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Die dunkle Prophezeiung

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Tanuri
Geschichtenschreiber / Geschichtenschreiberin
Beiträge: 255
Registriert: Sa 30. Dez 2017, 09:57
Danksagung erhalten: 2 Mal

#626

Beitrag: # 53206Beitrag Tanuri »

"Vater, ich bitte Euch."
Unangenehm trocken fühlte sich ihr Mund an, als nun alles, was sie über Jahre hinweg versucht hatte, um Freya herum als Schutz aufzubauen, in sich zusammenzubrechen drohte. Natürlich war Tanuri nicht bereit, sich vor Freya von ihrem Vater belehren und zurechtweisen zu lassen. Jedoch war sie seit jeher sehr altmodisch veranlagt und war sich der Hierarchie, die sie einzuhalten hatte, durchaus bewusst. Auch wenn Stellan nie ein Vater gewesen war, stand sie nach ihrem Empfinden immer noch unter ihm. Und das nicht nur, wegen der Autorität, die er ausstrahlte und die für sie nahezu greifbar war, sondern auch wegen dem durchaus gebotenen Respekt, den er allein durch die ihn umgebende Aura eines Beschützers der Prophezeiung einforderte. 

Trotzdem sah sie ihn eindringlich an, suchte in seinem Blick nach Verständnis oder Nachsicht. Aber sie erkannte nichts davon.
"Glaubt Ihr wirklich, dies ist der richtige Zeitpunkt und die richtige Weise?" Es war ohnehin zu spät, noch irgendetwas aufzuhalten oder vor Freya so zu tun, als wüsste sie selbst nicht, wovon er sprach. Aber vielleicht konnte sie ihn noch zu einem Umdenken bewegen und vorerst sein Vorhaben verlangsamen. 

Natürlich hatte Tanuri es damals wahrgenommen, dort am Eingang des Mausoleums, als das Mädchen wie aus dem Nichts vor ihr stand. Gewusst, dass diese Suche, von welcher sie nie sicher war, welches Ziel sie selbst damit verfolgte, zu einem Ende gekommen war. Es war Erleichterung, die die Priesterin damals verspürt hatte, als sich nach all den Jahren der Ungewissheit und des Zweifelns an sich selbst, alles zu einem Bild zusammenfügte, dass die fremden Worte, die sie schon von Kindheit an verfolgt hatten, endlich Sinn machten. 

Denn an jenem Tag war der Schlüssel auf seinen Hüter getroffen. 

Warum also hatte sie Freya im Unklaren über all das gelassen, für was sie doch eigentlich existierte?
Es war - anders als das Kind es vielleicht in diesem Moment empfinden würde - kein Lügenkonstrukt, das Tanuri um sie gesponnen hatte. Sie hatte sie nur so lange wie möglich von dem fernhalten wollen, was ihr als Schlüssel auferlegt worden war.

Auch wenn es für einen Außenstehenden anders erscheinen mochte, hatte sie, trotz aller Härte gegenüber dem Kind, eine Sache niemals gewollt: Das Freya sich selbst genauso sah, wie es Stellan bereits tat und wie es mit großer Wahrscheinlichkeit viele tun würden, sobald ihre Bestimmmung kein Geheimnis mehr war. 

Trotz der Prophezeiung und trotz all der Macht, die das Mädchen durch jene in sich vereinen würde, war sie ein lebendes und fühlendes Wesen und als solches sollte sie sich auch begreifen. Nur daraus würde sie zum rechten Zeitpunkt die Stärke ziehen, die es benötigte, um sich ihrem unausweichlichen Schicksal zu stellen. 


Außerdem, und das war eine Tatsache, die sie nicht minder hatte ignorieren können: Wenn es bekannt werden würde, dass der Schlüssel gefunden worden war, würde es nicht nur jene geben, die Freya mit aller Macht beschützten, sondern auch jene, die ihr nach dem Leben trachteten. Denn eins hatte Tanuri niemals vergessen: Die Prophezeiung konnte gedeutet werden im Sinne des Lebens, oder im Sinne des Todes. 

Sie galt für beide Götter. 



"Wo ist der Schlüssel?"


Keine vergessenen, jedoch tief in ihrem Innersten verschlossene Erinnerungen, flackerten für Sekundenbruchteile auf. Der harte Klang jener Stimme, die sich für immer in ihr Bewusstsein eingebrannt hatte und trotz all ihrer Bemühungen niemals wieder aus diesem schwinden würde. Genauso wie die Kälte ihres Seins und der stete Drang, sich mit Dunkelheit zu umgeben, um dem zu entkommen, was mit ihre größte Furcht war. 

Ein eisiger Schauer zog über ihren Rücken und das Zittern ihrer Hände verstärkte sich für sie wahrnehmbar. Aber nichts davon durfte sie sich anmerken lassen, weder vor Freya und schon gar nicht vor ihrem Vater. Gerade vor ihm, konnte sie sich keine Schwäche leisten, da sie es doch war, die den Schlüssel bis zu den Toren geleiten musste. Eilig wischte sie deshalb ihre Gedanken und die einhergehenden Erinnerungen weg, sperrte sie zurück dorthin, woher sie so plötzlich und ohne Vorwarnung gekommen waren. Doch vollständig gelingen wollte ihr dies nicht. 

"Wie Ihr schon sagtet, habt Ihr mir das Erbe unserer Familie übergeben. Es obliegt somit einzig meiner Einschätzung, den richtigen Zeitpunkt zu wählen. Sie steht unter meinem Schutz. Ich bin nicht nur die Hüterin der Prophezeiung, sondern auch die ihrige. Und als diese habe ich beschlossen, dass der Schlüs… das Freya noch nicht so weit ist."

Leise, sehr, sehr leise, hörte sie die Stimme einer Frau in ihrem Geist, die sich sanft und beschützend um sie legte:
"Sie ist ein unschuldiges Kind…" 


So fest sie konnte, hielt sie sich an sich selbst fest und blickte jedoch mit ungebrochenem Stolz in die Richtung ihres Vaters. Nicht nur um die Unsicherheit, die sie aufgrund der leisen Worte in ihrem Kopf erfasste, zu überspielen, sondern auch, weil sie es trotz aller Hierarchie nicht akzeptieren wollte, dies vor Freya mit ihm zu diskutieren.

