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Die dunkle Prophezeiung
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3. Verstoß
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- Bauer / Bäuerin
- Beiträge: 34
- Registriert: So 25. Jul 2021, 20:15
#1001
Zögernd blickte Liadan zu der Türe und überlegte, was sie als Nächstes tun sollte. Adrians Bitte war eigentlich klar gewesen, doch sie wusste, dass die Tochter der Priesterin besser für sich sorgen konnte, als viele annahmen. Einmal hatte sie Nymeria dabei beobachtet, wie sie still in ihrem Zimmer saß und mit den Flammen spielte. Flammen, die sich ihr widerspruchslos unterwarfen und ihrem Willen folgten. Vielleicht war es daher viel eher so, dass Nymeria alle anderen besser schützen konnte, als Nymeria von ihnen beschützt wurde. Dennoch würde sie der Anweisung natürlich Folge leisten, das war als Al Saher ihre Pflicht. Nur konnte sie sich noch ein wenig Zeit lassen. Diejenige, für die sie es tat, würde ihr das bestimmt nachsehen. Darüber war Liadan sich mehr als sicher.
Mit einem sanften Schmunzeln ließ sich die Bognerin mit einem Schwung auf Adrians Bett fallen, griff nach einem Kissen und umschlang es mit ihren Armen. Im Schneidersitz sitzend machte sie es sich bequem und beobachtete Kenna aus ihren grau-grünen Augen eingehend und genau. "Uns?“ Leicht zog sie ihre Stirn kraus, da die ganze Situation immer undurchsichtiger für sie wurde. Anstatt dass die Dinge sich allmählich zu einem klaren Bild formten, wurde alles nur noch komplexer. „Das hört sich so gar nicht nach Adrian an. Anscheinend war ich doch länger als gedacht weg..“
Es war kompliziert, zwischen zwei Welten zu wandeln und sich nicht immer sicher darüber sein zu können, wo das eine und wo das andere Bein gerade war. Weiterhin zierte ein feines Lächeln ihre Züge und gaben ihrem Gesicht einen weichen, wenn auch nachdenklichen Ausdruck, während sie versuchte, die Informationen, die sie nach und nach erhielt, zu sortieren. "Adrian verrät nicht einmal mir alle seine Pläne. Und das, obwohl ich doch seine Lieblingsschwägerin bin… und hoffentlich auch die Einzige." Mit einer vergnügten Empörung und einem Zwinkern in den Augen, drückte sie das Kissen fester an sich und neigte ihren Kopf zur Seite und wieder zurück. "Ehrlich gesagt bin ich mir gerade gar nicht mehr so sicher, was seine Abreise veranlasst hat." Liadan biss ihre Lippen aufeinander und blieb mit ihrem Blick interessiert auf Kenna hängen. "Wann habt Ihr ihn denn zuletzt gesehen? Vielleicht wisst Ihr selbst doch wesentlich mehr als ich."
Mit unverhohlener Neugier betrachtete sie während sie sprach das Bein Kennas und rutschte auf dem Bett ein kleines Bisschen nach vorne, ganz so, als könnte sie so besser sehen. "Lebt derjenige eigentlich noch, der Euch Bogen und Dolche nahm?" Es war eine Schande, wenn ein Bogenschütze verletzt wurde. Es kratzte einfach fürchterlich an der Ehre, wenn man unachtsam war und sich von einem Tier, von einem Gegner oder noch unpassender, von einem Baum überraschen ließ. Wurde einem jedoch der Bogen gestohlen oder, was noch viel schlimmer war, zerstört, galt das, zumindest für Liadan, als eine absolute Demütigung. Die Prinzessin war noch nie ein großer Freund von Mord und Blutvergießen gewesen. Ging es aber um ihren Bogen, konnte sie da schnell ihre Meinung ändern.
"Was für ein Bogen schwebt Euch so vor? Jeder hat ja schließlich seine Vorlieben, ähnlich wie bei der Auswahl von Essen, Kleidung oder Partnern." Es war schwer, ihre eigene Erheiterung zurückzuhalten, diese sollte Kenna gegenüber nicht überheblich wirken oder den Eindruck hinterlassen, sie wäre eingebildet. Vielleicht galt es ihrer Herkunft, die zumeist ihr fröhliches Wesen zum Vorschein brachte. Sie hatte so viel Schlimmes und Grausames gesehen und erlebt, was sie lehrte, die kleinen Freuden des Lebens zu schätzen und zu genießen.
"Ich bevorzuge schlichte Bögen, nicht mehr wie 20 Pfund Zuggewicht. Keine unnötigen Spielereien, denn Präzision liegt schließlich in der Hand des Schützen!" Liadan wollte sich jetzt auch gar nicht zu sehr in ein Gespräch über Bögen und angemessene Pfeile vertiefen, da sie von sich wusste, wie schnell sie sich darin verlieren konnte. Auf dem Hof des purpurnen Palasts war es ihr erlaubt gewesen, das Bogenschießen bis zur Perfektion zu trainieren und als sie alt genug war, fertigte der Bogenbauer aus Stadt der fallenden Berge ihr einen an. Es war ihr ganzer Stolz, seit vielen vielen Jahren und nur hin und wieder brachte sie diesen zu ihm, damit er neu bespannt wurde.
Doch leider hatte sie ihn im ewigen Wals bei ihrem Sturz verloren. Entweder war er einer Wurzel zum Opfer gefallen oder er lag immer noch da in dem Moos. Irgendwann würde sie ihn sich zurückholen. Selbst wenn es das Letzte war, was sie tat. Es war ihr Bogen. Nicht der des Waldes. Auch wenn sie sich gut vorstellen konnte, dass die Bäume einfach nur Rache nahmen, für das geschlagene Holz, aus dem er gefertigt worden war.
Vorerst musste Liadan sich aber nun mit einem Ersatz aus der Waffenkammer zufriedengeben. Er lag nicht perfekt in der Hand und war ihr etwas zu schwer, erfüllte aber seinen Zweck. "Ich kenne einen fantastischen Bogenbauer. Er ist bekannt über viele Länder hinweg und hat nicht umsonst volle Auftragsbücher. Man sagt, er wird sogar noch Bögen aus dem Grab heraus anfertigen." Da die Vorstellung gar nicht so abwegig war, lachte sie herzlich und der fröhliche Klang ihrer Stimme erfüllte den Raum.
"Solange Ihr aber verletzt seid, ist es nicht nur unklug, sondern noch dazu äußerst riskant, sich überhaupt auf den Straßen herumzutreiben. Mir wurde gesagt, dass die Zeiten gerade mehr als rau sind und Krieg und Chaos vor den Toren warten. Freyas Verschwinden und die bislang erfolglose Rettung sind ein schwerer Verlust. Weitere Vorfälle dieser Art sind nicht akzeptabel." Ganz gleich, wer da nun vor ihr saß, Adrian würde Liadan ihre hübschen Prinzessinnenohren lang ziehen, wenn sie dabei zusah, oder es sogar noch unterstützte, wenn sich jemand aus der Gemeinde in Gefahr brachte.
Sie legte das Polster zur Seite, klopfte es artig aus, um Knitterspuren und Falten zu vermeiden. Obwohl dieses Zimmer immer ein weiteres zu Hause gewesen war, in dem sie sich frei und ungezwungen fühlen und bewegen konnte, wollte sie keine Unordnung verursachen. Schließlich bestand die Möglichkeit, dass sie von nun an nur noch als Gast willkommen war. Als ihr Werk vollendet war, nickte sie dem Kissen zufrieden zu und sah mit einem breiten Grinsen wieder hinüber zu Kenna. "Sehe ich so hilfsbedürftig für Euch aus?"
Mit einem sanften Schmunzeln ließ sich die Bognerin mit einem Schwung auf Adrians Bett fallen, griff nach einem Kissen und umschlang es mit ihren Armen. Im Schneidersitz sitzend machte sie es sich bequem und beobachtete Kenna aus ihren grau-grünen Augen eingehend und genau. "Uns?“ Leicht zog sie ihre Stirn kraus, da die ganze Situation immer undurchsichtiger für sie wurde. Anstatt dass die Dinge sich allmählich zu einem klaren Bild formten, wurde alles nur noch komplexer. „Das hört sich so gar nicht nach Adrian an. Anscheinend war ich doch länger als gedacht weg..“
Es war kompliziert, zwischen zwei Welten zu wandeln und sich nicht immer sicher darüber sein zu können, wo das eine und wo das andere Bein gerade war. Weiterhin zierte ein feines Lächeln ihre Züge und gaben ihrem Gesicht einen weichen, wenn auch nachdenklichen Ausdruck, während sie versuchte, die Informationen, die sie nach und nach erhielt, zu sortieren. "Adrian verrät nicht einmal mir alle seine Pläne. Und das, obwohl ich doch seine Lieblingsschwägerin bin… und hoffentlich auch die Einzige." Mit einer vergnügten Empörung und einem Zwinkern in den Augen, drückte sie das Kissen fester an sich und neigte ihren Kopf zur Seite und wieder zurück. "Ehrlich gesagt bin ich mir gerade gar nicht mehr so sicher, was seine Abreise veranlasst hat." Liadan biss ihre Lippen aufeinander und blieb mit ihrem Blick interessiert auf Kenna hängen. "Wann habt Ihr ihn denn zuletzt gesehen? Vielleicht wisst Ihr selbst doch wesentlich mehr als ich."
Mit unverhohlener Neugier betrachtete sie während sie sprach das Bein Kennas und rutschte auf dem Bett ein kleines Bisschen nach vorne, ganz so, als könnte sie so besser sehen. "Lebt derjenige eigentlich noch, der Euch Bogen und Dolche nahm?" Es war eine Schande, wenn ein Bogenschütze verletzt wurde. Es kratzte einfach fürchterlich an der Ehre, wenn man unachtsam war und sich von einem Tier, von einem Gegner oder noch unpassender, von einem Baum überraschen ließ. Wurde einem jedoch der Bogen gestohlen oder, was noch viel schlimmer war, zerstört, galt das, zumindest für Liadan, als eine absolute Demütigung. Die Prinzessin war noch nie ein großer Freund von Mord und Blutvergießen gewesen. Ging es aber um ihren Bogen, konnte sie da schnell ihre Meinung ändern.
"Was für ein Bogen schwebt Euch so vor? Jeder hat ja schließlich seine Vorlieben, ähnlich wie bei der Auswahl von Essen, Kleidung oder Partnern." Es war schwer, ihre eigene Erheiterung zurückzuhalten, diese sollte Kenna gegenüber nicht überheblich wirken oder den Eindruck hinterlassen, sie wäre eingebildet. Vielleicht galt es ihrer Herkunft, die zumeist ihr fröhliches Wesen zum Vorschein brachte. Sie hatte so viel Schlimmes und Grausames gesehen und erlebt, was sie lehrte, die kleinen Freuden des Lebens zu schätzen und zu genießen.
"Ich bevorzuge schlichte Bögen, nicht mehr wie 20 Pfund Zuggewicht. Keine unnötigen Spielereien, denn Präzision liegt schließlich in der Hand des Schützen!" Liadan wollte sich jetzt auch gar nicht zu sehr in ein Gespräch über Bögen und angemessene Pfeile vertiefen, da sie von sich wusste, wie schnell sie sich darin verlieren konnte. Auf dem Hof des purpurnen Palasts war es ihr erlaubt gewesen, das Bogenschießen bis zur Perfektion zu trainieren und als sie alt genug war, fertigte der Bogenbauer aus Stadt der fallenden Berge ihr einen an. Es war ihr ganzer Stolz, seit vielen vielen Jahren und nur hin und wieder brachte sie diesen zu ihm, damit er neu bespannt wurde.
Doch leider hatte sie ihn im ewigen Wals bei ihrem Sturz verloren. Entweder war er einer Wurzel zum Opfer gefallen oder er lag immer noch da in dem Moos. Irgendwann würde sie ihn sich zurückholen. Selbst wenn es das Letzte war, was sie tat. Es war ihr Bogen. Nicht der des Waldes. Auch wenn sie sich gut vorstellen konnte, dass die Bäume einfach nur Rache nahmen, für das geschlagene Holz, aus dem er gefertigt worden war.
Vorerst musste Liadan sich aber nun mit einem Ersatz aus der Waffenkammer zufriedengeben. Er lag nicht perfekt in der Hand und war ihr etwas zu schwer, erfüllte aber seinen Zweck. "Ich kenne einen fantastischen Bogenbauer. Er ist bekannt über viele Länder hinweg und hat nicht umsonst volle Auftragsbücher. Man sagt, er wird sogar noch Bögen aus dem Grab heraus anfertigen." Da die Vorstellung gar nicht so abwegig war, lachte sie herzlich und der fröhliche Klang ihrer Stimme erfüllte den Raum.
"Solange Ihr aber verletzt seid, ist es nicht nur unklug, sondern noch dazu äußerst riskant, sich überhaupt auf den Straßen herumzutreiben. Mir wurde gesagt, dass die Zeiten gerade mehr als rau sind und Krieg und Chaos vor den Toren warten. Freyas Verschwinden und die bislang erfolglose Rettung sind ein schwerer Verlust. Weitere Vorfälle dieser Art sind nicht akzeptabel." Ganz gleich, wer da nun vor ihr saß, Adrian würde Liadan ihre hübschen Prinzessinnenohren lang ziehen, wenn sie dabei zusah, oder es sogar noch unterstützte, wenn sich jemand aus der Gemeinde in Gefahr brachte.
Sie legte das Polster zur Seite, klopfte es artig aus, um Knitterspuren und Falten zu vermeiden. Obwohl dieses Zimmer immer ein weiteres zu Hause gewesen war, in dem sie sich frei und ungezwungen fühlen und bewegen konnte, wollte sie keine Unordnung verursachen. Schließlich bestand die Möglichkeit, dass sie von nun an nur noch als Gast willkommen war. Als ihr Werk vollendet war, nickte sie dem Kissen zufrieden zu und sah mit einem breiten Grinsen wieder hinüber zu Kenna. "Sehe ich so hilfsbedürftig für Euch aus?"
*** Purpurne Kaiserin ***
#1002
Berührt vom Tod und doch dem Schicksal entkommen. Vielleicht verstoßen oder abgelehnt, noch nicht bereit oder würdig, ihm ins Angesicht zu blicken. Nymeria kannte die Berührung. Sie hatte sie gespürt, den eisigen Griff, der einen unbarmherzig in die Tiefen riss.
Das Streicheln und Züngeln der alles verzehrenden Flammen der Hölle, welche sich wie eine zweite Haut um ihren zierlichen Körper gelegt hatten, um die Macht in ihrem Blut zu entfesseln. Einem Feuer, dem sie nicht nur entkommen war, sondern entstiegen und das noch immer in ihren Adern brannte und in ihren Augen loderte.
Augen, die oft von Geburt an in die Leere blickten und doch sahen sie dort Dinge, welche anderen verschlossen blieben.
Schichten der Existenz, die das menschliche Verständnis herausfordern und die Grenzen zwischen Realität und Transzendenz verwischen. Verborgene Reiche zwischen Leben und Tod, in denen körperlose Gestalten und geisterhafte Seelen durch ein Meer aus unendlicher Möglichkeit und kosmischen Mysterien wanderten.
Eine Stille in der Ewigkeit, doch lauschte man genau, hörte man das Flüstern all jener körperlosen Gestalten, deren Formen von einem düsteren Glanz umgeben waren. Rastlose Seelen, die durch die unendlichen Weiten des Limbus streiften. Gesetze von Zeit und Raum waren bedeutungslos. Hier war die Realität eine Illusion, geformt von den Gedanken und Gefühlen der Wanderer. Erinnerungen und Schicksale, die sich, ob wunderschön oder auf schlimmste Weise grausam, ob erfüllend oder in aller Maßen abstoßend, immer aufs Neue widerholten.
In diesem endlosen Tanz der Seelen und Energien offenbarten sich die Geheimnisse des Universums, waren die Astralwelten des Limbus der Spiegel der menschlichen Seele, in dem die Wahrheit verborgen lag und die Antworten auf die ewigen Fragen des Lebens und Todes gefunden werden konnten.
Der Schleier der Illusion, hinter dem vergessene Erinnerungen auf unvollendete Träume trafen, lüftete sich. Der Nebel, welcher sich über die Grenzen der Realität gelegt hatte und all das verborgen hielt löste sich auf und gab den Blick auf die Halle frei.
Unmittelbar trafen Nymerias Augen auf das stechende Blau des Mannes. Unbewegt sah ihr Blick auf ihn herab, als hätte sie sein Erwachen erwartet. Doch regte sich das Mädchen nicht, während Stellan noch nach Atem rang.
Das Mädchen selbst wirkte wie erstarrt. Nicht einmal ihre sonst so ruhelosen Lippen bewegten sich zu lautlosen Worten. Weder Emotion noch Regung zeigte sich auf ihren zarten kindlichen Zügen. Fast als hätte sie es vorhergesehen, flackerte nur eine kühle Erwartung in ihren Augen auf, welche gebannt auf Stellan ruhten.
Bewegungslos haftete Nymerias Blick an ihm. Schweigend sah sie zu wie er den Medicus wegschickte und sich ihr zuwandte, nur damit seine stechenden Augen prüfend auf ihre trafen, als seine Stimme sich erhob. Kein Blinzeln ging von Nymeria aus. Seine Frage verhallte gar für einen Augenblick im Raum.
Einige Atemzüge, in denen sich ein tiefes Schweigen über sie legte, ehe der Kopf des Mädchens sich langsam nur leicht von links nach rechts bewegte. Als würde sie nur mit einer verneinenden Geste dem Greis antworten, rutschten ihre seidigen schwarzen Locken über ihre Schultern, während Nymeria ihn unablässig ansah.
Ohne ihre Augen von ihm zu lösen, öffneten sich ihre Lippen einen Spalt. Verheißungsvoll unter einem leisen Flüstern sollte ein einziges Wort über jene kommen. Leise und zart, aber ebenso unbarmherzig in seiner Gefühllosigkeit . „Líb.“
Das Streicheln und Züngeln der alles verzehrenden Flammen der Hölle, welche sich wie eine zweite Haut um ihren zierlichen Körper gelegt hatten, um die Macht in ihrem Blut zu entfesseln. Einem Feuer, dem sie nicht nur entkommen war, sondern entstiegen und das noch immer in ihren Adern brannte und in ihren Augen loderte.
Augen, die oft von Geburt an in die Leere blickten und doch sahen sie dort Dinge, welche anderen verschlossen blieben.
Schichten der Existenz, die das menschliche Verständnis herausfordern und die Grenzen zwischen Realität und Transzendenz verwischen. Verborgene Reiche zwischen Leben und Tod, in denen körperlose Gestalten und geisterhafte Seelen durch ein Meer aus unendlicher Möglichkeit und kosmischen Mysterien wanderten.
Eine Stille in der Ewigkeit, doch lauschte man genau, hörte man das Flüstern all jener körperlosen Gestalten, deren Formen von einem düsteren Glanz umgeben waren. Rastlose Seelen, die durch die unendlichen Weiten des Limbus streiften. Gesetze von Zeit und Raum waren bedeutungslos. Hier war die Realität eine Illusion, geformt von den Gedanken und Gefühlen der Wanderer. Erinnerungen und Schicksale, die sich, ob wunderschön oder auf schlimmste Weise grausam, ob erfüllend oder in aller Maßen abstoßend, immer aufs Neue widerholten.
In diesem endlosen Tanz der Seelen und Energien offenbarten sich die Geheimnisse des Universums, waren die Astralwelten des Limbus der Spiegel der menschlichen Seele, in dem die Wahrheit verborgen lag und die Antworten auf die ewigen Fragen des Lebens und Todes gefunden werden konnten.
Der Schleier der Illusion, hinter dem vergessene Erinnerungen auf unvollendete Träume trafen, lüftete sich. Der Nebel, welcher sich über die Grenzen der Realität gelegt hatte und all das verborgen hielt löste sich auf und gab den Blick auf die Halle frei.
Unmittelbar trafen Nymerias Augen auf das stechende Blau des Mannes. Unbewegt sah ihr Blick auf ihn herab, als hätte sie sein Erwachen erwartet. Doch regte sich das Mädchen nicht, während Stellan noch nach Atem rang.
Das Mädchen selbst wirkte wie erstarrt. Nicht einmal ihre sonst so ruhelosen Lippen bewegten sich zu lautlosen Worten. Weder Emotion noch Regung zeigte sich auf ihren zarten kindlichen Zügen. Fast als hätte sie es vorhergesehen, flackerte nur eine kühle Erwartung in ihren Augen auf, welche gebannt auf Stellan ruhten.
Bewegungslos haftete Nymerias Blick an ihm. Schweigend sah sie zu wie er den Medicus wegschickte und sich ihr zuwandte, nur damit seine stechenden Augen prüfend auf ihre trafen, als seine Stimme sich erhob. Kein Blinzeln ging von Nymeria aus. Seine Frage verhallte gar für einen Augenblick im Raum.
Einige Atemzüge, in denen sich ein tiefes Schweigen über sie legte, ehe der Kopf des Mädchens sich langsam nur leicht von links nach rechts bewegte. Als würde sie nur mit einer verneinenden Geste dem Greis antworten, rutschten ihre seidigen schwarzen Locken über ihre Schultern, während Nymeria ihn unablässig ansah.
Ohne ihre Augen von ihm zu lösen, öffneten sich ihre Lippen einen Spalt. Verheißungsvoll unter einem leisen Flüstern sollte ein einziges Wort über jene kommen. Leise und zart, aber ebenso unbarmherzig in seiner Gefühllosigkeit . „Líb.“
Die Entscheidung über Leben und Tod war gefallen.
Der Gott des Chaos traf seine Wahl und einem der Kinder wurde das Leben gegeben, ganz so, wie es immer angedacht gewesen war.
Wie der brennende Phönix aus seiner Asche, entstieg Nymeria den lodernden Flammen aus Ogrimars Reich.
Möge sie, die Tochter der Tanuri var Aesir, mit den gnadenlosen Gesetzen ihres dunklen Herrn aufwachsen und der ihr zugedachten Bestimmung gerecht werden.
08/06/2021 ["CC Main"] "Das Orakel": Wir gratulieren Nymeria zu ihrer ersten Wiedergeburt!
~ Alle doof, außer Mutter!~
#1003
"Leben?"
Der Atem des Mannes war immer noch schwer und zu langsam, als dass er sich danach gefühlt hätte. "Vorläufig zumindest."
Die Schwäche, die von seinem Körper Besitz genommen hatte, war immer noch allgegenwärtig. Für einen kurzen Moment schloss er seine Augen, vielleicht war es ihm doch noch vergönnt, diese nicht mehr öffnen zu müssen. Allerdings strafte ihn die Vergangenheit sogleich für diese Hoffnung.
Sein Geist schweifte wieder weit zurück, weit weg von der Gegenwart.
Stellans Blick war gerichtet auf die junge Frau vor sich, die ihn mit ihren großen Augen ansah, die so klar und so rein waren, wie die Farbe des Himmels selbst.
"Wenn er es heraus findet, dass ich bei Dir bin, wird er mich bestrafen. Er wird mich aus der Kirche und der Familie ausschließen."Verzweifelt senkte sie ihren Kopf und schüttelte ihn betrübt.
"Wenn er das tut, werde ich ihn zurückbestrafen. Und ich bin nicht zimperlich." Das raue Lachen Stellans erklang und aufmunternd schob er eine ihrer hellen Strähnen zur Seite.
Wie hübsch ihr Gesicht doch war, wie aus Porzellan gefertigt, trotz der Kriegs- und Kampfzeiten, die seit Jahren das Land erbarmungslos im Griff hatten.
Sie lächelte zaghaft und sah wieder zu ihm auf. "Sag das nicht. Er ist rücksichtslos, wenn es um die Seinigen geht."
Stellan spürte die feine Halskette in seiner Manteltasche, fühlte, wie sie immer schwerer und schwerer wurde und wie sie ihre bestimmende Kälte ausströmte. Berechnend war der Ausdruck auf seinen Augen, als er seine Hand in den Rücken der Frau legte und sie an sich zog. "Sorge dich nicht."
Rücksicht kannte ich noch nie.
Der Medicus stand wieder über ihm, um ihm mit einem nassen Tuch über das Gesicht zu wischen. "Hört auf damit."
Fuhr er den bemühten Mediziner an, ließ seine Augen aber geschlossen, auch wenn er die Bilder aus seiner Erinnerung nur zu gerne verscheucht hätte.
"Bringt mir lieber etwas zu trinken. Aber kein schwaches Gesöff. Weder von kaltem Wasser noch von einem lauen Getränk lässt sich ein Lebensgeist wecken."
Stellan hörte die Schritte des Medicus, wie dieser sich entfernte. Ob um seinem Wunsch nachzukommen oder sich einfach nur verärgert zurückzuziehen, war ihm in diesem Moment eigentlich ziemlich gleich. Er wartete einige rasselnde Atemzüge ab, bevor er aus nur leicht geöffneten Augenlidern das Kind musterte.
"Sei vorsichtig mit deinen Gedanken. Sie können dich hören."
Angestrengt hob er seine Hand und strich sich über sein eingefallenes und blasses Gesicht. "Ich kenne diesen Blick von deiner Großmutter. Angeblich hörte sie hin und wieder ein Echo von denen, die nicht existieren. Du aber kannst viel mehr, nicht wahr?"
Das Mädchen war noch klein, womöglich hatte es gerade gelernt, sich flink und sicher zu bewegen, ohne gleich zu stürzen und sich dabei das Knie aufzuschlagen. Ein Alter, in dem man sich mit ersten Freunden den Sand in die Robe steckte, sich an fantastischen Geschichten erfreute und bereit war, mit Neugier die Welt zu erforschen.
Dieses Kind aber war anders. Ihm sahen keine von Lebenslust und Übermut geprägten Augen entgegen, sondern welche, die nicht hier sein sollten.
"Du weißt, wovon ich spreche."
Der Atem des Mannes war immer noch schwer und zu langsam, als dass er sich danach gefühlt hätte. "Vorläufig zumindest."
Die Schwäche, die von seinem Körper Besitz genommen hatte, war immer noch allgegenwärtig. Für einen kurzen Moment schloss er seine Augen, vielleicht war es ihm doch noch vergönnt, diese nicht mehr öffnen zu müssen. Allerdings strafte ihn die Vergangenheit sogleich für diese Hoffnung.
Sein Geist schweifte wieder weit zurück, weit weg von der Gegenwart.
***
Stellans Blick war gerichtet auf die junge Frau vor sich, die ihn mit ihren großen Augen ansah, die so klar und so rein waren, wie die Farbe des Himmels selbst.
"Wenn er es heraus findet, dass ich bei Dir bin, wird er mich bestrafen. Er wird mich aus der Kirche und der Familie ausschließen."Verzweifelt senkte sie ihren Kopf und schüttelte ihn betrübt.
"Wenn er das tut, werde ich ihn zurückbestrafen. Und ich bin nicht zimperlich." Das raue Lachen Stellans erklang und aufmunternd schob er eine ihrer hellen Strähnen zur Seite.
Wie hübsch ihr Gesicht doch war, wie aus Porzellan gefertigt, trotz der Kriegs- und Kampfzeiten, die seit Jahren das Land erbarmungslos im Griff hatten.
Sie lächelte zaghaft und sah wieder zu ihm auf. "Sag das nicht. Er ist rücksichtslos, wenn es um die Seinigen geht."
Stellan spürte die feine Halskette in seiner Manteltasche, fühlte, wie sie immer schwerer und schwerer wurde und wie sie ihre bestimmende Kälte ausströmte. Berechnend war der Ausdruck auf seinen Augen, als er seine Hand in den Rücken der Frau legte und sie an sich zog. "Sorge dich nicht."
Rücksicht kannte ich noch nie.
***
Der Medicus stand wieder über ihm, um ihm mit einem nassen Tuch über das Gesicht zu wischen. "Hört auf damit."
Fuhr er den bemühten Mediziner an, ließ seine Augen aber geschlossen, auch wenn er die Bilder aus seiner Erinnerung nur zu gerne verscheucht hätte.
"Bringt mir lieber etwas zu trinken. Aber kein schwaches Gesöff. Weder von kaltem Wasser noch von einem lauen Getränk lässt sich ein Lebensgeist wecken."
Stellan hörte die Schritte des Medicus, wie dieser sich entfernte. Ob um seinem Wunsch nachzukommen oder sich einfach nur verärgert zurückzuziehen, war ihm in diesem Moment eigentlich ziemlich gleich. Er wartete einige rasselnde Atemzüge ab, bevor er aus nur leicht geöffneten Augenlidern das Kind musterte.
"Sei vorsichtig mit deinen Gedanken. Sie können dich hören."
Angestrengt hob er seine Hand und strich sich über sein eingefallenes und blasses Gesicht. "Ich kenne diesen Blick von deiner Großmutter. Angeblich hörte sie hin und wieder ein Echo von denen, die nicht existieren. Du aber kannst viel mehr, nicht wahr?"
Das Mädchen war noch klein, womöglich hatte es gerade gelernt, sich flink und sicher zu bewegen, ohne gleich zu stürzen und sich dabei das Knie aufzuschlagen. Ein Alter, in dem man sich mit ersten Freunden den Sand in die Robe steckte, sich an fantastischen Geschichten erfreute und bereit war, mit Neugier die Welt zu erforschen.
Dieses Kind aber war anders. Ihm sahen keine von Lebenslust und Übermut geprägten Augen entgegen, sondern welche, die nicht hier sein sollten.
"Du weißt, wovon ich spreche."
#1004
Ohne einen weiteren Laut von sich zu geben, neigte Nymeria ihren Kopf kurz nach unten und hob ihn wieder. Ein stummes Nicken, als wolle sie ihm schweigend zustimmen.
Nymeria beachtete den Heiler nicht, der Stellan mit einem kühlen Tuch das Gesicht wischte. Wo andere Kinder vielleicht gelacht hätten über das unwirsche Verhalten des Mannes, zuckte bei dem kleinen Mädchen nicht einmal ein Mundwinkel. Ebenso wenig nahm sie Mila wahr, die fragend zu dem Medicus blickte, als Stellan nach einem starken Getränk verlangte. Dass der Medicus mit einem zweifelnden Nicken antwortete und die Hausdame dem nachkam, schien ihr gleichgültig zu sein. Weder wich sie von seiner Seite, noch schien er oder sein Zustand dem Mädchen in irgendeiner Form eine Emotion abzufordern.
~Leben~ - Wie ein Flüstern hallte das Wort in ihrem Geist wider. Eine Entscheidung, ein Urteil, vielleicht auch Bestimmung. Für den einen sollte es ein Fluch sein. Der Preis, den man für etwas bezahlen musste. Ein anderer sah darin jedoch einen Segen, ein Geschenk. Leben – sollte man daran festhalten oder loslassen? Welche Gründe hielten einen fest und wofür lohnte es sich weiterzuleben? Es gab unzählige Fragen in der Unendlichkeit. Fragen nach einem weshalb oder warum. Wieso er oder sie oder ich?
Doch die Antworten konnten nur jene finden, die in sich selbst hineinsahen. So viele unausgesprochene Worte, die in den Tiefen all jener verborgen lagen und all jene nicht erlaubten weiterzuziehen.
Auch sie sollte vielleicht nicht hier sein. Warum das Mädchen es dennoch war? Eine Frage, die sich ein zweijähriges Mädchen kaum stellt. Sie war so geboren. Hinein in eine Welt, die so war, wie sie sie sah. Vielschichtig, ruhelos und von einer unendlichen Tiefe.
Ein ewiges Flüstern. Alles erzählte auf seine Weise eine Geschichte. Nymeria sah nur zu. Sie lauschte und sie lebte darin. Das kleine Mädchen kannte die Welt nur auf diese Weise. All die Berührungen, die sie streiften, doch sie nicht zu fassen bekamen.
Diese Sicht, die scheinbar kaum einer verstand. Ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge, die oftmals als sonderbares Verhalten abgestempelt wurde. So viele Stimmen, so viele Worte, ein stetes Wispern im Hintergrund. Nymeria hörte zu. Auch jetzt.
Weder das Herumhantieren des Medicus noch die umherlaufenden Menschen um sie herum schienen das Mädchen abzulenken. Andere Kinder wären vielleicht helfend aufgesprungen oder unmittelbar aufgesprungen, um ihrer Schwester oder Mutter von dem Wunder zu erzählen, das sie in ihrer Fantasie selbst vollbracht hatten.
Doch Nymeria blieb unbewegt sitzen. Ob sie seine Gedanken gesehen hatte, ein Echo seiner Erinnerung, welche im Äther selbst umherschwebte? Kein einziges Blinzeln huschte auch nur für eine Sekunde über ihre Augen, die stur auf Stellan ruhten.
„Wissen...“ Es war nur ein leises Wispern, mit dem das kleine Mädchen das Wort wiederholte. Ein Flüstern, unter dem Nymeria abermals ihren Kopf senkte und hob, ohne dass ihre tiefblauen Augen von ihm abließen.
Nymeria beachtete den Heiler nicht, der Stellan mit einem kühlen Tuch das Gesicht wischte. Wo andere Kinder vielleicht gelacht hätten über das unwirsche Verhalten des Mannes, zuckte bei dem kleinen Mädchen nicht einmal ein Mundwinkel. Ebenso wenig nahm sie Mila wahr, die fragend zu dem Medicus blickte, als Stellan nach einem starken Getränk verlangte. Dass der Medicus mit einem zweifelnden Nicken antwortete und die Hausdame dem nachkam, schien ihr gleichgültig zu sein. Weder wich sie von seiner Seite, noch schien er oder sein Zustand dem Mädchen in irgendeiner Form eine Emotion abzufordern.
~Leben~ - Wie ein Flüstern hallte das Wort in ihrem Geist wider. Eine Entscheidung, ein Urteil, vielleicht auch Bestimmung. Für den einen sollte es ein Fluch sein. Der Preis, den man für etwas bezahlen musste. Ein anderer sah darin jedoch einen Segen, ein Geschenk. Leben – sollte man daran festhalten oder loslassen? Welche Gründe hielten einen fest und wofür lohnte es sich weiterzuleben? Es gab unzählige Fragen in der Unendlichkeit. Fragen nach einem weshalb oder warum. Wieso er oder sie oder ich?
Doch die Antworten konnten nur jene finden, die in sich selbst hineinsahen. So viele unausgesprochene Worte, die in den Tiefen all jener verborgen lagen und all jene nicht erlaubten weiterzuziehen.
Auch sie sollte vielleicht nicht hier sein. Warum das Mädchen es dennoch war? Eine Frage, die sich ein zweijähriges Mädchen kaum stellt. Sie war so geboren. Hinein in eine Welt, die so war, wie sie sie sah. Vielschichtig, ruhelos und von einer unendlichen Tiefe.
Ein ewiges Flüstern. Alles erzählte auf seine Weise eine Geschichte. Nymeria sah nur zu. Sie lauschte und sie lebte darin. Das kleine Mädchen kannte die Welt nur auf diese Weise. All die Berührungen, die sie streiften, doch sie nicht zu fassen bekamen.
Diese Sicht, die scheinbar kaum einer verstand. Ihre Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge, die oftmals als sonderbares Verhalten abgestempelt wurde. So viele Stimmen, so viele Worte, ein stetes Wispern im Hintergrund. Nymeria hörte zu. Auch jetzt.
Weder das Herumhantieren des Medicus noch die umherlaufenden Menschen um sie herum schienen das Mädchen abzulenken. Andere Kinder wären vielleicht helfend aufgesprungen oder unmittelbar aufgesprungen, um ihrer Schwester oder Mutter von dem Wunder zu erzählen, das sie in ihrer Fantasie selbst vollbracht hatten.
Doch Nymeria blieb unbewegt sitzen. Ob sie seine Gedanken gesehen hatte, ein Echo seiner Erinnerung, welche im Äther selbst umherschwebte? Kein einziges Blinzeln huschte auch nur für eine Sekunde über ihre Augen, die stur auf Stellan ruhten.
„Wissen...“ Es war nur ein leises Wispern, mit dem das kleine Mädchen das Wort wiederholte. Ein Flüstern, unter dem Nymeria abermals ihren Kopf senkte und hob, ohne dass ihre tiefblauen Augen von ihm abließen.
Die Entscheidung über Leben und Tod war gefallen.
Der Gott des Chaos traf seine Wahl und einem der Kinder wurde das Leben gegeben, ganz so, wie es immer angedacht gewesen war.
Wie der brennende Phönix aus seiner Asche, entstieg Nymeria den lodernden Flammen aus Ogrimars Reich.
Möge sie, die Tochter der Tanuri var Aesir, mit den gnadenlosen Gesetzen ihres dunklen Herrn aufwachsen und der ihr zugedachten Bestimmung gerecht werden.
08/06/2021 ["CC Main"] "Das Orakel": Wir gratulieren Nymeria zu ihrer ersten Wiedergeburt!
~ Alle doof, außer Mutter!~
#1005
"Mhm. Du bist eine Wissende. Wohin dich das aber bringen wird, liegt in deiner Hand." Gab er leise raunend zur Antwort und versuchte weiterhin, eine klare Sicht zurückzugewinnen.
Er wollte hier weg. auf die Nähe der Gilde Tanuris konnte er mehr als gut verzichten. Stellan spürte die Würgemale an seinem Hals. Sie waren geschwollen und verursachten ihm schmerzende Schwierigkeiten beim Schlucken, weshalb er allerdings keine große Lust auf irgendwelche langen Diskussionen oder Erklärungen verspürte, was aber mit großer Wahrscheinlichkeit auf ihn zukam, wenn er versuchte, die Hallen einfach zu verlassen. Eigentlich kam ihm das Kind gerade recht, es hatte wohl schon früh verstanden, nur dann zu sprechen, wenn es wirklich notwendig war.
Was für eine Wohltat, wenn man bedachte, wie sonst alle dachten, bei jeder noch so kleinen Gelegenheit ihre Stimmen, ob gewollt oder nicht, zu erheben und eine Meinung vorzubringen.
Sein Blick glitt umher und hielt sich an der Frau fest, die sich in der Nähe des Medicus aufhielt, schien zum Hauspersonal zu gehören, einfach gekleidet, aber sauber. Seine Tochter schien zumindest ihre Bediensteten im Griff zu haben, auch wenn es bei den Mitgliedern ihrer Gilde und dem zu bewahrenden Schlüssel haperte.
Zumindest entschloss er sich, sich zu erheben, denn er hatte keine Lust mehr, noch länger auf diesem Sofa zu liegen und von den eifrigen Händen des Heilers betatscht zu werden. Dieser konnte ihm bei seinem eigentlichen Problem sowieso nicht helfen, also konnte Stellan auch auf sämtliche andere Versuche, seinen Körper so unbeschadet wie möglich auf dieser Welt zu verankern, verzichten.
Mit einem Atemzug strich er sich mit seiner Zunge über seine Lippen und schmeckte den Alkohol, der dort hinterlassen worden war, während es noch die Hoffnung für ihn gegeben hatte, in ein anderes Leben überzugehen. An Nymeria vorbei, blieb sein Blick auf der Magd und er herrschte sie mit seiner tiefen, rauen Stimme an.
"Wo ist die Mutter des Kindes?"
Ein großes Geheimnis machte er selbst nicht daraus, in welcher Beziehung er zu Tanuri stand. Bisher war nur sie es gewesen, die es konsequent vermied, ihre Familie in ihr Leben zu integrieren. Weder Vater noch Bruder fanden dort einen Platz und was sie mit dem Kind tat oder besser nicht tat, darüber war er gut im Bilde. Dazu besaß er allerdings ausnahmsweise keine kritische Meinung.
Für ihn waren Kinder nicht mehr als die nächste Generation in der Armee des Meisters. Wozu also Zeit damit verschwenden, ihnen eine heile Welt vorzugaukeln und ihnen die Freuden eines kindlichen Lebens zu präsentieren, wenn ihr Schicksal ohnehin vorbestimmt war? Es war eine sinnlose Anstrengung, denn letztendlich würden auch sie zu Kämpfern werden, die aus tiefer Überzeugung und unumstößlichen Glauben ihr Blut für den einzig Wahren vergossen. Wer von diesem Pfad abwich, aus welcher noch so guten Begründung auch immer, war ein Verräter. Unakzeptabel für ihn.
