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Die dunkle Prophezeiung
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1. Verstoß
Verwarnung des Users, sowie Löschung der auf das Urheberrecht bezogenen Texte
2. Verstoß
Forumsperre für ALLE Accounts des Users für 48 Stunden, sowie Löschung der auf das Urheberrecht bezogenen Texte
3. Verstoß
Dauerhafte Sperrung sämtlicher Forenaccounts des Users, sowie Löschung der auf das Urheberrecht bezogenen Texte
Dieses betrifft nur eure Accounts hier im Forum und nicht eure Spielaccounts für Die 4te Offenbarung.
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- Naheniel
- Geschichtenschreiber / Geschichtenschreiberin
- Beiträge: 204
- Registriert: Mo 27. Mai 2019, 19:18
- Danksagung erhalten: 4 Mal
#1551
Die Handschrift war unverkennbar. Naheniel brauchte das Pergament nicht erst selbst in der Hand halten, da das, was Syndra ihm vorgelesen hatte, ihm bereits vollkommen genügte. Vorerst sprach er nicht, dafür wog sein Schweigen ähnlich schwer, wie das, was er bis dahin gesagt hatte und auf gleiche Weise, wie das Dunkel, das er kurz zuvor über den Raum gelegt hatte, um damit in Syndras Körper zu dringen.
Er war nicht dumm, natürlich war das plötzliche Auftauchen der Frau vor der Tür kein Zufall.
Sie wurden beobachtet, dessen war er sich sicher und es war nur weiterer Beweis dafür, dass Adrian Syndra aufgespürt hatte und sich seinen Einfluss zu Nutze machte, um ihm genau das vor Augen zu führen.
Das war tatsächlich in gewisser Weise überraschend, denn Naheniel hatte nicht damit gerechnet, dass sein "Freund" sich zu solch einer Provokation hinreißen ließ. Man sollte meinen, er hätte genug damit zu tun, seine Trauer zu bewältigen und darauf zu warten, seine Tochter in die Arme zu schließen. Offenbar nicht.
Nachdenklich neigte er seinen Kopf zur Seite und betrachtete Syndra, die ihm weiterhin das Papier entgegen hielt. Nur das leichte Beben seiner Nasenflügel sollte ihr verraten, wie wenig begeistert er von dem Umschwung der Situation war, die eigentlich in seinen und nicht in Adrians Händen liegen sollte.
Finsternis floss daraufhin aus seinen Fingern, als er nach dem Pergament griff und es, ohne einen Blick auf jenes zu werfen, von einer tiefen Schwärze verbrennen ließ.
"Er setzt das Spiel tatsächlich fort. Wie unüberlegt."
Ohne zu zögern oder unnötige Worte zu verlieren, packte er Syndra harsch am Oberarm und zog sie zum Bett. Dort nahm er mit der anderen Hand ihre Tasche und hielt seinen Blick fest auf sie gerichtet. Weiterhin behielt er sie in seinem eisernen Griff, natürlich ohne die Absicht, sie loszulassen, obwohl er spürte, wie sie im Moment seiner Berührung kurz zusammenzuckte.
Gut, sie schien die stumme Botschaft, die er ihr durch den kurzen, aber präzise gesetzten Schmerz übermittelte, zu verstehen.
"Wir gehen. Wenn Dir etwas fehlt, werde ich es für Dich besorgen." Zeit für Trägheit, lange Überlegungen oder Erklärungen wäre pure Verschwendung. Die Gefahr war zu nah, lauerte förmlich auf Syndra, jederzeit dazu bereit zuzuschlagen.
Zu nah war das, womit man ihm schaden und zu nah war das, was ihn empfindlich treffen konnte. Denn er spürte und hörte es ganz deutlich, das Flüstern, das von den Schatten zu ihm getragen wurde und für ihn bestimmt zu sein schien.
Mit einem gewissen Zorn über das, was ihm zu entgleiten drohte, zog er die Frau noch näher an sich, lockerte aber, wenn auch nur geringfügig, den Griff seiner Hand, als sein Blick auf ihren traf. "Wohin?"
Es war das erstickte Flüstern ihrer Stimme, das nun kaum mehr hier, aber auch noch nicht dort war, als die Dunkelheit begann, langsam an ihren Körpern emporzuwachsen und er daraufhin wortlos mit der Hand über ihren Rücken strich, um ihren Körper fest an seinen drückte.
Unter seiner Hand fühlte er die Anspannung, die von ihr ausging, was dazu führte, dass ein Lächeln seine Lippen streifte. Es gefiel ihm sichtlich, wie sie ihm auf diese Weise seine Kontrolle über sie bezeugte.
Kalt war die Finsternis, die sie umgab, während sein Arm sich wärmend und behütend um sie legte und er nahezu lautlos mit ihr durch das Zwielicht wanderte, jedoch ohne dabei wirklich einen Schritt hinter den anderen zu setzen.
Alles war vertraut, als wären sie nicht mehr, als ein aneinander gedrängtes Paar und doch war es nichts davon. Es war keine Reise, kein Abenteuer und kein gemeinsamer Neuanfang. Es war seine Art, ihr Sicherheit und Geborgenheit zu geben.
Doch die Kälte des Dunkels, die Syndra umgab, und die nahezu erstickende Wärme seines Arms, mit dem er sie festhielt, waren weit entfernt von einer Geborgenheit, sondern genauer betrachtet war es nur eine weitere Form der Gefangenschaft.
Als die Schatten wieder in sich zusammenfielen, schimmerte zunächst vage, dann klarer ein Steinkreis durch die letzten Schlieren, der tief in einem Wald lag, fernab von der Zivilisation und unerwünschten Besuchern. Besuchern, die Naheniel nicht in Syndras Nähe duldete.
"Hierhin." Beantwortete er erst jetzt mit samtiger Stimme ihre Frage nach dem Ziel. Es dauerte eine Weile, bis die Umgebung feste Formen annahm und sie sich orientieren konnte.
Er gab ihr die nötige Zeit, nach der Wanderschaft durch das oft reißende Zwielicht zur Ruhe zu kommen, während das leise Rascheln der Blätter und das verne Zwitschern der Vögel ihr zumindest ein wenig Halt und Bindung suggerieren sollten.
"Hierhin?" Syndras Frage war kaum mehr als ein Hauch und er beobachtete sie eingehend dabei, wie sie mit ihren umher wandernden Augen versuchte zu erkennen und mit ihren Sinnen zu verstehen, wohin er sie gebracht hatte. "Wo sind wir?"
Natürlich genoss er es, dass sie nicht nur seiner Laune, sondern auch seinen Antworten mehr oder weniger ausgeliefert war. Mit Absicht und Berechnung hatte Naheniel eine Abhängigkeit geschaffen, aus der sie sich kaum würde lösen können.
Trotzdem entließ er sie vorerst aus seinem Arm, damit sie sich frei bewegen und umsehen konnte, jedoch wich sein Blick zu keinem Zeitpunkt von ihr. Gemächlich trat er einen Schritt zurück, um sich entspannt gegen einen der großen Steine zu lehnen. Ihre Tasche stellte er neben sich ab und verschränkteseine Arme vor der Brust.
"Es wäre sicherer, wenn Du nicht weißt, wo Du bist. Wir haben ja gesehen, was passieren kann."
Es war der Funke eines Tadels, der in seinen Worten mitschwang, als er die Frau vor sich weiterhin musterte.
"Aber ich gehe davon aus, dass die Neugier Dich irgendwann unvorsichtig machen wird und Du es, selbst wenn die Bewohner dieses Waldes schweigen, versuchst auf Deine Weise herauszufinden."
Für einen Moment hielt Naheniel inne, fasste nach ihr einzig mit seinen Augen, löste dann seine Arme und deutete ihr mit einem knappen Zucken von Zeige- und Mittelfinger, wieder zu ihm zurückzukommen.
"Habe ich recht?"
Er bemerkte ihr kühles, fast unmerkliches Lächeln, das für den Bruchteil einer Sekunde ihre Lippen umspielte. Ein Lächeln, das eher Resignation war als Freude, denn es erreichte ihre Augen nicht.
"Wäre es nicht sinnvoll zu wissen, wo ich mich verlaufen kann? Zu wissen, wie nah oder fern Gefahren lauern?"
Fragte sie ihn, während sie auf ihn zutrat und er geduldig wartend seine Hand nach ihr ausstreckte. "Oder hast du Bedenken, dass ich weglaufe?"
Amüsiert hoben sich seine Mundwinkel auf ihre Bemerkung und er wartete darauf, dass ihre Hände sich berührten.
"Wer sagt, dass Du überhaupt irgendwohin laufen darfst?"
Die Wärme seiner Haut kitzelte sanft auf ihrer Handfläche, als er mit seinen Fingerspitzen über diese strich. "Ich werde Dir früh genug sagen, wo Du bist. Davor muss ich Dich auf deinen, nennen wir es Aufenthalt, vorbereiten. Wir wollen schließlich vermieden, dass das Ganze hier zu einer erneuten Flucht führt." In seiner Stimme lag der Hauch einer Mahnung und einer Unzufriedenheit, als wäre Syndra nicht ganz unschuldig an dem eiligen Aufbruch.
Plötzlich fuhr sein Arm nach oben und er legte seine Hand auf ihren Hinterkopf, um sie an sich zu ziehen. Unerwartet war es eine zarte Berührung, als er ihren Kopf streichelte und seine Finger sich in ihrem dichten, dunklen Haar verfingen. Jetzt, da sie fort von der direkten Gefahr waren, erlaubte er es ihr und sich, dass sie für einige Herzschläge beieinander standen, inmitten der Ruhe, der sie umgebenden Natur.
Und niemand, außer der sachte Wind, der sie beide umschmeichelte, war Zeuge des kurzen Moments der Intimität. Unentwegt sah Naheniel ihr dabei in ihre Augen, die vielleicht immer noch versuchten, seine Absichten zu durchschauen.
Aber mittlerweile war der Widerstand, den Syndra ihm hin und wieder dachte entgegenbringen zu dürfen, geringer geworden. Sich seines Besitzes aber trotzdem versichernd und sie ebenfalls daran erinnernd, dass sie ihm gehörte und er dies, wenn nötig, in aller Deutlichkeit nochmals unterstreichen würde, legte er seine zweite Hand an ihren Hüftknochen und zog ihr Becken an sich.
"Wenn Du Dich an das hältst, was ich sage, werden sie Dich nicht finden." Fest vergruben sich seine Finger nicht nur in den Stoff ihrer Robe, sondern auch in ihre Haut. "Drücke ich mich verständlich genug aus?"
Naheniel bemerkte, wie Syndra trotz der unmissverständlichen Anweisung, die er aussprach, ruhig einatmete. Für einen unscheinbaren Moment spiegelte sich allerdings ein verräterischer, dennoch sanfter Schimmer in ihren Augen, als er sie mit seiner Nähe unausweichlich, fast bedrohlich, an ihn band.
"Ich habe mich auch in dem Gästezimmer in der Taverne an deine Regeln gehalten."
Ihre Stimme war beschwichtigend, begleitet vom Heben ihrer Hand, was einen vorsichtigen Versuch bildete, seine Wange zu berühren. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er wachsam jede ihrer Regungen, unterbrach den Versuch ihrer Berührung allerdings nicht.
"Hast Du das wirklich?"
In aller Ruhe lösten seine Finger sich aus ihren Haaren, wanderten nach vorn zu ihrem Gesicht, streiften es, wie eine täuschend zarte Liebkosung und strichen über ihren Mund, nur um sich dann den Weg über ihre Kehle zu suchen und dort innezuhalten.
Er spürte ihren Puls und das Blut, das durch ihre Adern rauschte. Mit einem diebischen Lächeln auf den Lippen fuhren seine Fingerspitzen mit ihrer Wanderung fort, bis sie die vordere Schnürung ihrer Robe erreichten und diese lösten.
Genüsslich glitt sein Blick an ihr hinab, bis zu jener Stelle, die durch das Öffnen ihrer Robe freigegeben wurde und dadurch sah, wie ihr Herz unter seiner Hand schlug und das Leben spürte, das er kontrollieren konnte.
Nachdem die Schnürung fast schon zu leicht nachgegeben hatte, ließ er seine Berührung noch ein wenig länger als wirklich notwendig auf ihrer warmen Haut verweilen und wirken, fühlte ihren regelmäßigen Atem, wie auch die Lust, die in ihm langsam aber vehement aufstieg.
Jetzt, da sie so nah war, hätte es nur einer schnellen Bewegung bedurft, um ihr das Gewand über die Schultern zu ziehen. Zu schade, dass sie dafür nicht hier waren, zumindest nicht zu dieser Stunde.
Trotzdem genoss er es, ihr leichtes Zittern unter seinen tänzelnden Fingern zu spüren, das an ihrem Körper aufstieg und sich gleich darauf in eine Anspannung verwandelte. Das gefiel ihm, denn für ihn war es ein stilles Zugeständnis der Macht, die er bereits besaß.
Als würde er sie für ihre Reaktion auf ihn belohnen wollen, fing er deshalb ihren Blick ein und schenkte ihr allein mit seinem warmen Atem die Andeutung eines Kusses auf ihre Handinnenfläche, bevor er mit dem Kopf zur Seite deutete.
"Hinter dem Stein steht ein Korb. Zieh an, was Du darin findest."
Während all dies geschah, blieb sein Schatten, den er im Gästezimmer der Taverne entsandt hatte, um der Frau zu folgen, die den Brief überbrachte, ihr dicht auf den Fersen. Lautlos schmiegte er sich auf den Boden und blieb bei ihr, als wäre er ihr eigener.
Es war fast schon zu unbedarft, wie sie sich dorthin zurückbegeben hatte, woher sie gekommen war, als gäbe es nichts, was sie zu befürchten hatte. Oder war es viel eher genauso kalkuliert und somit eine weitere Provokation?
Wie auch immer die Antwort ausfiel, Naheniels Schatten würde nicht zurückkehren. Nicht, bevor er etwas gefunden hatte, das seinem Meister wirklich dienlich war.
Er war nicht dumm, natürlich war das plötzliche Auftauchen der Frau vor der Tür kein Zufall.
Sie wurden beobachtet, dessen war er sich sicher und es war nur weiterer Beweis dafür, dass Adrian Syndra aufgespürt hatte und sich seinen Einfluss zu Nutze machte, um ihm genau das vor Augen zu führen.
Das war tatsächlich in gewisser Weise überraschend, denn Naheniel hatte nicht damit gerechnet, dass sein "Freund" sich zu solch einer Provokation hinreißen ließ. Man sollte meinen, er hätte genug damit zu tun, seine Trauer zu bewältigen und darauf zu warten, seine Tochter in die Arme zu schließen. Offenbar nicht.
Nachdenklich neigte er seinen Kopf zur Seite und betrachtete Syndra, die ihm weiterhin das Papier entgegen hielt. Nur das leichte Beben seiner Nasenflügel sollte ihr verraten, wie wenig begeistert er von dem Umschwung der Situation war, die eigentlich in seinen und nicht in Adrians Händen liegen sollte.
Finsternis floss daraufhin aus seinen Fingern, als er nach dem Pergament griff und es, ohne einen Blick auf jenes zu werfen, von einer tiefen Schwärze verbrennen ließ.
"Er setzt das Spiel tatsächlich fort. Wie unüberlegt."
Ohne zu zögern oder unnötige Worte zu verlieren, packte er Syndra harsch am Oberarm und zog sie zum Bett. Dort nahm er mit der anderen Hand ihre Tasche und hielt seinen Blick fest auf sie gerichtet. Weiterhin behielt er sie in seinem eisernen Griff, natürlich ohne die Absicht, sie loszulassen, obwohl er spürte, wie sie im Moment seiner Berührung kurz zusammenzuckte.
Gut, sie schien die stumme Botschaft, die er ihr durch den kurzen, aber präzise gesetzten Schmerz übermittelte, zu verstehen.
"Wir gehen. Wenn Dir etwas fehlt, werde ich es für Dich besorgen." Zeit für Trägheit, lange Überlegungen oder Erklärungen wäre pure Verschwendung. Die Gefahr war zu nah, lauerte förmlich auf Syndra, jederzeit dazu bereit zuzuschlagen.
Zu nah war das, womit man ihm schaden und zu nah war das, was ihn empfindlich treffen konnte. Denn er spürte und hörte es ganz deutlich, das Flüstern, das von den Schatten zu ihm getragen wurde und für ihn bestimmt zu sein schien.
Mit einem gewissen Zorn über das, was ihm zu entgleiten drohte, zog er die Frau noch näher an sich, lockerte aber, wenn auch nur geringfügig, den Griff seiner Hand, als sein Blick auf ihren traf. "Wohin?"
Es war das erstickte Flüstern ihrer Stimme, das nun kaum mehr hier, aber auch noch nicht dort war, als die Dunkelheit begann, langsam an ihren Körpern emporzuwachsen und er daraufhin wortlos mit der Hand über ihren Rücken strich, um ihren Körper fest an seinen drückte.
Unter seiner Hand fühlte er die Anspannung, die von ihr ausging, was dazu führte, dass ein Lächeln seine Lippen streifte. Es gefiel ihm sichtlich, wie sie ihm auf diese Weise seine Kontrolle über sie bezeugte.
Kalt war die Finsternis, die sie umgab, während sein Arm sich wärmend und behütend um sie legte und er nahezu lautlos mit ihr durch das Zwielicht wanderte, jedoch ohne dabei wirklich einen Schritt hinter den anderen zu setzen.
Alles war vertraut, als wären sie nicht mehr, als ein aneinander gedrängtes Paar und doch war es nichts davon. Es war keine Reise, kein Abenteuer und kein gemeinsamer Neuanfang. Es war seine Art, ihr Sicherheit und Geborgenheit zu geben.
Doch die Kälte des Dunkels, die Syndra umgab, und die nahezu erstickende Wärme seines Arms, mit dem er sie festhielt, waren weit entfernt von einer Geborgenheit, sondern genauer betrachtet war es nur eine weitere Form der Gefangenschaft.
Als die Schatten wieder in sich zusammenfielen, schimmerte zunächst vage, dann klarer ein Steinkreis durch die letzten Schlieren, der tief in einem Wald lag, fernab von der Zivilisation und unerwünschten Besuchern. Besuchern, die Naheniel nicht in Syndras Nähe duldete.
"Hierhin." Beantwortete er erst jetzt mit samtiger Stimme ihre Frage nach dem Ziel. Es dauerte eine Weile, bis die Umgebung feste Formen annahm und sie sich orientieren konnte.
Er gab ihr die nötige Zeit, nach der Wanderschaft durch das oft reißende Zwielicht zur Ruhe zu kommen, während das leise Rascheln der Blätter und das verne Zwitschern der Vögel ihr zumindest ein wenig Halt und Bindung suggerieren sollten.
"Hierhin?" Syndras Frage war kaum mehr als ein Hauch und er beobachtete sie eingehend dabei, wie sie mit ihren umher wandernden Augen versuchte zu erkennen und mit ihren Sinnen zu verstehen, wohin er sie gebracht hatte. "Wo sind wir?"
Natürlich genoss er es, dass sie nicht nur seiner Laune, sondern auch seinen Antworten mehr oder weniger ausgeliefert war. Mit Absicht und Berechnung hatte Naheniel eine Abhängigkeit geschaffen, aus der sie sich kaum würde lösen können.