Aber gleich was sie nun noch sagen würde, der Stein war unaufhaltsam ins Rollen gebracht worden. 


 
~~~
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


Bild
~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya Chakai ~~ 
~~ Anführerin der Legion des Schattens ~~ 
~~ Mutter der Nymeria var Aesir ~~ 
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Lorena
Schmied / Schmiedin
Beiträge: 56
Registriert: Do 16. Dez 2021, 17:03

#627

Beitrag: # 53208Beitrag Lorena »

Nachdem sie alles notwendige in die Wege geleitet hatte, um ihren Gildenbruder zu warnen,
führten ihre Wege sie noch lange Zeit durch die vereisten Wälder, um ihre Sinne zu klären.           
Sicherlich war es möglich, dass sie sich mit ihrem Verdacht täuschte, doch wäre es in ihren Augen fahrlässig,
eine solche Beobachtung einfach abzutun und somit möglicherweise ihre Gilde in Gefahr zu bringen.
Letzten Endes würde sich im Laufe der Zeit schon manifestieren, ob von dem Clan der de Vils eine Gefahr
ausging oder sie lediglich eigenen Belangen nachgingen. Jedoch war sie nicht gewillt, sie alle,
sehenden Auges in ein mögliches Unheil laufen zu lassen. Daher schlug sie in den frühen Morgenstunden den
Weg zu den Hallen der Legion ein, um ein Gespräch mit Tanuri zu führen.
Auch wenn sie mit jener aktuell in einigen Belangen Meinungsverschiedenheiten hatte, so stand außer Frage,
dass solche Nichtigkeiten in einer solchen Situation hintenanzustehen hatten.


Auf dem Anwesen der Legion angekommen, kam sie geprägt von den Ereignissen in den letzten Wochen,
nicht umhin, mit misstrauischem Blick einen jeden zu mustern, der ihren Weg streifte. An der Integrität
ihrer Gildenmitglieder hegte sie keinerlei Zweifel, doch was alle anderen Personen betraf, die derzeit befugt
waren sich auf dem Anwesen zu bewegen, sah der Sachverhalt schon ganz anders aus.

In den frühen Morgenstunden war es üblich, dass der Großteil des Personals eifrig durch die Gegend wuselte,
um ihren Aufgaben zeitnah nachzukommen. Schließlich wollte niemand den Unmut eines Legionsmitglieds auf
sich ziehen, viele hatten schließlich bereits die Erfahrung gemacht, dass dies nicht besonders förderlich für
sie war. Umso überraschter war sie nun also, als sie feststellte, dass das Scheunentor des Stalls vom Wind
getragen hin und her schwang, sodass schon einiges an Schnee in den Innenraum geweht worden war.
Sollte nicht der Stallbursche längst seinen Tätigkeiten nachgehen und die Ställe ausmisten? Da sollte ihm
sowas doch auffallen!

Anstatt direkt in die Hallen zu gehen schlug sie also den Weg in die Stallungen ein und sah sich dort
angekommen erstmal um. Überall lagen verstreut diverse Sachen rum, hier ein offener Futtersack, dort
eine Mistgabel neben der vollen Schubkarre Mist und ein voller Wassereimer stand ebenfalls noch vor der
Box ihres Pferdes. Doch war weit und breit niemand zu sehen, der diesem Chaos Einhalt gebieten wollte,
geschweige denn gerade seine Arbeit verrichtete. Noch bevor sie sich ein vollständiges Bild über den Zustand
der Stallungen verschafft hatte, erregte ihr Pferd ihre Aufmerksamkeit, welches unruhig in der Box hin und
her scharrte. Eiligen Schrittes trat sie also an die Box heran, um herauszufinden, was dort vor sich ging.

Das Bild was sich ihr hier jedoch nun abzeichnete, ließ Zorn in ihren eisblauen Augen auflodern.
Auf einem Heuballen zusammengerollt, fand sie den reichlich verlotterten Stallknecht schlafend vor.
Offenbar hatte er lediglich den Stall gemistet, doch das Tier nicht mit frischem Wasser oder Futter versorgt,
sondern es sich im Heu gemütlich gemacht. Kurzentschlossen drehte sie sich also um, schnappte sich den Eimer
mit dem eiskalten Wasser und übergoss das faule Pack damit. Als jener im ersten Moment empört aufjapste,
hielt er doch recht schnell in seinem Gebaren inne, als er erkannte, wer vor ihm stand.

„Ich würde dir empfehlen nun nichts Falsches zu sagen! Sieh zu, dass du hier Ordnung schaffst, das Vieh
versorgst und anschließend deinen Zustand in Ordnung bringst. Das dringend benötigte Bad habe ich dir ja bereits
verschafft.“
Ihr Tonfall und ihre Mimik deuteten eindeutig daraufhin, dass es nicht gut für ihn ausgehen würde,
wenn er nun wiederworte haben würde. Bereits im Gehen wand sie sich noch einmal zu dem Stallknecht um.
„Ach und bevor ich es vergesse, sobald du all diesen Aufgaben nachgekommen bist, erwarte ich, dass du mir Bericht
erstattest, was sich in meiner Abwesenheit hier zugetragen hat und ob du auffällige Entdeckungen zu feststellen konntest.“


Nun konnte sie dem eigentlichen Zweck ihres Aufenthalts hier nachkommen und betrat nachdem sie den Hof überquert
hatte endlich die Hallen der Legion. Eine eifrige Magd nahm ihr direkt den Mantel ab, konnte ihr die Frage nach dem
Aufenthaltsort der Priesterin jedoch nicht beantworten. Daher beauftragte sie jene Tanuri auszurichten,
dass Lorena sie suchte, sollte sie die Priesterin vor ihr finden.  


Ihr erster Weg führte sie daher in das Kaminzimmer, in dem die Priesterin morgens oftmals den Tag mit einem heißen
Getränk startete. Doch leider konnte sie hier niemanden vorfinden. Als sie schon in Begriff war die Räumlichkeiten wieder
zu verlassen, erweckte ein ihr bekanntes Geräusch im Kamin ihre Aufmerksamkeit.
Offenbar hatte ihr Gildenbruder ihren Raben erhalten und ließ ihr nun über diesen Weg eine Antwort zukommen.
Entschlossen ging sie zum Kamin und fischte mit Hilfe des Schürhakens ein leicht verrußtes Pergament zu Tage.
Eilig überflog sie die Zeilen ihres Gildenbruders. Bei seinen ersten Worten konnte sie ein genervtes Augenrollen nicht
unterdrücken. Selbstredend würde sie eigene Ermittlungen anstreben, das stand ja wohl außer Frage und bedurfte keinerlei
Anweisung. Doch seine letzten Worte, dass sie die Priesterin im Auge behalten sollte, ließen sie stutzen.
Bereits bei ihrem letzten Aufeinandertreffen mit Tanuri hatte sie festgestellt, dass etwas ihren Geist umnebelt hatte,
doch wenn nun schon von ihrem Gildenbruder eine Warnung diesbezüglich kam, sollte sie sich möglicherweise künftig wieder
vermehrt in den Hallen der Legion zugegen sein.
Nachdenklich setzte sie sich auf einen Sessel am Kamin und überdachte ihre weiteren Schritte.
Als sie je von der sich zuschlagenden Tür im Kaminzimmer aus ihren Gedanken gerissen wurde.

 

Bild

~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
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-Freya-
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#628

Beitrag: # 53209Beitrag -Freya- »

STOP! Was passierte hier gerade um sie herum?

Freya spürte, wie auf mal das Gefühl von Überforderung in ihr aufstieg. Eine Verunsicherung, die ein unangenehmes Gefühl in ihrer Magengegend hinterließ, da nicht nur ihre Frage im Nichts verhallte, sondern Stellan auch nicht ihre Antwort abwartete, sondern seinen Blick streng und mit aller Härte auf die Priesterin legte. Ein Augenblick, da die Worte um sie herum unwirklich wurden und sie die Bedeutung jener nicht mehr wirklich erfassen konnte.

Was sollte das alles bedeuten? Wozu sie geschaffen worden war?

Beunruhigt wanderten ihre Augen zwischen Tanuri und ihrem Vater hin und her. Ohne eine Regung, ohne ein Blinzeln versuchte Freya die Situation, die sich um sie herum aufbaute, zu begreifen. Jene Strenge, mit der Stellan Tanuri bedachte, während er mit eisiger Abschätzigkeit seine Tochter abzustrafen schien, ohne sie dabei in diesem Moment wahrzunehmen.

Tanuri hatte sie gefunden, ihr einen Weg, eine Bestimmung verliehen und er schien diese wegbrechen lassen zu wollen, als wäre es nie ihr Schicksal gewesen, eines Tages ihr Erbe anzutreten?

Nein, nicht nur das. Er schien alles in Zweifel zu ziehen.

Was sollte ihr wahres Schicksal sein? Der wirkliche Grund, weshalb sich Tanuri ihrer angenommen hatte?

Worte, die so fern klangen, dass sie jene nicht wirklich greifen konnte und sie innerlich hoffte, dass Tanuri ihm mit der gleichen Kälte begegnen würde wie jedem anderen, der nur den geringsten Zweifel an ihr äußerte. Dass die Priesterin Stellan zurechtweisen würde, dass er aufhören sollte, in seiner scheinbar ebenfalls geistig angeschlagenen Gesundheit herum zu fantasieren.

Verwirrt und durcheinander versuchte sie den Blick ihrer Mentorin für sich zu gewinnen. Sie, die einzige wahre Konstante.  Keineswegs hatte Freya vor ihm Glauben zu schenken. Erst recht nicht leichtfertig einen erneuten Keil zwischen sich und Tanuri treiben zu lassen, weshalb sie schweigend hoffte, dass ihre Mentorin den alten Mann umgehend seiner Worte tadeln würde, mit denen er hier seine Mythen auf dem Tisch ausbreitete und ausgerechnet diese auf sie projizierte.

Doch tat Tanuri nicht dergleichen. Weder strich sie seine Worte fort, noch gebot sie ihm zu schweigen. Ohnmächtig hallten stattdessen die Worte der Priesterin in Freyas Ohren wider. Worte, die seine keineswegs entkräfteten, sondern vielmehr bestätigen sollten und in Freya das beunruhigende Gefühl hinterließen, dass alles, was sie zu wissen glaubte, scheinbar eine einzige Lüge war.

Angetrieben von einem Chaos an Gefühlen, die jene Verunsicherung in ihr allesamt hervorrief, spürte sie die Versuchung, nach Hause zu laufen und sich in die schützenden Arme ihres Vaters zu fliehen. Ihren Kopf tief in seine Schulter zu graben und sich einfach nur fest an ihn zu drücken. Doch jener war auf er Jagd, mal wieder. Mit ihrer Schwester. Niemand wäre dort, niemand würde sie festhalten und ihr sagen, dass alles Humbug war und ihr das Gefühl geben, normal zu sein. Aber sie wäre allein und alles, was bleiben würde, wäre jene Ungewissheit, was stets hinter all den Worten verborgen gewesen war. Jene Wahrheit, die man stetig vor ihr verschleiert hatte, sodass sie jeden Morgen mit all den Fragen erwachen würde, die sich soeben gerade vor ihr auftaten.

Verunsichert ballten sich ihre kleinen Finger zu Fäusten, als würde sie einzig nur noch Halt bei sich selbst finden. Instinktiv drückten sie ihre Nägel in die weichen Handflächen, sodass sie den Schmerz spüren konnte. Ein Schmerz, der wenigstens echt war im Gegensatz zu all den Dingen um sie herum.

Hatte sie es immer wieder geahnt? Dass alles ein großer Schwindel war?

Es war wie ein Eimer voll mit eiskaltem Wasser, den man ihr über den Kopf schüttete. Als würde jener Zusammenbruch ihres Kartenhauses plötzlich ein Chaos offenbaren, das wider Erwarten sogar Naheniels Worten einen Sinn verlieh. Wenn sie nur wüsste, wohin er gegangen war, nachdem er Sturmkante verlassen hatte. Sie würde zu ihm laufen, egal, welchen Schmerz es vielleicht hinterlassen würde. Er hatte sie jedoch niemals belogen. Nein. Er hatte sie sogar gewarnt.  Aber auch er war nicht da. Aber auch er hatte einen Schlüssel erwähnt.

Kurz nur senkte Freya ihre Lider. Wie blind und dumm war sie. Lord noch eins. Er wusste sicherlich die Antwort, er hatte es von vornherein gewusst. Oder? War das der Grund, warum man ihn von ihr ferngehalten hatte? Weil er das ganze Konstrukt mit einem Atemzug hätte zum Einstürzen bringen können? 
  

Weißt Du, Freya, vielleicht wissen sie gar nicht, dass Du überhaupt keinen Schutz nötig hast, weil Du selbst viel, viel stärker bist, als sie denken.
Vielleicht fürchten sie sich davor, dass Du mit Deiner Kraft nicht richtig umgehen kannst? Oder sie haben einfach nur Angst, dass Du sie alle übertreffen wirst?

   
Seine Worte, sie fügten sich so perfekt in das ein und unterstrichen nur mehr, dass sie offenbar sich dazu verleiten lassen hatte, die Dinge um sich herum hinzunehmen und aus einem kindlich naiven Blickwinkel zu betrachten. Eine Perspektive, aus der sie sich hoffnungsvoll daran geklammert hatte, für alles eine einfache Erklärung zu finden.

Doch ließ Naheniel es sie selbst lernen. Eine Lehre, die Dinge zu sehen. So wie sie sich in der Dunkelheit auf ihre anderen Sinne hatte verlassen müssen, musste sie nun lernen, wem sie wirklich vertrauen durfte. Naheniel ließ sie selbst die Lüge erkennen, die sich um sie herum aufgebaut hatte, anstatt sie allesamt dessen anzuklagen, denn scheinbar hatte er gewusst, dass die Wahrheit nicht ewig verborgen bleiben würde.
 

Was auch immer es ist, sie werden nicht ewig die Augen vor der Wahrheit verschließen können.
Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem sie das in Dir sehen, was ich in Dir sehe.


Doch was genau steckte dahinter? Was war die Wahrheit? Wovon sprachen sie? Was hatten sie ihr die ganze Zeit vorenthalten?
 

Irgendwann wirst Du es sein, die über allen steht und welcher gehorcht werden muss.


Noch fester pressten sich ihre Nägel in das warme Fleisch ihrer Handflächen hinein. Freya hatte förmlich das Gefühl, dass immer, wenn sie gerade dachte, dem richtigen Weg zu folgen, jemand ihr Boden unter den Füßen wegzog. Ein Gefühl des Fallens ohne jedweden Halt und ohne Gnade.

„Halt!“ Kam es fast gebieterisch über ihre Lippen, auch wenn der Tonfall Freya selbst erschreckte, nachdem jenes eine Wort ihre Lippen fest und deutlich verlassen hatte.

Niemals hatte sie die Priesterin auf diese Art angesprochen. Auch wenn es kein Zorn war, der darin lag, sondern eine bestimmende Forderung, welche das Mädchen unerbittlich aussprach. Allerdings war es an der Zeit, den beiden in Erinnerung rief, dass sie jedes Wort hören konnte.

Das Chaos in ihrem Inneren schien sich deutlich in ihrem düsteren Blick abzuzeichnen, als sie die beiden offen tadelte, was gewöhnlich nie ihre Art gewesen war, hatte sie bislang ihrem Platz in der Rangordnung zu kennen geglaubt. Doch all das geriet hier und jetzt sichtlich ins Wanken. Fast schon gab ihr das Gebaren der beiden das Gefühl, dass man sie gerade zu einem Gegenstand degradierte. Etwas, das sich unfassbar unwirklich anfühlte, nachdem sie Tanuri schon so lange kannte und mit ihr so viel Schmerz auf so unterschiedliche Weise geteilt hatte.  „Ich stehe hier. Direkt vor euch. In Fleisch und Blut.“

Eiskalt schien das Blau unter dem Schimmer von Emotionen, die Freya selbst nicht einordnen konnte, Tanuri fixiert zu halten. All jene Fragen, die sich binnen der letzten Minuten in ihr aufgetan hatten und alles, woran sie bislang zu glauben dachte, in Zweifel zog. All die Verunsicherung, die am Ende Tanuri selbst mit ihren Worten schürte, anstatt sie ihr zu nehmen. Doch jene Lektion, die Freya selbst vor einigen Wochen hatte machen müssen, stand nun im Raum und sollte die Priesterin selbst einholen. Ein gesprochenes Wort konnte man nicht bedingungslos zurücknehmen. „Wovon spricht er? Wofür bin ich nicht so weit? Die Wahrheit?“

Ihr Blick fixierte die Priesterin erwartungsvoll, auch wenn sie unsicher war, ob sie all das wirklich hören wollte. Sie spürte die Angst in sich, dass irgendwie nichts echt gewesen sein könnte. Die Furcht, dass alles, woran sie sich bisher geklammert hatte, all ihren Glauben und ihr Vertrauen gesteckt hatte, unter ihr wegbrechen würde. Aber sie konnte jedoch auch nicht mit jener Ungewissheit einfach umdrehen und gehen. Nagend würde sie sich in ihr ausbreiten und sie früher oder später unbarmherzig daran erinnern, dass der Lord nichts ohne Grund geschehen ließ. Auch wenn sie alles andere als bereit war für die Antwort, die unter Umständen alle Befürchtungen real werden lassen würden, so gab es nur den Weg, sich jener Angst selbst zu stellen.

Kurz nur senkte das Mädchen ihre langen Wimpern, um all ihren Mut zusammenzunehmen. Konzentriert auf das, was sie fühlen konnte und nicht, was sie fühlen wollte und entgegen all den Emotionen, die nach ihr greifen wollten, bemühte Freya sich, ihre Stimme so gefasst wie auch ruhig zu halten, wenngleich ein leichtes, verunsichertes Beben innewohnte.

Ein Vorhaben, welches somit nur bedingt von Erfolg gekrönt war, doch schwang der fordernde Ausdruck durchaus mit, welcher Tanuri gegenüber unterstreichen sollte, dass es nicht länger ihre Entscheidung war, wann sie so weit wäre. Langsam nur hob Freya ihre Wimpern an und sah mit ihren großen klaren Augen der Priesterin auf, welche keinen Zweifel offen ließen. Der Zeitpunkt war jetzt und unmittelbar gekommen.

„Sag mir, hat er recht? War am Ende alles nur eine Lüge?“
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♦ Stolze Tochter ihres Ziehpapas Ninian Chakai & ihrer Ziehmutter Caidith Chakai ♦
♦ Kleiner Keks ihrer großen Ziehschwestern Mahaba, Namayah, Lysiana & ihres möglicherweise fiesen Ziehbruders Liam Chakai ♦
Adeptin der dunklen Kirche Ogrimars unter ihrer Mentorin Tanuri var Aesir 


Geboren aus dem Wissen einer dunkler Vergangenheit - verblaßt mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?
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Stellan
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Beiträge: 26
Registriert: Mo 5. Dez 2022, 16:26

#629

Beitrag: # 53210Beitrag Stellan »

Stellan fiel es sichtlich schwer, die Fassung zu wahren. "Du wagst es meinem Wort zu widersprechen?" Erbost leuchteten seine Augen auf, verscheuchten die Krankheit und die Qual der letzten Jahre. 

Doch eine Antwort von ihr wollte er gar nicht erst zulassen. Stattdessen erhob er sich mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht von seinem Sessel, auf dem er sich gerade erst niedergelassen hatte und trat auf Freya und Tanuri zu. 

Als er vor beiden stand, sah er zu dem Schlüssel hinab. Es war unglaublich, wie sich ihre Macht spürbar durch ihre Gefühle verstärkte. "Gelogen hat sie wohl nicht, deine Mentorin. Nur vergessen, was ihre eigentliche Aufgabe ist." 

Verächtlich war der Blick, den er seiner Tochter zuwarf. Wäre er nicht auf die letzte Strophe der Prophezeiung gestoßen und hätte durch diese gewusst, dass seinem Sohn noch ein wesentlich bedeutenderes Schicksal zustand, als das des Hüters, er hätte hier und jetzt seine Tochter getötet. Als Strafe für ihr Versäumnis und als Erinnerung daran, dass sie niemals ihre eigene Meinung und ihren eigenen Willen über das stellen sollte, was einzig zum Wohl des dunklen Meisters bestimmt war. 

"Wovon ich spreche, Freya? Hör in dich hinein. Du weißt es doch schon längst, dass du nicht nur ein einfaches Mädchen bist. Eben nicht nur aus Fleisch und Blut."
Eindringlich sah er Freya nun an, während seine Stimme einen wesentlich sanfteren Ton annahm, auch wenn es in seinem Innersten brodelte. 

Was hatte seine Tochter sich nur dabei gedacht, den Schlüssel so im Unklaren zu lassen? Missmutig zuckte seine Oberlippe kurz nach oben, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder in die Richtung Tanuris richtete. 

"Welchen Ort und Rahmen hättest du dir denn vorgestellt für sie? Wolltest du etwa warten, bis zu jenem Tag, an dem es nicht mehr aufzuhalten ist?" Mit einer wegwerfenden Bewegung wischte er jeglichen Versuch einer Antwort von sich. Freya musste wissen, was auf sie zukam, was durch ihr Blut in Gang gesetzt werden würde. Welcher Weg sich durch dieses allerdings eröffnete, sollte dann nicht mehr im Interesse seiner Tochter liegen. 

Aber anscheinend war sie nicht einmal dazu fähig, den Schlüssel anzuleiten. Wie konnte sie das, was so offen, so greifbar, in all seiner Pracht so mächtig und einzigartig war, nur derart ignoriert haben? 

War es möglich, dass seine Wahl, Tanuri das Erbe zu übergeben, tatsächlich die falsche gewesen war? Denn schließlich war er noch immer hier. Wenn er sich über all die Jahre nicht so sehr darauf fixiert gewesen wäre, seinen angeblichen Fehler auszumerzen, dann hätte er vielleicht schon früher erkannt, dass es immer noch seine Aufgabe war, von dem Schlüssel gefunden zu werden und ihn zu lehren, zu leiten und bis zu dem Tag der Erfüllung der Prophezeiung ein Hüter zu sein. 

Wenn dies nun wirklich der Fall war, dann wäre das Überleben seiner Tochter wahrhaftig nichts anderes gewesen, als eine Irritation. Nichts weiter als ein leichtes Beben, das keine größeren Schäden hinterlassen hätte, wenn er damals gleich seiner Intuition gefolgt wäre und sie noch im Säuglingsalter, genauso wie er es bei ihrer Mutter getan hatte, vernichtet hätte. 

Doch der dunkle Meister erlaubte sich keine Irritationen und keine Fehler… 

Mit allem Ernst bedachte er seine Tochter mit weiteren ungläubigen Blicken,  "Dachtest du, die Zeit bis zu dem Tag, an dem die Prophezeiung ihre Erfüllung findet, würde noch ewig währen?" 

Er stützte sein Gewicht auf seinen Stock und neigte er sich weiter zu Tanuri und sprach mit nachdrücklichen Ton in seiner Stimme: "Sô daz sluzzil pluot in erda kitriufit - Dann, wenn des Schlüssel Blut die Erde berührt…" 

Natürlich war es eine Auslegungssache, welches Ereignis genau damit gemeint war. Aber sie alle mussten darauf vorbereitet sein, dass es durchaus den Tag beschreiben konnte, an dem das Mädchen zu bluten begann. 
Sollte dies der Fall sein, so war es völlig unvorhersehbar, wann dies geschah und gerade deshalb, hätte der Schlüssel längst auf die Worte der Prophezeiung und somit auf sein Schicksal vorbereitet werden müssen. 

Umso weniger wollte Stellan es deshalb verstehen, warum sie so nachlässig gehandelt hatte. Wie konnte es sein, dass sie, sein eigen Fleisch und Blut, geboren aus einer Bestimmung heraus, es nicht viel früher erkannt hatte, welche Bedeutung der Schlüssel hatte?
 
"Diese unbändige Macht, die der Schlüssel ausstrahlt…" Er konnte es einfach nicht glauben, dass sie es nicht sah. Unachtsam ließ er seinen Stock los und griff plötzlich und völlig unvorhersehbar zuerst nach Freyas Handgelenk, zog dieses näher an sich heran und tat es dann mit Tanuris gleich.

"Spürst du sie etwa nicht, Tanuri?" Und während seine Worte gepaart mit seinem eindringlichen Blick auf seine Tochter einwirkten, legte er ihre Hand in jene Freyas. 

 
Bild
....
Das Chaos wird entbrennnen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisteres sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
....
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Tanuri
Geschichtenschreiber / Geschichtenschreiberin
Beiträge: 255
Registriert: Sa 30. Dez 2017, 09:57
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#630

Beitrag: # 53212Beitrag Tanuri »

Nein!
Vor Entsetzen weiteten sich ihre Augen. Tanuri wusste nicht, wann und vor allem wie es genau geschah, dass Freyas Gabe, Dinge zu sehen und zu fühlen, hervortrat. Einst hatte Lyvia versucht, sie zu unterweisen und ihr zu zeigen, wie sie es steuern konnte. Aber wie weit sie damit gekommen waren, darüber wusste Tanuri nichts.

Seit jenem Abend, als Freya etwas über die Kinder in Tanuris Leib gesehen hatte, war sie stets darauf bedacht gewesen, das Mädchen auf größtmöglichen Abstand zu sich zu halten. Denn es war zu unberechenbar, was Freya genau sah, ob es nur Visionen waren, die sich stetig ändern konnten oder ob sie am Ende etwas zu sehen bekam und etwas davon fühlte, was bereits vergangen war. 


Doch in diesem Moment war sie von ihrem Vater überrumpelt und konnte ihre Hand nicht mehr zurückziehen, als er diese in Freyas legte. Nur versuchen, die Mauern, die sie umgaben, so stark wie möglich zu schützen. Aber der Wirbelsturm an Erinnerungen hatte Freya bereits mit sich gezogen. 
 

 
~~~~


Es waren nur verschwommene Bilder, die auf Freya einwirkten, begleitet von verzerrten Stimmen, die ihr fremd sein sollten. Blaue Kinderaugen, die entschlossen zu einem weißen Seraphen aufblickten, dessen Gefieder von strahlendem Weiß war. Unnachgiebig hatte er eins der dünnen, doch so zerbrechlichen Handgelenke gepackt und hielt das kleine Mädchen grob an diesem fest. "Woher kennst Du diese Worte? Wer hat sie Dir verraten oder was noch viel wahrscheinlicher ist - von wem hast Du sie gestohlen?" 

"Ich sagte doch bereits, ich wusste sie einfach. Sie waren in meinem Kopf!" Trotzig sah das Kind zu dem Mann auf, der sich in all seiner Bedrohlichkeit vor ihr aufgerichtet hatte. Am liebsten hätte sie mit dem Fuß aufgestampft, um ihre Wut darüber, dass er ihr einfach nicht glauben wollte, noch deutlicher zu untermalen. Doch wahrscheinlich hätte das genauso wenig gebracht, wie ihre immer wieder gleich lautenden Beteuerungen.  

"Du lügst!" Ohne zu zögern holte der Seraph aus und schlug dem Mädchen mit aller Wucht in sein Gesicht. Heiße Tränen sammelten sich in ihren Augen, doch sie würde es nicht zulassen, dass auch nur eine einzige sich den Weg über ihre Wangen suchte. Voll verbissener Entschlossenheit sah sie wieder zu dem Mann auf, der für sie so fürchterlich groß und bedrohlich wirkte und ihr einfach nur schreckliche Angst machte.

Aber sie hielt sich fest an den Worten, die sie sich eingeprägt hatte, nachdem sie heimlich eine Messe im schwarzen Tempel zu Lichthafen besucht hatte.
"Zeige niemals Schwäche. Zeige niemals Angst. Der dunkle Lord wird über jene richten, die sich nicht der Stärke ihres Glaubens bedienen und sich der Schwäche ihres Geistes hingeben." 


"Ich lüge nicht!" presste das Kind zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor, wischte sich mit ihrer freien Hand über die Nase und betrachtete mit zornigen Augen das Blut, welches sie auf ihrem Handrücken vorfand. Doch ihre Worte machten den Mann nur noch wütender. Er packte ihren Hinterkopf und drückte seine Finger mit unnachgiebiger Kraft auf diesen. "Du hattest eine Wahl. Jetzt werde ich die Wahrheit auf meine Weise aus Dir herausholen." 

Schneidend grelles Licht schoss plötzlich durch den Kopf des Mädchens. Als würden sich tausende, brennende Dolche durch ihren Schädel bohren, spürte sie den Druck seiner Finger und die gewirkte Magie, während er sie mit einem bösartigen Grinsen bedachte. 

Das Licht bereitete ihr Höllenqualen, stob in all seiner grellen Intensität durch ihren kleinen Körper, bereit alles zu vernichten, was sich ihm in den Weg stellte. Sie spürte, wie es in grausamer Härte ihre Erinnerungen erforschte, alles durcheinander wirbelte, Empfindungen und Gefühle zerschnitt und alles bis zur völligen Blindheit blendete. Bereits der körperliche Schmerz, den das versengende Licht hinterließ, war für den kindlichen Körper nur schwer zu ertragen, was es hingegen mit ihrem Geist tat, war weitaus abscheulicher. Aus Leibeskräften schrie das Mädchen, doch niemand schien da zu sein, um ihr zu helfen. Oder wollte einfach niemand einschreiten? 

"Wirst Du mir nun endlich sagen, woher ein Gossenkind, wie Du eines bist, Worte aus einer jahrtausende alten Prophezeiung kennt?" Doch das Kind  antwortete nicht mehr, stattdessen versuchte sie sich mit aller Kraft gegen die Magie zu wehren, legte verzweifelt und um ihr Leben ringend ihre kleinen Hände um die Handgelenke des Mannes, damit er ihren Kopf wieder freigab.

Natürlich blieb ihr Tun erfolglos, war er schließlich nicht nur um so vieles größer, sondern noch dazu freilich viel stärker als sie.
"Was weißt Du über den Schlüssel?" Hasserfüllt waren ihre Augen auf den Seraphen gerichtet, die es nicht zuließen, auch nur eine einzige verräterische Träne zu zeigen. Was sollte sie denn noch sagen? Er glaubte ihr doch sowieso nicht! 


"Du willst mir nach wie vor nicht die Wahrheit sagen? Nun gut…Du hast selbst gewählt." Gnadenlos war der Klang seiner Stimme, als er erneut und mit aller Gewalt die Magie des Lichts beschwor und es in ihr sogleich wieder zu wüten begann.

