sie ihre Handfläche auf die Tür, ohne diese aber sofort zu öffnen. Suchend sah sie nochmals zu Jeremias und flüsterte leise, jedoch ohne ein hörbares Zögern. "Wird mir gefallen, was ich finde?" 


 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Syndra
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Registriert: Fr 27. Mär 2020, 20:37

#1239

Beitrag: # 54750Beitrag Syndra »

Erbarmungslos drückte sich Naheniels Hand um ihr Gelenk herum, sodass Syndra jede Bewegung genau abwägen musste. Ihr Griff um seinen Arm verfestigte sich ebenfalls, konnte sie seinen kalten Wandel nicht nachvollziehen.

Was zum Henker ging in seinen Gedanken vor, dass er glaubte, in dieser Form etwas klarstellen zu müssen? Glaubte er, dass sie sich zu einem Spielzeug deklarieren ließ, an dem man seinen Unmut auslassen konnte, wenn jemand anderes es auch nur ansah?

Immerhin war Syndra sich seiner Dominanz bewusst. Auch schreckte sie nicht vor seinem Wesen zurück. Entschlossenheit war etwas, dass sie durchaus bewunderte und die Beharrlichkeit und Überzeugung dahinter waren sicherlich einer der Gründe, weshalb sie bereit gewesen war, ihre Zweifel abzulegen.

Naheniels Worte waren eine Warnung, die durch das kalte Lächeln selbst zu einer unübersehbaren Drohung heranwuchsen. Eine Mahnung, dass nur eine falsche Regung Konsequenzen haben könnte, an denen sie seiner Auffassung nach womöglich selbst die Schuld tragen würde.  

Der Schmerz an ihrem Handgelenk drückte sich nicht nur in ihre Haut, er ließ das Blut darunter ebenso schmerzhaft rauschen. Ihr Stolz gebot ihr jedoch nicht wegzusehen. Eisig funkelte das Blau ihrer Augen ihm mit aufloderndem Zorn und einer kalten Barriere aus Selbstachtung, hinter der sie die Tränen zurückhielt, entgegen.

Ob sie sich erinnerte? Erheiternd, dass dieses kleine nagende Gefühl, das sich damals unerwartet aufgetan hatte, ihm nicht nur nicht entgangen, sondern im Gedächtnis geblieben war. Eine ihr unbekannte Unsicherheit, die an ihrem Stolz gekratzt hatte, weshalb sie damals ihre die Konsequenzen daraus gezogen hatte.

Sein stählerner Blick und der kalte Tonfall, der bedrohlich mit ihr spielte, zeugten davon, dass er sehr genau wusste, wovon er sprach.

Was hatte er damals erwartet? Verzeihung - Erwartungen hatte er bekanntlich nicht. Es waren vielmehr Forderungen gewesen. Sie bestritt ihr Handeln nicht. Warum sollte sie es? Man konnte durchaus aus Fehlern lernen oder entsprechende Schlüsse ziehen, um daran zu wachsen oder auch sich eines Besseren belehren lassen.

Aber waren sie darüber nicht längst hinaus? Die Bedrohlichkeit seiner Präsenz, mit der er sie einhüllte, war dahingehend wohl eine einprägende Antwort. Ein Widerspruch in ihren Augen, wenn man bedachte, dass seine Zweifel und sein konsequentes Handeln nicht auf sie fallen sollten.

„Du denkst, du kannst meine Hand brechen und behaupten, du würdest mir nicht wehtun?“ Erwiderte sie mit aufkommender Abfälligkeit, in welcher sie das Beben in der Stimme nicht unterdrücken wollte. Ein Zittern, das nicht nur den Druck, den er auf sie ausübte, länger zurückhalten konnte, sondern auch eine deutliche Arroganz.
 
Ein Wort geben und es dann brechen? War er am Ende doch wie seine Schwester? Bitte, ihm hatte sie in seiner Entschlossenheit wesentlich mehr Rückgrat zugetraut. Glaubte er etwa, sie würde das tolerieren?

Sehr selbstverliebt und ein Hochglanz an Arroganz, wenn sie das anmerken durfte. Sich Freiheiten herauszunehmen und es ihr zu versagen? Das grenzte schon an Überheblichkeit. „Das ist also deine Definition von Augenhöhe.“

Die Definition von bedingungsloser Hingabe war ganz offenbar eine Auslegungssache. Glaubte er wirklich, sie würde seine kleine Marionette werden, ganz gleich, wer er war und zu was er werden wollte? Schließlich war dies ein klarer Versuch, sie zu daran zu erinnern, wer hier die Macht hatte. Hatte sie daran einen Zweifel gehegt?

Seine Berührung, welche zwischen ihren Rippen hinabfuhr, war so konträr zu seinen Worten, ließ kurz ihren Atem beben. Eine warme, zärtliche Spur, die er mit kalter Bedrohlichkeit in seinen Worten untermalte. Kurz nur senkte sie ihre langen Wimpern. Es war eine Reaktion auf ihn und seine Nähe, ein Zugeständnis, das sie ihm gehörte.

Syndra konnte unter seinen Fingern kaum verheimlichen, wie das Blut durch ihre Adern rauschte, ganz gleich, ob sie ihren Blick vor ihm verbarg. War es der Klang, den er hören wollte? Welche Wirkung seine Worte auf sie hatten?

Erneut benetzte sie ihre Lippen. Nicht als eine laszive Geste, sondern vielmehr gepaart mit ihrem Blick, der sich mit einem mahnenden Blitzen unter ihren Lidern ihm erneut entgegen hob. Unmittelbar fing die Unerbittlichkeit seiner Augen sie jedoch ein, die sie deutlich mahnte, nicht aufzubegehren, während gleichzeitig seine Hand konträr zu der Kälte seiner Worte zärtlich über ihre Züge fuhr.

War es eine Herausforderung an ihn gewesen, in ihr das Gefühl von Angst hervorzurufen? In ihr eine Panik hervorzurufen, unter der sie nur auf sein Geheiß hin ihren Blick mit ehrfürchtiger Demut vor ihm erheben würde.

Waren das seine Regeln, die er unwiderruflich durchzusetzen versuchte? Sie wusste, wer Naheniel war, welchen Ambitionen er folgte und dass genau das war, was er von allen einzufordern gedachte, wenn der Tag gekommen war. Hatte es sie zurückschrecken lassen? Nein. Warum sollte es das? Im Gegenteil. Aber war es das, was er von ihr wollte? Warum er sie damals ausgewählt hatte?

Lieblich geflüsterte Drohungen, die sie vor ihm in die Knie zwingen sollten. Dafür hätte er auch jedes gewöhnliche Ding auf den Straßen Lichthafens umwerben können.

Warm fühlte sie seinen Atem an ihrem Ohr, während seine Wange an ihrer entlangstrich. Eine Nähe, unter der Syndra zur Hälfte ihre Lider schloss, während seine Stimme wie ein liebkosendes und zugleich erbarmungsloses Flüstern einen Namen an sie herantrug.

„Vorsichtig, Naheniel var Aesir.“ Kam es leise warnend über ihre Lippen, während er bedeutend langsam über ihren Hals fuhr. Es stand ihm frei, einfach zuzudrücken. Eine Entscheidung, die ihm durchaus zuzutrauen war. Syndra war keineswegs so naiv, eine Machtdemonstration zu durchschauen, seine Überlegenheit, die er ihr gegenüber mehr als nahtlos ausspielte. Doch Furcht erlaubte sie sich keine.

Kühl erwiderte die junge Magierin seinen Blick, während das warme Gefühl seiner Fingerkuppen über die Kettenglieder an ihrer Halsbeuge fuhr. Als würde es zum Leben erwachen, konnte sie das Gewicht der Glieder an ihrem Hals spüren. Ohne sich zu verengen war es vielmehr eine Schwere, die sich auf ihre Haut legte. Mahnend und warnend, als hätte man sie in Ketten gelegt.

Abrupt umfasste sie seinen Unterarm, während ihre Augen sich nicht nur ungläubig weiteten. Ein kurzer Moment der Panik. Eines Gefühls, das sie zuletzt gespürt hatte, als ihre Mutter sie von den Elementen getrennt hatte. Ein Déjà-vu von Machtlosigkeit, in dem sie ihm vollkommen ausgeliefert schien. Ohne eine Form von Sanftheit krallten sich ihre Nägel Halt suchend in seine Arme. Meinte er, ihr drohen zu müssen, um zu wissen, wer sie war?

Ihretwegen konnte er mit allen anderen tun oder lassen, was er wollte. Wenn er allerdings glaubte, sich auf diese Weise ihre Hingabe oder Loyalität sichern zu können, befand er sich auf einem sehr gefährlichen Pfad. Er konnte alles haben oder sich selbst darum bringen. Es war seine Entscheidung. Wollte er sie an seiner Seite oder zu seinen Füßen? Seine Wahl schien in diesem Augenblick aus ihrem Blick heraus ziemlich deutlich.

„Du stehst also zu deinen Bekenntnissen?“  Mehr als ein Flüstern brachte sie nicht hervor. Ohne mit der Wimper zu zucken, erwiderte sie dabei jedoch seinen Blick, wobei sich ein Ausdruck von kühler Verachtung darin ausbreitete. 
Die überhebliche Ruhe seiner Stimme, die über ihre Lippen strich. Ohne ihre Lider zu senken, wanderten nur ihre Augen hinab auf den Ursprung des gefährlichen Raunens, das sich dennoch verlockend an ihre Lippen drängte. Der bittere Zynismus in ihrer Stimme war ohne jede Scheu, auch wenn die Last die sie niederrang, ihm der bissigen Kraft beraubte. „.. und deinen Worten?“

Als seine Hand sich unerwartet von ihrem Hals löste, blickte die junge Erzmagierin überrascht durch ihre Wimpern zu ihm auf. Spielte es eine Rolle warum? Nein, im ersten Moment nicht. Instinktiv atmete Syndra tief durch. Ihre Hand fuhr unmittelbar an die kühlen ineinander verschlungen Glieder deren Schwere an ihrem Hals nachließ.
War das eine Einbildung? Was hatte er getan? War das sein verfluchter Ernst?
Eisig sah sie zu Naheniel und holte ohne zu zögern aus. Ihre Hand schnellte durch die Luft, um ihm mit voller Wucht ins Gesicht zu schlagen. „Ich ebenfalls, also glaube nicht, dass ich mir alles gefallen lasse.“

Kalt flimmerte das Blau ihrer Augen zu ihm auf, sodass Syndra den Sand zunächst nicht wahrnahm. Zorn tobte in ihr, während sie ihm unverhohlen Wortbruch unterstellte. „Wage es nicht mich noch einmal anzufassen oder mich auch nur annähernd auf diese Weise zu verurteilen.“

Sollte sie vor ihm im Staub kriechen?  War es das was er forderte? Dass sie ihn fürchtete und Panik vor ihm hatte?  Sollte sie sich lasziv räkelnd zurückziehen, um keine anderen Blicke auf sich zu ziehen und nur darauf warten, dem großen Meister hingebungsvoll dienen zu dürfen?

War das also der Platz, den er ihr zugedachte? Der Grund für sein großzügiges Geschenk? Ganz entzückend und nicht weniger fragwürdig, warum er nicht irgendeins von den gefügigen, schmachtenden Weibchen an seine Seite gewählt hatte, die sich sabbernd darum gerungen hätten, ihm jeden Wunsch von den Lippen ablesen zu dürfen.

Die Wut, die in ihr brodelte, war wie ein Lauffeuer, das nicht gelöscht werden konnte. Es war nicht nur eine Drohung, die sie aussprach oder eine Warnung. Es war ein Versprechen. „Nie wieder.“
Angespannt folgte ihr Blick dem seinen, beinahe in der Erwartung, dass ihr Handeln Konsequenzen tragen würde. Er hatte sie freigegeben, aber scheinbar nicht, weil er es wollte. Ihre Augen sahen auf den roten Sand, der sich aus seinen Ärmeln heraus glitzernd auf ihn legte. Leicht nur verengten sich ihre Augen, bevor Syndra einen Schritt rückwärtsging.