Trotzdem, auch wenn es ihm egal war, wie es um seine Familienverhältnisse stand, musste er es nicht jedem ungefragt unter die Nase reiben, besonders nicht den einfachen Angestellten, für die er nur wenig übrig hatte. Sie mochten ihren Platz in der Welt haben, aber für ihn waren sie nur von begrenztem Nutzen.
Respekt zollte er nur jenen, die ihn sich verdienten. Und der Weg dorthin war ein weiter, wenn man denn überhaupt je das Ziel erreichte. Die bloße Zurschaustellung seiner selbst und die Farbe des Glaubens reichte dafür bei Weitem nicht aus.
Noch dazu war Stellan sich sicher, dass seine Tochter oder auch der Dunkle, den sie im Hörsaal und in ihrer Hütte bei sich hatte, dem Unwissen darüber, wer er war, früh genug Abhilfe schaffen würden.
Er streckte seinen Arm und versuchte mit seiner Hand die Rückenlehne des Sofas greifen zu können, damit er sich an dieser nach oben ziehen konnte. Nicht unbedingt seine beste Idee, in Anbetracht seines derzeitigen Zustands, aber er wollte sich nicht länger wie ein gebrechlicher Greis behandeln lassen. Als nächstes würden sie ihm sonst noch die Spucke aus den Mundwinkeln wischen.
Mit einem Ächzen zog er sich mühsam hoch, nur um sofort von einem Schwindelgefühl übermannt zu werden. "Wird das heute noch etwas mit meinem Getränk oder muss ich mich selbst an den Tisch bemühen?"
Er wollte hier weg. auf die Nähe der Gilde Tanuris konnte er mehr als gut verzichten. Stellan spürte die Würgemale an seinem Hals. Sie waren geschwollen und verursachten ihm schmerzende Schwierigkeiten beim Schlucken, weshalb er allerdings keine große Lust auf irgendwelche langen Diskussionen oder Erklärungen verspürte, was aber mit großer Wahrscheinlichkeit auf ihn zukam, wenn er versuchte, die Hallen einfach zu verlassen. Eigentlich kam ihm das Kind gerade recht, es hatte wohl schon früh verstanden, nur dann zu sprechen, wenn es wirklich notwendig war.
Was für eine Wohltat, wenn man bedachte, wie sonst alle dachten, bei jeder noch so kleinen Gelegenheit ihre Stimmen, ob gewollt oder nicht, zu erheben und eine Meinung vorzubringen.
Sein Blick glitt umher und hielt sich an der Frau fest, die sich in der Nähe des Medicus aufhielt, schien zum Hauspersonal zu gehören, einfach gekleidet, aber sauber. Seine Tochter schien zumindest ihre Bediensteten im Griff zu haben, auch wenn es bei den Mitgliedern ihrer Gilde und dem zu bewahrenden Schlüssel haperte.
Zumindest entschloss er sich, sich zu erheben, denn er hatte keine Lust mehr, noch länger auf diesem Sofa zu liegen und von den eifrigen Händen des Heilers betatscht zu werden. Dieser konnte ihm bei seinem eigentlichen Problem sowieso nicht helfen, also konnte Stellan auch auf sämtliche andere Versuche, seinen Körper so unbeschadet wie möglich auf dieser Welt zu verankern, verzichten.
Mit einem Atemzug strich er sich mit seiner Zunge über seine Lippen und schmeckte den Alkohol, der dort hinterlassen worden war, während es noch die Hoffnung für ihn gegeben hatte, in ein anderes Leben überzugehen. An Nymeria vorbei, blieb sein Blick auf der Magd und er herrschte sie mit seiner tiefen, rauen Stimme an.
"Wo ist die Mutter des Kindes?"
Ein großes Geheimnis machte er selbst nicht daraus, in welcher Beziehung er zu Tanuri stand. Bisher war nur sie es gewesen, die es konsequent vermied, ihre Familie in ihr Leben zu integrieren. Weder Vater noch Bruder fanden dort einen Platz und was sie mit dem Kind tat oder besser nicht tat, darüber war er gut im Bilde. Dazu besaß er allerdings ausnahmsweise keine kritische Meinung.
Für ihn waren Kinder nicht mehr als die nächste Generation in der Armee des Meisters. Wozu also Zeit damit verschwenden, ihnen eine heile Welt vorzugaukeln und ihnen die Freuden eines kindlichen Lebens zu präsentieren, wenn ihr Schicksal ohnehin vorbestimmt war? Es war eine sinnlose Anstrengung, denn letztendlich würden auch sie zu Kämpfern werden, die aus tiefer Überzeugung und unumstößlichen Glauben ihr Blut für den einzig Wahren vergossen. Wer von diesem Pfad abwich, aus welcher noch so guten Begründung auch immer, war ein Verräter. Unakzeptabel für ihn.
Trotzdem, auch wenn es ihm egal war, wie es um seine Familienverhältnisse stand, musste er es nicht jedem ungefragt unter die Nase reiben, besonders nicht den einfachen Angestellten, für die er nur wenig übrig hatte. Sie mochten ihren Platz in der Welt haben, aber für ihn waren sie nur von begrenztem Nutzen.
Respekt zollte er nur jenen, die ihn sich verdienten. Und der Weg dorthin war ein weiter, wenn man denn überhaupt je das Ziel erreichte. Die bloße Zurschaustellung seiner selbst und die Farbe des Glaubens reichte dafür bei Weitem nicht aus.
Noch dazu war Stellan sich sicher, dass seine Tochter oder auch der Dunkle, den sie im Hörsaal und in ihrer Hütte bei sich hatte, dem Unwissen darüber, wer er war, früh genug Abhilfe schaffen würden.
Er streckte seinen Arm und versuchte mit seiner Hand die Rückenlehne des Sofas greifen zu können, damit er sich an dieser nach oben ziehen konnte. Nicht unbedingt seine beste Idee, in Anbetracht seines derzeitigen Zustands, aber er wollte sich nicht länger wie ein gebrechlicher Greis behandeln lassen. Als nächstes würden sie ihm sonst noch die Spucke aus den Mundwinkeln wischen.
Mit einem Ächzen zog er sich mühsam hoch, nur um sofort von einem Schwindelgefühl übermannt zu werden. "Wird das heute noch etwas mit meinem Getränk oder muss ich mich selbst an den Tisch bemühen?"
- Landru
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#1006
Tanuri wird feststellen, dass ihr neues Gastzimmer vermutlich einst eine Art Vorratslager war. Die Mauern berichten von einem unterirdischen Gewölbe, was naheliegend war für jemanden der die Sonne nicht sonderlich leiden konnte. Sie sogar meidet. Die Gewölbe waren älter und der teilweise dezente Moosbefall wie auch der Geruch in der Luft, wenn er nicht von dem süsslichen Fleisch überblendet wurde, bewies es. Sie konnte also davon ausgehen, dass er schlau genug war, sie nicht in das Clansschloss zu verschleppen. So vorsichtig er auch war, er war nur ein Gedanke davon entfernt das er in den Fokus und die Gedanken Anderer rücken könnte. Ein falscher Schritt, ein unbedachtes Wort genügte. Es war nie möglich gar keine Spuren zu hinterlassen, er hatte welche hinterlassen, die er nicht vermeiden konnte, aber jene mussten erkannt werden. Gerade über das Intrigenspiel hinaus. Er war kein kontinuierlicher Lügner, aber ein Weichensteller und natürlich die ein oder andere Teilwahrheit oder einfach auch der Mittel zum Zweck waren manchmal nötig.
Die Nachwirkungen des Fremdkörpers in ihrem Nacken würden sich ab und zu noch mal zeigen. Nerven waren nachtragend was sowas anging. Sie konnten einen im ungünstigen Moment wieder daran erinnern, dass sie eben nicht zum Harfe spielen gemacht waren.
Er nickte langsam. "Und ihr wärd überrascht wie viele das offensichtliche vorziehen, als das verborgene. Selbst jene die das..." Er machte eine ausladene Geste. "Fürchten suchen meine Nähe, als wenn sie nicht wüssten, dass es eine unweigerliche Konsequenz nach sich zieht." Er schien einen Moment darüber nachzudenken. Darüber das er sich nie beklagen konnte. Es gab immer genug die sein Wesen anzog. Er musste nicht viel dafür tun, sie kamen von alleine. Suchen seine Nähe, fallen vor die Füsse wie reifes Obst. Er musste sich nur bedienen. Die Meisten ließ er leben, es war immer gut eine verlässliche Herde zu haben. Das was viele nicht verstehen, dass er nicht töten muss. Das er nicht zerstören muss. Sondern eher einen endlosen Kreislauf am laufen hält. Wie ein Hirte der sein Vieh auf die Weide treibt, nur waren seine Nutztiere andere.
Langsam trat er an diese Tür heran die fleischlichen Auswüche hinter dem Holz zeigte. Bildet man sich das ein oder zuckte es in Erwartung je näher er kam? Pulsierte es? War es gerade einen Zentimeter gewachsen? Es könnte durchaus sein. "Mein Sein zu begreifen gelingt nicht mal jedem meiner Art." Womit er Unterschiede einräume. Wie sich Menschen oder Seraphen unterschieden, wie jeder einzelne ein Individium war, so unterschiedliche schienen auch die Kinder Kains zu sein. Manche können besser mit einander, andere gehen sich lieber aus dem Weg.
"Beachtlich..." Gerade wollte er die Hand an die Tür legen, sie öffnen als Tanuri diese Fragen nach dem Sinn stellte. Tatsächlich aber gelingt es ihr seine Aufmerksamkeit auf die Frage zu legen. "Wisst ihr, wirklich zu sterben ist ein Unterschied zu dem Sterben der Wiedergeburt. Es ist gewaltsamer und zerreißt euch. Ob danach was bleibt vermag ich nicht zu sagen, denn ich habe die Schwelle ja nicht übertreten. Wie ist das also was ist Leben, was ist Existenz, was Realität und was ist Tod. Wo setzt man die Grenzen? Ist etwas tot weil es nicht mehr atmet, weil das Herz schweigt, weil die alten Funktionen nicht mehr gebraucht werden? Dann sind alle Pflanzen tot, sie haben kein Herz, keine Lungen, keinen Kreislauf aber sie sind es nicht, oder? Sie sind Leben. Wie ist das also mit dem Untot. Ist eine Raupe tot, weil sie sich verwandelt? Eine Metamorphose durchläuft? Ich denke ich habe eine andere Existenz angenommen, eine andere Art von Leben. Fern der alten zerbrechlichen sterblichen Hülle." Die Unsterblichkeit die keine war. Sie wusste das genau. Zwar kann das Alter und Krankheit - zumindest jene Krankheiten die ihm bekannt waren - nichts anhaben, aber sie können vernichtet werden. Es wäre also falsch zu glauben, dass sie unsterblich wären. Die Frage nach dem Sinn war schwieriger. Sehr viel schwieriger.
"Ist es das was ihr tut? Auf den Tod warten?" Einen Moment schrägte sich der Kopf und vielleicht sah sie sogar sowas aufrichtige Neugierde. "Warum? Ihr wirkt nicht sonderlich ..oh.. wie nenne ich das? Glücklich in eurem Dasein. Was also soll daran erstrebenswert sein, als auf ein Ende zu warten?" Es wurde gerade hoch philosophisch. Wer hätte das gedacht, dass sie mal solche Gespräche führen würde. Noch dazu mit ihm.
Er drehte den Kopf leicht zu den Geflechten aus lebendigem Material. "Jeder einzelne geht einen eigenen Weg. Mit seiner Entwicklung. Ich wollte einst mal heiraten und vielleicht sogar Familie gründen vor sehr, sehr, sehr langer Zeit. Ich trug die Schwingen Artherks. Damals dachte ich, ich wäre ein guter und gerechter Mann. Einfach, aber gerecht und ehrlich. Ich erspare dir meine Lebensgeschichte, sie ist wie man sagen würde, verworren wie so viele Leben und voller Tragödien und falscher Erwartungen, jedenfalls am Ende lag ich im Sterben mit einem Dolch niedergestrochen im Kirchenschiff Lichthafens. Das war der Moment von dem ich wusste, dass ich es nicht überleben würde." Er machte eine Pause. Die Finger glitten an den verknöcherten Strukturen des Panzers entlang. Unscheinbar versteckt, in der Höhe des Brustkorbes der linken Lunge. Schwer zu sehen, aber sie war noch da, die einzige Narbe die er niemals heilen kann. Er schnaubte einen Moment. Diese kleine unscheinbare vernarbte Stelle war zwar veränderbar, aber jede Nacht war sie wieder da. Es war das einzige unabängerliche Ding das er nicht dauerhaft entfernen konnte.
"Die Täterin war eine verschmähte Frau. So kann es laufen. Mein einziger Fehler lag darin ihre Liebe nicht zu erwidern. In diesem hochdramatischen Auftritt meiner Mörderin, wenn nicht sie dann keiner wurde ich gerettet von meinen Eltern. Ihr glaubt wir zwingen Menschen in diese Existenz. Oh das tun wir nicht. Wir erwählen sehr sorgfältig. Wenn er Moment kommt an dem eine Entscheidung gefällt wird, entscheidet am Ende das Blut und der Wille ob jemand diese Verwandlung überlebt. Nicht jeder ist für diese Existenz geschaffen, für die Welt der Dunkelheit und des Blutes. Viele verlieren sich im romantischem Bild der Legenden. Der Rest ist schnell gesagt. Ich tat was mein Blut mir sagte. Mh - im Grunde ist es eine Entwicklung. Wir eine Spinne ein Netz spinnt um ihre Beute zu fangen, darin einzuwickeln und später zu verspeisen. Die Beispiele gibt es in der Natur zu Hauf. In sofern ist meine Art nicht mal wirklich widernatürlich, auch wenn es einfacher ist das als solches zu sehen." Er lächelte fast etwas schelmisch.
"Fast könnte ich meinen ich höre sowas wie Mitleid in euren Worten, falls ich sage ich wurde gezwungen. Das Blut ist sehr mächtig und da stimmt ihr mir zu, nicht wahr. Aber stellt sich eine Fliege die Frage nach ihrer Existenz.. wenn sie nach einem Tag stirbt? Eine Gottesanbeterin wieso ihren Liebsten verspeist?" Einen Moment verharrte er und studierte ihre Haltung und ihre Gestik genau. Irgendwie erschien ihm diese Frau als hätte sie zwei Seiten. Eine Seite die unbedingt um das kämpft was sie glaubt und vermutlich auch liebt und die andere Seite die bereits zerbrochen ist und eigentlich nur noch schlafen möchte.
"Gegenfrage werte Priesterin, ermüdet es euch nicht euch zu zwingen ein Amt zu tragen, dass euch zerstören wird oder sogar schon hat? Wie viele vor euch."
Diese Frage wurde fast schon beantwortet. Sie war müde. Sie wartete wirklich nur noch auf den Tod. "Der Moment wo ich merke das ihr mehr tot seid als ich es je war. An dem ich feststelle das ihr eurer Leben mehr aufgegeben habt, als ich es je in der Erwägung ziehen würde."
Einen Moment musste er darüber nachdenken. War es traurig? Er war immer von einem stolzen, erhabenen Wesen ausgegangen. Aber im Moment schien sie eher eine zerbrochene Frau zu sein. Nur noch ein Echo von dem was sie einst war. Überspielt mit Beherrschung und Wortgewandten Reden konnte jeder alles verkaufen. Doch hier war sie vielleicht nach langer Zeit endlich mal ehrlich zu sich selbst. Was hatte sie auch zu verlieren. Es spielte keine Rolle.
Die Frage nach Freya wendete das Blatt wieder zu dem unrühmlichen realistischen Teil. "Nun ja ich kann euch zumindest sagen, dass mir nicht entgangen ist wie wertvoll sie euch zu sein scheint. Aus Neugierde wurde Recherche.. und aus der Recherche wurde die Erkenntnis des Zwillingsbundes. Es ist erstaunlich, denn wie selten ist es, dass Beide überleben? Wo es doch nicht der Sinn der Sache ist. Nicht wahr?" Es blieb ihm keine Wahl. Es kam der Zeitpunkt an dem es keinen Grund mehr gab weiter zu bluffen. "Ich habe nie gewusst wo sie ist. Nicht mal Ansatzweise. Das wusstet ihr bereits, tief in eurem Inneren. Aber all das war nötig um genug Zeit zu gewinnen. Ihr habt mir nie geglaubt, dass weiß ich. Insofern ward ihr klug genug, nicht auf meine Finte reinzufallen. Ich sagte ja, meine Pläne sind völlig andere. Ihr seid eben was ihr seid. Wie ich bin was ich bin. Ich brauche euch - jede Zelle eures Leibes."
Was bleibt dann übrig?
Die Sprache versteht er nicht. Auch wenn er alt war, so vermochte er nicht alles zu verstehen. Er sprach nicht alle Sprachen und diese war eine davon. Noch während er sein Geständnis wirken ließ, betrat eine Kreatur den Raum. Sie war klein. Es war bestimmt mal ein Mensch gewesen, aber jetzt erinnerte alles mehr an einen vierbeinigen Hund. Aber mit Händen, die einen Stapel Papiere brachte. Auf den Tisch legte und sich wortlos wieder entfernte. Die unangenehme Stille die sein Geständnis ausgelöst hatte löste dann das Blättern in den Papieren ab.
"Schauen wir mal was die Stadtmauer so zu bieten hat." Er blätterte die Abschriften langsam durch. Einige landeten gleich zerknüllt an der Seite. Einige nicht. "Mh, ein Tribunal und ein Ultimatium. Sie haben den Köder erst mal geschluckt." Dachte er laut. Er trat an den Käfig heran um der Priesterin die Abschriften für Nathaniels Tribunal und Aidens Ultimatum an Etoh zu überreichen. "Hier habt ihr was zu lesen, denn das Tribunal sehe ich mir an. So ganz ohne Klägerin." Wer weiß welche Erkenntnisse sich da zeigen werden.
Er drehte sich wieder ein. "Ich denke ihr werdet eine Weile ohne mich zurecht kommen. Macht es euch gemütlich." Die Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Dann griff er den Bogen aus Knochen und Sehnen, den Köcher und ließ sie mit ihren Gedanken und den zwei Papieren von der Stadtmauer alleine. Nun hatte sie vielleicht ein wenig Zeitgefühl und doch, wer weiß wann er zurück kam und mit welchen Informationen er wiederkehrte.
Sie war alleine.
Alleine mit den Gedanken.
Alleine mit den Ängsten.
Alleine mit dem grotesken Leben um sie herum.
Die Nachwirkungen des Fremdkörpers in ihrem Nacken würden sich ab und zu noch mal zeigen. Nerven waren nachtragend was sowas anging. Sie konnten einen im ungünstigen Moment wieder daran erinnern, dass sie eben nicht zum Harfe spielen gemacht waren.
Er nickte langsam. "Und ihr wärd überrascht wie viele das offensichtliche vorziehen, als das verborgene. Selbst jene die das..." Er machte eine ausladene Geste. "Fürchten suchen meine Nähe, als wenn sie nicht wüssten, dass es eine unweigerliche Konsequenz nach sich zieht." Er schien einen Moment darüber nachzudenken. Darüber das er sich nie beklagen konnte. Es gab immer genug die sein Wesen anzog. Er musste nicht viel dafür tun, sie kamen von alleine. Suchen seine Nähe, fallen vor die Füsse wie reifes Obst. Er musste sich nur bedienen. Die Meisten ließ er leben, es war immer gut eine verlässliche Herde zu haben. Das was viele nicht verstehen, dass er nicht töten muss. Das er nicht zerstören muss. Sondern eher einen endlosen Kreislauf am laufen hält. Wie ein Hirte der sein Vieh auf die Weide treibt, nur waren seine Nutztiere andere.
Langsam trat er an diese Tür heran die fleischlichen Auswüche hinter dem Holz zeigte. Bildet man sich das ein oder zuckte es in Erwartung je näher er kam? Pulsierte es? War es gerade einen Zentimeter gewachsen? Es könnte durchaus sein. "Mein Sein zu begreifen gelingt nicht mal jedem meiner Art." Womit er Unterschiede einräume. Wie sich Menschen oder Seraphen unterschieden, wie jeder einzelne ein Individium war, so unterschiedliche schienen auch die Kinder Kains zu sein. Manche können besser mit einander, andere gehen sich lieber aus dem Weg.
"Beachtlich..." Gerade wollte er die Hand an die Tür legen, sie öffnen als Tanuri diese Fragen nach dem Sinn stellte. Tatsächlich aber gelingt es ihr seine Aufmerksamkeit auf die Frage zu legen. "Wisst ihr, wirklich zu sterben ist ein Unterschied zu dem Sterben der Wiedergeburt. Es ist gewaltsamer und zerreißt euch. Ob danach was bleibt vermag ich nicht zu sagen, denn ich habe die Schwelle ja nicht übertreten. Wie ist das also was ist Leben, was ist Existenz, was Realität und was ist Tod. Wo setzt man die Grenzen? Ist etwas tot weil es nicht mehr atmet, weil das Herz schweigt, weil die alten Funktionen nicht mehr gebraucht werden? Dann sind alle Pflanzen tot, sie haben kein Herz, keine Lungen, keinen Kreislauf aber sie sind es nicht, oder? Sie sind Leben. Wie ist das also mit dem Untot. Ist eine Raupe tot, weil sie sich verwandelt? Eine Metamorphose durchläuft? Ich denke ich habe eine andere Existenz angenommen, eine andere Art von Leben. Fern der alten zerbrechlichen sterblichen Hülle." Die Unsterblichkeit die keine war. Sie wusste das genau. Zwar kann das Alter und Krankheit - zumindest jene Krankheiten die ihm bekannt waren - nichts anhaben, aber sie können vernichtet werden. Es wäre also falsch zu glauben, dass sie unsterblich wären. Die Frage nach dem Sinn war schwieriger. Sehr viel schwieriger.
"Ist es das was ihr tut? Auf den Tod warten?" Einen Moment schrägte sich der Kopf und vielleicht sah sie sogar sowas aufrichtige Neugierde. "Warum? Ihr wirkt nicht sonderlich ..oh.. wie nenne ich das? Glücklich in eurem Dasein. Was also soll daran erstrebenswert sein, als auf ein Ende zu warten?" Es wurde gerade hoch philosophisch. Wer hätte das gedacht, dass sie mal solche Gespräche führen würde. Noch dazu mit ihm.
Er drehte den Kopf leicht zu den Geflechten aus lebendigem Material. "Jeder einzelne geht einen eigenen Weg. Mit seiner Entwicklung. Ich wollte einst mal heiraten und vielleicht sogar Familie gründen vor sehr, sehr, sehr langer Zeit. Ich trug die Schwingen Artherks. Damals dachte ich, ich wäre ein guter und gerechter Mann. Einfach, aber gerecht und ehrlich. Ich erspare dir meine Lebensgeschichte, sie ist wie man sagen würde, verworren wie so viele Leben und voller Tragödien und falscher Erwartungen, jedenfalls am Ende lag ich im Sterben mit einem Dolch niedergestrochen im Kirchenschiff Lichthafens. Das war der Moment von dem ich wusste, dass ich es nicht überleben würde." Er machte eine Pause. Die Finger glitten an den verknöcherten Strukturen des Panzers entlang. Unscheinbar versteckt, in der Höhe des Brustkorbes der linken Lunge. Schwer zu sehen, aber sie war noch da, die einzige Narbe die er niemals heilen kann. Er schnaubte einen Moment. Diese kleine unscheinbare vernarbte Stelle war zwar veränderbar, aber jede Nacht war sie wieder da. Es war das einzige unabängerliche Ding das er nicht dauerhaft entfernen konnte.
"Die Täterin war eine verschmähte Frau. So kann es laufen. Mein einziger Fehler lag darin ihre Liebe nicht zu erwidern. In diesem hochdramatischen Auftritt meiner Mörderin, wenn nicht sie dann keiner wurde ich gerettet von meinen Eltern. Ihr glaubt wir zwingen Menschen in diese Existenz. Oh das tun wir nicht. Wir erwählen sehr sorgfältig. Wenn er Moment kommt an dem eine Entscheidung gefällt wird, entscheidet am Ende das Blut und der Wille ob jemand diese Verwandlung überlebt. Nicht jeder ist für diese Existenz geschaffen, für die Welt der Dunkelheit und des Blutes. Viele verlieren sich im romantischem Bild der Legenden. Der Rest ist schnell gesagt. Ich tat was mein Blut mir sagte. Mh - im Grunde ist es eine Entwicklung. Wir eine Spinne ein Netz spinnt um ihre Beute zu fangen, darin einzuwickeln und später zu verspeisen. Die Beispiele gibt es in der Natur zu Hauf. In sofern ist meine Art nicht mal wirklich widernatürlich, auch wenn es einfacher ist das als solches zu sehen." Er lächelte fast etwas schelmisch.
"Fast könnte ich meinen ich höre sowas wie Mitleid in euren Worten, falls ich sage ich wurde gezwungen. Das Blut ist sehr mächtig und da stimmt ihr mir zu, nicht wahr. Aber stellt sich eine Fliege die Frage nach ihrer Existenz.. wenn sie nach einem Tag stirbt? Eine Gottesanbeterin wieso ihren Liebsten verspeist?" Einen Moment verharrte er und studierte ihre Haltung und ihre Gestik genau. Irgendwie erschien ihm diese Frau als hätte sie zwei Seiten. Eine Seite die unbedingt um das kämpft was sie glaubt und vermutlich auch liebt und die andere Seite die bereits zerbrochen ist und eigentlich nur noch schlafen möchte.
"Gegenfrage werte Priesterin, ermüdet es euch nicht euch zu zwingen ein Amt zu tragen, dass euch zerstören wird oder sogar schon hat? Wie viele vor euch."
Diese Frage wurde fast schon beantwortet. Sie war müde. Sie wartete wirklich nur noch auf den Tod. "Der Moment wo ich merke das ihr mehr tot seid als ich es je war. An dem ich feststelle das ihr eurer Leben mehr aufgegeben habt, als ich es je in der Erwägung ziehen würde."
Einen Moment musste er darüber nachdenken. War es traurig? Er war immer von einem stolzen, erhabenen Wesen ausgegangen. Aber im Moment schien sie eher eine zerbrochene Frau zu sein. Nur noch ein Echo von dem was sie einst war. Überspielt mit Beherrschung und Wortgewandten Reden konnte jeder alles verkaufen. Doch hier war sie vielleicht nach langer Zeit endlich mal ehrlich zu sich selbst. Was hatte sie auch zu verlieren. Es spielte keine Rolle.
Die Frage nach Freya wendete das Blatt wieder zu dem unrühmlichen realistischen Teil. "Nun ja ich kann euch zumindest sagen, dass mir nicht entgangen ist wie wertvoll sie euch zu sein scheint. Aus Neugierde wurde Recherche.. und aus der Recherche wurde die Erkenntnis des Zwillingsbundes. Es ist erstaunlich, denn wie selten ist es, dass Beide überleben? Wo es doch nicht der Sinn der Sache ist. Nicht wahr?" Es blieb ihm keine Wahl. Es kam der Zeitpunkt an dem es keinen Grund mehr gab weiter zu bluffen. "Ich habe nie gewusst wo sie ist. Nicht mal Ansatzweise. Das wusstet ihr bereits, tief in eurem Inneren. Aber all das war nötig um genug Zeit zu gewinnen. Ihr habt mir nie geglaubt, dass weiß ich. Insofern ward ihr klug genug, nicht auf meine Finte reinzufallen. Ich sagte ja, meine Pläne sind völlig andere. Ihr seid eben was ihr seid. Wie ich bin was ich bin. Ich brauche euch - jede Zelle eures Leibes."
Was bleibt dann übrig?
Die Sprache versteht er nicht. Auch wenn er alt war, so vermochte er nicht alles zu verstehen. Er sprach nicht alle Sprachen und diese war eine davon. Noch während er sein Geständnis wirken ließ, betrat eine Kreatur den Raum. Sie war klein. Es war bestimmt mal ein Mensch gewesen, aber jetzt erinnerte alles mehr an einen vierbeinigen Hund. Aber mit Händen, die einen Stapel Papiere brachte. Auf den Tisch legte und sich wortlos wieder entfernte. Die unangenehme Stille die sein Geständnis ausgelöst hatte löste dann das Blättern in den Papieren ab.
"Schauen wir mal was die Stadtmauer so zu bieten hat." Er blätterte die Abschriften langsam durch. Einige landeten gleich zerknüllt an der Seite. Einige nicht. "Mh, ein Tribunal und ein Ultimatium. Sie haben den Köder erst mal geschluckt." Dachte er laut. Er trat an den Käfig heran um der Priesterin die Abschriften für Nathaniels Tribunal und Aidens Ultimatum an Etoh zu überreichen. "Hier habt ihr was zu lesen, denn das Tribunal sehe ich mir an. So ganz ohne Klägerin." Wer weiß welche Erkenntnisse sich da zeigen werden.
Er drehte sich wieder ein. "Ich denke ihr werdet eine Weile ohne mich zurecht kommen. Macht es euch gemütlich." Die Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Dann griff er den Bogen aus Knochen und Sehnen, den Köcher und ließ sie mit ihren Gedanken und den zwei Papieren von der Stadtmauer alleine. Nun hatte sie vielleicht ein wenig Zeitgefühl und doch, wer weiß wann er zurück kam und mit welchen Informationen er wiederkehrte.
Sie war alleine.
Alleine mit den Gedanken.
Alleine mit den Ängsten.
Alleine mit dem grotesken Leben um sie herum.
Zuletzt geändert von Landru am Mo 13. Mai 2024, 16:54, insgesamt 1-mal geändert.
Sohn seiner Lordschaft Kain und der Lady Enoia Vykos
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#1007
Die Gräfin
Die Stirn runzelte sich einen Moment. Während sie das Mädchen betrachtete. Diesen jugendlichen Leib. Sie stützte sich auf den Stock. Der Blick glitt an dem Mädchen vorbei. Belanglos durch den Raum, als würde sie ihre Worte nicht gehört haben. Keine wirkliche Reaktion wie Freya es vermutlich gewohnt war. Wie jemand sonst reagieren würde, wenn eine des Klerus einer Kirche sich kundtat. Doch es schien, als löste diese Beschreibung nichts aus. Nicht mal ein Zucken des Mundwinkels. Das konnte nun viel bedeuten. Die Gräfin könnte einfach sowas wie eine Gottheit nicht kennen. Oder die Bedeutung dessen. Die Bedeutung dieses Wesens das ein Gott war. Sie könnte nicht wissen was es bedeutet zu glauben oder was Glaube war. Wie bedrohlich oder mächtig es sein konnte. Oder aber sie war so abgestumpft, dass sie es schlicht ignorierte, möglicherweise Götter zu verärgern.
"Dunkler Schöpfer." Wiederholte sie mit einem langsamen Klang. Sehr betont, sehr langsam. Als wollte sie sich das Wort auf der Zunge zergehen lassen. "Ein Kind geboren aus dem Schoss des dunklen Schöpfers. Ein Obsidian der Lehre seines Wortes." Sprach sie langsam. Schaute weiterhin an ihr vorbei und so kühl wie die Worte klingen, war die Bedeutung ihres Inhaltes leer. Es klang einfach wie eine Anpreisung, ein Verkaufsslogan. Eine Möglichkeit dieses Mädchen zu was besonderem zu machen.
"Das ist gut. Das behalten wir bei. Jeder möchte gerne ein Orakel besitzen. Oh ich könnte mir vorstellen der Wüstenprinz würde sich um dich reißen. Aber da kommen auch noch andere in Frage die spirituellen unter den Käufern. Beim Prinz bin ich sicher, dass er Interesse hätte. Er sammelt außergewöhnliche Frauen." Da war es zerstört. Die Hoffnung, die Gräfin kennt die Macht die Freya unterstellt war an. Nein, tut sie nicht. Nicht mal ansatzweise schien das irgendwelche Auswirkungen zu haben. Es war ernüchternd wie wenig ein Titel oder eine Lehre an Gewicht hatte.
"Es war ein langer Tag Freya. Ich denke du solltest ein Bad nehmen, dich anziehen und dann wird dir Milla das Zimmer zeigen. Du teilst es mit ihr. Wenn die Glocke schlägt gibt es Essen. Die Glocke schlägt vier mal. Bist du beim vierten Mal nicht im Speisezimmer, gehst du hungrig ins Bett. Wir haben Regeln. Bis du des lesen mächtig?" Sie stoppte kurz. "Natürlich bist du das, wenn du bereits Schriften studiert hast." Sie zog eine Schriftrolle hervor und reichte die Freya. "Wir haben Zeiten die vorgesehen sind, damit Ablauf nicht gestört wird. Unterbrechungen werden geahnet. Es steht alles dadrin." Sie tippte gegen die Rolle. "Geltend ab sofort." Das kann nur schief gehen. Das war unmöglich sich das alles zu merken binner Minuten. Wenn Freya das Pergament öffnete, entrollte sich eine Liste.
Wir dienen mit Eifer, Sorgfalt und Gehorsam Mit Übergabe dieser Schrift gelten die Regeln sofort.
| ||
Die Gräfin drehte sich ein. Die Finger strichen über die Gewandung die sie hier gelassen hatte. Dann griffen ihre Hände nach dem Metallischen Reif. Freya kann es nicht genau sehen, da die Frau ihr den Rücken zu drehte für den Moment. Die freie Hand lüftet kurz den Schleier auf den Augen, violetter-grüner Schimmer windet sich ums Metall. Alte schwere Worte kamen aus dem Mund, sie hörten sich nicht wie Worte einer Sprache an, mehr wie unmenschliche Laute. Unbekannt und so befremdlich. Tief, keine liebliche Frauenstimme. Eine tiefe unsagbar dumpfe verzerrte, grotesk anmutende Tonfolge. Laute, vielleicht.
"Mgepah'ehye ah'lw'nafh
mgepah'ehye bthnkor
mgepah'ehye orr'e
mgepah'ehye orr'e"
mgepah'ehye bthnkor
mgepah'ehye orr'e
mgepah'ehye orr'e"
Das Schimmern starb als die Finger den Schleier wieder vor die Augen legten. Als wäre nichts passiert. Aber Freya spürt das was passiert war. Freya spürt gewaltige Magie, eine bösartige Magie, eine die nicht von Menschen kontrolliert werden kann. Vielleicht Dämonisch aber nein, selbst das war es nicht. Es war so unglaublich überwältigend. Als wenn eine ganz einige ursprüngliche Bösartige Essenz diesen Ort erfüllte. Die Worte die sie gehört hatte oder die Laute, dringen bis in die kleinste Zelle ihres Seins. Wecken Emotionen die kaum einer Beschreibung genügen. So tief, so eindringlich und so erschreckend, dass man meinen könnte, diese Worte selbst können schon traumatisieren.
Die Gräfin, dass erschien klar, war vielleicht ein Mensch gewesen, aber das was in ihr lebte, war etwas Anderes. Noch unbekanntes. Undefinierbares. Etwas was sich eingenistet hat und die Gräfin, wie sie einst vielleicht war, komplett verschlungen hatte oder unterdrückt.
Die Hände heben das Metall und wollen es Freya nun anlegen. Kalt und doch anschmiegsam. So sie nichts dagegen tut oder sich verweigert, schmiegt sich der Reif wie eine zweite Haut an. Aber sie spürt auch wie es sich schließen würde und versiegelt. Wie es sich bindet, verbindet mit ihr, mir ihrem Geist, mit ihrem Fleisch. In ihrem Kopf formen sich fremde Worte, nicht die ihren, gleicher Klang wie bei der Gräfin. Nur das diesmal niemand sie spricht. Doch Freya kann sie verstehen. Schwer und leise, aber aus den Lauten formte sich eine Bedeutung. Eine erdrückende Bedeutung.
Die Gräfin, dass erschien klar, war vielleicht ein Mensch gewesen, aber das was in ihr lebte, war etwas Anderes. Noch unbekanntes. Undefinierbares. Etwas was sich eingenistet hat und die Gräfin, wie sie einst vielleicht war, komplett verschlungen hatte oder unterdrückt.
Die Hände heben das Metall und wollen es Freya nun anlegen. Kalt und doch anschmiegsam. So sie nichts dagegen tut oder sich verweigert, schmiegt sich der Reif wie eine zweite Haut an. Aber sie spürt auch wie es sich schließen würde und versiegelt. Wie es sich bindet, verbindet mit ihr, mir ihrem Geist, mit ihrem Fleisch. In ihrem Kopf formen sich fremde Worte, nicht die ihren, gleicher Klang wie bei der Gräfin. Nur das diesmal niemand sie spricht. Doch Freya kann sie verstehen. Schwer und leise, aber aus den Lauten formte sich eine Bedeutung. Eine erdrückende Bedeutung.
Y' llll ah ymg'
syha'h!
Ich bin bei dir, für immer.
syha'h!
Ich bin bei dir, für immer.
Eine Fessel, welche sie nur schwer alleine ablegen kann. Sofern das alles so geschehen ist, wendet sich die Frau zum Gehen.
"Ich denke du hast jetzt noch etwas Zeit. Ich gestatte dir, dich heute noch ausnahmsweise außerhalb dieser Zeiten zu bewegen. Für dich gilt: ab dem nächsten Glockenschlag dich in den Ablauf einzufinden. Ich denke eine so gebildete junge Dame kriegt das hin. Ich erwarte da sicher nicht zu viel. Ach.. " Sie schritt auf die Türe zu, aber hielt davor noch mal inne. "Milla ist ab jetzt deine Kragenschwester. Namen sind euch nicht erlaubt. Ich gewähre euch diese Namen, damit ihr wer werdet. Aber ihr könnt euch untereinander nicht zu etwas machen. Denn wer nichts ist kann niemanden helfen jemand zu sein. Ja? Du wirst sie also nicht so nennen wie ich es tue und ich habe meine Ohren überall." Das war vermutlich sogar sehr wahr.
Als sie Freya erneut alleine ließ mit dem Papier in der Hand.
Lächelte Sie nicht.
#1008
Mila blickte einige Zeit zu dem Gast, bevor sie sich daran machte, ihm ein Glas aus einer der Flaschen einzuschenken. Immerhin war es fraglich, ob es ihm wirklich zuträglich war, Alkohol zu trinken. Das schweigsame Nicken des Medicus nahm sie jedoch, als Zustimmung dafür, dass die der Bitte des Fremden Folge leisten konnte.
Wenn nicht die Inquisitorin Fragen haben sollte, so würde sicherlich der wachhabende Posten nicht versäumen, Fragen zu stellen, die zu den Umständen geführt hatten. Spätestens der General würde solche einfordern. Daher war es vielleicht vorerst auch die richtige Wahl, dem Gast entgegenzukommen. Die Hausdame nahm eine der Flaschen, die sonst für die Herrschaften gedacht waren und füllte eines der Gläser. Dunkel schimmerte die Flüssigkeit in dem edlen Kristall in den Lichtstrahlen der Sonne, bevor sie das Glas nahm, um mit eiligen Schritten an ihn heranzutreten.
„Hier, Mylord“, erwiderte sie, als sie ihm das gewünschte Getränk übergab, nur um in ihrer besorgten Art weiter fortzufahren. „Bleibt ruhig sitzen. Ich gebe den Herrschaften Bescheid.“
Nachdem sie Stellan das Glas gereicht hatte, streckten sich ihre Arme nach dem kleinen Mädchen aus, das unverändert da hockte und dessen Blick einzig mit dem Mann mitwanderte. Wer immer er war, sie schien eine Affinität für ihn zu haben. Doch zeigte es weder von Benehmen, noch war es der Ort für das Kind selbst, weshalb sie weniger gütig, wie Syndra zuvor den kleinen Körper in die Höhe hob und sie neben sich auf den Boden stellte.
„Das Mädchen wollte Euch nicht von der Seite weichen“, erklärte sie, auf Stellans kritisch wirkende Frage zu dem Verbleib der Mutter, die seit einigen Tagen bereits nicht mehr die Hallen besucht hatte. Doch darüber schwieg sie still. Er war ein Fremder und nach den Drohungen an den Stadtmauern hatte Lord Al Saher darauf bestanden, ein besonderes Auge auf das Mädchen zu haben. „Ihre Mutter ist nicht anwesend.“
Einen harschen Tonfall war Mila durchaus gewohnt, jedoch war er ein Gast. Ein Fremder. Weitere Antworten würde sie ihm sicher nicht geben.