Gellend war der Schrei des Kindes, der sämtliche Bilder mit sich nahm und sie bis zur Unkenntlichkeit verschwimmen ließ. Bevor sich ein wabernder, undurchdringlicher Nebel über die Erinnerung legte, war jedoch ein letztes Mal die Stimme des Seraphen zu hören: "Dann werde ich Dich eben brechen, Tanuri." 

 
~~~~



Keine Bilder, nur Stimmen waren es, die Freya nun hören sollte. Stimmen, die ihr wohl bekannt waren und die sie jeden Tag in den Stallungen und in der Küche der Gilde hörte, seitdem sie ein Teil dieser war. 

"Wundert es einen von euch wirklich, dass Nymeria so seltsam ist? Bei einer Mutter, die sie noch kein einziges Mal berührt, geschweige denn in den Arm genommen hat, seitdem sie auf der Welt ist?" 

"Pssst, sei doch leise! Man weiß nie, wer vielleicht gerade in der Nähe ist." 

"Na, wenn es doch so ist. Jeder hier weiß es, keiner will es aussprechen." Auch wenn die Stimme sich nun doch ein wenig senkte, hörte die Priesterin sehr wohl die weiteren Worte, war sie der kleinen Gruppe doch wesentlich näher, als es ihr selbst lieb war. 

"Sie empfindet nichts und sie fühlt nichts. Schaut euch doch an, wie sie seit Jahren Freya behandelt. Als wäre das arme Mädchen irgendein lebloser Gegenstand…Dabei gibt sie sich solch eine Mühe, will ihr trotz all der Zurückweisung immer noch gefallen. 
Dabei hat die Frau, zu der sie nach wie vor aufblickt, nicht einmal einen einzigen Tag ihr totes Kind betrauert."

"Wir haben alle gedacht, dass es anders werden würde, wenn sie ihre eigenen Kinder in den Armen hält…" Die Küchenmagd verstummte und sogleich erhob Mila, mit tiefer Traurigkeit das Wort, "... doch stattdessen ist es noch schlimmer geworden." 


 
~~~~



So fest sie nur konnte, kniff Tanuri ihre Augen zusammen. Am liebsten wäre es ihr, sie müsste diese nie wieder öffnen. Zu sehr fürchtete sie sich vor dem Licht und wollte sich nur noch in die Dunkelheit flüchten und sich für immer in den Schatten verstecken. Wenn sie sich nur tief genug in die Finsternis hinein begab, würde das Licht sie dort bestimmt nicht mehr finden. Davon war sie fest überzeugt. Nie, nie, nie wieder wollte sie Licht sehen und noch weniger wollte sie es jemals wieder spüren müssen.

Irgendwann hatte sie aufgehört mitzuzählen, wie oft er in ihren Kopf eingedrungen war und mit welch brachialer Gewalt seine Magie in diesem nach der für ihn passenden Wahrheit gesucht hatte. Doch niemals hatte er eine andere Antwort gefunden als jene, die sie ihm bereits so oft gegeben hatte. Anstatt jedoch von ihr abzulassen, hatte ihn diese Tatsache nur noch mehr angespornt, immer weiter zu machen. 
 
Nun lag sie zusammengerollt, ihre kleinen Arme fest um ihre Beine geschlungen, auf einem einfachen Bett in einem der Nebenräume des Artherkischen Tempels zu Lichthafen und betete mit allen Worten, die sie finden konnte zu jenem Gott, von dem sie schon so oft in den dunklen Messen gehört hatte. Welche Worte genau sie an ihn richtete, wusste sie nicht. Aber es verschaffte ihr Geborgenheit und Trost. 

Das kleine Mädchen, mochte sie damals vielleicht gerade das achte Lebensjahr erreicht haben, verstand einfach nicht, was dieser stets in weiß gekleidete Mann von ihr wollte. Prophezeiung und Schlüssel. Woher sollte sie denn wissen, was das bedeutete? Sie konnte doch nichts dafür, dass diese Worte einfach in ihr waren. In ihr lebten. Sie war doch viel zu klein, um deren Bedeutung auch nur irgendwie verstehen zu können. Hätte sie nur nie eines der Kindermädchen im Waisenhaus gefragt, was das alles bedeutete… 

"Er wird sie töten." Es war die sorgenvolle Stimme von Mondfels, die aus der Dunkelheit leise an das Ohr Tanuris drang. Mondfels war hier und da im Waisenhaus gewesen, lehrte den interessierten Kindern einfachere Heilzauber und sorgte für ein wenig Ablenkung im immer gleich trüben Alltag der heimatlosen Kinder. 

"Womöglich...Das wäre zumindest eine Erlösung für sie." Flüsternd gesellte sich Bruder Kiran an die Seite der Heilerin und sprach ebenso leise wie sie selbst. "Allerdings denke ich, dass er so lange weitermachen wird, bis nichts mehr von dem Kind bleibt, als nur eine leere Hülle. Er wird ihr vermutlich alles von ihrem Sein nehmen, solange sie ihm nicht das gibt, was er von ihr will." 

Das Mädchen spürte, wie warme Hände sie mit aller Vorsicht berührten und einen sachten Heilzauber über sie legten. Die blauen Flecken mochten damit verschwinden, das, was die immer und immer wieder gewirkten Lichtzauber in ihrem Inneren verursacht hatten, blieb jedoch unauslöschlich.

"Wir müssen ihr helfen. Es ist doch eindeutig, dass sie nichts von alledem weiß! Er ist auf der Suche nach irgendeinem Schlüssel und ist offenbar mittlerweile völlig von Sinnen. Ein kleines Kind so zusammen zu richten…"


"Sie ist eine Waise. Noch dazu hörten wir doch bereits von den Kindermädchen, dass sie etwas anders ist als die anderen Kinder. Immer etwas in sich gekehrt und kann selbst nach Jahren des guten Willens nichts mit Zuneigung anfangen.
Ich weiß nicht, ob wir uns ihm für ein solches entgegen stellen sollen…"

Vorwurfsvoll erhob sich die Stimme von Mondfels: "Kiran! Sie ist ein unschuldiges Kind. Hörst Du Dir eigentlich selbst zu? Das entspricht nicht den Lehren Artherks, das ist nicht das, was sein Glauben uns allen vermittelt. Egal, woher man kommt und an was man glaubt, wir sind hier, um das Leben zu beschützen." 


 
~~~~



Das wohl einige Jahre ins Land gezogen waren, mochte Freya daran erkennen, dass Tanuri ihrem kindlichen Körper entwachsen und zu einer Jugendlichen herangereift war. 

Bereit vor den dunklen Herrn zu treten, war sie noch nicht gewesen, denn sie hatte sich fest vorgenommen, so viel Wissen wie möglich über seine Lehren zu sammeln. Keinesfalls wollte sie unvorbereitet sein, wenn er sie prüfte. Nein, alles setzte sie daran, um dem dunklen Lord zu genügen und sich vor ihm zu beweisen. So hatte sie eines Tages die einfache Bauernfamilie verlassen, zu der Mondfels sie als Kind gebracht hatte und sich als Magd in die Priesterschule begeben, in welcher auch ihr Bruder war aber über dessen Verbindung zu ihm sie zu diesem Zeitpunkt selbstverständlich noch nichts wusste. 

Die Nächte hatte sie damit verbracht, sich heimlich in die Bibliothek zu schleichen, um dort nur alle möglichen Werke zu lesen, die es über Ogrimar gab und die Lehren seiner Doktrin zu verinnerlichen. Lange Zeit hatte sie sich geschworen, niemals wieder über jene Worte zu sprechen, die tief in ihr saßen. 

Einer der dort lehrenden Priester hatte ihren Eifer erkannt und begonnen, sich ihrer anzunehmen. Eine Unterweisung von Mädchen war dort nicht erlaubt und so trafen sie sich im Verborgenen in einem längst vergessenen Raum. Alles was er wusste, brachte er ihr bei und irgendwann wurde er zu einem Mentor, einem Ersatz für die Familie, die sie nicht hatte. Eine Person, der sie folgen konnte und wohl der Einzige, dem sie nochmals ihr Vertrauen schenkte und mit dem sie über die fremden Worte sprach, die sich mit jedem Tag klarer in ihren Gedanken abzeichneten. 

Nun stand sie vor seinem toten Körper. Von seinem einst so prachtvollen schwarzen Schwingen war kaum noch etwas übrig und sein Gesicht war kaum noch zu erkennen. 

"Eigentlich dachte ich damals, ich hätte Dir zur Strafe für Deine Lügen bereits alles genommen und dass Du für viele Jahre in Deinem Körper vor Dich hinvegetieren würdest.

Nun, viel war es ohnehin nicht, was ich in Dir zerstören konnte, habe schließlich nicht nur ich erkannt, dass Du kaum etwas in Dir hast."
Abfällig zog der weiße Seraph seine Nasenflügel nach oben. "Dein zur Schau getragener Schmerz zeigt mir nun aber, dass ich offensichtlich nicht gründlich genug war. Ein Fehler, den ich gerne korrigieren werde." Der Klang seiner Stimme war grausam und vollkommen kalt. 


"Es war ein äußerst kläglicher Versuch, Dich vor mir zu verstecken. Denn Dein Priester hier," angewidert trat er mit seinem Fuß gegen den schlaffen Leib, "er war Dir vielleicht weniger ein Vertrauter, als Du dachtest. Zu gerne hatte er sich mit dem Wissen über die Worte gebrüstet, die Du ihm in all Deiner Naivität immer und immer wieder aufgesagt hast.

Dachtest Du wirklich, er hilft Dir? Nein Tanuri, er hat mich sogar zu Dir geführt. Oder wollen wir besser sagen: Dich mir ausgeliefert?"
Höhnisch war das dröhnende Lachen, das Freya bis tief ins Mark traf, als wäre sie es selbst, die vor dem weißen Seraphen stehen würde. "Sind das etwa Tränen in Deinen Augen? Genieße sie, denn ich werde sie Dir nun endgültig austreiben. Außer natürlich…" Mit jedem gesprochenen Wort war der Mann näher an sie herangetreten. Alles in Tanuri schrie danach, die Flucht zu ergreifen, doch sie war wie erstarrt.
 

"... Du sagst es mir endlich: Wo ist der Schlüssel?" 

"Nein?" Mit einem aufgesetzten Bedauern schüttelte er seinen Kopf. "Dann wird das Licht nun mein Werk von damals vollenden und Deine Seele zerbrechen"

 

~~~~



"Sagt es mir, dunkler Vater, warum habt Ihr das Licht als meine Magie ausgewählt? Warum ausgerechnet das zu meinem Eigen machen, was ich am meisten verabscheue?" 

"Damit Du niemals Deine Schwäche vergisst." 

 
~~~~

Und mit einem Schlag erstarb all der aufgewühlte Sturm, verschwand die eisige Kälte und nahm alle Zweifel mit sich. Freya fiel hinein, tiefer und tiefer, in eine Dunkelheit, die weder Gefahr war, noch Angst schürte. Getragen wurde sie von einer zärtlichen, alles umfassenden Wärme, die begleitet wurde von zwei Stimmen, die sie wohl noch nie in solch einer Vertrautheit und Leidenschaft miteinander hatte sprechen hören.

Sehen konnte sie nichts, doch spürte sie, wie die Finsternis sie spielerisch hinfort trug, während all der Schmerz, all die Furcht und die Leere, die von dem alles zerstörenden Licht hinterlassen worden waren und die sie noch kurz zuvor in dieser kaum auszuhaltenden Intensität gespürt hatte, für einen Moment versiegten. 


"Du hast Dich mir hingegeben. Mit Leib und Seele. Du warst mein."  
"Ja, das tat ich." 

Denn in der Dunkelheit, die Du mir schenktest, da sahst und fandest Du sie, die Splitter meiner Seele. 

Was dann blieb, war nur die Stimme Tanuris, die Freya jedoch in all ihrer Sinnlichkeit erfassen sollte: "Und Du, Du gabst Dich mir vollkommen hin. Wir waren eins." 