Trotzdem entließ er sie vorerst aus seinem Arm, damit sie sich frei bewegen und umsehen konnte, jedoch wich sein Blick zu keinem Zeitpunkt von ihr. Gemächlich trat er einen Schritt zurück, um sich entspannt gegen einen der großen Steine zu lehnen. Ihre Tasche stellte er neben sich ab und verschränkteseine Arme vor der Brust.
"Es wäre sicherer, wenn Du nicht weißt, wo Du bist. Wir haben ja gesehen, was passieren kann."
Es war der Funke eines Tadels, der in seinen Worten mitschwang, als er die Frau vor sich weiterhin musterte.
"Aber ich gehe davon aus, dass die Neugier Dich irgendwann unvorsichtig machen wird und Du es, selbst wenn die Bewohner dieses Waldes schweigen, versuchst auf Deine Weise herauszufinden."
Für einen Moment hielt Naheniel inne, fasste nach ihr einzig mit seinen Augen, löste dann seine Arme und deutete ihr mit einem knappen Zucken von Zeige- und Mittelfinger, wieder zu ihm zurückzukommen.
"Habe ich recht?"
Er bemerkte ihr kühles, fast unmerkliches Lächeln, das für den Bruchteil einer Sekunde ihre Lippen umspielte. Ein Lächeln, das eher Resignation war als Freude, denn es erreichte ihre Augen nicht.
"Wäre es nicht sinnvoll zu wissen, wo ich mich verlaufen kann? Zu wissen, wie nah oder fern Gefahren lauern?"
Fragte sie ihn, während sie auf ihn zutrat und er geduldig wartend seine Hand nach ihr ausstreckte. "Oder hast du Bedenken, dass ich weglaufe?"
Amüsiert hoben sich seine Mundwinkel auf ihre Bemerkung und er wartete darauf, dass ihre Hände sich berührten.
"Wer sagt, dass Du überhaupt irgendwohin laufen darfst?"
Die Wärme seiner Haut kitzelte sanft auf ihrer Handfläche, als er mit seinen Fingerspitzen über diese strich. "Ich werde Dir früh genug sagen, wo Du bist. Davor muss ich Dich auf deinen, nennen wir es Aufenthalt, vorbereiten. Wir wollen schließlich vermieden, dass das Ganze hier zu einer erneuten Flucht führt." In seiner Stimme lag der Hauch einer Mahnung und einer Unzufriedenheit, als wäre Syndra nicht ganz unschuldig an dem eiligen Aufbruch.
Plötzlich fuhr sein Arm nach oben und er legte seine Hand auf ihren Hinterkopf, um sie an sich zu ziehen. Unerwartet war es eine zarte Berührung, als er ihren Kopf streichelte und seine Finger sich in ihrem dichten, dunklen Haar verfingen. Jetzt, da sie fort von der direkten Gefahr waren, erlaubte er es ihr und sich, dass sie für einige Herzschläge beieinander standen, inmitten der Ruhe, der sie umgebenden Natur.
Und niemand, außer der sachte Wind, der sie beide umschmeichelte, war Zeuge des kurzen Moments der Intimität. Unentwegt sah Naheniel ihr dabei in ihre Augen, die vielleicht immer noch versuchten, seine Absichten zu durchschauen.
Aber mittlerweile war der Widerstand, den Syndra ihm hin und wieder dachte entgegenbringen zu dürfen, geringer geworden. Sich seines Besitzes aber trotzdem versichernd und sie ebenfalls daran erinnernd, dass sie ihm gehörte und er dies, wenn nötig, in aller Deutlichkeit nochmals unterstreichen würde, legte er seine zweite Hand an ihren Hüftknochen und zog ihr Becken an sich.
"Wenn Du Dich an das hältst, was ich sage, werden sie Dich nicht finden." Fest vergruben sich seine Finger nicht nur in den Stoff ihrer Robe, sondern auch in ihre Haut. "Drücke ich mich verständlich genug aus?"
Naheniel bemerkte, wie Syndra trotz der unmissverständlichen Anweisung, die er aussprach, ruhig einatmete. Für einen unscheinbaren Moment spiegelte sich allerdings ein verräterischer, dennoch sanfter Schimmer in ihren Augen, als er sie mit seiner Nähe unausweichlich, fast bedrohlich, an ihn band.
"Ich habe mich auch in dem Gästezimmer in der Taverne an deine Regeln gehalten."
Ihre Stimme war beschwichtigend, begleitet vom Heben ihrer Hand, was einen vorsichtigen Versuch bildete, seine Wange zu berühren. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete er wachsam jede ihrer Regungen, unterbrach den Versuch ihrer Berührung allerdings nicht.
"Hast Du das wirklich?"
In aller Ruhe lösten seine Finger sich aus ihren Haaren, wanderten nach vorn zu ihrem Gesicht, streiften es, wie eine täuschend zarte Liebkosung und strichen über ihren Mund, nur um sich dann den Weg über ihre Kehle zu suchen und dort innezuhalten.
Er spürte ihren Puls und das Blut, das durch ihre Adern rauschte. Mit einem diebischen Lächeln auf den Lippen fuhren seine Fingerspitzen mit ihrer Wanderung fort, bis sie die vordere Schnürung ihrer Robe erreichten und diese lösten.
Genüsslich glitt sein Blick an ihr hinab, bis zu jener Stelle, die durch das Öffnen ihrer Robe freigegeben wurde und dadurch sah, wie ihr Herz unter seiner Hand schlug und das Leben spürte, das er kontrollieren konnte.
Nachdem die Schnürung fast schon zu leicht nachgegeben hatte, ließ er seine Berührung noch ein wenig länger als wirklich notwendig auf ihrer warmen Haut verweilen und wirken, fühlte ihren regelmäßigen Atem, wie auch die Lust, die in ihm langsam aber vehement aufstieg.
Jetzt, da sie so nah war, hätte es nur einer schnellen Bewegung bedurft, um ihr das Gewand über die Schultern zu ziehen. Zu schade, dass sie dafür nicht hier waren, zumindest nicht zu dieser Stunde.
Trotzdem genoss er es, ihr leichtes Zittern unter seinen tänzelnden Fingern zu spüren, das an ihrem Körper aufstieg und sich gleich darauf in eine Anspannung verwandelte. Das gefiel ihm, denn für ihn war es ein stilles Zugeständnis der Macht, die er bereits besaß.
Als würde er sie für ihre Reaktion auf ihn belohnen wollen, fing er deshalb ihren Blick ein und schenkte ihr allein mit seinem warmen Atem die Andeutung eines Kusses auf ihre Handinnenfläche, bevor er mit dem Kopf zur Seite deutete.
"Hinter dem Stein steht ein Korb. Zieh an, was Du darin findest."
Während all dies geschah, blieb sein Schatten, den er im Gästezimmer der Taverne entsandt hatte, um der Frau zu folgen, die den Brief überbrachte, ihr dicht auf den Fersen. Lautlos schmiegte er sich auf den Boden und blieb bei ihr, als wäre er ihr eigener.
Es war fast schon zu unbedarft, wie sie sich dorthin zurückbegeben hatte, woher sie gekommen war, als gäbe es nichts, was sie zu befürchten hatte. Oder war es viel eher genauso kalkuliert und somit eine weitere Provokation?
Wie auch immer die Antwort ausfiel, Naheniels Schatten würde nicht zurückkehren. Nicht, bevor er etwas gefunden hatte, das seinem Meister wirklich dienlich war.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?

Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?

Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
- -Freya-
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#1552
Flucht....
Hinter dem Fallgitter umfing sie die Finsternis. Eine Dunkelheit, die alles verschlang. Ein schmaler Korridor, in den sie eintauchten, durchweht von einem warmen Lufthauch, der vermutlich in das Heiligtum führte. Statt eines feuchten oder muffigen Gestanks, den man inmitten des schmalen Gangs vermuten mochte, schwebte über allem der Hauch von Jasmin in der Luft. Ein Duft, der Freya zusammenzucken ließ und gleichzeitig ihren Herzschlag erhöhte.
~Du kennst seinen Namen~
„Der Prinz wird dich finden“, murmelte Haya, wobei ihre Stimme ein flehendes Drängen von Vernunft und Einsicht beschrieb, während sie durch den Gang schlichen. Vermutlich hatte sie recht, möglicherweise gab es kein Entkommen. Weder vor ihm noch dem Schöpfer. Aber was dann? Wenn er sie fand, war sie ohnehin verloren – oder Schlimmeres drohte. Gnade würde sie nicht erfahren, schließlich hielt man sie im Palast bereits für eine Hexe. Vielleicht sogar der Prinz selbst, und das, was sein Interesse geweckt hatte und ihn fesselte, war möglicherweise dasselbe, das auch Naheniel begehrte. Freunde konnten schnell zu Feinden werden, wenn Menschen auf ihren eigenen Vorteil bedacht waren.
~Sie alle belügen dich und nennen es Schutz.~
Sie hatte den Spiegelmacher getötet und nun auch die hohe Dame. Unerbittlich loderten die Bilder vor ihrem inneren Auge auf. Immer wieder. Eine Mahnung, eine Erinnerung an ihre Tat. Immer wieder sah sie das Blut vor sich. Ob sie die Lider senkte oder nicht, es färbte ihre Sicht in einen roten Schleier, während das Symbol, das sie erblickt hatte, unaufhörlich vor ihrem Geist aufflackerte, gefolgt von dem stechenden Blau seiner Augen.
~Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, an dem sie das in Dir sehen, was ich in Dir sehe.~
Freyas Hand schnellte nach Haya, umklammerte ihren Arm, während die andere die Scherbe fest umschloss. Eine drohende Geste, doch heimlich auch nach Halt suchend. Sie durfte sie hier nicht im Dunkel verlieren und erst recht nicht erlauben, einen falschen Laut von sich zu geben.
„Das wird er nicht.“ Ganz gewiss würde sie ihr Schicksal nicht in seinen Händen legen. Nein, sie musste entkommen, denn nun hatte Yasin einen berechtigten Grund, sie vor aller Welt wie eine reife Frucht auszupressen und den letzten Funken einer ihr noch unbekannten Kraft aus ihr herauszuquetschen, wenn er es wollte. Er konnte alles verlangen und hatte sie in der Hand.
„Draußen lauert nur der Tod. Die Sonne und der Sand – …“ Freya spürte das Beben in Hayas Körper. Die Furcht vor dem Zorn des Prinzen, den Haya so sehr schätzte, war spürbar, ebenso wie jene Bedenken, mit denen Haya sie bekehren wollte, das für sie einzig richtige zu tun. Doch gleichzeitig schien sie Angst davor zu haben, dass Freya ihr das gleiche Schicksal angedeihen könnte wie der toten Frau. Verflixt, sie hatte aber doch keine Wahl. Nicht, wenn sie je einen Weg nach Hause finden wollte. Die Frau im Spiegel, sie, die ihr so gleich schien und doch anders. Sie hatte Adrian erwähnt. Adrian hatte ihr damals von Orten hier erzählt. Er wusste, all das war keine Einbildung gewesen. Nein, sie musste nach der Frau suchen, um Adrian zu finden. Es gab nur diesen einen Weg und die Zeit schien ihr davonzulaufen.
~Ich werde sie alle zerstören.~
~Sie dürfen dich nicht finden. Wir müssen verhindern, dass sie dich finden.~
~Du gehörst hier her. Du bleibst bei ihm.~
~Sie dürfen dich nicht finden. Wir müssen verhindern, dass sie dich finden.~
~Du gehörst hier her. Du bleibst bei ihm.~
Entschlossen flüsterte Freya leise: „Nicht, wenn du mich hinausführst. Sonst sind wir beide dem Untergang geweiht.“
Bei Ogrimar, was hatte sie nur getan? Flackerndes Licht schimmerte durch schmale Ritzen und Nischen, während ein rhythmischer Klang durch die Mauern hallte und näherkam.
„Still“, zischte Freya, als sie durch die Wände Schritte widerhallen hörte. Ein Gleichschritt, der lauter wurde, gefolgt von Stimmen. Hastig legte sie einen Finger warnend an die Lippen. Man hatte die hohe Dame sicherlich gefunden, und man suchte nicht nur nach dem Täter, sondern womöglich auch bereits nach ihr. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass jemand in ihren Gemächern nachgesehen und dort Ardyn entdeckt hatte. Sie konnte nicht bleiben, weder mit einer Lüge noch mit einer Wahrheit. Nicht mit dem was sie gesehen hatte.
Vollkommen still lehnte Freya sich an die steinerne Mauer und schloss die Augen, während sie die Schritte zählte, die so gleichmäßig an ihr vorbeizogen. So nah, dass sie fürchtete, jeden Moment könnte eine Schwertspitze auf sie deuten. Den Atem anhaltend lauschte das Mädchen ihrem hämmernden Herzschlag in der Dunkelheit, bis die Geräusche auf den Gängen verhallten, während immer wieder die leeren Augen Ardyns und jene der hohen Dame sie verfolgten. Blicke, von denen sie sich losreißen musste, um nicht wie gelähmt auf ihren Richter zu warten.
~Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst. Bist es immer noch Du?~
Die Stimmen wurden leiser, aber ihr Tonfall war aufgebracht gewesen, doch mit jedem Atemzug entfernten sie sich weiter, sodass Freya tief durchatmete.
„Prinz hat sie gerufen.“ Haya zögerte. Freya konnte spüren, wie ihre Hände zitterten, doch durfte sie sich nicht von dieser Angst einfangen lassen. Erst recht nicht, da es ihr eigentlich bewusst war, dass es nur eine Frage von Augenblicken gewesen war, bis jemand über die Toten stolpern würde. Nein, sie durften keine Zeit verlieren. „Dann müssen wir uns beeilen. Los!“
Freyas Blick folgte Hayas dunkler Silhouette, die sie in eine Abzweigung führte, in der das Zwielicht es kaum erlaubte die Hand vor Augen zu erkennen. Sie würden sicherlich unmittelbar den Palast abriegeln und daraufhin möglicherweise auch die Stadt. Das konnte sie nicht sagen, aber sie ging davon aus, dass der Herrscher der Wüste Wege und Mittel besaß, um sie zu finden. Je näher sie war, desto einfacher war es sicherlich für ihn.
~Du und alles was Du bist gehört mir, mir allein.~
Ungesehen schüttelte Freya leicht mit dem Kopf. Nein, sie gehörte niemandem. Weder dem Prinzen noch dem Schöpfer. Keinem würde sie erlauben, sie erneut in einen Käfig zu sperren, selbst wenn er aus purem Gold gefertigt war und eine Kapitulation oder ein Aufgeben sich so leicht anfühlen mochte.
Die Gänge wurden schmaler und der Blütenduft wich immer mehr dem Geruch von feuchten Stein. Eigentlich ungewöhnlich in der Wüste, aber in Anbetracht der vielen kleinen Wasserläufe, mit denen Yasin seinen Reichtum demonstrierte, auch nicht vollkommen unwahrscheinlich.
„Wohin will sie fliehen?“ flüsterte Haya. Ein Wispern, das dennoch das Beben in ihrer Stimme nicht verbergen konnte. Die Sicht wurde geringer, aber dennoch konnte sie die Anspannung unter ihren Fingern spüren. Die Muskeln der Dienerin, die unruhig bebten, als hätte sie wahrhaftig Angst vor ihr. Gut so. Womöglich.
Dunkelheit glitt in Finsternis über, doch Haya schien den Weg dennoch zu kennen. Verschlungene Gänge, denen die Dienerin folgte, während die Wände zu beiden Seiten grober und steiniger wurden und kaum noch ein spärliches Licht durch irgendwelche Ritzen trat.
„Das ist egal. Sag mir, was weißt du vom Anfang und Ende der Welt. Was bedeutet das?“ Freyas Stimme war leise, doch von einer Forderung durchzogen, die keinen Widerspruch duldete. Ein Tonfall unter dem sie ein leichtes Zucken spüren konnte, das Haya durchfuhr. Für einige Herzschläge herrschte ein Schweigen. Eine absolute Stille, in der Freya zunehmend das aufgebrachte Schlagen ihres Herzens hören konnte, während die Zweifel immer lauter wurden, ob Haya ihr antworten würde oder sie im nächsten Moment verraten würde oder in einen Abgrund führte.
„Es gibt viele Geschichten. Anfang und Ende der Welt sind verborgen.“, flüsterte sie. Ein Durchbrechen der Ruhe, das Freya in ihrer Anspannung ein wenig erleichterte. „Ein dunkler Ort, wo alles seinen Ursprung nahm, von dem man sagt, die Geschichte des Schöpfers wurzelt dort und die Wüste sei dort aus seinem Blut geboren. Roter Sand aus dem die erste Oase wuchs in welcher der erste Wüstenherrscher stammt. Niemand kennt diesen Ort, niemand hat ihn je gefunden. Alle, die ihn suchten, kehrten nie zurück. Man sagt, der Schöpfer habe alle in den Abgrund gestoßen, und die Dunkelheit hat sie verschlungen.“ Die Warnung in den Worten der Dienerin entging ihr nicht, doch was hatte sie nun noch zu verlieren?
„Wie findet man diesen Ort?“ fragte Freya leise, aber ebenso bestimmt. Wenn es Geschichten gab und andere diesen Ort bereits gesucht hatten, dann musste es einen Hinweis geben, dem die Suchenden gefolgt waren. Einen Wegweiser, dem auch sie folgen konnte. Die erste Oase.
„Anfang und Ende der Welt sind eine Legende. Niemand weiß, wo er ist. Er ist eine Legende. Es heißt, der Schöpfer habe dort etwas verborgen, das niemand finden darf. Alles was du finden wirst, ist daher der Tod.“ Ehrfürchtig und zugleich von Furcht durchdrungen antwortete Haya ihr leise, doch bei weitem nicht zufriedenstellend. Gab es einen unsichtbaren Pfad durch die Wüste?
Nachdenklich schwiegt Freya, während ihre Schritte leise auf dem staubigen Sand verhallten. Die Gänge mündeten in einer engen Gasse, wo der Nachtwind durch die schmalen Spalten pfiff und sich mit den Geräuschen der Stadt vermischte und dabei den roten Staub der Wüste bis in die Enge Seitennische drängte.
Offenbar mussten sie noch einen Teil der Stadt durchkreuzen. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. So viel Strecke, auf denen Haya nur ein Wort brauchen würde, um sie ins Verderben zu treiben. Es konnte nicht mehr lange dauern bis unter Umständen die Stadt selbst vor Wachen wimmelte. Aber sie musste weg und das ohne weitere Zeit zu verlieren. Entschlossen sah Freya der Dienerin in die Augen. „Erspar mir die Warnungen. Meine Frage lautet wie.“

Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
- Naheniel
- Geschichtenschreiber / Geschichtenschreiberin
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#1553
Naheniel hatte sich für das, was kommen würde, vorbereitet, kaum dass er Syndra in das Gästezimmer der Taverne gebracht hatte. Nicht noch einmal würde er zulassen, dass Adrian seiner Nordfrau auf irgendeine Weise zu nah kam. Die Spuren, die er bei ihr hinterlassen hatte, waren Beweis genug für seines einstigen Weggefährten Reichweite und sein erneutes, sehr deutliches Wirken war eine weitere Provokation, die Naheniel nicht weiter akzeptieren würde.