Deutlich konnte sie die kalte Verärgerung auf seinen Zügen sehen. Ein finsteres Aufglimmen in seinen Augen, das Syndra zur Vorsicht mahnte. Noch immer konnte sie den Druck spüren, die Schwere, die sich auf sie gelegt hatte, wie eine kalte Fessel. Der eisige Ausdruck auf seinen Zügen nahm jedoch zu.  

Unmöglich? Ein Wort, das es für ihn gewöhnlich nicht gab. Blinzelnd sah sie nochmals auf die Körner, die langsam zu Boden rieselten, als würden sie ihn wie Treibsand umschließen wollen. War es das Goldkind, das sich an anderer Stelle ihm widersetzte? Erst die Schatten, nun der Sand?

Ohne eine Form von Nähe griff das tiefe Blau ihrer Augen nach seinem Blick.Ein frostiges Glimmen, welches keinerlei Hehl daraus machte, dass er eine Grenze überschritten hatte. Das Pulsieren in ihrem Handgelenk war noch immer spürbar, sodass sie ohne hinsehen zu müssen, wusste, dass es sich verfärbte. Vorsichtig und nicht schützend legte sie unbewusst ihre Hand darum, ehe Syndra mit einer unüberhörbaren Distanz kühl ihre Stimme erhob.


„Unmöglich? Was hat das zu bedeuten, Naheniel?“
 
Zuletzt geändert von Syndra am So 22. Sep 2024, 20:26, insgesamt 2-mal geändert.
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Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht man diesem gewährt, die Gegenwart noch zu beeinflussen. ~
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Lorena
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#1240

Beitrag: # 54751Beitrag Lorena »

Größenwahn, Hysterie und grenzenlose Selbstüberschätzung, je länger sie dem Besucher und dessen Gebaren studierte, umso mehr schenkte
sie seinen Worten dahingehend glauben, dass er vermutlich tatsächlich der Erzeuger der Zwillinge war. Alle schlechten Eigenschaften, welche
die Beiden ihr Eigen nannten, erkannte sie auch in diesem Mann wieder. Er mochte ein Überbleibsel einer anderen Generation oder gar Epoche
sein, aber dennoch schien seine Weitsicht eingeschränkter Natur.


Je weiter dieses Gespräch voranschritt, desto stärker wurde dieser Eindruck. Zwar konnte sie nicht in seinen Kopf sehen, doch anscheinend
hatte er angenommen, dass die Erwähnung seines Namens in Verbindung seiner Blutlinie ausreichte, damit man ihm ohne Beweise den roten
Teppich ausrollte, ihn wie einen hohen Gast kokettierte und ihm bei Wein und gutem Gepäck anvertraute, was sich in den letzten Wochen oder
gar Monaten innerhalb ihrer Reihen zugetragen hatte.


„Ich habe mich weder mit einem Titel noch mit einer Position gerühmt, um irgendetwas zu beweisen. Dennoch lasse ich es mir von euch nicht
absprechen, mir eine eigene Meinung zu bilden.“
Herausfordernd ruhte ihr Blick auf dem Greis. „Ich hätte von jedem Einzelnen in diesen Hallen,
der Zeuge der Szenerie in den Gemächern geworden wäre, ebenfalls erwartet, dass Euer Handeln unterbunden wird.
Unabhängig von Rang oder
Stellung, ganz egal ob es sich um, eine beliebige Dienstmagd oder von meinetwegen auch ein geschätzter General handelt, sollte meiner Ansicht
nach einschreiten, wenn ein Fremder die Hand gegen einen der Unseren erhebt.“


Ihre Stimme war trotz seines respektlosen Verhaltens beherrscht und frei von Emotionen. Obwohl sie versucht hatte, ihm nahe zu legen, was
genau ihr missfiel, ließ ihn offenbar der längst vergangene Moment nicht los, sodass er sich nach wie vor über sie und ihre Haltung eschauffierte.


„Würde ich Euch dominieren oder anderweitig irgendetwas unter Beweis stellen wollen, fände dieses Gespräch hier in einem ganz anderen Rahmen
statt. Ihr mögt ein alter Mann sein, der derzeit gesundheitlich eingeschränkt ist, aber deswegen werde ich euch nicht leichtfertig ins Vertrauen
ziehen, nur weil ihr angebt auf gewisse Art und Weise zum engeren Kreis zu zählen. Entscheidet selbst, was ihr gewillt seid beizusteuern, doch
insofern ihr ernsthaft um das Wohlergehen eurer Tochter besorgt seid, erwarte ich zuerst ein Entgegenkommen von Euch.“


Noch immer versuchte sie zu rekonstruieren, was sowohl mit der Priesterin als auch mit dem Dunkelmagier geschehen war. Ginge es im Moment um
die Prophezeiung, den Schlüssel oder die Gebote und Gebräuche der Hüter Familie, wäre es vielleicht sogar hilfreich, dass Stellan sich in die
aktuellen Geschehnisse einmischte. Aber in der gegenwärtigen Situation hatte sie sowohl als Inquisitorin als auch als Teil der Gildenleitung eine
gewisse Verantwortung und musste zum Schutze aller Beteiligten gewisse Vorkehrungen treffen, gleichgültig wie müßig oder bevormundend er ihr
Auftreten empfand. Äußerlich gelassen wirkend, wartete sie das Ende des emotionalen Ausbruchs ab.


„Eure Bürde ist eine andere als die Meine.“ Gab sie ihm dennoch bestimmt zu bedenken. „Ihr als einstiger Hüter des Schlüssels, musstet Euch von
je her anderen Herausforderungen stellen, als ich und falls es euch entgehen sollte, maßt Ihr euch gerade exakt das gleiche Verhalten an, welches
ihr mir zu Last legen wollt. Ihr verurteilt mich, ohne meinen Weg gegangen zu sein oder meine Perspektive auch nur ansatzweise verstehen zu wollen.“

Ohne große Anstrengung erhob sie sich bei diesen Worten von ihrem Platz und schritt weiter in den Raum hinein nur um wenige Schritte vor ihm
zum Stehen zu kommen.


„Weder weiß ich, was oder wer Euch hergeführt hat und wie alles miteinander zusammenhängt, aber ich werde nicht um Informationen betteln.
Wie Ihr richtig erkannt habt, seid Ihr kein Gefangener. Es steht euch also frei den Hauswirtschaftsraum nahe eurer Kammer aufzusuchen,
Euer Hab und Gut an euch zu nehmen und diese Hallen zu verlassen oder aber euch zu setzen und Euch wie ein anständiger Gast zu verhalten.
Ich für meinen Teil habe definitiv keine Zeit zu verschwenden…“
Vielsagend scannte ihr Blick bei diesen Worten sein Antlitz.
„und ich würde mal annehmen allzu viel davon habt Ihr auch nicht mehr zu verschenken. Letztendlich müsst Ihr Eure Wahl treffen und entscheiden,
welchen Weg Ihr beschreiten wollt.“

 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
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Stellan
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#1241

Beitrag: # 54752Beitrag Stellan »

Wie sie seine Feststellungen einfach mal spiegelt. Herumdrehte und auf ihn zurück warf. Interessant. Es hatte also keinen Sinn, denn wie erwartet ergab sich weiter darin ihn zu beleidigen und zu denuzieren, respektlos darzustellen und ihm den Peter zu zuschieben, egal welche Argumente er vorbrachte. Er entschied also für sich es sein zu lassen zu versuchen der Dame ein normales Gespräch beizubringen, denn anschreiend konnte sie nur auf ihn herabsehen. Er ließ ihre Worte laufen, die sie seid sie aufeinander getroffen sind fand um ihn zu beschreiben. Sie hatte allerdings in einen Punkten doch recht. Er war größtenwahnsinnig, selbstüberschätzend aber nicht hysterisch. Er war der Vater seiner Kinder, wohl wahr. Aber er war wenigsten in der Lage dieses Recht auf ihrer Seite zu sehen, während sie ihn total abblockte. Dabei will er weder einen Teppich, noch Freundlichkeit, sondern ein normales Gespräch unter zwei Personen. Ohne Befehlston ohne Angriffe und Vorwürfe in einem neutralen Ton. Wie als würde man einfach einen wildfremden Treffen und müsste diesen etwas Fragen. Er bezweifelte das sie dort auch sofort in den Angriff ging, selbst als Inquisitorin nicht. Und so sehr sie sich an seiner Ohrfeige, die sie selbst gegeben hätte, aufhing so sehr bestand er wenigsten auf dieses kleine Bisschen Normalität im Gespräch. Stellan riss sich schon zusammen. Denn jede andere hätte bereits gemaßregelt, übers Knie gelegt - wenn er könnte - oder überhaupt zugehört. Ihr hörte er zu, zumindest versuchte er sein besten zwischen all dem Kläffen was anständiges rauszuhören.

Tatsächlich erwägte er einen Moment, da sie ihm grunde wieder alles schlicht spiegelte und abwehrte, einfach zu gehen. Nichts mehr sagen und erwähnen, weils es eh nicht ankommt wie es soll. Doch fiel ihm ein, dass etwas doch noch da war, dass wichtig war. So hielt er einen Moment inne. Als der flüchtige Gedanke kam. Auf ihre Worte sagte er einfach nichts mehr. Es gabs nichts neues zu sagen. Nicht in dem sich immer im Kreisdrehenden Trott. Also während sie redete dachte er nach. Sicherlich näherte er sich dem Tisch und setzte sich langsam.
"Wie geht es meiner Enkelin?"

Völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Das brach völlig mit dem Thema. Es war weder Legionssache noch irgendwas sonst. Auch wenn die Frage recht nüchtern gestellt war, so war das Interesse an der Befindlichkeit des Kindes echt. "Ich verurteile nicht, ich sehe eine verbitterte Frau die um sich beisst, bei allem was man sagt. Da muss eine Menge passiert sein. Sowas kommt nicht von einer Position. Das ein normales Gespräch nicht mehr möglich sein soll, dazu gehört eine Menge. Würde ich euch jetzt fragen wie es dazu kam, dass ihr nicht mehr in der Lage seid einen neutralen Tonfall anzunehmen, würdet ihr es sowieso nicht beantworten. Würde ich ansatzweise Interesse an euch und eurer Vergangenheit haben, ich bekäme keine Möglichkeit euch kennen zu lernen. Jemand der sich so verschließt.. ja das glaube ich, hat viel Schmerz erfahren. Ob gerechtfertigt oder nicht lasse ich dahin gestellt." Das kam ohne jeglichen Vorwurf, sondern war eher eine neutrale Analyse von ihrem Verhalten, wie sie auf Stellan wirkte. Natürlich ging das ihn nichts an und da hatte sie auch Recht, wenn es zu persönlich war. Aber anders konnte er sich ihr Verhalten sonst nicht erklären.

"Betteln müsst ihr gar nicht. Fragen, normal fragen reicht völlig. Nichts anders." Er saß und er sah ein wenig müde aus. Es war mühsam gegen einen Sturm anzuschreiten, der so fest von seiner Wahrheit überzeugt ist. Es war mühsam gegen diese aufgesetzte Fassade zu sprechen. Tatsächlich kam ihm kurz der Gedanke, wie wäre Lorena in Echt. Ohne dieses krampfhafte Verhalten. Es gab immer zwei Seiten einer Medialle und wenn diese hart und unnachgiebig war, gab es auch ein Gegenteil. Bei ihr war es für ihn nur ein wenig aus dem Gleichgewicht geraten. "Ich schätze hinter dieser Mauer steckt eine ganz andere Frau. Eine die sie ist und nicht so ist wie andere sie haben wollen und ja ich weiß wie es ist, sich verbiegen und versteifen zu müssen. Ich bin jetzt in einem Alter wo es keinen Sinn mehr macht. Die Jungen schlagen die Schlachten, die unter anderem ich hinterließ." Starke Momente, schwache Momente, harte wie auch weiche gehören zu jedem dazu. Selbst zu ihm. Auch wenn er als Hüter darauf gedrillt worden war seine Emotionen unter Kontrolle zu bringen, abstellen ließen sie sich nie ganz. Das würde sonst dafür sorgen, dass man gleichgültig wurde, keinen Antrieb mehr hatte, weil es kein Gefühl gibt das antreibt, das Verlangen nach Erfolg wecken würde, dass glauben erlaubt. Denn Glaube ist Emotion. Sich von ihnen aber nicht kontrollieren zu lassen, gefasst zu bleiben, kontrolliert, war eine Kunst, die man lernen musste. Sein 'emotionaler Ausbruch' der keiner war, war eine Klarstellung. Ein Ultimatium an das Gespräch.