 
~~~~



All das, was Freya gesehen, gehört und selbst gefühlt hatte, hatte nur den Bruchteil von Sekunden gedauert. Tanuri jedoch war es wie eine Ewigkeit vorgekommen, die sie gemeinsam mit Freya in ihren Erinnerungen gefangen gewesen war, ohne die Möglichkeit diese zu unterbrechen. Mit flatternden Lidern sah sie hinab zu ihrer zitternden Hand, befreite sich dann ruckartig aus Stellans Griff und konnte sich somit endlich von Freya lösen. 
~~~
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya Chakai ~~ 
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Kevin
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#631

Beitrag: # 53214Beitrag Kevin »

Nach Luft schnappend war er aufgesprungen. „Wer zum Henker…?!“ Sofort verstummte er, als er Lorena gewahr wurde.
Er dachte es wäre einer seiner Kumpanen gewesen, die ihn Necken wollten, nachdem er letzte Nacht eine der Küchenmägde im Heu beglückt hatte.

Pudelnass schüttelte er sein blondes Haar aus den Augen. Wasser perlte an seinem nackten muskulösen Oberkörper herunter. Nur in lockeren Baumwollhosen gekleidet und mit ein paar Stiefeln an den Füßen, hatte er sich ein wenig ausgeruht.

Seine grünen Augen hefteten sich untergeben auf Lorena, doch nicht ohne einen gewissen Hochmut.

„Sehr wohl, Milady.“

Jedes weitere Wort wäre zu viel gewesen, so strich er sich nur lässig mit einer Hand durchs Haar um es ein wenig nach hinten zu kämmen, bevor er umgehend nach dem leeren Eimer griff, den Lorena neben ihm hatte fallen lassen.

Nachdem sie ihm den Rücken zugewandt hatte, musterten er sie unverhohlen und er schnalzte anerkennend mit der Zunge. Das Weib hatte Feuer, grinste er in sich hinein.

Pfeifend begann er seine Arbeit im Stall.

.......

Einige Zeit später betrat er in sauberer Kleidung und ordentlich gekämmtem Haar, sowie frisch rasiert die Hallen der Legion. Oft war er nicht im Hauptgebäude, als Stallbursche hatte er hier für gewöhnlich nichts verloren. Doch wenn Milady Zar ihn zu sich rief, würde er nur zu gern folgen.

Man hatte ihn zum Kaminzimmer geschickt, vor der Tür blieb er stehen. Gerade als er die Hand hob, um zu klopfen, hörte er Stimmen hinter der Tür. Vielleicht sollte er später wieder kommen… andererseits würde sie ihm bei lebendigem Leib die Haut abziehen, ließe er sie unnötig warten.
Unschlüssig auf seiner Unterlippe kauend, sah er den Gang entlang, ob jemand in der Nähe war und ihn sehen könnte. Statt zu Klopfen legte er die Handfläche flach auf die Tür und daneben platzierte er ein Ohr.
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-Freya-
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#632

Beitrag: # 53215Beitrag -Freya- »

Als Freya sich Stellan zuwandte, welcher ihr statt Tanuri antwortete, sah sie noch nicht das, was auf sie zukommen sollte. Voller Unsicherheit, aber auch Verärgerung funkelten ihre zu Schlitzen verengten Auge ihm trotzig entgegen. Nicht er war es, der ihr Antworten schuldete. Nicht er war es, dem ihre Frage galt!

Aufgebracht und bereit, ihn im nächsten Moment dessen anzuherrschen, war es jedoch sein ernster und unmissverständlicher Blick, der sie zusammen mit nur wenigen Worten zum Schweigen brachte.

Wusste sie, wovon er sprach? Es wäre eine Lüge, würde sie es bestreiten. Sie wusste, dass sie anders war, dass etwas an ihr anders war als an allen anderen. Aber was genau sollte es bedeuten.

Bevor Freya auch nur Luft holen konnte, um diese Frage zu stellen, griff er nach ihr, als wäre sie ein Gegenstand, den man hervorholte. Unbarmherzig umschlossen seine Finger ihr Handgelenk und zerrten sie zu sich und Tanuri heran.

Instinktiv griff ihre andere Hand nach seiner und versuchte mit Kraft und Schmerz seine Finger von sich zu lösen und sich aus der Umklammerung zu lösen.

„Lasst mich los!“ herrschte sie ihn an, während sie versuchte, sich aus seinem Griff zu winden. „Das wagt ihr nicht!“

Doch es war bereits zu spät. Ohne dass sie Stellan etwas entgegensetzen konnte, spürte sie die Wärme von Tanuris Hand, die in ihre gelegt wurde. Eine Wärme, welche sie scharf die Luft einatmen ließ.

Wehrlos übermannte es Freya förmlich, als sie unkontrolliert das Aufbeben in ihrem Inneren spürte. Ein Erzittern, unter welchem ihr Körper sich unmittelbar versteifte. Ihre Lider begannen zu flattern, als wären sie die Seiten eines Buches, welche vom Wind mitgerissen wurden. Das klare Blau ihrer Augen wandte sich herum, während das Zentrum der Dunkelheit, in dessen Mitte diese einnahm, indes sie unkontrolliert von einem Strom aus Bildern und Erinnerungen mitgerissen wurde.

Antworten auf so viele Fragen, die sich vor ihrem inneren Auge abzeichnen sollten und doch nur viele weitere aufwerfen sollten. Wie ein stummer Besucher, ein Zuschauer wurde Freya durch die Fragmente ihrer Erinnerungen hindurchgetrieben und ohne Einfluss darauf nehmen zu können. Ohne Gnade musste sie mit ansehen, wie jenes Mädchen einst gefoltert und gebrochen worden war. Immer wieder schienen Licht und Finsternis sich gegenüberstehen, und im Zentrum jener Schlüssel hinwegschwebte.

Es kam ihr förmlich wie eine Ewigkeit, in welcher sie mit ansehen musste, was Tanuri einst geformt hatte, was sie tief in ihrem Inneren verschlossen hielt. Den Schmerz, das Leid, die Leere, die Einsamkeit.
Es waren jedoch nur wenige Sekunden, vielleicht Minuten, da jene Offenbarung sie vollständig und unbarmherzig einnahm, nur um sich im nächsten Augenblick unter dem Nachhall von Worten, die wie aus weiter Ferne leise, beinahe friedvoll verklungen, sie wieder freigaben, da Tanuri sich losgerissen hatte.

Atemlos rang Freya selbst nach Luft, als sie noch halb gefangen von jener Vision der Vergangenheit ihren verschleierten Blick auf Tanuri richtete und nach einer Orientierung suchte, nachdem der brutale und gnadenlose Griff in die Tiefen der Erinnerungen der Priesterin, zu welcher Stellan sie beide gezwungen hatte, sie freigelassen hatte. Etwas, das ihr selbst jedoch keineswegs Befriedigung verschaffte. Keuchend kam ihr Atem hervor, während sie Tanuri einfach nur überwältigt von den Gefühlen und Gedanken, die sie überrollten, ansah. War es Mitleid für das, was Tanuri hatte erdulden müssen? Oder gar Bewunderung für ihre Stärke? Wut, Enttäuschung und unnachgiebiger Zorn für all die Geheimnisse und Lügen?

Die Überforderung war Freya ins Gesicht geschrieben. Es war zu viel auf einmal, sodass der feuchte Glanz in ihren Augen nur einen Wimpernschlag brauchte, um sich zu lösen. Doch widerstand sie dem Drang zu blinzeln und ihre Schwäche offen zu zeigen, auch wenn die quälende Frage in ihr aufkeimte, ob sie überhaupt etwas wusste, ob überhaupt irgendetwas echt gewesen war oder alles nur eine Lüge und ein großer Schwindel war.

Sie hatte immer etwas Besonderes sein wollen und nun wünschte sie sich, sie wäre normal. Aber es wäre ihr jedoch nicht länger genug.
 

~Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem sie das in Dir sehen, was ich in Dir sehe.~
 
Wusste Naheniel etwa auch davon? War das die Bedeutung seiner Worte gewesen? Hatte er deshalb ihre Nähe gesucht? War alles etwa einfach nur ein riesiger Schwindel? Ihr ganzes Leben eine Lüge? Sie hatte keine Ahnung mehr, wer sie war, was sie war. Was all das zu bedeuten hatte und wofür sie geschaffen worden war. Aber eines war sie mit Sicherheit nicht. Ein Ding. Und egal, inwieweit jener Mann dort die Wahrheit sprach, sie würde sich keineswegs so behandeln lassen.

„DAS macht Ihr nie wieder!“ Zischte Freya unwirsch, während sie sich selbst grob von Stellan losriss, nur um ihre Finger um das gerötete Handgelenk fahren zu lassen. Er mochte vielleicht in ihr einen Gegenstand sehen. Vielleicht sogar auch alle anderen. Alles mochte ein Schwindel sein, aber noch, noch war sie ebenso eine Novizin Ogrimars.

Sie versuchte, ihren Atem zu mäßigen. Der Drang, einfach wegzulaufen, stieg in ihr auf und drohte sie nahezu zu übermannen. Einfach nur die Flucht zu ergreifen, vor all dem. Doch würde es sie einholen, nicht wahr? Wenn das jedoch alles wirklich war, gab es kein Entkommen, oder? Nein, zuerst musste sie wissen, was es heißen sollte, Schlüssel, der Schlüssel zu sein und wofür. Aber auch, was es genau für sie bedeuten sollte, da sie selbst mit angesehen hatte, was Tanuri allein um das Wissen darum zu schützen, auf sich genommen hatte.

Fassungslos und überwältigt zugleich wandten sich Freyas Augen der Priesterin zu.

„Was bedeutet es genau?“ Kam es fordernd über ihre Lippen. Ob diese Frage jedoch an Stellan gerichtet war, der den Stein ins Rollen gebracht und keine Skrupel gezeigt hatte, auf unbarmherzige Weise mit der Wahrheit die Fassade aus Lügen und Intrigen einzureißen, oder aber die Aufforderung Tanuri selbst galt, auf denen das Blau der kindlich verunsicherten Augen ruhte, war nicht greifbar.

Nur die Frage nach der Wahrheit selbst schwebte im Raum. Der Grund dafür, dass man ihr scheinbar jene bewusst verschwiegen hatte und sogar bereit war dafür sein Leben zu geben, um das Wissen darum mit aller Macht zu schützen. Auch wenn ihre Lippen bebten, versuchte sie mit klarer fester Stimme die Worte, die eben jene verließen, frei von all den Emotionen zu lassen, die wie ein Tsunami über sie hinweg rollten und mitzureißen drohten. „Was bedeutet es, der Schlüssel zu sein?“


 
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♦ Stolze Tochter ihres Ziehpapas Ninian Chakai & ihrer Ziehmutter Caidith Chakai ♦
♦ Kleiner Keks ihrer großen Ziehschwestern Mahaba, Namayah, Lysiana & ihres möglicherweise fiesen Ziehbruders Liam Chakai ♦
Adeptin der dunklen Kirche Ogrimars unter ihrer Mentorin Tanuri var Aesir 


Geboren aus dem Wissen einer dunkler Vergangenheit - verblaßt mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?
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Syndra
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#633

Beitrag: # 53216Beitrag Syndra »

Wie niederschmetternd es sein musste, Mutter zu werden. Es reichte Syndra wahrlich aus, eine Halbschwester zu haben, um zu wissen, dass jene Freuden einer Frau ganz sicher nicht die ihren waren. Dass sie jene nicht auch nicht saugen musste, war alles.

Scheinbar war Tanuri der Meinung, dass ihr kleiner Pakt nun alle anfallenden Aufgaben auf sie abwälzen würde. Amüsant, wenn man bedachte, was ihre bisherige Gegenleistung war. Bisher hatte sie nicht einen Finger krumm gemacht, um ihren Teil des Handels einzuhalten. Stattdessen verlustierte sie sich im Angesicht des dunklen Herrschers in ihren Gebeten.

Seufzend schloss Syndra sie Türe hinter sich. Warum war sie gleich noch mal aus dem Norden hergekommen? Sicherlich nicht dafür, weshalb bereits an ihren eigenen Plänen arbeitete. Immerhin hatte sie nicht ewig vor,  sich unter ihrem Wert für eine Sache anzubiedern, deren Nutzen sich ihr am Ende nicht offenbarte oder erschließen wollte.

Aber wenigstens schlief das Kind jetzt endlich, auch wenn es schon morgen war, und setzte nicht irgendwelche Dinge oder kreischende Mägde und Kindermädchen in Brand. Stundenlang hatte das Gör offenbar Vergnügen daran, ihr Element gegen das von Syndra prallen zu lassen. Amüsant, wie sie einem Bastard, der nur sabberte und in die Windeln machte, Magie beibringen sollte. Oder eher die Kontrolle darüber. Früher oder später brauchte sie eine Lösung für dieses Problem. Immerhin war fraglich, wann jene einmal zu weit gehen würde in ihrem Unverständnis von Grenzen.

Gerade wollte sie auf ein Glas Wein ins Kaminzimmer einkehren, in der Hoffnung Lorena vorzufinden. Nicht, dass sie selbst viel auf Freundschaften gab, diese suchte oder hegte. Lorena allerdings war ihr in einigen Dingen sehr ähnlich, weshalb sie eine gewisse Sympathie mittlerweile miteinander verband. Neben Argwohn und mangelnder Empathie und zudem trugen sie beide die auch noch die Bürde, Kindermädchen spielen zu dürfen.

Erhabenen Schrittes folgte sie elegant den Stufen hinab, während der seidene Stoff ihrer Robe leise raschelnd über die Treppe glitt.

Scheinbar hatte Lorena neben ihren Aufgaben noch ihren eigenen Vergnügungen nachzugehen, was vielleicht daran liegen mochte, dass ihr Zögling, so merkwürdig Freya ihr auch erschien, wenigstens die Kunst der Sprache beherrschte. Somit hatte sie wohl mit Nymeria das schwerere Los gezogen.

Gerade bog sie in den Flur hinein, an welchen die Türe grenzte, die ihr Ziel bilden sollte. Scheinbar ein Ort von Interesse, wenn man den breiten Rücken des jungen blonden Burschen so betrachtete, dessen Ohr am Holz festzukleben schien. War nicht neulich erst ein Gespräch über neugieriges Ungeziefer an der Tagesordnung gewesen?

Leicht nur schimmerten ihre dunkelblauen Augen auf, während ein diebisches Grinsen ihre geschwungenen Lippen heimsuchte. Immerhin sollte ein einzelnes Fingerschnippen ausreichen, um das Schloss zu öffnen und ihn mit der Tür ins Zimmer stolpern zu lassen.

Ein weiterer Schritt nur ließ Syndra selbst im Türrahmen zum Stehen kommen, während die kleine neugierige Ratte vor ihr im Staub lag. „Wir brauchen eindeutig einen Kammerjäger.“ Bemerkte die junge Erzmagierin mit einem abschätzigen Ton, ohne jenem Burschen vorerst weitere Beachtung zu schenken. Das war immerhin nicht ihr Problem, sondern vielmehr das von Tanuri.

Ohne einen weiteren Kommentar zu ihrem Mitbringsel wandte Syndra ihre von langem schwarzen Haar umrahmten Züge ihrer Gildenschwester zu. Vielleicht hatte Lorena Freude daran, sich im Namen der Priesterin persönlich um das Ungeziefer zu kümmern.

Ihre Geduld war für heute bereits genug strapaziert. Mit einem abschätzigen Aufblitzen in ihren Augen ob der kleinen Plage, die sie mit wenigen eleganten Schritten umging, überflog ein kühles Lächeln ihre Lippen. „Dem dunklen Lord zum Gruße, Lorena.“
Zuletzt geändert von Syndra am Mi 4. Jan 2023, 22:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht oder Einfluß man diesem gewährt die Gegenwart noch zu beeinflußen. ~
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Tanuri
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#634

Beitrag: # 53217Beitrag Tanuri »

Sie versuchte, keinerlei Regung darüber zu zeigen, was der reißende Fluss an Erinnerungen in ihr verursachte. Immer war sie darum bemüht gewesen, nichts davon zu offenbaren, niemandem zu zeigen, wer sie einst gewesen und was davon geblieben war.

Es war schwer zu sagen, was aus ihr geworden wäre, hätte sie im Waisenhaus einfach ihren Mund gehalten. Nie hatte sie zu den "normalen" Kindern gehört, aber damit war sie zurechtgekommen. Heute wusste sie auch, warum das so war. 


 
Ich fühle nichts, denn dafür sind wir nicht geschaffen, dafür sind wir nicht erdacht. Denke immer daran, wer Du bist. 


War es aber auch erdacht gewesen, dass ihr alles genommen worden war?
Wozu aber darüber nachdenken und sich selbst in der Vergangenheit zu verlieren? Die Frage, nach dem "was wäre wenn" war nicht zu beantworten. Es zählte einzig das hier und das jetzt. 


Tief holte sie Luft und sah zunächst zu ihrem Vater, dem sie noch eine Antwort schuldig war. Doch war es eine Antwort, die am Ende sowohl ihm, wie auch Freya gelten sollte. "Nein, Vater, ich widerspreche Eurem Wort nicht. Eins jedoch solltet gerade Ihr wissen: Der Hüter ist nicht nur da, um den Schlüssel zu lehren und zu führen. Er muss ihn auch beschützen." Ihre Augen blickten wieder zu Freya und in diesem Moment war nichts zu sehen von der sonstigen unnachgiebigen Kälte und Härte. Sondern es einzig Bedauern über das, was ihre Novizin hatte sehen und vielleicht sogar spüren müssen. "Ich musste Dich beschützen, vor jeder Macht und vor jedem Wesen, das bereit ist, Dir zu schaden." 

Nur leise, fast unhörbar fügte sie noch hinzu: "Und ich musste Dich davor beschützen, benutzt und zerstört zu werden. Es war ein kurzes, fast schon von Trauer gezeichnetes Lächeln, das sie Freya zukommen ließ, bevor sie sich wieder auf das besann, wer sie war. 

Mit einem weiteren Atemzug richtete sie sich selbst, sowohl in ihrem Inneren als auch in ihrem Äußeren wieder auf, legte ihre Hände in der Höhe ihres Zwerchfells ineinander und betrachtete ihren Vater mit von sich selbst überzeugten Stolz. "Vielleicht habt Ihr recht und ich habe es zu lange vor Freya verborgen, was des Schlüssels Bestimmung ist. Doch in einem liegt Ihr falsch: Freya ist nicht nur ein Schlüssel. Sie ist ein Kind. Ein Mensch, wie Ihr es seid und ich es bin. Sie ist ein lebendes Geschöpf." 

Wie hätte Tanuri es jemals verantworten können, dass Freya von jemandem gefunden wurde, der sie eben nicht als dieses behandelte? Denn über eins war sie sich sicher: Würde es bekannt werden, wer der Schlüssel war und wo er sich aufhielt, würde nicht nur irgendein weißer Seraph alles daran setzen, ihn in seine Hände zu bekommen.

Für einen unbemerkten Augenblick sah Tanuri aus den Augenwinkeln hinüber zu ihrer Schülerin. Verstand sie es nun, warum sie all die Jahre geschwiegen hatte? Es war völlig gleich, ob es dieser eine Seraph aus ihrer eigenen Vergangenheit sein würde oder ein völlig anderer. Ob es eine Heerschar war, oder nur ein kleiner Jüngling.

Freya war seit dem Tag ihrer Geburt in Gefahr und erst recht seitdem sie ihren Weg zu Tanuri gefunden hatte. Die Macht ihrer Gilde mochte groß sein, auch jene der Kirche. Doch würde sie ausreichen, Freya zu beschützen, wenn man sie fand? Das war eine Frage, deren Antwort Tanuri nicht unbedingt herausprovozieren wollte. Schon allein die Tatsache, dass das Mädchen innerhalb der eigenen Reihen von des Priesterin eigenem Zwillingsbruder gejagt wurde, machte deutlich, von welchem Wert sie war und wie leicht es passieren konnte, dass jemand sie für seine Zwecke missbrauchen wollen würde. 


Als sie jedoch das Gesicht ihrer Novizin streifte, beschlich sie der Gedanke, dass die Ohnmacht über diese plötzliche Wendung ihres Lebens, Freya nicht nur überforderte, sondern das etwas alles andere überlagerte: Das Gefühl, durch ein Konstrukt von Geheimnissen und der damit einhergehenden Unsicherheit über ihr eigenes Sein, verraten worden zu sein. 

Jedoch stand am Ende nur eins im Mittelpunkt: Der Schlüssel hatte sich für den dunklen Weg entschieden. Und er lag in den Händen der Legion und der dunklen Kirche. Wenn Stellan nicht darauf vertrauen wollte, dass sie bisher das Richtige getan hatte, war dies sein gutes Recht, aber sie würde sich nicht weiter von ihm maßregeln lassen. Er sah sich weiterhin als Hüter?


Dann soll es so sein.

"Da ich aber Euren Ansprüchen nicht genüge, Vater, solltet vielleicht besser Ihr es sein, die Freya ihre Fragen beantwortet." Zurückgekehrt war die stets so fühlbare Distanziertheit in Tanuris Stimme und die Unnahbarkeit, die fast schon greifbar war, als sie ein letztes Mal zu ihrer Novizin blickte. "Was es also alles bedeutet Freya? Ich denke nicht, dass Dir meine Antworten noch ausreichen werden." 

Und damit wendete sie sich von ihrem Vater und dem Kind ab und trat mit weiten Schritten in die Richtung der Türe, die sie aus dem dunklen Hörsaal hinaus führen sollte. "Möge er Dir das geben, nach was Du suchst…" Es waren Worte, die so leise waren, dass beide sie nicht mehr hören sollten, als sie den Raum verließ. 


Sie musste hier weg. Weg von den fragenden Worten ihrer Novizin und von den bohrenden Blicken ihres Vaters, von dem sie noch kurz zuvor gedacht hatte, dass er tot wäre. Allem voran musst sie aber weg von den Erinnerungen, die sie so lange tief verschlossen gehalten hatte und die nun in aller Kraft ihren Weg durch die Mauern hindurch gefunden hatten.

Ihr Blick glitt hinab zu ihren zitternden Händen, in welchen sich unkontrolliert einige Lichtfunken sammelten. Eilig ballte sie ihre Hände zusammen, so dass das aufbrausende Licht sogleich wieder erstarb. Und sie musste fliehen vor dem Licht und es in der Dunkelheit ertränken. 


In die Legion jedoch konnte sie nicht. Denn ganz gewiss wollte sie jetzt auf keines der Mitglieder treffen, schon gleich gar nicht auf … ihn. Je weiter sie von alledem entfernt war, desto besser. Zumindest für einige Stunden, bis die Erinnerungen wieder gezähmt waren und in Ketten lagen und der laut schreiende Drang nach der Dunkelheit, in welche sie sich flüchten konnte, abgeebbt war.

So griff sie nach den Zügeln ihrer Stute, welche neben Freyas Pferd angebunden vor dem Gebäude stand, in welchem sich der Hörsaal befand, saß schwungvoll auf und trieb es im immer noch sehr kalten Morgen durch den glitzernden Schnee nach Sturmkante.
~~~
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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Lorena
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#635

Beitrag: # 53218Beitrag Lorena »

Generell schätzte sie es zwar nicht, wenn man sie jäh aus ihren Gedanken riss, doch das Kaminzimmer war
ein für alle zugänglicher Ort und so stand es jedem frei, sich hier aufzuhalten.
Sie selbst hatte es ursprünglich nur aufgesucht, in der Hoffnung die Priesterin dort anzutreffen und
um dort die Berichtserstattung des Stallburschen, so wie der eines der Hausmädchen abzuwarten, doch
scheinbar war Ogrimar ihr heute nicht hold. Nicht nur glänzte die Priesterin mit Abwesenheit,
auch das bibbernde Hausmädchen, welches mit schreckgeweiteten Augen vor ihr stand, ob des Umstands,
dass die Tür so laut ins Schloss gefallen war, brachte keine geraden Satz zu Stande und strapazierte gerade
massiv ihre Geduld mit diesem nervtötenden Gestammel.


„Also… ja ähm… ich… ich… habe da vielleicht … äh… etwas…ähm herausgefunden, dass für … äh… euch von …
ähm ja … Interesse… sein könnte.“
Haspelte das Gör unbeholfen, während sie mit den Händen in der Tasche ihrer
Schürze nestelte und einige Blätter Pergament zu Tage förderte. Nicht gewillt sich diese Unfähigkeit weiter anzusehen,
deutete sie dem Mädel näher zu treten, um ihr die Schriftstücke auszuhändigen.  
„Nun gib, schon her, für solche Kindereien fehlt mir die Zeit.“ Herrschte sie das Hausmädchen an, doch da das Gör scheinbar
an Ort und stelle erstarrt war, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich aus ihrem Sessel zu erheben und sich die gewünschten
Dokumente selbst zu holen. Nachdem sie die Pergamente kurz überflog, erkannte sie, dass es sich lediglich um den Durchschlag
eines Schreibens handelte, dessen Inhalt ihr längst bekannt war, da sie neulich im Tempel von einem entsprechenden
Informanten aufgesucht wurde. „So und du glaubst allen Ernstes, dass diese unbedeutenden Fetzen Pergament von Belang für
mich sein könnten?  Wie kommst du zu solch einer grotesken Annahme und wo hast du diesen Durchschlag überhaupt her,
hast jemanden bestohlen?“
ihre unterkühlte Stimmlage, die pikiert in die Stirn gezogene Augenbraue, sollten dem Mädchen
zusätzlich zu den verschränkten Armen verdeutlichen, dass gerade nicht gut Kirschen essen mit Lorena war und sie ihre Antwort
weise überdenken sollte. Zumal sich Lorena sehr sicher war, dass das Hausmädchen nicht in der Lage war, jene Zeilen überhaupt
lesen zu können.  Doch anscheinend erkannte das Mädchen die Zeichen der Zeit nicht und plapperte daher das erst Beste aus,
was ihr in den Sinn kam.  