Während Syndra den Korb inspizierte, nutzte er deshalb die Zeit, die letzten Minuten noch einmal zu durchdenken und jeden seiner Schritte zu rekapitulieren. Es musste eine Lücke geben, ein Moment der Unachtsamkeit, wo er dem Treiben um sich nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Doch er fand nichts.
Natürlich war auch sie ein Faktor, den er zu bedenken hatte. Konnte er ihr wirklich so vertrauen, wie sie es immer wieder einforderte? Oder nicht?
Nachdenklich strich er sich über sein Kinn und seine Lippen. Er musste zugeben, er war leichtsinniger geworden, seit sie in sein Leben getreten war. Bisher waren die Frauen, die er sich nahm, die er nutzte, nichts als praktische Marionetten. Eine wie die andere. Syndra jedoch war anders. Noch aber verstand nicht ganz, auf welche Weise.
Umso mehr galt es jedoch für ihn, sie von Adrian fernzuhalten.
Früher hatten sie alles brüderlich geteilt: den Whiskey, den Kampf, die Frauen. Diese Frau aber gehörte nur ihm allein, gleich, ob er ihr Vertrauen schenken konnte oder nicht.
Sein Blick fiel unmittelbar auf Syndra, als sie gerade die Robe von ihren Schultern gleiten ließ und dann geschmeidig und lautlos im Schatten des großen Steins, hinter dem das von ihm vorbereitete Gewand lag, verschwand, um danach zu greifen.
"Warum diese Verkleidung?" Sie klang ruhig, doch in ihren Worten schwang ein Hauch von Skepsis mit. Obwohl sie ihm nicht mehr vollständig zu erkennen war, entwich ihm bei diesem Anblick ein leises Raunen.
Er kniff die Augen zusammen und biss sich lustvoll auf die Unterlippe, da er daran denken musste, wie die helle Haut, die sie ihm für einen, nach seiner Meinung viel zu kurzen Moment, ungeschützt präsentierte, sich unter seinen forschenden Händen anfühlte.
"Warum? Du legst ab, wer du bist. Wer jemand anderes ist, wird nicht gesucht. Nicht nur Deine Kleidung, auch Dein Name."
Als sie das neue Kleidungsstück über ihren Kopf gleiten ließ und ihr Haar mühelos über den Rückenausschnitt hob, sog er die kühle Waldluft sich selbst mahnend ein und schloss für einige Sekunden seine Augen.
Dann aber gab er seine Zurückhaltung auf und stand mit wenigen, weiten Schritten plötzlich hinter ihr. "Du wirst nur sprechen, wenn es notwendig ist. Und wenn Du etwas zu sagen hast, wird es so wenig wie möglich sein." Süß, schmeichelnd, warm, jedoch gleichzeitig befehlend, schmiegte sich seine Stimme an ihr Ohr und sein Körper dicht an ihren Rücken.
Kaum merklich strichen seine Finger, seine Worte sanft begleitend, ihre Wirbelsäule hinauf, glitt über ihre Schulter nach vorn, um sich dann auf die Höhe ihrer Brust zu legen, genau dort, wo sie eben noch die Schnürung schließen wollte.
Naheniel spürte den leichten Widerstand unter seiner Hand als er sie berührte, ein Zucken, das nicht ganz Abwehr war, aber eben auch nicht die Hingabe, die er sich zumeist erwartete. Das war aber genau das Faszinierende an Syndra: Sie war nicht wie die anderen.
Kein Spielzeug, wie einst tituliert.
Kein hübsch zurechtgemachtes Püppchen, das zu leicht zu brechen war.
Etwas lebte in ihr und loderte auf, wie brennendes Eis. Er wollte es und sie zähmen, doch niemals vollständig unter seiner Kontrolle ersticken. Das war es, was ihn reizte, ihn an sie fesselte und ob sie es wollte oder nicht, war für ihn irrelevant.
Als er seine Lippen näher an ihr Ohr presste, klang seine Stimme nun tiefer und rauer, während er sie mit geschickten Fingern bewog, fortzufahren, und ihr dabei half, das neue Kleidungsstück zu verschnüren.
"Für die, mit denen Du sprechen musst, wirst Du Svala sein. Ich habe diesen Namen für Dich ausgewählt, da er zu Dir passt. Er bedeutet: 'die Kühle'."
Ob ihr das recht war, dass er nicht nur über ihren Aufenthaltsort, sondern auch über ihre Persönlichkeit bestimmte, war ihm egal. Schließlich tat er es nur, um sie vor Adrian und vielleicht sogar vor ihr selbst zu beschützen. Natürlich stand es ihr frei, sich zu beschweren, allerdings, so hoffte er für sie, hatte sie mittlerweile gelernt, wie wenig er es schätzte, wenn sie gegen ihn, seine Worte und seine Entscheidungen aufbegehrte.
"Außerdem nehme ich Deinen Schatten mit mir. Wenn Adrian diesen sucht, kann er ihn hier, bei Dir, nicht finden." Naheniel spürte deutlich, wie ihr Atem kurz innehielt, nur damit sich dann ihr Brustkorb unter seiner Hand wieder zu heben und zu senken begann. Mit einem diebischen Lächeln, das unter seinem hellen Bart ein Grübchen hervorzauberte, zog er ein letztes Mal fest an den Bändern, die die Robe festigten.
"Du wirst tun, was ich Dir sage, nicht wahr?" Dass dies keine Frage war, sollte Syndra vollkommen klar sein. Aber er mochte diese Momente, die Spannung zwischen ihnen, wenn er die Grenze suchte, bis zu der sie gehen würde.
Als Antwort wiederholte sie zunächst nur leise den Namen, den Naheniel ihr gegeben hatte.
"Svala." Es klang, als würde sie ihn prüfen, abwägen und ihn sich einverleiben. Kurz darauf drehte Syndra den Kopf zur Seite und suchte nach seinem Blick, nur um dann ihre Wimpern zu senken.
Es war ihr unmissverständliches Zeichen, dass sie das, was er forderte, verstanden hatte. Doch nach wie vor trugen ihre Augen, als sie wieder zu ihm aufsah, diesen kühlen, ungebrochenen Schimmer. "Das Mädchen ohne Schatten. Und du glaubst, niemandem fällt es auf, wenn mein Schatten fehlt?"
Zufrieden, dass sie verstand, worauf es ankam, strich er nun sanfter mit seiner Hand über ihren Arm bis hinunter zu ihrem Handgelenk, um jenes fest, aber nicht unangenehm, zu umschließen.
"Der Name klingt schön, wenn Du ihn aussprichst."
Momente vergingen, in denen sein Blick auf ihr ruhte und er ihr Gesicht mit seinen Augen zärtlich berührte, es förmlich an jeder Stelle liebkoste, ohne dafür seine Lippen zu gebrauchen. Während er sie weiterhin festhielt, streckte er seinen anderen Arm an ihr vorbei und griff hinein in das Nichts. Doch war dort mehr als Nichts.
Es waren die Schemen ihres Schatten, der im tanzenden Licht geworfen wurde. Mit seinen Fingern fasste er in diesen hinein, hielt ihn fest und zog ihn an sich.
Ein Schatten empfindet keine Schmerzen, kann nicht schreien oder einen Laut von sich geben. Und doch zuckte er sichtbar, als er seiner Besitzerin entrissen wurde, damit Naheniel ihn an sich nehmen konnte.
"Nun weißt Du, warum Dir das 'Laufen', wohin auch immer, nicht besonders nützlich sein wird." Langsam hob er ihre Hand, die er mit seiner festhielt, auf die Höhe seines Gesichts und zeigte ihr, wo sie ihn anfassen durfte, bis ihre Finger seine Lippen berührten und er diese mit vollkommener Sanftheit küsste.
"Außerdem bist Du klug. Wenn sie fragen, wirst Du bestimmt wissen, was Du zu erzählen hast. Svala." Es berauschte ihn, ihren neuen Namen auszusprechen, denn dieser Rausch, war viel mehr als nur körperliche Begierde. Es war ein Moment der absoluten und unumstößlichen Kontrolle, die er besaß.
Ohne ihr aber mehr von sich zu geben, senkte er ihre Hand und wendete sich einem der Wege zu, die von dem Steinkreis fortführten. "Dort oben ist eine einfache Hütte, in der Du wohnen wirst. Sie denken, dass Du eine jener ziellosen Seelen bist, die auf der Suche nach schamanischem Wissen ist und von der Natur lernen möchte."
Sacht verschränkten seine Finger sich in ihre und einige Schritte begleitete er sie, jedoch nicht mehr weit. Niemand sollte ihn sehen, denn ihr Kommen hatte er nur mit einem formlosen Pergament bei einem der Druiden angekündigt.
Obwohl das Schicksal, welches er für sie gewählt hatte, schwer wog, folgte sie ihm mit leichten Schritten, doch blieb trotzdem ein nachdenklicher Ausdruck, den ihre Züge beschrieben, während die feinen Schatten, die von den Bäumen geworfen wurden, über ihre Haut tanzten.
"Und da ich davon keine Ahnung habe, werde ich vermutlich schweigen?" Ihre Stimme war immer noch leise und blieb auch weiterhin ohne die sonst für sie so markante Herausforderung.
"Wie lange soll das gehen, Naheniel?"
"Es liegt allein an Dir, wie lange Du bleiben kannst oder musst. Dein Agieren wird über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Sollte es zu Letzterem kommen", er bremste seinen Schritt und zog sie mit einem festen und unnachgiebigen Ruck an sich heran, so dass die Warnung in seinen Worten, wie auch jene in seinen Augen, sich schwer auf sie legte. Gleichzeitig verfestigte sich sein Griff zwischen ihren Fingern, diesmal nicht zart, sondern schmerzhaft und daran erinnernd, was sie bereits von ihm erleben durfte und ihr auch aufzeigend, dass dies noch längst nicht alles war, was er ohne Skrupel bereit war zu tun, "werde ich nicht zufrieden sein.
Glaub mir, das möchtest Du nicht.
Frag also nicht mehr nach dem 'wie lange', sondern konzentriere Dich darauf, was Du beitragen kannst, damit sich dieser Ausrutscher in der Taverne nicht wiederholt." Unbarmherzig hielt er sie in seinem Griff, zeigte dann jedoch ein sanftes Lächeln und strich ihr mit seiner Hand eine Strähne aus dem Gesicht, nur um kurz darauf nach vorne zu beugen, um auf ihrer Stirn einen Kuss zu hinterlassen.
"Und jetzt geh, eine noch spätere Ankunft erweckt ungewollte Aufmerksamkeit." Verabschiedend strich er eine ihrer dunklen Strähnen aus dem hübschen Gesicht, in dem er schon lange sehr viel mehr sah als nur eine Frau von vielen.
"Keine Angst, ich achte gut auf Deinen Schatten. Und auf Dich."
Seine Stimme senkte sich zu einem kaum hörbaren Flüstern und trotzdem blieb jedes Wort ein Versprechen oder eben eine Drohung.
Es hing ganz davon ab, wie sie es hören wollte.
Während Syndra den Korb inspizierte, nutzte er deshalb die Zeit, die letzten Minuten noch einmal zu durchdenken und jeden seiner Schritte zu rekapitulieren. Es musste eine Lücke geben, ein Moment der Unachtsamkeit, wo er dem Treiben um sich nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Doch er fand nichts.
Natürlich war auch sie ein Faktor, den er zu bedenken hatte. Konnte er ihr wirklich so vertrauen, wie sie es immer wieder einforderte? Oder nicht?
Nachdenklich strich er sich über sein Kinn und seine Lippen. Er musste zugeben, er war leichtsinniger geworden, seit sie in sein Leben getreten war. Bisher waren die Frauen, die er sich nahm, die er nutzte, nichts als praktische Marionetten. Eine wie die andere. Syndra jedoch war anders. Noch aber verstand nicht ganz, auf welche Weise.
Umso mehr galt es jedoch für ihn, sie von Adrian fernzuhalten.
Früher hatten sie alles brüderlich geteilt: den Whiskey, den Kampf, die Frauen. Diese Frau aber gehörte nur ihm allein, gleich, ob er ihr Vertrauen schenken konnte oder nicht.
Sein Blick fiel unmittelbar auf Syndra, als sie gerade die Robe von ihren Schultern gleiten ließ und dann geschmeidig und lautlos im Schatten des großen Steins, hinter dem das von ihm vorbereitete Gewand lag, verschwand, um danach zu greifen.
"Warum diese Verkleidung?" Sie klang ruhig, doch in ihren Worten schwang ein Hauch von Skepsis mit. Obwohl sie ihm nicht mehr vollständig zu erkennen war, entwich ihm bei diesem Anblick ein leises Raunen.
Er kniff die Augen zusammen und biss sich lustvoll auf die Unterlippe, da er daran denken musste, wie die helle Haut, die sie ihm für einen, nach seiner Meinung viel zu kurzen Moment, ungeschützt präsentierte, sich unter seinen forschenden Händen anfühlte.
"Warum? Du legst ab, wer du bist. Wer jemand anderes ist, wird nicht gesucht. Nicht nur Deine Kleidung, auch Dein Name."
Als sie das neue Kleidungsstück über ihren Kopf gleiten ließ und ihr Haar mühelos über den Rückenausschnitt hob, sog er die kühle Waldluft sich selbst mahnend ein und schloss für einige Sekunden seine Augen.
Dann aber gab er seine Zurückhaltung auf und stand mit wenigen, weiten Schritten plötzlich hinter ihr. "Du wirst nur sprechen, wenn es notwendig ist. Und wenn Du etwas zu sagen hast, wird es so wenig wie möglich sein." Süß, schmeichelnd, warm, jedoch gleichzeitig befehlend, schmiegte sich seine Stimme an ihr Ohr und sein Körper dicht an ihren Rücken.
Kaum merklich strichen seine Finger, seine Worte sanft begleitend, ihre Wirbelsäule hinauf, glitt über ihre Schulter nach vorn, um sich dann auf die Höhe ihrer Brust zu legen, genau dort, wo sie eben noch die Schnürung schließen wollte.
Naheniel spürte den leichten Widerstand unter seiner Hand als er sie berührte, ein Zucken, das nicht ganz Abwehr war, aber eben auch nicht die Hingabe, die er sich zumeist erwartete. Das war aber genau das Faszinierende an Syndra: Sie war nicht wie die anderen.
Kein Spielzeug, wie einst tituliert.
Kein hübsch zurechtgemachtes Püppchen, das zu leicht zu brechen war.
Etwas lebte in ihr und loderte auf, wie brennendes Eis. Er wollte es und sie zähmen, doch niemals vollständig unter seiner Kontrolle ersticken. Das war es, was ihn reizte, ihn an sie fesselte und ob sie es wollte oder nicht, war für ihn irrelevant.
Als er seine Lippen näher an ihr Ohr presste, klang seine Stimme nun tiefer und rauer, während er sie mit geschickten Fingern bewog, fortzufahren, und ihr dabei half, das neue Kleidungsstück zu verschnüren.
"Für die, mit denen Du sprechen musst, wirst Du Svala sein. Ich habe diesen Namen für Dich ausgewählt, da er zu Dir passt. Er bedeutet: 'die Kühle'."
Ob ihr das recht war, dass er nicht nur über ihren Aufenthaltsort, sondern auch über ihre Persönlichkeit bestimmte, war ihm egal. Schließlich tat er es nur, um sie vor Adrian und vielleicht sogar vor ihr selbst zu beschützen. Natürlich stand es ihr frei, sich zu beschweren, allerdings, so hoffte er für sie, hatte sie mittlerweile gelernt, wie wenig er es schätzte, wenn sie gegen ihn, seine Worte und seine Entscheidungen aufbegehrte.
"Außerdem nehme ich Deinen Schatten mit mir. Wenn Adrian diesen sucht, kann er ihn hier, bei Dir, nicht finden." Naheniel spürte deutlich, wie ihr Atem kurz innehielt, nur damit sich dann ihr Brustkorb unter seiner Hand wieder zu heben und zu senken begann. Mit einem diebischen Lächeln, das unter seinem hellen Bart ein Grübchen hervorzauberte, zog er ein letztes Mal fest an den Bändern, die die Robe festigten.
"Du wirst tun, was ich Dir sage, nicht wahr?" Dass dies keine Frage war, sollte Syndra vollkommen klar sein. Aber er mochte diese Momente, die Spannung zwischen ihnen, wenn er die Grenze suchte, bis zu der sie gehen würde.
Als Antwort wiederholte sie zunächst nur leise den Namen, den Naheniel ihr gegeben hatte.
"Svala." Es klang, als würde sie ihn prüfen, abwägen und ihn sich einverleiben. Kurz darauf drehte Syndra den Kopf zur Seite und suchte nach seinem Blick, nur um dann ihre Wimpern zu senken.
Es war ihr unmissverständliches Zeichen, dass sie das, was er forderte, verstanden hatte. Doch nach wie vor trugen ihre Augen, als sie wieder zu ihm aufsah, diesen kühlen, ungebrochenen Schimmer. "Das Mädchen ohne Schatten. Und du glaubst, niemandem fällt es auf, wenn mein Schatten fehlt?"
Zufrieden, dass sie verstand, worauf es ankam, strich er nun sanfter mit seiner Hand über ihren Arm bis hinunter zu ihrem Handgelenk, um jenes fest, aber nicht unangenehm, zu umschließen.
"Der Name klingt schön, wenn Du ihn aussprichst."
Momente vergingen, in denen sein Blick auf ihr ruhte und er ihr Gesicht mit seinen Augen zärtlich berührte, es förmlich an jeder Stelle liebkoste, ohne dafür seine Lippen zu gebrauchen. Während er sie weiterhin festhielt, streckte er seinen anderen Arm an ihr vorbei und griff hinein in das Nichts. Doch war dort mehr als Nichts.
Es waren die Schemen ihres Schatten, der im tanzenden Licht geworfen wurde. Mit seinen Fingern fasste er in diesen hinein, hielt ihn fest und zog ihn an sich.
Ein Schatten empfindet keine Schmerzen, kann nicht schreien oder einen Laut von sich geben. Und doch zuckte er sichtbar, als er seiner Besitzerin entrissen wurde, damit Naheniel ihn an sich nehmen konnte.
"Nun weißt Du, warum Dir das 'Laufen', wohin auch immer, nicht besonders nützlich sein wird." Langsam hob er ihre Hand, die er mit seiner festhielt, auf die Höhe seines Gesichts und zeigte ihr, wo sie ihn anfassen durfte, bis ihre Finger seine Lippen berührten und er diese mit vollkommener Sanftheit küsste.
"Außerdem bist Du klug. Wenn sie fragen, wirst Du bestimmt wissen, was Du zu erzählen hast. Svala." Es berauschte ihn, ihren neuen Namen auszusprechen, denn dieser Rausch, war viel mehr als nur körperliche Begierde. Es war ein Moment der absoluten und unumstößlichen Kontrolle, die er besaß.
Ohne ihr aber mehr von sich zu geben, senkte er ihre Hand und wendete sich einem der Wege zu, die von dem Steinkreis fortführten. "Dort oben ist eine einfache Hütte, in der Du wohnen wirst. Sie denken, dass Du eine jener ziellosen Seelen bist, die auf der Suche nach schamanischem Wissen ist und von der Natur lernen möchte."