"Also wieso ich zurück kommen bin ist eure Frage." Griff er nun noch mal auf und er kam ihr ein allerletztes Mal mit einem Vorschuss an neutralem Verhalten entgegen. Sie konnte es nutzen oder auch nicht, es war ihre Wahl. "Meine Zeit ist eigentlich lange um, aber wie ich feststellen musste habe ich noch nicht ganz meine Aufgabe erfüllt. Der Herr verweigert mir den Eintritt in sein Reich oder in überhaupt ein Reich. Mein Schicksal ist nicht von Belang, aber meine Aufgabe schon." Er griff nach der Karaffe um den Wein aufzufüllen. "Der Wein ist übrigens gut." Meinte er nachdenklich und stellte nach einem großzügigen Schluck den Becher wieder ab. "Ich bin zurück gekommen um den Schaden den meine Fehler hinterlassen haben wieder so gut es geht zu korrigieren. Ich habe sehr viele Fehler gemacht, aber ich kann sie sehen und korrigieren. Ich kann die Jahre die nicht da war nicht entschuldigen, aber ich weiß nicht wie weit ihr im Bilde seid, ich hatte die Wahl zwischen dem Schicksal und der Tat. Ich entschied mich für Schicksal und das war nicht richtig." Es wäre nun nicht unbedingt ein Hindernis gewesen, eines der Zwillinge zu töten und doch hat er es nicht getan, er hat das Schicksal laufen lassen, es wird sich finden, es wird sich fügen und am Ende hatte sich weder was gefunden noch gefügt. Seine Kinder sind zu sehr damit beschäftigt sich selbst an die Gurgel zu gehen als der Bestimmung zu folgen. Der Schlüssel war fort und niemand wusste wohin. Natürlich kann ein Mann der Überzeugung wie Stellan nicht einfach mit dem Arsch im Altersheim sitzen bleiben und Schach spielen, er musste was tun, irgendwas und wenn es erst mal Präsenz zeigen war. "Die Wege des Dunklen Meisters sind für unsereins schwer zu deuten. Ich hörte zudem von dem Verschwinden der Priesterin und das hat mich hellhörig gemacht. Nur kam dann mein Unfall dazwischen." Er wiegte den Kopf. "Nun ja den Rest kennt ihr, ich wurde her gebracht und man rettete wohl mein Leben oder flickte mich mehr oder weniger funktionell zusammen." Er schmunzelte leicht.

"Beantwortet es eure Frage? Und seid ihr nun bereit auch meine zu beantworten? Wie geht es meiner Enkelin?"



 
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....
Das Chaos wird entbrennen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisters sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
....
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Jeremias Rabenherz
Gelehrter / Gelehrte
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Registriert: Do 6. Mai 2010, 17:46

#1242

Beitrag: # 54753Beitrag Jeremias Rabenherz »

Wer bist du?
Jeremias Rabenherz.
Nein. Wer bist du?
Ich verstehe nicht. Mein Name ist Jeremias Rabenherz.
Nein. Das ist ein Name den man dir gegeben hat, aber meine Frage ist eine andere. Wer bist du?
Ich, .. ich bin Vikar der dunklen Kirche Ogrimas. Schüler von Hochwürden Xyron Rabenherz.
Nein. Das ist eine Position, aber meine Frage ist eine andere. Wer bist du?
Ich.. ich.. weiß es nicht.
Komme wieder, wenn du die Frage beantworten kannst.


Es ist nicht so, dass nicht jeder einst vor dieser schweren Frage steht. Dieser bedeutsamen Frage. Eine Frage, die so wichtig war für einen selbst, wie auch für die Zukunft und alles was passierte. Ein Kind das sich entwickelt, geprägt von dem Elternhaus. Alles beginnt mit einem Moment, an dem das Kind sich seiner bewusst wird. Sich erkennt, seine Eltern erkennt, seine Umgebung kennen lernt. Doch das Kind ist weit davon entfernt zu wissen, was und wer es war.

Jeremias hatten Stunden damit zugebracht zu begreifen wieso manche Dinge so liefen wie sie liefen. Er hat versucht zu verstehen, wieso manche Menschen so verbittert wurden und andere so gütig. Er selbst hält als Priester Ogrimas nicht viel von Güte. Güte war für ihn eine Ausrede aus eigener Kraft zu schaffen. Auf Güte verlassen sich jene die nicht in der Lage waren ihr Leben in die Hand zu nehmen. Mit all den netten Worten wie Nächstenliebe, Mitleid und Fürsorge. Sicher mag es aus Artherks Sicht einen logischen Sinn ergeben, deswegen waren sie weiß. Doch aus seiner Sicht, waren es Ausreden um die schwachen Glieder am Leben zu lassen. Ausreden die natürliche Selektion nicht voran zu treiben, wie es ein Wolfsrudel mit einem kranken Jungen machen würde. Erlösen aus der Qual und nicht falsche Hoffnung verteilen.

"Ja wer verdient es. Ich schätze dafür gibt es kein Patentrezept. Wie bleibt man im Gedächtnis? Wie wird man eine Legende und wenn man eine ist, hat das überhaupt einen wert?" Er beugte sich zu ihrem Ohr. "Denke an die Gruft." Flüsterte er leise. Sie wird wissen was er meinte. So gesehen war am Ende nicht viel übrig. Man konnte nie sicher sein, dass man einen Fußabdruck hinterlassen hatte. Auf der Welt oder in den Gedanken anderer. Die Generationen kommen und gehen und lesen vielleicht nur was in Tinte von einem übrig geblieben ist. Auf staubigen Seiten, Texte die sie selbst irgendwann ähnlich verfassen und ebenfalls in Bücher schreiben, damit die nächste Generation sie lesen wird. Ein endloser Kreislauf. Doch ganz so war es nicht. Denn jede Generation und jedes Leben brachte Wissen mit. Nahm Wissen auf und gab dieses Wissen weiter. Erkenntnisse und Offenbarungen, die das Wissen mehren so das die folgende Generation erneut davon profitierte und man sie vorbereiten kann, jemand zu sein.

Der Kreis schließt sich. Prägung. Erfahrung. Wachsen. Sich selbst finden. Stabilität in der eigenen Person aufbauen. Zu wissen wer man ist, war das Fundament, Glaube waren die Stützen. Aber das Haus war noch lange nicht fertig erbaut. Es fehlte noch so viel. "Nein, es wird dir nicht gefallen." Er sagte es mit einer unbequemen Wahrheit in der Stimme. Doch es lang nicht wie eine Drohung oder eine Gefahr. "Aber vielleicht wird es das irgendwann" Fügte er hinzu. Das Haus. Verstand sie den Sinn dahinter. Je näher sie dem Haus kam, um so mehr fühlte sie es. Es zog an ihr. Wie ein dunkler unsichtbarer Faden. Sie fühlt sich verbunden zu dem Haus. Vielleicht kennt sie ähnliche Häuser. Aber die Wege der Götter war stets kryptisch und die Priester oder Begleiter nicht Befugt diese Rätsel zu lösen. Das dürfen sie nicht. Sie dürfen nur da sein. Erkennen.

"Erkenne mit weit offen Augen." Ein Teil des Mantras ließ er einfach unter den Tisch fallen. Aber sah sie das offensichtliche? Vermutlich noch nicht. Das Haus war da, es schien alles friedlich. Der Weg durch den Garten, alles war in Ordnung. Bis sie die Hand an die Tür legte.

Es war wie ein kleiner Stromschlag der durch sie fuhr. Sie war auch im ersten Moment nicht in der Lage die Hand zurück zuziehen. Sie sieht wie von ihrer Hand aus ein feiner Schimmer über die Wände des Hauses kriechen. Sie spürt ein Beben, eine Vibration die durch den Boden in die Wände ging. Das Licht flackerte einen Moment und erlischt. Fensterrahmen bersten und das Glas zerspringt. Holz knirscht und zerfällt. Es  ist als kann sie zusehen wie das Gebäude binnen von Sekunden beginnt zu zerfallen und alles in diesem Zerfall zerrt an ihr. Es tut weh, es schmerzt, es ist wie ein tiefer Eingriff in ihr innerstes und sie war unfähig auch nur einen Schritt davon weg zu machen. Sie konnte davor nicht fliehen. Sie hätte vorbei gehen können, sich der Wahrheit verweigern. Doch sie sieht was übrig ist, sie sieht die Wahrheit. Sie tut weh und davor kann sie nicht weg laufen, selbst wenn sie es versuchen würde. Die Wahrheit schmerzt. Je mehr fällt, je mehr von dem Haus einfach zerbricht. Am Ende nur noch ein Schatten von dem was einst war.

Eine Berührung, hatte die Illusion einfach zum platzen gebracht. "Scheint.. als müsste man renovieren." Kommentierte er und jetzt konnte sie die Hand zurück ziehen. Die Tür blieb stehen. Ein paar Wände standen auch noch, ebenso wie einige Träger. Der Rest war zerbrosten. "Erkennst du .. wessen Haus das ist?" Fragte er nach und strich mit einem Finger über den Rahmen. Der Rahmen war intakt. Die Tür auch. Sie funktioniere noch. Eine Funktion als Tür.

Er wartete auf ihre Antwort und die Züge verzogen sich zu einem vielsagenden Lächeln. Fiel der Groschen?

Wer bist du?
Ich bin eine Gewalt des Herrn, ich verkünde das Wort, ich bringe die Schrift, ich opfere was ich muss um sein Wirken zu verstärken. Ich bin sein Diener, einer seiner Priester. Weil ich es so entschied und er mich annahm.
Eine Gewalt bist du? Wer behauptet das?
ICH.
Was ist dein Wort wert.
Alles, weil ich überzeugt davon bin.
Würdest du dafür sterben?
Tausendmal.
Gut.
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Rabenvater •  Stammbaum Rabenherz
"Ich diente dem HERRN bis er mich rief, jetzt diene ich ihm erneut."
<<Die Tugend nistet, wie der Rabe, mit Vorliebe in Ruinen.>>
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Naheniel
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#1243

Beitrag: # 54754Beitrag Naheniel »

Unmöglich. Unmöglich war es, dass die Wüste ihn ohne seine Zustimmung aufsuchte. Wenn die Welten sich überschnitten, dann geschah das, weil er es befahl und nicht aus einer eigenen Laune heraus. Immer noch galt: Seine Welt, seine Regeln. 

So verhielt es sich eigentlich auch mit irgendwelchen, äußerst mysteriösen Lichtphänomenen, von denen er aber nichts weiter mitbekam. Wäre er jedoch gerade dort, hätte er sich wohl lässig und ziemlich unbeeindruckt mit verschränkten Armen gegen eine Palme gelehnt, das Spektakel mit einem Lachen in den Augen betrachtet und sich dann desinteressiert abgewendet. Die Worte des Pfaffen hätten mit großer Wahrscheinlichkeit zu seiner Erheiterung beigetragen, aber diese wäre im Moment aufgrund der Geschehnisse im Zimmer der Eismagierin äußerst unpassend. 

Syndra konnte somit eigentlich von Glück reden, dass die sich verändernde Lage sie vor einem Schlag seinerseits schützte. 

Zugeständnisse und Bekenntnisse mochte er ihr gerne geben, das allerdings räumte weder ihr noch sonst einer Frau das Recht ein, sich gegen ihn aufzulehnen. In einer modernen Welt konnte eine Frau vielleicht danach verlangen, dem Mann gleichgestellt zu sein.
Hier aber war dem nicht so. Das Patriarchat war allgegenwärtig, es troff förmlich aus jeder Gasse und jeder Aufgabe, die zu erledigen war. Ein König mit seiner untertänigen Prinzessin. Wo war die allein regierende Königin?
In den weißen und schwarzen Kirchen fanden sich nur männliche Hohepriester und Bischöfe.
Der Magierturm? Besetzt von Männern. Die Druiden auf Arakas? Männlich.
Die Magiekundigen, die ihr Wissen für einen Obolus weitergaben? Bis auf sehr wenige Ausnahmen: Männer.
Der Fürst von Sturmkante? Männlich. Der Bürgermeister? Männlich.
Das Orakel? Männlich. 
Die Götter? Hm. 