„Ich werde umgehend nach der Inquisitorin schicken lassen“, sagte Mila mit einem Nicken und verabschiedete sich, indem sie nach Nymerias Hand griff. Da der Mann erwacht war, war es unter Umständen besser, das Kind zu ihrer Schwester zu bringen. Sicherlich wollte die Inquisitorin oder Leitung des Hauses mit ihm einige Worte wechseln. Auch wenn das Kind keine störenden Laute von sich gab, konnte es den Fremden stören und bevor Nymeria das Essen vergaß, würde sie ihr erstmal ein frisches Brot machen.
„Komm, Nymeria, ich bringe dich wieder zu deiner Schwester.“
Erneut zeigte das Mädchen keine Reaktion, keine Regung. Nymeria machte jedoch keine Anstalten zu gehen oder sich zu bewegen. Sie blieb an Ort und Stelle stehen, wo Mila sie abgesetzt hatte, nur um durch ihre Locken hindurch zu dem Mann zu sehen. Nichts bis auf ein zartes Blinzeln. Dass Mila ihre Hand genommen hatte, schien sie kaum zu bemerken oder es war ihr gleich. Leise, fast schon tonlos formten ihre Lippen erneut wieder nur ein Wort. „Hagal...“
Wenn nicht die Inquisitorin Fragen haben sollte, so würde sicherlich der wachhabende Posten nicht versäumen, Fragen zu stellen, die zu den Umständen geführt hatten. Spätestens der General würde solche einfordern. Daher war es vielleicht vorerst auch die richtige Wahl, dem Gast entgegenzukommen. Die Hausdame nahm eine der Flaschen, die sonst für die Herrschaften gedacht waren und füllte eines der Gläser. Dunkel schimmerte die Flüssigkeit in dem edlen Kristall in den Lichtstrahlen der Sonne, bevor sie das Glas nahm, um mit eiligen Schritten an ihn heranzutreten.
„Hier, Mylord“, erwiderte sie, als sie ihm das gewünschte Getränk übergab, nur um in ihrer besorgten Art weiter fortzufahren. „Bleibt ruhig sitzen. Ich gebe den Herrschaften Bescheid.“
Nachdem sie Stellan das Glas gereicht hatte, streckten sich ihre Arme nach dem kleinen Mädchen aus, das unverändert da hockte und dessen Blick einzig mit dem Mann mitwanderte. Wer immer er war, sie schien eine Affinität für ihn zu haben. Doch zeigte es weder von Benehmen, noch war es der Ort für das Kind selbst, weshalb sie weniger gütig, wie Syndra zuvor den kleinen Körper in die Höhe hob und sie neben sich auf den Boden stellte.
„Das Mädchen wollte Euch nicht von der Seite weichen“, erklärte sie, auf Stellans kritisch wirkende Frage zu dem Verbleib der Mutter, die seit einigen Tagen bereits nicht mehr die Hallen besucht hatte. Doch darüber schwieg sie still. Er war ein Fremder und nach den Drohungen an den Stadtmauern hatte Lord Al Saher darauf bestanden, ein besonderes Auge auf das Mädchen zu haben. „Ihre Mutter ist nicht anwesend.“
Einen harschen Tonfall war Mila durchaus gewohnt, jedoch war er ein Gast. Ein Fremder. Weitere Antworten würde sie ihm sicher nicht geben.
„Ich werde umgehend nach der Inquisitorin schicken lassen“, sagte Mila mit einem Nicken und verabschiedete sich, indem sie nach Nymerias Hand griff. Da der Mann erwacht war, war es unter Umständen besser, das Kind zu ihrer Schwester zu bringen. Sicherlich wollte die Inquisitorin oder Leitung des Hauses mit ihm einige Worte wechseln. Auch wenn das Kind keine störenden Laute von sich gab, konnte es den Fremden stören und bevor Nymeria das Essen vergaß, würde sie ihr erstmal ein frisches Brot machen.
„Komm, Nymeria, ich bringe dich wieder zu deiner Schwester.“
Erneut zeigte das Mädchen keine Reaktion, keine Regung. Nymeria machte jedoch keine Anstalten zu gehen oder sich zu bewegen. Sie blieb an Ort und Stelle stehen, wo Mila sie abgesetzt hatte, nur um durch ihre Locken hindurch zu dem Mann zu sehen. Nichts bis auf ein zartes Blinzeln. Dass Mila ihre Hand genommen hatte, schien sie kaum zu bemerken oder es war ihr gleich. Leise, fast schon tonlos formten ihre Lippen erneut wieder nur ein Wort. „Hagal...“
Die Entscheidung über Leben und Tod war gefallen.
Der Gott des Chaos traf seine Wahl und einem der Kinder wurde das Leben gegeben, ganz so, wie es immer angedacht gewesen war.
Wie der brennende Phönix aus seiner Asche, entstieg Nymeria den lodernden Flammen aus Ogrimars Reich.
Möge sie, die Tochter der Tanuri var Aesir, mit den gnadenlosen Gesetzen ihres dunklen Herrn aufwachsen und der ihr zugedachten Bestimmung gerecht werden.
08/06/2021 ["CC Main"] "Das Orakel": Wir gratulieren Nymeria zu ihrer ersten Wiedergeburt!
~ Alle doof, außer Mutter!~
- Kenna de Vil
- Schmied / Schmiedin
- Beiträge: 73
- Registriert: Mi 21. Apr 2021, 07:55
- Hat sich bedankt: 1 Mal
- Danksagung erhalten: 5 Mal
#1009
Adrians Gemächer in den Hallen der Legion
Als Kenna Liadans zögernden Blick in Richtung Zimmertür registrierte, meinte sie eilig „Erwarten wir noch jemanden oder müsst Ihr fort?“ Automatisch richtete sie ihren Fokus auf Geräusche, die sich eventuell von außen nähern würden, konnte jedoch für den Moment nichts wahrnehmen. Leicht drehte sie ihr Gesicht wieder der Bognerin zu, die gemütlich auf der Tagesdecke saß. Von Adrians Auftrag konnte sie schließlich nichts wissen.
„Ich habe dem Verursacher meiner Unpässlichkeit ein paar Andenken hinterlassen.“ Erklärte sie auf die Nachfrage hin ausweichend, aber unmissverständlich. Es waren in dem Fall keine Taten, mit denen sie sich rühmte. Sie schätzte eher die Herausforderung. Und ihre Flucht glich eher einem in die Enge getriebenen Tier. Die Rache jedoch, sparte sie sich für einen ganz besonderen Moment in der Zukunft auf.
Um sich dem neugierigen Blick Liadans zu entziehen, zog sie das Bein zurück und schob die Robe über den Knien wieder glatt, als könnte sie damit die Verletzung unsichtbar machen.
Dankbar für den Themenwechsel ging sie sogleich darauf ein.
„Das scheint ja ein phänomenaler Bogenbaumeister zu sein – verratet Ihr mir seinen Namen und wo ich ihn finden kann? Wenn er so bekannt ist, hätte ich eigentlich schon von ihm hören müssen… oder verweilt er tatsächlich bereits im Jenseits?“ meinte die Jägerin und ließ sich dabei von Liadans Erheiterung anstecken.
„Ich bevorzuge einen Bogen, mit gebogenen Wurfarmen, da man mit diesem besonders schnell schießen kann und er trotzdem leicht in der Hand liegt.“
Deutlich erinnerte sie sich an ihre einzigartige Waffe, welche wie eine Verlängerung ihres Armes fungiert hatte und regelrecht mit ihr verschmolzen war, sobald sie ihre Finger um das edle Holz gelegt hatte. Seine 38 Einkerbungen auf dem oberen Schwung als stumme Zeugen des Erfolges in der ewig währenden Fehde mit dem weißen Gesindel, hatten jedem auf Anhieb klar gemacht, mit wem man es zu tun bekam. Doch was sollte es nun bringen, sich ewig und drei Tage in Erinnerungen zu baden und Vergangenem nachzutrauern? Was zerbrochen war, konnte man nicht wieder flicken. Es würde nur wieder entzweibrechen.
Sie atmete einmal tief ein und zuckte mit den Schultern.
Auch Kenna könnte sich natürlich endlos in Fachsimpelei ergehen, doch der Mondschein, der inzwischen gedämpft durch das Fenster hereinfiel und ein sanftes Muster auf den Boden zwischen ihnen zeichnete, zeigte an wie die Zeit verstrich. Vielleicht wäre dazu ein anderes Mal mehr Zeit. Gerne hätte sie auch Liadans Handfeuerwaffe genauer in Augenschein genommen.
Kenna war unterdessen klar, dass Liadan ihre Angelegenheiten nicht einfach so mit ihr teilen würde, dafür genügte ein Blick in die grau-grünen Augen. Nun - sie würde nicht weiter in sie dringen. Sie hatte es aufgegeben, Personen mehr als einmal nach etwas zu fragen. Kenna selbst hätte vermutlich ebenso gehandelt, schließlich waren sie quasi Fremde und Vertrauen war etwas, dass man sich verdienen musste. Und gewährte man es einmal, war es dennoch nicht ausgeschlossen, dass darauf nichts als Enttäuschung folgte. Erfahrungen, die es jedes Mal schwerer machten, erneut zu Vertrauen. Also warum sich überhaupt noch darauf einlassen?
Die Jägerin spürte förmlich, wie die wohlvertraute Dunkelheit nach ihr griff und nur zu gerne ließ sie sich davon einnehmen. So verschwand die Erheiterung auf ihren Zügen, genauso schnell wie sie sich zuvor davon hatte anstecken lassen.
Krieg und Chaos…
Echote Kenna in Gedanken die Worte der Bognerin, während sie zusah, wie diese das Federkissen bearbeitete, sogar dann noch, als Kenna keine auch noch so winzige Falte mehr ausmachen konnte. War sie selbst so pedantisch oder wollte sie es nur jemand anderem recht machen?
„Macht Euch um mich keine Gedanken, ich komme schon zurecht, so schlimm ist es nicht.“ Antworte sie leichthin und möglicherweise ein wenig untertrieben auf den weisen Ratschlag Liadans, gestand sie doch nur ungern eine Schwäche ein, die sie selbst nicht länger akzeptieren würde. „Genauso wenig, wie ihr hilfsbedürftig auf mich wirkt.“
So elegant wie es ihr möglich war, erhob sich Kenna schließlich und schob den Stuhl wieder zurecht, ganz exakt so wie er vor ihrem Eintreten in dem Raum gestanden hatte. Ginge es nach ihr, wäre sie schon bald wieder auf der Jagd. Denn im Gegensatz zu der immer fröhlich wirkenden Bognerin ihr Gegenüber, lebte Kenna für das Töten. Auch sie liebte die Präzision, aber vermutlich auf gänzlich andere Weise.
Während sie noch plauderten, trat Kenna an die Kommode auf der anderen Seite des Zimmers heran, zog mit einem leisen schabenden Geräusch die oberste Schublade auf und griff hinein. Kühl lag der Griff ihrer Haarbürste in ihrer Hand, als sie jene an sich nahm. Ein für sie ungewöhnlich verspielt aussehendes Utensil, mit elfenbeinfarbenen Schnitzereien auf dem Rücken. Sie hatte zwar keine Verwendung mehr dafür, aber es handelte sich um ein Erbstück ihrer Großmutter. Geschickt ließ sie die Bürste in der eingenähten Tasche ihres Kleides verschwinden und schob die Lade zurück in das Möbelstück. Dann kehrte sie zu Liadan zurück und lehnte sich lässig an die Tischkante, ohne sich wieder hinzusetzen.
„Es war schön sich einmal fernab von allen unterhalten zu können.“ Ein warmes Lächeln zeichnete ein zartes Grübchen in ihr Gesicht. „-und ich bin sicher, ihr seid seine Lieblingsschwägerin.“
Als Kenna Liadans zögernden Blick in Richtung Zimmertür registrierte, meinte sie eilig „Erwarten wir noch jemanden oder müsst Ihr fort?“ Automatisch richtete sie ihren Fokus auf Geräusche, die sich eventuell von außen nähern würden, konnte jedoch für den Moment nichts wahrnehmen. Leicht drehte sie ihr Gesicht wieder der Bognerin zu, die gemütlich auf der Tagesdecke saß. Von Adrians Auftrag konnte sie schließlich nichts wissen.
„Ich habe dem Verursacher meiner Unpässlichkeit ein paar Andenken hinterlassen.“ Erklärte sie auf die Nachfrage hin ausweichend, aber unmissverständlich. Es waren in dem Fall keine Taten, mit denen sie sich rühmte. Sie schätzte eher die Herausforderung. Und ihre Flucht glich eher einem in die Enge getriebenen Tier. Die Rache jedoch, sparte sie sich für einen ganz besonderen Moment in der Zukunft auf.
Um sich dem neugierigen Blick Liadans zu entziehen, zog sie das Bein zurück und schob die Robe über den Knien wieder glatt, als könnte sie damit die Verletzung unsichtbar machen.
Dankbar für den Themenwechsel ging sie sogleich darauf ein.
„Das scheint ja ein phänomenaler Bogenbaumeister zu sein – verratet Ihr mir seinen Namen und wo ich ihn finden kann? Wenn er so bekannt ist, hätte ich eigentlich schon von ihm hören müssen… oder verweilt er tatsächlich bereits im Jenseits?“ meinte die Jägerin und ließ sich dabei von Liadans Erheiterung anstecken.
„Ich bevorzuge einen Bogen, mit gebogenen Wurfarmen, da man mit diesem besonders schnell schießen kann und er trotzdem leicht in der Hand liegt.“
Deutlich erinnerte sie sich an ihre einzigartige Waffe, welche wie eine Verlängerung ihres Armes fungiert hatte und regelrecht mit ihr verschmolzen war, sobald sie ihre Finger um das edle Holz gelegt hatte. Seine 38 Einkerbungen auf dem oberen Schwung als stumme Zeugen des Erfolges in der ewig währenden Fehde mit dem weißen Gesindel, hatten jedem auf Anhieb klar gemacht, mit wem man es zu tun bekam. Doch was sollte es nun bringen, sich ewig und drei Tage in Erinnerungen zu baden und Vergangenem nachzutrauern? Was zerbrochen war, konnte man nicht wieder flicken. Es würde nur wieder entzweibrechen.
Sie atmete einmal tief ein und zuckte mit den Schultern.
Auch Kenna könnte sich natürlich endlos in Fachsimpelei ergehen, doch der Mondschein, der inzwischen gedämpft durch das Fenster hereinfiel und ein sanftes Muster auf den Boden zwischen ihnen zeichnete, zeigte an wie die Zeit verstrich. Vielleicht wäre dazu ein anderes Mal mehr Zeit. Gerne hätte sie auch Liadans Handfeuerwaffe genauer in Augenschein genommen.
Kenna war unterdessen klar, dass Liadan ihre Angelegenheiten nicht einfach so mit ihr teilen würde, dafür genügte ein Blick in die grau-grünen Augen. Nun - sie würde nicht weiter in sie dringen. Sie hatte es aufgegeben, Personen mehr als einmal nach etwas zu fragen. Kenna selbst hätte vermutlich ebenso gehandelt, schließlich waren sie quasi Fremde und Vertrauen war etwas, dass man sich verdienen musste. Und gewährte man es einmal, war es dennoch nicht ausgeschlossen, dass darauf nichts als Enttäuschung folgte. Erfahrungen, die es jedes Mal schwerer machten, erneut zu Vertrauen. Also warum sich überhaupt noch darauf einlassen?
Die Jägerin spürte förmlich, wie die wohlvertraute Dunkelheit nach ihr griff und nur zu gerne ließ sie sich davon einnehmen. So verschwand die Erheiterung auf ihren Zügen, genauso schnell wie sie sich zuvor davon hatte anstecken lassen.
Krieg und Chaos…
Echote Kenna in Gedanken die Worte der Bognerin, während sie zusah, wie diese das Federkissen bearbeitete, sogar dann noch, als Kenna keine auch noch so winzige Falte mehr ausmachen konnte. War sie selbst so pedantisch oder wollte sie es nur jemand anderem recht machen?
„Macht Euch um mich keine Gedanken, ich komme schon zurecht, so schlimm ist es nicht.“ Antworte sie leichthin und möglicherweise ein wenig untertrieben auf den weisen Ratschlag Liadans, gestand sie doch nur ungern eine Schwäche ein, die sie selbst nicht länger akzeptieren würde. „Genauso wenig, wie ihr hilfsbedürftig auf mich wirkt.“
So elegant wie es ihr möglich war, erhob sich Kenna schließlich und schob den Stuhl wieder zurecht, ganz exakt so wie er vor ihrem Eintreten in dem Raum gestanden hatte. Ginge es nach ihr, wäre sie schon bald wieder auf der Jagd. Denn im Gegensatz zu der immer fröhlich wirkenden Bognerin ihr Gegenüber, lebte Kenna für das Töten. Auch sie liebte die Präzision, aber vermutlich auf gänzlich andere Weise.
Während sie noch plauderten, trat Kenna an die Kommode auf der anderen Seite des Zimmers heran, zog mit einem leisen schabenden Geräusch die oberste Schublade auf und griff hinein. Kühl lag der Griff ihrer Haarbürste in ihrer Hand, als sie jene an sich nahm. Ein für sie ungewöhnlich verspielt aussehendes Utensil, mit elfenbeinfarbenen Schnitzereien auf dem Rücken. Sie hatte zwar keine Verwendung mehr dafür, aber es handelte sich um ein Erbstück ihrer Großmutter. Geschickt ließ sie die Bürste in der eingenähten Tasche ihres Kleides verschwinden und schob die Lade zurück in das Möbelstück. Dann kehrte sie zu Liadan zurück und lehnte sich lässig an die Tischkante, ohne sich wieder hinzusetzen.
„Es war schön sich einmal fernab von allen unterhalten zu können.“ Ein warmes Lächeln zeichnete ein zartes Grübchen in ihr Gesicht. „-und ich bin sicher, ihr seid seine Lieblingsschwägerin.“
~ Ich wasche meine Hände im Blut der Unschuldigen. ~
- Adrian
- Dorfältester / Dorfälteste
- Beiträge: 148
- Registriert: Di 1. Feb 2011, 15:18
- Danksagung erhalten: 2 Mal
#1010
Lange genug verweilte Adrian bereits in der Legion, um zu wissen, dass die Feder, die Asche zusammen mit seinem Dokument hergebracht hatte, ein Zeichen war. Die Schlussfolgerung, die er aus dem bisherigen Stillschweigen gezogen hatte, sowie seinen ersten Erkenntnissen hatte den Dunkelmagier unmittelbar in das Herz der weißen Sippschaft geführt. Das Zentrum der Ungläubigen und Schäfchen sowie ihres Predigers.
Ohne weitere Worte hatte Adrian das getan, was er für richtig hielt. Das Pack mit ihrem törichten Scherz konfrontiert. Beim Dunklen selbst würde er ihnen das Lachen austreiben und sie mit Leben bezahlen lassen. Der Pfaffe hatte die Wahl. Sollte sich sein Verdacht erhärten oder publik werden, würde er im Namen des Einen dafür sorgen, dass das Chaos über sie hereinbrechen würde und jeder, der aus ihren eigenen Reihen nur zusah, würde seinen Preis dafür vor dem dunklen Lord selbst bezahlen.
Ogrimar forderte Opfer und tolerierte kein Versagen, keine Schwäche und kein Zögern. Der Glaube stand über allem und somit auch die Priesterschaft.
„Narren.“ Seine Stimme war ein eisiges Urteil, nachdem er die Gemeindehalle verlassen hatte. Es war bezeichnend genug, dass Etoh umgehend eine Unschuldsvermutung aussprach, um sich schützend vor sein Rudel aus herzerweichenden Jüngern zu stellen. Jedoch war es nicht überlegt und nüchtern betrachtet. Adrian hatte ihm für seine Verhältnisse sehr beherrscht, den Beweis übergeben, um ihn darüber nochmals nachdenken zu lassen. Der aufopfernde Pater konnte ihn widerlegen oder mit den Konsequenzen leben. Auf Spielereien oder Ausreden würde er sich jedoch keineswegs einlassen.
Souverän und entschlossen hatte er die Hallen wieder verlassen und war mit ruhigen Schritten durch die Türen ins Freie getreten. Mit jedem Fuß, den er jedoch vor den anderen setzte, verdichteten sich die Schatten um ihn. Als würden sie ihm oder einem stummen Befehl angezogen werden, wanderten sie über den Boden hinweg, um sich wie schwarzer Nebel um ihn herum zu sammeln. Schwarzen Schlieren tänzelten um seine Füße hinauf, sodass er sich mit jenen vereinte, um am Ende in der Finsternis zu verschwinden.
Eine Düsternis, welche sich über seine Räume hinweg wie ein Schatten erheben sollte, um ihn dort wieder freizugeben. Wie schwerfälliger schwarzer Rauch lösten sich die Spuren seiner Magie von ihm, von denen man den Eindruck gewinnen konnte, sie wären ein Teil seiner Selbst. Schwarze Schlieren, die sich mit ihm und der Umgebung vereinten, als er lautlos hinter Kenna aus ihnen trat. Unmittelbar konnte er sehen, wie sich eine der Schublade schloss und etwas in der Tasche der Jägerin verschwand.
Wie sein Element selbst folgte der Magier der Jägerin, sodass sein Schatten sich, als er hinter ihr an dem Tisch zum Stehen kam, abzeichnen sollte. Eine Präsenz, die sich spürbar in ihrer Dunkelheit über sie hinweg legte, bevor sie sich an dessen Kante lehnen durfte. Unbarmherzig schlossen sich Adrians Finger um das Handgelenk der Jägerin. Ungesehen für Liadan, doch umso spürbarer für Kenna war der eiserne Griff, während seine Stimme sich mit düsterer Ruhe erhob.
„Liadan…“ Eine Kälte spiegelte sich in dem eisigen Blau seiner Augen wider, dessen Blick sich unmittelbar auf die Prinzessin legte, die scheinbar auf ihn gewartet hatte, bevor dieser zu Kenna weiterfuhr. Eine durchdringende Dunkelheit legte sich in seine Stimme, als Adrian sich der Jägerin zuwandte. Unnachgiebig hielten seine Finger das zarte Gelenk weiterhin fest umschlossen, während seine Stimme sich mit einer fordernden Düsternis über ihre Schulter hinweg an ihr Ohr drängte. „Kenna.“
Dachte sie wirklich, ihr Handeln bliebe unbemerkt? Sein Blick trug eine strenge Kühle. Eine distanzierte Kompromisslosigkeit, die in seiner Aura selbst mit schwebte, als sein Daumen kurz verheißungsvoll über ihren Handrücken strich, um sie wissen zu lassen, dass ihm nicht entgangen war, dass sie darin etwas verbarg.
Ohne einen Widerspruch zu erlauben, führte er schweigend ihre Hand zusammen mit dem, was sie aus der Schublade genommen hatte hervor. Wortlos und nur ein schlichter Handgriff, bei dem er einen beiläufigen Blick auf die elfenbeinfarbene Bürste warf, ohne Aufsehen zu erregen.
Unverkennbar zog sich eine Augenbraue wahrnehmend in die Höhe, ehe sein Griff sich um ihren Arm hinweg lockerte und seine Finger sich von ihr lösten. Es gab Eigenschaften, die er nicht duldete. Züge, insbesondere, wenn sie von Illoyalität oder Hintergehen zeugten, die ihn das Vertrauen, welches er bereit zu geben war, überdenken ließen.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wandte Adrian sich ab. Seine Aura jedoch sollte jedoch wie ein eisiges Zeugnis noch für einige Herzschläge zurückbleiben. Allerdings hatte der Dunkelmagier genug gesehen.
Selbstsicher schritt er durch den Raum, nur um sich sein zurückgelassenes Glas zu nehmen, das noch immer auf ihn wartete. Sein Blick fuhr über Liadan hinweg, die auf seinem Bett saß, ehe sich dieser unumwunden auf Kenna legte. „Sie ist meine Lieblingsschwägerin.“
Wie lange hatten sie einander nicht gesehen? Ein Wort miteinander gewechselt? Zuletzt in Freyas Zimmer, als sie aufgebrochen waren, um nach der Adeptin zu suchen. Ein kühler Abschied, nachdem er nicht nur erfahren hatte, dass die Jägerin versucht hatte, sich wider ihres Wortes ihm gegenüber, des Dolches zu bemächtigen.
Ein eisiger Aufbruch, als er ebenfalls feststellen musste, dass sie Freya nach der Zeremonie allein hatte heimkehren lassen, da er sich um die Überreste ihres Gastes kümmern sollte, nachdem sie ihr Interesse von einem Moment auf den anderen an ihm verloren hatte. Ein fluchtartiges Verschwinden, das sie ihm gegenüber nicht zum ersten Mal gezeigt hatte. Ein zusätzliches Erwachen, das etliche Konsequenzen mit sich gebracht hatte und ihn einiges infrage stellen ließ, das nicht nur ihre Erwartungen, Entscheidungen oder Ziele betraf, sondern insbesondere auch seine eigenen.
Der Magier wusste, dass er Wege genommen hatte, die nicht dem Willen Ogrimars entsprachen. Ein Fakt, den er ihn derzeit vor Augen führte und den Magier mit voller Macht spüren ließ. Grenzen und Kausalitäten, denen Adrian sich doch unweigerlich stellte. Entscheidungen, die er getroffen hatte, die ihn nun über einen steinigen Pfad führten. Umso strenger erlaubte er weder anderen noch sich selbst einen Zweifel.
Musternd betrachtete Adrian die Jägerin. Ungewöhnlich. Ihr Haar war kurz geschnitten und sie trug nicht wie üblich das hautenge Leder, sondern eine lange Robe. Eisig zuckten seine Mundwinkel, bevor er einen Schluck seines Getränks nahm. Das Glimmen in seinen Augen beschrieb seinen Gedanken, der sich für einen kurzen Moment in all seiner Dunkelheit in den Vordergrund drängte, während er die Aromen des Alkohols über seine Zunge tanzen ließ. Ein kühles Aufblitzen, das er mit einem Lidschlag beiseite strich, bevor er fragend seine Stimme mit beherrschter Ruhe erhob.
„Ich störe doch nicht?“
Ohne weitere Worte hatte Adrian das getan, was er für richtig hielt. Das Pack mit ihrem törichten Scherz konfrontiert. Beim Dunklen selbst würde er ihnen das Lachen austreiben und sie mit Leben bezahlen lassen. Der Pfaffe hatte die Wahl. Sollte sich sein Verdacht erhärten oder publik werden, würde er im Namen des Einen dafür sorgen, dass das Chaos über sie hereinbrechen würde und jeder, der aus ihren eigenen Reihen nur zusah, würde seinen Preis dafür vor dem dunklen Lord selbst bezahlen.
Ogrimar forderte Opfer und tolerierte kein Versagen, keine Schwäche und kein Zögern. Der Glaube stand über allem und somit auch die Priesterschaft.
„Narren.“ Seine Stimme war ein eisiges Urteil, nachdem er die Gemeindehalle verlassen hatte. Es war bezeichnend genug, dass Etoh umgehend eine Unschuldsvermutung aussprach, um sich schützend vor sein Rudel aus herzerweichenden Jüngern zu stellen. Jedoch war es nicht überlegt und nüchtern betrachtet. Adrian hatte ihm für seine Verhältnisse sehr beherrscht, den Beweis übergeben, um ihn darüber nochmals nachdenken zu lassen. Der aufopfernde Pater konnte ihn widerlegen oder mit den Konsequenzen leben. Auf Spielereien oder Ausreden würde er sich jedoch keineswegs einlassen.
Souverän und entschlossen hatte er die Hallen wieder verlassen und war mit ruhigen Schritten durch die Türen ins Freie getreten. Mit jedem Fuß, den er jedoch vor den anderen setzte, verdichteten sich die Schatten um ihn. Als würden sie ihm oder einem stummen Befehl angezogen werden, wanderten sie über den Boden hinweg, um sich wie schwarzer Nebel um ihn herum zu sammeln. Schwarzen Schlieren tänzelten um seine Füße hinauf, sodass er sich mit jenen vereinte, um am Ende in der Finsternis zu verschwinden.
Eine Düsternis, welche sich über seine Räume hinweg wie ein Schatten erheben sollte, um ihn dort wieder freizugeben. Wie schwerfälliger schwarzer Rauch lösten sich die Spuren seiner Magie von ihm, von denen man den Eindruck gewinnen konnte, sie wären ein Teil seiner Selbst. Schwarze Schlieren, die sich mit ihm und der Umgebung vereinten, als er lautlos hinter Kenna aus ihnen trat. Unmittelbar konnte er sehen, wie sich eine der Schublade schloss und etwas in der Tasche der Jägerin verschwand.
Wie sein Element selbst folgte der Magier der Jägerin, sodass sein Schatten sich, als er hinter ihr an dem Tisch zum Stehen kam, abzeichnen sollte. Eine Präsenz, die sich spürbar in ihrer Dunkelheit über sie hinweg legte, bevor sie sich an dessen Kante lehnen durfte. Unbarmherzig schlossen sich Adrians Finger um das Handgelenk der Jägerin. Ungesehen für Liadan, doch umso spürbarer für Kenna war der eiserne Griff, während seine Stimme sich mit düsterer Ruhe erhob.
„Liadan…“ Eine Kälte spiegelte sich in dem eisigen Blau seiner Augen wider, dessen Blick sich unmittelbar auf die Prinzessin legte, die scheinbar auf ihn gewartet hatte, bevor dieser zu Kenna weiterfuhr. Eine durchdringende Dunkelheit legte sich in seine Stimme, als Adrian sich der Jägerin zuwandte. Unnachgiebig hielten seine Finger das zarte Gelenk weiterhin fest umschlossen, während seine Stimme sich mit einer fordernden Düsternis über ihre Schulter hinweg an ihr Ohr drängte. „Kenna.“
Dachte sie wirklich, ihr Handeln bliebe unbemerkt? Sein Blick trug eine strenge Kühle. Eine distanzierte Kompromisslosigkeit, die in seiner Aura selbst mit schwebte, als sein Daumen kurz verheißungsvoll über ihren Handrücken strich, um sie wissen zu lassen, dass ihm nicht entgangen war, dass sie darin etwas verbarg.
Ohne einen Widerspruch zu erlauben, führte er schweigend ihre Hand zusammen mit dem, was sie aus der Schublade genommen hatte hervor. Wortlos und nur ein schlichter Handgriff, bei dem er einen beiläufigen Blick auf die elfenbeinfarbene Bürste warf, ohne Aufsehen zu erregen.
Unverkennbar zog sich eine Augenbraue wahrnehmend in die Höhe, ehe sein Griff sich um ihren Arm hinweg lockerte und seine Finger sich von ihr lösten. Es gab Eigenschaften, die er nicht duldete. Züge, insbesondere, wenn sie von Illoyalität oder Hintergehen zeugten, die ihn das Vertrauen, welches er bereit zu geben war, überdenken ließen.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, wandte Adrian sich ab. Seine Aura jedoch sollte jedoch wie ein eisiges Zeugnis noch für einige Herzschläge zurückbleiben. Allerdings hatte der Dunkelmagier genug gesehen.
Selbstsicher schritt er durch den Raum, nur um sich sein zurückgelassenes Glas zu nehmen, das noch immer auf ihn wartete. Sein Blick fuhr über Liadan hinweg, die auf seinem Bett saß, ehe sich dieser unumwunden auf Kenna legte. „Sie ist meine Lieblingsschwägerin.“
Wie lange hatten sie einander nicht gesehen? Ein Wort miteinander gewechselt? Zuletzt in Freyas Zimmer, als sie aufgebrochen waren, um nach der Adeptin zu suchen. Ein kühler Abschied, nachdem er nicht nur erfahren hatte, dass die Jägerin versucht hatte, sich wider ihres Wortes ihm gegenüber, des Dolches zu bemächtigen.
Ein eisiger Aufbruch, als er ebenfalls feststellen musste, dass sie Freya nach der Zeremonie allein hatte heimkehren lassen, da er sich um die Überreste ihres Gastes kümmern sollte, nachdem sie ihr Interesse von einem Moment auf den anderen an ihm verloren hatte. Ein fluchtartiges Verschwinden, das sie ihm gegenüber nicht zum ersten Mal gezeigt hatte. Ein zusätzliches Erwachen, das etliche Konsequenzen mit sich gebracht hatte und ihn einiges infrage stellen ließ, das nicht nur ihre Erwartungen, Entscheidungen oder Ziele betraf, sondern insbesondere auch seine eigenen.
Der Magier wusste, dass er Wege genommen hatte, die nicht dem Willen Ogrimars entsprachen. Ein Fakt, den er ihn derzeit vor Augen führte und den Magier mit voller Macht spüren ließ. Grenzen und Kausalitäten, denen Adrian sich doch unweigerlich stellte. Entscheidungen, die er getroffen hatte, die ihn nun über einen steinigen Pfad führten. Umso strenger erlaubte er weder anderen noch sich selbst einen Zweifel.
Musternd betrachtete Adrian die Jägerin. Ungewöhnlich. Ihr Haar war kurz geschnitten und sie trug nicht wie üblich das hautenge Leder, sondern eine lange Robe. Eisig zuckten seine Mundwinkel, bevor er einen Schluck seines Getränks nahm. Das Glimmen in seinen Augen beschrieb seinen Gedanken, der sich für einen kurzen Moment in all seiner Dunkelheit in den Vordergrund drängte, während er die Aromen des Alkohols über seine Zunge tanzen ließ. Ein kühles Aufblitzen, das er mit einem Lidschlag beiseite strich, bevor er fragend seine Stimme mit beherrschter Ruhe erhob.
„Ich störe doch nicht?“
✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Bruder des Verlion Al Saher ✟
❖ Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
❖ Wahre Finsternis herrscht nur dort, wo kein Licht durchdringt, denn sonst wäre sie nichts weiter als ein Schatten.❖
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❖ Wahre Finsternis herrscht nur dort, wo kein Licht durchdringt, denn sonst wäre sie nichts weiter als ein Schatten.❖
- Gesichtsloser Erzaehler
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#1011
Mila
die ranghöchste Angstellte und Herrin über Mägde und Knechte im Haus der Legion des Schattens
die ranghöchste Angstellte und Herrin über Mägde und Knechte im Haus der Legion des Schattens
Beherzt fasste Mila den kleinen Körper des Mädchens und hob sie hoch, um sie auf ihre Hüfte zu setzen. Als erfahrene Mutter wusste sie, wie man mit Kindern umging und dass man sich nicht von ihren großen Augen täuschen lassen durfte. Viel zu schnell tanzten sie einem sonst gekonnt auf der Nase herum.
"Es ist jetzt genug." Mila verstand das Wort nicht, war aber sichtlich verwundert darüber, dass Nymeria plötzlich überhaupt sprach. Vielleicht taute das Mädchen doch noch auf und wurde zu einem normalen Kind, so wie man es draußen auf den Höfen und Straßen fand.
Ein paar Freunde und Spielgefährten außerhalb dieser strengen Gemäuer, in denen kaum gelacht und gescherzt wurde, würden ihr gut tun. Zwar war die Dienstälteste durch und durch treu und überzeugt von ihrer Arbeit und von jenen, für die sie sie verrichtete. Kein böses Wort ließ sie auf die Gilde kommen und versuchte mit großem Eifer und niemals endendem Einsatz dafür zu sorgen, dass die gesamte Dienerschaft ihrer Einstellung folgte.
Trotzdem stand sie zu ihrer Meinung, dass diese Umgebung nichts für kleine Kinder war. Ihr junges Leben sollte sorgenfrei und ohne den schweren Mantel aus Verantwortung und Pflicht stattfinden. Freya war das beste Beispiel dafür, wie es das Gemüt eines Kindes verändern konnte.
So oft vermisste Mila das unbeschwerte Lachen und die federleichte Unbeschwertheit der Adeptin. Und zwar nicht erst, seitdem sie vermisst wurde. Als müsse sie Nymeria vor einem ähnlichen Schicksal bewahren, drückte sie das Mädchen fester gegen sich und machte sich auf in Richtung Küche. Bevor sie die Türe des Gemeinschaftsraums hinter sich schloss, bemerkte sie noch, wie der alte Mann wieder auf die Liegefläche des Sofas sank. Offenbar schien er sich doch überschätzt zu haben.
Mit einem leisen Seufzen schüttelte sie den Kopf, während sie ihren Weg in die Küche fortsetzte. Dort angekommen suchte sie eine der einfachen Küchenmägde auf und bat darum, jemanden von höherem Rang aus der Gilde zu finden und in den Gemeinschaftsraum zu schicken. Auch wenn Mila es bezweifelte, dass jemand verfügbar sein würde, da das laut verkündete Tribunal kurz bevor stand.
Immerhin war der Medicus bei dem alten Mann zurückgeblieben. Das sollte ihrer Meinung nach zur Not vorerst ausreichen. In ein paar Stunden würden die Hallen sich hoffentlich wieder füllen und bis dahin würde der Heiler den seltsamen Gast hoffentlich irgendwie am Leben halten können.
Vorsichtig setzte sie das Kind auf die Arbeitsfläche einer mitten im Küchenraum stehenden Theke ab, holte einen frischen Laib Brot aus einem der geflochtenen Weidenkörbe und schnitt eine dicke Scheibe ab. Mit Butter und frischen kräutern garniert, arrangierte sie die kleine Mahlzeit auf einem Holzbrett, legte einen Apfel daneben und nahm Nymeria wieder auf ihre Hüfte. Gemeinsam trug sie das Mädchen und das Holzbrett ins Kinderzimmer.
"Iss ein bisschen, ja? Lady van Darc möchte bestimmt kein hungriges Kind mit in den Felsendom nehmen." Mila stellte die Scheibe Brot auf dem Tisch ab und setzte Nymeria auf einen Stuhl. "Wobei ich mich sowieso frage, warum ein Kind mit zu einem Tribunal mitkommen soll. Das ist nichts für kleine Ohren."
Ob das Mädchen ihre Worte wahrnahm, sie verstand oder nicht, das konnte Mila nicht sagen. Niemand wusste genau, was in ihrem Kopf vor sich ging. Im Gesinde wurde häufig hinter verschlossenen Türen darüber spekuliert, ob das Kind bei klarem Verstand war oder ob die schwierige Geburt bleibende Schäden hinterlassen hatte.
Oder ob es einfach nur an der Lieblosigkeit ihrer Mutter lag, dass es so schien, als wäre Nymeria nie wirklich da. Doch Mila unterbrach solche Gespräche, sobald sie diese hörte und mahnte alle, die daran beteiligt waren, mit ihrem strengen Blick. Wie auch immer Nymeria anders war, es ging niemandem etwas an.
Kopfschüttelnd holte sie ein frisches Kleid aus dem Schrank und griff nach der Bürste mit den weichen Borsten. Gleich darauf begann sie, durch Nymerias dunkle Locken zu bürsten, während sie vor sich hin murmelte. "Was sind das nur für merkwürdige Zeiten? Tote Männer vor der Tür, eine verschwundene Adeptin und eine Gilde, die eher gegeneinander arbeitet als zusammen."
Mila wusste genau, dass es ihr nicht zustand, solche Gedanken zu äußern. Aber hier, in der Stille mit dem Kind, konnte sie endlich einmal ihren eigenen Frust ausdrücken. Manchmal kam es ihr vor, als ob alles einfach achtlos zurückgelassen wurde, nur damit man sich seinen eigenen kleinen Dramen hingeben konnte, in die man sich selbst einsperrte in der irrwitzigen Hoffnung, dass eine helfende Hand und die Rettung aus dem Nichts herbeikam.
Früher war das nicht so gewesen.
In den Bürstenstrichen innehaltend dachte sie darüber nach, ob sie die Haare zu Zöpfe flechten sollte oder nicht. "Würdest du auch gerne wissen, was der Grund dafür ist, dass alle anders geworden sind?" Sie legte die Bürste beiseite, kniete sich vor das Mädchen und sah ihr in das hübsche Puppengesicht. "Verstehst du, woran es liegt, dass…"
Mit einem Seufzen brach sie ab und strich dem Kind über die weiche Wange. "Nein, natürlich verstehst du das nicht. Genau wie du nicht verstehen kannst, warum deine Mutter nie bei dir ist."