Sacht verschränkten seine Finger sich in ihre und einige Schritte begleitete er sie, jedoch nicht mehr weit. Niemand sollte ihn sehen, denn ihr Kommen hatte er nur mit einem formlosen Pergament bei einem der Druiden angekündigt.
Obwohl das Schicksal, welches er für sie gewählt hatte, schwer wog, folgte sie ihm mit leichten Schritten, doch blieb trotzdem ein nachdenklicher Ausdruck, den ihre Züge beschrieben, während die feinen Schatten, die von den Bäumen geworfen wurden, über ihre Haut tanzten.
"Und da ich davon keine Ahnung habe, werde ich vermutlich schweigen?" Ihre Stimme war immer noch leise und blieb auch weiterhin ohne die sonst für sie so markante Herausforderung.
"Wie lange soll das gehen, Naheniel?"
"Es liegt allein an Dir, wie lange Du bleiben kannst oder musst. Dein Agieren wird über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Sollte es zu Letzterem kommen", er bremste seinen Schritt und zog sie mit einem festen und unnachgiebigen Ruck an sich heran, so dass die Warnung in seinen Worten, wie auch jene in seinen Augen, sich schwer auf sie legte. Gleichzeitig verfestigte sich sein Griff zwischen ihren Fingern, diesmal nicht zart, sondern schmerzhaft und daran erinnernd, was sie bereits von ihm erleben durfte und ihr auch aufzeigend, dass dies noch längst nicht alles war, was er ohne Skrupel bereit war zu tun, "werde ich nicht zufrieden sein.
Glaub mir, das möchtest Du nicht.
Frag also nicht mehr nach dem 'wie lange', sondern konzentriere Dich darauf, was Du beitragen kannst, damit sich dieser Ausrutscher in der Taverne nicht wiederholt." Unbarmherzig hielt er sie in seinem Griff, zeigte dann jedoch ein sanftes Lächeln und strich ihr mit seiner Hand eine Strähne aus dem Gesicht, nur um kurz darauf nach vorne zu beugen, um auf ihrer Stirn einen Kuss zu hinterlassen.
"Und jetzt geh, eine noch spätere Ankunft erweckt ungewollte Aufmerksamkeit." Verabschiedend strich er eine ihrer dunklen Strähnen aus dem hübschen Gesicht, in dem er schon lange sehr viel mehr sah als nur eine Frau von vielen.
"Keine Angst, ich achte gut auf Deinen Schatten. Und auf Dich."
Seine Stimme senkte sich zu einem kaum hörbaren Flüstern und trotzdem blieb jedes Wort ein Versprechen oder eben eine Drohung.
Es hing ganz davon ab, wie sie es hören wollte.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?

Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?

Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir?
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
- -Freya-
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#1554
Flucht....
„Meine Frage lautet – wie?“ Freyas Stimme schnitt durch die Stille der schattigen Gasse, in der sie am verborgenen Ausgang des Tunnels standen, umgeben von dem kühlen Schatten der Häuser, die den schmalen Weg säumten. Die Luft roch nach trockenem Lehm und schwachem Rauch, vermischt mit Gerüchen von Gewürzen, welche von dem schwülwarmen Wind in der trockenen Hitze getragen wurden.
Haya zögerte, während ihre Augen nervös flackerten und ihre Hände unruhig im Halbdunkel des schmalen Gangs zitterten. „Man sagt das Auge des Wächters weist den Weg. Doch der Stern zeigt sich nur nachts“
„Es ist eine Legende. Nur eine Geschichte. Niemand, nicht einmal der Prinz, hat diesen Ort je gefunden. Alle die nach ihm suchten sind tot, verloren. Man sagt, der Schöpfer habe das Licht einer Frau daran gebunden, die nicht von dieser Welt ist. Er band ihre Seele an den Stern, doch jede Nacht entzündet sie ein Licht ...“ murmelte Haya, deren Augen ängstlich geweitet waren und Lippen bebten.
„Kehre um, bitte um Gnade. Der Prinz ist gerecht. Wir könnten sagen, es war ein Unglück. Die Kaiserin wird Fürsprache halten und ich sage, ich habe gesehen, dass die Hohe Frau sie bedroht hat.“, flüsterte sie, ihre Stimme ein bebendes Drängen.
Freyas Blick bohrte sich in Haya. Ihre Geduld schwand, während gleichzeitig die Furcht wuchs, dass Haya sie verraten könnte. Sie trat näher, ihre Hand schoss vor, umklammerte Hayas Arm mit einem Griff, der sowohl Drohung als auch Verzweiflung war.
„Sei still“, zischte sie. Ihre Augen flammten auf, ein strahlendes Gold, das Hayas geweitete Pupillen widerspiegelte, die sie in panischem Entsetzen anstarrten. Die lichte Magie erwachte in Freyas Adern, ohne dass sie etwas dafür tat geschweige denn, dass sie es nicht einmal wahrnahm oder gar bewusst lenkte. Freya wollte Antworten. Sie brauchte sie – schnell und egal zu welchem Preis. Ein Instinkt, ein Impuls, der ein goldenes Glühen unter ihrer Haut pulsieren ließ, welches wie flüssiges Feuer wirkte.
„Du sollst mir sagen, wie ich ihn finde!“ Freyas Stimme wuchs in ihrer eigenen Panik zu einem fordernden Flüstern. Eine gefährliche Mahnung, während die Magie sich entlud. Ein blendender Strom aus Licht, der wie ein Sonnenstrahl die Schatten der Gasse zerriss. Goldene Fäden woben sich um Haya, schlangen sich um ihre Glieder wie glühende Ketten, nicht um zu töten, sondern um zu binden. Hayas Mund öffnete sich zu einem Schrei, doch die Magie verschloss ihre Lippen, ein leuchtender Knebel, der ihre Stimme erstickte. Ihre Augen weiteten sich, während die Fäden ihre Arme und Beine lähmten, sie in eine Starre zwangen. Ohne einen Widerspruch zu dulden, blickte Freya in die glasigen Augen, die sie schmerzerfüllt ansahen, nur, um ihre Frage zu wiederholen „Wo ist der Stern, wie finde ich den Ort?“
„Der Stern ... folge ihm nach Westen“, keuchte Haya, ihre Worte brachen unter dem Druck der Magie hervor. „Durch die Wüste, wo der Sand singt ... dort, wo die Dünen sich teilen ...“
Doch der Schmerz erstickte ihre Worte und ihr Atem wurde flacher. Erschrocken ließ sie Haya los, sodass die Dienerin zitternd zu Boden sank, ihre Augen voller Furcht, unfähig, sich zu rühren oder zu sprechen, während das goldene Schimmern sich durch ihre Adern fraß. Ihre Haut trug Blasen, als hätte sie ein Feuer von Innen verzehrt, während ihr Atem schleppend ging und sie schmerzerfüllt an der kühlen Wand zusammensackte und ihr Blick immer mehr in eine Leere hineinglitt.
Ein Anblick, bei dem Freya vor Entsetzen kurz auf ihre eigenen Hände sah, bevor sie selbst ihre Augen davor verschloss. Hatte sie das getan?
„Es tut mir leid“, flüsterte Freya. Ihre Stimme bebte, während die Magie noch immer in ihren Händen pulsierte, ein warmes, lebendiges Licht, das Macht und Schmerz vereinte. Nein, sie durfte nicht nachdenken, nicht bereuen, sie musste hier weg. Jede Sekunde war entscheidend. Bei Ogrimar, vielleicht war es auch so das Beste, denn so konnte Haya sie nicht verraten und der Prinz auch nicht zwingen, ihm die Wahrheit zu sagen.
Freya wandte sich ab, ihre Brust fühlte sich wie zugenürt an vor Schuld, doch die Panik trieb sie voran. Sie musste fliehen, bevor die Wachen sie fanden.
Die Gasse war eng, die Lehmwände der Häuser ragten hoch und schief empor, ihre Risse wie Narben im Sonnenlicht. Freya schlich weiter, ihre Schritte leise, doch ihr Herz hämmerte so laut, dass sie fürchtete, es könnte sie verraten. Sie musste hier weg. Schnell, bevor man ihr in die Stadt folgte und möglicherweise auch Haya entdeckte. Eilig zog sie das weite Tuch enger um sich und hüllte sich darin ein, um mit den Schatten der Stadt zu verschmelzen und wie eine der vielen Gestalten zu wirken, die durch die Straßen hasteten.
Die Straßen hingegen waren lebendig. Überall streiften Menschen umher, unterhielten sich, kosteten Früchte oder trieben Handel. Freya hielt den Kopf gesenkt, ihre Augen suchten die Schatten ab, während sie sich durch die Menge schob. Einige Händler beluden Karren oder verstauten Stoffballen auf den Rücken eines Kamels. Das Klappern von Holz und das Murmeln von Stimmen erfüllten die Luft. Der Geruch von Gewürzen, abgestandenem Öl und dem Staub, den der Wind aufwirbelte, lag schwer über der Stadt, als Wachen, die in Zweiergruppen patrouillierten, an ihr vorbeischritten.
Freya hielt den Atem an, doch die beiden schritten an ihr vorbei, als sei sie eine von vielen und schenkten ihr nicht mehr Beachtung als all den anderen Menschen auf der Straße.
In ihrem Inneren bebte Freya, ein Zittern, das sie fast zerriss. Ihre Hände zitterten, ihre Brust fühlte sich an, als würde sie von einer unsichtbaren Faust zerquetscht. Der Prinz würde sie finden. Er hatte sie so lange beobachtet und das nicht ohne Grund. Es war sicherlich ein Kinderspiel für ihn, selbst in diesem Getümmel.
Sie musste so schnell wie möglich hier weg, weit fort aus seiner Reichweite. Eine Distanz schaffen zu ihm. Es gab keinen Weg zurück. Sie musste die Frau aus dem Spiegel finden, bevor man sie fand oder der Ausgang zerstört wurde.
Ungewollt beschleunigte sich ihr Atem bei all den Gedanken. Sie würden sie steinigen, köpfen. Nein, sie durfte sich keine Angst erlauben. Eilig schloss sie die Augen, nur um im nächsten Moment die Wärme des Windes auf ihrer Haut zu spüren. Das Aufblitzen von blauen Augen, das sie hinter ihren verschlossenen Lidern sah, während das Flüstern des Windes wie eine Stimme an ihrem Ohr erklang. „Ich werde Dich finden.“
Benommen stützte Freya sich an einer Hauswand ab. Es war wie ein Schwindel, der sie überkam, bevor Freya bewusst wurde, dass der Boden plötzlich unter ihren Füßen vibrierte. Ein leises Grollen, das die Erde erschütterte. Krüge stürzten von Karren und das Bersten von Tonkrügen und -töpfen hallte durch die Gasse, während einige Passanten innehielten. Nicht nur sie war ins Wanken geraten. Die Blicke der Menschen sahen verwirrt umher, teilweise zum Boden gerichtet, als könnte ihr Stillstand das Beben stoppen. Freya taumelte weiter, ihre Hand griff nach einer Mauer, um sich abzustützen, während das Raunen der Erde erneut anschwoll, ein tiefes Dröhnen, das ihre Knochen erzittern ließ. War er das? Yasin oder Naheniel? Sie lief schneller und zwang sich weiterzugehen, auch wenn ihre Beine unsicher waren.
Immer wieder sah sie sich um. Suchte nach jemandem, der sie verfolgte, suchte nach Händlern oder Karawanen, die möglicherweise zum Ausgang strebten, ihre Augen huschten über die Menge, auf der Suche nach einem Weg aus der Stadt. Schließlich erblickte Freya die Tore. Gewaltige, massive Eisenflügel erhoben sich zwischen den sandsteinfarbenen Mauern, die die Stadt von der Wüste trennten, die sich dahinter wie ein Meer aus tiefem Rot erhob.
Noch immer taumelten die Menschen umher, während die Stimmen immer lauter wurden, als würde jeden Moment eine Panik ausbrechen. Das Blau ihrer Augen fixierte die wandernden Dünen, die wie Wellen vom Wind vorangetrieben wurden.
Die gleißende Hitze und nichts als Sand. Unmöglich konnte sie zu Fuß dadurch. Hektisch holte sie stoßweise nach Luft, ehe sie sich umsah, in der Hoffnung, irgendwo ein Kamel, ein Pferd oder zur Not ein Esel ausfindig zu machen, als ein lautes Wiehern ihren Blick auf ein Gebäude schnellen ließ.
Waren das Stallungen? Schnell eilte Freya auf die offenen Tore, durch die der Geruch nach Heu und Pferden die Luft erfüllte, vermischt mit dem trockenen Staub der Wüste, der in der Kehle kratzte.
Im Schatten der Stallungen griff Freya nach einem Umhang, der über einer halbhohen Boxenwand lag. Weicher, purpurner Stoff, der nach Rosmarin und Leder roch und vermutlich der Reiterin des gesattelten Pferdes, das unter dem Beben nervös herumtänzelte, gehörte. Ohne darüber weiter nachzudenken, warf sie ihn über ihre Schultern, denn wenn sie etwas in letzter Zeit gelernt hatte, dann sicherlich, dass sie ihren Körper in der gleißenden Sonne bedeckt halten musste. „Wir müssen hier weg.“ Flüsterte sie, bevor sie nur kurz ihren Blick schweifen ließ. Ohne Wasser würde sie nicht weit kommen. Das Pferd war gesattelt, aber die Feldflasche und der Wasserschlauch waren so leicht und ganz offenbar leer. „Verdammt!“
Eilig nahm Freya beides in ihre zitternden Hände. Wasser. Ihre Augen suchten erneut nach einem Brunnen oder irgendwas, bis sie eine Wasserpumpe entdeckte, die im inneren war. Vermutlich, um Wasser für die Pferde zu holen. Aber es spielte keine Rolle. Es war Wasser. Freya hastete dorthin, wobei erneut die Erde unter ihr sich zu bewegen begann.
„Ganz ruhig.“ Mahnte sie sich selbst. Nur ein Flüstern, während sie die Flasche öffnete und mit der Pumpe das Wasser aus den Tiefen hervorholte. Hektisch versuchte sie es einzufangen, während Rinnsale über den Boden liefen und sie immer wieder von neuem den Hebel mit aller Kraft bewegte.
Die Stimmen wurden immer lauter. Es war wie eine Warnung. Das Blau ihrer Augen ruhte ungeduldig auf dem halbvollen Wasserschlauch und der gefüllten Flasche. Es musste reichen.
Ohne zu zögern, griff sie die Zügel eines kräftigen Rappen, dessen Muskeln unter dem glänzenden Fell spielten. Fieberhaft versuchte sie die Knoten zu lösen, während das Leder ihr immer wieder aus den Händen glitt. Was hatte sie nur getan? Was würden sie mit ihr machen? Warum wollte sich dieser verfluchte Knoten nicht lösen?
Immer lauter wurde das Getöse, als sie die Zügel endlich in ihren Händen hielt und das nervöse Schnauben des Pferdes die Stille durchbrach. Sacht strich Freya über den Hals des Tieres, um es zu beschwichtigen, auch wenn ihr ganzer Körper innerlich bebte. „Ganz ruhig, ich tue dir nichts.“
Das Pferd wieherte erneut und stampfte unruhig auf der Stelle. Doch bevor der Tumult noch größer wurde, mussten sie durch das noch offene Tor. Vorsichtig führte sie den Rappen aus dem Stall und blickte auf die Menschen, die immer zahlreicher unter dem Zittern der Erde auf die Straßen eilten. Ohne weiter nachzudenken hob Freya sich in den Sattel, ihre Haltung ruhig, doch innerlich angespannt wie eine Bogensehne.
Die Sonne stand noch am Himmel, kein Stern war in Sicht und Ogrimar allein wusste, wo Westen sein mochte. Sie zog den Umhang enger, um die roten Flecken ihrer Tunika zu bedecken, bevor ihre Finger die Zügel umklammerten. Angespannt und in aufrechter Haltung konnte sie die Unruhe des Pferdes unter sich spüren. Immer wieder tänzelte es als wolle es im nächsten Moment ausbrechen.
Behutsam zog sie die Zügel straffer, und lenkte den Rappen auf die eisernen Tore zu hinter denen sie die flirrende Hitze in den Dünen aufsteigen sah. Die Wachen warfen ihr flüchtige Blicke zu, doch ihre Gesichter blieben abgelenkt von den umherlaufenden Einwohnern.
Freyas Herz pochte unter der eigenen unterdrückten Unruhe. Ihr Atem ging flach, doch sie hielt ihren Blick geradeaus und ihre Haltung täuschend gefasst, als sie das Tor passierte.
Beinahe erleichtert senkte sie für einen Atemzug die Wimpern, dass sich niemand ihr entgegenstellte oder aufhielt, bevor im nächsten Moment Glockenschläge hinter ihr erklangen und ihr vor Augen führten, dass sie noch lange nicht außer Gefahr war.
Nein, es gab weder Sicherheit noch eine Pause. Sie mussten Abstand gewinnen. Sanft gab sie mit dem Druck ihrer Schenkel dem Rappen das Signal schneller zu laufen. Ein Kommando, das er ohne Worte verstand, und sein Tempo erhöhte. Seine Hufe donnerten über den sandigen Boden, als sie hinaus in die Wüste galoppierte.
Das goldene Licht der untergehenden Sonne tauchte die Dünen in ein warmes Glühen, doch die Kälte der Nacht kroch bereits heran. Alles wirkte wie ein Albtraum. Einen, den sie kannte. Eine Erinnerung, nur dass am rot gefärbten Horizont eine dunkle Silhouette auf sie wartete und Asche vom Himmel regnete.
Haya zögerte, während ihre Augen nervös flackerten und ihre Hände unruhig im Halbdunkel des schmalen Gangs zitterten. „Man sagt das Auge des Wächters weist den Weg. Doch der Stern zeigt sich nur nachts“
„Es ist eine Legende. Nur eine Geschichte. Niemand, nicht einmal der Prinz, hat diesen Ort je gefunden. Alle die nach ihm suchten sind tot, verloren. Man sagt, der Schöpfer habe das Licht einer Frau daran gebunden, die nicht von dieser Welt ist. Er band ihre Seele an den Stern, doch jede Nacht entzündet sie ein Licht ...“ murmelte Haya, deren Augen ängstlich geweitet waren und Lippen bebten.
„Kehre um, bitte um Gnade. Der Prinz ist gerecht. Wir könnten sagen, es war ein Unglück. Die Kaiserin wird Fürsprache halten und ich sage, ich habe gesehen, dass die Hohe Frau sie bedroht hat.“, flüsterte sie, ihre Stimme ein bebendes Drängen.
Freyas Blick bohrte sich in Haya. Ihre Geduld schwand, während gleichzeitig die Furcht wuchs, dass Haya sie verraten könnte. Sie trat näher, ihre Hand schoss vor, umklammerte Hayas Arm mit einem Griff, der sowohl Drohung als auch Verzweiflung war.
„Sei still“, zischte sie. Ihre Augen flammten auf, ein strahlendes Gold, das Hayas geweitete Pupillen widerspiegelte, die sie in panischem Entsetzen anstarrten. Die lichte Magie erwachte in Freyas Adern, ohne dass sie etwas dafür tat geschweige denn, dass sie es nicht einmal wahrnahm oder gar bewusst lenkte. Freya wollte Antworten. Sie brauchte sie – schnell und egal zu welchem Preis. Ein Instinkt, ein Impuls, der ein goldenes Glühen unter ihrer Haut pulsieren ließ, welches wie flüssiges Feuer wirkte.