 
Diese Liste ließe sich ewig fortsetzen. Wie konnten Frauen in dieser von Männern dominierten Welt ernsthaft erwarten, ihnen gleichgestellt zu sein? Das hieß nicht, dass sie alle per se kleine Mägde waren, die ihren Herrn zu Willen sein mussten.
Aber eine gute Erziehung brachte es eigentlich mit sich, dass die Frau wusste und verstand, wo ihr Platz zu sein hatte. Naheniel kannte diese Ordnung und trotz des Wissens darüber hatte er Syndra bisher sehr gut behandelt und ihr wesentlich mehr Freiräume gewährt, als viele andere es tun würden.
Vorerst blieb er doch noch bei der Hoffnung, dass sich seine Großzügigkeit nicht als Fehler herausstellen würde. 

 
Jetzt war aber nicht der richtige Zeitpunkt, eingehender darüber nachzudenken, denn seine Aufmerksamkeit wurde vollends von dem Wüstensand eingenommen, der plötzlich in seiner Lunge zu kratzen begann. 
 
Er erstickte nicht daran, dennoch war das Gefühl von stechendem Sand schlichtweg nichts, was er unbemerkt lassen konnte.
Wie schnell das Blatt von ausgeübter und erfahrener Macht sich doch ändern konnte. 

 
Unter seinen ledernen Stiefeln, bis hinauf zu seinen Schenkeln, sammelte sich bereits der Sand, quoll dabei aber nicht nur aus seinen Ärmeln hervor, sondern wuchs aus den Fugen des steinernen Bodens heraus. 
Seltsamerweise blieb aber alles davon in seiner Nähe, breitete sich nicht über den Raum aus, sondern machte den Anschein, an ihn gebunden zu sein. Was Naheniel nebst dem Kratzen und der Hitze der Sandkörner auf seiner Haut spürte, war, dass die Festigkeit unter seinen Füßen langsam nachgab und es wohl nicht lange dauern würde, bis sich der Boden zu einem Treibsand verwandelte.

Syndra stand noch nahe genug, dass die feinen Ausläufer der Wüste auch sie berühren konnten. Eine riskante Situation, zumal die Lage bereits jetzt vollkommen unberechenbar war. Obwohl sie sich ihm widersetzt hatte, lag es nicht in seiner Absicht, dass sie in Gefahr geriet. Auch wenn sie nach ihrem abwehrenden Verhalten womöglich genau das Gegenteil erwartete. 

"Geh weg von mir." Naheniel betonte nach wie vor in aller Ruhe jedes einzelne Wort. Sein Blick war jedoch sehr eindringlich, nicht bittend, sondern nahezu befehlend.
Sollte sie sich entscheiden, seine Aufforderung zu ignorieren, würde er gezwungen sein, ihren ausdrücklichen Wunsch, sie nicht mehr anzufassen, zumindest einmal übergehen zu müssen und sie wegstoßen. 

 
Bevor er sie nochmals nachdrücklich ansprechen konnte, begannen seine Umrisse zu flackern und wie aus dem Nichts legte sich ein dunkler, langer Mantel um seine Schultern und ein fremdes Leuchten ersetzte das Blau in seinen Augen. Der Blick blieb auf das frostige Glimmen Syndras gerichtet, ohne sie und das Eis in ihr aber wirklich wahrzunehmen. Für einen Moment, der sich wie eine Ewigkeit anfühlen mochte, verharrte er starr, als wäre er nicht mehr hier. Dann aber löste Naheniel sich und wendete seinen Kopf zur Seite, als könne er sich nur auf diese Weise wieder sammeln. 
 
"Wie?" Die Farbe seiner Stimme war dunkel und durchtränkt von einer Unzufriedenheit, die unmissverständlich war. 
 
"Die Wüste." Antwortete der Reiter aus Naheniels Mund. 
 
"Das sehe ich. Wie?" Wiederholte Naheniel und atmete dabei tief ein. Der Sand, der in seinen Lungen brannte und sich weiter ausbreitete, zwang ihn, seine Atemzüge genau zu kontrollieren, damit ihm das Sprechen gelang. 

"Gleichgültig. Das Mädchen ist fort." Ein wütender Gesichtszug sollte verraten, wie überaus verärgert Naheniel über diese erneute Wendung war. Freya schien ihm immer wieder durch die Finger zu gleiten und noch dazu richtete sie einen nicht unerheblichen Schaden in seiner Welt an, wenn sich sogar die Wüste, so wie er durch das Auftreten des Reiters schlussfolgerte, gegen ihn erhob.
Das war nicht nach seiner Vorstellung und wenn etwas nicht nach seiner Vorstellung lief, versetzte ihn das nicht gerade in gute Laune. 

  
"Kannst Du sie finden?"

Der Reiter lachte, durchdringend und tief. "Ich bin tot."

 
Eine Figur weniger, die Naheniel blieb, um sie auf seinem Spielbrett gegen Freya zu ziehen. Noch dazu eine äußerst wichtige, denn war er es schließlich selbst, aus dem er den Reiter erschaffen hatte. Leicht schüttelte er seinen Kopf, wobei einige Sandkörner aus seinem blonden Haar fielen, um sich zu den anderen auf den Boden zu gesellen. 
Ein schwaches, jedoch düsteres Lächeln spielte mit seinen Lippen, schwer deutbar, ob es ein Ausdruck des schwarzen Manns oder von Naheniel war. Das Flirren um seine Silhouette ließ allerdings nach, während der Mantel des Reiters sich an den Körper des Dunkelmagiers schmiegte. 
 
Etwas veränderte sich auf seinem Gesicht und an seiner gesamten Präsenz, als der rötliche Sand plötzlich von ihm abfiel und der kleine aufgetürmte Berg zu seinen Füßen sich nun weit über den Boden ausbreitete, als würde alles über den Stein hinweg fließen. 
Er genoss die Befreiung in seinen Lungen, schloss seine Augen, hob seinen Kopf und verharrte für einen Augenblick in Stille. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit zurück auf Syndra und seine Augen glühten, als er sie mit diesen fasste. 
 
"Pass gut auf." Auffordernd hob Naheniel seine helle Braue, während sein rechter Mundwinkel aufzuckte, ohne dabei eine Wärme oder eine persönliche Bindung zu seinem Gegenüber erkennen zu lassen. "Er wird Dich verzehren."
 
Wer war gemeint?
Der Sand?
Der Reiter?
Naheniel? 

 
Vielleicht fand sie es heraus. 


 
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-Freya-
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#1244

Beitrag: # 54755Beitrag -Freya- »

Regungslos verharrte Freya für einen Moment. Vollkommen still. Ihre Gedanken wanderten zwischen Erinnerungen und der Realität hin und der. Die Frage, wer sie war, hallte in ihr nach, als wäre sie Teil der Kreise, die das Wasser um ihre Finger zog. Eine Frage, die viele sich stellten, hatte nie eine einfache Antwort. Freya, Adeptin der dunklen Kirche, Schülerin der Tanuri var Aesir, Tochter des Ninian Chakai? Das war sie gewesen. Doch nun?

Sie spürte die kühle Präsenz des Wassers und den leichten Widerstand, den es bot, als ihr Finger es berührte. Die Wellen, die sich von ihrer Berührung ausbreiteten, erinnerten sie an das Leben selbst – wie jeder kleine Moment, jede Entscheidung, jede Erinnerung. Alles hinterließ Spuren, die sich ausbreiteten, bis sie schließlich irgendwo weit entfernt verschwanden. Vergänglichkeit gehörte zum Leben. Worte, Versprechen, Bedeutungen, Erinnerungen - nichts währte ewig.

„Bin ich das? Wichtig? Für Euch? Für irgendjemanden? Ich habe es schon so oft gehört. Doch es sind nur Worte. Nicht mehr.“ Worte waren wie die Wellen – sie erreichten einen, berührten einen Moment lang das Herz, nur um dann in die Ferne zu verschwinden, ohne eine bleibende Spur zu hinterlassen. Ihre Stimme kam nur wie ein Flüstern über ihre Lippen. Sein Bild verschwamm immer mehr unter den zarten Wellen vor ihren Augen, bis nichts mehr als ein Glitzern an der Oberfläche blieb.

Der Pater war vielleicht immer ehrlich gewesen. Jede Lüge wäre unsinnig gewesen, aber was spielte es jetzt noch für eine Rolle? Aber er war weder hier, noch würde er sie suchen oder finden. Freya schüttelte leicht den Kopf, sondern nicht mehr als ein Gedanke. Nicht wahr?

Ihre Hand schwebte über der Wasseroberfläche, als würde sie zögern, die Ruhe erneut zu stören. Das Licht spiegelte sich darin. Ein heller Schein, der das Wasser für einen Herzschlag erfüllte und sie beinahe blendete. Ein gleißendes Schimmern in den immer wieder ziehenden Kreisen, als ob die Sonne tief unter der Oberfläche verborgen war und das Licht in tausend Facetten daraus hervorbrechen wollte. Ruhig schloss Freya ihre Augen, während ihre Worte tonlos etwas hinzufügten. „Lebe wohl.“

Erinnerungen. Sie waren oft wie Schatten, die sie verfolgten, selbst wenn sie versuchte, sie hinter sich zu lassen. Vielleicht hatte Etoh jedoch in einem recht. In den Erinnerungen lag ein Schlüssel. Aber die Hoffnung? Nein, die hatte sie längst hinter sich gelassen. Hoffnung brachte Schmerz, das wusste sie jetzt. Akzeptanz war der Weg, den sie wählte – ein Pfad, auf dem sie sich nicht länger an Illusionen klammerte. Kein Weg zurück, sondern der Pfad, der sich vor ihr auftat.

Als Freya ihre Lider mit langsamer Anmut anhob, lag die Oberfläche ruhig vor ihr. Als wäre sie vollkommen unberührt, spiegelte sie die Palmen, Büsche und das Rot der Sande wieder. Nur tief in der Reflexion sah sie noch etwas anderes - ihre eigenen Augen. Eine Art Stille erfüllte den Moment, als hätte das Wasser für einen kurzen Augenblick ihre Gedanken eingefangen und sie wie eine Offenbarung auf die Oberfläche geworfen. Wer war sie?

„Einfach Freya.“ Das war alles, was geblieben war. Sie war hier keine Adeptin, keine Tochter, kein Schlüssel oder Schülerin. Kein Name, kein Wappen, keine Bedeutung außer ihrer eigenen. Doch brauchte es mehr? Das Lächeln auf ihren Lippen vertiefte sich. Nein, sie wusste die Antwort. Es brauchte nur den Glauben. Sie musste bereit sein, ihren Weg gehen. Entschlossen sein, sich zu erheben, um das zu werden, was ihr bestimmt war - wer sie sein wollte.

Mit einer fließenden Bewegung richtete Freya sich auf. Ihr Körper fühlte sich leichter an, als hätte sie die Last ihrer Zweifel und Ängste für einen Moment abgestreift. Langsam floss das Leinen an ihren Beinen entlang zu einer glatten Silhouette, ohne eine Falte zu zeigen, während jedoch einige Strähnen ihrer schwarzen Haare über ihre Stirn wehten. Das Blau ihrer Augen betrachtete die ruhige Wasseroberfläche ein letztes Mal, bevor sie plötzlich den Ruf des Jungen hörte, der bei seinem Großvater verweilte. Ein sanftes Lächeln glitt über ihre Lippen, als sie über ihre Schulter zu ihm sah und nickte, als wolle sie ihm zu verstehen geben, dass sie kommen würde.

Manchmal wurde man eben irgendwie gefunden, auch wenn man sich nicht auf die Suche machte.

Ein letzter kurzer Moment, als sie sich herumdrehte und für einen flüchtigen Herzschlag das verärgerte Funkeln hellblauer Augen auf dem Wasser tanzen sah.

„Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst. Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?“

Waren diese Worte jemals real gewesen? Irgendetwas davon? Oder war auch das nur einer hoffnungsvollen Fantasie entsprungen? Was war es, was sie sah, wenn sie in den Spiegel blickte?
Ohne den Gedanken noch weiter einen Raum zu geben, folgte sie dem Heranwinken des Knaben, um zu erfahren, was er ihr zeigen wollte.