„Na das … äh… ja ist doch … klar… ich habe sie… ähm… belauscht. Unseren … ähm Gast… in dem … Zimmer… da oben… neben dem…
von… der kleinen… Dingsbums… da. Sie … brabbelte… munter fröhlich… von einem… Treffen…was … sie da erfahren hat… und sagte …
dann … zu ähm… diesem gerupften… scheußlich hässlichen… Raben, dass er … äh die … Pergamente… schnell… hinfort bringen soll…
ähm ja und als… sie dann den Raum… äh… verlassen hat… da habe… ich mir…das … Schreibselpapier geschnappt und … äh sicher…
für euch aufbewahrt.“
Berichtete das Mädchen zwar immer noch stotternd, aber dennoch mit gewissem Stolz.

Lorena hingegen kam nicht umhin sie wütend anzufunkeln. „Du bist solch ein einfältiger Nichtsnutz, noch auffälliger kann man sich
ja nicht verhalten. Meine Anweisungen waren eindeutig, du solltest dich diskret verhalten und nicht derart inkompetent.“

Zornig über diese Unfähigkeit, kanalisierte sie ihre Magie ehe sie das Gör eisig ansah. „Ich werde dir nun eine Lektion erteilen.
Vielleicht denkst du künftig dann besser über die Art der Ausführung meiner Anweisungen nach. Ich denke das kleine Blag der
Priesterin, benötigt heute noch ein wenig Unterhaltung, da es dir ja sonst schwer fällt dich in ihrer Nähe an Ort und Stelle zu halten.
Hier meine Unterstützung für dich“
Mit diesen Worten beschwor sie einen mächtigen Eisschockzauber hinauf.

So könnte das kleine Monster ihr Spielzeug später nach belieben auftauen oder eben auch abfackeln. Wenn sie es kaputt machte,
kümmerte es Lorena nicht weiter.


Auch wenn das Hausmädchen das nicht wissen konnte, hat sie ihr mit ihren Worten einen nützlichen
Hinweis gegeben. Die Beschreibung passte nur auf eine Person. Wie es ihr, ihr Instinkt bereits von Anfang an gesagt hatte, hauste derzeit
eine Illoyale Bazille in ihren Gemäuern. Gut das jene sowieso in ihrem Handeln absolut inkonsequent war und eine Aufmerksamkeitsspanne
eines Zierfisches im Becken hatte, würde ihr wohl nicht auffallen, dass die Durchschläge fehlten, doch das waren alles Informationen,
die der einfältige Eisblock neben ihr nicht haben konnte. Zudem bestahl man keine Gäste, so lästig und hinterhältig sie auch waren.
Somit war die Strafe in ihren Augen durchaus legitim.


Gerade als sie im Begriff war, an den Kamin zurück zu gehen, krachte die sich aufschwinge Tür des Kaminzimmers gegen die Wand und ein
ihr wohlbekannter Taugenichts stolperte zu ihren Füßen in den Raum, gefolgt von Syndra die ein süffisantes Lächeln zu Show trug.
Hatte dieses Gesindel sich etwa dazu erdreistet sie auszuspionieren? Ihr Blick wanderte von Syndra zum Stallknecht,
ehe sie Syndra mit einem Nicken grüßte. „Der eine mit dem Würdigen Syndra. Wie darf ich diesen Auftritt hier den deuten, hast du dir aus
dem Stall ein kleines Spielzeug geholt, um dich ein wenig zu vergnügen und erziehst es dir nun, oder haben wir es hier mit einer listigen Ratte
zu tun ?" 
Ihrer Stimme, war jedoch nicht zu entnehmen, welche Gedanken sie gerade hegte und sie war gespannt,
wie der lausige Stallknecht nun seine Haut retten wollte.


 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



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#636

Beitrag: # 53219Beitrag -Freya- »

„Ich denke nicht, dass Dir meine Antworten noch ausreichen werden.“

Der Unglaube in ihren Augen sollte noch nicht sein Maximum erreicht haben, aber dennoch erreichte jener eine Grenze zu dem, was ihr Verstand begreifen wollte. Es stellte einfach alles infrage.

So konzentrierte Freyas sich nur noch auf das heiße Brennen in ihren Augen, welches immer weiter zunahm, je länger sie Tanuri ansah. Gnadenlos zwang das Mädchen sich dazu, ihre Wimpern nicht zu senken. Sie untersagte es sich auch nur einmal zu blinzeln, um jenen Tränen, die sich glänzend auf dem Blau ihrer Augen sammelten, nicht den Weg über ihre Wangen hinweg zu erlauben.

Trotz allen Verrats oder Hintergehens, die sie mit einem Schlag getroffen hatten, wieso sollte sie einem vollkommen fremden vertrauen. Sie hatte die Antworten von Tanuri gefordert. Doch die Worte der Priesterin waren eindeutig, dass sie ihr diese schuldig bleiben würde, indem sie jene Bürde an Stellan weiterreichte.

Sie kannte Stellan nicht und beim Lord, sie war sich auch nicht sicher, ob sie das ändern wollte. Er war es, der ohne viel Zutun ihre Welt in den Grundfesten erschüttert hatte. Wie konnte sie es also wagen zu gehen und ihr den letzten Funken Halt damit zu nehmen? Den letzten Funken an dem Glauben daran, dass vielleicht doch etwas von dem, was sie in Tanuri gesehen hatte, echt gewesen sei.

Sie spürte den Drang, einfach ihre Hand nach Tanuri auszustrecken und sie aufzuhalten. Aber Freya war sich ebenso bewusst, dass, wenn sie etwas sagen würde, würde sie den Schmerz und das Chaos in sich nicht länger verbergen können. Sie würde einbrechen und ihre Schwäche offen zur Schau stellen.

Nein, sie wollte nicht, dass Tanuri ging und sie mit dem ihr fremden Mann allein ließ. Aber ebenso wenig wollte sie Stellan erlauben, vielleicht diese Genugtuung zu erfahren. So sah sie der Priesterin schweigend nach, welche ihr nicht einmal die Gelegenheit eines Einspruchs erlaubt hatte. Die Stille, welche sich mit einem Mal über den Raum legte, war dabei fast unheimlich.

Freya war sich sicher, dass der Blick des Mannes nun auf ihr ruhte, dass er sie beobachtete, sodass sie sich nur zu ihm wenden müsste, um in seine Augen zu sehen. Keineswegs wollte Freya eigentlich mit Stellan allein bleiben. Hatte er scheinbar nicht die geringste Ahnung, wie es sich anfühlte, wie es war, in den Geist eines anderen zu fahren. Freya wollte sich nicht einmal vorstellen, wie es sich für Tanuri angefühlt haben musste, all das selbst noch einmal durch ihren Geist rasen zu sehen, es teilen zu müssen.

Wie gern würde sie in seinen Geist dringen und ihn all das spüren lassen. Unendlichen Schmerz und die Grausamkeit, die schlimmsten und dunkelsten Erinnerungen noch einmal durchleben zu müssen. Ihm war es immerhin offensichtlich gleich, was er mit seinen schonungslosen Worten oder seinem selbstgerechten Handeln zerstörte, solange es wahrscheinlich seinen Zielen diente.

Was verleitete ihn zu der Annahme, dass sie sich ihre Antworten nicht auf gleiche Weise aus ihm herausholen würde. Das Mädchen würde sich selbst belügen, würde sie in all ihrer Wut und Enttäuschung nicht darüber nachdenken. Nachdenken, ebenso gnadenlos nach der Wahrheit selbst zu greifen, die man vor ihr bislang gebogen oder verborgen hatte. Doch wusste Freya, dass sie es nicht wirklich kontrollieren konnte. Keineswegs konnte sie einschätzen, was geschehen würde, wenn sie es auf diese Weise selbst provozierte. Vielleicht sah er Dinge, die sie nicht teilen wollte. Gefühle oder Erinnerungen, die nur ihr allein gehörten. Nicht einmal, wenn Naheniel und sie sich wissentlich berührten, war es ihr möglich, das, was sie sah, unter Kontrolle zu halten. Nein. Am Ende würde es sie selbst eventuell in die Knie zwingen.

~Dann ist es wohl an Euch, mir nun zu antworten, Lord var Aesir. Mir die Wahrheit zu offenbaren, wer ich bin - oder was~

Sie konnte den Schmerz und das Bedauern Tanuris in sich spüren. Dennoch änderte dies nichts daran, dass jene sie mit dem Scherbenhaufen und einem Mann, der ihr mehr als fremd war, vollkommen allein gelassen hatte. Sie war allein auf sich gestellt.

Tief und kräftig sog Freya die kühle, eindringende Luft ein, welche ein ebenso brennendes Gefühl in ihren Lungen hinterließ, wie die Tränen in ihren Augen. Eine Eiseskälte, die auch nach dem Schließen der Tür zurückbleiben sollte und ihren Körper mit einem Schauer erfüllte, während sie sich darüber bewusst wurde auf sich allein gestellt zu sein.

Bewusst versuchte sie jene Frostigkeit in ihre zittrige Stimme zu legen, mit welcher sie sich an Tanuris Vater wandte, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Er sollte weder sehen noch hören, was in ihr vorging, sodass sie Stellan schlichtweg auswich, indem sie sich selbst dem Feuer im Kamin zuwandte und ihre Augen auf die Flammen richtete. Sie verurteilte Stellan dafür, dass er sie beide dazu gezwungen hatte. Mehr als das sogar, doch wer, außer ihm würde ihr in diesem Moment Antworten auf all ihre Fragen geben?

„Ihr wusstet offenbar, was geschehen würde, Lord vor Aesir. Erklärt mir, was es bedeutet und ebenfalls weshalb ihr mich auf diese Weise anseht.“

 
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♦ Kleiner Keks ihrer großen Ziehschwestern Mahaba, Namayah, Lysiana & ihres möglicherweise fiesen Ziehbruders Liam Chakai ♦
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Stellan
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#637

Beitrag: # 53220Beitrag Stellan »

Das, was Stellan bereits seit ihrer Geburt beobachtet hatte, bestätigte sich nun erneut: Tanuri war schwach.

Was sie nicht nur mit der nicht vorhandenen Einsicht bewies, sondern auch damit, dass sie der Wahrheit nach wie vor nicht ins Gesicht blicken wollte. Die Wahrheit darüber, dass sie versagt hatte. 


Mochte sie selbst eine Entschuldigung suchen, indem sie behauptete, Freya beschützt zu haben. Doch das allein genügte eben nicht. Wäre sie dazu fähig und bereit gewesen, den Schlüssel anzuleiten, so wie es ihre eigentliche Aufgabe war, wäre dieser schon längst fähig, sich selbst gegen etwaige Gefahren zu verteidigen und daran weiter zu wachsen.

Freya musste die Macht in sich bündeln und wissen, wie man sie kontrollierte, ansonsten würde sie an dem Tag der Prophezeiung vor den Toren stehen und an ihrem eigenen Unwissen und der eigenen Unfähigkeit scheitern. Nicht nur, dass sein Sohn dann nicht seinen rechtmäßigen Platz einnehmen würde, sondern sie würde den weißen Götzendienern zusätzlich schutz- und machtlos ausgeliefert sein. Es wäre ein Geschenk an sie, wenn sie den Schlüssel ohne große Mühen an sich bringen konnten. 


Schon allein dieser Aspekt machte es für ihn umso unbegreiflicher, wie seine Tochter nur so kurzsichtig hatte sein können. 

Über die Schulter hinweg sah er ihr nun hinterher. Vielleicht war das, was sie nun tat, sogar das einzig Richtige, seitdem der Schlüssel in ihren Händen lag: Ihm die Verantwortung für diesen zu übertragen, nachdem sie selbst sichtlich gescheitert war, gescheitert an dem Erbe der Familie und gescheitert an sich selbst. 

Als die Tür des Hörsaals ins Schloss gefallen war, wanderte sein Blick wieder zurück zu dem Mädchen, die in all ihrer aufgestauten Wut und ihrem Unverständnis gegenüber der Situation, seinem Auftauchen, seinem und Tanuris Tun in das Feuer starrte. Auch sie würde es verstehen. Spätestens dann, wenn sie begriffen hatte, welcher Platz ihr in dieser Welt zugedacht war. 

Mühsam bückte er sich zu Boden, hob seinen Stock auf und trat mit Hilfe dessen zurück an den Sessel. "Dein Schmerz und die Gefühle zu meiner Tochter sind unangebracht, Freya." Mit einem leisen Seufzen setzte er sich und schloss für einige Augenblicke seine Augen, um dem Schmerz wieder Herr zu werden.

"Wahrscheinlich handelt sie jetzt zum ersten Mal, seit du bei ihr bist und wenn es sich um dich handelt, mit Vernunft.
Du willst Antworten, die sie dir nicht in diesem Umfang geben will, wie du sie erwartest. Nicht nur erwartest, sondern benötigst."


Stellan lehnte seinen Kopf gegen die Rückenlehne des Sessels und erlaubte sich einige schweigsame Atemzüge. 
Er wusste nicht, was die Berührung zwischen Tanuri und Freya bewirkt hatte. Aber da Tanuri sich schon so vehement dagegen sträubte, die Ausstrahlung und die Stärke, die von dem Schlüssel ausgingen, wahrnehmen zu wollen, hatte er durch sein Handeln gehofft, dass sie ihre Augen nicht mehr länger vor dem verschließen konnte, was er selbst durch seine geschlossenen mehr als deutlich wahrnahm. 

Von Freyas Gabe hingegen wusste er nichts. Denn natürlich war über den Schlüssel selbst nur wenig bekannt. Alles, was man jemals versucht hatte, über ihn in Erfahrung zu bringen, wurde niemals niedergeschrieben, damit das Wissen nicht in die Hände der Gegenseite fiel. 

Deshalb deutete er den Rückzug Tanuris als das was für ihn logisch war: Als Eingestehen ihrer begangenen Fehler und als Erkenntnis, dass der Schlüssel in seinen Händen vorerst besser aufgehoben war. 

Immer noch hielt er seine Augen geschlossen, als er seine Stirn in Falten legte und seine Stimme wieder erhob. "Was auch immer geschehen ist, es hat seinen Zweck erfüllt."

Vielleicht hatte die Berührung zwischen Freya und Tanuri sogar etwas mehr bewirkt, als er zunächst gedacht hatte. Nicht ungewöhnlich, wenn man bedachte, in welch enger Verbindung der Schlüssel und seine Familie seit Anbeginn der Prophezeiung standen. Womöglich war seine Tochter ja nun endlich bereit dazu, den Umfang ihrer Aufgabe zu begreifen.

Auch wenn Freyas Macht unbedingt eingeschränkt werden musste um seinen Sohn vor dieser zu bewahren, galt es immer noch, die Prophezeiung überhaupt zu erfüllen. Und so unvorbereitet, wie der Schlüssel derzeit war, würde sie nicht einmal die ersten Stufen hinab in das Reich der Götter überwinden können. 


Nachdem Stellan wieder Herr über die Pein der in ihm wütenden Krankheit geworden war, öffnete er seine Augen und betrachtete Freya mit all der Ehrfurcht, die ihr durchaus gebührte. "Warum ich dich so ansehe? Weil ich genau das in dir sehe, was du bist: Die Zukunft der Herrschaft seiner dunklen Majestät." 

 
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Das Chaos wird entbrennnen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisteres sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Kevin
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#638

Beitrag: # 53224Beitrag Kevin »

Gerade als ihm bewusst wurde, dass die zweite Stimme im Kaminzimmer nur zu einem der Hausmädchen gehörte und er sein Ohr schon wieder von der Tür nehmen wollte, öffnete diese sich unvermittelt.

Im nächsten Moment ruderte er schon im freien Flug mit den Armen, bevor er der Länge nach auf dem Boden hinschlug. Ein ersticktes Keuchen, ließ ihn für einen Moment reglos verharren, während er in seinem Blickfeld lediglich ein paar Schuhe an ihm vorbeigehen sah.

Als er sich wieder gefasst hatte, rappelte er sich hoch und blieb in der offenen Tür stehen. Er klopfte sich umständlich imaginären Staub von der Hose. Mit einer lässigen Handbewegung strich er sich die blonden Haarsträhnen aus dem Gesicht und richtete dann seine Aufmerksamkeit auf die beiden Damen.

Schlau genug, wartete er bevor er die Stimme erhob, bis man ihn dazu aufforderte. Es schickte ihm zwar wohlige Schauer in die Lenden, wenn Lorena ihn anherrschte und herumkommandierte, doch wollte er nicht riskieren ebenfalls in einem Eisblock zu enden.

Als sie erwähnte, er könnte der anderen Lady gar als Spielzeug dienen, zeichnete sich ein breites Grinsen in seinem Gesicht ab und ließ seine grünen Augen schamlos über Syndras Silhouette wandern. Ja – er würde ihr zu gerne zu Diensten sein. Grade noch verkniff er sich ein anerkennendes Pfeifen.
Stattdessen verschränkte er die Hände hinter dem Rücken und wartete ab, ob man ihn wieder fortschicken oder hereinzitieren würde.
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-Freya-
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#639

Beitrag: # 53225Beitrag -Freya- »

Freyas Blick ruhte auf den Flammen in der stillen Hoffnung, dass das Brennen in ihren Augen versiegen würde. Wie ein tiefer Stachel im Fleisch saß der Schmerz in ihrem Geist. Alles war einfach gelogen gewesen. Alles was man ihr gesagt hatte, woran sie geglaubt und dem sie vertraut hatte. Und nun sollte sie tatsächlich einem vollkommen Fremden Glauben schenken? Ihr Schicksal in seine Hände legen?

Das war vollkommener Irrsinn, je länger sie darüber nachdachte. Noch nie hatte man sie wissentlich mit einem Fremden allein gelassen. Noch nie hatte Tanuri jemandem vertraut und auch jetzt zweifelte Freya daran, dass jene ein solches diesem Mann entgegenbrachte, den die Priesterin selbst kaum kannte. Auch wenn er ihr Vater sein mochte.

Nein auch wenn die Priesterin gegangen war, sie hier zurückgelassen hatte. Dafür hatte sie zu viel gesehen. Es fühlte sich zwar wie Verrat an, was sich Freya in Tanuris Geist offenbart hatte, aber ebenso wusste sie, dass jene sie am Ende mit Leib und Seele versucht hatte zu schützen. Vor Gefahren, vor Fehlern, aber auch vielleicht unterbewusst vor ihrer Bestimmung selbst.

Auch wenn er vielleicht die Wahrheit sprach und sie dieser Schlüssel war, wer sagte ihr, dass er sie am Ende nicht für seine eigenen Zwecke missbrauchen wollte. Intuitiv senkte Freya ihre Lider, während sich eine warme, feuchte Spur über ihre Wangen formte. Am liebsten hätte sie den Rock ihrer Robe gerafft und wäre losgelaufen. Einfach ganz weit weg. Von ihnen allen. Doch wohin? Wohin sollte sie gehen?