„Du sollst mir sagen, wie ich ihn finde!“ Freyas Stimme wuchs in ihrer eigenen Panik zu einem fordernden Flüstern. Eine gefährliche Mahnung, während die Magie sich entlud. Ein blendender Strom aus Licht, der wie ein Sonnenstrahl die Schatten der Gasse zerriss. Goldene Fäden woben sich um Haya, schlangen sich um ihre Glieder wie glühende Ketten, nicht um zu töten, sondern um zu binden. Hayas Mund öffnete sich zu einem Schrei, doch die Magie verschloss ihre Lippen, ein leuchtender Knebel, der ihre Stimme erstickte. Ihre Augen weiteten sich, während die Fäden ihre Arme und Beine lähmten, sie in eine Starre zwangen. Ohne einen Widerspruch zu dulden, blickte Freya in die glasigen Augen, die sie schmerzerfüllt ansahen, nur, um ihre Frage zu wiederholen „Wo ist der Stern, wie finde ich den Ort?“
„Der Stern ... folge ihm nach Westen“, keuchte Haya, ihre Worte brachen unter dem Druck der Magie hervor. „Durch die Wüste, wo der Sand singt ... dort, wo die Dünen sich teilen ...“
Doch der Schmerz erstickte ihre Worte und ihr Atem wurde flacher. Erschrocken ließ sie Haya los, sodass die Dienerin zitternd zu Boden sank, ihre Augen voller Furcht, unfähig, sich zu rühren oder zu sprechen, während das goldene Schimmern sich durch ihre Adern fraß. Ihre Haut trug Blasen, als hätte sie ein Feuer von Innen verzehrt, während ihr Atem schleppend ging und sie schmerzerfüllt an der kühlen Wand zusammensackte und ihr Blick immer mehr in eine Leere hineinglitt.
Ein Anblick, bei dem Freya vor Entsetzen kurz auf ihre eigenen Hände sah, bevor sie selbst ihre Augen davor verschloss. Hatte sie das getan?
„Es tut mir leid“, flüsterte Freya. Ihre Stimme bebte, während die Magie noch immer in ihren Händen pulsierte, ein warmes, lebendiges Licht, das Macht und Schmerz vereinte. Nein, sie durfte nicht nachdenken, nicht bereuen, sie musste hier weg. Jede Sekunde war entscheidend. Bei Ogrimar, vielleicht war es auch so das Beste, denn so konnte Haya sie nicht verraten und der Prinz auch nicht zwingen, ihm die Wahrheit zu sagen.
Freya wandte sich ab, ihre Brust fühlte sich wie zugenürt an vor Schuld, doch die Panik trieb sie voran. Sie musste fliehen, bevor die Wachen sie fanden.
Die Gasse war eng, die Lehmwände der Häuser ragten hoch und schief empor, ihre Risse wie Narben im Sonnenlicht. Freya schlich weiter, ihre Schritte leise, doch ihr Herz hämmerte so laut, dass sie fürchtete, es könnte sie verraten. Sie musste hier weg. Schnell, bevor man ihr in die Stadt folgte und möglicherweise auch Haya entdeckte. Eilig zog sie das weite Tuch enger um sich und hüllte sich darin ein, um mit den Schatten der Stadt zu verschmelzen und wie eine der vielen Gestalten zu wirken, die durch die Straßen hasteten.
Die Straßen hingegen waren lebendig. Überall streiften Menschen umher, unterhielten sich, kosteten Früchte oder trieben Handel. Freya hielt den Kopf gesenkt, ihre Augen suchten die Schatten ab, während sie sich durch die Menge schob. Einige Händler beluden Karren oder verstauten Stoffballen auf den Rücken eines Kamels. Das Klappern von Holz und das Murmeln von Stimmen erfüllten die Luft. Der Geruch von Gewürzen, abgestandenem Öl und dem Staub, den der Wind aufwirbelte, lag schwer über der Stadt, als Wachen, die in Zweiergruppen patrouillierten, an ihr vorbeischritten.
Freya hielt den Atem an, doch die beiden schritten an ihr vorbei, als sei sie eine von vielen und schenkten ihr nicht mehr Beachtung als all den anderen Menschen auf der Straße.
In ihrem Inneren bebte Freya, ein Zittern, das sie fast zerriss. Ihre Hände zitterten, ihre Brust fühlte sich an, als würde sie von einer unsichtbaren Faust zerquetscht. Der Prinz würde sie finden. Er hatte sie so lange beobachtet und das nicht ohne Grund. Es war sicherlich ein Kinderspiel für ihn, selbst in diesem Getümmel.
Sie musste so schnell wie möglich hier weg, weit fort aus seiner Reichweite. Eine Distanz schaffen zu ihm. Es gab keinen Weg zurück. Sie musste die Frau aus dem Spiegel finden, bevor man sie fand oder der Ausgang zerstört wurde.
Ungewollt beschleunigte sich ihr Atem bei all den Gedanken. Sie würden sie steinigen, köpfen. Nein, sie durfte sich keine Angst erlauben. Eilig schloss sie die Augen, nur um im nächsten Moment die Wärme des Windes auf ihrer Haut zu spüren. Das Aufblitzen von blauen Augen, das sie hinter ihren verschlossenen Lidern sah, während das Flüstern des Windes wie eine Stimme an ihrem Ohr erklang. „Ich werde Dich finden.“
Benommen stützte Freya sich an einer Hauswand ab. Es war wie ein Schwindel, der sie überkam, bevor Freya bewusst wurde, dass der Boden plötzlich unter ihren Füßen vibrierte. Ein leises Grollen, das die Erde erschütterte. Krüge stürzten von Karren und das Bersten von Tonkrügen und -töpfen hallte durch die Gasse, während einige Passanten innehielten. Nicht nur sie war ins Wanken geraten. Die Blicke der Menschen sahen verwirrt umher, teilweise zum Boden gerichtet, als könnte ihr Stillstand das Beben stoppen. Freya taumelte weiter, ihre Hand griff nach einer Mauer, um sich abzustützen, während das Raunen der Erde erneut anschwoll, ein tiefes Dröhnen, das ihre Knochen erzittern ließ. War er das? Yasin oder Naheniel? Sie lief schneller und zwang sich weiterzugehen, auch wenn ihre Beine unsicher waren.
Immer wieder sah sie sich um. Suchte nach jemandem, der sie verfolgte, suchte nach Händlern oder Karawanen, die möglicherweise zum Ausgang strebten, ihre Augen huschten über die Menge, auf der Suche nach einem Weg aus der Stadt. Schließlich erblickte Freya die Tore. Gewaltige, massive Eisenflügel erhoben sich zwischen den sandsteinfarbenen Mauern, die die Stadt von der Wüste trennten, die sich dahinter wie ein Meer aus tiefem Rot erhob.
Noch immer taumelten die Menschen umher, während die Stimmen immer lauter wurden, als würde jeden Moment eine Panik ausbrechen. Das Blau ihrer Augen fixierte die wandernden Dünen, die wie Wellen vom Wind vorangetrieben wurden.
Die gleißende Hitze und nichts als Sand. Unmöglich konnte sie zu Fuß dadurch. Hektisch holte sie stoßweise nach Luft, ehe sie sich umsah, in der Hoffnung, irgendwo ein Kamel, ein Pferd oder zur Not ein Esel ausfindig zu machen, als ein lautes Wiehern ihren Blick auf ein Gebäude schnellen ließ.
Waren das Stallungen? Schnell eilte Freya auf die offenen Tore, durch die der Geruch nach Heu und Pferden die Luft erfüllte, vermischt mit dem trockenen Staub der Wüste, der in der Kehle kratzte.
Im Schatten der Stallungen griff Freya nach einem Umhang, der über einer halbhohen Boxenwand lag. Weicher, purpurner Stoff, der nach Rosmarin und Leder roch und vermutlich der Reiterin des gesattelten Pferdes, das unter dem Beben nervös herumtänzelte, gehörte. Ohne darüber weiter nachzudenken, warf sie ihn über ihre Schultern, denn wenn sie etwas in letzter Zeit gelernt hatte, dann sicherlich, dass sie ihren Körper in der gleißenden Sonne bedeckt halten musste. „Wir müssen hier weg.“ Flüsterte sie, bevor sie nur kurz ihren Blick schweifen ließ. Ohne Wasser würde sie nicht weit kommen. Das Pferd war gesattelt, aber die Feldflasche und der Wasserschlauch waren so leicht und ganz offenbar leer. „Verdammt!“
Eilig nahm Freya beides in ihre zitternden Hände. Wasser. Ihre Augen suchten erneut nach einem Brunnen oder irgendwas, bis sie eine Wasserpumpe entdeckte, die im inneren war. Vermutlich, um Wasser für die Pferde zu holen. Aber es spielte keine Rolle. Es war Wasser. Freya hastete dorthin, wobei erneut die Erde unter ihr sich zu bewegen begann.
„Ganz ruhig.“ Mahnte sie sich selbst. Nur ein Flüstern, während sie die Flasche öffnete und mit der Pumpe das Wasser aus den Tiefen hervorholte. Hektisch versuchte sie es einzufangen, während Rinnsale über den Boden liefen und sie immer wieder von neuem den Hebel mit aller Kraft bewegte.
Die Stimmen wurden immer lauter. Es war wie eine Warnung. Das Blau ihrer Augen ruhte ungeduldig auf dem halbvollen Wasserschlauch und der gefüllten Flasche. Es musste reichen.
Ohne zu zögern, griff sie die Zügel eines kräftigen Rappen, dessen Muskeln unter dem glänzenden Fell spielten. Fieberhaft versuchte sie die Knoten zu lösen, während das Leder ihr immer wieder aus den Händen glitt. Was hatte sie nur getan? Was würden sie mit ihr machen? Warum wollte sich dieser verfluchte Knoten nicht lösen?
Immer lauter wurde das Getöse, als sie die Zügel endlich in ihren Händen hielt und das nervöse Schnauben des Pferdes die Stille durchbrach. Sacht strich Freya über den Hals des Tieres, um es zu beschwichtigen, auch wenn ihr ganzer Körper innerlich bebte. „Ganz ruhig, ich tue dir nichts.“
Das Pferd wieherte erneut und stampfte unruhig auf der Stelle. Doch bevor der Tumult noch größer wurde, mussten sie durch das noch offene Tor. Vorsichtig führte sie den Rappen aus dem Stall und blickte auf die Menschen, die immer zahlreicher unter dem Zittern der Erde auf die Straßen eilten. Ohne weiter nachzudenken hob Freya sich in den Sattel, ihre Haltung ruhig, doch innerlich angespannt wie eine Bogensehne.
Die Sonne stand noch am Himmel, kein Stern war in Sicht und Ogrimar allein wusste, wo Westen sein mochte. Sie zog den Umhang enger, um die roten Flecken ihrer Tunika zu bedecken, bevor ihre Finger die Zügel umklammerten. Angespannt und in aufrechter Haltung konnte sie die Unruhe des Pferdes unter sich spüren. Immer wieder tänzelte es als wolle es im nächsten Moment ausbrechen.
Behutsam zog sie die Zügel straffer, und lenkte den Rappen auf die eisernen Tore zu hinter denen sie die flirrende Hitze in den Dünen aufsteigen sah. Die Wachen warfen ihr flüchtige Blicke zu, doch ihre Gesichter blieben abgelenkt von den umherlaufenden Einwohnern.
Freyas Herz pochte unter der eigenen unterdrückten Unruhe. Ihr Atem ging flach, doch sie hielt ihren Blick geradeaus und ihre Haltung täuschend gefasst, als sie das Tor passierte.
Beinahe erleichtert senkte sie für einen Atemzug die Wimpern, dass sich niemand ihr entgegenstellte oder aufhielt, bevor im nächsten Moment Glockenschläge hinter ihr erklangen und ihr vor Augen führten, dass sie noch lange nicht außer Gefahr war.
Nein, es gab weder Sicherheit noch eine Pause. Sie mussten Abstand gewinnen. Sanft gab sie mit dem Druck ihrer Schenkel dem Rappen das Signal schneller zu laufen. Ein Kommando, das er ohne Worte verstand, und sein Tempo erhöhte. Seine Hufe donnerten über den sandigen Boden, als sie hinaus in die Wüste galoppierte.
Das goldene Licht der untergehenden Sonne tauchte die Dünen in ein warmes Glühen, doch die Kälte der Nacht kroch bereits heran. Alles wirkte wie ein Albtraum. Einen, den sie kannte. Eine Erinnerung, nur dass am rot gefärbten Horizont eine dunkle Silhouette auf sie wartete und Asche vom Himmel regnete.
Du fühlst es in dir. Die Verbundenheit. Die Wahrheit - du kennst sie bereits.
„Warum läufst du weg vor mir, Freya?“ Leise und dennoch ohne einen Zweifel an seinen Worten hörte sie seine Stimme.
Ein einnehmendes Flüstern, das zugleich eine abschätzige Erheiterung in sich trug, als würde es ihn auf überraschende Weise amüsieren, sie wie Beute vor sich herzutreiben.
Für einen Augenblick, schien das, was in ihren Gedanken aufflammte beinahe greifbar. Die Luft war nahezu erfüllt von seiner Präsenz.
Eine Aura, die sie spüren konnte, während der Duft von Zedernholz und Kardamon von jener getragen wurde,
als er voller Überzeugung und absoluten Bestimmtheit seine Stimme in ihren Gedanken wie eine Mahnung aufflammte.
„Es ist sinnlos. Du kannst fliehen.“
„Warum läufst du weg vor mir, Freya?“ Leise und dennoch ohne einen Zweifel an seinen Worten hörte sie seine Stimme.
Ein einnehmendes Flüstern, das zugleich eine abschätzige Erheiterung in sich trug, als würde es ihn auf überraschende Weise amüsieren, sie wie Beute vor sich herzutreiben.
Für einen Augenblick, schien das, was in ihren Gedanken aufflammte beinahe greifbar. Die Luft war nahezu erfüllt von seiner Präsenz.
Eine Aura, die sie spüren konnte, während der Duft von Zedernholz und Kardamon von jener getragen wurde,
als er voller Überzeugung und absoluten Bestimmtheit seine Stimme in ihren Gedanken wie eine Mahnung aufflammte.
„Es ist sinnlos. Du kannst fliehen.“
Staub wirbelte auf, während Freyas Blick den Horizont absuchte, wo der Stern des Wächters bald erscheinen würde. Ihre Entschlossenheit brannte in ihr zusammen mit einer unbeschreiblichen Furcht, die sie durchströmte. Eine Angst, die wie die Glocken hinter ihr widerhallten, sie heimsuchte im Flüstern des Windes und zugleich wie ein pulsierendes Licht in ihren Adern schlug.
Zweifel durfte sie sich nicht erlauben. Angst jedoch schon, und das nicht einmal vor dem Prinzen. Nein, sie musste ihn fürchten - den Schöpfer. Es gab kein Entrinnen vor ihm und womöglich nur einen Weg, um zu entkommen. Sie musste ihn finden - den Anfang und das Ende.

Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
- Liadan Al Saher
- Schmied / Schmiedin
- Beiträge: 51
- Registriert: So 25. Jul 2021, 20:15
#1555
Liadan fühlte sich nicht halb so gefasst, wie sie sich nach außen hin präsentierte, als sie mit erhobenem Kopf durch die Gänge des Palasts eilte. Wobei eilen nicht ganz korrekt war. Sie ging so schnell sie konnte, tat das aber mit gemäßigtem Schritt. Immer noch schmeckte sie die Galle in ihrem Mund und die Nachwirkungen von Naheniels Einfluss waren weiterhin spürbar, auch wenn er nicht mehr länger in ihrem Kopf war. Das was er da mit ihr machen konnte, war ziemlich beschissen. Es war eine Form von Einflussnahme, gegen die sie nichts zu entgegen hatte. Wenn ihre drei Tanten früher versuchten, ihr irgendwas aufzudrücken, hatte sie sich davonstehlen können. Bei Naheniel sagte ihr ein sehr lauter Überlebensinstinkt, dass es äußerst blöd wäre, das auch nur in Erwägung zu ziehen. Was das aber auf lange Sicht für sie bedeutete, mochte sie sich gerade erstmal nicht ausmalen.
Jetzt galt es aber sowieso, dem was er wollte zu gehorchen. Warum auch immer er sie gerufen hatte, sie musste dorthin wo er war. Es war seltsam, aber irgendeine leise Stimme in ihr sagte ihr genau, wo sie ihn finden würde und ein nicht zu ignorierender Drang zwang sie dazu, so schnell es ihr möglich war, genau dorthin zu gelangen. Was aber nichts daran veränderte, dass sie gerade im Palast des Prinzen war und dort nicht einfach so, als wäre nichts, mit ihrem gesamten Gefolge hinaus spazieren konnte. Das würde die diplomatische Arbeit völlig zerstören. Klar, es könnte ihr egal sein, wollte sie schließlich niemals eine Kaiserin sein, aber so viel Kaiserblut war dann doch in ihr, um zu wissen, dass ein derartiger Aufbruch wahrscheinlich die nächste Vollkatastrophe auslösen würde. Sie musste sich den guten Kontakt, den sie zu dem Prinzen aufgebaut hatte, unbedingt aufrecht halten. Vor allem im Hinblick darauf, dass Freya hier war und Liadan sich, koste es was es wolle, den Zugang zu ihr weiterhin sichern musste.
Als sie das nach ihrem Geschmack viel zu pompöse Zimmer erreichte, entledigte sie sich erstmal der mit ihrem Mageninhalt verschmutzten Robe und suchte aus einer großen Kiste, die am Fußende des Bettes stand, ein bis zu den Knien reichende Leinenhose und ein weites, längeres, kurzärmliges Hemd heraus. Um dieses band sie unter der Brust ein Band, verknotete es und machte sich gleich darauf, ihre Haare wieder zu irgendwas ansehnlichen richten.
Nachdenklich auf der Lippe kauend und daraufhin die ganze angestaute Luft auspustend betrachtete sie sich in einem der Spiegel in ihrem Raum. Wie eine Prinzessin, oder eben Kaiserin sah sie wirklich nicht aus. Aber das sollte sie auch nicht. Im Gegenteil. Je weniger auffällig sie war, desto schneller konnte sie aus dem Palast gelangen. Wenn sie gerade etwas wirklich nicht gebrauchen konnte, waren es gefühlt 100 Leute, die sie ansprachen und doch noch was wollten. Kurz schloss sie die Augen, zählte stumm bis zehn und verließ das Gemach so schnell wieder, wie sie hereingekommen war.
Ihr Weg führte sie schnurstracks zu dem Kartographen, der sie seit dem Kennenlernen im Palast begleitete. "Hör zu. Ich muss weg. Erstmal kann ich es nicht erklären, aber es hat etwas mit der Sicherheit des Reichs zu tun." Es war schon ein bisschen geflunkert, aber eine richtige Lüge war es trotzdem nicht. Würde sie auf Naheniels Anweisung hin nicht spuren, konnte es gut sein, dass er alles, was da aufgebaut war, ziemlich zum Erschüttern brachte. "Sag dem Prinzen aber, dass ich zurückkehre so schnell ich kann. Es wird nur ein paar Tage dauern, versprochen. Aber verpacke es so, dass es nicht so wirkt, als würde ich seine Gastfreundschaft nicht schätzen."