Ein zarter Wimpernschlag, unter dem sich das Blau ihrer Augen auf den Jungen legte und Freya mit federleichten Schritten auf die beiden zuging, während das Bild im Wasser hinter ihr langsam verblasste.
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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Tanuri
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#1245

Beitrag: # 54756Beitrag Tanuri »

Die Vibration erfasste nicht nur das Haus, sondern zog sich wie kleine, feine Blitze über ihre Haut hinweg. Ein leises Beben, das Mauern zum Einsturz brachte, die in diesem Moment symbolisch für jene standen, die um sich errichtet hatte. Erbaut, um einen Bereich zu haben, in welchem sie sich sicher fortbewegen konnte, ein Versuch, hinter dem festen Stein unangreifbar zu sein. 
 

Denn ihre Aufgabe als Priesterin, als Hüterin, als Mutter, als Anführerin einer Gilde, als Frau, war es, Bestand zu haben. Keine Erschütterung zu zeigen, stets die richtige Entscheidung zu treffen und für jeden, der zu ihr kam, die richtige Antwort zu finden und niemals offen zu zeigen, was sie verbarg - nein vielmehr, verbergen musste, da eine Abstrafung viel zu leicht vonstattenging. Eine Abstrafung, auf die sogleich ein anscheinend viel zu leichtes Ersetzen folgte. 
 
Was aber waren schon Mauern? Sie bestanden aus nichts weiter als aus Stein. Auch wenn man diesen noch so säuberlich aufeinander schichtete, es brauchte nur eine Unachtsamkeit und die gesamte Konstruktion wäre instabil. Lange mochten die Mauern eines Hauses stehen, sich den Orkanen stellen, das Feuer abfangen und vor Regen schützen. Kritische Worte, Ablehnung, Demütigung, Einsamkeit, Zurückweisung, das ständige Beweisen der Rechtmäßigkeit ihrer Position, der Kampf als Hüterin, die Verzweiflung darüber, ein Mädchen zu beschützen, das nicht nur Schlüssel sein konnte, das Erleben von Missgunst und Neid, Hinterhalt und falscher Zunge - all das und noch so viel mehr war über die Jahre auf die Mauern eingeprallt. Mal laut und in einem stürmischen Zorn, mal leise, wie eine fallende Sternschnuppe am klaren Nachthimmel. 

Am Ende aber war es eine winzige Berührung, eine kleine Irritation, die alles zum Einsturz brachte. 
 
Tanuri stand zitternd vor der Tür, die als letzter Beweis des einstigen Baus noch stehen geblieben war. Ansonsten sah sie nur die Scherben, das zerbrochene Holz und die großen Steine, die sich teils ungeordnet auftürmten oder wahllos herum lagen. Sie schluckte schwer und biss sich auf ihre Lippen, während sie die Eindrücke auf sich wirken ließ, ohne dabei der Schwäche und dem Schmerz, den der Zusammenbruch mit sich brachte, Raum zu geben.

Nachdenklich wanderten ihre Augen von Stein zu Stein. War jeder von ihnen eine Erinnerung? Ein Geschehen? Ein Schutz? Ein Stück aus der Vergangenheit? Vor kurzem noch aufeinander geschichtet, ein Leben, ein Sein, ein "Ich" gebaut zu einem Haus, lag es nun in Trümmern vor ihr. 
 
Aber deutete sie es überhaupt richtig? Genauso gut konnte das Haus für den Glauben stehen. Ein Glaube, der über Generationen weitergetragen worden war und der sich Stein um Stein zu etwas Großem gebildet hatte. Doch ab dem Zeitpunkt, wenn der Mensch an etwas beteiligt ist, beginnen sich Fehler einzuschleichen. Eigene Interpretationen, falsche Deutungen, Auslegungen, die teils nur dem eigenen Willen zu Gute kamen.

War das Fundament noch fest und fehlerfrei von Gott geschaffen, kam mit jedem Stein ein unsicherer Faktor dazu. Nicht von einem Geschöpf erbaut, sondern von vielen Händen und viele Hände sind es, die es verderben. Das Dach hatte es noch geschafft, vollendet zu werden, doch hielt das Haus des Glaubens tatsächlich stand? Nein. Und doch… ja. Überlegend zog sie ihre Stirn kraus und reflektierte ihre Annahme nochmals. 
 
Sie lag falsch, denn es war egal, wie viele Fehler man finden mochte, in den Schriften, in den Worten, in den Verkündigungen, die von Menschenmund gesprochen wurden. Der Grundgedanke des Glaubens konnte nicht zerstört werden. Nicht von einem Orkan, nicht von einem Feuer, nicht von einem Beben. Der Glaube war unzerstörbar, solange Ogrimar existierte. Und Ogrimar war nicht nur unsterblich, sondern auch unendlich. 
 
Langsam zog sie ihre Hand von der Tür zurück und wendete im gleichen Moment ihren Blick auf Jeremias. Den Greis, als den er sich selbst vielleicht sah, erkannte sie in ihm nicht. Sondern den Priester, der einst in den Felsendom nach den Jüngern rief. Genauso wie Xyron und Pydacor vor ihm. Und wie viele andere, die bereits gingen und jene, die noch kommen würden. Namen waren dabei nicht von Bedeutung, auch der Titel, mit dem sie sich schmückten, war unwichtig. Das was zählte, war der unbedingte Glaube an den dunklen Herrn und seine Allmächtigkeit. 
 
"Die Gruft…Ich habe das Geheimnis der Gruft nie gelöst. Vielleicht ist es aber genau das, dass man nicht hinter eine Legende blicken soll? Weil das, was man entdecken könnte, am Ende doch nur ein ganz normales Wesen mit einem Namen wie jeder andere ist? Menschen brauchen aber Legenden und Helden, sie brauchen etwas, das sie sehen können, nach dem sie greifen und an dem sie sich festhalten können.

Sie brauchen Vorbilder, nach denen sie sich richten und denen sie nacheifern können, um sich selbst anzuspornen, noch Größeres zu leisten. Was würde passieren, wenn die Legende, der Held, sich als nichts weiter, als genauso fehlerbehaftet herausstellt, wie es jeder andere von uns ist?"


Tanuri legte ihren Kopf etwas in die Schräge und hob ihre Hand auf die Höhe ihres Gesichts. Eingehend betrachtete sie ihre Finger, auf denen sich in diesem Moment ein einziges Staubkorn absetzte. "Dabei vergessen sie alle, dass ein einziges Individuum nicht von Belang ist. Jeder von uns auf dieser Welt, egal ob Legende oder einfacher Bauer, ob Kleriker oder Krieger im Feld, ist nur ein Staubkorn."

Sacht pustete sie auf ihre Hand und das Staubkorn flog hinauf, wirbelte umher, tanzte in der Luft, vollführte eine Drehung und legte sich dann, langsam fallend, hinab zu dem Schutt, der vor ihren Füßen lag.  
 
Gerade noch war es das eine Korn gewesen, das man mit Aufmerksamkeit verfolgte und das, so schien es, in seinem Tanz und seinem Gebaren sich zu drehen und sich zu winden, so besonders und speziell war, dass alle Augen sich einfach darauf richten mussten und sich ganze Welten, nur um es zu drehen schienen. Dann aber glitt es hinab und wurde eins mit dem Staub auf den Boden, war plötzlich genauso, wie alle anderen. Weder bedeutender, noch wichtiger, noch besonders oder herausragend. Es war nicht gleicher als gleich. 
 
"Ich denke, Jeremias, das ist," eilig schüttelte sie leicht ihren Kopf, "nein, es war mein Haus. Man mag es kaum glauben, aber bei fremden Häusern pflege ich zunächst anzuklopfen, bevor ich sie einreiße." 
 
Forschend betrachtete sie nochmals das Gesicht des Priesters, das weiterhin für sie so wenig preisgab. Aber genau das war es, was sie sehen musste, denn es war nicht an ihm, ihr irgendwelche Antworten oder Pläne, nach denen sie sich richten und bedienen konnte, einfach zu präsentieren. So oft geschah es, dass man nur reagierte, sich leiten ließ und annahm, dass einem jeder Weg und jede Möglichkeit des Handelns vorgelegt wurde. Das war sehr bequem, natürlich. 
 
Die eigentliche Herausforderung aber war es - nicht nur für die Götter, sondern vielmehr für sich - selbst einen Pfad zu beschreiten, ein Wagnis einzugehen, etwas fortzuführen und auch eine Idee für andere zu geben. Auch dann, wenn diese in eine Richtung lenkte, die neu und womöglich zuvor gar nicht gedacht worden war.

Ausführungen und Interpretationen konnten mannigfaltig sein. Auch hier, vor diesem Haus, das nun in Schutt und Asche lag. Es könnte das Haus - das Leben - von Tanuri sein, was nur noch in seinem Fundament vorhanden war. Oder eben auch nicht. Jeremias hatte nur ein Bildnis geschaffen, an ihr lag es aber, etwas daraus, nach ihrer Sicht zu machen. Sonst stünden sie bald schon schweigend und ohne eine weitere Handlung nebeneinander.
 
Für einen Moment löste sie ihren Blick von Jeremias, um diesen auf den Boden zu richten. Das seichte Wasser, das immer noch den bereits beschrittenen Weg markierte, zog sich bis zu dem Haus und umspülte den letzten Stein, auf dem sie stand. Doch floss es nicht hinein, obwohl es nun, aufgrund der zerbrochenen Mauern, die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Es war viel eher so, als würde es auf Priester und Priesterin warten. Sehen, wohin der gemeinsame Weg sie noch führte und neugierig darauf, wie es weiterging, dabei jedoch nicht drängend. 
 
Genauso wenig wie Jeremias sie drängte, weder zu einer Antwort, noch zu einer Meinung. Alles ging ganz langsam vonstatten und doch in einem angemessenen Tempo. 
 
Tanuri hob nochmals ihre Hand und drückte die Tür auf, auch wenn diese keine Angeln mehr besaß, an denen sie gehalten wurde. Wenn sie aber etwas verstand, dann war es, dass hier keine Regeln galten, mit denen man aufwuchs und die sonst für selbstverständlich und zwingend gültig gehalten wurden. Alles war möglich, eben auch, dass es nicht ihr Haus war, das sie gerade selbst eingerissen hatte. Ein Haus, das einfach nur ein Symbol war - genauso wie der niemals endende Weg.  
 
"Möchtet Ihr hereinkommen? Renovieren alleine wird nicht helfen. Es herrscht Unordnung und Chaos, denn in mir ist nichts dort, wo es sein sollte. Das ist es, was ihr sehen werdet, wenn ich Euch hereinlasse."

 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Syndra
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#1246

Beitrag: # 54757Beitrag Syndra »

Die Stellung einer Frau? Das war es, worum es Naheniel ging? Vielleicht war es Syndra an irgendeiner Stelle entgangen, dass dies das zauberhafte Thema war, um das es sich hier rankte. Zog sie ihn dahingehend in einen Zweifel, als dass sie seine Beweggründe hinterfragt hatte? Immerhin sollte sie einen Fehler begangen haben, so lernte man doch effektiver, wenn man wusste, weshalb man den Zorn eines anderen auf sich gezogen hatte.

Vielleicht war ihm einfach die Bedeutung ihrer Worte nicht wirklich bewusstgeworden. Deutliche Erinnerungen an einige Abende, welche in vielerlei Facetten dem Ausloten ihrer Verbindung gegolten hatten und deren Bekenntnisse und Kompromisse ihm in diesem Augenblick vollkommen gleich erschienen, ebenso wie sein Wort einzuhalten.

Glaubte er, sie wusste nicht, wo ihr Platz war? Tatsächlich waren nicht jedem im Raum die ausgesprochenen Zugeständnisse abhandengekommen. Ja, sie hatte ihre Zweifel vor ihm abgelegt und die Barrieren fallengelassen, um bedingungslos ihm zu gehören.

War dies jedoch gleichbedeutend damit, dass sie der Prellbock seiner Launenhaftigkeit werden sollte, ohne dass er ihr auch nur annähernd einen Grund für seine offensive Haltung zu erläuterte und stattdessen nur schlicht eine Begebenheit in den Raum warf, die für sie zu diesem Augenblick in keinem Zusammenhang stand.