Ihre Familie war fort, trieb sich in den Wäldern herum, um dann irgendwann für eine Nacht hier oder da heimzukehren. Aber wirklich da für sie wären sie nie.

Wem konnte sie am Ende überhaupt noch vertrauen?

Der Legion? Wohl kaum. Auch wenn sie nicht wusste, ob allesamt in Tanuris Wissen eingeweiht und in ihre Pläne eingespannt waren, so war sie sich sicher, dass es sich nicht nur auf Adrian allein beschränken würde. Womöglich wussten sie alle Bescheid. So vieles fügte sich einfach in ihrem Geiste zusammen. Ob es der Weg mit Lyvia gewesen war, der sie durch sein Reich geführt hatte und sie an die Tore herangeführt hatte, hinter welcher das Chaos selbst seinen Ursprung haben sollte, oder Weg mit Jeremias, auf dem er ihr offenbart hatte, was geschehen würde, wenn sie an ihrem Weg, an sich selbst oder seinem Willen zweifelte.

Eshira, ihre einzige Freundin. Jene hatte sich seit dem Treffen mit Naheniel komplett distanziert, ohne ein Wort zu sagen. Wobei sie sich durchaus vorstellen konnte, woran es lag. Nein ihr waren die Blicke ihrer Freundin nicht entgangen, die jene ihm zugeworfen hatte, während sie immer wieder das Gespräch an sich gerissen hatte. Offenbar hatte ihr Gefühl sie nicht getrogen und sie hatte mit einem solchen Ausgang gerechnet.

Am tiefsten jedoch beschäftigten sie Naheniels Worte. Sogar er hatte sie offenbar hintergangen. So klar zeichnete es sich im Grunde vor ihren Augen ab. All die Worte von ihm. Sollte auch er sie nur benutzen wollen?
 

Nur weil wir alle in unseren Köpfen sofort ein kleines Gebilde formen, wenn wir den Begriff Schlüssel hören,
sagt niemand, dass es auch dies sein muss. Alles kann ein Schlüssel sein, eine Waffe, eine einfache Feder.
Ein Tropfen Blut, oder sogar ein einfaches Lebewesen, wie wir es sind.
~Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem sie das in Dir sehen, was ich in Dir sehe.~


Es fühlte sich so kalt an, so leer. So unbeschreiblich grausam und schmerzhaft. Diese Erkenntnis. Sie war also allein. Allein in der Dunkelheit. Allein mit der Wahrheit selbst und der Entscheidung, ob sie sich jener stellen wollte oder vor dem Lord selbst versagte. Eine Wahl, die ihr im Grunde nicht blieb, denn er selbst bestimmte das Schicksal, den Weg, auch wenn mancher Faden vielleicht hin und wieder einen anderen Weg fand.

Auch wenn sie ihr scheinbar so vieles bewusst verschwiegen hatte, was sie hätte wissen sollen, hätte wissen müssen, so hatte das Mädchen etwas ganz sicher gelernt. Weder durfte sie jemandem vertrauen, noch konnte man sich ewig vor der Wahrheit selbst verschließen.

„Meine Gefühle gehen Euch gar nichts an, Lord var Aesir.“ Leicht nur fuhr sie sich über die Lippen, auf welchen Freya den leicht salzigen Geschmack ihres Schmerzes schmecken konnte. Abermals atmete das Mädchen tief ein, bevor sie sich mit den Ärmeln ihrer Robe über die Wangen strich, um die Spuren dessen zu verwischen, was sie Stellan nicht zeigen wollte.

Auch wenn die Priesterin ihr scheinbar so vieles bewusst verschwiegen hatte, was sie hätte wissen sollen, hätte wissen müssen, so hatte das Mädchen etwas ganz sicher gelernt. Weder durfte sie jemandem vertrauen, noch konnte man sich ewig vor der Wahrheit selbst verschließen.

„Vielleicht hat Tanuri mir meine Bedeutung vorenthalten. Aber dennoch hat sie mich einiges gelehrt.“ Vermutlich scheiterte ihr Versuch ebenso kalt und distanziert zu klingen wie die Priesterin, doch versuchte sie dennoch all ihre Unsicherheiten und Emotionen fernzuhalten. Das jedoch ihren Worten eine Warnung mitschwingen sollte, war offensichtlich.

Nicht einmal annähernd wollte das Mädchen ihm erlauben, zu sehen, wie tief die Kluft war, die er gerissen hatte. Auch wenn scheinbar nichts wahr gewesen war, hatte sie gelernt, dass sie ihre Schwächen verbergen musste, damit man sie nicht brach.

„Bisher habt ihr mir nur schonungslos gezeigt, dass mein Leben eine Lüge war.“ Gewissenlos und ohne jedwedes Feingefühl. Aber auch jedes noch so gewählte Wort selbst hätte am Ende nichts an der Wahrheit selbst geändert. Daran, dass sie man sie durchgehend manipuliert hatte. Nichts würde jene Scherben, die ihr Leben darstellten, wieder auf die Weise zusammensetzen können, wie es zuvor gewesen war. Stumm, während ihr die Worte aus dem kleinen Buch durch den Kopf gehen sollte.

 
Du wurdest geboren, um für den Untergang zu kämpfen.
Du wirst lieben, um Hass fühlen zu können. - Du wirst kämpfen. Um Versagen zu lernen.
Du wirst vertrauen, um aus dem Betrug neu zu erstarken.
Deine Liebe wird sich wandeln und Deine Freunde werden Deine Feinde sein.
Doch Du bist die Schöpfung, aus der die Zerstörung entstehen wird …


Leicht nur weiteten sich ihre Augen bei jener Ironie, unter welcher sich die Puzzleteile scheinbar nahtlos ineinanderfügen sollten. Doch wie sollte sie die Zukunft sein? Ein Mädchen, welches nicht einmal wusste, wer oder was sie war?

„Bislang hat es nur Eure Zwecke erfüllt.“

Langsam nur wandte Freya sich zu ihm herum. Der verdunkelte Blick in ihren blauen Augen fixierte jenen Mann, der sich anmaßte, alles in Zweifel zu stellen und sich als Hüter ihres Schicksals zu erheben. Es war alles andere als einfach für sie nicht in Tränen auszubrechen oder ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Tanuri jedoch hatte sie eines mit Sicherheit gelehrt. Eine Dienerin des dunklen Lords offenbarte ihre Schwächen nicht, sondern ließ jene, die sie in die Knie zwingen wollten, ihre Stärke spüren. Egal  also, wie viel noch von er Wahrheit selbst übrig geblieben war. Sie selbst war eine angehende Priesterin der finsteren Eminenz und entsprechend straffte sie ihren kleinen Körper und sah ihm mit kühlem Blick in die Augen.

„Also, Lord var Aesir, Ihr glaubt, meine Fragen beantworten zu können? Dann beginnt besser damit, die Versäumnisse Eurer Familie nachzuholen.“

Wenn sie wirklich so viel Macht in sich trug, wie er sagte, sollte er vielleicht besser nicht ihre Zeit verschwenden. Sollte nur ein Funken jener Visionen, die sie gehabt hatte, davon gesprochen haben, was in ihr schlummerte, war es nicht besonders weise, ihre Welt, wie sie sie kannte, ins Wanken zu bringen. Er hatte keine Ahnung, wie sehr die Wut, die Enttäuschung und der Schmerz innerlich in ihr aufkochten und sie jene in der Form einfach gnadenlos entfesseln wollte. Die Welt brennen sehen wollte.

Abschätzig erhob sie eine Augenbraue, während ihre zarten Lippen nur einen feinen Strich formten, als sie ihn fordern musterte.  „Erzählt mir, was ich bin und was von mir erwartet wird. Wie Ihr sagtet, die Zeit, die Euch dafür bleibt, wird vermutlich nicht ewig währen“

 
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♦ Stolze Tochter ihres Ziehpapas Ninian Chakai & ihrer Ziehmutter Caidith Chakai ♦
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Syndra
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#640

Beitrag: # 53226Beitrag Syndra »

Leicht nur hob die Erbin des Erzmagiers eine Augenbraue, während sie sich direkt ein Glas Wein einschenkte und zunächst ihren skeptischen Blick auf der frostigen Statue ruhen ließ, die sie prüfend betrachtete

Nur ein temporärer Zauber, wie sie bemerkte, aber dennoch sinnvoll, um eventuell unnötiges Gestammel vorerst zu unterbinden oder etwa, dass jene etwas ausplauderte, was vielleicht nicht für die Ohren des Burschen oder gar sie bestimmt war. Zumindest, wenn man bereit war, dafür eine Schweinerei in Kauf zu nehmen.

„Komme ich etwa ungelegen?“ Es war eher eine beiläufige rhetorische Frage, deren Antwort nichts dran ändern würde, dass sie nun zugegen war und sichtlich auch nicht erpicht darauf war, sich umgehend wieder zu entfernen. Fast konnte man sogar annehmen, sie würde im Gedanken noch eine sarkastische Entschuldigung anfügen. Stattdessen wandte Syndra sich eingehender der Eisstatue zu, die ein wenig deplatziert in dem Zimmer wirkte.

War dieses Ungezieferproblem der Grund? Wenn ja, dann musste es ja wirklich derart komplex, dass Lorena sich diesem nun persönlich zuwandte oder welcher Bedeutung entsprang dieses unausgegorene Handeln? Ein Eisblock vor dem Kamin. Sehr kontraproduktiv.

Langsam hob Syndra den Kelch an und führte ihn an ihre Lippen, ohne ihren Blick abzuwenden. Auch nicht gerade ein Kunstgriff und erst recht nicht makellos. Doch keineswegs würde sie das laut sagen, wollte sie mitnichten Lorena belehren, wie sie ihre Aufgaben zu erledigen hatte.

Wer wusste schon, ob sie nicht irgendwann selbst vor der Inquisitorin sitzen würde. Schließlich beäugte Tanuri sie bereits mehr als wachsam und traute ihr nicht nur wegen ihrer Blutlinie nicht weiter, als sie spucken konnte. Auch ihre Beziehung zu Naheniel war der Priesterin ein Dorn im Auge, allerdings war Syndra niemand, der sich vorschreiben ließ, mit wem sie sich umgab.

Mit einem Wimpernschlag wandte sich ihr kühler Blick über den Becherrand hinweg dem Stallburschen zu, der mit der Tür zusammen in das Zimmer gestolpert war. Ein wenig erheitert sah sie zu, wie er sich den Staub von seinen Hosen klopfte, während sein kleines Spatzenhirn vermutlich bereits nach einer Erklärung suchte. „Sofern er nicht hier ist, um die Sauerei aufzuwischen, die du mit dem Tauwasser anrichten wirst…“

Kühl streiften ihre Augen seinen Blick, mit dem er sich erdreistete, nicht nur sie in diesem Moment unverhohlen und auf unangemessene Weise zu mustern. Manch einem Mädchen mochte es schmeichelhaft erscheinen und sie dazu veranlassen, kokettierend die Hüften schwingen lassen und den Raum vor seiner Nase zu durchkreuzen. Allerdings gehörte sie nicht zu dieser Kategorie. Und er? Der Bursche sollte sich besser einen guten Grund für seine spitzen Ohren überlegen, anstatt dem Trugschluss zu erliegen, dass er zum Vergnügen hier wäre.

 „… würde ich eher zu neugierigem Ungeziefer tendieren.“ Leicht nur hob sich die elegant geschwungene Augenbraue aufwärts, sodass sich eine gewisse provokante Arroganz auf den Zügen der jungen Erbin breitmachte, während sie seinem unangemessenen Blicken mit einem süffisanten Lächeln begegnete.

 „Aber vielleicht möchte er selbst für sich sprechen?“ Vielsagend glänzten ihre Augen, als jene sich auf ihn legten und sie mit deutlich herausforderndem Klang in der Stimme ihm das Wort erteilte. „Was genau er hier sucht? Weder sehe ich einen Eimer noch einen Feudel.“
 
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Tochter des Erzmagus Vaboris van Darc & Miradoria
~ Erstgeborene & rechtmäßige Erbin des Hauses van Darc ~
~ Schwester der Nymeria var Aesir ~ Mitglied der
Legion des Schattens ~

Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht oder Einfluß man diesem gewährt die Gegenwart noch zu beeinflußen. ~
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Stellan
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#641

Beitrag: # 53227Beitrag Stellan »

Gar schon amüsiert lauschte er den gefassten Worten Freyas. Anscheinend hatte das Wesen der Hüterin auf sie abgefärbt.

"Meine Zwecke, Freya? Urteile niemals über etwas, von dem du nichts weißt."

Dass sie allerdings durchaus etwas fühlte, war unverkennbar. So sehr sie sich auch bemühen mochte, ihre Emotionen zu verstecken und zu kontrollieren, sie war immer noch ein Kind und als jenes wesentlich einfacher zu durchschauen, als sie es vielleicht selbst dachte. Bemerkenswert war es trotzdem, dass sie die Rolle gut beherrschte, in die man sie seit Jahren hineingezwängt hatte.

"Es ist nicht nötig, dass du mir gegenüber so ablehnend bist. Denn wahrscheinlich bin genau ich derjenige, auf den du seit Jahren gewartet hast. Schon lange weißt du es, dass du anders bist als alle anderen dort draußen.

Verbergen brauchst du sie vor mir nicht, diese in dir immer lauter gewordene Ahnung. Und diese bohrende Frage danach, warum deine Welt sich so völlig anders gestaltet und du nie einen richtigen Platz in dieser hier gefunden hast.

Wenn du nun allerdings von mir erwartest, dass ich dich ähnlich zärtlich behandle, wie deine Vertrauten, dich mit süßen Worten umgarne und dir dein Schicksal so einfach wie nur eben möglich unterbreite, dann wirst du sehr schnell merken, dass dem nicht so ist." 


Unnachgiebig war Stellans Blick und frei von Mitgefühl. Er hatte keine Zeit, sich mit irgendwelchen Befindlichkeiten aufzuhalten.
Freya musste lernen, und zwar sehr schnell, dass sie nicht länger ein Kind sein konnte und dass sie nie eins gewesen war.

Es war ihm dabei vollkommen gleich, ob sie sich verletzt oder schlecht behandelt fühlte. Als solch mächtiges Objekt, wie sie es war, musste sie lernen, die Empfindungen, die ihr all die Jahre auf solch dumme Weise eingepflanzt worden waren, zu ignorieren. Auszulöschen waren sie ja wohl kaum mehr. 


Seine Stimme mochte hart und bestimmt sein, allerdings zeigte er dem Kind gegenüber keine Überheblichkeit oder Geringschätzung. Denn ganz gleich in welchem Körper sie gefangen war, sie war der Schlüssel. 
"Du kannst dich nun damit arrangieren und es annehmen oder nicht.

Solltest du dich für Letzteres entscheiden, wird es für dich nur umso schwieriger werden. Und mich meine ohnehin nicht sonderlich ausgeprägte Geduld kosten. Meine Empfehlung an dich ist, dies nicht herauszufordern."


Bereits jetzt war seine Geduld äußerst strapaziert. Nicht nur, dass seine Tochter sich der Aufgabe, die ihr auferlegt worden war, verwehrt hatte, nein, so viele große Familiennamen hatte Tanuri um das Mädchen geschart und was hatten sie alle für sie getan? Es vermenschlicht und weich gemacht. 


Eigentlich hatte er es damals für einen klugen Schachzug gehalten, als er davon hörte, dass Freya sich in die Obhut der Familie Chakai begeben hatte. Altehrwürdig, weit über die Grenzen hinaus bekannt als eine der treuesten Familien seiner dunklen Lordschaft.

Stellan war sich sicher gewesen, dass Freya dort die nötige Form und den Schliff erhalten würde, um dadurch die Stärke zu gewinnen, die es benötigte, um ihre Macht zu kontrollieren. Stattdessen hatten alle, nicht nur die Priesterin, auf ganzer Linie versagt. 


Aber nun gut, Ogrimars Prüfungen waren zahlreich und so nahm er dies nun als seine neue Herausforderung an. 

"Du willst erfahren was du bist, du willst Antworten. Aber zu meinen Bedingungen, nicht zu den deinen. Denn, wie dir nicht entgangen sein sollte, bin ich vorerst deine beste Option, dich selbst zu finden."

Auffordernd legte er abermals seine Stirn in Falten und musterte Freya mit strengem Blick, während er mit seinem Stock einige Male ungeduldig auf den Boden klopfte. "Wenn du das akzeptieren kannst, dann können wir beginnen." 


 
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Lorena
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#642

Beitrag: # 53228Beitrag Lorena »

Wortlos beobachtete sie das Eintreten Syndras in das Kaminzimmer und deren Drang am frühen Morgen
bereits dem Alkoholkonsum zu frönen. Ein geübter Blick auf die Magierin, verriet ihr jedoch alles,
was sie wissen musste, das lästige Blag hatte ihr wohl in der Nacht mal wieder den letzten Nerv gekostet.
Sie selbst kannte die Bürde einer solchen Last, auch ihr Schützling strapazierte derzeit gerne ihre Geduld.
Bei dem Gedanken an Freya und den Anblick des Stallburschen kam ihr außerdem gerade noch ein ganz anderer
Gedanke an einen Zwischenfall, der sich erst vor kurzem hier im Anwesen zugetragen hatte und der für alle
Beteiligten Konsequenzen haben würde.

Aber alles der Reihe nach, daher schenkte sie vorerst Syndra ihre Aufmerksamkeit.

„Aber nein Werteste, wie kommst du nur darauf? Ich habe gerade nur jemandem eine kleine Lektion erteilt,
dass man meine Anweisungen mit gebotener Sorgfalt und Effizienz ausführen sollte. Zudem dachte ich dir könnte
ein freier Tag vielleicht Recht sein und so habe ich diesem einfältigen Ding hier einen Tag Bespaßung mit dem Balg
der Priesterin angedeihen lassen.“
Kurz nur deutete sie geringschätzig auf den Eisblock, der weit genug vom Kamin
entfernt stand, so dass dies ein quälend langer Tag für sie werden würde.
„Ich schätze, wenn sie halbwegs wieder aufgetaut ist, dürfte das Balg ausgeschlafen haben und ist sicher erquickt
darüber ein Spielzeug zum Einheizen zu haben.“


In den Augen Syndras erkannte sie, dass jene ihr Handeln zwar nicht laut aber dennoch im Geiste hinterfragte,
was wiederum zu einem Augenrollen ihrerseits führte. „Keine Sorge, dass ist alles durchdacht und ich bin mir sicher,
nach dieser Lektion wird sie künftig nicht nur meine Anweisungen mit mehr Sorgfalt ausführen, sondern auch den
Boden mit Freuden wienern und wachsen.“


Doch das hatte Syndra als Antwort zu genügen, nun galt es sich dem Stallburschen anzunehmen.
Du schon wieder. Ich hoffe du hast nützliche Informationen für mich und eine verdammt gute Entschuldigung dafür,
dass du dich erdreistest mich zu belauschen.“


Mit verschränkten Armen und herausforderndem Blick sah sie den Stallburschen an. „Erkläre dich, sofort“

 

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-Freya-
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#643

Beitrag: # 53229Beitrag -Freya- »

„Wenn es nach Euren Worten geht, darf ich mir über nichts ein Urteil erlauben. Denn scheinbar ist alles, was ich bisher zu wissen glaubte, eine Lüge.“
Herausfordernd sah das Mädchen ihn an. Sie war durchaus ein Kind, jung und in vielerlei Hinsicht gutgläubig. Das wusste Freya selbst.