Liadan seufzte ziemlich tief. Der Prinz war wirklich nett und überaus zuvorkommend. Gar nicht so, wie sie sich ihn ausgemalt hatte. Das kam ihr natürlich zu Gute, da sie ihm kein Kasperltheater aufführen musste, um ihn von sich zu überzeugen. Trotzdem hatte sie die Worte Naheniels nicht vergessen… Also wirst Du als Kaiserin Deine Staatsgeschäfte führen und Dein erstes Ziel ist der Wüstenpalast. Ich will alles von dort wissen, vor allem über denjenigen, der dort regiert. Du wirst tun was notwendig ist, um sein Vertrauen zu gewinnen. Und wenn es bedeutet, dass Du dafür die Beine spreizen musst."
Sie schluckte den unangenehmen Kloß gleich wieder hinunter und schüttelte widerwillig ihren Kopf. In ihrem Leben hatte es immer nur Verlion gegeben und bei der Vorstellung, dass es nicht mehr so sein würde, schauderte es ihr. Aber auch hier galt: Sie würde es tun müssen, wenn es verlangt wurde.
"Ich gehe ohne Begleitung, da ich keine allzu große Aufmerksamkeit erregen möchte." Behutsam legte sie dem Kartograph, der irgendwie sowas wie ein Freund geworden war, seitdem sie die wirkliche Welt verlassen und somit sonst keinen mehr hatte, ihre Hand auf den Unterarm. "Du machst das schon." Mit dem Versuch eines aufmunternden Lächelns, das viel zu schief war, ließ sie ihn zurück.
Komisch. Irgendwie war in dem Palast mittlerweile ein ziemliches Treiben. Wachen schritten umher, viele in eine Richtung, während wieder andere sich mit ernsten Blicken in eine andere Richtung bewegten. Was dieser ganze Aufruhr zu bedeuten hatte, wusste Liadan nicht. Und sie wollte es auch überhaupt nicht herausfinden, sondern war eigentlich viel mehr dankbar darüber, dass sie sich wegen der ganzen Soldaten eigentlich nahezu ungesehen bewegen konnte und Zeit hatte, um sich einen Plan zurechtzulegen. Das war gar nicht so einfach, denn die sengende Hitze, die außerhalb der kühlenden inneren Mauern des Palasts auf sie traf, schlug ein wie eine der Watschen, die sie ab und zu mal von ihren Erziehern oder Tanten kassiert hatte, wenn sie sich mal wieder nicht so kaiserlich verhalten hatte. Erneut musste sie feststellen, dass dieser Teil der Welt nichts für sie war. So nett, höflich und wohlerzogen die Leute auch waren, es war viel zu heiß und zu trocken. Ein warmer Wind, der plötzlich aufkam, und eine Ladung noch wärmeren Sand auf sie legte, zwang sie dazu, sich schützend gegen eine Mauer zu lehnen.
Gerade als sie ihren Kreislauf wieder besser unter Kontrolle zu haben glaubte, begann ein leises Grollen die Erde zu erschüttern. Aus den Gassen, die sich außerhalb der Palastmauern befanden, hörte man das Echo von Krügen, die von den Karten stürzten und das Bersten von Tontöpfen. Die Soldaten, die eben noch durch den Innenhof des Palasts im Gleichschritt gegangen waren, hielten inne und sahen verwirrt umher. Kurz schien es, als würde die Erde es den Wachen gleich tun, doch dann schwoll das Raunen der Erde erneut an, ein tiefes Dröhnen, das durch Mark und Bein ging und die Knochen zum Zittern brachte. Was war das denn nun wieder?
Immer noch gegen die Mauer gelehnt, sah Liadan nach oben in den strahlend blauen Himmel. War es der Schöpfer, der in seiner Ungeduld nun auf seine Weise etwas drängender nach ihr rief?
Gut möglich. Vielleicht war es aber auch etwas ganz anderes. Weder das eine noch das andere fühlten sich in ihren Gedanken auch nur in irgendeiner Form angenehm an, weshalb sie zusah, schnell weiterzugehen, auch wenn die drückende Hitze ihr kaum Luft zum ordentlichen Atmen gab. Aber wenn sie nicht fortkam, konnte sie auch nicht zurückkehren und kehrte sie nicht zurück, gab es keinen, der auf Freya aufpassen konnte. Inständig hoffte Liadan, dass das Mädchen nicht zu viel von dem ganzen Aufruhr mitbekam. Der Zwischenfall bei der Feier war für das Kind schon anstrengend genug gewesen und noch mehr Aufregung konnte sehr schnell dazu führen, dass es zu einem erneuten Ausbruch kam. Nachprüfen konnte die Kaiserin das nicht mehr, dazu war der innere Zwang, zu Naheniel zu gelangen, mittlerweile zu sehr angewachsen. Aber sie glaubte einfach so fest sie konnte daran, dass für Freya irgendwie alles gut war und sie in einer netten Gesellschaft eine Partie Wüstenschach spielte.
Von den Gästen hatte Liadan aufgeschnappt, dass der Prinz Dschinn in einem der Bereiche des Palastes gefangen hielt, die selbst seiner eigenen Familie und seinen engsten Freunden verboten waren. Einen Dschinn selbst hatte sie noch nie gesehen, aber unzählige Geschichten gehört. In dieser Welt musste man davon ausgehen, dass jedes Wesen, von dem erzählt wurde, tatsächlich existierte, ebenso wie jede Geschichte sich so oder so ähnlich ereignet hatte. Daher zweifelte sie keine Sekunde daran, dass es die Dschinns gab. Ihre Hoffnung ruhte darauf, dass die Berichte über ihre Wunscherfüllung der Wahrheit entsprachen. Für sie war es fast schon ein Wink des Schicksals, dass sie überhaupt von den Dschinn des Prinzen erfahren hatte. Es musste einfach so sein. Es war die erste und einzig logische Möglichkeit für Liadan, mit ihrer Hilfe den Palast zu verlassen und schnellstmöglich eines der Portale zu erreichen, die aus dieser Welt führten. Alles andere hätte Tage gedauert, und ein seltsames Gefühl, das sie nicht einordnen konnte, sagte ihr, dass sie nicht so viel Zeit hatte.
Eigentlich hatte sie es sich wesentlich schwieriger vorgestellt, überhaupt in die Nähe dieses verbotenen Areals zu gelangen. Doch der zunehmende Aufruhr im Palast schien immer mehr Soldaten alarmiert zu haben, sodass der Zugang zu dem mittlerweile fast völlig verlassenen Abschnitt fast schon zu einfach war. So oder so, Liadan hätte ihren Weg gefunden; nur weil sie den Bogen nicht mehr trug, hatte sie ihre Fähigkeit, sich leichtfüßig, lautlos und verborgen zu bewegen, nicht vergessen.
Dennoch sah sie sich immer wieder wachsam, aber gleichzeitig fragend um. Was konnte es nur sein, das alle ihre Posten verlassen ließ? So etwas geschah in ihrem Kaiserpalast nur, wenn etwas wirklich Schlimmes wie ein Mord vorgefallen war. Ob sich die Damen im Harem gegenseitig an die Gurgel gegangen waren? Oder ob die Hakennase jemanden aus dem Küchenpersonal umgebracht hatte, weil der Tee zu warm war? Es wäre traurig um das Küchenpersonal, aber vielleicht würde man dafür ja die Hakennase hängen. Verdient hätte sie es, das war mal sicher.
Im Schutz des Schattens, der von den Palmen geworfen wurde, folgte die Kaiserin ihrem Instinkt und fand schon bald eine unscheinbare Treppe, die gut verborgen zwischen vielen hohen Wüstenstauden lag. Es konnte natürlich auch einfach nur irgendeine Treppe sein, aber von dort unten drang ein seltsames Summen nach oben. Leise zwar, aber es war da.
Wenn sie sich schon auf sonst wenig verlassen konnte, hatte ihr Instinkt sie noch nie getäuscht. Und so musste es sich einfach um den Zugang handeln, der in das Gefängnis der Dschinn führte. Aber natürlich, wie sollte es auch anders sein, war dieser verschlossen. Bis hierhin war es ja auch zu leicht gewesen, wieso sollte dieses Glück sich auch fortführen? Die schwere Tür war von einem eisernen Schloss, so dick wie ihr Arm, gesichert.
Ein leises, unheimliches Summen schien aus dem Inneren der Tür zu dringen, ein Geräusch, das sie tief bis in die Knochen spürte. Es war kein mechanisches Geräusch, sondern etwas Lebendiges, Gedämpftes, fast wie ein Klagen oder ein leises Flüstern. Sie konnte sich nicht helfen, aber wieder einmal musste sie für sich feststellen, dass sie einfach nichts damit anfangen konnte, wenn so viel Magisches um sie herum war.
Sich zusammenreißend betrachtete sie das Schloss nochmal genauer, obwohl sie wusste, dass sie es einfach öffnen konnte, auch wenn sie in diesen Dingen ziemlich geschickt war. Wer unfreiwillig in einem Palast lebt, der lernt sehr schnell, was es braucht, um Türen zu öffnen. Das hier war aber nicht nur irgendeine Tür mit irgendeinem Schloss. Es war ganz eindeutig, dass es ungebetene Besucher fernhalten sollte, oder das, was sich hinter der Tür befand, darin halten sollte. Je nachdem.
Sie musste also einen anderen Weg finden. Was man in einem Palast aber auch lernt: Manchmal ist das, was kompliziert und unlösbar aussieht, erschreckend einfach zu bewältigen, da niemand an das Naheliegendste denkt. Liadan tastete die Sandsteinwand neben der Tür ab, suchte nach einem Mechanismus, einem versteckten Hebel oder einer losen Platte. Ihre Finger glitten über die raue Oberfläche, bis sie eine kleine, unscheinbare Vertiefung entdeckte, kaum größer als ihr Daumenabdruck. Sie drückte darauf, und mit einem leisen Klicken, gab die Wand ein Stück nach. Ein schmaler Spalt öffnete sich, gerade breit genug, dass sie sich hindurchzwängen konnte.
Sie atmete tief ein und schlüpfte in das Unbekannte. Der Gang dahinter war in schummrige Dunkelheit getaucht, aber nicht beengend oder schmal. Die Luft wurde kühler und das Summen lauter, schien jetzt von allen Seiten zu kommen und klang wie ein vielstimmiges, unaufhörliches Raunen, das in ihren Ohren dröhnte.
Und plötzlich, wie aus dem Nichts, öffnete sich der Gang zu einer großen, unterirdischen Kammer. Liadan blieb wie angewurzelt am Eingang stehen und ihr Blick wanderte entsetzt durch den Raum. Es war ein riesiger, in den Fels gehauener Kerker, dessen Wände von einer unheimlichen, blauen Aura erleuchtet wurden, deren Ursprung und Bedeutung sie nicht ergründen konnte. Und dann sah sie sie: Die Dschinn.
Mit dicken Eisenketten waren sie an die rohen Felswände gekettet und ihre Erscheinung war wesentlich monströser, als Liadan es sich trotz der zahlreichen Geschichten, die sie kannte, ausgemalt hatte. Ein dunkler, zähflüssiger Rauch umhüllte ihre massigen Körper und aus ihrem Kopf stachen glühende Augen hervor, während ihre Körper eine knisternde Energie abzugeben schienen, die die Luft zum vibrieren brachte. Liadan erkannte, trotz des nur schummrig bläulichen Lichts ihre verzerrten Münder, die entweder stumme Schreie oder schreckliche Sprüche formten, um gegen ihre Gefangenschaft aufzubegehren und ihre Gesichter teilweise zu Fratzen verzogen, die auf diese Weise nur noch boshafter und grausiger wirkten.
Ein tiefes dröhnendes Raunen erfüllte die Kammer, ein Geräusch, das von der unterdrückten Magie und dem unbändigen Zorn, der von diesen Kreaturen ausging, zeugte. Es war ein Grollen, dass sie fast dazu verleitete, rückwärts die Flucht anzutreten. Aber das war nun mal keine Option. Sie war jetzt hier und diese Wesen waren es auch. Nur schade, dass hier der Spruch, den man Kindern gerne mal vermittelte "sie haben mehr Angst vor dir als du vor ihnen" bestimmt nicht stimmte.
Zumindest waren sie gefesselt. Das war jetzt nichts, was Liadan so richtig beruhigte, aber ihr ein klein wenig Sicherheit vor den Dschinn vermittelte. Wobei, bedachte sie es genau, der Prinz hatte diese Wesen bestimmt nicht ohne Grund eingesperrt. Das was sie wollte, konnte eine Katastrophe heraufbeschwören, aber wenn sie sich entscheiden musste, ob sie durch die Hand Naheniels wegen Ungehorsam oder durch die der Dschinn sterben musste, wirkte die zweite Variante irgendwie wesentlich einladender.
Mutig trat sie also noch näher heran und wählte sich jenen, dessen Augen gerade noch so am wenigsten boshaft und bedrochlich leuchteten, wobei auch das in Anbetracht dessen, was die Dschinn waren, eher relativ war. "Ist es wahr, was man sich über die Dschinn erzählt? Erfüllt ihr eurem Meister einen Wunsch?"
Jetzt galt es aber sowieso, dem was er wollte zu gehorchen. Warum auch immer er sie gerufen hatte, sie musste dorthin wo er war. Es war seltsam, aber irgendeine leise Stimme in ihr sagte ihr genau, wo sie ihn finden würde und ein nicht zu ignorierender Drang zwang sie dazu, so schnell es ihr möglich war, genau dorthin zu gelangen. Was aber nichts daran veränderte, dass sie gerade im Palast des Prinzen war und dort nicht einfach so, als wäre nichts, mit ihrem gesamten Gefolge hinaus spazieren konnte. Das würde die diplomatische Arbeit völlig zerstören. Klar, es könnte ihr egal sein, wollte sie schließlich niemals eine Kaiserin sein, aber so viel Kaiserblut war dann doch in ihr, um zu wissen, dass ein derartiger Aufbruch wahrscheinlich die nächste Vollkatastrophe auslösen würde. Sie musste sich den guten Kontakt, den sie zu dem Prinzen aufgebaut hatte, unbedingt aufrecht halten. Vor allem im Hinblick darauf, dass Freya hier war und Liadan sich, koste es was es wolle, den Zugang zu ihr weiterhin sichern musste.
Als sie das nach ihrem Geschmack viel zu pompöse Zimmer erreichte, entledigte sie sich erstmal der mit ihrem Mageninhalt verschmutzten Robe und suchte aus einer großen Kiste, die am Fußende des Bettes stand, ein bis zu den Knien reichende Leinenhose und ein weites, längeres, kurzärmliges Hemd heraus. Um dieses band sie unter der Brust ein Band, verknotete es und machte sich gleich darauf, ihre Haare wieder zu irgendwas ansehnlichen richten.
Nachdenklich auf der Lippe kauend und daraufhin die ganze angestaute Luft auspustend betrachtete sie sich in einem der Spiegel in ihrem Raum. Wie eine Prinzessin, oder eben Kaiserin sah sie wirklich nicht aus. Aber das sollte sie auch nicht. Im Gegenteil. Je weniger auffällig sie war, desto schneller konnte sie aus dem Palast gelangen. Wenn sie gerade etwas wirklich nicht gebrauchen konnte, waren es gefühlt 100 Leute, die sie ansprachen und doch noch was wollten. Kurz schloss sie die Augen, zählte stumm bis zehn und verließ das Gemach so schnell wieder, wie sie hereingekommen war.
Ihr Weg führte sie schnurstracks zu dem Kartographen, der sie seit dem Kennenlernen im Palast begleitete. "Hör zu. Ich muss weg. Erstmal kann ich es nicht erklären, aber es hat etwas mit der Sicherheit des Reichs zu tun." Es war schon ein bisschen geflunkert, aber eine richtige Lüge war es trotzdem nicht. Würde sie auf Naheniels Anweisung hin nicht spuren, konnte es gut sein, dass er alles, was da aufgebaut war, ziemlich zum Erschüttern brachte. "Sag dem Prinzen aber, dass ich zurückkehre so schnell ich kann. Es wird nur ein paar Tage dauern, versprochen. Aber verpacke es so, dass es nicht so wirkt, als würde ich seine Gastfreundschaft nicht schätzen."
Liadan seufzte ziemlich tief. Der Prinz war wirklich nett und überaus zuvorkommend. Gar nicht so, wie sie sich ihn ausgemalt hatte. Das kam ihr natürlich zu Gute, da sie ihm kein Kasperltheater aufführen musste, um ihn von sich zu überzeugen. Trotzdem hatte sie die Worte Naheniels nicht vergessen… Also wirst Du als Kaiserin Deine Staatsgeschäfte führen und Dein erstes Ziel ist der Wüstenpalast. Ich will alles von dort wissen, vor allem über denjenigen, der dort regiert. Du wirst tun was notwendig ist, um sein Vertrauen zu gewinnen. Und wenn es bedeutet, dass Du dafür die Beine spreizen musst."
Sie schluckte den unangenehmen Kloß gleich wieder hinunter und schüttelte widerwillig ihren Kopf. In ihrem Leben hatte es immer nur Verlion gegeben und bei der Vorstellung, dass es nicht mehr so sein würde, schauderte es ihr. Aber auch hier galt: Sie würde es tun müssen, wenn es verlangt wurde.
"Ich gehe ohne Begleitung, da ich keine allzu große Aufmerksamkeit erregen möchte." Behutsam legte sie dem Kartograph, der irgendwie sowas wie ein Freund geworden war, seitdem sie die wirkliche Welt verlassen und somit sonst keinen mehr hatte, ihre Hand auf den Unterarm. "Du machst das schon." Mit dem Versuch eines aufmunternden Lächelns, das viel zu schief war, ließ sie ihn zurück.
Komisch. Irgendwie war in dem Palast mittlerweile ein ziemliches Treiben. Wachen schritten umher, viele in eine Richtung, während wieder andere sich mit ernsten Blicken in eine andere Richtung bewegten. Was dieser ganze Aufruhr zu bedeuten hatte, wusste Liadan nicht. Und sie wollte es auch überhaupt nicht herausfinden, sondern war eigentlich viel mehr dankbar darüber, dass sie sich wegen der ganzen Soldaten eigentlich nahezu ungesehen bewegen konnte und Zeit hatte, um sich einen Plan zurechtzulegen. Das war gar nicht so einfach, denn die sengende Hitze, die außerhalb der kühlenden inneren Mauern des Palasts auf sie traf, schlug ein wie eine der Watschen, die sie ab und zu mal von ihren Erziehern oder Tanten kassiert hatte, wenn sie sich mal wieder nicht so kaiserlich verhalten hatte. Erneut musste sie feststellen, dass dieser Teil der Welt nichts für sie war. So nett, höflich und wohlerzogen die Leute auch waren, es war viel zu heiß und zu trocken. Ein warmer Wind, der plötzlich aufkam, und eine Ladung noch wärmeren Sand auf sie legte, zwang sie dazu, sich schützend gegen eine Mauer zu lehnen.