Somit war die Frage doch mehr als berechtigt. Das Hinterfragen, wie es um sein Wort stand, nachdem er ihr nicht nur mit Worten drohte, sondern sie auf eine Weise in die Schranken wies, die in keiner Relation zu einer ihrer Handlungen stand.

Im Augenblick gab es kein Durchdringen zu ihm und was immer ihn verärgerte, schien ihm seine eigenen Worte binnen Sekunden vergessen zu lassen. War es daher ein Zweifel an ihm? An seinen Regeln oder eine Erinnerung, dass er sich selbst in diesem Moment vergaß?

Wenn ihm diese Form des Aufbegehrens somit missfiel, obwohl Syndra wesentlich deutlichere Akzente hätte setzen können, dann war es fraglich, ob er seine großzügige Wahl nicht doch besser auf ein höriges geistloses Weibchen oder ein züchtiges, willenloses Gör hätte fallen lassen sollen, das vor ihm demütigst im Staub kroch.

Auch wenn Syndra einige Worte auf den Lippen lagen, so verharrte der kühle Blick der Tochter des Eises dennoch schweigend auf Naheniel. Das Gefühl, in Ketten gelegt zu sein, wollte sie noch immer nicht vollkommen freigeben. Die kühlen, metallischen Schlingen, die auf ihrer Haut lagen und sich wie eine Täuschung und Verrat anfühlten. Noch immer konnte sie das heftige Pulsieren in ihren Adern hören.

War das wirklich sein Verlangen? Panik und Furcht in ihr auszulösen? Eine neue Herausforderung, nachdem sie nicht vor ihm geflohen war? Oder sollte seine Anspielung selbst etwas damit zu tun haben?

Wachsam musternd hielt die Magierin an dem stechend hellen Blau seiner Augen fest. Die Contenance zu verlieren war etwas, das sie sich für gewöhnlich nicht zugestand, geschweige denn sich einem emotionalen Ausbruch hinzugeben.

Allein der ruhige Tonfall seiner Stimme sorgte daher dafür, dass Syndra unmittelbar fast diszipliniert innehielt. Eine deutliche Betonung, welche zusammen mit seinem bestimmenden Blick ihr zu verstehen gab, dass seine Forderung in diesem Augenblick nichts mit ihrer Auseinandersetzung zu tun hatte und indiskutabel war.

Unter einem einzigen Wimpernschlag bewegte die Erzmagierin sich langsam rückwärts. Wenige bedachte Schritte, unter denen sich ihre Füße ohne Eile nach hinten bewegten, während der Saum ihrer Robe den feinen roten Körnern, die sich um ihn herum verteilten, auswich. Ohne eine Form des Widerspruchs oder sich von seinem Blick zu lösen, folgte sie seinem Wort.

Etwas stimmte nicht. Das konnte Syndra kaum bestreiten. Leicht schüttelte sie einige verirrte Körner von ihrem Stiefel, bevor sie mit einem kurzen Wimpernschlag auf den Sand blickte, der sich wie von Geisterhand geführt auf Naheniel zu bewegte. Erneut ließ sie sich von seinem Blick einfangen, der sie auf eine Weise festzuhalten schien ohne sie im nächsten Moment wahrzunehmen.

Seine Konturen begannen vor ihren Augen zu flackern, als würde man Ebenen vermischen und zwei Schablonen zweier Wesen übereinanderlegen. Ein Flimmern, zweier Erscheinungen, die sich zu einem vollkommen neuen Bild formten.

Kühl und wortlos ruhte Syndras Blick auf seinem, während sie dem Wandel folgte. Sollte sie einschreiten? Seine Forderung war mehr als deutlich gewesen. Doch Weglaufen wie ein kleines Mädchen war trotz dem zur Schau gestellten Zorn selbst in diesem Augenblick die vermeintlich letzte Wahl.

Nur der Glanz in ihren Augen spiegelte einen Bruchteil der inneren Erregung und Unruhe wider, die Syndra sich aufgrund der Umstände sich unmittelbar versagte. Der Mantel, der Sand. Selbst seine Augen und nicht zuletzt seine Präsenz wandelten sich zu etwas, das ihr fremd schien. Leicht nur strich sie sich über ihr Handgelenk hinweg. Unbewusst, bevor ihre Stimme sich von anerzogener Beherrschung erhob. „Naheniel?“

Der Sand schien sich immer weiter um sie herum auszubreiten. Als wäre er lebendig und würde wachsen, ergoss sich das Rot förmlich über den Boden hinweg und verschlang alles, was sich ihm in den Weg stellte.  

Beobachtend und sondierend beobachtete Syndra diese fließende Expansion der Körner im Augenwinkel. Eine sich ausbreitende Flut, die sie erneut einen weiteren zaghaften Schritt Abstand suchen ließ.

Steckte das Goldkind dahinter? Oder er selbst? Aber warum hatte er sie ermahnt Abstand zu suchen? War es wirklich sie, die ihn verärgerte? Oder doch am Ende etwas Anderes?

„Was hat das alles zu bedeuten?“ Auch wenn sie nicht mit einer Antwort rechnete, so war es ihr Naturell, Dinge, die ihr suspekt erschienen, angemessen zu hinterfragen. So war es nur ein anfänglich minimales Zittern, in ihrer auferlegt ruhigen Stimme, welche darauf hindeutete, dass sie die Unberechenbarkeit der Situation nicht erfassen konnte.

Erneut strich ihr Daumen über das schmale Gelenk ihrer anderen Hand, während ihr kühler Blick an ihm festhielt, als würde sie etwas darin suchen. Zurückweichend von dem Sand, der sich langsam, aber unerbittlich weiter ausdehnte, trennten sie nur noch wenige Schritte von der Tür selbst. Dennoch war keine ihrer Bewegungen übereilt.

Was glaubte er, was sie tun würde? Dass er sein Ziel erreichte und sie vor ihm fliehen würde? Der Sand würde sie verzehren? Oder meinte er sich? Wer oder was immer da gerade mit Naheniel geschehen war.  Die Magierin musste sich stillschweigend eingestehen, dass sie es nicht einschätzen konnte.

Mit einem Wimpernschlag sah Syndra kurz auf den Boden. Ein kühler Glanz, der das Rot bedachte, welches sich immer näher auf sie zukam.

„Er wird mich verzehren?“

Wie eine stumme Herausforderung, blieb Syndra stehen, während ihr entschiedener Blick sich auf die fremden Augen legte. Ohne dem Sand weitere Beachtung zu schenken oder weiter zurückzuweichen, erfasste das tiefe Blau ihrer Augen forschend die fremden Züge, als würde sie den Zweifel an ihr in seinem glühenden Blick suchen, der nur darauf wartete, dass sie unmittelbar zum Türknauf greifen würde.

Ob die feinen Körner den zarten seidenen Stoff ihrer Robe berührten oder sich glitzernd auf dessen Saum legten, war jedoch ohne Belang. Ebenso wenig, ob sie ihre Stiefel erreichten. Entschlossen hielt sie durch die dunklen Strähnen in ihrem Gesicht an seinem Blick fest. Hatte sie einen Zweifel an ihm, obwohl ein kaltes, gefühlloses Zucken in den fremdwirkenden Mundwinkel auf ihr lag?
War es das, was er suchte? Das, was er darin erkennen konnte?  „Und du würdest es zulassen...“
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Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht man diesem gewährt, die Gegenwart noch zu beeinflussen. ~
❖Niemand kann sehen, was verborgen liegt. Niemand vermag es zu stehlen, was dir gehört.❖
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Lorena
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#1247

Beitrag: # 54758Beitrag Lorena »

Selbstredend gewährte sie Stellan einige Augenblicke des Nachdenkens, in denen er sich überlegen sollte, ob er das Gespräch fortsetzen wollte oder
aber stattdessen seiner Wege gehen würde. Ein Votum, welches ihm niemand abnehmen konnte. Jeder einzelne von ihnen traf Tag für Tag unzählige
Entscheidungen, die Einen gezielt und mit einem speziellen Ergebnis vor Augen, andere eher nebenher ohne aktiv einen bewussten Gedanken daran zu
verschwenden. Aber am Ende des Tages musste jeder für sich selbst entscheiden, ob er sich noch im Spiegel ansehen und mit den Konsequenzen
seines Handelns leben konnte.


„~ Noch kannst du das auch, gib nach, spüre die Dunkelheit in die dir. Über kurz oder lang wirst du keine Alternative mehr haben, warum es aufschieben?
Meinungsfreiheit und individuelle Persönlichkeit, gibt es sowieso nicht. Sieh dich um, überall sind Erwartungen, denen gerecht zu werden schier unmöglich
ist. Den einen ist man zu unnahbar oder zu aggressiv, wieder andere wünschen bedingungslose Folgsamkeit ohne hinterfragen, wohingegen es dann
wiederum jene gibt, die vermutlich selbst nicht einmal wissen, was sie wollen, aber generell erstmal alles Unbekannte und Fremde verteufeln.
Warum also fügst du dich nicht endlich? Recht machen kannst du es ohnehin niemandem. ~“


Worte, welche hinter ihrer Stirn Gehör forderten, während ihr Gegenüber umriss, welchen Eindruck er von ihr bislang gewonnen hatte. Nichts davon
kam für die Eismagierin überraschend oder schien sie wirklich zu schockieren. Es war ein Bild von ihr, welches so oder so ähnlich schon viele vor ihm ganz
offen oder hinter vorgehaltener Hand in die Welt hinausgetragen hatten.


„Ich persönlich denke, dass es viele Umstände gibt, die einen jeden von uns prägen. Niemand ist frei von Narben auf der Seele. Alle Menschen in unserem
Leben ebenso wie unsere Erinnerungen formen unsere Persönlichkeiten in weiten Teilen. Daher stimme ich durchaus zu, dass jeder Mensch, der uns ein
Stück des Weg begleitet, es vermag auf die ein oder andere Weise eine Spur in unserem Leben zu hinterlassen, unabhängig davon, wie lange er in jenem
verweilt.“


Wobei sie natürlich auch nicht leugnen konnte, dass all die negativen Erfahrungen tiefer in die Persönlichkeit einschnitten, als die Guten. Das war der Lauf
der Dinge und niemand konnte sich davon freisprechen. Ein Umstand den anscheinend nicht mal Stellan infrage stellte, sondern ihn als gegeben hinnahm.
Zumindest interpretierte sie sein Entgegenkommen so, dass er sie und ihr Wesen in Teilen verstanden hatte. Sie würde ihm keine Informationen liefern,
solange er in dieser Hinsicht nicht in Vorkasse ging.


„Einsicht ist bekanntlich der erste Schritt zur Besserung.“ Ihre Stimme war ruhig und ohne schneidenden Unterton, als sie auf seine Erzählungen einging.
„Das Eingestehen der eigenen Fehlbarkeit ist essentiell, wenn man eine Veränderung bewirken will, wobei ich in dieser verfahrenen Lage keine Lösung sehen
würde, welche alle Parteien zufrieden stimmen würde. Ich vermute also, dass Ihr Euch für eine Seite entscheiden müsst.“


Immerhin zerrten beide Zwillinge mit unnachgiebiger Inbrunst an dem Schlüssel, da jeder von ihnen sich im Recht sah. Es sei denn, er glaubte, dass
vielleicht sogar sein Enkelkind die Lösung all seiner Probleme war. Würde er seine eigenen Kinder für die übergeordnete Sache opfern? Mit Sicherheit.
Soweit Lorena die Gebräuche der Hüter bislang verstanden hatte, gab es nichts Wichtigeres als die Unversehrtheit des Schlüssels. Die Hüter waren alleine
dazu da, Freya auf ihre Aufgabe vorzubereiten, objektiv betrachtet etwas, bei dem sowohl Tanuri als auch Naheniel versagt hatten. Der eine wollte sich
selbst jener Macht bereichern, wohingegen die andere immer in Angst gelebt hatte, dass ihr Bruder sie in seine gierigen Finger bekommen könnte.
Hatte sie Freya deswegen vielleicht sogar in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, damit sie bloß nicht hervorstach? Möglicherweise.