Mila lächelte traurig und hielt ihre warme Hand noch einen Atemzug länger auf Nymerias Wange, als wolle sie damit trösten, obwohl sie genau wusste, dass sie sowieso nie weinte. Oder eine andere Form der Trauer zeigte. Oder Freude. Oder irgendetwas anderes. Schnell verdrängte sie das Gerede des Gesindes, das ihr in diesem Moment wieder in Erinnerung kam.
In der nächsten Bewegung erhob sie sich und setzte Nymeria auf. "Genug mit der Grübelei, wir müssen dich hübsch machen. Wenn die Lady schon danach verlangt, dass du bei einem Tribunal anwesend bist, dann wenigstens ordentlich."
- -Freya-
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#1012
Der Atem des Mädchens ging flach. Kaum wagte Freya eine Regung zu zeigen, geschweige denn Luft zu holen, während der Blick, der die Gräfin sie spürbar musterte. Der Rat Absoloms, ihre Schwächen nicht zu zeigen, sie zu verbergen, hallte in ihrem Geist wider, während das Mädchen ihre Lippen fest zusammenpresste. Sie wollte sich nicht fürchten, doch spürte sie, wie die Angst unbarmherzig nach ihr griff nur. Eisig und unheilvoll kroch sie über ihren Rücken hinab und ließ sie erstarren. Eine Unsicherheit, die ihr Herz fieberhaft schlagen ließ, sodass jeder Schlag in ihren Ohren widerhallte.
Mit jedem Wort der Gräfin zerbrach die innere Hoffnung in Freya ein wenig mehr. Scherben, die sich tief in ihren Geist bohren sollten und sich bis in ihre Seele schnitten. Sie war hier gefangen. Ein niemand. Ohne Familie, ohne einen Titel, ohne Besitz. Nicht ganz. Ihre blauen Augen fuhren über den zierlichen Ring an ihrem Finger, ehe sie ihre Wimpern senkte.
Schwer schluckte das Mädchen, als die Schriftrolle sich in ihre Hand legte. Sie spürte das leichte Gewicht auf ihren Handflächen ruhen, bevor sie nur in einem Flüstern antwortete. „Ja, Herrin.“
Langsam nur hob Freya ihre Lider, nur damit sich ihre Augen unweigerlich auf das Pergament legten. Sie würde sich fügen müssen. Ihr Blick wanderte auf den Rücken der Frau, als der Reif unter einem violetten grünlichen Schimmer zu glühen begann. War es ein Instinkt, der das Mädchen unmittelbar ergriff? Sie spürte eine grauenerregende Verkommenheit. Etwas Dunkles. Eine Verdorbenheit, die nicht nur in den unmenschlichen Lauten widerhallte, sondern auch den Raum erfüllten. Freya spürte, wie das Blut in ihren Adern nahezu gefror. Ein Empfinden, als würde ihr Körper sich versteinern.
Eine Magie, die so unrein und bösartig war, dass selbst es sie mit einer Schwere entkräftete. Ein Flüstern einer Macht, dass jede Gegenwehr etwas auslösen würde, wogegen der Tod selbst wie eine Gnade wirken sollte. Der Lord mochte ihr vergeben, aber sie konnte nicht länger standhalten.
Eisig berührte das kühle Metall ihre Haut und schmiegte sich um ihren Hals, als wäre es einzig für sie geschmiedet worden. Erneut musste das Mädchen schlucken. Die unweigerliche Gewissheit, dass es weder ein Zurück noch ein Entrinnen gab, schien nun besiegelt.
Wie eine Woge breitete sich eine beklemmende Kälte in ihrem Körper aus, die bis zu ihrem Geist reichte. Eine Macht, die in ihrer Gewaltsamkeit nach ihre Seele greifen wollte, um von dieser Besitz zu ergreifen. Ein erbarmungsloses Wispern von Lauten in ihren Gedanken hören. Worte, die niemand aussprach, doch deren Bedeutung sich in ihr unbarmherzig ausbreiteten. Ein Echo, das unbemerkt von ihr ausstrahlte und wie eine Welle von ihr ausgehend unsichtbar ausströmte, als hätte jemand einen Kiesel in einen Fluss geworfen. Eine Woge, die sich nicht nur kreisförmig ausbreitete, sondern ungewollt in den Tiefen ihres Inneren auch in dem Band nachklingen sollte.
Als die Gräfin sich zum Gehen wandte, biss das Mädchen sich auf die Lippen. Sie spürte, wie die Verzweiflung aus ihr ausbrechen wollte. Das Brennen in ihren Augen, deren Blau unter einem Glanz von nicht vergossenen Tränen schimmerte. Leise nur erhob Freya ihre Stimme, um zu antworten, bevor die Tür sich hinter der Gräfin anschließend schließen sollte. „Ja, Herrin.“
Sie hörte, wie die Tür ins Schloss glitt. Noch immer von ihren Gefühlen gefangen, verharrte das Mädchen einige Atemzüge bewegungslos, während ihre eigenen Herzschläge im Takt ihrer Furcht schlugen. Vorsichtig fuhr ihre Hand an den zarten Reif, der wie ein geschmiedeter Ring um ihren Hals ruhte. Sie konnte das glatte, kalte Metall unter ihren Fingern spüren, wie es so unscheinbar und nahtlos um sie legte, als wolle es die Ausweglosigkeit bekräftigen, mit der sie sich abfinden musste.
Langsam nur befreite Freya sich aus der Geißel, die von ihr Besitz ergriffen hatte. Zittrig ging ihr Atem, während sie das Pergament zögernd entrollte und jene Erwartungen las, denen sie fortan folgen sollte. Mit Regeln und Disziplin kannte Freya sich aus. Jedoch war die Frage, ob es nicht einfacher war, das Schicksal in Kauf zu nehmen, gegen jene zu verstoßen, wenn es einzig dem diente, an irgendeinen Sklaventreiber verkauft zu werden. ~…je nach Ermessen auch mit dem Tod bestraft.~
Kämpfen oder aufgeben? Vorsichtig ließ sie das Pergament sich wieder zusammenrollen. Sie musste sich entscheiden. Unsicher fuhr sich das Mädchen über die Lippen. Sie konnte sich nur für einen Weg entscheiden. Lautlos setzte Freya einen vor den anderen und ließ ihren Blick hinab zu dem Hemd gleiten, das sie getragen hatte. Leben oder sterben.
Bedeutend vorsichtig ging sie in die Knie und streckte ihre Finger nach dem einfachen Stoff aus nur um diese darin zu vergraben. Niedergeschlagen senkte das Mädchen ihre Lider, doch was sollte sie nun tun? Was hätte sie tun können? Wieso ließ der Lord es überhaupt zu? War sie nicht seine Dienerin? Sollte sie nicht der Schlüssel sein? Warum, was hatte sie falsch gemacht? Warum war sie hier?
Bitter schluckte Freya die Tränen aus Wut, Verzweiflung und Angst hinunter, anstatt ihnen den Weg über ihre Wange zu erlauben, nur um sich wie mechanisch zu erheben. Es gab kein Zurück mehr, doch ihr blieb ein Weg nach vorn. Ogrimar duldete kein Versagen.
Vorsichtig streifte sie den Stoff über ihren Kopf hinweg und ließ ihn über ihren Körper hinabgleiten. Mit nur einem Wimpernschlag sah sie zur Seite. Ihre Augen fuhren auf das Fenster, in dem sich verschwommen ihr Spiegelbild erneut abzeichnete. Auch als sie es noch nicht wusste, selbst als sie es nicht hatte glauben wollen, hatten alle anderen in ihr etwas gesehen. Etwas, das sie selbst nicht erkennen konnte, doch hatte sie es bereits gespürt.
Tief atmete das Mädchen ein. Sie durfte nicht aufgeben, sondern musste dem Weg folgen, gleich wie steinig er sich ihr entgegenstellte.
„Absolom?“ Ihre Stimme war noch immer gesenkt. Leise und kaum hörbar, um all das, was sonst seinen Weg in diese hinein suchen wollte, zu unterdrücken. Ruhig und dennoch zurückhaltend ließ sie ihre Finger über den weichen Stoff fahren, ehe sie die Schriftrolle oben auflegte und den Stapel der sauber drapierten Kleider nahm, die sie überziehen sollte. Ein beängstigendes Ensemble auf Lagen und verwirrenden Schnürungen, die ihr teilweise fremd waren. Bepackt mit dem, was sie sicherlich besser erst anziehen sollte, wenn sie sich von den Spuren von Dreck, Schweiß und eventuellen Blutresten befreit hatte, wandte sie sich dem hünenhaften Hund zu. „.. kannst du mir sagen, wo ich einen Zuber oder etwas ähnliches finden kann?“
Bedacht machte sie einen Schritt vorwärts. Ein kleiner Schritt, der sie jedoch auf etwas oder jemanden treten ließ. Etwas, dass sie nicht sah, dass vielleicht niemand gesehen hatte. Bis jetzt.
Mit jedem Wort der Gräfin zerbrach die innere Hoffnung in Freya ein wenig mehr. Scherben, die sich tief in ihren Geist bohren sollten und sich bis in ihre Seele schnitten. Sie war hier gefangen. Ein niemand. Ohne Familie, ohne einen Titel, ohne Besitz. Nicht ganz. Ihre blauen Augen fuhren über den zierlichen Ring an ihrem Finger, ehe sie ihre Wimpern senkte.
Schwer schluckte das Mädchen, als die Schriftrolle sich in ihre Hand legte. Sie spürte das leichte Gewicht auf ihren Handflächen ruhen, bevor sie nur in einem Flüstern antwortete. „Ja, Herrin.“
Langsam nur hob Freya ihre Lider, nur damit sich ihre Augen unweigerlich auf das Pergament legten. Sie würde sich fügen müssen. Ihr Blick wanderte auf den Rücken der Frau, als der Reif unter einem violetten grünlichen Schimmer zu glühen begann. War es ein Instinkt, der das Mädchen unmittelbar ergriff? Sie spürte eine grauenerregende Verkommenheit. Etwas Dunkles. Eine Verdorbenheit, die nicht nur in den unmenschlichen Lauten widerhallte, sondern auch den Raum erfüllten. Freya spürte, wie das Blut in ihren Adern nahezu gefror. Ein Empfinden, als würde ihr Körper sich versteinern.
Eine Magie, die so unrein und bösartig war, dass selbst es sie mit einer Schwere entkräftete. Ein Flüstern einer Macht, dass jede Gegenwehr etwas auslösen würde, wogegen der Tod selbst wie eine Gnade wirken sollte. Der Lord mochte ihr vergeben, aber sie konnte nicht länger standhalten.
Eisig berührte das kühle Metall ihre Haut und schmiegte sich um ihren Hals, als wäre es einzig für sie geschmiedet worden. Erneut musste das Mädchen schlucken. Die unweigerliche Gewissheit, dass es weder ein Zurück noch ein Entrinnen gab, schien nun besiegelt.
Wie eine Woge breitete sich eine beklemmende Kälte in ihrem Körper aus, die bis zu ihrem Geist reichte. Eine Macht, die in ihrer Gewaltsamkeit nach ihre Seele greifen wollte, um von dieser Besitz zu ergreifen. Ein erbarmungsloses Wispern von Lauten in ihren Gedanken hören. Worte, die niemand aussprach, doch deren Bedeutung sich in ihr unbarmherzig ausbreiteten. Ein Echo, das unbemerkt von ihr ausstrahlte und wie eine Welle von ihr ausgehend unsichtbar ausströmte, als hätte jemand einen Kiesel in einen Fluss geworfen. Eine Woge, die sich nicht nur kreisförmig ausbreitete, sondern ungewollt in den Tiefen ihres Inneren auch in dem Band nachklingen sollte.
Als die Gräfin sich zum Gehen wandte, biss das Mädchen sich auf die Lippen. Sie spürte, wie die Verzweiflung aus ihr ausbrechen wollte. Das Brennen in ihren Augen, deren Blau unter einem Glanz von nicht vergossenen Tränen schimmerte. Leise nur erhob Freya ihre Stimme, um zu antworten, bevor die Tür sich hinter der Gräfin anschließend schließen sollte. „Ja, Herrin.“
Sie hörte, wie die Tür ins Schloss glitt. Noch immer von ihren Gefühlen gefangen, verharrte das Mädchen einige Atemzüge bewegungslos, während ihre eigenen Herzschläge im Takt ihrer Furcht schlugen. Vorsichtig fuhr ihre Hand an den zarten Reif, der wie ein geschmiedeter Ring um ihren Hals ruhte. Sie konnte das glatte, kalte Metall unter ihren Fingern spüren, wie es so unscheinbar und nahtlos um sie legte, als wolle es die Ausweglosigkeit bekräftigen, mit der sie sich abfinden musste.
Langsam nur befreite Freya sich aus der Geißel, die von ihr Besitz ergriffen hatte. Zittrig ging ihr Atem, während sie das Pergament zögernd entrollte und jene Erwartungen las, denen sie fortan folgen sollte. Mit Regeln und Disziplin kannte Freya sich aus. Jedoch war die Frage, ob es nicht einfacher war, das Schicksal in Kauf zu nehmen, gegen jene zu verstoßen, wenn es einzig dem diente, an irgendeinen Sklaventreiber verkauft zu werden. ~…je nach Ermessen auch mit dem Tod bestraft.~
Kämpfen oder aufgeben? Vorsichtig ließ sie das Pergament sich wieder zusammenrollen. Sie musste sich entscheiden. Unsicher fuhr sich das Mädchen über die Lippen. Sie konnte sich nur für einen Weg entscheiden. Lautlos setzte Freya einen vor den anderen und ließ ihren Blick hinab zu dem Hemd gleiten, das sie getragen hatte. Leben oder sterben.
Bedeutend vorsichtig ging sie in die Knie und streckte ihre Finger nach dem einfachen Stoff aus nur um diese darin zu vergraben. Niedergeschlagen senkte das Mädchen ihre Lider, doch was sollte sie nun tun? Was hätte sie tun können? Wieso ließ der Lord es überhaupt zu? War sie nicht seine Dienerin? Sollte sie nicht der Schlüssel sein? Warum, was hatte sie falsch gemacht? Warum war sie hier?
Bitter schluckte Freya die Tränen aus Wut, Verzweiflung und Angst hinunter, anstatt ihnen den Weg über ihre Wange zu erlauben, nur um sich wie mechanisch zu erheben. Es gab kein Zurück mehr, doch ihr blieb ein Weg nach vorn. Ogrimar duldete kein Versagen.
Vorsichtig streifte sie den Stoff über ihren Kopf hinweg und ließ ihn über ihren Körper hinabgleiten. Mit nur einem Wimpernschlag sah sie zur Seite. Ihre Augen fuhren auf das Fenster, in dem sich verschwommen ihr Spiegelbild erneut abzeichnete. Auch als sie es noch nicht wusste, selbst als sie es nicht hatte glauben wollen, hatten alle anderen in ihr etwas gesehen. Etwas, das sie selbst nicht erkennen konnte, doch hatte sie es bereits gespürt.
Tief atmete das Mädchen ein. Sie durfte nicht aufgeben, sondern musste dem Weg folgen, gleich wie steinig er sich ihr entgegenstellte.
„Absolom?“ Ihre Stimme war noch immer gesenkt. Leise und kaum hörbar, um all das, was sonst seinen Weg in diese hinein suchen wollte, zu unterdrücken. Ruhig und dennoch zurückhaltend ließ sie ihre Finger über den weichen Stoff fahren, ehe sie die Schriftrolle oben auflegte und den Stapel der sauber drapierten Kleider nahm, die sie überziehen sollte. Ein beängstigendes Ensemble auf Lagen und verwirrenden Schnürungen, die ihr teilweise fremd waren. Bepackt mit dem, was sie sicherlich besser erst anziehen sollte, wenn sie sich von den Spuren von Dreck, Schweiß und eventuellen Blutresten befreit hatte, wandte sie sich dem hünenhaften Hund zu. „.. kannst du mir sagen, wo ich einen Zuber oder etwas ähnliches finden kann?“
Bedacht machte sie einen Schritt vorwärts. Ein kleiner Schritt, der sie jedoch auf etwas oder jemanden treten ließ. Etwas, dass sie nicht sah, dass vielleicht niemand gesehen hatte. Bis jetzt.
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?
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- Bauer / Bäuerin
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- Registriert: So 25. Jul 2021, 20:15
#1013
Alles wurde von Minute zu Minute mysteriöser und undurchsichtiger. War Kenna nicht gerade noch geschwächt und wahrscheinlich auf der Suche nach Erholung für ihre Verletzung in das gemeinsame Zimmer von ihr und Adrian getreten? Eigentlich, so hatte Liadan gedacht, wollte diese sich vielleicht auf das Bett des Paares legen, um dort dort zu rasten und wieder zu Kräften zu kommen. Unter anderem deshalb wollte sie ihr das Kissen wieder zurechtlegen. Nun gut, gleichzeitig aber auch, weil sie wusste, wie wenig Adrian es ausstehen konnte, wenn Unordnung herrschte. Noch dazu wenn diese nicht von ihm herrührte.
Es gab Augenblicke, da zweifelte die Bognerin daran, die Dinge noch richtig zu deuten. Vielleicht lag es einfach an den ständigen Reisen zwischen den Welten, dass es ihr seltener gelang, das korrekt zuzuordnen, was sie sah und aus Worten, Gesten und Mimiken dachte herauszulesen. Wahrscheinlich war es jetzt auch nicht der beste Zeitpunkt, genauer nachzufragen, ob sie zuvor etwas Falsches gesagt hatte, das dazu führte, dass es so aussah, als würde Kenna sich nun doch plötzlich zum Aufbruch bereit machen.
Vielleicht war sie einfach zu persönlich geworden. Das war eine ihrer Eigenarten, für die ihre Tanten sie schon oft gerügt hatten. Wenn Liadan genauer darüber nachdachte, war das durchaus möglich. Schließlich war sie es gewesen, die bei Kennas Ankunft einfach so auf dem Bett in dem Gemach der beiden saß. Auch wenn Kenna ihr sehr höflich begegnet war, musste das für sie bestimmt befremdlich und seltsam wirken. Falls es das war, konnte Liadan sie beruhigen: In ihrem Leben gab es nur einen Mann und der hieß Verlion. Und obwohl sie bereit war, für Adrian jederzeit ihr Leben zu geben, würde sie ihm gewiss nicht ihren Körper schenken. Ganz gleich, wie attraktiv und anziehend er sein konnte.
Eine weitere Möglichkeit war aber auch, dass sie einfach kurz eingenickt war und ein wesentliches Ereignis verpasst hatte. Das war durchaus denkbar, denn ihre Rückreise war nicht wenig anstrengend gewesen. Die Sprünge durch die wenigen Portale, die es noch gab, waren kräftezehrend und kosteten gerne mal für einige Stunden einen klaren Geist.
Solange das nette Gespräch aber noch andauerte, wollte sie die Gelegenheit nutzen und doch an das Regal treten, damit sie dort, ganz beiläufig, nach dem Pergament suchen konnte, welches sie so dringend benötigte, um Adrian von seinem Versprechen zu lösen. Aber da sah sie mit sich weitenden Augen die ersten Schatten, die sich auf den Boden legten. Schatten, die von nichts was sich in dem Raum befand geworfen wurden. Mit stummen Blicken folgte sie ihnen, bis die Stimme Adrians wie ein kalter Schnitt durch die zuvor herrschende Behaglichkeit erklang. "Du bist zurück?" Eine Frage, deren Antwort mehr als offensichtlich war. Verflixt noch eins, das durchkreuzte ihren Plan gewaltig.
Eventuell ergab sich dennoch eine weitere Gelegenheit, wenn er und Kenna sich begrüßten. Ob sie sich länger nicht gesehen hatten, war ihr zwar nicht beantwortet worden, aber vorerst setzte Liadan ihre Hoffnung darauf, während ihres Wiedersehens unbeobachtet zu sein.
Schnell musste sie jedoch feststellen, dass Adrian nicht von sonderlich guter Laune war. Sie kannte ihn lange und gut genug, um eines zu wissen: Beherrschte er die Schatten auf diese Weise, war es keine harmlose Spielerei mit der Dunkelheit. Verunsichert blickte sie also zwischen den beiden hin und her und versuchte sich an einem zaghaften Lächeln. "Es ist euer Zimmer, Adrian. Wenn überhaupt, störe doch ich."
Es gab Augenblicke, da zweifelte die Bognerin daran, die Dinge noch richtig zu deuten. Vielleicht lag es einfach an den ständigen Reisen zwischen den Welten, dass es ihr seltener gelang, das korrekt zuzuordnen, was sie sah und aus Worten, Gesten und Mimiken dachte herauszulesen. Wahrscheinlich war es jetzt auch nicht der beste Zeitpunkt, genauer nachzufragen, ob sie zuvor etwas Falsches gesagt hatte, das dazu führte, dass es so aussah, als würde Kenna sich nun doch plötzlich zum Aufbruch bereit machen.
Vielleicht war sie einfach zu persönlich geworden. Das war eine ihrer Eigenarten, für die ihre Tanten sie schon oft gerügt hatten. Wenn Liadan genauer darüber nachdachte, war das durchaus möglich. Schließlich war sie es gewesen, die bei Kennas Ankunft einfach so auf dem Bett in dem Gemach der beiden saß. Auch wenn Kenna ihr sehr höflich begegnet war, musste das für sie bestimmt befremdlich und seltsam wirken. Falls es das war, konnte Liadan sie beruhigen: In ihrem Leben gab es nur einen Mann und der hieß Verlion. Und obwohl sie bereit war, für Adrian jederzeit ihr Leben zu geben, würde sie ihm gewiss nicht ihren Körper schenken. Ganz gleich, wie attraktiv und anziehend er sein konnte.
Eine weitere Möglichkeit war aber auch, dass sie einfach kurz eingenickt war und ein wesentliches Ereignis verpasst hatte. Das war durchaus denkbar, denn ihre Rückreise war nicht wenig anstrengend gewesen. Die Sprünge durch die wenigen Portale, die es noch gab, waren kräftezehrend und kosteten gerne mal für einige Stunden einen klaren Geist.
Solange das nette Gespräch aber noch andauerte, wollte sie die Gelegenheit nutzen und doch an das Regal treten, damit sie dort, ganz beiläufig, nach dem Pergament suchen konnte, welches sie so dringend benötigte, um Adrian von seinem Versprechen zu lösen. Aber da sah sie mit sich weitenden Augen die ersten Schatten, die sich auf den Boden legten. Schatten, die von nichts was sich in dem Raum befand geworfen wurden. Mit stummen Blicken folgte sie ihnen, bis die Stimme Adrians wie ein kalter Schnitt durch die zuvor herrschende Behaglichkeit erklang. "Du bist zurück?" Eine Frage, deren Antwort mehr als offensichtlich war. Verflixt noch eins, das durchkreuzte ihren Plan gewaltig.
Eventuell ergab sich dennoch eine weitere Gelegenheit, wenn er und Kenna sich begrüßten. Ob sie sich länger nicht gesehen hatten, war ihr zwar nicht beantwortet worden, aber vorerst setzte Liadan ihre Hoffnung darauf, während ihres Wiedersehens unbeobachtet zu sein.
Schnell musste sie jedoch feststellen, dass Adrian nicht von sonderlich guter Laune war. Sie kannte ihn lange und gut genug, um eines zu wissen: Beherrschte er die Schatten auf diese Weise, war es keine harmlose Spielerei mit der Dunkelheit. Verunsichert blickte sie also zwischen den beiden hin und her und versuchte sich an einem zaghaften Lächeln. "Es ist euer Zimmer, Adrian. Wenn überhaupt, störe doch ich."
*** Purpurne Kaiserin ***
#1014
Geduckt und unsichtbar war Haedinn die ganze Zeit in der Nähe des Mädchens gewesen. Ob man ihn bereits bemerkt hatte oder nicht, darüber konnte er sich keine Einschätzung erlauben.
Er selbst sah sich schließlich nicht und manchmal vergaß er über die ganze Nicht-Sichtbarkeit, dass er selbst noch da war. Oder auch, wo er war.
Noch dazu war er derzeit ziemlich arg hungrig, was seine Konzentration auf sein eigenes, kaum vorhandenes Sein doch sehr erschwerte.
Als die kleinen Füßchen des Menschenmädchens seinen knöchrigen Schwanz berührten, fauchte er unbeabsichtigt auf, was jedoch viel mehr dem Klang eines leisen Kicherns gleich kam. "Schätzchen, du musst vorsichtiger sein mit den Dingen, die du nicht sehen kannst. Wenn du etwas kaputt machst, darf es nur dich selbst betreffen. Alles andere musst du ersetzen, sonst wird der Besitzer traurig sein."
Der Kater flüsterte dies in einer Lautlosigkeit, die nur durch seine Unsichtbarkeit selbst übertroffen wurde. Denn immer noch war da schließlich dieser Köter, dessen Geruch ihn so furchtbar an seiner vernarbten Nase kitzelte, dass er am liebsten einmal laut und genüsslich niesen wollte. Zwar erschien das große Vieh eher träge und nicht besonders wenig, aber es wäre nicht das erste Mal, dass Haedinn eine Situation maßlos unterschätzte.
Nicht umsonst war sein Körper übersät mit Löchern, die er liebevoll und doch nur notdürftig mit seinen Krallen und einem einfachen Faden zusammengeflickt hatte.
In dieser undurchsichtigen Welt war Vorsicht stets der bessere Weggefährte als Nachsicht. Auch wenn Haedinn häufig genug bewies, dass er seinen eigenen, eigentlich recht weisen Leitsatz nur allzu gern vergaß. Gerade dann, wenn es darauf ankam ihn zu befolgen. Doch das würde er nun besser machen. Naja, zumindest einmal für heute. Nahm man sich zu viel auf einmal vor, konnte das ziemlich schief gehen. Und es lief schon viel genug sehr schief. Ja, sogar die ganze Welt kam ihm derzeit vor, als wäre sie in einer wankenden Schräglage. Nur gut, dass Haedinn scharfe Krallen besaß, mit denen er sich am Boden halten konnte. Wenn sie also umkippte, war er dahingehend sicher.
Mit einem eleganten Strecken, machte der Kater sich größer als er eigentlich war, so dass seine Knochen und Knöchelchen knackten und die langen, wenn auch teilweise abgebrochenen Schnurrhaare kitzelten das Gesicht Freyas, da er sich nun direkt vor ihrem hübschen Gesichtlein befand.
"Menschenmädchen, lass den Hund Hund sein. Er ist des Gräfins Köter, sie sieht alles, sie weiß alles, weil er überall seine neugierige Schnauze hineinsteckt." Inständig hoffte Haedinn, dass das große, schlaffohrige Vieh ihm den Gefallen tat, nicht allzu gut bei Gehör zu sein. Außerdem war er nur ein Hund, und Hunde waren nicht so klug wie Katzen. Ein bisschen klug vielleicht, aber eben keine Katze.
"Entschuldige dich für die Frage, verspreche, dass du um Eigenständigkeit strebst und um Lernwillen bemüht bist. Trag dein Paket und lächle. Danach folgst du mir durch die Tür."
Was für eine unheilvolle Entwicklung der Dinge. Was genau in dem Schriftstück der Gräfin stand, wusste Haedinn natürlich nicht, doch er erkannte den Reif, der sich nun um Freyas Hals befand. Es gab besondere Mädchen und Jungen, quer über das Land verteilt, die ihn trugen und für horrende Summen feilgeboten wurden. Sie sahen unterschiedlich aus, waren groß oder klein, sehr jung oder etwas reifer. Eines aber einte sie: Sie alle waren gebrochen.
In den Städten sah man sie manches Mal, leer und ausdruckslos, einzig dafür am Leben, um zu gehorchen und zu dienen. Sie waren nur noch eine Hülle, gefüllt mit dem, was die Gräfin aus ihnen machte. Geformt zu hübschen Puppen, die ihren Willen verloren hatten.
Wenn Freya nicht auch eines der verlorenen Lämmlein werden wollte, musste sie absurderweise genau das tun, was von ihr verlangt wurde. Es war nicht anders als bei den Haustieren, das simple Prinzip des Machtgefälles von Frauchen und Tier. Nur mit dem Unterschied, dass Freya im richtigen Moment nach der fütternden Hand schnappen musste, um diese zu zerreißen.
Schleichend ging Haedinn vor und hoffte darauf, dass Freya ihn gehört und auch verstanden hatte. In dieser verdrehten Welt war es schwer, bei klarem Verstand zu bleiben und den Kopf und den Geist an der richtigen Stelle zu behalten. Der Kater wusste selbst nur zu gut, wovon er sprach. Deshalb war es nun umso wichtiger, dass er sich auf den noch vorhandenen Verstand des Mädchens verlassen konnte. Solange es diesen eben noch gab.
Mit leisen, schattenhaften Pfoten glitt er aus dem Zimmer, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Denn wer schaut schon gern zurück? Das Vergangene ist wie ein trügerisches Lächeln, das einen täuschen kann.
Der Weg führte sie ein wenig den Flur entlang. Haedinn hatte sich zuvor schon umgesehen, seinen Kopf bereits hier und da hineingesteckt. Das Bad war nicht weit, einmal links und wieder rechts herum.
Hübsch verziert waren die Wände und zwei Zuber standen nebeneinander. Wer sie befüllt hatte? Das Geheimnis blieb wahrscheinlich ungelüftet. Da aber alles in dieser Welt sehr wunderlich war, war es auch gut möglich, dass sie sich von allein füllten.
Endlich konnte Haedinn sich sichtbar machen, diesmal jedoch von der Schwanzspitze beginnend, nach vorn zu seinem Gesicht. Nur, das Grinsen war ihm gerade allerdings etwas abhanden gekommen. Nicht etwa wegen der prekären Umstände, sondern viel eher deshalb, weil nun auch noch Wasser in der Nähe war.
Er hasste Wasser. Es war so nass und so kalt und, ach, viel zu flüssig. Hund und Wasser an einem Tag? Das war sogar für das Gemüt Haedinns zuviel.
"Schnell, wasch dich und kleide dich an. Husch, husch, wir haben keine Zeit zum trödeln! Entspannung und Bummelei musst du hinter dir lassen. Wenn du nicht das werden willst, was sie aus Kindern wie dir macht, dann musst du genau das tun, was sie verlangt. Zumindest vorerst, bis in die Nacht. Dann suchen wir einen Weg hinaus.
Du willst doch gehen, oder?" Fragend legte Haedinn seinen großen Kopf zur Seite, sehr darauf bedacht, dass dieser nicht von seinen Schultern purzelte. Er war lange unsichtbar gewesen, manchmal führte das dazu, dass seine Körperteile etwas länger brauchten, um sich wieder zusammenzufinden.
Er selbst sah sich schließlich nicht und manchmal vergaß er über die ganze Nicht-Sichtbarkeit, dass er selbst noch da war. Oder auch, wo er war.
Noch dazu war er derzeit ziemlich arg hungrig, was seine Konzentration auf sein eigenes, kaum vorhandenes Sein doch sehr erschwerte.
Als die kleinen Füßchen des Menschenmädchens seinen knöchrigen Schwanz berührten, fauchte er unbeabsichtigt auf, was jedoch viel mehr dem Klang eines leisen Kicherns gleich kam. "Schätzchen, du musst vorsichtiger sein mit den Dingen, die du nicht sehen kannst. Wenn du etwas kaputt machst, darf es nur dich selbst betreffen. Alles andere musst du ersetzen, sonst wird der Besitzer traurig sein."
Der Kater flüsterte dies in einer Lautlosigkeit, die nur durch seine Unsichtbarkeit selbst übertroffen wurde. Denn immer noch war da schließlich dieser Köter, dessen Geruch ihn so furchtbar an seiner vernarbten Nase kitzelte, dass er am liebsten einmal laut und genüsslich niesen wollte. Zwar erschien das große Vieh eher träge und nicht besonders wenig, aber es wäre nicht das erste Mal, dass Haedinn eine Situation maßlos unterschätzte.
Nicht umsonst war sein Körper übersät mit Löchern, die er liebevoll und doch nur notdürftig mit seinen Krallen und einem einfachen Faden zusammengeflickt hatte.
In dieser undurchsichtigen Welt war Vorsicht stets der bessere Weggefährte als Nachsicht. Auch wenn Haedinn häufig genug bewies, dass er seinen eigenen, eigentlich recht weisen Leitsatz nur allzu gern vergaß. Gerade dann, wenn es darauf ankam ihn zu befolgen. Doch das würde er nun besser machen. Naja, zumindest einmal für heute. Nahm man sich zu viel auf einmal vor, konnte das ziemlich schief gehen. Und es lief schon viel genug sehr schief. Ja, sogar die ganze Welt kam ihm derzeit vor, als wäre sie in einer wankenden Schräglage. Nur gut, dass Haedinn scharfe Krallen besaß, mit denen er sich am Boden halten konnte. Wenn sie also umkippte, war er dahingehend sicher.
Mit einem eleganten Strecken, machte der Kater sich größer als er eigentlich war, so dass seine Knochen und Knöchelchen knackten und die langen, wenn auch teilweise abgebrochenen Schnurrhaare kitzelten das Gesicht Freyas, da er sich nun direkt vor ihrem hübschen Gesichtlein befand.
"Menschenmädchen, lass den Hund Hund sein. Er ist des Gräfins Köter, sie sieht alles, sie weiß alles, weil er überall seine neugierige Schnauze hineinsteckt." Inständig hoffte Haedinn, dass das große, schlaffohrige Vieh ihm den Gefallen tat, nicht allzu gut bei Gehör zu sein. Außerdem war er nur ein Hund, und Hunde waren nicht so klug wie Katzen. Ein bisschen klug vielleicht, aber eben keine Katze.
"Entschuldige dich für die Frage, verspreche, dass du um Eigenständigkeit strebst und um Lernwillen bemüht bist. Trag dein Paket und lächle. Danach folgst du mir durch die Tür."
Was für eine unheilvolle Entwicklung der Dinge. Was genau in dem Schriftstück der Gräfin stand, wusste Haedinn natürlich nicht, doch er erkannte den Reif, der sich nun um Freyas Hals befand. Es gab besondere Mädchen und Jungen, quer über das Land verteilt, die ihn trugen und für horrende Summen feilgeboten wurden. Sie sahen unterschiedlich aus, waren groß oder klein, sehr jung oder etwas reifer. Eines aber einte sie: Sie alle waren gebrochen.
In den Städten sah man sie manches Mal, leer und ausdruckslos, einzig dafür am Leben, um zu gehorchen und zu dienen. Sie waren nur noch eine Hülle, gefüllt mit dem, was die Gräfin aus ihnen machte. Geformt zu hübschen Puppen, die ihren Willen verloren hatten.
Wenn Freya nicht auch eines der verlorenen Lämmlein werden wollte, musste sie absurderweise genau das tun, was von ihr verlangt wurde. Es war nicht anders als bei den Haustieren, das simple Prinzip des Machtgefälles von Frauchen und Tier. Nur mit dem Unterschied, dass Freya im richtigen Moment nach der fütternden Hand schnappen musste, um diese zu zerreißen.
Schleichend ging Haedinn vor und hoffte darauf, dass Freya ihn gehört und auch verstanden hatte. In dieser verdrehten Welt war es schwer, bei klarem Verstand zu bleiben und den Kopf und den Geist an der richtigen Stelle zu behalten. Der Kater wusste selbst nur zu gut, wovon er sprach. Deshalb war es nun umso wichtiger, dass er sich auf den noch vorhandenen Verstand des Mädchens verlassen konnte. Solange es diesen eben noch gab.
Mit leisen, schattenhaften Pfoten glitt er aus dem Zimmer, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Denn wer schaut schon gern zurück? Das Vergangene ist wie ein trügerisches Lächeln, das einen täuschen kann.
Der Weg führte sie ein wenig den Flur entlang. Haedinn hatte sich zuvor schon umgesehen, seinen Kopf bereits hier und da hineingesteckt. Das Bad war nicht weit, einmal links und wieder rechts herum.
Hübsch verziert waren die Wände und zwei Zuber standen nebeneinander. Wer sie befüllt hatte? Das Geheimnis blieb wahrscheinlich ungelüftet. Da aber alles in dieser Welt sehr wunderlich war, war es auch gut möglich, dass sie sich von allein füllten.
Endlich konnte Haedinn sich sichtbar machen, diesmal jedoch von der Schwanzspitze beginnend, nach vorn zu seinem Gesicht. Nur, das Grinsen war ihm gerade allerdings etwas abhanden gekommen. Nicht etwa wegen der prekären Umstände, sondern viel eher deshalb, weil nun auch noch Wasser in der Nähe war.
Er hasste Wasser. Es war so nass und so kalt und, ach, viel zu flüssig. Hund und Wasser an einem Tag? Das war sogar für das Gemüt Haedinns zuviel.
"Schnell, wasch dich und kleide dich an. Husch, husch, wir haben keine Zeit zum trödeln! Entspannung und Bummelei musst du hinter dir lassen. Wenn du nicht das werden willst, was sie aus Kindern wie dir macht, dann musst du genau das tun, was sie verlangt. Zumindest vorerst, bis in die Nacht. Dann suchen wir einen Weg hinaus.
Du willst doch gehen, oder?" Fragend legte Haedinn seinen großen Kopf zur Seite, sehr darauf bedacht, dass dieser nicht von seinen Schultern purzelte. Er war lange unsichtbar gewesen, manchmal führte das dazu, dass seine Körperteile etwas länger brauchten, um sich wieder zusammenzufinden.
Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
- Tanuri
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- Registriert: Sa 30. Dez 2017, 09:57
- Danksagung erhalten: 2 Mal
#1015
Er war fort, fort bevor sie noch etwas sagen konnte, nach weiteren Antworten verlangen oder ihn in seinem Unwissen korrigieren. "Es ist nicht das Amt, das mich zerstört…" Flüsterte sie daher leise, ganz allein für sich. Denn das war sie nun. Allein. Wieder einmal.
Es gab Zeiten, da hatte sie die Einsamkeit gesucht, ja, war ihr förmlich nachgelaufen und hatte nach ihr gerufen, da sie ihr Leben und sich selbst nicht ertragen konnte.
Doch hier war die Einsamkeit eine andere. Sie war bitter und schlug brachial auf sie ein, konfrontierte sie mit der harten Wahrheit darüber, wer sie einst gewesen und was davon geblieben war. Hier war sie gefangen mit ihren Gedanken, denen sie sonst immer versuchte zu entkommen, gleich, wie einsam sie auch war. Sicherlich hatte Landru sie hier nicht zurückgelassen, damit sie starb.
Das wäre nicht nur unproduktiv, sondern ergäbe keinerlei Sinn. Obwohl Tanuri nichts von ihm wusste, konnte sie ihn zumindest dahingehend gut genug einschätzen. Es brächte ihm keine Freude, zurückzukehren und nur noch ihre Leiche vorzufinden. Das hieß für sie, dass er zurückkommen würde. Wann das aber war, konnte sie nur abschätzen. Fraglich, wie viel er noch über die Menschen wusste. Ihr Durst, würde sie nicht nur in den Wahnsinn, sondern schon nach kurzer Zeit in den Tod treiben.
Tanuri löste sich von den Gittern, drehte sich herum und lehnte sich gegen diese. Ihren Kopf vergrub sie in ihre Hände und schloss ihre Augen. Sie wollte die Abartigkeiten, die Landru ihr so offen präsentierte, nicht länger sehen. Wenn sie es nicht sah, dann war es nicht da.
Galt Gleiches aber vielleicht auch für sie? Wenn sie nicht mehr war, wo sie eigentlich versprochen hatte zu bleiben, war sie dann noch? Und wenn sie tatsächlich nicht mehr war, war dann alles umsonst gewesen? Vielleicht war es aber auch genau das, was sie verdient hatte.
Ihre Erinnerungen glitten zu einem Gespräch, welches sie mit Naheniel geführt hatte. Ohne dass jemand davon wusste, begegneten sie sich wesentlich häufiger, als sie sollten. Sie waren Feinde, aufs Blut verhasst und doch waren sie Geschwister, entstanden und geboren in einem Leib.
Er suchte ihre Nähe und sie suchte die seine...
Es gab Zeiten, da hatte sie die Einsamkeit gesucht, ja, war ihr förmlich nachgelaufen und hatte nach ihr gerufen, da sie ihr Leben und sich selbst nicht ertragen konnte.