Gerade als sie ihren Kreislauf wieder besser unter Kontrolle zu haben glaubte, begann ein leises Grollen die Erde zu erschüttern. Aus den Gassen, die sich außerhalb der Palastmauern befanden, hörte man das Echo von Krügen, die von den Karten stürzten und das Bersten von Tontöpfen. Die Soldaten, die eben noch durch den Innenhof des Palasts im Gleichschritt gegangen waren, hielten inne und sahen verwirrt umher. Kurz schien es, als würde die Erde es den Wachen gleich tun, doch dann schwoll das Raunen der Erde erneut an, ein tiefes Dröhnen, das durch Mark und Bein ging und die Knochen zum Zittern brachte. Was war das denn nun wieder?
Immer noch gegen die Mauer gelehnt, sah Liadan nach oben in den strahlend blauen Himmel. War es der Schöpfer, der in seiner Ungeduld nun auf seine Weise etwas drängender nach ihr rief?
Gut möglich. Vielleicht war es aber auch etwas ganz anderes. Weder das eine noch das andere fühlten sich in ihren Gedanken auch nur in irgendeiner Form angenehm an, weshalb sie zusah, schnell weiterzugehen, auch wenn die drückende Hitze ihr kaum Luft zum ordentlichen Atmen gab. Aber wenn sie nicht fortkam, konnte sie auch nicht zurückkehren und kehrte sie nicht zurück, gab es keinen, der auf Freya aufpassen konnte. Inständig hoffte Liadan, dass das Mädchen nicht zu viel von dem ganzen Aufruhr mitbekam. Der Zwischenfall bei der Feier war für das Kind schon anstrengend genug gewesen und noch mehr Aufregung konnte sehr schnell dazu führen, dass es zu einem erneuten Ausbruch kam. Nachprüfen konnte die Kaiserin das nicht mehr, dazu war der innere Zwang, zu Naheniel zu gelangen, mittlerweile zu sehr angewachsen. Aber sie glaubte einfach so fest sie konnte daran, dass für Freya irgendwie alles gut war und sie in einer netten Gesellschaft eine Partie Wüstenschach spielte.
Von den Gästen hatte Liadan aufgeschnappt, dass der Prinz Dschinn in einem der Bereiche des Palastes gefangen hielt, die selbst seiner eigenen Familie und seinen engsten Freunden verboten waren. Einen Dschinn selbst hatte sie noch nie gesehen, aber unzählige Geschichten gehört. In dieser Welt musste man davon ausgehen, dass jedes Wesen, von dem erzählt wurde, tatsächlich existierte, ebenso wie jede Geschichte sich so oder so ähnlich ereignet hatte. Daher zweifelte sie keine Sekunde daran, dass es die Dschinns gab. Ihre Hoffnung ruhte darauf, dass die Berichte über ihre Wunscherfüllung der Wahrheit entsprachen. Für sie war es fast schon ein Wink des Schicksals, dass sie überhaupt von den Dschinn des Prinzen erfahren hatte. Es musste einfach so sein. Es war die erste und einzig logische Möglichkeit für Liadan, mit ihrer Hilfe den Palast zu verlassen und schnellstmöglich eines der Portale zu erreichen, die aus dieser Welt führten. Alles andere hätte Tage gedauert, und ein seltsames Gefühl, das sie nicht einordnen konnte, sagte ihr, dass sie nicht so viel Zeit hatte.
Eigentlich hatte sie es sich wesentlich schwieriger vorgestellt, überhaupt in die Nähe dieses verbotenen Areals zu gelangen. Doch der zunehmende Aufruhr im Palast schien immer mehr Soldaten alarmiert zu haben, sodass der Zugang zu dem mittlerweile fast völlig verlassenen Abschnitt fast schon zu einfach war. So oder so, Liadan hätte ihren Weg gefunden; nur weil sie den Bogen nicht mehr trug, hatte sie ihre Fähigkeit, sich leichtfüßig, lautlos und verborgen zu bewegen, nicht vergessen.
Dennoch sah sie sich immer wieder wachsam, aber gleichzeitig fragend um. Was konnte es nur sein, das alle ihre Posten verlassen ließ? So etwas geschah in ihrem Kaiserpalast nur, wenn etwas wirklich Schlimmes wie ein Mord vorgefallen war. Ob sich die Damen im Harem gegenseitig an die Gurgel gegangen waren? Oder ob die Hakennase jemanden aus dem Küchenpersonal umgebracht hatte, weil der Tee zu warm war? Es wäre traurig um das Küchenpersonal, aber vielleicht würde man dafür ja die Hakennase hängen. Verdient hätte sie es, das war mal sicher.
Im Schutz des Schattens, der von den Palmen geworfen wurde, folgte die Kaiserin ihrem Instinkt und fand schon bald eine unscheinbare Treppe, die gut verborgen zwischen vielen hohen Wüstenstauden lag. Es konnte natürlich auch einfach nur irgendeine Treppe sein, aber von dort unten drang ein seltsames Summen nach oben. Leise zwar, aber es war da.
Wenn sie sich schon auf sonst wenig verlassen konnte, hatte ihr Instinkt sie noch nie getäuscht. Und so musste es sich einfach um den Zugang handeln, der in das Gefängnis der Dschinn führte. Aber natürlich, wie sollte es auch anders sein, war dieser verschlossen. Bis hierhin war es ja auch zu leicht gewesen, wieso sollte dieses Glück sich auch fortführen? Die schwere Tür war von einem eisernen Schloss, so dick wie ihr Arm, gesichert.
Ein leises, unheimliches Summen schien aus dem Inneren der Tür zu dringen, ein Geräusch, das sie tief bis in die Knochen spürte. Es war kein mechanisches Geräusch, sondern etwas Lebendiges, Gedämpftes, fast wie ein Klagen oder ein leises Flüstern. Sie konnte sich nicht helfen, aber wieder einmal musste sie für sich feststellen, dass sie einfach nichts damit anfangen konnte, wenn so viel Magisches um sie herum war.
Sich zusammenreißend betrachtete sie das Schloss nochmal genauer, obwohl sie wusste, dass sie es einfach öffnen konnte, auch wenn sie in diesen Dingen ziemlich geschickt war. Wer unfreiwillig in einem Palast lebt, der lernt sehr schnell, was es braucht, um Türen zu öffnen. Das hier war aber nicht nur irgendeine Tür mit irgendeinem Schloss. Es war ganz eindeutig, dass es ungebetene Besucher fernhalten sollte, oder das, was sich hinter der Tür befand, darin halten sollte. Je nachdem.
Sie musste also einen anderen Weg finden. Was man in einem Palast aber auch lernt: Manchmal ist das, was kompliziert und unlösbar aussieht, erschreckend einfach zu bewältigen, da niemand an das Naheliegendste denkt. Liadan tastete die Sandsteinwand neben der Tür ab, suchte nach einem Mechanismus, einem versteckten Hebel oder einer losen Platte. Ihre Finger glitten über die raue Oberfläche, bis sie eine kleine, unscheinbare Vertiefung entdeckte, kaum größer als ihr Daumenabdruck. Sie drückte darauf, und mit einem leisen Klicken, gab die Wand ein Stück nach. Ein schmaler Spalt öffnete sich, gerade breit genug, dass sie sich hindurchzwängen konnte.
Sie atmete tief ein und schlüpfte in das Unbekannte. Der Gang dahinter war in schummrige Dunkelheit getaucht, aber nicht beengend oder schmal. Die Luft wurde kühler und das Summen lauter, schien jetzt von allen Seiten zu kommen und klang wie ein vielstimmiges, unaufhörliches Raunen, das in ihren Ohren dröhnte.
Und plötzlich, wie aus dem Nichts, öffnete sich der Gang zu einer großen, unterirdischen Kammer. Liadan blieb wie angewurzelt am Eingang stehen und ihr Blick wanderte entsetzt durch den Raum. Es war ein riesiger, in den Fels gehauener Kerker, dessen Wände von einer unheimlichen, blauen Aura erleuchtet wurden, deren Ursprung und Bedeutung sie nicht ergründen konnte. Und dann sah sie sie: Die Dschinn.
Mit dicken Eisenketten waren sie an die rohen Felswände gekettet und ihre Erscheinung war wesentlich monströser, als Liadan es sich trotz der zahlreichen Geschichten, die sie kannte, ausgemalt hatte. Ein dunkler, zähflüssiger Rauch umhüllte ihre massigen Körper und aus ihrem Kopf stachen glühende Augen hervor, während ihre Körper eine knisternde Energie abzugeben schienen, die die Luft zum vibrieren brachte. Liadan erkannte, trotz des nur schummrig bläulichen Lichts ihre verzerrten Münder, die entweder stumme Schreie oder schreckliche Sprüche formten, um gegen ihre Gefangenschaft aufzubegehren und ihre Gesichter teilweise zu Fratzen verzogen, die auf diese Weise nur noch boshafter und grausiger wirkten.
Ein tiefes dröhnendes Raunen erfüllte die Kammer, ein Geräusch, das von der unterdrückten Magie und dem unbändigen Zorn, der von diesen Kreaturen ausging, zeugte. Es war ein Grollen, dass sie fast dazu verleitete, rückwärts die Flucht anzutreten. Aber das war nun mal keine Option. Sie war jetzt hier und diese Wesen waren es auch. Nur schade, dass hier der Spruch, den man Kindern gerne mal vermittelte "sie haben mehr Angst vor dir als du vor ihnen" bestimmt nicht stimmte.
Zumindest waren sie gefesselt. Das war jetzt nichts, was Liadan so richtig beruhigte, aber ihr ein klein wenig Sicherheit vor den Dschinn vermittelte. Wobei, bedachte sie es genau, der Prinz hatte diese Wesen bestimmt nicht ohne Grund eingesperrt. Das was sie wollte, konnte eine Katastrophe heraufbeschwören, aber wenn sie sich entscheiden musste, ob sie durch die Hand Naheniels wegen Ungehorsam oder durch die der Dschinn sterben musste, wirkte die zweite Variante irgendwie wesentlich einladender.
Mutig trat sie also noch näher heran und wählte sich jenen, dessen Augen gerade noch so am wenigsten boshaft und bedrochlich leuchteten, wobei auch das in Anbetracht dessen, was die Dschinn waren, eher relativ war. "Ist es wahr, was man sich über die Dschinn erzählt? Erfüllt ihr eurem Meister einen Wunsch?"
*** Purpurne Kaiserin ***

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!

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#1556

Die Kettendschinn
Die für drei von den vier Dschinn seit Jahren andauernde Gefangenschaft, hatte einen tiefen Groll anschwellen lassen. Einen, der sie gepaart mit der Macht der Unendlichkeit nur umso gefährlicher werden ließ. Es waren einzig die Armfesseln, die mit den Ketten verbunden waren und zwischen den kalten Steinwänden ihres Kerkers ein lautes, immer wiederkehrendes Echo warfen, die ihre Magie bannten.
Winzige Schmuckstücke, im Vergleich mit dem, zu was ihre Träger fähig waren und doch so mächtig, sie gnadenlos zu unterwerfen. Das Hallen der Ketten war zu ihrem Begleiter geworden, seit Tagen, seit Monaten, seit Jahren. Das Geräusch ihres Zorns verklang nie und sollte allen, die Zutritt zu den Kerkern hatten, eine deutliche Warnung sein, dass die Wut der Dschinn nicht abschwoll, sondern stets anwuchs und die ungestillten Rachegelüste niemals von ihnen vergessen werden würden. Genauso wenig wie sie vergaßen, wer sie waren.
Auch hier, in diesem Kerker, der einst für sie und ihr Schicksal gebaut worden war, blieben sie das, woraus sie gemacht waren: eine kosmische Macht aus Unendlichkeit, die eigentlich nie dafür gedacht war, gebunden zu werden und die nun gefangen wurde, um sie in ihrer Essenz zu missbrauchen und zu knechten.
Festgehalten von einem Mann, dem Prinz, einem der unersättlichen Sterblichen, der durch sie nur Dank der Kunst des Schmieds einzuzwängen wusste. Für ihn waren sie wohl nicht mehr und auch nicht weniger wie der ganze andere Besitz, mit dem er seine Kammern und seinen Palast füllte.
Doch auch wenn ihre Magie aus so vielem, was nicht einmal nennbar war, bestand, rechneten sie nicht mit der fremden, weiblichen Stimme, die sich in diesem unwirtlichen Raum erhob. Es war der Hauch von etwas Neuen, etwas Vorsichtigen, Zaghaften aber Mutigem, das ihren Kerker durchzog und ihre Ketten vorerst verstummen ließ.
Gemeinsam, als bestünden sie aus einer einzigen Masse, sogen sie rasselnd die Luft ein und richteten ihre glühenden Augen in Richtung des menschlichen Wesens, das hier, in ihrem Reich der Gefangenschaft so fehl am Platz wirkte. Klein und zerbrechlich, und nur mit einem einzigen Deut ihrer kralligen Finger auslöschbar, so wirkte die Fremde auf sie, als sie näher auf sie zutrat.
Mit einem Blick, der von Bosheit und Mordlust, aber auch des Leidens ob ihrer Knechtschaft gezeichnet war, musterten sie Liadan, bis einer von ihnen die Stimme erhob, aber es doch so klang, als sprächen alle zu ihr. "Wünsche." Ein eisiges, berechnendes Lächeln spielte um die kaum ausmachbaren Lippen und zeigte einige der spitzen Zähne, die sich nicht selten reißerisch das Leben von einem Menschen genommen hatten.
Ein Wunsch? Natürlich kam man zu ihnen, um danach zu fragen. Was sie wohl wollte? Freiheit? Gold? Die Liebe des Prinzen, um Ansehen und Macht zu erlangen? Sie kannten sie, die Menschen. Über Jahrhunderte waren sie ihnen begegnet und alle waren gleich. Sie strebten nach der einen Sache und dachten tatsächlich, dass die Erfüllung von drei Wünschen ihnen ewige Zufriedenheit und Glückseligkeit brachte. Wie lächerlich und dumm das doch war.
„Wünsche." Wiederholte ein anderer Dschinn, mit einer Stimme, die ein knisterndes Flüstern war, das die Luft in dem Kerker wie bei einem Gewitter auflud. „Gierig und egoistisch wie die anderen kommst du zu uns. Tausende von den Wünschen haben wir aus euren Mündern schon gehört, unterschiedlich in Formulierung, aber mit der gleichen Hoffnung dahinter. Erbärmlicher Mensch."
Wieder erzitterten die Ketten und die Schellen, mit denen sie an den Willen des Prinzen gefesselt waren, glühten auf, ganz so, als würde die versklavte Magie der Dschinn gerade in jenem Moment besonders gezügelt werden müssen. Einer leckte sich mit seiner schwarzen, ledrigen Zunge über die formlosen Lippen, die in seinem Gesicht belustigt aufzuckten und ließ sich ein wenig auf den Boden sinken, wodurch der wabernde Nebel, aus dem er bestand, den steinernen Boden bedeckte.
Mit seinen Krallen strich er begleitend über den Stein, wirbelte dadurch den Rauch, aus dem er selbst bestand, wieder auf und fixierte die Kaiserin durchdringend mit seinen nun noch stärker leuchtenden Augen.
"Außerdem," als wäre es abgesprochen, begannen die vier zu lachen und warfen sich gegen ihre Ketten, die dabei ein gefährlich knirschendes Geräusch von sich gaben, "bist du nicht unser Meister."
Winzige Schmuckstücke, im Vergleich mit dem, zu was ihre Träger fähig waren und doch so mächtig, sie gnadenlos zu unterwerfen. Das Hallen der Ketten war zu ihrem Begleiter geworden, seit Tagen, seit Monaten, seit Jahren. Das Geräusch ihres Zorns verklang nie und sollte allen, die Zutritt zu den Kerkern hatten, eine deutliche Warnung sein, dass die Wut der Dschinn nicht abschwoll, sondern stets anwuchs und die ungestillten Rachegelüste niemals von ihnen vergessen werden würden. Genauso wenig wie sie vergaßen, wer sie waren.
Auch hier, in diesem Kerker, der einst für sie und ihr Schicksal gebaut worden war, blieben sie das, woraus sie gemacht waren: eine kosmische Macht aus Unendlichkeit, die eigentlich nie dafür gedacht war, gebunden zu werden und die nun gefangen wurde, um sie in ihrer Essenz zu missbrauchen und zu knechten.
Festgehalten von einem Mann, dem Prinz, einem der unersättlichen Sterblichen, der durch sie nur Dank der Kunst des Schmieds einzuzwängen wusste. Für ihn waren sie wohl nicht mehr und auch nicht weniger wie der ganze andere Besitz, mit dem er seine Kammern und seinen Palast füllte.
Doch auch wenn ihre Magie aus so vielem, was nicht einmal nennbar war, bestand, rechneten sie nicht mit der fremden, weiblichen Stimme, die sich in diesem unwirtlichen Raum erhob. Es war der Hauch von etwas Neuen, etwas Vorsichtigen, Zaghaften aber Mutigem, das ihren Kerker durchzog und ihre Ketten vorerst verstummen ließ.
Gemeinsam, als bestünden sie aus einer einzigen Masse, sogen sie rasselnd die Luft ein und richteten ihre glühenden Augen in Richtung des menschlichen Wesens, das hier, in ihrem Reich der Gefangenschaft so fehl am Platz wirkte. Klein und zerbrechlich, und nur mit einem einzigen Deut ihrer kralligen Finger auslöschbar, so wirkte die Fremde auf sie, als sie näher auf sie zutrat.
Mit einem Blick, der von Bosheit und Mordlust, aber auch des Leidens ob ihrer Knechtschaft gezeichnet war, musterten sie Liadan, bis einer von ihnen die Stimme erhob, aber es doch so klang, als sprächen alle zu ihr. "Wünsche." Ein eisiges, berechnendes Lächeln spielte um die kaum ausmachbaren Lippen und zeigte einige der spitzen Zähne, die sich nicht selten reißerisch das Leben von einem Menschen genommen hatten.
Ein Wunsch? Natürlich kam man zu ihnen, um danach zu fragen. Was sie wohl wollte? Freiheit? Gold? Die Liebe des Prinzen, um Ansehen und Macht zu erlangen? Sie kannten sie, die Menschen. Über Jahrhunderte waren sie ihnen begegnet und alle waren gleich. Sie strebten nach der einen Sache und dachten tatsächlich, dass die Erfüllung von drei Wünschen ihnen ewige Zufriedenheit und Glückseligkeit brachte. Wie lächerlich und dumm das doch war.
„Wünsche." Wiederholte ein anderer Dschinn, mit einer Stimme, die ein knisterndes Flüstern war, das die Luft in dem Kerker wie bei einem Gewitter auflud. „Gierig und egoistisch wie die anderen kommst du zu uns. Tausende von den Wünschen haben wir aus euren Mündern schon gehört, unterschiedlich in Formulierung, aber mit der gleichen Hoffnung dahinter. Erbärmlicher Mensch."
Wieder erzitterten die Ketten und die Schellen, mit denen sie an den Willen des Prinzen gefesselt waren, glühten auf, ganz so, als würde die versklavte Magie der Dschinn gerade in jenem Moment besonders gezügelt werden müssen. Einer leckte sich mit seiner schwarzen, ledrigen Zunge über die formlosen Lippen, die in seinem Gesicht belustigt aufzuckten und ließ sich ein wenig auf den Boden sinken, wodurch der wabernde Nebel, aus dem er bestand, den steinernen Boden bedeckte.