„Nymeria? Nun dahingehend kann ich Euch beruhigen. Dem Kind geht es gut, hat das Laufen bereits für sich entdeckt und erfreut sich gerne an der
Schönheit der Natur.“
Ein Euphemismus dafür, dass die kleine Plage ständig ausbüxte und sich in Schwierigkeiten manövrierte, aber das musste Stellan
vorerst nicht wissen. „Seht Ihr möglicherweise in dem Kind einen Anfang, die Fehler der Vergangenheit zu bereinigen?“ Fragte sie nun daher vollkommen
direkt und unverblümt.


„~ Die Gegenwart ist unfähig, also bauen wir unsere Hoffnungen auf die Zukunft. Ein wundervoller Gedanke. Fraglich ist nur, ob die Vergangenheit ein gutes
Vorbild sein kann, um die Weichen für den Hoffnungsbringer zu stellen. Aber bislang hat das Großväterchen zumindest nicht enttäuscht, warum es also nicht
wagen? Immerhin wäre das ein Punkt weniger auf der Agenda, um den du dich kümmern müsstest. ~“

 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
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Yasin bin Saaid al Sabbah
Bauer / Bäuerin
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#1248

Beitrag: # 54759Beitrag Yasin bin Saaid al Sabbah »

Nichts war mehr wie es sein sollte. Als wäre die Kontrolle langsam aber sicher dynamisch in den Wellen der Wüste untergegangen. Es war spürbar für alle. Für alle die Abhängig waren. Das Wogen des Sandes hatte eine Konstante zerstört und verschlungen. Hatte den Schöpfer selbst in seine Schanken gewiesen. Eine Schöpfung, die sich erhebt gegen ihren Erbauer? Woran lag das? Lag es an dem Mädchen möglicherweise. Erfüllte sie die Bestimmung, die ihr zu Teil werden könnte, unbewusst?

Das Zwiegespräch mit dem hellen Priester wurde nicht unterbrochen. Es schien schon ein Zeichen, dass er überhaupt hier war. Das sie diese Verbindung herstellen konnten war ungewöhnlich für die Schöpfung aus Finsternis. Aber es war geschehen und sie hatte sich ruhig und ohne Behelligung unterhalten können. Ob es ihr geholfen hat? Es wäre ihr zu wünschen. Damit der gebeutelte Geist Ruhe bekam und vielleicht sowas wie Erholung.

Die vergangenen Wege waren geprägt von vielen Emotionen, positive wie negative und am Ende musste sie selbst sehen was sie davon als wertvoll oder als unnütz erachtet. Doch sie hat Erfahrungen gemacht. Ob diese ihre Person formen können oder sie wachsen lassen können, reifen lassen oder gar stärker machen können wird sich wohl zeigen.

Die Regeln des Reiches sind also erschüttert worden. Oder war es ihre Sehnsucht? Hatte sie möglicherweise mit ihrer Erkenntnissen oder Wünschen, ihrer Sehnsucht und Erinnerungen doch mehr erreicht als sie angenommen hat? Fakt war etwas war anders. Naheniel spürte dies deutlich am eigenen Leib als der Reiter zu ihm zurückkehrte als ein totes Echo aus Sand. Der Sand der auch hier die Geschichten erzählte und sang.

Der Junge war aufgeregt. Er wollte ihr unbedingt etwas zeigen. Einige Menschen hatten sich an einem Zelt versammelt. Der Junge trieb Freya an ihm zu folgen. Menschen schnatterten durcheinander. Aber es war klar, dass auch für sie das scheinbar nicht normal war. Er betrat das Zelt und drehte sich nach ihr um. Sah sie es?

Im Zelt war eine kleine Öffnung. Umrandet von Sand, ein Oval, dass gerade so die Größe eines durchschnittlichen Erwachsenen hatte, aber nur halb so breit. Die Oberfläche wabernd wirkte weich und es flimmerte immer wieder ein Bild hindurch. Es sah aus wie ein sandiger Riss. Ein Riss der sicher noch nicht lange da war. War sie das gewesen? Es schien Sand von der Oase hier in das Oval zu fließen wie ein Fluss. Aber auf der Rückseite trat er nicht wieder aus. Es führte also irgendwo hin. Die Menschen unterhielten sich angestrengt aber auch unsicher und verängstigt, denn niemand hatte sowas je zu vor gesehen. Sie kann es nicht verstehen, aber die Gestiken dazu deuten auf den Sturm. Der Sturm der ihr den Reiter entrissen hatte.

Unmöglich.

Kann sie hören und es ist seine Stimme. Die Welten waren so nahe beieinander, so dicht und gerade so anfällig. Wenn sie auf die wabernde Oberfläche blickte sah sie ein altes vertrautes Bild. Die Oase auf Rabenfels. Der See und ja sie könnte erkennen, dass diese Oase recht ähnlich aufgebaut war. Ebenfalls mit einem See. Es war so nahe. Aber mit jeder Minute die verstrich verkleinerte sich die Öffnung. Der Riss heilte.

Sie musste sich also entscheiden. Da war möglicherweise der Ausweg den sie so lange suchte. Der Weg aus der Welt voller Schmerz und Pein, der sie quälte und alleine gelassen hatte. Vielleicht der Weg nach Hause, endlich zurück in den Schoss der Familie - so sie noch an jene glaubte - zurück zu den bekannten Gesichtern, seien sie schwarzen oder weißen Glaubens. Aber der Riss heilte, Stück für Stück. Sie hatte nicht viel Zeit sich zu entscheiden, bevor er sich schließen würde und Naheniel die Kontrolle komplett zurück erlangt hätte.

Natürlich war es ein Risiko. Natürlich könnte es eine Illusion sein. Aber was wenn es keine war und dies ein Ausweg wäre, greifbar nahe? Gerade schien scheinbar alles aus den Fugen geraten. Lange genug für diesen Riss. Eine Chance oder eine Falle? Ein Schwanken, ein Beben, ein minimaler Schluckauf. Da war dieser Riss. Deutlich und jeder hier sah ihn. Auch wie er schrumpft. Die Menschen aber waren verwundert, fasziniert und angetan um etwas zu tun oder hindurch zu gehen. Oder aber sie füchten sich vor dem 'Ding' in einem ihrer Zelte. Freya aber könnte vielleicht verstehen was das war, nur würde sie es glauben und wie würde sie entscheiden.

Wagte sie den Schritt hindurch trotz jeglichen Risikos ob sie wirklich da landet, wie das flimmernde Bild in dem wabernden Sand verspricht?
Oder glaubte sie nicht an den Ausgang und blieb freiwillig in diesem Reich, dass sie gequält hat?
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Der Sand verbirgt die Erinnerungen
Der Fluss offenbart die Sünden
Der Himmel legt seinen Atem da
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Stellan
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#1249

Beitrag: # 54761Beitrag Stellan »

Was würde er drum geben dem Dämon recht geben zu können. Recht machen kann man es niemanden, also wie nicht einfach sein wer man war. Mit allen Konsequenzen. Dann eckt man eben an, aber man kann sich noch anschauen. Dann stoßen sich Leute daran, aber man ist noch aufrichtig. Ihre Abwehrhaltung, er wusste nichts von ihrem Untermieter sei dazu gesagt - zeugte nicht davon das sie, sie war, sondern was dahinter versteckte. Denn neben total unnachgiebig, eiskalt, aalglatt und allgegenwärtig situationsbeherrschend und devot und folgsam, gehorsam und duckend, gibt es eine ganze Reihe an Mitteltönen. Je nach Umstand. Es gab Situationen da war es sicher gut, wenn man die Kontrolle behielt und alles einfach weg wischte wie ein Staubkorn auf dem Mantel, aber es gab Situationen, da half es einfach Bindungen aufzubauen, weiter zu bauen, etwas voran zu treiben. An glatten Oberflächen lässt sich schlecht festhalten und wenn man das Gefühl hatte mit einer Wand zu reden war das eben nicht gerade Handlungsfördernd. Irgendwann war auch die größte verbale Kommunikationsfähigkeit am Ende da einen Fuß in die Tür zu kriegen.

Das es sie nicht berührte oder ihr sogar bekannt war nun vielleicht, wenn es mehrere anmerken war da was wahres dran? Das hießt nicht sie soll sich verändern in dem Sinne wie es ihr nicht entspricht, aber vielleicht wäre ein Mittelweg gut, ein reflektieren. Sie brauchte nur die Situation umkehren und überlegen was würde ich tun, wäre ich der andere und an seiner Position. Genau das versuchte Stellan die ganze Zeit, auch wenn es nicht sein übliches Stilmittel war. Er war keinesfalls ein Frauenversteher und noch weniger ein Diplomat. Doch die Umstände zwingen auch ihn Dinge zu tun, an die er sonst nicht denken würde. Naheniels Angriff auf ihn hatte ihn überrascht. Im Nachhinein war es aber nicht sonderlich überraschend, eigentlich hätte damit rechnen müssen. Er schwieg eine Weile zu ihren Worten.

Ja, er schwieg und genoss diesen einen Moment. Lorena bewies das sie ganz vernünftig mit ihm reden konnte. Er lächelte versonnen. "Ja. Die Frage ist wie geht man mit diesen Narben um. Versteckt man sie und leidet stumm oder teilt man sie mit jemanden oder trägt man sie stolz, weil man überlebt hat und weiter gekommen ist." Er trug jede einzelne mit Stolz. Aber auch einige versteckt, da war er ihr ähnlich. Es gab Wunden, die hat er so tief vergraben, dass sie niemand sehen soll und doch manchmal in seinen Träumen holen sie ihn ein. Dinge die er nicht sehen und hören will, vor denen er sich verschließen will. Sie forderte also eine Vorkasse und war sich hoffentlich bewusst, dass es auch Persönlichkeiten gab die nicht bereit waren diese zu geben. So wird wohl Stagnation die Folge sein, denn es kann nicht immer nur der gleiche zahlen. Manchmal musste auch sie in Vorkasse gehen oder es passierte halt nichts.

"Und könnt ihr eure Fehler einsehen? Sie eingestehen?" Er lächelte verschmitzt, bis jetzt hatte sie sich als unangreifbar und unantastbar gegeben, abgeblockt und gespiegelt. Wer weiß vielleicht war sie auch eigentlich eine recht normale Frau? Sicher eine die viel erlebt hatte und ihre Schattenseiten hatte, aber trotzdem eine normale Frau, die auch ihre Sehnsüchte hatte. Ihre Freuden und ihre Schwächen. Die Frage zielte nicht darauf ab, dass sie nun irgendwas aufzählte und preis gab, es war eher eine Aufforderung an sie, sich selbst mal zu reflektieren. Denn bekanntlich konnten andere einen nie ändern, man konnte immer nur sich selbst ändern, wenn man auch sich selbst sah und wahrnahm. Wie nahm sie sich also wahr?

Er hob die Flasche um das Glas zu füllen. Er wurde unterbrochen, ein Anfall von Husten, es klang nicht gut. Rasselnd, röchelnd. Der Arm hob sich um sich vor den Mund zu halten und er hob die Hand leicht, als Entschuldigung, gerade nicht reden zu können. Langsam beruhigte er sich wieder und senkte den Arm. Dabei begannen kleine Körner Wüstensand aus dem Bart zu rieseln. Nicht viele, nur ein Bruchteil. "Mh?" Er blinzelte verwirrt als die Sandkörper auf dem Tisch landete. Noch mal räusperte er sich, als hätte er trockenen Hals und die Lungen wären mit Staub gefüllt. "Was zum.. !?" Die Verwirrung war echt. Naheniels Schwanken warf sich auch zum Teil auf ihn zurück. Der Teil von ihm der in Naheniel lebte war unweigerlich auch zu einem winzigen Bruchteil mit dem Reich verbunden. Das Reich das gerade scheinbar ein Beben erfuhr. Oh du dummer Junge was tust du nur... Schoss ihm durch den Kopf. Verärgert und enttäuscht. Hatte sein Sohn etwas wirklich die Kontrolle verloren, war er zu sicher gewesen? Erst der Mordanschlag auf ihn, dann das, es scheint als entglitt dem Burschen alles. Im Gegensatz zu Naheniel aber verschwand dieser Anfall recht schnell. Er spürte nur einen Bruchteil dessen was Naheniel erdulden musste. Er wischte lapidar die Körner unwirsch zu Boden. "Für eine Seite entscheiden? Ja, dass muss ich wohl. Doch welche soll ich wählen? Da ist eine Priesterin, die scheinbar einer Hysterie erlegen ist und unfähig war ein Kind ihrer Bestimmung zu zuführen. Da ist mein Sohn der sich in Machtspiele ergibt, in Konkurrenzgehabe und ebenfalls das Kind verloren hat. Wer ist würdig, wenn ich das noch wüsste." Er war aufgebracht. Die Hände kämmten sich durch den Bart, die letzten Reste der Wüste rauskratzen. Oh Herr, was willst du das ich tue? Was kann ich noch tun?