Doch hier war die Einsamkeit eine andere. Sie war bitter und schlug brachial auf sie ein, konfrontierte sie mit der harten Wahrheit darüber, wer sie einst gewesen und was davon geblieben war. Hier war sie gefangen mit ihren Gedanken, denen sie sonst immer versuchte zu entkommen, gleich, wie einsam sie auch war. Sicherlich hatte Landru sie hier nicht zurückgelassen, damit sie starb.
Das wäre nicht nur unproduktiv, sondern ergäbe keinerlei Sinn. Obwohl Tanuri nichts von ihm wusste, konnte sie ihn zumindest dahingehend gut genug einschätzen. Es brächte ihm keine Freude, zurückzukehren und nur noch ihre Leiche vorzufinden. Das hieß für sie, dass er zurückkommen würde. Wann das aber war, konnte sie nur abschätzen. Fraglich, wie viel er noch über die Menschen wusste. Ihr Durst, würde sie nicht nur in den Wahnsinn, sondern schon nach kurzer Zeit in den Tod treiben.
Tanuri löste sich von den Gittern, drehte sich herum und lehnte sich gegen diese. Ihren Kopf vergrub sie in ihre Hände und schloss ihre Augen. Sie wollte die Abartigkeiten, die Landru ihr so offen präsentierte, nicht länger sehen. Wenn sie es nicht sah, dann war es nicht da.
Galt Gleiches aber vielleicht auch für sie? Wenn sie nicht mehr war, wo sie eigentlich versprochen hatte zu bleiben, war sie dann noch? Und wenn sie tatsächlich nicht mehr war, war dann alles umsonst gewesen? Vielleicht war es aber auch genau das, was sie verdient hatte.
Ihre Erinnerungen glitten zu einem Gespräch, welches sie mit Naheniel geführt hatte. Ohne dass jemand davon wusste, begegneten sie sich wesentlich häufiger, als sie sollten. Sie waren Feinde, aufs Blut verhasst und doch waren sie Geschwister, entstanden und geboren in einem Leib.
Er suchte ihre Nähe und sie suchte die seine...
"Sei ehrlich mit Dir selbst und gestehe es Dir ein. Du weißt ganz genau warum ich bin, wie ich bin. Warum ich handle, wie ich handle."
Naheniel hatte sie während seiner Worte nicht aus seinem stechend kalten Blick entlassen, weshalb es ihr unmöglich gewesen war, die Regungen in ihrem Gesicht vor ihm zu verbergen.
"Siehst Du, ich wusste es. Ich bin Dein Bruder, wir sind miteinander verbunden, ob Du das willst oder nicht. Ich weiß genau, was Du bist, weil ich weiß, wer ich bin."
Tanuri vermied es während des gesamten Gesprächs, ihn anzusehen. Stattdessen war ihr Blick auf den Ring gelegt, der sie als Priesterin der dunklen Kirche auszeichnete und den sie nun immer und immer wieder drehte.
"Sieh mich an, Tanuri."
Befehlend, aber dennoch ruhig war seine Stimme plötzlich ganz nah an ihrem Ohr erklungen und seine Hand hatte sich an ihr Kinn gelegt, um ihren Kopf in seine Richtung zu lenken.
"Hast Du Dich noch nie gefragt, warum Du Dich so sehr zu der Dunkelheit hingezogen fühlst?" Mit seinem Daumen hatte er, fast schon zärtlich, über ihre Wange gestrichen und tief und warm hatte sich der Klang seine Worte an sie geschmiegt. "Ich bin die Finsternis und Du bist ein Teil von mir."
Erst jetzt hatte Tanuri ihm ihren Blick entgegen gehoben, unfähig, sich von ihm loszulösen.
"Vielleicht solltest Du mich also nicht länger als Deinen Feind betrachten, sondern als Deinen Vertrauten? Als den Einzigen, der Dich tatsächlich kennt und versteht?"
Sein Gesicht war dem ihrigen ganz nah gewesen, fast zu nah."Ich weiß, was Du am meisten willst, süßeste aller Schwestern. Frage Dich also: Was bist Du bereit dafür zu geben?"
Tanuri hatte sich geweigert, ihm irgendeine Antwort zu geben, obwohl diese so einfach war, jedoch eine Tragweite besaß, die sie ihm nicht offenbaren konnte. Versteinert hatte sie deshalb versucht, seine Anmaßung und seine Worte zu ertragen und nicht darauf zu reagieren.
Doch es half nichts, vor ihm konnte sie es nicht verbergen. Auf Naheniels Zügen hatte sich daraufhin ein zufrieden überhebliches Lächeln gezeigt, während seine blauen Augen sie durchdringend erfasst hatten, als würde er direkt nach ihrer Seele, der Wahrheit und den Geheimnissen, die in dieser ruhten, greifen.
"Eine Antwort ist nicht nötig, denn ich kann es sehen."
Kurz darauf hatte er sich erhoben, doch bevor er vollends mit seinen Schatten und der heraufbeschworenen Dunkelheit verschmolzen war, hatte er ihr nochmals mit seinem Handrücken über ihre Wange gestrichen und leise an ihr Ohr geflüstert.
"Siehst Du, wir sind gar nicht so unterschiedlich."
Es war ein kalter Kuss, den er noch auf ihrer Stirn hinterlassen hatte und gleich darauf war er in seiner eigenen Finsternis verschwunden.
Naheniel hatte sie während seiner Worte nicht aus seinem stechend kalten Blick entlassen, weshalb es ihr unmöglich gewesen war, die Regungen in ihrem Gesicht vor ihm zu verbergen.
"Siehst Du, ich wusste es. Ich bin Dein Bruder, wir sind miteinander verbunden, ob Du das willst oder nicht. Ich weiß genau, was Du bist, weil ich weiß, wer ich bin."
Tanuri vermied es während des gesamten Gesprächs, ihn anzusehen. Stattdessen war ihr Blick auf den Ring gelegt, der sie als Priesterin der dunklen Kirche auszeichnete und den sie nun immer und immer wieder drehte.
"Sieh mich an, Tanuri."
Befehlend, aber dennoch ruhig war seine Stimme plötzlich ganz nah an ihrem Ohr erklungen und seine Hand hatte sich an ihr Kinn gelegt, um ihren Kopf in seine Richtung zu lenken.
"Hast Du Dich noch nie gefragt, warum Du Dich so sehr zu der Dunkelheit hingezogen fühlst?" Mit seinem Daumen hatte er, fast schon zärtlich, über ihre Wange gestrichen und tief und warm hatte sich der Klang seine Worte an sie geschmiegt. "Ich bin die Finsternis und Du bist ein Teil von mir."
Erst jetzt hatte Tanuri ihm ihren Blick entgegen gehoben, unfähig, sich von ihm loszulösen.
"Vielleicht solltest Du mich also nicht länger als Deinen Feind betrachten, sondern als Deinen Vertrauten? Als den Einzigen, der Dich tatsächlich kennt und versteht?"
Sein Gesicht war dem ihrigen ganz nah gewesen, fast zu nah."Ich weiß, was Du am meisten willst, süßeste aller Schwestern. Frage Dich also: Was bist Du bereit dafür zu geben?"
Tanuri hatte sich geweigert, ihm irgendeine Antwort zu geben, obwohl diese so einfach war, jedoch eine Tragweite besaß, die sie ihm nicht offenbaren konnte. Versteinert hatte sie deshalb versucht, seine Anmaßung und seine Worte zu ertragen und nicht darauf zu reagieren.
Doch es half nichts, vor ihm konnte sie es nicht verbergen. Auf Naheniels Zügen hatte sich daraufhin ein zufrieden überhebliches Lächeln gezeigt, während seine blauen Augen sie durchdringend erfasst hatten, als würde er direkt nach ihrer Seele, der Wahrheit und den Geheimnissen, die in dieser ruhten, greifen.
"Eine Antwort ist nicht nötig, denn ich kann es sehen."
Kurz darauf hatte er sich erhoben, doch bevor er vollends mit seinen Schatten und der heraufbeschworenen Dunkelheit verschmolzen war, hatte er ihr nochmals mit seinem Handrücken über ihre Wange gestrichen und leise an ihr Ohr geflüstert.
"Siehst Du, wir sind gar nicht so unterschiedlich."
Es war ein kalter Kuss, den er noch auf ihrer Stirn hinterlassen hatte und gleich darauf war er in seiner eigenen Finsternis verschwunden.
Als die Erinnerung sich in ihre Einzelteile auflöste, schlug Tanuri wütend gegen die Gitterstäbe. Der Schmerz, der gleich darauf folgte, zog sich über ihren ganzen Arm nach oben, pochte und dröhnte. Jene Begegnung mit ihrem Bruder war nur kurz vor ihrem Besuch im Lichthafener Tempel gewesen. Heimlich, unbemerkt und fern von den sie verfolgenden Augen ihrer Gilde. So war es immer, wenn sie einander sahen.
War sie wirklich so verdorben wie er? War dies hier, in diesem kleinen Käfig, in Landrus Reich, die gerechte Strafe für ihre Schwächen? Ogrimar sah alles und er duldet keinerlei Versagen, schon gar nicht von seiner Priesterin. Und trotzdem war sie bereit dazu, alles zu verraten, alles aufzugeben, für das, was sie wollte.
Sie blinzelte. Die Wut und Verzweiflung, die sie in sich spürte, war überwältigend. Könnte sie doch nur laut zu Schreien beginnen, ihrem Zorn eine Stimme geben. Tief atmete sie ein und aus und legte ihre Handflächen auf den Boden.
Ja, der Käfig verbot jegliche Magie, aber sie fühlte die lebende Erde, die sich unter diesem befand. Würden der Stein und die Felsen, die tief vergraben waren, ihrem Befehl gehorchen? Konnte sie einen Sturm aus krachenden Blitzen und einem Gewitter, das sich durch ein tiefes, bedrohliches Donnern ankündigte, heraufbeschwören?
Die Wahrheit, die Naheniel ihr so ungeschönt über sie selbst präsentiert hatte, zerriss sie mehr denn je. Aber er hatte recht. Sie war nicht anders als er. Auch sie würde alles für das geben, was sie wollte.
Was also, wenn sie sich nicht mehr länger zügelte, ihrem seit langem eingesperrten, lodernden Licht freien Lauf ließ, damit es gemeinsam mit dem Sturm und dem Stein über die Welt fegte und alles zerschmetterte, was sich ihr in den Weg gestellt hatte?
Was, wenn sie es war, die entschied, wer es nach ihrem Empfinden und Ermessen wert war, weiter zu leben und wer sich ihrem Zorn beugen musste? Wurde sie dann endlich wahrgenommen, wenn sie alles und jeden vernichtet hatte? Und wenn sie sich das zurückholte, was ihr genommen worden war?
Doch nichts von alledem geschah....
Kraftlos und gebrochen sackte sie in sich zusammen. Ihre Magie war hier in diesem Gefängnis nicht mehr als ein kleiner Funken und Vernichtung und Zerstörung all jener und all dessen, was sie das gekostet hatte, was sie einst war, passierte einzig und allein in ihrem Kopf und in ihrer Verlorenheit.
War sie wirklich so verdorben wie er? War dies hier, in diesem kleinen Käfig, in Landrus Reich, die gerechte Strafe für ihre Schwächen? Ogrimar sah alles und er duldet keinerlei Versagen, schon gar nicht von seiner Priesterin. Und trotzdem war sie bereit dazu, alles zu verraten, alles aufzugeben, für das, was sie wollte.
Sie blinzelte. Die Wut und Verzweiflung, die sie in sich spürte, war überwältigend. Könnte sie doch nur laut zu Schreien beginnen, ihrem Zorn eine Stimme geben. Tief atmete sie ein und aus und legte ihre Handflächen auf den Boden.
Ja, der Käfig verbot jegliche Magie, aber sie fühlte die lebende Erde, die sich unter diesem befand. Würden der Stein und die Felsen, die tief vergraben waren, ihrem Befehl gehorchen? Konnte sie einen Sturm aus krachenden Blitzen und einem Gewitter, das sich durch ein tiefes, bedrohliches Donnern ankündigte, heraufbeschwören?
Die Wahrheit, die Naheniel ihr so ungeschönt über sie selbst präsentiert hatte, zerriss sie mehr denn je. Aber er hatte recht. Sie war nicht anders als er. Auch sie würde alles für das geben, was sie wollte.
Was also, wenn sie sich nicht mehr länger zügelte, ihrem seit langem eingesperrten, lodernden Licht freien Lauf ließ, damit es gemeinsam mit dem Sturm und dem Stein über die Welt fegte und alles zerschmetterte, was sich ihr in den Weg gestellt hatte?
Was, wenn sie es war, die entschied, wer es nach ihrem Empfinden und Ermessen wert war, weiter zu leben und wer sich ihrem Zorn beugen musste? Wurde sie dann endlich wahrgenommen, wenn sie alles und jeden vernichtet hatte? Und wenn sie sich das zurückholte, was ihr genommen worden war?
Doch nichts von alledem geschah....
Kraftlos und gebrochen sackte sie in sich zusammen. Ihre Magie war hier in diesem Gefängnis nicht mehr als ein kleiner Funken und Vernichtung und Zerstörung all jener und all dessen, was sie das gekostet hatte, was sie einst war, passierte einzig und allein in ihrem Kopf und in ihrer Verlorenheit.
~~~
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!
Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!
~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya Chakai ~~
~~ Anführerin der Legion des Schattens ~~
~~ Mutter der Nymeria var Aesir ~~
~~ Anführerin der Legion des Schattens ~~
~~ Mutter der Nymeria var Aesir ~~
#1016
Zurück auf dem Anwesen der Legion
Zu jener Stunde als das diffuse Licht des Mondes dem Morgengrauen wich, kehrte die Inquisitorin zum Anwesen der Legion zurück.
Nach dem Tribunal tobten noch immer die widersprüchlichsten Gedanken und Gefühle durch ihren Geist. Umso mehr genoss sie noch
für einige Augeblicke die klare kühle Nachtluft, die ihren Kopf freimachen sollte. Lorena wusste, dass jede Interaktion zwischen
zwei Parteien je nach Kenntnisstand und Hintergrundwissen aus den unterschiedlichen Perspektiven anders wahrgenommen und
interpretiert werden konnte. Für vieles gab es plausible und nachvollziehbare Erklärungen, welche sich einem jedoch meist erst
im Nachgang offenbaren sollten, im Moment des Geschehens aber dennoch erstmal einem Verrat gleichkamen.
Zumindest versuchte sie so, ihre aufkeimenden Zweifel vorerst zu beschwichtigen.
Rational gesehen wusste Lorena, dass niemand vollkommen frei von derartigen Gedanken war, und sich Feinde diese Schwäche
schon oftmals zu eigen machen wollten, um Zwietracht zu säen. Wer wollte schon in einem Moment des Haderns über seinen
Schatten springen, hinterfragen was im Argen lag und somit Schwäche oder Verwundbarkeit zeigen? Nicht ohne Grund vertraute
Lorena nur einem sehr kleinen, ausgewähltem Personenkreis mehr oder weniger bedingungslos. Die Geschehnisse der Vergangenheit
hatten die Eismagierin in den vergangenen Jahren nicht nur recht unnahbar, sondern auch vorsichtig gemacht.
Erahnte sie auch nur den Hauch eines Verrates, neigte sie dazu sich zu distanzieren. Ein Umstand, der durch den Dämon in ihrer
Seele noch zusätzlich verstärkt wurde. Die grausame aber nicht minder perfide Stimme in ihrem Kopf befeuerte jeden noch so
kleinen Zweifel und spielte durchtriebene Psychospielchen mit ihr und ließ sie manches Mal noch kälter und emotionsloser wirken,
als sie es ohnehin schon war. Aber was war die Alternative? Momentan drohten so viele Gefahren von den unterschiedlichsten
Seiten, da konnte sie es sich nicht leisten auch nur den Anflug von Hilflosigkeit zu zeigen. Stattdessen hatte sie in den
vergangenen Wochen eher Abstand zu ihren Verbündeten gesucht, damit niemand erkennen sollte, was los war.
Doch wurde ihr genau dieser Abstand nun zum Verhängnis? Wenn sie an das Tribunal zurückdachte, schien es fast so zu sein.
Bis zur Verhandlung war Lorena davon ausgegangen, dass die Priesterin derzeit viel mit dem Verschwinden der Adeptin sowie
anderen Kirchenangelegenheiten zu tun hatte und deshalb nicht zwischendurch heimkehrt war.
Daher hatte sie sowohl ihr als auch Adrians Fernbleiben zu Beginn des Tribunals falsch interpretiert.
Das eine erneute Entführung im Raum stand und Adrian dem Tribunal aller Wahrscheinlichkeit nach fernblieb, weil er versuchte
Tanuri aufzufinden, konnte sie demnach nicht erahnen. Kein Wunder also, dass Naheniel diesen Trumpf sich zu eigen machte und
das Tribunal als eine Art Bühne für seine Selbstdarstellung auserkoren hatte.
Was Lorena jedoch bislang nicht nachvollziehen konnte, war die Tatsache, dass Adrian ausgerechnet die Schmutzgeier des weißen
Gesindels in Verdacht hatte. Keinem dieser Stümper oder Dilettanten würde sie es zutrauen die Priesterin zu überlisten.
Erforderte dies doch eine gewisse Raffinesse und Kalkül. Nicht mal das Wissen, dass einer der ihren in Gefangenschaft lebte,
hatte seiner Zeit dazu geführt, dass sich dort jemand die Finger schmutzig gemacht hatte, um Samoel zu befreien.
Außerdem wusste die Eismagierin durch ein Gespräch am Vortag, dass die Götzen sich feige, an der zu diesem Zeitpunkt wehrlosen,
Kenna vergangen hatten. Sie hatten ihren Körper geschändet und ebenfalls alles darangesetzt, ihr ihre Würde zu nehmen.
Umso unwahrscheinlicher schien es also, dass sie gleich zwei von ihnen in Gefangenschaft hatten.
Wäre dem so gewesen, hätten sie die beiden doch sicher gegeneinander ausgespielt, um weitere Informationen zu erpressen,
anstatt Kenna zu ihrem alleinigen Spielball zu machen. Doch die Bognerin hatte nichts dergleichen erwähnt. Und wenn sie nicht
reinzufällig die Priesterin verraten hatte, um ihre eigene Haut zu retten, schloss Lorena diese Idee erst einmal aus.
Tatsächlich lag ihr erster Verdacht auch eher bei Naheniel, nützte ihm die Abwesenheit der Priesterin doch immerhin erstmal
am meisten. Aber auch er hatte ebenso wie Etoh bei dem Tribunal bestritten, hinter dem Verschwinden der Priesterin zu stecken.
Vielmehr bereitete es ihm ein diebisches Vergnügen, sich daran zu ergötzen, die Inquisitorin vorzuführen. Gleiches hätte er sicher
auch gerne mit seiner Schwester getan, nachdem diese ihn derart öffentlich denunziert hatte. Auf der anderen Seite konnten sie
aber auch nicht ausschließen, dass er dahintersteckte, wäre dies doch eine exzellente Möglichkeit seine Macht zu demonstrieren.
Aber auch noch jemand ganz anderes kam der Inquisitorin in den Sinn. Er hatte vor einiger Zeit nach Tanuri gesucht, regelrecht
etwas von ihr im Austausch für Informationen gefordert. Doch würde diese Kreatur soweit gehen?
Diesen Gedanken konnte die Eismagierin vorerst jedoch nicht zu Ende führen, da ihre Aufmerksamkeit von einer nervösen
Küchenkraft eingefordert wurde. „Entschuldigt die Störung, aber ihr batet darum informiert zu werden.“ Sichtlich unbehaglich
suchte, die Magd nach den richtigen Worten. „Der Medicus hat den unbekannten Mann wieder ins Leben zurückgeholt. Er wird im
Gemeinschaftsraum noch immer bewacht, falls ihr in sprechen wollt.“ Nachdem sie diese Worte hervorgepresst hatte, entschuldigte
sich erneut, um wegzutreten und ihren Dienst wieder aufzunehmen.
Fast schon hatte Lorena den seltsamen Greis vergessen, der offenbar zum Sterben auf ihrer Türschwelle abgelegt worden war.
Nun jedoch verengte sie bei dem Gedanken daran ein wenig ihre Augen. Es war ein unbestimmtes Gefühl, aber irgendwas an der
Angelegenheit behagte ihr absolut nicht. Wenn nun auch noch die Priesterin verschwunden war, war dies erst recht kein Zufall mehr.
Festen Schrittes folgte Lorena also der Magd ins Innere der Hallen und ging zielstrebig auf den großen Gemeinschaftsraum zu, an
dessen offenen Türen je zwei Personen wachehielten.
Ohne zu Klopfen trat sie hinein und musterte den Fremden, dessen Gesichtsfarbe inzwischen zumindest ein wenig mehr Farbe hatte.
Er lag noch immer auf dem Sofa, auf dem sie ihn am Tag zuvor zurückgelassen hatte. Mit einigen Schritten Entfernung zu ihm erhob
sie ihre Stimme, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. „Der eine mit dem Würdigen.“ In Anbetracht dessen, dass sie keinen Namen
hatte, bei dem sie den Fremden nennen konnte, vernachlässigte sie diese Höflichkeitsfloskel und sprach stattdessen einfach direkt
weiter. „Ich weiß nicht ob Euch geläufig ist, vor welchen Hallen man Euch in eurer Not gebetet hat, aber mich würden die Umstände,
wie es dazu kam dennoch brennend interessieren.“
Zu jener Stunde als das diffuse Licht des Mondes dem Morgengrauen wich, kehrte die Inquisitorin zum Anwesen der Legion zurück.
Nach dem Tribunal tobten noch immer die widersprüchlichsten Gedanken und Gefühle durch ihren Geist. Umso mehr genoss sie noch
für einige Augeblicke die klare kühle Nachtluft, die ihren Kopf freimachen sollte. Lorena wusste, dass jede Interaktion zwischen
zwei Parteien je nach Kenntnisstand und Hintergrundwissen aus den unterschiedlichen Perspektiven anders wahrgenommen und
interpretiert werden konnte. Für vieles gab es plausible und nachvollziehbare Erklärungen, welche sich einem jedoch meist erst
im Nachgang offenbaren sollten, im Moment des Geschehens aber dennoch erstmal einem Verrat gleichkamen.
Zumindest versuchte sie so, ihre aufkeimenden Zweifel vorerst zu beschwichtigen.
Rational gesehen wusste Lorena, dass niemand vollkommen frei von derartigen Gedanken war, und sich Feinde diese Schwäche
schon oftmals zu eigen machen wollten, um Zwietracht zu säen. Wer wollte schon in einem Moment des Haderns über seinen
Schatten springen, hinterfragen was im Argen lag und somit Schwäche oder Verwundbarkeit zeigen? Nicht ohne Grund vertraute
Lorena nur einem sehr kleinen, ausgewähltem Personenkreis mehr oder weniger bedingungslos. Die Geschehnisse der Vergangenheit
hatten die Eismagierin in den vergangenen Jahren nicht nur recht unnahbar, sondern auch vorsichtig gemacht.
Erahnte sie auch nur den Hauch eines Verrates, neigte sie dazu sich zu distanzieren. Ein Umstand, der durch den Dämon in ihrer
Seele noch zusätzlich verstärkt wurde. Die grausame aber nicht minder perfide Stimme in ihrem Kopf befeuerte jeden noch so
kleinen Zweifel und spielte durchtriebene Psychospielchen mit ihr und ließ sie manches Mal noch kälter und emotionsloser wirken,
als sie es ohnehin schon war. Aber was war die Alternative? Momentan drohten so viele Gefahren von den unterschiedlichsten
Seiten, da konnte sie es sich nicht leisten auch nur den Anflug von Hilflosigkeit zu zeigen. Stattdessen hatte sie in den
vergangenen Wochen eher Abstand zu ihren Verbündeten gesucht, damit niemand erkennen sollte, was los war.
Doch wurde ihr genau dieser Abstand nun zum Verhängnis? Wenn sie an das Tribunal zurückdachte, schien es fast so zu sein.
Bis zur Verhandlung war Lorena davon ausgegangen, dass die Priesterin derzeit viel mit dem Verschwinden der Adeptin sowie
anderen Kirchenangelegenheiten zu tun hatte und deshalb nicht zwischendurch heimkehrt war.
Daher hatte sie sowohl ihr als auch Adrians Fernbleiben zu Beginn des Tribunals falsch interpretiert.
Das eine erneute Entführung im Raum stand und Adrian dem Tribunal aller Wahrscheinlichkeit nach fernblieb, weil er versuchte
Tanuri aufzufinden, konnte sie demnach nicht erahnen. Kein Wunder also, dass Naheniel diesen Trumpf sich zu eigen machte und
das Tribunal als eine Art Bühne für seine Selbstdarstellung auserkoren hatte.
Was Lorena jedoch bislang nicht nachvollziehen konnte, war die Tatsache, dass Adrian ausgerechnet die Schmutzgeier des weißen
Gesindels in Verdacht hatte. Keinem dieser Stümper oder Dilettanten würde sie es zutrauen die Priesterin zu überlisten.
Erforderte dies doch eine gewisse Raffinesse und Kalkül. Nicht mal das Wissen, dass einer der ihren in Gefangenschaft lebte,
hatte seiner Zeit dazu geführt, dass sich dort jemand die Finger schmutzig gemacht hatte, um Samoel zu befreien.
Außerdem wusste die Eismagierin durch ein Gespräch am Vortag, dass die Götzen sich feige, an der zu diesem Zeitpunkt wehrlosen,
Kenna vergangen hatten. Sie hatten ihren Körper geschändet und ebenfalls alles darangesetzt, ihr ihre Würde zu nehmen.
Umso unwahrscheinlicher schien es also, dass sie gleich zwei von ihnen in Gefangenschaft hatten.
Wäre dem so gewesen, hätten sie die beiden doch sicher gegeneinander ausgespielt, um weitere Informationen zu erpressen,
anstatt Kenna zu ihrem alleinigen Spielball zu machen. Doch die Bognerin hatte nichts dergleichen erwähnt. Und wenn sie nicht
reinzufällig die Priesterin verraten hatte, um ihre eigene Haut zu retten, schloss Lorena diese Idee erst einmal aus.
Tatsächlich lag ihr erster Verdacht auch eher bei Naheniel, nützte ihm die Abwesenheit der Priesterin doch immerhin erstmal
am meisten. Aber auch er hatte ebenso wie Etoh bei dem Tribunal bestritten, hinter dem Verschwinden der Priesterin zu stecken.
Vielmehr bereitete es ihm ein diebisches Vergnügen, sich daran zu ergötzen, die Inquisitorin vorzuführen. Gleiches hätte er sicher
auch gerne mit seiner Schwester getan, nachdem diese ihn derart öffentlich denunziert hatte. Auf der anderen Seite konnten sie
aber auch nicht ausschließen, dass er dahintersteckte, wäre dies doch eine exzellente Möglichkeit seine Macht zu demonstrieren.
Aber auch noch jemand ganz anderes kam der Inquisitorin in den Sinn. Er hatte vor einiger Zeit nach Tanuri gesucht, regelrecht
etwas von ihr im Austausch für Informationen gefordert. Doch würde diese Kreatur soweit gehen?
Diesen Gedanken konnte die Eismagierin vorerst jedoch nicht zu Ende führen, da ihre Aufmerksamkeit von einer nervösen
Küchenkraft eingefordert wurde. „Entschuldigt die Störung, aber ihr batet darum informiert zu werden.“ Sichtlich unbehaglich
suchte, die Magd nach den richtigen Worten. „Der Medicus hat den unbekannten Mann wieder ins Leben zurückgeholt. Er wird im
Gemeinschaftsraum noch immer bewacht, falls ihr in sprechen wollt.“ Nachdem sie diese Worte hervorgepresst hatte, entschuldigte
sich erneut, um wegzutreten und ihren Dienst wieder aufzunehmen.
Fast schon hatte Lorena den seltsamen Greis vergessen, der offenbar zum Sterben auf ihrer Türschwelle abgelegt worden war.
Nun jedoch verengte sie bei dem Gedanken daran ein wenig ihre Augen. Es war ein unbestimmtes Gefühl, aber irgendwas an der
Angelegenheit behagte ihr absolut nicht. Wenn nun auch noch die Priesterin verschwunden war, war dies erst recht kein Zufall mehr.
Festen Schrittes folgte Lorena also der Magd ins Innere der Hallen und ging zielstrebig auf den großen Gemeinschaftsraum zu, an
dessen offenen Türen je zwei Personen wachehielten.
Ohne zu Klopfen trat sie hinein und musterte den Fremden, dessen Gesichtsfarbe inzwischen zumindest ein wenig mehr Farbe hatte.
Er lag noch immer auf dem Sofa, auf dem sie ihn am Tag zuvor zurückgelassen hatte. Mit einigen Schritten Entfernung zu ihm erhob
sie ihre Stimme, um seine Aufmerksamkeit zu erlangen. „Der eine mit dem Würdigen.“ In Anbetracht dessen, dass sie keinen Namen
hatte, bei dem sie den Fremden nennen konnte, vernachlässigte sie diese Höflichkeitsfloskel und sprach stattdessen einfach direkt
weiter. „Ich weiß nicht ob Euch geläufig ist, vor welchen Hallen man Euch in eurer Not gebetet hat, aber mich würden die Umstände,
wie es dazu kam dennoch brennend interessieren.“
~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~
❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
- Landru
- Gelehrter / Gelehrte
- Beiträge: 425
- Registriert: Mo 7. Jun 2010, 02:16
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#1017
Irgendwo
Das Tribunal erwies sich als interessant. Es war erstaunlich wie schnell solche Dinge Wellen schlugen. Verdächtigungen, an die er nicht gedacht hatte wurden ausgesprochen. Anklagen formuliert und sogar Ämter angezweifelt. Noch bewegte er sich im Schatten, im Dunstkreis der Finsternis. Verborgen von der Unwissenheit, weil nur wenige über ihn was wussten. Der weiße Priester hatte mit ihm gesprochen und gezielt gefragt. Nicht das er es nicht erwartet hätte, dass dies geschehen würde. Das hatte er durchaus. Aber er würde kaum Spuren zu einer Gruppe legen um sie dann mit einem Geständnis zu revidieren.
Das Tribunal war durchaus interessant. Es lässt neue Pläne zu. Neue Ideen. Naheniel erwies sich als wortgewaltiger Mann. Durchaus interessant, aber nicht jetzt. Noch nicht. Er könnte sich als als starker Verbündeter erweisen, später. Aber noch nicht. Es war zu früh aus dem Schatten zu treten.
Dann blieb Lorena. Sie wusste durchaus von ihm. Aber sie hat geschwiegen und damit hatte sie ohne es zu wollen die Zeit für ihn arbeiten lassen. Ihr Versäumnis hatte ihm wunderbar in die Hände gespielt und nun könnte es schwieriger werden, eine dritte Partei ins Spiel zu bringen. Beweisen wird schwierig. Vor allem wenn sie erklären musste wieso sie solange geschwiegen hat. Das könnte in dem Falle der Amtsanzweiflung seitens Naheniels wirklich ungünstig sein. Wenn sie jetzt mit dem unbekannten Dritten um die Ecke kam, wie sah das aus? In der Zeit wo man ihr Amt anzweifelte auch noch mit einem so möglicherweise gravierendem Versäumnis um die Ecke zu schlendern? Was also tun? Glaubt sie daran, dass diese 'Kreatur' damit zu tun hatte, könnte es sein? Oder war es wahrscheinlicher das der Bruder seine Schwester und Anklägerin aus dem Weg geräumt hatte. War es das Risiko wert, welchem sie sich aussetzen würde? Der Gedanke aber bleibt, dass sie sich irren könnte. Das es doch Naheniel war und dann hatte sie womöglich alles riskiert und verliert am Ende noch ihr Amt. Für nichts. Es war also wahrscheinlich das sie darüber gut nachdenken sollte was sie tut. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass Landru geständig wäre, selbst wenn sie ihn ins Spiel bringen würde. Es war ja das besteben die Priesterin lebendig und unversehrt wieder zu erlangen, oder doch nicht? Im Moment war das Spielfeld eindeutig zu seinem Gunsten ausgelegt, aber es wäre töricht und das weiß er, zu glauben, dass es so bleibt. Früher oder später werden sie begreifen das es weder der Bruder noch die weiße Kirche war. Die Frage war nur zu welchem Preis.
Die Priesterin wird er nicht sterben lassen. Sie war gut versorgt an Wasser zumindest. Er war nicht so weit gekommen, um sie sterben zu lassen. Darum ging es ihm ja nicht. Nicht mal wenn er hatte was er wollte, würde er ihr die Gnade des Todes geben. Nicht nach seinen Plänen. Sie war dort erstmal sicher. Er konnte sich bewegen ohne das er Gefahr lief, dass sie zufällig gefunden oder geortet wurde. Der Käfig schirmte genug ab. Aber er musste vorsichtig sein. Wer weiß, manche Augen beobachten vielleicht. Der weiße Priester war ziemlich penetrant und muss selbst unter enormen Druck stehen. Wie bedauerlich, dass zwischen ihnen kein Handel stattgefunden hatte, sonst hätte er sich das vielleicht erspart. So rächte sich alles irgendwie.
Jetzt hieß es warten. Warten das der Hunger und die Zwangshaltung Tanuri in die Knie zwangen. Schwach machten, zerbrechlich und wie Wachs in seinen Klauen. Dann war er seinem Ziel so nahe wie nie zu vor. Es wäre sicher schlauer nicht zu viel Zeit verstreichen zu lassen, aber er wollte nicht riskieren, dass sie am Ende noch ein Ass aus dem Ärmel zieht. Er hatte Magie einmal unterschätzt und hatte es schmerzhaft lehren müssen, dass man diese Kraft nicht unterschätzen darf, wenn man nicht wusste, welche Macht der Andere hatte. Also geht er auf Nummer sicher.
Er weiß nicht mal woher sie diese Kraft genommen hatte.
Nicht mal die Worte hatte er vernommen als das gleißende Licht plötzlich den ganzen Raum erhellte.
Die Finger noch im warmen Fleisch, als das Licht förmlich aus ihr heraus explodierte. Möglicherweise war es der Schmerz seiner Macht ihren Leib zu deformieren.
Es schleuderte ihn gewaltig zurück und die eigene Haut schälte sich wie verbanntes Wachs von den Knochen. Er war Schmerz gewohnt, aber das war nach Ewigkeiten das erste Mal das er ihn wieder als unangenehm empfand. Das erste Mal seit langem konnte er sich selbst brüllen und schreien hören. Diese unscheinbare Frau. Keine Kriegerin, keine Magierin, nicht mal Priesterin. Diese einfach und unscheinbare Frau war in der Lage ihm derartig Schaden zu zufügen.
Es überraschte ihn.
Sie überraschte ihn.
Sie lehrte ihn.
Sie tadelte seine Unachtsamkeit.
Das erste Mal seit langem, dass er das eigene bestialische innere Tier nicht mehr in seine Schranken weisen konnte und sich die Raserei verlor.
Nicht in jene die zerstören will. Sondern jene die voller Panik und Angst flieht. In den Schatten, in die Dunkelheit. Die Wunden lecken.
Sie hat nicht überlebt.
Trotz ihrer Bemühungen und ihrer Entladung. Sie starb, weil niemand verhindern konnte, dass die Wunden die er ihr zugefügt hat, sich schlossen, dass Blutgefäße verödet und verwoben wurden. Sie hat sich selbst diesem Schicksal überlassen. Nach Tagen der Heilung und Regeneration und immer noch gezeichnet von den Verbrennungen war er zu ihrem Leib zurück gekehrt. Sie war bereits angefressen. Unbrauchbar. Tot. Totes Fleisch das keinerlei Nutzen mehr für ihn hatte.
Magie aber würde er nie mehr unterschätzen.
Tanuri wird diese Dienerwesen wieder sehen, dass ihr Trinken in Form eines Holzbechers beistellte. Wasser. Mit Wasser konnte sie Tage überleben ohne zu essen. Das fehlene Essen aber wird sie entkräften, die Umgebung mürbe machen und bald wird sie erschöpft genug sein, dass selbst ein Lichtzauber wie ein großes Ritual anmuten muss. Er kann in der Zeit die letzten Zutaten besorgen die ihm noch fehlen. Die letzten Bausteine, das letzte Material und gleichzeitig aufmerksam und passiv die Mauer verfolgen.
Halte dich bedeckt, bleib im Schatten und falle nicht auf. Schien die beste Taktik zu sein.
(ooc: Ich bin am 11.06. wieder da und bis dahin im Urlaub. Ich kann also erst ab da wieder reagieren.)
Das Tribunal erwies sich als interessant. Es war erstaunlich wie schnell solche Dinge Wellen schlugen. Verdächtigungen, an die er nicht gedacht hatte wurden ausgesprochen. Anklagen formuliert und sogar Ämter angezweifelt. Noch bewegte er sich im Schatten, im Dunstkreis der Finsternis. Verborgen von der Unwissenheit, weil nur wenige über ihn was wussten. Der weiße Priester hatte mit ihm gesprochen und gezielt gefragt. Nicht das er es nicht erwartet hätte, dass dies geschehen würde. Das hatte er durchaus. Aber er würde kaum Spuren zu einer Gruppe legen um sie dann mit einem Geständnis zu revidieren.
Das Tribunal war durchaus interessant. Es lässt neue Pläne zu. Neue Ideen. Naheniel erwies sich als wortgewaltiger Mann. Durchaus interessant, aber nicht jetzt. Noch nicht. Er könnte sich als als starker Verbündeter erweisen, später. Aber noch nicht. Es war zu früh aus dem Schatten zu treten.
Dann blieb Lorena. Sie wusste durchaus von ihm. Aber sie hat geschwiegen und damit hatte sie ohne es zu wollen die Zeit für ihn arbeiten lassen. Ihr Versäumnis hatte ihm wunderbar in die Hände gespielt und nun könnte es schwieriger werden, eine dritte Partei ins Spiel zu bringen. Beweisen wird schwierig. Vor allem wenn sie erklären musste wieso sie solange geschwiegen hat. Das könnte in dem Falle der Amtsanzweiflung seitens Naheniels wirklich ungünstig sein. Wenn sie jetzt mit dem unbekannten Dritten um die Ecke kam, wie sah das aus? In der Zeit wo man ihr Amt anzweifelte auch noch mit einem so möglicherweise gravierendem Versäumnis um die Ecke zu schlendern? Was also tun? Glaubt sie daran, dass diese 'Kreatur' damit zu tun hatte, könnte es sein? Oder war es wahrscheinlicher das der Bruder seine Schwester und Anklägerin aus dem Weg geräumt hatte. War es das Risiko wert, welchem sie sich aussetzen würde? Der Gedanke aber bleibt, dass sie sich irren könnte. Das es doch Naheniel war und dann hatte sie womöglich alles riskiert und verliert am Ende noch ihr Amt. Für nichts. Es war also wahrscheinlich das sie darüber gut nachdenken sollte was sie tut. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass Landru geständig wäre, selbst wenn sie ihn ins Spiel bringen würde. Es war ja das besteben die Priesterin lebendig und unversehrt wieder zu erlangen, oder doch nicht? Im Moment war das Spielfeld eindeutig zu seinem Gunsten ausgelegt, aber es wäre töricht und das weiß er, zu glauben, dass es so bleibt. Früher oder später werden sie begreifen das es weder der Bruder noch die weiße Kirche war. Die Frage war nur zu welchem Preis.
Die Priesterin wird er nicht sterben lassen. Sie war gut versorgt an Wasser zumindest. Er war nicht so weit gekommen, um sie sterben zu lassen. Darum ging es ihm ja nicht. Nicht mal wenn er hatte was er wollte, würde er ihr die Gnade des Todes geben. Nicht nach seinen Plänen. Sie war dort erstmal sicher. Er konnte sich bewegen ohne das er Gefahr lief, dass sie zufällig gefunden oder geortet wurde. Der Käfig schirmte genug ab. Aber er musste vorsichtig sein. Wer weiß, manche Augen beobachten vielleicht. Der weiße Priester war ziemlich penetrant und muss selbst unter enormen Druck stehen. Wie bedauerlich, dass zwischen ihnen kein Handel stattgefunden hatte, sonst hätte er sich das vielleicht erspart. So rächte sich alles irgendwie.