Letzteres hatte er ihr aber mit einem Paukenschlag genommen, was somit am Ende vielleicht sein eigener Fehler war, wenn er nun glaubte, sie würde bedenkenlos seinen Bedingungen zustimmen.
Dunkel glänzten ihre Augen unter den Tränen, welche sie zurückhielt, um ihre Schwächen im Verborgenen zu halten.

„Ihr glaubt mich zu kennen und doch wisst Ihr gar nichts über mich. „Über meine Bestimmung vielleicht, aber weder wer ich bin, noch was in meinen Gedanken vorgeht.“
Freya wollte ihm nicht die Genugtuung geben, ihm zuzustimmen. Zuzustimmen und offen einzugestehen, dass er recht hatte mit seinen Einschätzungen. Dass er ziemlich genau das in seinen Worten wiedergab, was sie fühle. Einsamkeit, Unverständnis und die Frage, wohin sie gehörte.

Doch all dies zugeben? Ihm die Möglichkeit zu geben, direkt nach ihr zu greifen, indem er ihre Schwächen sich zunutze machte? Leicht nur reckte sie ihr Kinn ihm stolz entgegen, während ihre Augen über ihn hinwegstrichen.

„Was ich daher herausfordere oder nicht, überlasst mir, Lord var Aesir.“

Die Distanz wahrend, überdachte sie jedoch seine Worte. Sein Angebot, während sie ihn für einige Atemzüge vollkommener Stille nachdenklich musterte. Was könnte er ihr geben. Vielleicht wirklich die Wahrheit selbst, nach der sie immer gesucht hatte. Eine Wahrheit, von der sie wusste, dass sie irgendwo verborgen liegen mochte. Auch wenn sie ihr Spiegelbild im Fluss sah, war das was sie darin stetig erblickte nichts, als ein verzehrtes Bild von dem was wirklich war. Sie konnte sich sehen, doch in den Tiefen dahinter lag noch so viel mehr verborgen. Und nun bot Stellan ihr an, diese Geheimnisse zu entdecken. Sein Wissen zu teilen. Doch was genau waren seine Bedingungen? Womit sollte er ihr drohen, um diese durchzusetzen? Was konnte er ihr nehmen? Nichts. Er sagte nur es würde schwieriger werden, wenn sie sich verweigerte. 

Das leise Rascheln ihrer Robe durchbrach die Ruhe, welche eingekehrt war. Langsam nur ging Freya an den Tisch, wo sie ihre weißen Handschuhe aus der Tasche zog, welche sie sich über ihre Finger und Arme hinwegzog, als Sicherheit, dass er sie nicht noch einmal berühren würde oder könnte. Knapp nur wanderten dabei ihre Augen über den noch immer aufgeschlagenen Ledereinband hinweg, in welchen vor einem Jahrzehnt die Worte niedergeschrieben hatte, die hier offen vor ihr lagen.

Wer immer es gewesen war, hatte er oder sie es damals gewusst? Gewusst, wohin ihr Weg sie führen würde? Wie sehr wünschte sie sich, dass jener Mensch ihr nun sagen würde, was sie tun sollte. Kurz nur streckten sich ihre Finger unter dem feinen Stoff der Seide aus, als wollten sie nach den Worten greifen, doch zog sie ihre Hand sogleich zurück und klappte stattdessen das Buch zu und schob e mit den anderen zusammen

Wer immer es gewesen war, der diese Worte gewählt hatte. Ganz sicher würde ihr jener jedoch anraten, auf ihren Verstand zu hören und in ihrer Verzweiflung nicht naiv und blind ihr Schicksal in irgendjemandes Hände zu legen, ohne zu wissen, worauf sie sich einlassen würde.

„Eure Empfehlung habe ich nun vernommen. Allerdings, bevor ich mich für oder gegen Eure Geduld entscheide, erzählt mir von Euren Bedingungen.“

 
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Stellan
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#644

Beitrag: # 53230Beitrag Stellan »

"Zunächst einmal, Freya, möchte ich auf das Angebot nach gewürztem Wein zurückkommen. Ob das nun eine Bedingung ist oder nicht, sei ganz dir überlassen."
Stellans Lippen verzogen sich zu einem selbstsicheren Lächeln, während er ein letztes Mal mit seinem Stock auf den Boden klopfte, um ihn gleich darauf zwischen seinen Händen hin- und herkippen zu lassen. 


"Eins muss ich dir durchaus anerkennen: einen stark ausgeprägten eigenen Kopf hast du zumindest. Somit läufst du vorerst nicht in Gefahr, jedem blind dein Vertrauen zu schenken und ihm zu folgen.
Nicht der beste, aber immerhin irgendein Schutzmechanismus, den du dein eigen nennen kannst."


Nur knapp zuckte seine Oberlippe auf, als er Freya erwartungsvoll ansah. 
"Während du also nach einem Getränk für mich suchst, was aufgrund des derzeitigen Chaos dort auf dem Boden etwas schwierig gestalten könnte," mit einem leichten Deut seines Kopfes sah er in Richtung der zerbrochenen Krüge und Flaschen, "möchte ich dir eins sagen: Was in dir vorgeht und was deine Gedanken sind, das ist unwichtig.
Es hat keine Relevanz für mich und das sollte es für dich auch nicht länger haben. 


Was auch immer du fühlst, welche Kränkungen dich aufwühlen und welchen Verletzungen du dich gerade gerne hingeben möchtest, lass davon ab. Es wird dich nicht weiterbringen, sondern nur von dem ablenken, was dein eigentliches Ziel sein soll." 

Anscheinend gestaltete es sich tatsächlich so, dass er bei ihr von Grund auf beginnen musste. Auch wenn ihre Gefühle nicht nur ein Hindernis, sondern auch eine Waffe sein konnten, so waren sie in dieser Unkontrolliertheit, wie sie sich derzeit offenbarten und wie sie völlig frei in ihr wüteten, eine Gefahr für sie selbst. Und auch eine Gefahr für seinen Sohn und dessen eigene Bestimmung.
 

"Bedingungen stelle ich nicht. Aber ich habe Erwartungen und ich schätze es nicht besonders, wenn man diese enttäuscht oder nicht erfüllt."

Für einen kurzen Augenblick entließ er sie aus seinem schneidenden Blick und wanderte mit seinen Augen in die Richtung der Türe, durch die kurz zuvor seine Tochter den Hörsaal verlassen hatte. Unzufrieden schnalzte er mit seiner Zunge und richtete dann das Wort wieder an Freya. 


"Eine meiner Erwartungen an dich ist, dass du mich nicht in Frage stellst. Ich entstamme dem Geschlecht der Hüter, unsere Familie reicht tausende von Jahren zurück. 
Der dunkle Fürst war es einst, der den ersten von uns als den Boten seiner Prophezeiung erwählte und ihn somit auch zum Hüter dieser und des Schlüssels machte. 

Wir schützen nicht nur die Weissagung und den Schlüssel selbst, sondern wir schützen auch den einzig wahren Meister."

In seiner Stimme schwang unverhohlener Stolz, während er wachsam ihr Tun verfolgte. Seltsam, dass sie sich dafür entschieden hatte, sich Handschuhe überzuziehen. Wollte sie etwa doch vor ihm fliehen und wartete nur auf den passenden Augenblick?

"Einzig und allein dafür existieren Tanuri und ich. Es ist uns weder gestattet noch gegeben, uns von persönlichen Stimmungen leiten zu lassen, egoistisch zu handeln und zu fühlen. "

Eindringlich legten sich seine Augen erneut auf sie. Wenn sie vor hatte, die Flucht zu ergreifen, würde er dem wenig entgegen zu setzen haben. Ein solches Verhalten wäre somit äußerst ärgerlich für ihn und war nichts, was er sich von einem Schlüssel erwartete. Darauf zählen, dass sie das genauso sah, konnte er nach alledem was er bereits von ihr gesehen und gehört hatte, allerdings kaum. 


"Deshalb ist es vollkommen unangebracht, wenn du deiner Abneigung gegen mich freien Lauf lässt, denn alles was ich dir sage und alles was ich bisher tat und weiterhin bereit bin zu tun, geschah für die Bestimmung, die der finstre Vater meiner Familie schenkte und für seine Herrschaft über die Welten, die aus diesem Schicksal resultieren soll."

Die ganze Zeit über war sein Gehstock zwischen seinen Händen hin- und hergependelt, manchmal hatte er ihn gedreht, nur um ihn sogleich weiter wandern zu lassen. 

Als er erneut das Wort ergriff, war es nicht nötig, laut zu sprechen. Trotzdem füllte der feste und mahnende Klang seiner Stimme den ganzen Raum aus. 


"Bisher schienst du immer darum bemüht zu sein, dich als treue Dienerin unseres dunklen Meisters zu erweisen."
Er beendete das Spiel mit seinem Stock, hielt diesen fest in einer seiner Hände und neigte sich nach vorn, während seine hell aufleuchtenden Augen Freya kritisch betrachteten.

"Nun erhälst du die Gelegenheit, ihm zu zeigen, ob du dich mit all deinen Empfindungen als Individuum über ihn stellst oder ob du dazu bereit bist, das anzunehmen, wofür du geschaffen bist.
Reich deinem Schicksal die Hand",
ohne Augen von Freya zu wenden, deutete er nur mit seinem Kopf in Richtung Türe, "oder geh." 



 
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Kevin
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#645

Beitrag: # 53231Beitrag Kevin »

Lorenas Befehlston zeichnete ein Lächeln in seine Mundwinkel. „Sehr wohl, Herrin.“ Gab er sich unterwürfig wobei sein Blick ihn Lügen strafte.

„Ihr selbst wart es doch, die mir auftrug meine Augen und Ohren überall zu haben. Ich folgte also lediglich Euren Anweisungen.“

Natürlich war ihm klar, dass ihr Interesse an ihm nur so lange währen würde, wie er nützliche Informationen für sie hätte, so fuhr er ohne Umschweife fort. Wobei sein Blick kurz zurück zu Syndra wanderte. Doch schien es für Lorena keine Rolle zu spielen, dass sie nicht unter sich waren und er erstattete ihr seinen Bericht.

„Kürzlich stattete ich einer Dame einen Besuch ab. Sie tut ihren Dienst üblicherweise im Hörsaal.“ Kurz hielt er inne, um sich die Lippen zu befeuchten. „Meine berüchtigte Zungenfertigkeit, ließ die Glückliche nur so sprudeln.“ Das gefährliche Lodern in Lorenas Blick quittierte er mit einem anzüglichen Grinsen, welches seine überraschend weißen Zähne zeigte.

„Jene Dame erzählte mir, dass sie eine völlig in schwarz gekleidete Frau, mit ebenso schwarzen Haaren und einem Bogen, dabei beobachtet hatte, wie sie ein Buch mitgehen ließ. Auf dem Einband will sie ein komisches Symbol erkannt haben, konnte dies jedoch nicht näher beschreiben.“

Erneut fuhr er mit den aufgespreizten Fingern der rechten Hand durch sein blondes Haar.

„Die restlichen Ausführungen der Dame, die mein Können lobpreisen, spare ich mir für ein intimeres Treffen auf.“

Dabei zwinkerte er kurz schalkhaft Syndra zu.

„Ansonsten ist in den Stallungen derzeit nicht viel los, fast alle ausgeflogen.“

So endete er mit seinem Vortrag, gefasst darauf, dass sie Ihren Zorn dennoch auf ihn richten würde, zeugte der Eisblock wie ein stummes Mahnmal davon, dass sie schwer zufriedenzustellen war.
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-Freya-
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#646

Beitrag: # 53232Beitrag -Freya- »

Ohne einen Wimpernschlag zu tun, hatten ihre Augen auf Stellan geruht. Keinerlei Regung war von ihr ausgegangen, außer dem steten Heben und Senken ihres Brustkorbes unter ihrem Atem.

All das, was auf sie gerade niederprasselte, förmlich einschlug, hinterließ eine grausame Leere. Eine Kälte, in der sie allein vor dem Abgrund stand und spüren konnte, wie ihr Magen sich schmerzhaft zusammenzog, da niemand mehr an ihrer Seite war, um sie vor einem falschen Schritt zu bewahren.

Ganz genau hatte das Mädchen ihn beobachtet. Seine Blicke und Gesten aufgefangen und deutlich die winzigen Nuancen in seiner Stimme geachtet, sodass sie wusste, wie ernst er seine Worte und sein Handeln zu nehmen schien.
Erst als er sie abermals vor die Wahl stellte, zu gehen, blinzelte Freya. Ein Wimpernschlag, welcher ihren Blick unter seinem Deut zur Tür führen sollte. Fast lag es ihr auf den Lippen zu hinterfragen, was geschehen würde, wenn sie sein Angebot ausschloss. Der Drang, einfach das Buch zu nehmen und Tanuri nachzulaufen, war spürbar groß. Doch vermutlich würde jene sie erneut wegstoßen, weit weg und ihr auf gnadenlose Weise veranschaulichen, dass sie nicht länger für sie verantwortlich war.

Man konnte vor dem Schicksal davonlaufen, doch es holte einen früher oder später ein. So war es ein weiterer Lidschlag, unter welchem sie sich dem Schrank zuwandte und eine staubige Flasche Wein aus dem Regal zog und einen metallenen Becher in die andere Hand nahm.

Sie wusste, es würde irgendwann aus ihr ausbrechen. Der Schmerz, die Enttäuschung, jene Leere, die jene Offenbarung in ihr hinterlassen hatte. Doch weder hier und noch jetzt war der richtige Zeitpunkt. Jeder hatte sie scheinbar bislang benutzt, ihre Schwächen genutzt, um sie zu lenken und zu manipulieren. Sich ihr Vertrauen zu erschleichen, ohne dabei Skrupel davor zu haben, wie tief sich diese Form von Verrat in ihren Geist schneiden würde. Sogar Naheniel.

Knapp nur senkte sie ihre Wimpern, während ihr Blick noch immer auf dem Inhalt des Schranks ruhte. Tanuris Vater hatte offenbar keine Ahnung, wie es sich anfühlen mochte, da er ihr riet, einfach von dem loszulassen, was bisher ihre Bestimmung und ihr Leben gewesen zu sein schien. Einer Lüge gegenüberzustehen, die sie geformt hatte, nur um zu erkennen, dass nichts wirklich gewesen war.

Tief holte sie Luft und mahnte sich, die Tränen abermals hinunterzuschlucken. Langsam nur drehte sich das Mädchen zu Stellan herum. Wenige bedeutend bedachte Schritte sollten sie jedoch lediglich an seine Seite führen, wo sie den Wein und den Becher für ihn abstellte, ohne seinen schneidenden Blick zu streifen. Lediglich ihre Stimme erhob sich leise, beinahe warnend. 

„Seid vorsichtig mit Euren Worten und stellt den dunklen Fürsten selbst lieber nicht infrage. Ihr vergesst scheinbar, dass jeder Schritt von ihm gelenkt wird. Es wäre somit blasphemisch zu denken, dass mein bisheriger Weg und jene in Euren Augen ablenkenden Empfindungen ein Fehler waren. Ansonsten müsstet Ihr ihn hinterfragen, weshalb sein Wille selbst Euch nicht viel eher an diesen Ort geführt hat.“

Dass sie nicht gehen würde, hatte sich sicher bereits für ihn abgezeichnet, doch ließ sie sich weder von ihm diktieren, was sie denken oder fühlen wollte, noch stimmte sie nicht mit Worten seinen Bedingungen zu. Kaum wusste sie, ob sie diesen gerecht werden konnte oder wollte, auch wenn wirklich der Lord selbst es ihr angedacht haben sollte, dass sie seinen Weisungen folgen würde.

„Ob ich Euch bedingungslos vertrauen kann, wird sich zeigen.“

Sorgsam nahm sie den Rock ihrer Robe zusammen und setzte sich ihm gegenüber, bevor sie den Stoff unter ihren Fingern glattstrich, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Fliehen konnte sie immer noch. Jederzeit, wenn sie ihn so ansah. Doch zuerst wollte sie nun seine Wahrheit hören. Ihre vermeintliche Bestimmung, von er bislang jeder zu wissen schien außer sie selbst und für die jeder um sie herum bereit war, das Kartenhaus aus Lügen um eine Etage zu erweitern. Abermals schöpfte sie hörbar Atem, während das von Schmerz und Enttäuschung gezeichnete glänzende Blau ihrer Augen ihn argwöhnisch fixierte.

„Aber scheinbar bleibt mir im Augenblick keine andere Wahl, nicht wahr? Beginnen wir also, Lord var Aesir.“

 
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Lorena
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#647

Beitrag: # 53233Beitrag Lorena »

Genaustens beobachtete sie das respektlose Verhalten des Stallburschen. Anscheinend war ihm irgendwas zu Kopf gestiegen,
dass er sich hier einen solchen Auftritt leistete. Bereits in den letzten Tagen hatte sie die ein oder andere Eskapade von ihm
beobachtet, sich bislang jedoch noch nicht dazu berufen gefühlt diesem Verhalten Einhalt zu gebieten.
Doch da er nun auch ihrer Person gegenüber aufmüpfig wurde, sollte sie dies wohl überdenken.
Mit gefährlich ruhiger, geradezu gleichmütiger aber dennoch unterkühlter Stimme, richtete sie daher das Wort an den Stallburschen.


„Nun wie mir scheint, mangelt es dir offenkundig an gebotenem Respekt. Die Art wie du dich hier verhältst, ist eindeutig ein Zeichen dafür,
dass es Zeit wird dir die Flausen auszutreiben.“


Damit es nicht zu irgendwelchen Missverständnissen kam, war sie natürlich gerne bereit, ihm seine Verfehlungen vor Augen zu führen.