Beide Kinder opfern? Sofern es Ogrimars Wille war würde er vermutlich sogar das in Erwägung ziehen. Diese Liebe war nicht vorgesehen für Hüter, dass bedeutete nicht, dass er sie nicht liebte wie ein Vater, aber erzogen worden war er anders. Nüchtern und Tränenlos würde er sie durchaus opfern, nur würde er auch den Schmerz spüren den ein Vater spürt. Aber es war für einen Gott, einen höheren Zweck und er war wie alle anderen nur ein bedeutungsloses Werkzeug in den Händen einer Macht und seines Willens. Wenn er es verlangte, würde er es tun.

"Ich weiß es nicht. Ich bin auch nur jemand der versucht zu verstehen, was der Herr will und was nicht. Könnt ihr sagen was er will was zu tun ist?" Er starrte einen Moment auf die Tischplatte, mit kleinen restlichen Wüstenkörnern übersehen die seine Hand nicht erwischt hatte. "Seht ihr das? Ein Korn, nur ein einziges Korn entscheidet über die Lawine die es ins Rollen bringt. Entscheidungen sind schwer, man muss sie treffen mit dem Gedanken, dass sie falsch sein können. Oder weicht ihr Entscheidungen aus? Wenn ihr wählen müsstet zwischen meinen beiden Kindern, welche Seite wäre die eure und warum? Vielleicht überzeugt ihr mich euch zu folgen?"
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Das Chaos wird entbrennen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisters sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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-Freya-
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#1250

Beitrag: # 54762Beitrag -Freya- »

Nichts war mehr so, wie es sein sollte? Aber wie sollte es sein? Wer legte dies fest oder urteilte darüber, dass es nicht den Verlauf nahm, der vorbestimmt war? Fragen, die wahrscheinlich niemand wirklich beantworten konnte.

Offenbar hatte ihr neuer Freund es eilig. Kaum hatte Freya sich erhoben, kam er ihr schon entgegengerannt. Das hitzige Glitzern in den dunklen Augen verriet ihr, dass er ziemlich aufgeregt war. Sie hörte ihn rufen. Fremdklingende Worte, sie sie regelrecht aufforderten, ihm zu folgen.

Ein kurzes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, während sie darüber nachdachte, was er ihr so unbedingt zeigen wollte. Es war sicherlich greifbarer und wirklicher, als all das, was ihr Geist ihr gerade vorgaukelte.

Wieso sie ausgerechnet den Pater gesehen hatte, war ihr selbst schlicht unbegreiflich. Gewiss wäre Etoh sogar noch der letzte, der sich dafür interessieren würde, was aus ihr wurde. Auch wenn sie beide viele intensive Gespräche gehabt hatten, war sie doch am Ende gewiss für den Priester nicht mehr als für viele andere - ersetzbar.

Hoffnung, ja sie suchte danach. Vielleicht war das der Grund, doch am Ende musste sie lernen, nicht nur zu hoffen, sondern zu vertrauen und zu glauben. Sie war ein Mensch. Eine Tochter des dunklen Meisters, die aus ihren Fehlern und Schwächen lernen musste, damit der Glaube und die Entschlossenheit wachsen konnten. Ein mit Makeln behaftetes Wesen, denn vollkommen war nur der Eine.

Sie alle waren nur Gefäße des Glaubens und Figuren in einem Spiel der Götter, geführt von Händen und geleitet von Worten, die dem Willen einer höheren Macht entsprangen. Ihre Pläne oder Gedanken dabei zu hinterfragen, war ohne Belang.

Schwebend wehte der helle Leinenstoff den roten Staub um sie herum auf, als Freya hinter dem Jungen hereilte. Sie hatte keine Ahnung, was er ihr zeigen wollte. Dennoch konnte sie die Aufregung in seinen Augen sehen. Ohne seine Sprache zu verstehen, konnte sie die Bedeutung seiner eiligen Worte für sich übersetzen. Es war nicht sonderlich schwer. Das Leuchten in den dunklen Augen, während er sich immer wieder zu ihr umdrehte und sie mit Gesten untermalt, dazu aufforderte, sich zu beeilen.

Leicht nur senkte Freya ihre Lider, bevor sie unter einem leichten Kopfschütteln ausatmete und den Gedanken an den Pater abschüttelte. Noch während sie ihre Schritte beschleunigte, sah sie, wie er in einem der Zelte verschwand, während der warme Wind an dem Tuch zerrte.

Ein Zelt, aus dem deutliche Stimmen kamen. Freya verstand zwar kein Wort, aber auch wenn die Sprache selbst rauf und forsch wirkte, konnte sie durchaus besorgte sowie erschrockene Tonlagen heraushören.
Ein wenig zurückhaltend sah Freya auf das Zelt. War es so üblich? Einfach einzutreten? Da der Junge jedoch unmittelbar mit seinen Gesten und Worten aufforderte, ihm weiter zu folgen, trat sie ein.


Eine leichte Verwirrung stand auf ihren Zügen geschrieben, als sie eintrat und überall Menschen um sie herumstanden und ihr kleiner Freund einfach so durch sie hindurch schlüpfte. Scheinbar war es etwas, dass jede Aufmerksamkeit auf sich zog.

Kurz nur hob sie sich auf ihre Zehenspitzen. Raunen und die Stimmen schienen allesamt auf viele Weise aufgeregt, teils verunsichert und manche von ihnen panisch. Ihre Gesichter waren von Unglauben und Angst beseelt, als hätte sich ihnen ein Omen gezeigt. Blinzelnd suchte sie den Jungen, ohne deuten zu können, worauf alle sahen, bis eine Hand plötzlich nach ihrem Arm griff und sie mit sich durch die Menge nach vorne zog.

Freya spürte die Enge der Umstehenden und das leise Murmeln, welches sich wie ein pulsierender Fluss durch das Zelt bahnte. Vorsichtig drängte Freya sich an den Männern und Frauen vorbei, die allesamt auf etwas deuteten. Blicke, denen Freya mit ihren eigenen Augen folgte, um im nächsten Atemzug beinahe zu erstarren.

Umgeben von einem Rahmen aus Sand schimmerte vor ihr ein Riss. Nicht in der Zeltwand oder einem Stück Stoff. Als hätte ein Dolch die Luft zerschnitten, flirrte der Spalt vor ihren Augen. Eingefasst von einem roten Umriss aus feinen Körnern, die wie Blut in einem feinen Rinnsal hinab rieselten, klaffte jener wie eine Wunde vor ihr auf.

Ein glitzerndes Oval, das wie ein Fenster zu einer anderen Welt wirkte. Ein surreales Spiegelbild der Oase. Nur vertrauter, bekannter, als wäre sie schon einmal dort gewesen. Nein. Das konnte nicht sein. Vor wenigen Minuten überlegte sie, wie sie einen Weg finden könnte und nun tat er sich ihr auf?

Erschrocken hielt Freya den Atem an, als sie eine Stimme hörte. Nicht irgendeine aus der aufgebrachten Menge. Sondern seine. Das war unmöglich wahr. Und doch war sie dieses Mal nicht allein. Sie sahen es alle.

Zögernd streckte Freya ihre Hand danach aus. Je näher sich ihre Finger dem Riss entgegenstreckten, konnte sie es spüren. Ein Kribbeln auf der Haut. Feiner Staub, der sich von dem Riss löste. Hauchzart umspielte er ihre Finger und legte sich wie ein roter Schatten auf sie, um sich auf ihren Handrücken auszubreiten, als würde er nach ihr greifen. 

Es war keine Einbildung. Ohne ihre Sprache zu verstehen, spürte Freya, wie sie alle verängstigt darüber sprachen und mancher Blick auf sie wanderte, doch ihre Augen ruhten wie versteinert auf dem Spalt, der sich vor ihren Augen zu verengen begann.

„Naheniel?“ flüsterte sie, als sie unmittelbar ihre Hand betrachtete. Der rötliche Schleier, der ihre Haut bedeckte, nur um einen Lidschlag drauf wieder auf den flackernden Riss zu blicken.

Vorsichtig ertastete sie die Oberfläche mit ihren Fingern, während die feinen Körner immer schneller zirkulierend um ihre Hand tänzelten. Eine Berührung, unter der sie deutlich eine Magie spüren konnte. Ein Kitzeln, das zu einer Vibration heranwuchs, welche die Luft und ebenso die Atmosphöre um sie herum mit ihren Schwingungen erfüllte, welche die Zeltwände aufwehen ließ.

War das wahrhaftig der Ausgang oder lag dahinter etwas ganz anderes verborgen? Eine Frage, die sich das Mädchen nicht stellte, denn niemand konnte es wissen. Die Entscheidung selbst zählte und nein, sie zweifelte nicht. Wie gebannt sah sie auf das flirrende Bild. Sie konnte es sehen. Nicht nur das, sie konnte ihn hören, ja - fast spüren. Jene Magie, die ihr Mal zum Schimmern brachte und sie gleichzeitig wie ein elektrisierender Impuls fast überwältigte. So unfassbar es ihr auch erscheinen mochte.

Ein Beben, das Freya unerwartet durchfuhr, als würden zwei Welten aufeinanderprallen. Eine Macht, die nicht nur sie erfasste, sondern im selben Herzschlag die Sande unter ihnen erzittern ließ. Wild flatterte der Stoff der Zelte ungleichmäßig auf und ließ die Gegenstände unter einem Klirren und scheppern wackeln und fallen.

„Unmöglich..“ kam es leise über ihre Lippen. Ein Wort, unter dem die Erde krachend erschüttert wurde und Freya wie eine unsichtbare Kraft zu Boden riss, bevor sie den letzten Schritt wagen konnte.

Ein Augenblick, da ihr die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Ein Gefühl, als würde sie etwas fortstoßen. Taumelnd spürte Freya nur, wie sie den Halt verlor. Wie der Sand durch ihre Finger glitt, während sie erschrocken ihren Blick hinauf zu dem sich schließenden Riss anhob und ihre Hand danach ausstreckte. Ein Augenblick, in dem die Zeit stillzustehen schien oder viel mehr wie jede Sekunde wie eine Ewigkeit auf sie wirkte, während sich all der Frust im selben Atemzug in ihrer Stimme entlud. „Nein!“

Als würde die Seifenblase vor ihren Augen zerplatzen, schloss sich der Spalt direkt vor ihr. Jenes Tor oder auch Fenster, auf das ihre Augen wie gebannt starrten, obwohl es fort war. Es schwand und mit ihm das Zittern der Erde. Als wäre es dadurch hervorgerufen worden oder das Echo einer zugeschlagenen Tür, die sich kein weiteres Mal öffnen würde.

Auf ihren Händen abgestützt sah Freya nur noch, wie der Rahmen aus Sand sich zu einem roten Fluss vereinte, um im nächsten Moment wie Staub zu Boden zu fallen.

Ohne den Nachhall des Bebens Beachtung zu schenken, senkte sie ihre Lider. Erstarrt hockte Freya auf ihren Knien, während der rote Staub an ihr haftete. Alles zerrann erneut vor ihren Augen und nichts blieb. fast unhörbar war das Flüstern auf ihren Lippen, während ihre Finger sich in den Staub grunden. Ein Wispern, das ihren Fehler in diesem Moment nicht sehen konnte, während das letzte glitzernde Staubkorn  des Spalts einfach und glanzlos zu Boden glitt. Sie war entschlossen gewesen, bereit zu vertrauen, zu glauben. Oder nicht? „Nein…“
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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