Jetzt hieß es warten. Warten das der Hunger und die Zwangshaltung Tanuri in die Knie zwangen. Schwach machten, zerbrechlich und wie Wachs in seinen Klauen. Dann war er seinem Ziel so nahe wie nie zu vor. Es wäre sicher schlauer nicht zu viel Zeit verstreichen zu lassen, aber er wollte nicht riskieren, dass sie am Ende noch ein Ass aus dem Ärmel zieht. Er hatte Magie einmal unterschätzt und hatte es schmerzhaft lehren müssen, dass man diese Kraft nicht unterschätzen darf, wenn man nicht wusste, welche Macht der Andere hatte. Also geht er auf Nummer sicher.
Er weiß nicht mal woher sie diese Kraft genommen hatte.
Nicht mal die Worte hatte er vernommen als das gleißende Licht plötzlich den ganzen Raum erhellte.
Die Finger noch im warmen Fleisch, als das Licht förmlich aus ihr heraus explodierte. Möglicherweise war es der Schmerz seiner Macht ihren Leib zu deformieren.
Es schleuderte ihn gewaltig zurück und die eigene Haut schälte sich wie verbanntes Wachs von den Knochen. Er war Schmerz gewohnt, aber das war nach Ewigkeiten das erste Mal das er ihn wieder als unangenehm empfand. Das erste Mal seit langem konnte er sich selbst brüllen und schreien hören. Diese unscheinbare Frau. Keine Kriegerin, keine Magierin, nicht mal Priesterin. Diese einfach und unscheinbare Frau war in der Lage ihm derartig Schaden zu zufügen.
Es überraschte ihn.
Sie überraschte ihn.
Sie lehrte ihn.
Sie tadelte seine Unachtsamkeit.
Das erste Mal seit langem, dass er das eigene bestialische innere Tier nicht mehr in seine Schranken weisen konnte und sich die Raserei verlor.
Nicht in jene die zerstören will. Sondern jene die voller Panik und Angst flieht. In den Schatten, in die Dunkelheit. Die Wunden lecken.
Sie hat nicht überlebt.
Trotz ihrer Bemühungen und ihrer Entladung. Sie starb, weil niemand verhindern konnte, dass die Wunden die er ihr zugefügt hat, sich schlossen, dass Blutgefäße verödet und verwoben wurden. Sie hat sich selbst diesem Schicksal überlassen. Nach Tagen der Heilung und Regeneration und immer noch gezeichnet von den Verbrennungen war er zu ihrem Leib zurück gekehrt. Sie war bereits angefressen. Unbrauchbar. Tot. Totes Fleisch das keinerlei Nutzen mehr für ihn hatte.
Magie aber würde er nie mehr unterschätzen.
Tanuri wird diese Dienerwesen wieder sehen, dass ihr Trinken in Form eines Holzbechers beistellte. Wasser. Mit Wasser konnte sie Tage überleben ohne zu essen. Das fehlene Essen aber wird sie entkräften, die Umgebung mürbe machen und bald wird sie erschöpft genug sein, dass selbst ein Lichtzauber wie ein großes Ritual anmuten muss. Er kann in der Zeit die letzten Zutaten besorgen die ihm noch fehlen. Die letzten Bausteine, das letzte Material und gleichzeitig aufmerksam und passiv die Mauer verfolgen.
Halte dich bedeckt, bleib im Schatten und falle nicht auf. Schien die beste Taktik zu sein.
(ooc: Ich bin am 11.06. wieder da und bis dahin im Urlaub. Ich kann also erst ab da wieder reagieren.)
Sohn seiner Lordschaft Kain und der Lady Enoia Vykos
"Es widerspricht meiner Moral, mich an eure zu halten!"- Gesichtsloser Erzaehler
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#1018
Weit, weit fort, im endlosen Raum des Zeitwächters
"Da hat wohl gestern wieder jemand zu tief ins Stundenglas geschaut?" Wieder hatte der Erzähler die Treppen zum Zeitwächter auf sich genommen. So viele Stufen. Es war einfach eine wahre Mühsal. Bei Gelegenheit musste er sich überlegen, wem er diese Wanderungen in Rechnung stellte. Und was er dafür verlangen konnte.
Aber gut, was tat man nicht alles, wenn man verwirrt feststellen musste, dass die Geschwindigkeit und somit der Zeitstrom der einzelnen Ringe, wie aus dem Nichts und völlig ohne erkennbaren Grund, aus dem Gleichgewicht geriet?
Verwirrt und betreten sah der Zeitwächter zu dem Erzähler und strich sich einigen Sand aus seinem Gesicht. Sichtlich fühlte er sich ertappt, da ihm wohl ein kleines Versehen passiert war.
Der Zeitwein schmeckte aber auch einfach zu gut, prickelte mit dem Sand, aus dem er gewonnen wurde, auf der Zunge und war geschmeidig in der Kehle. Gestern war mal wieder ein langer Abend gewesen, an dem er fasziniert, ob der ganzen Geschehnisse, auf seine Ringe geschaut hatte. Obwohl es für ihn eigentlich weder Abend noch Morgen gab. An irgendetwas aber musste sich auch ein Geschöpf wie er orientieren.
Fasziniert hatte er das Spiel und das Surren der Ringe verfolgt und sich verloren in den Bildern, die in seinem Stundenglas auf und wieder ab wirbelten. Neugierig war er schließlich schon, was genau es mit dem Tribunal auf sich hatte. In gewisser Weise musste er sogar zugeben, so etwas wie Aufregung zu verspüren.
Auch wenn er unendlich war, war es trotzdem nichts, was seine Augen jeden Tag zu sehen bekamen. Noch dazu, wenn derartige Parteien aufeinandertrafen. Hach, wie gerne wüsste er jetzt schon über den Ausgang Bescheid. Seine Berufung aber verbot es ihm, die Zeit vor oder zurückzudrehen. Natürlich konnte er es, soviel musste man ihm schon zugestehen. Damit prahlte er aber nie und nie setzte er diese Kunst ein.
Und somit musste auch er, ganz so wie jedes andere Lebewesen, darauf warten, wie sich die unterschiedlichen Geschichtsstränge entwickelten, auch wenn es manchmal noch so lange dauerte. Ungeduldig war er aber trotzdem, auch er war nur ein Geschöpf und nicht gefeit vor charakterlichen Mängeln. Wie menschlich das doch war - er wurde wohl doch langsam alt.
Konzentriert war sein Blick deshalb auf die Ringe gerichtet und mit seinem Zeitwein in der Hand, sah er auf die Ringe und verlor sich ganz und gar in einem der Bilder, welches sich kurz vor dem Tribunal in einem der Zimmer der Legion zutrug.
Da war es ihm passiert. Eigentlich war er nicht empfindlich, schließlich war er den Zeitsand gewöhnt. Aber diesmal war es wohl ein besonders großes Korn gewesen, das aus seinen Augenbrauen herausgefallen war, als er sich näher an die Ringe gebeugt hatte, um besser sehen zu können.
Es kitzelte ihn furchtbar in der Nase, so sehr, wie ihn noch nie etwas gekitzelt hatte. Und ehe er es sich versah, musste er so unglaublich laut und schrecklich niesen, dass einige Ringe aus dem Takt kamen. Mit Erschrecken musste er feststellen, dass diese schneller wurden, viel zu schnell. Herrje, so ein Missgeschick war ihm auch noch nie unterlaufen! Mit dem Zeitwein in der einen Hand und der anderen Hand an seiner Nase gelang es ihm nicht schnell genug zu reagieren und so kam es, dass die einen plötzlich in der Zukunft waren, während die anderen sich noch dort befanden, wo sie zu sein hatten. Was für eine Misere.
Gerade noch rechtzeitig, bevor alles aus den Fugen geriet, konnte er den Ringen befehlen, sich wieder auf ihre normale Geschwindigkeit zu beruhigen.
Doch was geschehen war, war eben geschehen. Zurückdrehen, nein, das war gegen seine Ehre. Und so blieb jenen Ringen, die ihrer Zeit nun zu weit voraus waren, nichts anderes, als zu warten, bis die Gegenwart die Zukunft einholte.
Wie lange das aber dauern würde? Alles hatte seine Zeit, alles seinen Ablauf. Ganz so, wie es immer gewesen war und wie es immer sein musste.
Der Erzähler kam nicht umhin ein amüsiertes Grinsen zu zeigen. "Keine Angst, ich verrate es niemandem." Er klopfte dem Zeitwächter freundschaftlich auf die Schulter und machte sich wieder an den Abstieg, sein Augenmerk gerichtet auf die Geschehnisse in der verkommenen Welt Naheniels, wo Freya mit ihrem Schicksal haderte, den drei Personen, Kenna, Liadan und Adrian in des Letzteren Zimmer und dem Tribunal, das noch nicht stattgefunden hat.
Aber gut, was tat man nicht alles, wenn man verwirrt feststellen musste, dass die Geschwindigkeit und somit der Zeitstrom der einzelnen Ringe, wie aus dem Nichts und völlig ohne erkennbaren Grund, aus dem Gleichgewicht geriet?
Verwirrt und betreten sah der Zeitwächter zu dem Erzähler und strich sich einigen Sand aus seinem Gesicht. Sichtlich fühlte er sich ertappt, da ihm wohl ein kleines Versehen passiert war.
Der Zeitwein schmeckte aber auch einfach zu gut, prickelte mit dem Sand, aus dem er gewonnen wurde, auf der Zunge und war geschmeidig in der Kehle. Gestern war mal wieder ein langer Abend gewesen, an dem er fasziniert, ob der ganzen Geschehnisse, auf seine Ringe geschaut hatte. Obwohl es für ihn eigentlich weder Abend noch Morgen gab. An irgendetwas aber musste sich auch ein Geschöpf wie er orientieren.
Fasziniert hatte er das Spiel und das Surren der Ringe verfolgt und sich verloren in den Bildern, die in seinem Stundenglas auf und wieder ab wirbelten. Neugierig war er schließlich schon, was genau es mit dem Tribunal auf sich hatte. In gewisser Weise musste er sogar zugeben, so etwas wie Aufregung zu verspüren.
Auch wenn er unendlich war, war es trotzdem nichts, was seine Augen jeden Tag zu sehen bekamen. Noch dazu, wenn derartige Parteien aufeinandertrafen. Hach, wie gerne wüsste er jetzt schon über den Ausgang Bescheid. Seine Berufung aber verbot es ihm, die Zeit vor oder zurückzudrehen. Natürlich konnte er es, soviel musste man ihm schon zugestehen. Damit prahlte er aber nie und nie setzte er diese Kunst ein.
Und somit musste auch er, ganz so wie jedes andere Lebewesen, darauf warten, wie sich die unterschiedlichen Geschichtsstränge entwickelten, auch wenn es manchmal noch so lange dauerte. Ungeduldig war er aber trotzdem, auch er war nur ein Geschöpf und nicht gefeit vor charakterlichen Mängeln. Wie menschlich das doch war - er wurde wohl doch langsam alt.
Konzentriert war sein Blick deshalb auf die Ringe gerichtet und mit seinem Zeitwein in der Hand, sah er auf die Ringe und verlor sich ganz und gar in einem der Bilder, welches sich kurz vor dem Tribunal in einem der Zimmer der Legion zutrug.
Da war es ihm passiert. Eigentlich war er nicht empfindlich, schließlich war er den Zeitsand gewöhnt. Aber diesmal war es wohl ein besonders großes Korn gewesen, das aus seinen Augenbrauen herausgefallen war, als er sich näher an die Ringe gebeugt hatte, um besser sehen zu können.
Es kitzelte ihn furchtbar in der Nase, so sehr, wie ihn noch nie etwas gekitzelt hatte. Und ehe er es sich versah, musste er so unglaublich laut und schrecklich niesen, dass einige Ringe aus dem Takt kamen. Mit Erschrecken musste er feststellen, dass diese schneller wurden, viel zu schnell. Herrje, so ein Missgeschick war ihm auch noch nie unterlaufen! Mit dem Zeitwein in der einen Hand und der anderen Hand an seiner Nase gelang es ihm nicht schnell genug zu reagieren und so kam es, dass die einen plötzlich in der Zukunft waren, während die anderen sich noch dort befanden, wo sie zu sein hatten. Was für eine Misere.
Gerade noch rechtzeitig, bevor alles aus den Fugen geriet, konnte er den Ringen befehlen, sich wieder auf ihre normale Geschwindigkeit zu beruhigen.
Doch was geschehen war, war eben geschehen. Zurückdrehen, nein, das war gegen seine Ehre. Und so blieb jenen Ringen, die ihrer Zeit nun zu weit voraus waren, nichts anderes, als zu warten, bis die Gegenwart die Zukunft einholte.
Wie lange das aber dauern würde? Alles hatte seine Zeit, alles seinen Ablauf. Ganz so, wie es immer gewesen war und wie es immer sein musste.
Der Erzähler kam nicht umhin ein amüsiertes Grinsen zu zeigen. "Keine Angst, ich verrate es niemandem." Er klopfte dem Zeitwächter freundschaftlich auf die Schulter und machte sich wieder an den Abstieg, sein Augenmerk gerichtet auf die Geschehnisse in der verkommenen Welt Naheniels, wo Freya mit ihrem Schicksal haderte, den drei Personen, Kenna, Liadan und Adrian in des Letzteren Zimmer und dem Tribunal, das noch nicht stattgefunden hat.
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#1019
Freya stolperte beinahe über den Schwanz des unsichtbaren Katers. Vollgepackt mit den Kleidungsstücken, die sie anziehen sollte, hätte sie ebenso einen Stuhl übersehen und ein unsichtbarer Katzenschwanz war im Augenblick das Letzte, womit sie gerechnet hatte.
„Kater!“ Formten ihre Lippen tonlos, als sie ihn hörte. Wirklich hörte. Erschrocken hielt Freya in ihrer Bewegung inne. Stocksteif hielt sie inne, während das Mädchen schwer schluckte, als würde sie die nächste Katastrophe auf sich zukommen sehen, wenn Absolom sich der Gegenwart des Katers bewusst wurde.
Es war keine Einbildung. Er war da. Das Mädchen konnte seine Stimme hören. Da war sie sich sicher. Ein Klang, der ihre Augen aufleuchten ließ, ehe sie der Gedanke ergriff, dass auch der Hund diese vielleicht wahrnehmen konnte oder sie sein Misstrauen weckte, weil sie ins Taumeln geraten war.
Mit einem angedeuteten Lächeln blickte das Mädchen auf den Hund, der seine Ohren lauschend anhob. Dann senkte sie ihre Wimpern, um ihm zu signalisieren, dass sie selbst suchen würde. Ohne ein weiteres Wort wandte Freya sich den Schuhen zu und griff sie mit zwei Fingern, bevor sie mühsam versuchte, die Klinke herunterzudrücken und die Tür zu öffnen. Es war herausfordernd, so vollbepackt nicht die Balance zu verlieren, aber mit Geschick schaffte sie es schließlich durch die Tür.
Doch wohin nun? Haedinn war unsichtbar. Ihre großen blauen Augen wandten sich rechts und links an dem Wäscheberg in ihrer Hand vorbei, um nach einer Orientierung zu suchen. Wie sollte man etwas oder jemandem folgen, dass man nicht sehen konnte?
Unsicher strichen ihre Blicke über die überwältigenden Flure hinweg, welche mit schweren Holzverkleidungen und Wandteppiche ein niederschmetterndes Symbol von Reichtum zur Schau trugen. Ein Wohlstand, der zugleich ein Gefühl vermittelte, nicht mehr wert als eines der Gemälde zu sein, das man weiterreichte, wenn der Preis stimmte. Leise schlich Freya den Flur entlang, ihre Zehen kaum den Boden berührend, um so geräuschlos und selbst so unsichtbar wie möglich zu bleiben.
Wo war der Kater lang gelaufen? Ihm zu folgen war leichter gesagt als getan. Das Herz schlug ihr erneut bis zum Hals. Ihrem Hals, der umschlossen war von dem erdrückenden eisigen Gefühl des Reifs.
~Ich bin bei dir, für immer~
Es gab vielleicht kein Entkommen. Weder aus diesem Leben noch aus dieser Welt. Nicht im Moment, vielleicht sogar nie wieder. Eine beklemmende Vorstellung, die gerade von dem Mädchen Besitz ergreifen wollte, als ein leises Klirren zu hörens sie aus ihren Gedanken riss. Ein zartes, bekanntes Klimpern von Ohrringe, das sie zu ihrer Linken hören konnte. Eilig streifte Freya den Nachhall jener Aussichten von sich, die ihren Körper erbarmungslos zittern ließen. Bedacht darauf, keine Aufmerksamkeit zu erwecken, folgte sie dennoch so unscheinbar wie notwendig dem Geräusch, bevor sie weiter den rechten Gang entlangging.
Ihr Blick glitt zu den dampfenden Badezubern, die frisch befüllt waren. Sacht stieß sie mit ihrer Hüfte die Tür zu und lehnte sich gegen sie, um für einen Moment einfach nur zu atmen. Alles, was Freya im ersten Moment nur hörte, war ihr eigener Herzschlag. Das rasende Pulsieren in ihrer Brust, als würde es jeden Moment aus ihr herausspringen wollen. „Kater?“, fragte sie vielleicht lauter als beabsichtigt, um sich unmittelbar darauf hin auf die Lippen zu beißen, sich ausmalend, was die Gräfin tun würde, wenn sie davon erfuhr.
„Bist du wirklich hier?“, flüsterte Freya umgehend leiser. Der Unglaube und der Zweifel darin waren dennoch nicht zu überhören, während der Kater bereits aus der Unsichtbarkeit hervortrat. Kaum wollt das Mädchen es für möglich halten und doch stand er vor ihr.
Beinahe versucht ihr Gepäck fallen zu lassen und ihre Arme um ihn zu legen, löste sich Freya stattdessen von der Tür. Vorsichtig legte sie den Stapel mit Kleidern auf einen Stuhl und stellte die Schuhe davor ab, ehe sie sich mit glänzenden Augen zu ihm herumdrehte. Funken von Freude, die für einige Atemzüge inmitten der Tiefe eines Sees aus ungeweinten Tränen wie ein Hoffnungsschimmer wirkten. Sie hatte gedacht, sie bildete sich seine Stimme ein, seine Nähe, doch nun stand er vor ihr.
„Dich schickt der Lord.“ Mit zarten Schritten ging Freya auf ihn zu, berührte seinen Kopf mit ihrer Hand, um sicherzustellen, dass sie nicht träumte. Sie spürte die ledrige Haut unter ihren Fingern, als sie ihm vorsichtig an seinen zerfetzten Ohren entlangstrich. „Ich wollte niemals hierherkommen.“ Erwiderte sie mit gesenkter Stimme, ehe seine Mahnung sie daran erinnerte, dass sie nicht alle Zeit der Welt haben sollten. Der nächste Glockenschlag. Wie viel Zeit hatte sie noch?
Ihr Gefühl für Sekunden, Minuten, Stunden oder Tage war verloren. Rasch griff Freya nach dem Saum des Hemdes, um es abzustreifen, ohne weiter darüber nachzudenken, dass der Kater sie sehen mochte. Eigentlich war es ihr gleich. Sie war froh, ihn zu sehen, sodass jeder Gedanke an Scham oder Verlegenheit aus Angst, er würde wieder verschwinden, keinen Raum fand.
Vorsichtig testete Freya das Wasser mit ihren Zehen, auch wenn sie wusste, dass sie ganz gleich wie warm oder kalt das Wasser sein mochte, hineinklettern musste. Überraschenderweise war es sogar angenehm warm, weshalb sich das Mädchen bedacht darauf, das Wasser nicht überschwappen zu lassen, hineinlegte.
„Wie konnte das alles nur passieren, Kater.“ Flüsterte sie leise, während sie ihre Augen schloss. Langsam nur zog Freya ihre Beine an, um sich nach hinten weg in das Wasser gleiten zu lassen und ihren Kopf unter die Oberfläche zu tauchen.
Wie sollte man etwas entkommen, das einen mit jedem Schritt, den man ging tiefer in den Abgrund zerrte? Jede Auflehnung und Widerstand hatten sie nur noch tiefer in diesen Höllenschlund abgleiten lassen. Es gab kein Entrinnen. War Akzeptanz vielleicht wirklich der einzige Weg? Oder war es am Ende ihre eigene Verzweiflung, die dabei aus ihr sprach und sie bereits von innen heraus zerbrach, um einfach nicht mehr fühlen zu müssen?
Nachdenklich presste sie die Lippen zusammen, ehe sie sich von den Gedanken losriss und wieder auftauchte. Nass und vom Wasser getränkt, strich Freya sich das schwarze Haar aus ihrem Gesicht heraus. In langen dunklen Strähnen schlängelten sich die Strähnen über ihre blasse Haut hinweg, während einzelne Tropfen über ihre Stirn und Wange hinabperlten.
Wie sollte der Kater ihr also helfen und wie viel Zeit blieb ihnen überhaupt noch, bis der Glockenschlag erklang oder jemand hier hereinkam? „Sicher will ich gehen, aber wie?“
Kaum konnten sie jedoch zur Tür rausspazieren. Nicht nur, dass dieser Reif etwas bösartiges in sich trug, das sie sicherlich umgehend in die Knie zwingen würde, ähnlich wie jener versuch, als sie sich eines Heilzaubers bedienen wollte. Da war auch noch der Wald, der in ihr grausame Erinnerungen erweckte. Alleine würden sie es nie schaffen. Wenn dann gab es nur einen Weg.
Auch wenn es eventuell niemand glauben würde. Andererseits kannte Adrian diese Welt. Sie erinnerte sich an die Gespräche mit ihm, auch wenn es schon eine Zeit her war. Damals, als Naheniel sie in die Legion zurückgebracht hatte. Er hatte versucht, ihr alles zu erklären. Die Welt, Naheniels Entscheidung, auch wenn sie gespürt hatte, dass er einiges ausgelassen hatte. Doch das war in diesem Moment egal. Der Magier kannte Fungus. Er kannte Haedinn, sowie die Kreaturen, die so absonderlich wie entstellt in einer Schöpfung oder Welt lebten, die Gesetzen folgte, die gnadenlos und bösartig war.
~Zeige ihnen niemals deine Gefühle und erst recht nicht deine Ängste. Furcht und Zweifel nehmen dir die Fähigkeit zu handeln. ~
Der ewige Wald, der Sumpf und die Stadt der fallenden Berge. Adrian war stets beherrscht gewesen. Dennoch erinnerte Freya sich, dass sie etwas wie Besorgnis in seinem Blick geglaubt hatte, erkennen zu können.
„Du warst in meinem Zimmer.“ Überlegte sie zittrig, während sie unbewusst, beinahe schon mechanisch nach der Seife griff, um sich den Dreck abzuwaschen. Das Brennen in ihren Augen war beinahe unerträglich, während sie zurückdachte. Der Kater war dort gewesen. Aber warum war er das gewesen? Wie war er überhaupt in ihr Zimmer gelangt? Wie waren sie hier gelandet? War er am Ende sogar der Grund? Doch warum war er dann wieder an ihrer Seite? Spielte es am Ende keine Rolleomöglich keine Rolle. Denn auch wenn es so wäre, war er vielleicht auch ihr einziger Weg wieder hinaus. Der Weg, um den sie den dunklen Lord die ganze Zeit stillschweigend angefleht hatte? So viele Fragen. Doch würde sie keine Antwort darauf wieder zurückbringen.
Er wäre nicht der erste, der sie hinterging, um hinterher über ihren Schutz zu reden und Worte oder Taten damit vor ihr zu rechtfertigen. Eine Sicherheit, die ihr niemand geben konnte, da es sie nicht gab.
Bitter versuchte sie die Tränen hinunterzuschlucken, bei dem Gedanken daran, dass das nichts sie davor hatte bewahren können oder vielleicht sogar alles nur eine Lüge gewesen war und sie sich auch jetzt vielleicht von einer nicht vorhandenen Hoffnung täuschen lassen wollte, um sich daran festzuklammern. Vielleicht konnte sie nicht entkommen. Wie ein Gewittersturm sah sie die Augen Naheniels vor sich. Sein gefühlloser, stechender Blick, der sie in ihrer Vision eiskalt durchdrungen hatte.
Unbemerkt schlängelte sich ein feuchtes Rinnsal an ihrer Wange entlang. Ein Tropfen, der salzig ihre bebenden Lippen berührte. Schweigend versuchte sie all ihre Zweifel zu verbannen, die ihr den Glauben nehmen wollten, doch konnte sie sich selbst nicht belügen, wie tief Angst und Verzweiflung sie bereits in ihrem eiskalten Griff hatten.
„Bring ihnen eine Botschaft …“ Ihre Bitte war fast eine unterschwellige Forderung, unwissend, ob er dazu in der Lage war. Allerdings hatte er es schon einmal in ihre Räume geschafft, wie auch immer es ihm gelungen war. Irgendwie zweifelte sie nicht daran, dass er einen Weg finden würde. Er wollte ihr helfen, aber sie konnten unmöglich einfach durch die Tür ins Freie spazieren. Freya konnte es spüren. Aber vielleicht konnte er stattdessen jemanden holen, der ihnen helfen konnte. Adrian, Tanuri ...oder Naheniel.
~Ich weiß, dass Du nicht hier sein willst. Aber für jetzt musst Du das akzeptieren. Deine Rolle hier einnehmen und sie annehmen.~
Erneut hörte sie unterbewusst Naheniels Stimme in ihren Gedanken. Worte, die sie verunsicherten, was wirklich Wahrheit sein sollte oder wo sie Schein und Trug erlag.
Mit einem Blinzeln ließ sie das feuchte Tuch von ihrer Haut gleiten, bevor sie sich in einer bedachten Bewegung aus dem Wasser erhob und nach einem der größeren Laken griff, um ihre nasse Haut zu bedecken. Haedinns Worte sagten nur das aus, worüber Freya sich längst im Klaren war. Ein Blick auf das, was hinter ihr lag, ließ sie das, was vor ihren Augen geschah, nicht sehen. Es gab kein Zurück mehr, nur ein Weg nach vorn. Fast schon etwas wie Mut drängte sich in ihre Stimme. Eine Entschlossenheit, die ihr selbst Unbehagen machte. Doch sah Freya keinen anderen Pfad vor sich, als den, den sie gezwungen war zu gehen.
„Ihnen und Naheniel"
„Kater!“ Formten ihre Lippen tonlos, als sie ihn hörte. Wirklich hörte. Erschrocken hielt Freya in ihrer Bewegung inne. Stocksteif hielt sie inne, während das Mädchen schwer schluckte, als würde sie die nächste Katastrophe auf sich zukommen sehen, wenn Absolom sich der Gegenwart des Katers bewusst wurde.
Es war keine Einbildung. Er war da. Das Mädchen konnte seine Stimme hören. Da war sie sich sicher. Ein Klang, der ihre Augen aufleuchten ließ, ehe sie der Gedanke ergriff, dass auch der Hund diese vielleicht wahrnehmen konnte oder sie sein Misstrauen weckte, weil sie ins Taumeln geraten war.
Mit einem angedeuteten Lächeln blickte das Mädchen auf den Hund, der seine Ohren lauschend anhob. Dann senkte sie ihre Wimpern, um ihm zu signalisieren, dass sie selbst suchen würde. Ohne ein weiteres Wort wandte Freya sich den Schuhen zu und griff sie mit zwei Fingern, bevor sie mühsam versuchte, die Klinke herunterzudrücken und die Tür zu öffnen. Es war herausfordernd, so vollbepackt nicht die Balance zu verlieren, aber mit Geschick schaffte sie es schließlich durch die Tür.
Doch wohin nun? Haedinn war unsichtbar. Ihre großen blauen Augen wandten sich rechts und links an dem Wäscheberg in ihrer Hand vorbei, um nach einer Orientierung zu suchen. Wie sollte man etwas oder jemandem folgen, dass man nicht sehen konnte?
Unsicher strichen ihre Blicke über die überwältigenden Flure hinweg, welche mit schweren Holzverkleidungen und Wandteppiche ein niederschmetterndes Symbol von Reichtum zur Schau trugen. Ein Wohlstand, der zugleich ein Gefühl vermittelte, nicht mehr wert als eines der Gemälde zu sein, das man weiterreichte, wenn der Preis stimmte. Leise schlich Freya den Flur entlang, ihre Zehen kaum den Boden berührend, um so geräuschlos und selbst so unsichtbar wie möglich zu bleiben.
Wo war der Kater lang gelaufen? Ihm zu folgen war leichter gesagt als getan. Das Herz schlug ihr erneut bis zum Hals. Ihrem Hals, der umschlossen war von dem erdrückenden eisigen Gefühl des Reifs.
~Ich bin bei dir, für immer~
Es gab vielleicht kein Entkommen. Weder aus diesem Leben noch aus dieser Welt. Nicht im Moment, vielleicht sogar nie wieder. Eine beklemmende Vorstellung, die gerade von dem Mädchen Besitz ergreifen wollte, als ein leises Klirren zu hörens sie aus ihren Gedanken riss. Ein zartes, bekanntes Klimpern von Ohrringe, das sie zu ihrer Linken hören konnte. Eilig streifte Freya den Nachhall jener Aussichten von sich, die ihren Körper erbarmungslos zittern ließen. Bedacht darauf, keine Aufmerksamkeit zu erwecken, folgte sie dennoch so unscheinbar wie notwendig dem Geräusch, bevor sie weiter den rechten Gang entlangging.
Ihr Blick glitt zu den dampfenden Badezubern, die frisch befüllt waren. Sacht stieß sie mit ihrer Hüfte die Tür zu und lehnte sich gegen sie, um für einen Moment einfach nur zu atmen. Alles, was Freya im ersten Moment nur hörte, war ihr eigener Herzschlag. Das rasende Pulsieren in ihrer Brust, als würde es jeden Moment aus ihr herausspringen wollen. „Kater?“, fragte sie vielleicht lauter als beabsichtigt, um sich unmittelbar darauf hin auf die Lippen zu beißen, sich ausmalend, was die Gräfin tun würde, wenn sie davon erfuhr.
„Bist du wirklich hier?“, flüsterte Freya umgehend leiser. Der Unglaube und der Zweifel darin waren dennoch nicht zu überhören, während der Kater bereits aus der Unsichtbarkeit hervortrat. Kaum wollt das Mädchen es für möglich halten und doch stand er vor ihr.
Beinahe versucht ihr Gepäck fallen zu lassen und ihre Arme um ihn zu legen, löste sich Freya stattdessen von der Tür. Vorsichtig legte sie den Stapel mit Kleidern auf einen Stuhl und stellte die Schuhe davor ab, ehe sie sich mit glänzenden Augen zu ihm herumdrehte. Funken von Freude, die für einige Atemzüge inmitten der Tiefe eines Sees aus ungeweinten Tränen wie ein Hoffnungsschimmer wirkten. Sie hatte gedacht, sie bildete sich seine Stimme ein, seine Nähe, doch nun stand er vor ihr.
„Dich schickt der Lord.“ Mit zarten Schritten ging Freya auf ihn zu, berührte seinen Kopf mit ihrer Hand, um sicherzustellen, dass sie nicht träumte. Sie spürte die ledrige Haut unter ihren Fingern, als sie ihm vorsichtig an seinen zerfetzten Ohren entlangstrich. „Ich wollte niemals hierherkommen.“ Erwiderte sie mit gesenkter Stimme, ehe seine Mahnung sie daran erinnerte, dass sie nicht alle Zeit der Welt haben sollten. Der nächste Glockenschlag. Wie viel Zeit hatte sie noch?
Ihr Gefühl für Sekunden, Minuten, Stunden oder Tage war verloren. Rasch griff Freya nach dem Saum des Hemdes, um es abzustreifen, ohne weiter darüber nachzudenken, dass der Kater sie sehen mochte. Eigentlich war es ihr gleich. Sie war froh, ihn zu sehen, sodass jeder Gedanke an Scham oder Verlegenheit aus Angst, er würde wieder verschwinden, keinen Raum fand.
Vorsichtig testete Freya das Wasser mit ihren Zehen, auch wenn sie wusste, dass sie ganz gleich wie warm oder kalt das Wasser sein mochte, hineinklettern musste. Überraschenderweise war es sogar angenehm warm, weshalb sich das Mädchen bedacht darauf, das Wasser nicht überschwappen zu lassen, hineinlegte.
„Wie konnte das alles nur passieren, Kater.“ Flüsterte sie leise, während sie ihre Augen schloss. Langsam nur zog Freya ihre Beine an, um sich nach hinten weg in das Wasser gleiten zu lassen und ihren Kopf unter die Oberfläche zu tauchen.
Wie sollte man etwas entkommen, das einen mit jedem Schritt, den man ging tiefer in den Abgrund zerrte? Jede Auflehnung und Widerstand hatten sie nur noch tiefer in diesen Höllenschlund abgleiten lassen. Es gab kein Entrinnen. War Akzeptanz vielleicht wirklich der einzige Weg? Oder war es am Ende ihre eigene Verzweiflung, die dabei aus ihr sprach und sie bereits von innen heraus zerbrach, um einfach nicht mehr fühlen zu müssen?
Nachdenklich presste sie die Lippen zusammen, ehe sie sich von den Gedanken losriss und wieder auftauchte. Nass und vom Wasser getränkt, strich Freya sich das schwarze Haar aus ihrem Gesicht heraus. In langen dunklen Strähnen schlängelten sich die Strähnen über ihre blasse Haut hinweg, während einzelne Tropfen über ihre Stirn und Wange hinabperlten.
Wie sollte der Kater ihr also helfen und wie viel Zeit blieb ihnen überhaupt noch, bis der Glockenschlag erklang oder jemand hier hereinkam? „Sicher will ich gehen, aber wie?“
Kaum konnten sie jedoch zur Tür rausspazieren. Nicht nur, dass dieser Reif etwas bösartiges in sich trug, das sie sicherlich umgehend in die Knie zwingen würde, ähnlich wie jener versuch, als sie sich eines Heilzaubers bedienen wollte. Da war auch noch der Wald, der in ihr grausame Erinnerungen erweckte. Alleine würden sie es nie schaffen. Wenn dann gab es nur einen Weg.
Auch wenn es eventuell niemand glauben würde. Andererseits kannte Adrian diese Welt. Sie erinnerte sich an die Gespräche mit ihm, auch wenn es schon eine Zeit her war. Damals, als Naheniel sie in die Legion zurückgebracht hatte. Er hatte versucht, ihr alles zu erklären. Die Welt, Naheniels Entscheidung, auch wenn sie gespürt hatte, dass er einiges ausgelassen hatte. Doch das war in diesem Moment egal. Der Magier kannte Fungus. Er kannte Haedinn, sowie die Kreaturen, die so absonderlich wie entstellt in einer Schöpfung oder Welt lebten, die Gesetzen folgte, die gnadenlos und bösartig war.
~Zeige ihnen niemals deine Gefühle und erst recht nicht deine Ängste. Furcht und Zweifel nehmen dir die Fähigkeit zu handeln. ~
Der ewige Wald, der Sumpf und die Stadt der fallenden Berge. Adrian war stets beherrscht gewesen. Dennoch erinnerte Freya sich, dass sie etwas wie Besorgnis in seinem Blick geglaubt hatte, erkennen zu können.
„Du warst in meinem Zimmer.“ Überlegte sie zittrig, während sie unbewusst, beinahe schon mechanisch nach der Seife griff, um sich den Dreck abzuwaschen. Das Brennen in ihren Augen war beinahe unerträglich, während sie zurückdachte. Der Kater war dort gewesen. Aber warum war er das gewesen? Wie war er überhaupt in ihr Zimmer gelangt? Wie waren sie hier gelandet? War er am Ende sogar der Grund? Doch warum war er dann wieder an ihrer Seite? Spielte es am Ende keine Rolleomöglich keine Rolle. Denn auch wenn es so wäre, war er vielleicht auch ihr einziger Weg wieder hinaus. Der Weg, um den sie den dunklen Lord die ganze Zeit stillschweigend angefleht hatte? So viele Fragen. Doch würde sie keine Antwort darauf wieder zurückbringen.
Er wäre nicht der erste, der sie hinterging, um hinterher über ihren Schutz zu reden und Worte oder Taten damit vor ihr zu rechtfertigen. Eine Sicherheit, die ihr niemand geben konnte, da es sie nicht gab.
Bitter versuchte sie die Tränen hinunterzuschlucken, bei dem Gedanken daran, dass das nichts sie davor hatte bewahren können oder vielleicht sogar alles nur eine Lüge gewesen war und sie sich auch jetzt vielleicht von einer nicht vorhandenen Hoffnung täuschen lassen wollte, um sich daran festzuklammern. Vielleicht konnte sie nicht entkommen. Wie ein Gewittersturm sah sie die Augen Naheniels vor sich. Sein gefühlloser, stechender Blick, der sie in ihrer Vision eiskalt durchdrungen hatte.
Unbemerkt schlängelte sich ein feuchtes Rinnsal an ihrer Wange entlang. Ein Tropfen, der salzig ihre bebenden Lippen berührte. Schweigend versuchte sie all ihre Zweifel zu verbannen, die ihr den Glauben nehmen wollten, doch konnte sie sich selbst nicht belügen, wie tief Angst und Verzweiflung sie bereits in ihrem eiskalten Griff hatten.
„Bring ihnen eine Botschaft …“ Ihre Bitte war fast eine unterschwellige Forderung, unwissend, ob er dazu in der Lage war. Allerdings hatte er es schon einmal in ihre Räume geschafft, wie auch immer es ihm gelungen war. Irgendwie zweifelte sie nicht daran, dass er einen Weg finden würde. Er wollte ihr helfen, aber sie konnten unmöglich einfach durch die Tür ins Freie spazieren. Freya konnte es spüren. Aber vielleicht konnte er stattdessen jemanden holen, der ihnen helfen konnte. Adrian, Tanuri ...oder Naheniel.
~Ich weiß, dass Du nicht hier sein willst. Aber für jetzt musst Du das akzeptieren. Deine Rolle hier einnehmen und sie annehmen.~
Erneut hörte sie unterbewusst Naheniels Stimme in ihren Gedanken. Worte, die sie verunsicherten, was wirklich Wahrheit sein sollte oder wo sie Schein und Trug erlag.
Mit einem Blinzeln ließ sie das feuchte Tuch von ihrer Haut gleiten, bevor sie sich in einer bedachten Bewegung aus dem Wasser erhob und nach einem der größeren Laken griff, um ihre nasse Haut zu bedecken. Haedinns Worte sagten nur das aus, worüber Freya sich längst im Klaren war. Ein Blick auf das, was hinter ihr lag, ließ sie das, was vor ihren Augen geschah, nicht sehen. Es gab kein Zurück mehr, nur ein Weg nach vorn. Fast schon etwas wie Mut drängte sich in ihre Stimme. Eine Entschlossenheit, die ihr selbst Unbehagen machte. Doch sah Freya keinen anderen Pfad vor sich, als den, den sie gezwungen war zu gehen.
„Ihnen und Naheniel"
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?
#1020
Der Kater schlich auf immer noch leisen Pfoten durch den Waschraum, wie ein Schatten, der genau wusste, wie man zwischen den Wänden tanzte. Hier und da hob er eines seiner breiten Ohren, als könnte er Schritte von draußen hören. Schritte und Stimmen, verlorene Klänge von zerstörten Seelen, die so zaghaft und eingeschüchtert waren, so voll Angst vor dem, was zwischen diesen Mauern vonstatten ging.
Lange blieben sie wohl nicht allein, das wäre auch zu einfach. Und einfach war nichts hier, weder dort draußen vor den Toren in der Wildnis, noch in diesem vertrackten Haus.
So viele Fragen, die eine nach der anderen, die sie ihm wie springende Bälle entgegen warf. Wie aber sollte er sie auffangen? Denn gleich was er sagte, es wäre falsch. Falsch für ihn, falsch für das Menschenmädchen.
Immer noch war er schließlich verpflichtet und gebunden, wie der Narr an seine Torheit. Und einer Verpflichtung unterwarf man sich, ob man das nun wollte oder nicht.