„Neulich erst hast du meinen Schützling, der sich gerade in einer rebellischen Phase befindet, dazu angestiftet, Exkremente in den privaten
Räumlichkeiten unser Gildenbrüder und Schwestern zu deponieren.
Als ich euch bei dieser Schandtat erwischte, besaßt du außerdem noch die Frechheit mir dreist ins Gesicht zu lügen und zu behaupten,
dass dies ein adäquates Mittel gegen Ratten sei. Doch so wie du hier gerade meine Gildenschwester anschmachtest, scheinst du sie ja wohl
kaum für eine Ratte zu halten.“


Tadelnd war ihre Miene während sie einen Moment nachdachte. „Ich dachte eigentlich, es hätte dir gereicht,
dass ich dich nach diesem Vergehen dazu beauftragt habe, sämtliche Hinterlassenschaften zu entfernen und eine arbeitsreiche Nachtschicht
einzulegen. Aber da habe ich mich wohl getäuscht. Zudem zeigen deine Ausführungen, dass du offenkundig zu viel Freizeit hast, die es wohl
sinnvoller zu nutzen gilt.“
Ein durchtriebenes Grinsen legte sich auf ihre Züge. „Da du ja eine Affinität für Exkremente zu haben scheinst, wird
es dich sicherlich freuen, dass unser Latrinenleerer den Dienst quittiert hat und du diesen Posten nun bis auf weiteres mit erfüllen darfst.
Großmütig wie ich bin darfst du dir dazu auch gleich die passenden Arbeitsmittel aus dem Haushaltsraum besorgen und musst für diesen Job
nicht deine Zungenfertigkeiten unter Beweis stellen. Aber vergiss darüber nicht, dass du auch weiterhin die Augen und Ohren nach verdächtigen
Aktivitäten offenhalten sollst und wem deine Loyalität gebühren sollte."


In der Hoffnung, dass sie sich nun nicht weiter dem aufmüpfigen Personal annehmen müsste, war sie schon im Begriff den Burschen zu entlassen,
als ihr Blick zu Syndra glitt, deren Gesichtszüge gerade nur schwer zu deuten waren. „Ich würde sagen, der Stallbursche wird hier nicht weiter benötigt,
oder hast du noch was zu ergänzen Teuerste?"


Auch wenn sie nicht viel auf diese Art der Netiquette gab, hatte sie keine Ambitionen sich wieder einmal einen Vortrag, ihrer Gildenschwester anzuhören,
die etwas an ihrem charmanten Betragen auszusetzen hatte und ebenfalls vielleicht noch eine nette Idee für den Überfluss an Freizeit des Stallburschen
in Peto hatte.


Da sie jedoch nicht das Ausmaß an Respekt besaß, deren Worte abzuwarten, begab sie sich derweil an das kleine Schanktischlein und schenkte sich ein Glas
Wasser ein, um in Ruhe über die Informationen nachzudenken, die sie heute vom Personal erhalten hatte. Von der Personenbeschreibung her,
wusste sie genau, welche Person dort klebrige Finger und das besagte Buch aus dem Hörsaal entwendet hatte. Dumm nur für die kleine Diebin,
dass es sich dabei um eine Fälschung handelte, die sie mit einem Fluch belegen würde. Was genau dieser Fluch anrichten würde wusste und kümmerte sie nicht
weiter, doch war sie sich sicher, dass die Person die sie dafür ins Vertrauen gezogen hatte, schon wusste was sie tat.

 

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Syndra
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#648

Beitrag: # 53237Beitrag Syndra »

Knapp hatte sie ihre Augenbraue nur zu einer gleichgültigen Geste erhoben, bevor Syndra sich an die Tischkante lehnte, um Lorenas Fortfahren mit dem Stallburschen und der Magd zu beäugen. Jene sagte, sie wusste, was sie täte, also weshalb sollte die Erbin des Erzmagus darüber noch lange diskutieren. Die Gründe dafür waren vermutlich wesentlich interessanter.

Natürlich übersah Syndra bei ihrer Musterung der Situation auch nicht die anzüglichen Blicke des jungen Stallburschen. Wie könnte man auch, schien er sich zuweilen seiner eigenen Situation nicht wirklich bewusst zu sein. Anmaßend und mehr als deplatziert, wie das warnende Aufblitzen in ihren Augen erkennen ließ, als ihr abschätziger Blick ihn nur knapp streifen sollte. Offenbar wusste er nicht, wem er gegenüberstand. Oder glaubte er tatsächlich, bei Lorena mit solch anbiedernder Schlichtheit etwas zu erreichen oder sie nur im mindesten damit zu beeindrucken?

Nett anzusehen war der Bursche vielleicht und mochte bei dem einfachen Gesinde mit seiner unbedarften Art Eindruck schinden. Allerdings wirkte er in keinem Maße reizvoll auf sie, als dass sie eine Erwiderung seiner Avancen auch nur annähernd in Betracht ziehen würde oder sich im Entferntesten geschmeichelt fühlte.

Allerdings musste die Magierin sich eingestehen, dass, auch wenn ihm jedwede Anziehung fehlen möchte, es sie im gewissen Maße erheiterte, dass er zu glauben schien, ausgerechnet Lorena mit seinem einnehmenden Lächeln zähmen zu können. Fast schon ein wenig erheiternd. Aber nun, wer wusste schon, welch unbekannte Qualitäten er noch haben mochte.

Ohne ihre Position oder Haltung zu ändern, lauschte Syndra schweigend vorerst nur dem Wortwechsel, wobei Lorenas Schilderungen ihre Aufmerksamkeit wieder zu dem Stalljungen lenkte. Interessant, wofür das einfache Volk alles Zeit hatte und scheinbar Belustigung fand.

Mit kühler Miene blickte die Magierin über den Rand des Glases hinweg, während sie wortlos einen Schluck von ihrem Wein kostete und den Ausführungen der Inquisitorin über den kindischen Zeitvertreib und die albernen Scherze Kevins zu folgen.

„Hat er das?“ Leicht neigte sie ihren Kopf in die Schräge und verengte ihre Augen, deren überheblicher Ausdruck sich an den jungen Mann haftete. „Einen Hang zu Exkrementen, also. Wie entzückend.“

Und scheinbar hatte er nicht nur dazu einen Hang, wenn sie darüber sinnierte, wie vermessen es war, sich einfach Zutritt zu den Räumen zu verschaffen. Und das scheinbar nicht einmal allein. Nachdenklich ließ sie ihren Kopf zur anderen Seite gleiten, wobei die schwarzen Strähnen ihres Haares über ihre Schultern glitten und sie sein dreistes Verhalten vorerst nur mit einem gefährlichen Aufblitzen in ihren Augen aburteilte.

„Zusammen mit deinem Schützling sogar.“ Unter einem einzelnen Wimpernschlag wandten sich ihre Augen zu Lorena, während ihre Stimme einen abfälligen Ton annahm. Schließlich stellte dies keine Frage dar, sondern war eine Feststellung. Eine Aussage darüber, dass manch einer nicht nur zu viel Zeit zu haben schien, sondern es einigen mehr als deutlich an Erziehung zu fehlen schien. Sowohl dem Personal als auch den Bälgern. Was Tanuri wohl selbst darüber denken würde, was ihre Schülerin und der gemeine Bursche anstellten. Sie wäre sicherlich mehr als begeistert.

„Ich denke, er wird das Zimmer vorsorglich noch einmal kontrollieren, bevor ich es tue. Nur zur Sicherheit, ob nichts vergessen wurde. Nicht wahr?“

Ihre Augenbraue hob sich weiter in die Stirn hinein, während die warnende Botschaft selbst sich in dem Aufblitzen ihrer Augen deutlich abzeichnete.

„Nur, damit wir uns verstehen. Sollte ich nur die Andeutung eines Geruchs feststellen oder gar etwas finden, was dort nicht hingehört, werde ich es dir persönlich in den Rachen schieben.“

Nicht, dass Syndra ihn aufgrund seines Standes direkt als einfältig oder minderbemittelt einstufte, allerdings zeugte sein Gebaren auch nicht sonderlich geistreichem Einfallsreichtum, sodass sie ihm noch einmal in deutlichen Worten vermittelte, inwiefern sie seine Vorliebe für Fäkalien an ihm erproben würde, sollte sie fündig werden. Worte, die sie mit einem eisigen Ausdruck auf ihren Zügen unterstrich, denn es war sicherlich keine einfache oder leere Drohung, sondern vielmehr ein Versprechen. 

„Ist das angekommen?“
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Tochter des Erzmagus Vaboris van Darc & Miradoria
~ Erstgeborene & rechtmäßige Erbin des Hauses van Darc ~
~ Schwester der Nymeria var Aesir ~ Mitglied der
Legion des Schattens ~

Wir können zwar das Blut nicht leugnen, aber es ist an jedem selbst zu entscheiden, wie viel Macht oder Einfluß man diesem gewährt die Gegenwart noch zu beeinflußen. ~
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Stellan
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#649

Beitrag: # 53238Beitrag Stellan »

In aller Ruhe nibbte er an dem gewürzten Wein. Die Wärme, die dieser zunächst an seine Kehle und dann an den Magen abgab, war eine reine Wohltat.

"Wenn du dir diese Leidenschaft für den dunklen Herrn für deine Bestimmung zu Nutze machst, ist vielleicht doch noch nicht alles verloren."
Quittierte er ihre leise, jedoch nicht minder deutliche Warnung.

Dann erst löste er seinen Blick von Freya und sah hinüber in das flackernde Feuer, welches dem Hörsaal eine angenehme Gemütlichkeit verlieh.

"Wie alt die Prophezeiung wirklich ist, das vermag heute keiner mehr zu sagen.

Noch weniger weiß man darüber, wie die Worte derer genau ihren Weg auf diese Welt fanden. Von jenen, die sie kennen und die sie seit Jahrtausenden weitertragen, wird jedoch angenommen, dass sie aus dem Schicksal der ewigen Kriege entstand."


Stellan lehnte sich zurück und drehte das Glas einige Male in seiner Hand umher, während er weiterhin nachdenklich in das Feuer sah. 

"Die Welt, die du kennst, wird seit jeher umkämpft von Göttern. Mal erstarkt der Eine, dann ist es wiederum der Andere, der eine größere Zahl an Kriegern und Kämpfern sein Eigen nennen kann. 

Du kennst die Geschichte der Zeit und du weißt um die Erzählungen der Kriege und der Versuche, den Frieden zu wahren, um die Völker vor ihrer eigenen Vernichtung zu erretten. Gab es aber trotz aller Bemühungen jemals ein richtiges Gleichgewicht?"

Fragend neigte er seinen Kopf etwas zur Seite und betrachtete Freya eingehend. "Nein. Denn allen Göttern ist eins gemein: Sie sind machthungrig." 


Auch wenn die Zeiten grausam gewesen waren, so hätte er doch alles darum gegeben, wenn er als Krieger seiner dunklen Majestät den damaligen Kämpfen gegen Artherk beiwohnen hätte können.
Welche Befriedigung hätte es für ihn dargestellt, dem Gott des Lebens entgegengetreten, um seine Treue an Ogrimar unter Beweis zu stellen. 


Natürlich war er sich wohl bewusst darüber, dass auch er einem Gott nichts entgegensetzen konnte. Und doch wäre es ihm die höchste Erfüllung gewesen, im ewigen Kampf für den wahren Glauben und für den einzig rechtmäßigen Herrscher aller Welten zu sterben. 

"Und als die Welt nach einem weiteren Krieg und der Vernichtung ganzer Rassen völlig aus den Fugen geraten war, da entstand sie wohl aus sich selbst, die Prophezeiung. 
 
Durch diese, so wird sie gedeutet, sollte sich endgültig entscheiden, wem die Herrschaft über alle Reiche zufallen soll und wer den umkämpften Welten ein endgültiges Gesicht verleihen würde." 

Wieder trank er von dem Wein, der seine Wärme nun langsam auch in seine erschöpften Knochen und schmerzenden Regionen seines Körpers ausbreitete. Wie angenehm und verführerisch zugleich es doch wäre, sich dem Wohlgenuss hinzugeben. Aber Stellan wusste, dass er einen klaren Kopf bewahren musste.

Auch wenn Freya nichts von der Prophezeiung wusste, hatte sie durch ihre Worte bereits gezeigt, dass sie sehr genau zuhörte und das Gesagte für sich genauestens analysierte. Sie musste ihm nicht vertrauen, darauf war er nicht aus. Doch war es von äußerster Wichtigkeit, dass sie ihm Glauben schenkte.


"Den Mittelpunkt dieser Prophezeiung bildet der Schlüssel. Nur durch ihn allein, wird die Entscheidung fallen."
Erst jetzt löste er seine Augen von dem Feuer und mit der gleichen Leidenschaft, mit denen die Flammen um die Holzscheite kämpften, sah er Freya an.



 

Sô daz sluzzil pluot in erda kitriufit,
sô inprinnant die perga, poum ni kistentit
ênîhc in erdu, ahâ artruknênt, 
muor varsuuilhit sih, suilizôt lougiu der himil, 
ni suigli sterro nogheinîg noh sunna ni scein, 
noh mâno ni luihta no der mâreo sêo. 



in fuir enti in finstri allaz uarprinnit enti uuir iz allaz arfurpit, daz peh giboran
Sô daz finstar horn kilûtit uuirdit,
enti sih der suanar ana den sind arhevit 
der dâr suannan scal tôten enti lepentên, 
denne hevit sih mit imo herio meista 
daz imo nioman kipagan ni mak.

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Und erst dann, wenn des Schlüssels Blut die Erde berührt,
werden entbrennen die Berge, kein Baum bleibt auf Erden bestehen.
Wenn die Flüsse vertrocknen und das Moor sich selbst verschlingt,
dann wird der Himmel in Flammen sich auflösen.
Und so scheint nicht ein einziger Stern, und nicht die Sonne,
es leuchtet weder der Mond, noch die glänzende See.


  
Dann wird sich entscheiden, ob aus dem Wasser die Erde wieder ergrünen wird,
oder ob das Chaos entbrennt und sich aus diesem die ewige Dunkelheit gebiert.
Denn dann, wenn sein dunkles Horn erschallt,
wird der hohe Richter sich aufmachen,  
um sein Urteil zu fällen über die Toten und Lebenden.
Mit ihm erhebt sich sein Heer, das Heer des Meisters,
und niemand wird ihm noch widerstehen können.




Als seine beschwörende Stimme im Hörsaal verklungen war, gab er Freya einige Momente, um die Bedeutung der Worte auf sich wirken zu lassen.

Konnte sie nun verstehen, von welch tragender Rolle ihre Existenz war? Dass es einen Grund gab, weshalb sich alle um sie geschart hatten und versuchten, sie mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu beschützen und ihren Weg zu bereiten? 


Auch wenn er nichts von dem, was seine Tochter getan hatte, im Geringsten gutheißen oder gar unterstützen konnte, musste selbst Freya begreifen, dass sich alles am Ende nur um sie und ihre Bestimmung drehte. Dass in all den Jahren ihres Lebens alles allein um Ihretwillen geschehen war.


"Wenn du aufmerksam gelauscht hast, sollte dir nicht entgangen sein, dass die Prophezeiung sich durchaus zum Wohl eines jeden Gottes ausrichten kann. Es hängt einzig und allein davon ab, wer von ihnen den Schlüssel sein Eigen nennt. Denn nur diesem Gott wird es gelingen, sich als Meister der Welten zu erheben und auf ewig über diese zu herrschen."

Für einen kurzen Moment schloss er seine Augen, als ein durchdringender Schmerz sich von seinem Bein durch seine Muskulatur zog. Es fiel ihm schwer, diesem Herr zu werden, doch wollte er sich nicht davon ablenken lassen.
Schließlich konnte er nicht wissen, wie lange Freya gewillt sein würde, seinen Worten zu folgen. 


"Da der Schlüssel," mit einem leisen Seufzen hielt er inne. Noch schien das Kind großen Wert darauf zu legen als ein "normales" Wesen wahrgenommen zu werden und bevor er eine erneute Diskussion über die angemessene Form der Ansprache in Gang brachte, korrigierte er sich vorerst selbst, "da du den Weg zu Ogrimar gefunden hast, werden die Schergen Artherks alles daran setzen, dich in ihren Besitz zu bringen. Und genauso wenig wie wir es tun würden, werden sie dabei vor irgendetwas zurückschrecken."

Einnehmend ruhte sein Blick auf ihr, als er seine Augen wieder öffnete. "Mögen es die verblendeten Diener eines Glaubens sein, der schon längst keine Relevanz mehr hat. Sie zu unterschätzen, wäre jedoch ein Fehler. Wer weiß, wie nah sie der Prophezeiung bereits sind."
Bild
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Das Chaos wird entbrennnen und aus diesem die ewige Dunkelheit geboren.
Und dann, wenn das Heer des Meisteres sich erhebt, wird niemand ihm noch widerstehen können.
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Kevin
Kräuterkundiger / Kräuterkundige
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Registriert: Mo 26. Dez 2022, 22:04

#650

Beitrag: # 53239Beitrag Kevin »

Als hätte Lorena ihn mit ihrer Anschuldigung tief getroffen, legte er erschrocken die flache Hand an die Brust und senkte für einen Moment mit geschlossenen Augen das Haupt, bevor er sie wieder ansah.

„Niemals würde ich Lady van Darc mit einer Ratte vergleichen! Ein Wesen von gar göttlicher Anmut hat wohl kaum etwas mit so einem stinkenden Nagetier gemein.“ Entrüstete er sich, mit einem entschuldigenden und gleichzeitig anerkennenden Seitenblick auf besagte Dame.

Gleichwohl nahm er seine von Lorena auferlegte Strafe an, fast froh darüber, dass sie ihm nicht auftrug den Abort mit seiner ach so flinken Zunge säubern zu müssen.

Als Syndra das Wort an ihn richtete, lenkte er sein Augenmerk wieder auf die Erzmagierin, zügelte sich diesmal jedoch, wieder ihren ganzen Körper einer Musterung zu unterziehen. Ganz blöde war er ja auch nicht.

„Zu Ihren Diensten Milady.“ Bestätigte er. Den Anschein von Reumütigkeit gebend, verbeugte er sich leicht. Innerlich jubilierend, dass sie ihn sogar ohne sein weiteres Zutun, in ihre Gemächer bestellt hatte. Die Androhung weiterer Folter und die eisige Untermalung ihrer Stimme, sorgte dafür das ihm warm wurde unter seiner ungewohnt formellen Kleidung, die um die Schultern deutlich zu stramm saß. Ohne es zu beabsichtigen erzeugte Syndra damit wohl eher das Gegenteil von dem Effekt, der angedacht war.

„Ich empfehle mich.“ Respektvoll, jedoch mit dem Schalk im Blick, schritt er rückwärts zu Tür, um kurz darauf durch diese zurück in den Gang zu entschwinden. Etwas zu laut fiel die Tür hinter ihm ins Schloss und man hörte grobe Stiefelschritte davoneilen.
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Ein Pferd ohne Reiter ist immer noch ein Pferd.
Ein Reiter ohne Pferd ist nur noch ein Mensch.
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