Er legte sein Ohr, das aus seiner Schnauze lugte, neben die Kleidung Freyas. Es war wirklich an der Zeit, dass ihm dieses wieder angenäht wurde. Er vermisste sein Ohr, und zwar gewaltig. Ohne sein Ohr war er nicht ganz. Und niemand mochte unvollständige Dinge.
Etwas näher trat er gleich darauf an den Badezuber und hob seine Nase in die Richtung des Wassers um daran zu schnuppern. Ein Schütteln überkam seinen klapperdürren Körper, war doch weder der Geruch, noch die Feuchtigkeit etwas, was ihm als Genuss erschien. Ob das Mädchen auch gleich nach dieser fürchterlich blumigen Seife roch? Falls ja, so war es ihm wenigstens möglich, sie überall wiederzufinden, da es schon äußerst intensiv war, was er da riechen musste. Diese menschlichen Düfte, ein Segen und ein Fluch zugleich für ihn und sein feines Näschen.
"Nur weil ich damals in deinem Zimmer war, heißt das nicht, dass ich es wieder kann. Oder hat dir deine Reise bisher das Gefühl gegeben, dass alles den immer gleich bleibt?" Haedinn stackste um den Zuber herum, setzte eine Pfote vor die andere, bedacht darauf, keinen einzigen Tropfen der sich auf dem Boden befand, zu berühren. Ein wenig Wasser war über den Rand des Zubers geschwappt, als Freya sich hineingesetzt hatte. Und das, obwohl sie doch so dünn und klein war. Das Mädchen brauchte dringend Futter. Eine ordentliche Maus konnte da schon Wunder wirken. Ob er ihr vielleicht eine fangen sollte?
Seine leuchtgrün schimmernden Augen, die sich bei dem Gedanken an eine saftig fettgefressene Maus rötlich färbten, wanderten wie zwei neugierige Glühwürmchen durch das Zimmer und sein verbliebenes Ohr zuckte nervös. Womöglich fand er ein kleines Loch, in welchem sie sich versteckten? Mäuse aber waren flink mit ihren kleinen Beinchen und seine Pfote war viel zu groß, um bis in ihre Verstecke zu reichen. Er konnte es natürlich mit seiner unübertroffenen Art der Überredung versuchen, manchmal klappte das nämlich tatsächlich.
Aber eigentlich war er nicht in der Stimmung für lange, ausschweifende Gespräche. Mäuse waren zwar klein und durchaus putzig, aber in ihrer Wortwahl schrecklich anstrengend. Noch dazu waren sie in ihren Sätzen unbeständig und wechselten ständig das Thema.
Seufzend drehte Haedinn einen eleganten Kreis um den Zuber und beobachtete weiterhin Freyas Tun mit einem vergnüglichen Funkeln in seinen Augen. "Deine Gilde könnt ich zwar finden, bei Naheniel wüsst ichs nicht. Was aber wenn ich dort bin? Käme ich ihnen nicht in meiner Erscheinung äußerst seltsam vor?" Haedinn legte fragend seinen Kopf zur Seite und zeigte trotz der Situation, in der sie sich befanden, sein breites Grinsen. "Was sollt ich ihnen außerdem dann sagen? Wie es dir geht, dass die Sonne heute nicht scheint und du morgen früh aufstehen musst?" Er schüttelte sich, wobei die letzten Ringe an seinem Ohr laut klimperten.
"Es wäre vollkommen unnütz, wenn sie das wüssten. Findest du nicht?" Menschen waren wirklich seltsam. Gerade jetzt war es ganz und gar nicht hilfreich, wenn er für einen Austausch sorgte, viel eher musste er zusehen, das Mädchen aus diesem Haus zu schaffen. Das musste ihr doch auch klar sein.
"Außerdem…", fügte er mit einem bedeutungsvollen Blinzeln hinzu, "ist das alles gar nicht so einfach, mit dem Hüpfen zwischen dem Dort und dem Hier. Ich brauch dafür eine Erlaubnis." Haedinn biss sich einmal ordentlich auf seine ledrige Lippe. Zu viel durfte er auf keinen Fall verraten. Aber irgendwie mochte er das kleine Dinglein, dass das jetzt noch verlorener wirkte, wie sie in dem Bottich voll mit Wasser saß.
"Wir sollten also drum schauen, dass wir dich hier herausbekommen. Wo es eine Tür hinein gibt, führt auch eine hinaus. Oder bist du schon einmal einer Tür begegnet, die dich zwar einließ, aber dir den Rückweg nicht gewährte?" Fragend und mit großen leuchtenden Augen, die in diesem Moment die Farbe von sattem Orange annahmen, sah der Kater sie an. Das war doch eine äußerst berechtigte Frage. Gerade hier gab es so vieles, was man nicht verstand. Diese Form einer Tür war ihm allerdings noch nicht begegnet. Wenn Freya so etwas aber kannte, dann musste er unbedingt mehr erfahren.
Plötzlich versteifte sich sein Körper und seine Schnurrhaare stellten sich kerzengerade auf. Da waren Schritte. Schritte, die nicht weitergingen, sondern vor der Türe stehen blieben. Mit einem leisen "Plopp" wurde der Kater unsichtbar, als es klopfte und eine leise, weibliche Stimme den Namen Freyas aussprach. Mit einem lautlosen Sprung setzte er sich neben das Mädchen, das sich gerade abgetrocknet hatte und flüsterte ihr warnend zu, während sein Grinsen noch für einen Augenblick in der Luft schwebte.
"Auf keinen Fall darfst du in die Routine kommen. Routine ist tödlich, auch für dich. Mach nichts, das sich wiederholt, verstehst du mich, Menschenkind?"
Verflixt, sein Ohr...
Lange blieben sie wohl nicht allein, das wäre auch zu einfach. Und einfach war nichts hier, weder dort draußen vor den Toren in der Wildnis, noch in diesem vertrackten Haus.
So viele Fragen, die eine nach der anderen, die sie ihm wie springende Bälle entgegen warf. Wie aber sollte er sie auffangen? Denn gleich was er sagte, es wäre falsch. Falsch für ihn, falsch für das Menschenmädchen.
Immer noch war er schließlich verpflichtet und gebunden, wie der Narr an seine Torheit. Und einer Verpflichtung unterwarf man sich, ob man das nun wollte oder nicht.
Er legte sein Ohr, das aus seiner Schnauze lugte, neben die Kleidung Freyas. Es war wirklich an der Zeit, dass ihm dieses wieder angenäht wurde. Er vermisste sein Ohr, und zwar gewaltig. Ohne sein Ohr war er nicht ganz. Und niemand mochte unvollständige Dinge.
Etwas näher trat er gleich darauf an den Badezuber und hob seine Nase in die Richtung des Wassers um daran zu schnuppern. Ein Schütteln überkam seinen klapperdürren Körper, war doch weder der Geruch, noch die Feuchtigkeit etwas, was ihm als Genuss erschien. Ob das Mädchen auch gleich nach dieser fürchterlich blumigen Seife roch? Falls ja, so war es ihm wenigstens möglich, sie überall wiederzufinden, da es schon äußerst intensiv war, was er da riechen musste. Diese menschlichen Düfte, ein Segen und ein Fluch zugleich für ihn und sein feines Näschen.
"Nur weil ich damals in deinem Zimmer war, heißt das nicht, dass ich es wieder kann. Oder hat dir deine Reise bisher das Gefühl gegeben, dass alles den immer gleich bleibt?" Haedinn stackste um den Zuber herum, setzte eine Pfote vor die andere, bedacht darauf, keinen einzigen Tropfen der sich auf dem Boden befand, zu berühren. Ein wenig Wasser war über den Rand des Zubers geschwappt, als Freya sich hineingesetzt hatte. Und das, obwohl sie doch so dünn und klein war. Das Mädchen brauchte dringend Futter. Eine ordentliche Maus konnte da schon Wunder wirken. Ob er ihr vielleicht eine fangen sollte?
Seine leuchtgrün schimmernden Augen, die sich bei dem Gedanken an eine saftig fettgefressene Maus rötlich färbten, wanderten wie zwei neugierige Glühwürmchen durch das Zimmer und sein verbliebenes Ohr zuckte nervös. Womöglich fand er ein kleines Loch, in welchem sie sich versteckten? Mäuse aber waren flink mit ihren kleinen Beinchen und seine Pfote war viel zu groß, um bis in ihre Verstecke zu reichen. Er konnte es natürlich mit seiner unübertroffenen Art der Überredung versuchen, manchmal klappte das nämlich tatsächlich.
Aber eigentlich war er nicht in der Stimmung für lange, ausschweifende Gespräche. Mäuse waren zwar klein und durchaus putzig, aber in ihrer Wortwahl schrecklich anstrengend. Noch dazu waren sie in ihren Sätzen unbeständig und wechselten ständig das Thema.
Seufzend drehte Haedinn einen eleganten Kreis um den Zuber und beobachtete weiterhin Freyas Tun mit einem vergnüglichen Funkeln in seinen Augen. "Deine Gilde könnt ich zwar finden, bei Naheniel wüsst ichs nicht. Was aber wenn ich dort bin? Käme ich ihnen nicht in meiner Erscheinung äußerst seltsam vor?" Haedinn legte fragend seinen Kopf zur Seite und zeigte trotz der Situation, in der sie sich befanden, sein breites Grinsen. "Was sollt ich ihnen außerdem dann sagen? Wie es dir geht, dass die Sonne heute nicht scheint und du morgen früh aufstehen musst?" Er schüttelte sich, wobei die letzten Ringe an seinem Ohr laut klimperten.
"Es wäre vollkommen unnütz, wenn sie das wüssten. Findest du nicht?" Menschen waren wirklich seltsam. Gerade jetzt war es ganz und gar nicht hilfreich, wenn er für einen Austausch sorgte, viel eher musste er zusehen, das Mädchen aus diesem Haus zu schaffen. Das musste ihr doch auch klar sein.
"Außerdem…", fügte er mit einem bedeutungsvollen Blinzeln hinzu, "ist das alles gar nicht so einfach, mit dem Hüpfen zwischen dem Dort und dem Hier. Ich brauch dafür eine Erlaubnis." Haedinn biss sich einmal ordentlich auf seine ledrige Lippe. Zu viel durfte er auf keinen Fall verraten. Aber irgendwie mochte er das kleine Dinglein, dass das jetzt noch verlorener wirkte, wie sie in dem Bottich voll mit Wasser saß.
"Wir sollten also drum schauen, dass wir dich hier herausbekommen. Wo es eine Tür hinein gibt, führt auch eine hinaus. Oder bist du schon einmal einer Tür begegnet, die dich zwar einließ, aber dir den Rückweg nicht gewährte?" Fragend und mit großen leuchtenden Augen, die in diesem Moment die Farbe von sattem Orange annahmen, sah der Kater sie an. Das war doch eine äußerst berechtigte Frage. Gerade hier gab es so vieles, was man nicht verstand. Diese Form einer Tür war ihm allerdings noch nicht begegnet. Wenn Freya so etwas aber kannte, dann musste er unbedingt mehr erfahren.
Plötzlich versteifte sich sein Körper und seine Schnurrhaare stellten sich kerzengerade auf. Da waren Schritte. Schritte, die nicht weitergingen, sondern vor der Türe stehen blieben. Mit einem leisen "Plopp" wurde der Kater unsichtbar, als es klopfte und eine leise, weibliche Stimme den Namen Freyas aussprach. Mit einem lautlosen Sprung setzte er sich neben das Mädchen, das sich gerade abgetrocknet hatte und flüsterte ihr warnend zu, während sein Grinsen noch für einen Augenblick in der Luft schwebte.
"Auf keinen Fall darfst du in die Routine kommen. Routine ist tödlich, auch für dich. Mach nichts, das sich wiederholt, verstehst du mich, Menschenkind?"
Verflixt, sein Ohr...
Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
- Gesichtsloser Erzaehler
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#1021
Die Tür öffnete sich. Zunächst nur einen Spaltbreit, dann vollends. Herein trat Milla in einem Gewand, das ganz ohne Falten oder einen anderen Fehler war. Es war nicht gut, wenn die Kleidung nicht sauber saß. Das mochte die Gräfin nicht. Und was die Gräfin nicht mochte, musste vermieden werden. So konnte man überleben. Überleben. Nicht leben.
Millas Körper war gestreckt, mit den vernarbten Händen züchtig vor sich auf der Höhe ihres Brustkorbs verschränkt. In ihrem Blick lag Besorgnis, aber auch Mahnung. "Du musst aufpassen, dass du dich nicht verläufst. Das Haus ist groß."
Die Herrin duldet es nicht, wenn man sich in diesem herumtreibt ohne einer Aufgabe nachzugehen. Das aber behielt Milla noch für sich. Sie wusste, dass die Neuen sich oft schwer taten mit den Regeln und Geboten. Ihr Blick richtete sich auf ihre Hände, die soeben nach dem Tuch um Freyas Körper griffen. Auch sie hatte sich schwer getan.
"Komm, ich helfe dir." Mit sicheren Griffen trocknete Milla den Körper von Freya. Legte das Handtuch um die Haare und versuchte auch diese mit sanften Knetbewegungen zu trocknen. "Es ist kurz vor dem Abendmahl. Die Haare wäscht man sich nicht vor dem Essen. So wird sie dich nicht sehen wollen." Milla seufzte und deutete Freya, sich auf einen Schemel vor einer Kommode zu setzen. Freya nahm Platz und sie machte sich daran, das lange schwarze Haar zu kämmen und mit gewandten Fingergriffen zu einer schweren geflochtenen Frisur zu drapieren. Es war, als trüge das Kind nun eine Krone auf ihrem Kopf. Eine Krone, die Freya als die zukünftige Königin ihrer Käufer auszeichnet. Denn nur, wenn sie das für die wurde, die sie wollten, konnte sie es überstehen. "Gut. Das muss vorerst genügen. Wir werden es morgen besser machen."
Milla wusste, dass die Herrin es bemerken würde. Sie bemerkte alles. Jeden noch so kleinen Fehler. Ihr entging nichts. Niemals. Jeder Fehler war ein Grund für eine Bestrafung. Das musste Freya lernen. Ob sie das von ihrem früheren zuhause kannte? Es würde helfen, wenn es so war. Wenn nicht, dann war die Schule, die ihr mit dem nächsten Glockenschlag bevorstand, noch härter.
"Wir müssen dich jetzt ankleiden. Heute wird die Herrin noch darüber hinwegsehen. Du gefällst ihr. Das macht sie nicht bei jedem. Also nutze das für dich und enttäusche sie nicht. Enttäuschungen schätzt sie nicht und sie werden geahndet." Mit ihren Händen griff sie nach der Kleidung, die Freya zuvor auf einem Stapel abgelegt hatte. Verwundert über das Ohr, was sich daneben befand, drehte sie sich zu dem Mädchen.
"Persönliche Gegenstände sind nicht erlaubt. Ich werde das für dich entsorgen." Schnell nahm sie das Ohr und ließ es in ihrer Robentasche verschwinden. Hoffentlich sah die Herrin es nicht beim Abendmahl, denn es verursachte eine kleine Beule in der Robe. Aber es war keine Zeit, es davor noch im Garten zu vergraben oder über den Zaun zu werfen. Ihre Hilfe konnte neue Narben an ihren Händen und im Gesicht bedeuten. Millas Blick war leer, aber nicht gebrochen und sie hob Freya das schwere Gewand entgegen, damit sie begann, sich einzukleiden. Es war nicht leicht, wenn man das erste Mal das Kleid trug. Viele Schnüre, viele Bindungen. Der Stoff ist schwer und lastet auf den Schultern. Aber Freya musste auch das lernen. Und sie musste verstehen, was es hieß, eine Kragenschwester zu sein. Je schneller desto besser.
Milla hatte schon so viele von ihnen angezogen. Für die Neuen wurde es mit der Zeit besser, für sie aber nicht. Sie wusste, was die Kinder erwarten konnten, die Kinder wussten es aber zu Beginn noch nicht. Eine Kleiderschicht nach der anderen legte sich über den Körper von Freya und verbargen Schicht um Schicht, wer sie eigentlich war. Gut so. Es war der erste Schritt der Anpassung und des Zurücklassens. Hier konnte man nicht mehr sein, wer man war. Mit dem Reif musste man zu dem werden, was die Gräfin für einen ausgesucht hatte.
Die Schnürung des Korsetts war eng, gerade noch so, dass Freya Luft bekam. Es würde ihr dabei helfen, gerade zu sitzen. "Es ist jetzt keine Zeit mehr, dir das Zimmer zu zeigen. Wir werden das nach dem Essen machen. Die Glocke schlägt bald." Der Schlag der Glocke würde schon bald alles in Freyas Leben hier bestimmen. Sie sortieren, sie anleiten und sie an die Regeln erinnern. Jeder hatte Angst vor den Glockenschlägen. Wie lange würde es dauern, bis auch Freya sie fürchtete?
Sie nickte dem Mädchen zu und ging schon Richtung Tür. "Halte deine Hände gleich nach oben, damit du dich daran gewöhnst. Wir müssen nach unten gehen. Das verschafft dir ein wenig Zeit dich vorzubereiten." Milla selbst versteifte sich nun. Außerhalb des Bads waren sie ständig unter Beobachtung. Die Herrin sah alles. Die Herrin duldete keine Fehler. Der Herrin wurden Verstöße gemeldet. Die Herrin wird bestrafen. "Sag mir die Regeln auf, bis wir im Speisesaal sind. Es wird dir helfen, sie zu verinnerlichen." Milla ging voran.
- -Freya-
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#1022
Ungläubig sah Freya zu dem Kater, als er die Bitte hinter ihren Worten absolut nicht verstand. Kurz nur blickte sie auf das glänzende Metall, in welchem wie ein Muster filigran Buchstaben eingraviert waren. Nichts müsste er ihnen sagen. Oder vielleicht doch, aber das würde sich von selbst ergeben. Ebenso, dass sie ihm glauben würden.
„Gib ihnen den Ring. Jemandem mit einem Rang in dem Haus, dort wo mein Zimmer ist. Oder bring ihn Naheniel. Sag ihnen, dass ich ihn dir gegeben habe.“ Eilig zerrte Freya an dem kleinen silbernen Schmuckstück an ihrem Finger. Das einzige, was sie noch besaß. Winzig klein und doch war es für sie das bedeutungsvollste, was sie je ihr Eigen genannt hatte. Etwas, dass sie niemals freiwillig oder einen guten Grund wieder ablegen würde.
Ihr Blick sah zu dem schwinden Grinsen des Katers, welches sich gleichzeitig mit dem Ring auflöste. Bei Ogrimar, sie konnte nur hoffen und beten, dass er ihn genommen hatte und verstand, was er damit tun sollte.
Als Milla eintrat, richtete Freya ihren Blick hastig zur Tür, hoffend, dass die junge Frau weder ihre Stimmen gehört noch ihre Bewegung nicht bemerkt hatte. Beinahe aufgeregt schlug das Herz in ihrer Brust, als ihre Kragenschwester an sie herantrat. Doch schien sie nichts davon nicht Notiz genommen zu haben, sondern schien sich vielmehr Gedanken darum zu machen, wie sie das feuchte Haar noch in Form bringen konnte.
Ohne Widerworte nahm Freya auf dem Schemel Platz. Fast schon erleichtert senkte sie ihre Lider und atmete ruhig ein. Offenbar hatte die junge Frau nichts von ihrem Besuch mitbekommen. Haedinns Worte jedoch brannten sich in ihre Gedanken. Keine Routine. Was auch immer er ihr damit sagen wollte, es musste wichtig sein.
Immer wieder kniff Freya die Augen zusammen, während Milla ihr Haar in enge Verflechtungen zog, die an ihrer Kopfhaut zerrten und piksten. Ein Zopf wäre ja noch erträglich gewesen, aber diese straffen, geübten Drehungen und Verflechtungen schmerzten. Sogar als ihre Schwester endlich von ihr abließ, spürte sie die Spannung der Frisur, mit der Milla ihre feuchten Haare kaschieren wollte. Doch Widerworte zu geben, wagte sie nicht. Sicherlich war dies besser, als den Unmut der Gräfin auf sich zu ziehen.
Die kurze Hoffnung, die Haedinns Erscheinen in ihr geweckt hatte, war mit seinen Worten fast erloschen. Nun hatte sie ihm den Ring gegeben. Ob er wohl verstand, was er damit tun sollte?
Umso überraschter war sie, als sie das ledrige Ohr mit kleinen feinen Ringen in Millas Hand sah. Verdammt! Aber wie. Unsicher strich ihr Blick über den Hautlappen hinweg, der in der Robe ihrer Kragenschwester unmittelbar verschwand. Sie konnte es doch nicht wegwerfen. Nervös biss sie sich auf die Lippen. Hätte sie es nur zuvor bemerkt. Wenn sie nun widersprach oder einen Einwand erhob, müsste sie sich vielleicht erklären und dann wäre es vermutlich auch verloren und sie gleich mit. Keine Fehler.
Zitternd holte Freya Atem, während Lage um Lage feinster und weicher Stoff sich über ihren Körper legte. Die Schichten fühlten sich schwer an wie die Last ihrer Gedanken. Schweigend folgte sie nur den Handgriffen Millas. Früher hätte sie eine solche Prozedur ignorieren können, doch nun musste sie nicht nur all die Stofflagen an ihrem Körper tragen, sondern auch lernen, all die Kleider in der richtigen Reihenfolge korrekt und ordentlich anzulegen. Jede Schnürung und Bindung zählte. Wenn der Kater schon sein Ohr hier vergessen sollte, konnte sie da wirklich noch Hoffnung haben, dass er ihr helfen konnte zu fliehen?
Erschrocken atmete Freya ein, als Milla unmittelbar das Korsett zusammenband, schnürte es ihr fast die Luft ab. Das Mädchen musste ihren Körper makellos strecken, um überhaupt noch Luft holen zu können. Wie konnte jemand so etwas freiwillig tragen?
Blinzelnd sah das Mädchen zurechtgemacht zu ihrer Kragenschwester auf, wobei ihr Blick für einen Wimpernschlag zu der leichten Auswölbung in ihrer Robe fuhr, ehe sie nickte. Keine Zeit, um etwas einzuwenden. Keine Zeit, um Fragen zu stellen. Sie musste es so akzeptieren. Es blieb kein anderer Weg, keine andere Wahl, auch wenn es ihr das Gefühl gab, wie eine Marionette von unsichtbaren Fäden gezogen zu werden.
Jeder Schritt war schwer, jeder Atemzug schmerzte in ihrer Brust. Die erdrückende Atmosphäre der Korridore, die schweren Holzverkleidungen und Wandteppiche, sie alle trugen zu ihrem Gefühl der Gefangenschaft bei. Ihre Gedanken kreisten um den Kater und den Ring. Hatte er verstanden? Würde er helfen können? Oder war dies alles vergebens?
Die Regeln. Vielleicht lenkte es sie ab. Bedacht legte sie ihre Hände, so wie Milla es tat, vor ihre Brust und nickte leicht, ehe sie begann, Wort für Wort sinngemäß jede aufzuzählen. Nur ein Flüstern, das im Gang keineswegs widerhallen sollte, sondern sich starr auf eines konzentrierte. Keine Schwäche zu zeigen.
„Wir dienen mit Eifer, Sorgfalt und Gehorsam...“, flüsterte sie, um sich ihren Atem einzuteilen. Ihre Stimme wurde dünner, je näher sie den Türen kamen, auf die Milla sie geradewegs zuführte. Mit jedem Schritt wuchs die Angst in Freya einen Fehler zu begehen. Der Knabe am Eingang, Millas Narben, die Mahnung des Hunes und des Katers....
~ Wenn du nicht das werden willst, was sie aus Kindern wie dir macht, dann musst du genau das tun, was sie verlangt. Zumindest vorerst…~
Ruhig schloss Freya ihre Augen und holte Luft, während die Tür zum Speisesaal unmittelbar vor ihnen lag. Nicht zurückblicken.
„Gib ihnen den Ring. Jemandem mit einem Rang in dem Haus, dort wo mein Zimmer ist. Oder bring ihn Naheniel. Sag ihnen, dass ich ihn dir gegeben habe.“ Eilig zerrte Freya an dem kleinen silbernen Schmuckstück an ihrem Finger. Das einzige, was sie noch besaß. Winzig klein und doch war es für sie das bedeutungsvollste, was sie je ihr Eigen genannt hatte. Etwas, dass sie niemals freiwillig oder einen guten Grund wieder ablegen würde.
Ihr Blick sah zu dem schwinden Grinsen des Katers, welches sich gleichzeitig mit dem Ring auflöste. Bei Ogrimar, sie konnte nur hoffen und beten, dass er ihn genommen hatte und verstand, was er damit tun sollte.
Als Milla eintrat, richtete Freya ihren Blick hastig zur Tür, hoffend, dass die junge Frau weder ihre Stimmen gehört noch ihre Bewegung nicht bemerkt hatte. Beinahe aufgeregt schlug das Herz in ihrer Brust, als ihre Kragenschwester an sie herantrat. Doch schien sie nichts davon nicht Notiz genommen zu haben, sondern schien sich vielmehr Gedanken darum zu machen, wie sie das feuchte Haar noch in Form bringen konnte.
Ohne Widerworte nahm Freya auf dem Schemel Platz. Fast schon erleichtert senkte sie ihre Lider und atmete ruhig ein. Offenbar hatte die junge Frau nichts von ihrem Besuch mitbekommen. Haedinns Worte jedoch brannten sich in ihre Gedanken. Keine Routine. Was auch immer er ihr damit sagen wollte, es musste wichtig sein.
Immer wieder kniff Freya die Augen zusammen, während Milla ihr Haar in enge Verflechtungen zog, die an ihrer Kopfhaut zerrten und piksten. Ein Zopf wäre ja noch erträglich gewesen, aber diese straffen, geübten Drehungen und Verflechtungen schmerzten. Sogar als ihre Schwester endlich von ihr abließ, spürte sie die Spannung der Frisur, mit der Milla ihre feuchten Haare kaschieren wollte. Doch Widerworte zu geben, wagte sie nicht. Sicherlich war dies besser, als den Unmut der Gräfin auf sich zu ziehen.
Die kurze Hoffnung, die Haedinns Erscheinen in ihr geweckt hatte, war mit seinen Worten fast erloschen. Nun hatte sie ihm den Ring gegeben. Ob er wohl verstand, was er damit tun sollte?
Umso überraschter war sie, als sie das ledrige Ohr mit kleinen feinen Ringen in Millas Hand sah. Verdammt! Aber wie. Unsicher strich ihr Blick über den Hautlappen hinweg, der in der Robe ihrer Kragenschwester unmittelbar verschwand. Sie konnte es doch nicht wegwerfen. Nervös biss sie sich auf die Lippen. Hätte sie es nur zuvor bemerkt. Wenn sie nun widersprach oder einen Einwand erhob, müsste sie sich vielleicht erklären und dann wäre es vermutlich auch verloren und sie gleich mit. Keine Fehler.
Zitternd holte Freya Atem, während Lage um Lage feinster und weicher Stoff sich über ihren Körper legte. Die Schichten fühlten sich schwer an wie die Last ihrer Gedanken. Schweigend folgte sie nur den Handgriffen Millas. Früher hätte sie eine solche Prozedur ignorieren können, doch nun musste sie nicht nur all die Stofflagen an ihrem Körper tragen, sondern auch lernen, all die Kleider in der richtigen Reihenfolge korrekt und ordentlich anzulegen. Jede Schnürung und Bindung zählte. Wenn der Kater schon sein Ohr hier vergessen sollte, konnte sie da wirklich noch Hoffnung haben, dass er ihr helfen konnte zu fliehen?
Erschrocken atmete Freya ein, als Milla unmittelbar das Korsett zusammenband, schnürte es ihr fast die Luft ab. Das Mädchen musste ihren Körper makellos strecken, um überhaupt noch Luft holen zu können. Wie konnte jemand so etwas freiwillig tragen?
Blinzelnd sah das Mädchen zurechtgemacht zu ihrer Kragenschwester auf, wobei ihr Blick für einen Wimpernschlag zu der leichten Auswölbung in ihrer Robe fuhr, ehe sie nickte. Keine Zeit, um etwas einzuwenden. Keine Zeit, um Fragen zu stellen. Sie musste es so akzeptieren. Es blieb kein anderer Weg, keine andere Wahl, auch wenn es ihr das Gefühl gab, wie eine Marionette von unsichtbaren Fäden gezogen zu werden.
Jeder Schritt war schwer, jeder Atemzug schmerzte in ihrer Brust. Die erdrückende Atmosphäre der Korridore, die schweren Holzverkleidungen und Wandteppiche, sie alle trugen zu ihrem Gefühl der Gefangenschaft bei. Ihre Gedanken kreisten um den Kater und den Ring. Hatte er verstanden? Würde er helfen können? Oder war dies alles vergebens?
Die Regeln. Vielleicht lenkte es sie ab. Bedacht legte sie ihre Hände, so wie Milla es tat, vor ihre Brust und nickte leicht, ehe sie begann, Wort für Wort sinngemäß jede aufzuzählen. Nur ein Flüstern, das im Gang keineswegs widerhallen sollte, sondern sich starr auf eines konzentrierte. Keine Schwäche zu zeigen.
„Wir dienen mit Eifer, Sorgfalt und Gehorsam...“, flüsterte sie, um sich ihren Atem einzuteilen. Ihre Stimme wurde dünner, je näher sie den Türen kamen, auf die Milla sie geradewegs zuführte. Mit jedem Schritt wuchs die Angst in Freya einen Fehler zu begehen. Der Knabe am Eingang, Millas Narben, die Mahnung des Hunes und des Katers....
~ Wenn du nicht das werden willst, was sie aus Kindern wie dir macht, dann musst du genau das tun, was sie verlangt. Zumindest vorerst…~
Ruhig schloss Freya ihre Augen und holte Luft, während die Tür zum Speisesaal unmittelbar vor ihnen lag. Nicht zurückblicken.
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?
- Kenna de Vil
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#1023
Adrians Gemächer in den Hallen der Legion
Bevor es Kenna selbst bewusst war, hatte ihr Körper bereits auf Adrians Erscheinen reagiert und die feinen Härchen auf ihren Unterarmen hatten sich aufgerichtet. Unbeirrt hatte sie ihren Weg zurück zum Tisch fortgesetzt, da sie nicht an seine baldige Rückkehr geglaubt hatte. Als sich kurz darauf sein stählerner Griff um sie legte und sie zum Verharren zwang. Seine wohlvertraute Dunkelheit, die sie durchdrang als er ihren Namen flüsterte. Das sanfte Kitzeln seines Atems an ihrem Ohr, welches sie dazu brachte für mehrere Herzschläge die Lider zu senken und seinen Geruch in sich aufzunehmen.
„Adrian.“ Erwiderte sie rau und blinzelte zu ihm hoch, während sein Daumen wissend und zugleich tadelnd ihre Hand liebkoste um nur kurz darauf den Gegenstand aus ihrer Rocktasche hervorzulocken. Dachte er, er hätte sie bei einem Diebstahl ertappt? Es war offensichtlich, dass sie sich damit derzeit wohl kaum das Haar bürsten wollte oder drauf und dran gewesen war, sich mit Liadan gegenseitig Zöpfe zu flechten.
Vielmehr war ihr Vorhaben gewesen, das Erbstück mit ideellem Wert, ins Zimmer der Adeptin zu legen. Ein Tribut für das Eindringen in deren Privatsphäre, falls jene dies jemals bemerken und zurückkehren sollte. Doch konnte Adrian dies natürlich nicht wissen. Sammelte er scheinbar Beweise für ihre Illoyalität, anstatt auf ihren einst geleisteten Schwur zu vertrauen. Dunkelheit und Dunkelheit, vereint zur wahren Finsternis.
Seinerzeit hatten sich die Ereignisse mehr als überschlagen und sie hatte Adrian nicht mehr darüber in Kenntnis setzen können, dass sie das Versteck des Blutdolches verlassen vorgefunden hatte. Der Stein hinter dem Altar des Felsendoms, welcher blutend wie eine frische Wunde seinen dunklen Schlund geöffnet hatte, nur um eine gähnende Leere zu offenbaren. Ein Schock für die Jägerin, deren Lebensinhalt lange Zeit nur diese eine Waffe und dessen uralte Ahnenmacht gewesen war, bis ihr der Dunkelmagier völlig andere Welten eröffnet hatte und zugleich hatte Kenna ihm jenes Relikt, als Möglichkeit aufgezeigt, welches doch existenziell für sie werden konnte, wollten sie Freya vor Naheniel schützen.
So waren es wohl dieselben Gründe, dass Adrian es bisher versäumt hatte, Kenna davon in Kenntnis zu setzen, dass sich der Dolch in seinem Besitz befand.
Wo war er gewesen, als sie verletzt und gedemütigt von ihrer Spurensuche zurückgekehrt war? Jedenfalls nicht an ihrer Seite. Als Adrian sich nun von ihr entfernte um sich nachzuschenken, quittierte sie seine Kälte mit einem lodernden Blick. Auch sie forderte für sich Loyalität ein, aber seine Signale waren widersprüchlich. Reden hätte sicherlich helfen können, doch wann waren sie zuletzt allein gewesen? Immer hatte es dringliche Angelegenheiten gegeben, denen sie nachkommen mussten und noch immer schien kein Ende in Sicht, wenn sie den Worten Liadans Glauben schenkte. Krieg und Chaos.
Ihr kleiner Ausflug ins Erdgeschoss hatte sie jedenfalls Einiges an Kraft gekostet, nachdem sie eine Weile ans Bett gefesselt gewesen war, doch war sie nicht bereit sich davon in die Knie zwingen zu lassen und schon gar nicht würde sie sich vor Liadan eine Blöße geben. Auch wenn es ihr ursprünglicher Plan gewesen war, sich in dem Bett - auf dem nun die Bognerin saß - auszuruhen, hatte ihr die Unterhaltung doch gezeigt, dass sie schnell wieder auf die Beine kommen musste. Langes Sitzen in einer Position begann nach einiger Zeit dafür zu sorgen, dass ihr Bein steif wurde und schmerzte, so hatten die paar Schritte zur Kommode dem Einhalt geboten und sie entschied sich erst einmal besser stehen zu bleiben.
Der musternde Blick den Adrian ihr kurze Zeit später erneut zuwarf, ließ sie unbewusst mit der Zungenspitze über ihre Lippen fahren, als jener den süßen und schweren Alkohol in seinem Mund kostete, beinahe als könnte sie ihn selbst ebenfalls schmecken.
Eilig schweifte Kenna mit einem Wimpernschlag zurück zu Liadan und griff deren Lächeln auf, wobei sie ihr leicht zunickte „Wie könntest du stören? Liadan wollte mir gerade noch einen Hinweis auf einen versierten Bogenbaumeister geben.“ Erwiderte sie mit beherrschter Stimme und immer noch lächelnd, denn seine Schwägerin sollte sich nicht unwohl fühlen bei der Spannung die plötzlich in der Luft lag.
Auch wenn der Magier sich etwas von ihr entfernt hatte, so spürte sie noch die dunklen Schlieren, die sich nur widerwillig von ihr lösen wollten. War es doch noch immer ihre Dunkelheit, die nach der seinen rief, wie die Hälfte eines Ganzen.
„Ich bin froh zu sehen, dass wenigstens du wohlauf bist.“ Sagte sie ehrlich in seine Richtung. „Gibt es denn Neuigkeiten zum Verbleib der Adeptin?“ Kam sie dann ohne Umschweife zum Kern der Sache. Das ihre Mission erfolglos gewesen war, dürfte sich bereits herumgesprochen haben.
Bevor es Kenna selbst bewusst war, hatte ihr Körper bereits auf Adrians Erscheinen reagiert und die feinen Härchen auf ihren Unterarmen hatten sich aufgerichtet. Unbeirrt hatte sie ihren Weg zurück zum Tisch fortgesetzt, da sie nicht an seine baldige Rückkehr geglaubt hatte. Als sich kurz darauf sein stählerner Griff um sie legte und sie zum Verharren zwang. Seine wohlvertraute Dunkelheit, die sie durchdrang als er ihren Namen flüsterte. Das sanfte Kitzeln seines Atems an ihrem Ohr, welches sie dazu brachte für mehrere Herzschläge die Lider zu senken und seinen Geruch in sich aufzunehmen.
„Adrian.“ Erwiderte sie rau und blinzelte zu ihm hoch, während sein Daumen wissend und zugleich tadelnd ihre Hand liebkoste um nur kurz darauf den Gegenstand aus ihrer Rocktasche hervorzulocken. Dachte er, er hätte sie bei einem Diebstahl ertappt? Es war offensichtlich, dass sie sich damit derzeit wohl kaum das Haar bürsten wollte oder drauf und dran gewesen war, sich mit Liadan gegenseitig Zöpfe zu flechten.
Vielmehr war ihr Vorhaben gewesen, das Erbstück mit ideellem Wert, ins Zimmer der Adeptin zu legen. Ein Tribut für das Eindringen in deren Privatsphäre, falls jene dies jemals bemerken und zurückkehren sollte. Doch konnte Adrian dies natürlich nicht wissen. Sammelte er scheinbar Beweise für ihre Illoyalität, anstatt auf ihren einst geleisteten Schwur zu vertrauen. Dunkelheit und Dunkelheit, vereint zur wahren Finsternis.
Seinerzeit hatten sich die Ereignisse mehr als überschlagen und sie hatte Adrian nicht mehr darüber in Kenntnis setzen können, dass sie das Versteck des Blutdolches verlassen vorgefunden hatte. Der Stein hinter dem Altar des Felsendoms, welcher blutend wie eine frische Wunde seinen dunklen Schlund geöffnet hatte, nur um eine gähnende Leere zu offenbaren. Ein Schock für die Jägerin, deren Lebensinhalt lange Zeit nur diese eine Waffe und dessen uralte Ahnenmacht gewesen war, bis ihr der Dunkelmagier völlig andere Welten eröffnet hatte und zugleich hatte Kenna ihm jenes Relikt, als Möglichkeit aufgezeigt, welches doch existenziell für sie werden konnte, wollten sie Freya vor Naheniel schützen.
So waren es wohl dieselben Gründe, dass Adrian es bisher versäumt hatte, Kenna davon in Kenntnis zu setzen, dass sich der Dolch in seinem Besitz befand.
Wo war er gewesen, als sie verletzt und gedemütigt von ihrer Spurensuche zurückgekehrt war? Jedenfalls nicht an ihrer Seite. Als Adrian sich nun von ihr entfernte um sich nachzuschenken, quittierte sie seine Kälte mit einem lodernden Blick. Auch sie forderte für sich Loyalität ein, aber seine Signale waren widersprüchlich. Reden hätte sicherlich helfen können, doch wann waren sie zuletzt allein gewesen? Immer hatte es dringliche Angelegenheiten gegeben, denen sie nachkommen mussten und noch immer schien kein Ende in Sicht, wenn sie den Worten Liadans Glauben schenkte. Krieg und Chaos.
Ihr kleiner Ausflug ins Erdgeschoss hatte sie jedenfalls Einiges an Kraft gekostet, nachdem sie eine Weile ans Bett gefesselt gewesen war, doch war sie nicht bereit sich davon in die Knie zwingen zu lassen und schon gar nicht würde sie sich vor Liadan eine Blöße geben. Auch wenn es ihr ursprünglicher Plan gewesen war, sich in dem Bett - auf dem nun die Bognerin saß - auszuruhen, hatte ihr die Unterhaltung doch gezeigt, dass sie schnell wieder auf die Beine kommen musste. Langes Sitzen in einer Position begann nach einiger Zeit dafür zu sorgen, dass ihr Bein steif wurde und schmerzte, so hatten die paar Schritte zur Kommode dem Einhalt geboten und sie entschied sich erst einmal besser stehen zu bleiben.
Der musternde Blick den Adrian ihr kurze Zeit später erneut zuwarf, ließ sie unbewusst mit der Zungenspitze über ihre Lippen fahren, als jener den süßen und schweren Alkohol in seinem Mund kostete, beinahe als könnte sie ihn selbst ebenfalls schmecken.
Eilig schweifte Kenna mit einem Wimpernschlag zurück zu Liadan und griff deren Lächeln auf, wobei sie ihr leicht zunickte „Wie könntest du stören? Liadan wollte mir gerade noch einen Hinweis auf einen versierten Bogenbaumeister geben.“ Erwiderte sie mit beherrschter Stimme und immer noch lächelnd, denn seine Schwägerin sollte sich nicht unwohl fühlen bei der Spannung die plötzlich in der Luft lag.
Auch wenn der Magier sich etwas von ihr entfernt hatte, so spürte sie noch die dunklen Schlieren, die sich nur widerwillig von ihr lösen wollten. War es doch noch immer ihre Dunkelheit, die nach der seinen rief, wie die Hälfte eines Ganzen.
„Ich bin froh zu sehen, dass wenigstens du wohlauf bist.“ Sagte sie ehrlich in seine Richtung. „Gibt es denn Neuigkeiten zum Verbleib der Adeptin?“ Kam sie dann ohne Umschweife zum Kern der Sache. Das ihre Mission erfolglos gewesen war, dürfte sich bereits herumgesprochen haben.
~ Ich wasche meine Hände im Blut der Unschuldigen. ~
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#1024
Milla drückte gegen die Tür. Sie öffnete sich und gab die Sicht auf einen Speisesaal frei. In diesem waren zwei lange Tische, umgeben von ebenso langen Sitzbänken. Vor den Bänken standen, den Rücken zum Tisch gewendet, Jungen und Mädchen. Manche waren jung, manche etwas älter. Keines der Kinder war über eine gewisse Reife hinaus. Die Gräfin wusste, was verlangt wurde. Und es war nicht schönzureden, dass sie ab einem gewissen Alter gleich wurden. Widerspenstig, eigensinnig, launisch. Mit anderen Worten: uninteressant.
Die gut betuchten Käufer der Gräfin wussten, dass auf ihre Kinder Verlass war. Immer brachte sie das, was gesucht wurde. Als könnte sie in die Gedanken eindringen und es sehen. Die Bilder, die Fantasien, die Hoffnungen und Wünsche. Konnte sie es vielleicht sogar? Möglich war alles. Vielleicht aber besaß sie einfach ein ganz besonders gutes Geschick, die Menschen zu durchschauen.
Steif stehend waren die Kinder aufgereiht. Säuberlich sortiert nach Größe und Haarfarbe. Alle waren gleich gekleidet. Die Mädchen gleich, die Jungen gleich. Nichts war einem Zufall überlassen. Alles musste seine Ordnung haben. Keines der Kinder sah in die Richtung der Neuankömmlinge. Sie alle warteten. Warteten auf den ersten Glockenschlag.
Dieser erklang schneller als gedacht. Durchdringend und laut, dafür aber nicht schrill. Es war ein tiefes Brummen, das anschwoll und erstarb. Milla legte Freya eine Hand in den Rücken, schob sie vor sich her und wies ihr einen Platz. Zwischen einem Mädchen und einem Jungen. Der Junge, die Haare länger tragend, wirkte winzig klein. Fast als wäre er nicht hier. Das Mädchen, mit kurz geschorenen Haaren, war etwas größer als Freya. Sie besaß bereits erste weibliche Züge, den Ansatz einer Brust und sich formende, einladende Hüften.
Lange würde sie nicht mehr bleiben. Sie war schon fast über ihrer Zeit. Wenn die Gräfin sie nicht auf der Auktion anbot, musste sie auf andere Weise gehen. Das Mädchen besaß nichts besonderes. Ein allerweltsgesicht, ausdruckslose Augen und keinen außergewöhnlichen Körper. Es konnte gut sein, dass sie nur wenig Gold einbrachte. Vielleicht deckte sie nur die Unkosten der letzten Jahre. Bei der Kundschaft hinterließ Minderwertigkeit keinen guten Eindruck. Weshalb durchaus die Möglichkeit bestand, für das Mädchen eine andere Zukunft zu wählen. Als sie noch klein war, war sie vielversprechend gewesen. Hübsch, artig und zart. Die Gräfin nahm nur diejenigen, von denen sie sich etwas versprach. Leider hat die Natur es aber nicht gut mit der Heranwachsenden gemeint. Eine Enttäuschung. Die Gräfin mochte keine Enttäuschungen. Gelächelt aber hatte sie noch nicht.
Schon erfolgte der zweite Glockenschlag. Des Morgens war mehr Zeit zwischen den Schlägen. Abends aber mussten sich alle sputen und bereithalten. Es war besser das Tagwerk vor dem ersten Glockenschlag zu beenden. Niemand sah Freya neugierig an. Eigentlich war es doch das, was man erwartete, wenn jemand dazu kam. Eine Begutachtung, eine in Augenscheinnahme. Leises Tuscheln, noch leiseres Tratschen und eine oft zu laute Bewertung. Aber sie waren ruhig, mit dem Blick zu Boden gerichtet. Nur das abklingende Brummen des Glockenschlags erfüllte den Speisesaal.
Und da hörte man es. Ein Stock, der auf den Holzboden schlug. Schuhe, die seinem Klang folgten. Erhaben, stolz und angstlos. Jeder Schritt beschrieb das, was die Gräfin war.
Milla erschrak, reihte sich, so schnell sie noch konnte, an ihren Platz. Keine Zeit mehr für weitere Erklärungen, keine Zeit für Unterweisung oder Hilfe.
Freyas Zeit als Kragenschwester begann.
Die Gräfin tritt ein. Gekleidet streng und akkurat. Ihr Kleid war perfekt abgestimmt auf den Schmuck, den sie trug. Zahlreiche Ringe mit großen Steinen an ihren weißen Händen. Das Kleid immer noch ausladend. Schwerer Stoff, wahrscheinlich Samt, mit vielen Stickereien, die sich ineinander verliefen. Der Kragen des Kleides hell und steif. Er gab ihrer Erscheinung eine noch dominantere Haltung. Ihr Stock führte das Schreiten in den Speisesaal an. Tock. Tock. Tock. Es klang immer gleich, kein Unterschied war zu hören. Eine Gleichtönigkeit, die tröstlich, wie auch angsteinflößend war. In der Mitte des Raumes blieb sie stehen. Sie legte ihre Hände auf den Kopfgriff ihres Stocks und sah sich um.
Es musste für Freya den Anschein haben, als zählte sie wortlos die Kinder. Aber sie musste nicht zählen. Sie kannte alle davon. Die, die noch da waren und auch die, die bereits gehen mussten. Oder durften. Je nachdem, von welchem Winkel aus man es betrachtete. Nicht alle gingen im Guten, manche mussten ihre Lektion anders lernen. Es war meist ihre letzte Lektion. Aber wurde aussortiert. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.
Der dritte Schlag der Glocke erklang. Als wäre es das Kommando, auf das alle warteten, richteten die Kinder ihre Hände nach oben. Jeder Fehler kann entscheidend sein. Distanziert und ihrer Macht bewusst, führt die Gräfin ihren Gang durch den Speisesaal fort. Aus den Augenwinkeln sieht sie die Hände der Kragenträger ganz genau. Es war eine geschulte und sich täglich mehrmals wiederholende Routine. Routine verschafft Sicherheit. Routine fördert Grenzen. Routine verhindert eigene Gedanken.
Noch ignorierte sie Freya. Zumindest, bis sie ihren eigenen Platz an der Spitze beider Tafeln erreichte. Dort war ihr eigener Tisch und ihr eigener, ausladender Sessel, von dem aus sie alles beobachten konnte. Und sie beobachtete immer. Und sie sah immer.
Alles in dem Raum wirkte steril und lieblos. Trotzdem war es von einer gewissen Pompösität. Nicht geschmacklos, aber für einen normalen Haushalt von allem ein bisschen zu viel. Setzen mochte man sich nicht, auf die feinen Kisschen, die hier und da drapiert waren. Genauso wäre es ein Affront, sich an dem Porzellan zu bedienen, das in einer glaslosen Vitrine stand.
Auch wenn es unbenutzt blieb, gehörte es in diesen Raum. Genauso wie die Kinder, genauso wie die Gräfin. Der Blick der Kinder war immer noch gesenkt. Gut so, die Gräfin war zufrieden, wenn sich keine Unregelmäßigkeiten einschlichen. Eine Neue in den Reihen konnte schnell zu Aufgeregtheit führen. Aufregung führte zu Fehlern. Fehler zu Tadel und Tadel zu Strafe. Eigentlich war es so einfach. Jedoch nicht für alle.
Es war der vierte Glockenschlag. Das Wummern verklang und alle sprachen, wie auf Kommando, aus einem Mund. "Wir dienen mit Eifer, Sorgfalt und Gehorsam." Es war tonlos, monoton und ohne Hoffnung. Ob Freya schon wusste, wie das Kredo lautet? Die Regeln galten bereits und Ausnahmen gibt es nicht.
Die Gräfin musste nicht gebieten, was sie zu sehen wünschte. Jeder kannte ihre Regeln. Dennoch hob sie ihre Hand und deutete einen Halbkreis in der Luft an. Gleichzeitig drehen alle Jungen und Mädchen ihre Hände herum. Alle wussten was zu tun war. Niemand zögert, niemand wartet. Sie kannten die Handkontrolle. Jeden Tag wiederholte sie sich. Mehrmals aber immer mit dem gleichen Ablauf.
Im Gesicht der Gräfin konnte niemand lesen, ob sie zufrieden war. Oder ob sie es nicht war. Beides war möglich. War sie es nicht, konnte sehr schnell etwas Schlimmes geschehen. Freya sollte genau darauf achten, ob die Gräfin lächelt. Vorerst verriet das Gesicht aber nichts. Nur ein leises "Hm." war ihre einzige hörbare Reaktion. Zufriedenheit. Vielleicht. Vielleicht war es aber auch ein Tadel. Ihren Gehstock reichte sie einem der größeren Kinder zu ihrer rechten Seite. Noch ein Stein in ihrer Sammlung, der sie schon bald verließ. Ein Interessent war bereits gefunden. Das reifende Kind war nicht für die Auktion bestimmt. War es nie gewesen. Früh war es zu ihr gebracht worden mit genauen Anweisungen, wie es in einem gewissen Alter gewünscht war. Eine Sonderanfertigung, sozusagen.
Es war ein Dienst, den die Gräfin nicht allen Kunden zugestand. Nur denjenigen, die sie bereits lange kannte und von denen sie wusste, dass sie ihr Angebot äußerst großzügig schätzten. Folgsam wurden Hände nach dem Stock ausgestreckt, um diesen zu halten. Wenn nötig, während des gesamten Mahls. Auch wenn es bedeutete, hungrig zu bleiben.
Belohnt wurde das nicht. Es wurde als eine Selbstverständlichkeit gesehen.
Mit einer Bewegung, die aus einem Fluss war und an Eleganz nur schwer zu übertreffen, setzte sie sich nieder. Wieder musste nichts gesagt werden, denn genau fünf Atemzüge später, drehten die Kinder sich herum, stiegen über die Bank und setzten sich. "Begrüßt eine neue Kragenschwester." Den Namen Freyas nannte sie nicht. Er war nicht länger von Belang. Hier in der Residenz der Tränen besaß er keine Gültigkeit. Hübsch zwar und besonders, aber wertlos und nichtig. Freya musste lernen, ihn nicht länger zu benutzen. Sie musste erst zu etwas werden. Und noch war sie nichts. Besser war es aber, wenn sie nicht erst lernte, sondern es gleich wusste. Das konnte eine Menge Unannehmlichkeiten für das Mädchen von vornherein verhindern.
Auch wenn ihre Augen verdeckt waren von einem zarten Schleier aus schwarzen und goldenen Fäden, spürte Freya den durchbohrenden Blick ihrer Herrin. "Mit Gabel und Messer kannst du du umgehen?"
Die gut betuchten Käufer der Gräfin wussten, dass auf ihre Kinder Verlass war. Immer brachte sie das, was gesucht wurde. Als könnte sie in die Gedanken eindringen und es sehen. Die Bilder, die Fantasien, die Hoffnungen und Wünsche. Konnte sie es vielleicht sogar? Möglich war alles. Vielleicht aber besaß sie einfach ein ganz besonders gutes Geschick, die Menschen zu durchschauen.
Steif stehend waren die Kinder aufgereiht. Säuberlich sortiert nach Größe und Haarfarbe. Alle waren gleich gekleidet. Die Mädchen gleich, die Jungen gleich. Nichts war einem Zufall überlassen. Alles musste seine Ordnung haben. Keines der Kinder sah in die Richtung der Neuankömmlinge. Sie alle warteten. Warteten auf den ersten Glockenschlag.
Dieser erklang schneller als gedacht. Durchdringend und laut, dafür aber nicht schrill. Es war ein tiefes Brummen, das anschwoll und erstarb. Milla legte Freya eine Hand in den Rücken, schob sie vor sich her und wies ihr einen Platz. Zwischen einem Mädchen und einem Jungen. Der Junge, die Haare länger tragend, wirkte winzig klein. Fast als wäre er nicht hier. Das Mädchen, mit kurz geschorenen Haaren, war etwas größer als Freya. Sie besaß bereits erste weibliche Züge, den Ansatz einer Brust und sich formende, einladende Hüften.
Lange würde sie nicht mehr bleiben. Sie war schon fast über ihrer Zeit. Wenn die Gräfin sie nicht auf der Auktion anbot, musste sie auf andere Weise gehen. Das Mädchen besaß nichts besonderes. Ein allerweltsgesicht, ausdruckslose Augen und keinen außergewöhnlichen Körper. Es konnte gut sein, dass sie nur wenig Gold einbrachte. Vielleicht deckte sie nur die Unkosten der letzten Jahre. Bei der Kundschaft hinterließ Minderwertigkeit keinen guten Eindruck. Weshalb durchaus die Möglichkeit bestand, für das Mädchen eine andere Zukunft zu wählen. Als sie noch klein war, war sie vielversprechend gewesen. Hübsch, artig und zart. Die Gräfin nahm nur diejenigen, von denen sie sich etwas versprach. Leider hat die Natur es aber nicht gut mit der Heranwachsenden gemeint. Eine Enttäuschung. Die Gräfin mochte keine Enttäuschungen. Gelächelt aber hatte sie noch nicht.
Schon erfolgte der zweite Glockenschlag. Des Morgens war mehr Zeit zwischen den Schlägen. Abends aber mussten sich alle sputen und bereithalten. Es war besser das Tagwerk vor dem ersten Glockenschlag zu beenden. Niemand sah Freya neugierig an. Eigentlich war es doch das, was man erwartete, wenn jemand dazu kam. Eine Begutachtung, eine in Augenscheinnahme. Leises Tuscheln, noch leiseres Tratschen und eine oft zu laute Bewertung. Aber sie waren ruhig, mit dem Blick zu Boden gerichtet. Nur das abklingende Brummen des Glockenschlags erfüllte den Speisesaal.
Und da hörte man es. Ein Stock, der auf den Holzboden schlug. Schuhe, die seinem Klang folgten. Erhaben, stolz und angstlos. Jeder Schritt beschrieb das, was die Gräfin war.
Milla erschrak, reihte sich, so schnell sie noch konnte, an ihren Platz. Keine Zeit mehr für weitere Erklärungen, keine Zeit für Unterweisung oder Hilfe.
Freyas Zeit als Kragenschwester begann.
Die Gräfin tritt ein. Gekleidet streng und akkurat. Ihr Kleid war perfekt abgestimmt auf den Schmuck, den sie trug. Zahlreiche Ringe mit großen Steinen an ihren weißen Händen. Das Kleid immer noch ausladend. Schwerer Stoff, wahrscheinlich Samt, mit vielen Stickereien, die sich ineinander verliefen. Der Kragen des Kleides hell und steif. Er gab ihrer Erscheinung eine noch dominantere Haltung. Ihr Stock führte das Schreiten in den Speisesaal an. Tock. Tock. Tock. Es klang immer gleich, kein Unterschied war zu hören. Eine Gleichtönigkeit, die tröstlich, wie auch angsteinflößend war. In der Mitte des Raumes blieb sie stehen. Sie legte ihre Hände auf den Kopfgriff ihres Stocks und sah sich um.
Es musste für Freya den Anschein haben, als zählte sie wortlos die Kinder. Aber sie musste nicht zählen. Sie kannte alle davon. Die, die noch da waren und auch die, die bereits gehen mussten. Oder durften. Je nachdem, von welchem Winkel aus man es betrachtete. Nicht alle gingen im Guten, manche mussten ihre Lektion anders lernen. Es war meist ihre letzte Lektion. Aber wurde aussortiert. Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen.
Der dritte Schlag der Glocke erklang. Als wäre es das Kommando, auf das alle warteten, richteten die Kinder ihre Hände nach oben. Jeder Fehler kann entscheidend sein. Distanziert und ihrer Macht bewusst, führt die Gräfin ihren Gang durch den Speisesaal fort. Aus den Augenwinkeln sieht sie die Hände der Kragenträger ganz genau. Es war eine geschulte und sich täglich mehrmals wiederholende Routine. Routine verschafft Sicherheit. Routine fördert Grenzen. Routine verhindert eigene Gedanken.
Noch ignorierte sie Freya. Zumindest, bis sie ihren eigenen Platz an der Spitze beider Tafeln erreichte. Dort war ihr eigener Tisch und ihr eigener, ausladender Sessel, von dem aus sie alles beobachten konnte. Und sie beobachtete immer. Und sie sah immer.
Alles in dem Raum wirkte steril und lieblos. Trotzdem war es von einer gewissen Pompösität. Nicht geschmacklos, aber für einen normalen Haushalt von allem ein bisschen zu viel. Setzen mochte man sich nicht, auf die feinen Kisschen, die hier und da drapiert waren. Genauso wäre es ein Affront, sich an dem Porzellan zu bedienen, das in einer glaslosen Vitrine stand.
Auch wenn es unbenutzt blieb, gehörte es in diesen Raum. Genauso wie die Kinder, genauso wie die Gräfin. Der Blick der Kinder war immer noch gesenkt. Gut so, die Gräfin war zufrieden, wenn sich keine Unregelmäßigkeiten einschlichen. Eine Neue in den Reihen konnte schnell zu Aufgeregtheit führen. Aufregung führte zu Fehlern. Fehler zu Tadel und Tadel zu Strafe. Eigentlich war es so einfach. Jedoch nicht für alle.
Es war der vierte Glockenschlag. Das Wummern verklang und alle sprachen, wie auf Kommando, aus einem Mund. "Wir dienen mit Eifer, Sorgfalt und Gehorsam." Es war tonlos, monoton und ohne Hoffnung. Ob Freya schon wusste, wie das Kredo lautet? Die Regeln galten bereits und Ausnahmen gibt es nicht.
Die Gräfin musste nicht gebieten, was sie zu sehen wünschte. Jeder kannte ihre Regeln. Dennoch hob sie ihre Hand und deutete einen Halbkreis in der Luft an. Gleichzeitig drehen alle Jungen und Mädchen ihre Hände herum. Alle wussten was zu tun war. Niemand zögert, niemand wartet. Sie kannten die Handkontrolle. Jeden Tag wiederholte sie sich. Mehrmals aber immer mit dem gleichen Ablauf.
Im Gesicht der Gräfin konnte niemand lesen, ob sie zufrieden war. Oder ob sie es nicht war. Beides war möglich. War sie es nicht, konnte sehr schnell etwas Schlimmes geschehen. Freya sollte genau darauf achten, ob die Gräfin lächelt. Vorerst verriet das Gesicht aber nichts. Nur ein leises "Hm." war ihre einzige hörbare Reaktion. Zufriedenheit. Vielleicht. Vielleicht war es aber auch ein Tadel. Ihren Gehstock reichte sie einem der größeren Kinder zu ihrer rechten Seite. Noch ein Stein in ihrer Sammlung, der sie schon bald verließ. Ein Interessent war bereits gefunden. Das reifende Kind war nicht für die Auktion bestimmt. War es nie gewesen. Früh war es zu ihr gebracht worden mit genauen Anweisungen, wie es in einem gewissen Alter gewünscht war. Eine Sonderanfertigung, sozusagen.
Es war ein Dienst, den die Gräfin nicht allen Kunden zugestand. Nur denjenigen, die sie bereits lange kannte und von denen sie wusste, dass sie ihr Angebot äußerst großzügig schätzten. Folgsam wurden Hände nach dem Stock ausgestreckt, um diesen zu halten. Wenn nötig, während des gesamten Mahls. Auch wenn es bedeutete, hungrig zu bleiben.
Belohnt wurde das nicht. Es wurde als eine Selbstverständlichkeit gesehen.
Mit einer Bewegung, die aus einem Fluss war und an Eleganz nur schwer zu übertreffen, setzte sie sich nieder. Wieder musste nichts gesagt werden, denn genau fünf Atemzüge später, drehten die Kinder sich herum, stiegen über die Bank und setzten sich. "Begrüßt eine neue Kragenschwester." Den Namen Freyas nannte sie nicht. Er war nicht länger von Belang. Hier in der Residenz der Tränen besaß er keine Gültigkeit. Hübsch zwar und besonders, aber wertlos und nichtig. Freya musste lernen, ihn nicht länger zu benutzen. Sie musste erst zu etwas werden. Und noch war sie nichts. Besser war es aber, wenn sie nicht erst lernte, sondern es gleich wusste. Das konnte eine Menge Unannehmlichkeiten für das Mädchen von vornherein verhindern.
Auch wenn ihre Augen verdeckt waren von einem zarten Schleier aus schwarzen und goldenen Fäden, spürte Freya den durchbohrenden Blick ihrer Herrin. "Mit Gabel und Messer kannst du du umgehen?"
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#1025
Als Freya in den Speisesaal trat, standen die anderen Kinder an den Bänken. Niemand wandte sich der Tür zu. Kein Gesicht, kein verstohlener Blick.
Unsicher wanderten ihre Augen über den Raum und die Gesichter der anderen Kinder hinweg. Das Zimmer selbst erinnerte sie beinahe ein wenig an das Waisenhaus, in dem sie gelebt hatte. Bänke für die Kinder, während die Erwachsenen auf Stühlen mit Lehnen saßen. Dennoch, auch sie hatten damals ihre Hände zeigen müssen, ob sie gewaschen und sauber waren. Etwas, dass damals sich weniger bedrückend und erniedrigend angefühlt hatte, denn keiner von ihnen hatte derart diszipliniert gewartet, geschweige denn wirkte bis aufs Mark eingeschüchtert. Eher war es schon manchmal ein Chaos gewesen, wovon es hier nicht einmal einen Anflug gab.
Keines der anderen Kinder schien Notiz von ihr zu nehmen oder sich dafür nur ansatzweise zu interessieren. Stattdessen standen sie einfach dort. Regungslos. Kein neugieriger Blick, kein Getuschel. Nicht ein einziges Geräusch war zu hören, außer dem Nachhall des ersten Glockenschlags.
Leicht nur senkte das Mädchen ihre Wimpern, bevor Millas Hand sich in ihren Rücken legte. Eine Aufforderung, die sie durchaus verstand. Noch drei Schläge. Vorsichtig raffte sie den Rock, ehe sie der jungen Frau durch die Reihen folgte, bis jene ihr mit einem wortlosen Nicken ihren Platz zuwies. Das Blau ihrer Augen strich dabei über die makellosen Erscheinungen hinweg. Perfekt sitzende Kleidung, tadellose Haltungen und ein schlicht gefühlloser Ausdruck in ihren Gesichtern, als wären sie allesamt nicht echt. Nicht wirklich. Ein surrealer Anblick, ohne eine Form von Persönlichkeit.
Für einen Atemzug sah Freya Milla hinauf. Auch wenn sie sich nicht kannten, war die versteckte Hoffnung gewesen, dass sie in ihrer unmittelbaren Nähe setzen würde. Doch scheinbar hatten auch die Plätze und die Anordnung selbst eine Struktur, zumindest glaubte Freya so etwas erkennen zu können. Unter einem Blinzeln strichen ihre Augen über den kleinen Jungen an ihrer Seite hinweg, bevor sie zu dem Mädchen mit den kurz geschnittenen Haaren wanderten. Ihre beide Blicke waren gesenkt und nicht einmal als sie sich zwischen stellte, sah einer der beiden verstohlen zur Seite oder zeigte überhaupt eine Regung.
Das zweite Mal schlug die Glocke. Ein dumpfer Klang, der Freya schlucken ließ, ehe sie einen tiefen Atemzug nahm. Im Augenwinkel sah sie nur, wie Milla auf ihren Platz eilte und sich den anderen in einer fließenden Weise in ihrem Tun anschloss. Ein Ritus, dem auch sie sich unterwerfen musste, als das stumpfe Pochen des Gehstocks die Gräfin selbst ankündigte.
Anpassung war vorerst der klügste Weg. Freya senkte ihren Blick auf dieselbe Weise wie die anderen Kinder. Vielleicht war das auch ein Vorteil, wenn sie vorerst ungesehen blieb. Mit nur flachem Atem lauschte das Mädchen dem monotonen Geräusch des Stocks, der die Schritte der Gräfin beschrieb, bis sie stehen blieb. Ohne aufzusehen, beschlich Freya dennoch das Gefühl, das der stechende Blick der Gräfin über sie alle hinweg wanderte.
Der dritte Glockenschlag erklang, der wie ein Befehl die Hände aller nach oben richtete. Auch die des Mädchens. Sekunden erschienen ihr jedoch wie Stunden, während sie ihr Herz selbst so laut schlagen spürte, dass sie fast glaubte, dass auch die Gräfin selbst es hören musste.
Als der vierte Schlag ertönte, formten Freyas Lippen tonlos die Worte des Mantras, welches aus den Mündern der Kinder wie ein niederschmetterndes Urteil klang, dem sie sich alle ohne einen Funken Hoffnung unterwarfen.
Wortlos wandte auch sie ihre Hände herum, ohne aufzusehen. Ob sie alles richtigmachte, wusste sie nicht, doch allein die strenge Disziplin, die alle einhielten und die gefühllosen Stimmen und die Lethargie der anderen waren ein Hinweis darauf, dass sie es unmittelbar spüren würde, wenn sie einen Fehler beging.
Es war reiner Instinkt, unter welchem Freya im Augenwinkel zu der Gräfin sah, als sie das leise Geräusch ihrer Reaktion hörte. Nur ein verstohlener kurzer Blick, den sie jedoch nicht hinter Strähnen ihres Haares, das streng verflochten an ihrem Kopf gebändigt war, verbergen konnte. Fast unscheinbar wanderten nur ihre Augen in ihre Richtung, nur um ihr Zeremoniell zu beobachten, bevor sich die Frau auf dem Sessel niederließ.
Dass es ein Zeitmaß gab, bei dem alle sich gleichzeitig setzen, wusste Freya nicht. Umso unsicherer wurde sie in dem Moment, da sie mit all den Lagen Stoff, die ungewohnt ihren Körper umhüllten, vorsichtig über die Bank stieg, um einen Atemzug nach den anderen erst Platz zu nehmen. Sie spürte, wie ihr Atem für einen Moment zögerlich über ihre Lippen ging.
Den Worten der Gräfin folgte keine Erwiderung. Nicht einmal ein Blick, der sich auf sie legte oder ihren kreuzte. Stattdessen sah sie nur leere Augen, die beinahe seelenlos auf sie wirkten. Das Mädchen ihr gegenüber ebenso der Junge. Sie alle, jeder Blick, den sie kreuzte, wirkte kalt und ohne jeden Willen. Leere hölzerne Hüllen, die nur dem Befehl ihrer Herrin folgten, als wären sie nicht mehr als Marionetten. War das auch ihr Schicksal? So gebrochen zu werden, dass die Welt und alles herum gleich werden sollte?
Schmerzhaft zog sich Freyas Magen zusammen, während sie die grünen Augen des Mädchens ihr gegenüber ansah. Eine Farbe, die so voller Leben wirkte und doch schien jenes dahinter bereits weit fort zu sein.
Jemand tat ihr eine Kelle Suppe auf. Eine dampfende, würzig riechende Brühe. Doch ehe sie nur einen Seitenblick zu der Person, die sie ihr serviert hatte, riskieren konnte, sprach die Gräfin sie unmittelbar an. Ohne ihren Namen zu nutzen, konnte Freya das Kribbeln in ihrem Nacken spüren. Die kalte Unbehaglichkeit und das bekommende Gefühl ihrer Aufmerksamkeit, das die Frage ihr galt.
Unter einem Schlucken senkte Freya ihre Lider, um mit einem Wimpernschlag ihre Augen der Gräfin zu zuwenden. Kerzengerade und aufrecht sah sie zu ihr, während leise in einem unheimlichen Gleichklang leise die Löffel die Teller berührten und die anderen wie aus einer einzigen Bewegung heraus ihre Suppe aßen. Ein schauriges Geräusch von solcher Ebenmäßigkeit, dass es ihr einen kühlen Schauer versetzte.
„Ja, das weiß ich...“ Die Antwort kam nur leise über ihre Lippen, als würde nicht nur das Korsett ihr die Luft rauben, sondern die Atmosphäre selbst sich erdrückend über sie legen. Freya konnte unter dem Schleier selbst den Blick der Gräfin nicht erkennen, doch spürte sie ihn dafür umso deutlicher, bevor sie ihren Satz vollendete. „...Herrin.“
Unmittelbar wandte Freya sich ebenfalls der Suppe zu und schloss für einen Atemzug die Augen. Die Finger ihrer rechten Hand legten sich um den Löffel, nur um in einem mit ihrem Blick die Gleichmäßigkeit der Bewegungen für einen Herzschlag zu erfassen, bevor sie einen Löffel der Suppe aß. Auch wenn sie würzig war und ihr Geschmack kräftig erschien, schnürte ihr der stete Gleichklang um sie herum und der Anblick der leeren Augen, die nichts als Verzweiflung ausstrahlten, den Magen zu. Nein, sie wollte und durfte niemals dazu werden. Es war nicht ihr Weg zu einer willenlosen Hülle zu verblassen.
Es waren nur vier Löffel, die das Mädchen aß, wohlbedacht selbst kein Geräusch zu erzeugen. Mehr schaffte Freya nicht, bevor man ihr den Teller nahm, um Braten zu servieren. Erneut schien jedes Geräusch einer konstanten Symmetrie von Bewegungen zu entspringen. Die Gabel, die das Fleisch durchstach, das Messer, das zum Schneiden ansetzte und kurz das feine Porzellan berührte, bevor der Bissen in den Mündern verschwand. Was immer die Gräfin tat oder welche Magie dahinter steckte, sie durfte sich davon nicht einfangen lassen.
Eine groteske und bizarre Ordnung, die ein mehr als beklommenes Gefühl hinterließ. Freyas Bewegungen hielten sich daher nicht im Einklang zu den anderen. Vielmehr wich sie ab, während sie an den Bissen selbst lange kaute, da sich ihr Magen immer wieder aufs Neue zusammenzog. Doch wollte das Mädchen sich nichts anmerken lassen. Bedacht schnitt sie sich die Stücke kleiner und sah nur auf das Gemüse und die Kartoffeln, anstatt ihr willenloses Umfeld erneut mit ihrem Blick zu streifen.
Routine war tödlich und doch war dies erst der Anfang.
Unsicher wanderten ihre Augen über den Raum und die Gesichter der anderen Kinder hinweg. Das Zimmer selbst erinnerte sie beinahe ein wenig an das Waisenhaus, in dem sie gelebt hatte. Bänke für die Kinder, während die Erwachsenen auf Stühlen mit Lehnen saßen. Dennoch, auch sie hatten damals ihre Hände zeigen müssen, ob sie gewaschen und sauber waren. Etwas, dass damals sich weniger bedrückend und erniedrigend angefühlt hatte, denn keiner von ihnen hatte derart diszipliniert gewartet, geschweige denn wirkte bis aufs Mark eingeschüchtert. Eher war es schon manchmal ein Chaos gewesen, wovon es hier nicht einmal einen Anflug gab.
Keines der anderen Kinder schien Notiz von ihr zu nehmen oder sich dafür nur ansatzweise zu interessieren. Stattdessen standen sie einfach dort. Regungslos. Kein neugieriger Blick, kein Getuschel. Nicht ein einziges Geräusch war zu hören, außer dem Nachhall des ersten Glockenschlags.
Leicht nur senkte das Mädchen ihre Wimpern, bevor Millas Hand sich in ihren Rücken legte. Eine Aufforderung, die sie durchaus verstand. Noch drei Schläge. Vorsichtig raffte sie den Rock, ehe sie der jungen Frau durch die Reihen folgte, bis jene ihr mit einem wortlosen Nicken ihren Platz zuwies. Das Blau ihrer Augen strich dabei über die makellosen Erscheinungen hinweg. Perfekt sitzende Kleidung, tadellose Haltungen und ein schlicht gefühlloser Ausdruck in ihren Gesichtern, als wären sie allesamt nicht echt. Nicht wirklich. Ein surrealer Anblick, ohne eine Form von Persönlichkeit.
Für einen Atemzug sah Freya Milla hinauf. Auch wenn sie sich nicht kannten, war die versteckte Hoffnung gewesen, dass sie in ihrer unmittelbaren Nähe setzen würde. Doch scheinbar hatten auch die Plätze und die Anordnung selbst eine Struktur, zumindest glaubte Freya so etwas erkennen zu können. Unter einem Blinzeln strichen ihre Augen über den kleinen Jungen an ihrer Seite hinweg, bevor sie zu dem Mädchen mit den kurz geschnittenen Haaren wanderten. Ihre beide Blicke waren gesenkt und nicht einmal als sie sich zwischen stellte, sah einer der beiden verstohlen zur Seite oder zeigte überhaupt eine Regung.
Das zweite Mal schlug die Glocke. Ein dumpfer Klang, der Freya schlucken ließ, ehe sie einen tiefen Atemzug nahm. Im Augenwinkel sah sie nur, wie Milla auf ihren Platz eilte und sich den anderen in einer fließenden Weise in ihrem Tun anschloss. Ein Ritus, dem auch sie sich unterwerfen musste, als das stumpfe Pochen des Gehstocks die Gräfin selbst ankündigte.
Anpassung war vorerst der klügste Weg. Freya senkte ihren Blick auf dieselbe Weise wie die anderen Kinder. Vielleicht war das auch ein Vorteil, wenn sie vorerst ungesehen blieb. Mit nur flachem Atem lauschte das Mädchen dem monotonen Geräusch des Stocks, der die Schritte der Gräfin beschrieb, bis sie stehen blieb. Ohne aufzusehen, beschlich Freya dennoch das Gefühl, das der stechende Blick der Gräfin über sie alle hinweg wanderte.
Der dritte Glockenschlag erklang, der wie ein Befehl die Hände aller nach oben richtete. Auch die des Mädchens. Sekunden erschienen ihr jedoch wie Stunden, während sie ihr Herz selbst so laut schlagen spürte, dass sie fast glaubte, dass auch die Gräfin selbst es hören musste.
Als der vierte Schlag ertönte, formten Freyas Lippen tonlos die Worte des Mantras, welches aus den Mündern der Kinder wie ein niederschmetterndes Urteil klang, dem sie sich alle ohne einen Funken Hoffnung unterwarfen.
Wortlos wandte auch sie ihre Hände herum, ohne aufzusehen. Ob sie alles richtigmachte, wusste sie nicht, doch allein die strenge Disziplin, die alle einhielten und die gefühllosen Stimmen und die Lethargie der anderen waren ein Hinweis darauf, dass sie es unmittelbar spüren würde, wenn sie einen Fehler beging.
Es war reiner Instinkt, unter welchem Freya im Augenwinkel zu der Gräfin sah, als sie das leise Geräusch ihrer Reaktion hörte. Nur ein verstohlener kurzer Blick, den sie jedoch nicht hinter Strähnen ihres Haares, das streng verflochten an ihrem Kopf gebändigt war, verbergen konnte. Fast unscheinbar wanderten nur ihre Augen in ihre Richtung, nur um ihr Zeremoniell zu beobachten, bevor sich die Frau auf dem Sessel niederließ.
Dass es ein Zeitmaß gab, bei dem alle sich gleichzeitig setzen, wusste Freya nicht. Umso unsicherer wurde sie in dem Moment, da sie mit all den Lagen Stoff, die ungewohnt ihren Körper umhüllten, vorsichtig über die Bank stieg, um einen Atemzug nach den anderen erst Platz zu nehmen. Sie spürte, wie ihr Atem für einen Moment zögerlich über ihre Lippen ging.
Den Worten der Gräfin folgte keine Erwiderung. Nicht einmal ein Blick, der sich auf sie legte oder ihren kreuzte. Stattdessen sah sie nur leere Augen, die beinahe seelenlos auf sie wirkten. Das Mädchen ihr gegenüber ebenso der Junge. Sie alle, jeder Blick, den sie kreuzte, wirkte kalt und ohne jeden Willen. Leere hölzerne Hüllen, die nur dem Befehl ihrer Herrin folgten, als wären sie nicht mehr als Marionetten. War das auch ihr Schicksal? So gebrochen zu werden, dass die Welt und alles herum gleich werden sollte?
Schmerzhaft zog sich Freyas Magen zusammen, während sie die grünen Augen des Mädchens ihr gegenüber ansah. Eine Farbe, die so voller Leben wirkte und doch schien jenes dahinter bereits weit fort zu sein.
Jemand tat ihr eine Kelle Suppe auf. Eine dampfende, würzig riechende Brühe. Doch ehe sie nur einen Seitenblick zu der Person, die sie ihr serviert hatte, riskieren konnte, sprach die Gräfin sie unmittelbar an. Ohne ihren Namen zu nutzen, konnte Freya das Kribbeln in ihrem Nacken spüren. Die kalte Unbehaglichkeit und das bekommende Gefühl ihrer Aufmerksamkeit, das die Frage ihr galt.
Unter einem Schlucken senkte Freya ihre Lider, um mit einem Wimpernschlag ihre Augen der Gräfin zu zuwenden. Kerzengerade und aufrecht sah sie zu ihr, während leise in einem unheimlichen Gleichklang leise die Löffel die Teller berührten und die anderen wie aus einer einzigen Bewegung heraus ihre Suppe aßen. Ein schauriges Geräusch von solcher Ebenmäßigkeit, dass es ihr einen kühlen Schauer versetzte.
„Ja, das weiß ich...“ Die Antwort kam nur leise über ihre Lippen, als würde nicht nur das Korsett ihr die Luft rauben, sondern die Atmosphäre selbst sich erdrückend über sie legen. Freya konnte unter dem Schleier selbst den Blick der Gräfin nicht erkennen, doch spürte sie ihn dafür umso deutlicher, bevor sie ihren Satz vollendete. „...Herrin.“
Unmittelbar wandte Freya sich ebenfalls der Suppe zu und schloss für einen Atemzug die Augen. Die Finger ihrer rechten Hand legten sich um den Löffel, nur um in einem mit ihrem Blick die Gleichmäßigkeit der Bewegungen für einen Herzschlag zu erfassen, bevor sie einen Löffel der Suppe aß. Auch wenn sie würzig war und ihr Geschmack kräftig erschien, schnürte ihr der stete Gleichklang um sie herum und der Anblick der leeren Augen, die nichts als Verzweiflung ausstrahlten, den Magen zu. Nein, sie wollte und durfte niemals dazu werden. Es war nicht ihr Weg zu einer willenlosen Hülle zu verblassen.
Es waren nur vier Löffel, die das Mädchen aß, wohlbedacht selbst kein Geräusch zu erzeugen. Mehr schaffte Freya nicht, bevor man ihr den Teller nahm, um Braten zu servieren. Erneut schien jedes Geräusch einer konstanten Symmetrie von Bewegungen zu entspringen. Die Gabel, die das Fleisch durchstach, das Messer, das zum Schneiden ansetzte und kurz das feine Porzellan berührte, bevor der Bissen in den Mündern verschwand. Was immer die Gräfin tat oder welche Magie dahinter steckte, sie durfte sich davon nicht einfangen lassen.
Eine groteske und bizarre Ordnung, die ein mehr als beklommenes Gefühl hinterließ. Freyas Bewegungen hielten sich daher nicht im Einklang zu den anderen. Vielmehr wich sie ab, während sie an den Bissen selbst lange kaute, da sich ihr Magen immer wieder aufs Neue zusammenzog. Doch wollte das Mädchen sich nichts anmerken lassen. Bedacht schnitt sie sich die Stücke kleiner und sah nur auf das Gemüse und die Kartoffeln, anstatt ihr willenloses Umfeld erneut mit ihrem Blick zu streifen.
Routine war tödlich und doch war dies erst der Anfang.
Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit
Fühlst Du die Macht? Kannst Du sie spüren?