Mit seinen Krallen strich er begleitend über den Stein, wirbelte dadurch den Rauch, aus dem er selbst bestand, wieder auf und fixierte die Kaiserin durchdringend mit seinen nun noch stärker leuchtenden Augen.
"Außerdem," als wäre es abgesprochen, begannen die vier zu lachen und warfen sich gegen ihre Ketten, die dabei ein gefährlich knirschendes Geräusch von sich gaben, "bist du nicht unser Meister."

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#1557
Mila
die ranghöchste Angstellte und Herrin über Mägde und Knechte im Haus der Legion des Schattens
die ranghöchste Angstellte und Herrin über Mägde und Knechte im Haus der Legion des Schattens
Mila hatte nur das Bettzeug der Priesterin abgezogen und sich dem Schrank zugewandt, um die Kleider von Tanuri sorgsam in eine Kiste zu verstauen. Dinge, die Adrian immer wieder schmerzhaft daran erinnert hätten, dass sie nicht zurückkäme und die Wunden nicht heilen lassen würden.
Sie war gerade dabei, eine dunkelgrüne Robe zusammenzufalten, als Adrian Tanuris Gemächer betrat. Mila spürte seine Verwunderung, ohne ihn ansehen zu müssen, doch sagte er nichts.
Momente der Stille, die vergingen. Einige Augenblicke, in denen Mila den sorgfältig gefalteten Stoff in die Kiste legte. Schweigend bewegte Adrian sich zum Tisch, griff nach den Pergamenten, die sie dort hingelegt hatte – Kondolenzschreiben, dachte sie, bis sie sein freudloses Lächeln auffing. Es war kein Trost, der seine Züge verzerrte, sondern etwas Tieferes, Dunkleres.
„Mila …“ Sein Flüstern traf sie wie ein kalter Wind, der ihr ein Schauer über ihren Rücken jagte, sodass ihre Hände unmittelbar in ihrem Tun innehielten. Es war nur ihr Name und doch fühlte sich mit einem Mal jeder Atemzug unbeschreiblich schwer an, so als ob etwas ihre Lungen zusammendrücken würde.
„Leg die Sachen zurück.“ Sein Tonfall war kalt und bestimmt, während sein Blick sie für einen Atemzug durchbohrte. Mila spürte ihn in ihrem Rücken. Ein eisiges Gefühl, das ihr die Brust zugeschnürt hatte.
„Lord Al Saher, meint Ihr nicht …“ Ihre Stimme brach, als die Dunkelheit im Raum dichter wurde, als würden dunkle Wolken die Sonne nahezu verschlingen. Langsam nur sah sie über die Schulter hinweg, als ihr Körper selbst beinahe erstarrte. Seine sonst so klaren blauen Augen waren von Schatten durchzogen, die so kalt wie der Tod selbst waren.
„Habe ich mich missverständlich ausgedrückt?“ Es war keine Bitte gewesen, sondern eine klare Anweisung. Eine Wiederholung seiner Worte, die keinen Widerspruch duldeten. „Ich sagte, leg die Sachen zurück, Mila. Oder muss ich deutlicher werden?“
Ein einziges Blinzeln, bei dem Mila das Gefühl hatte, als sie ihre Lider nur eine Sekunde später wieder anhob, von vollkommener Dunkelheit umschlossen zu sein. Das Licht im Raum schien restlos verschwunden zu sein, als hätten die Schatten selbst die Kerzen erstickt.
Vielleicht bildete sie es sich nur ein, doch für einen Augenblick wurde ihr beinahe schwarz vor Augen. Ein Gefühl, als ob ihr Herz zu schlagen aufhörte. Ein tiefer Atemzug war nötig, um überhaupt ein Wort über die Lippen zu bringen, doch war es nicht mehr als ein demütiges Flüstern, „Natürlich, Lord Al Saher. Es war vielleicht etwas voreilig.“
Vermutlich ging ihre Fantasie in ihrer eigenen Trauer und bei all den Gedanken auch mit ihr durch. Es konnte auch der ungewohnt dunkle und düstere Tonfall des Generals sein.
Trauer und Schmerz. Nein, sie kannte ihn von ihrer Schwester, die lange gegen ihre eigenen Dämonen kämpfen musste. Herrjemine, sie hatte sogar noch immer die Hemden ihres toten Mannes im Schrank hängen, als könnten sie ihn zurückbringen. Nein, sie wollte nicht, dass der General sich in Erinnerungen verlor, als wäre sie nur einen Atemzug davon entfernt, durch die Tür zu treten. Es tat unendlich weh, aber möglicherweise war sie damit wirklich zu vorschnell. Ein Abschied war wichtig, um loslassen zu können. Mila hatte die Kleider eilig zurückgelegt und Adrian erst einmal allein gelassen.
Ja, sie fühlte mit ihm. Verzweiflung und Kummer. Doch da war mehr, oder spielten ihre Sinne ihr einen Streich? Etwas Finsteres umgab Adrian, eine Aura, die sie nicht abschütteln konnte. War es sein Kummer, oder war es eine finstere Magie von der einige der Mägde und Stallburschen erzählten? Eine Dunkelheit von der man sagte, dass er sie heraufbeschworen hatte, um die Priesterin zu finden, und die ihn nicht mehr freigegeben hatte. Nein, sie wollte diese Gerüchte nicht hören und erst recht nicht glauben.
In was für Zeiten lebten sie nur? Mila schüttelte den Kopf, als sie die zierliche schwarze Robe betrachtete, die der Schneider für Nymeria zur Anprobe gebracht hatte. Es war so unfassbar, wie viel Leid das kleine Mädchen jetzt schon erdulden musste.
Das Kind war ganz allein. Selbst ihre Schwester war von einem Tag auf den anderen verschwunden und Gerüchte über einen Streit mit Adrian kursierten. Mila hatte jedoch mit eigenen Ohren gehört, wie der General die Wachen nach der jungen Magierin suchen ließ. Es war ein Streit, aber gewiss hatte Adrian nichts mit ihrem Verschwinden zu tun. Vielmehr steckte dieser Naheniel bestimmt dahinter.
Was war Tanuris Bruder nur für ein Mensch. Den Tod seiner eigenen Schwester im Austausch für ein junges Mädchen zu fordern. Nein, Mila zweifelte nicht daran, dass Tanuri sich für Freya opfern würde. Seufzend ließ sie das Kleid in ihren Händen sinken. Es war der falsche Ausdruck – sich geopfert hatte. Wenn sie diese Bürde auf Adrian gelastet hatte … Nein, Mila konnte es noch immer nicht fassen, dass sie fort war – und noch weniger, dass Adrian, sie getötet haben sollte.
Erst gerade hatte er sie nach Hause gebracht, hatte sie geheiratet. Vielleicht war es besser, all das nicht zu wissen. Es stand ihr sowieso weder zu Fragen zu stellen noch ein Urteil darüber zu fällen, aber wenn die Gerüchte wahr waren, dann wollte sie nicht wissen, wie sehr es ihn zerrissen haben mochte.
Sie senkte die Lider, ihre Hände zitterten leicht, als sie das zarte Kleid Nymerias zusammenfaltete.
Über allem lag ein dunkler Schleier der Trauer um Tanuri, die Priesterin, die für so viele mehr als nur eine Herrin gewesen war.
So lange hatte sie der Legion gedient. Die Priesterin war nicht nur diejenige, die ihr Arbeit gegeben hatte, sie war ein Stück Familie. Und nun? Nun war sie fort. Bei allen Göttern, wie konnte der dunkle Lord so etwas zulassen? Tanuri war seine Priesterin. Wieso zerschmetterte Ogrimar diesen arroganten Mistkerl nicht einfach?
Mila biss sich auf die Lippe. An allem war dieser Bastard schuld – Tanuris Bruder, dieser selbstgefällige Schönling, der Chaos und Leid hinterließ, wo er ging. So oft musste Nymeria um ihre Mutter bangen, doch diesmal würde Tanuri nicht zurückkehren. Der Schmerz des Generals war greifbar, eine düstere Aura, die ihn wie ein Schatten umgab.
Leise seufzte die Haushälterin, bevor sie den kleinen Stapel mit Wäsche nahm, um ihn hinaufzubringen und dem General bei der Gelegenheit ein Glas Whiskey an den Kamin zu stellen.
Überall herrschte eine Stille im Haus. Selbst die Kerzen und Fackeln schienen in ihren Bewegungen verstummt zu sein. Alles war einfach bedrückend und jeder Schritt hinaus fühlte sich schwer an. Doch oben angekommen, blieb sie abrupt stehen, als sie ein leises Flüstern aus den Gemächern Tanuris hören konnte. Leise trat sie näher, bis sie den schmalen Lichtkegel erreichte, der aus dem Inneren kam.
Vorsichtig schob Mila den Spalt nur ein wenig weiter auf und hielt den Atem an.
Sie war gerade dabei, eine dunkelgrüne Robe zusammenzufalten, als Adrian Tanuris Gemächer betrat. Mila spürte seine Verwunderung, ohne ihn ansehen zu müssen, doch sagte er nichts.
Momente der Stille, die vergingen. Einige Augenblicke, in denen Mila den sorgfältig gefalteten Stoff in die Kiste legte. Schweigend bewegte Adrian sich zum Tisch, griff nach den Pergamenten, die sie dort hingelegt hatte – Kondolenzschreiben, dachte sie, bis sie sein freudloses Lächeln auffing. Es war kein Trost, der seine Züge verzerrte, sondern etwas Tieferes, Dunkleres.
„Mila …“ Sein Flüstern traf sie wie ein kalter Wind, der ihr ein Schauer über ihren Rücken jagte, sodass ihre Hände unmittelbar in ihrem Tun innehielten. Es war nur ihr Name und doch fühlte sich mit einem Mal jeder Atemzug unbeschreiblich schwer an, so als ob etwas ihre Lungen zusammendrücken würde.
„Leg die Sachen zurück.“ Sein Tonfall war kalt und bestimmt, während sein Blick sie für einen Atemzug durchbohrte. Mila spürte ihn in ihrem Rücken. Ein eisiges Gefühl, das ihr die Brust zugeschnürt hatte.
„Lord Al Saher, meint Ihr nicht …“ Ihre Stimme brach, als die Dunkelheit im Raum dichter wurde, als würden dunkle Wolken die Sonne nahezu verschlingen. Langsam nur sah sie über die Schulter hinweg, als ihr Körper selbst beinahe erstarrte. Seine sonst so klaren blauen Augen waren von Schatten durchzogen, die so kalt wie der Tod selbst waren.
„Habe ich mich missverständlich ausgedrückt?“ Es war keine Bitte gewesen, sondern eine klare Anweisung. Eine Wiederholung seiner Worte, die keinen Widerspruch duldeten. „Ich sagte, leg die Sachen zurück, Mila. Oder muss ich deutlicher werden?“
Ein einziges Blinzeln, bei dem Mila das Gefühl hatte, als sie ihre Lider nur eine Sekunde später wieder anhob, von vollkommener Dunkelheit umschlossen zu sein. Das Licht im Raum schien restlos verschwunden zu sein, als hätten die Schatten selbst die Kerzen erstickt.
Vielleicht bildete sie es sich nur ein, doch für einen Augenblick wurde ihr beinahe schwarz vor Augen. Ein Gefühl, als ob ihr Herz zu schlagen aufhörte. Ein tiefer Atemzug war nötig, um überhaupt ein Wort über die Lippen zu bringen, doch war es nicht mehr als ein demütiges Flüstern, „Natürlich, Lord Al Saher. Es war vielleicht etwas voreilig.“
Vermutlich ging ihre Fantasie in ihrer eigenen Trauer und bei all den Gedanken auch mit ihr durch. Es konnte auch der ungewohnt dunkle und düstere Tonfall des Generals sein.
Trauer und Schmerz. Nein, sie kannte ihn von ihrer Schwester, die lange gegen ihre eigenen Dämonen kämpfen musste. Herrjemine, sie hatte sogar noch immer die Hemden ihres toten Mannes im Schrank hängen, als könnten sie ihn zurückbringen. Nein, sie wollte nicht, dass der General sich in Erinnerungen verlor, als wäre sie nur einen Atemzug davon entfernt, durch die Tür zu treten. Es tat unendlich weh, aber möglicherweise war sie damit wirklich zu vorschnell. Ein Abschied war wichtig, um loslassen zu können. Mila hatte die Kleider eilig zurückgelegt und Adrian erst einmal allein gelassen.
Ja, sie fühlte mit ihm. Verzweiflung und Kummer. Doch da war mehr, oder spielten ihre Sinne ihr einen Streich? Etwas Finsteres umgab Adrian, eine Aura, die sie nicht abschütteln konnte. War es sein Kummer, oder war es eine finstere Magie von der einige der Mägde und Stallburschen erzählten? Eine Dunkelheit von der man sagte, dass er sie heraufbeschworen hatte, um die Priesterin zu finden, und die ihn nicht mehr freigegeben hatte. Nein, sie wollte diese Gerüchte nicht hören und erst recht nicht glauben.
In was für Zeiten lebten sie nur? Mila schüttelte den Kopf, als sie die zierliche schwarze Robe betrachtete, die der Schneider für Nymeria zur Anprobe gebracht hatte. Es war so unfassbar, wie viel Leid das kleine Mädchen jetzt schon erdulden musste.
Das Kind war ganz allein. Selbst ihre Schwester war von einem Tag auf den anderen verschwunden und Gerüchte über einen Streit mit Adrian kursierten. Mila hatte jedoch mit eigenen Ohren gehört, wie der General die Wachen nach der jungen Magierin suchen ließ. Es war ein Streit, aber gewiss hatte Adrian nichts mit ihrem Verschwinden zu tun. Vielmehr steckte dieser Naheniel bestimmt dahinter.
Was war Tanuris Bruder nur für ein Mensch. Den Tod seiner eigenen Schwester im Austausch für ein junges Mädchen zu fordern. Nein, Mila zweifelte nicht daran, dass Tanuri sich für Freya opfern würde. Seufzend ließ sie das Kleid in ihren Händen sinken. Es war der falsche Ausdruck – sich geopfert hatte. Wenn sie diese Bürde auf Adrian gelastet hatte … Nein, Mila konnte es noch immer nicht fassen, dass sie fort war – und noch weniger, dass Adrian, sie getötet haben sollte.
Erst gerade hatte er sie nach Hause gebracht, hatte sie geheiratet. Vielleicht war es besser, all das nicht zu wissen. Es stand ihr sowieso weder zu Fragen zu stellen noch ein Urteil darüber zu fällen, aber wenn die Gerüchte wahr waren, dann wollte sie nicht wissen, wie sehr es ihn zerrissen haben mochte.
Sie senkte die Lider, ihre Hände zitterten leicht, als sie das zarte Kleid Nymerias zusammenfaltete.
Über allem lag ein dunkler Schleier der Trauer um Tanuri, die Priesterin, die für so viele mehr als nur eine Herrin gewesen war.
So lange hatte sie der Legion gedient. Die Priesterin war nicht nur diejenige, die ihr Arbeit gegeben hatte, sie war ein Stück Familie. Und nun? Nun war sie fort. Bei allen Göttern, wie konnte der dunkle Lord so etwas zulassen? Tanuri war seine Priesterin. Wieso zerschmetterte Ogrimar diesen arroganten Mistkerl nicht einfach?
Mila biss sich auf die Lippe. An allem war dieser Bastard schuld – Tanuris Bruder, dieser selbstgefällige Schönling, der Chaos und Leid hinterließ, wo er ging. So oft musste Nymeria um ihre Mutter bangen, doch diesmal würde Tanuri nicht zurückkehren. Der Schmerz des Generals war greifbar, eine düstere Aura, die ihn wie ein Schatten umgab.
Leise seufzte die Haushälterin, bevor sie den kleinen Stapel mit Wäsche nahm, um ihn hinaufzubringen und dem General bei der Gelegenheit ein Glas Whiskey an den Kamin zu stellen.
Überall herrschte eine Stille im Haus. Selbst die Kerzen und Fackeln schienen in ihren Bewegungen verstummt zu sein. Alles war einfach bedrückend und jeder Schritt hinaus fühlte sich schwer an. Doch oben angekommen, blieb sie abrupt stehen, als sie ein leises Flüstern aus den Gemächern Tanuris hören konnte. Leise trat sie näher, bis sie den schmalen Lichtkegel erreichte, der aus dem Inneren kam.
Vorsichtig schob Mila den Spalt nur ein wenig weiter auf und hielt den Atem an.
~~~ ~~~ ~~~ ~~~ ~~~ ~~~
Es war nur das schummrige Licht des Kamins sowie einiger Kerzen, das den Raum einhüllte.
Ein warmer Schein, der im Grunde beinahe nicht mehr als schemenhafte Silhouetten im ersten Moment preisgaben,
außer man nahm sich die Zeit hinzusehen.
Dort, auf Tanuris Bett, lag Adrian auf der Decke und hielt das zugedeckte, kleine Mädchen in seinen Armen.
Nymeria kuschelte sich an ihn, ihre Augen halb geschlossen, während er ihr mit sanfter Stimme aus einem Buch vorlas.
Ein warmer Schein, der im Grunde beinahe nicht mehr als schemenhafte Silhouetten im ersten Moment preisgaben,
außer man nahm sich die Zeit hinzusehen.
Dort, auf Tanuris Bett, lag Adrian auf der Decke und hielt das zugedeckte, kleine Mädchen in seinen Armen.
Nymeria kuschelte sich an ihn, ihre Augen halb geschlossen, während er ihr mit sanfter Stimme aus einem Buch vorlas.
„Ich habe immer gedacht, die Zeit wäre ein Dieb, die mir alles stiehlt, was ich liebe." sagte das Mädchen.
Seine Hand strich behutsam über ihr Haar, ehe er kurz zu ihr hinuntersah und ihr einen sanften Kuss auf den dunklen Scheitel drückte, als wäre sie seine eigene Tochter.
„Aber jetzt weiß ich, dass sie geben, bevor sie nehmen und jeder Tag ist ein Geschenk. Jede Stunde. Jede Minute. Jede Sekunde“
Seine Hand strich behutsam über ihr Haar, ehe er kurz zu ihr hinuntersah und ihr einen sanften Kuss auf den dunklen Scheitel drückte, als wäre sie seine eigene Tochter.
„Aber jetzt weiß ich, dass sie geben, bevor sie nehmen und jeder Tag ist ein Geschenk. Jede Stunde. Jede Minute. Jede Sekunde“
~~~ ~~~ ~~~ ~~~ ~~~ ~~~
Leise trat Mila zurück, um die beiden nicht zu stören. Für einen Moment schien die Dunkelheit, die ihn umgab, vergessen. Er trauerte und musste mit einer neuen Verantwortung umgehen, die er als Vater nun gegenüber Nymeria hatte.
Es würde besser werden, irgendwann. Nach der Begräbniszeremonie, wenn Tanuris Seele bei Ogrimar ruhte, würde es leichter werden, mit dem Schmerz zu leben. Vielleicht konnten Nymerua und er einander Kraft und Halt geben.
Möglicherweise hatte sie sich diesen Moment, als er sie zurechtgewiesen hatte, auch eingebildet. Nach all den Gerüchten auf den Straßen und bei manchem tratschenden Gesinde, waren die Schatten und die Dunkelheit nur ein Hirngespinst. Adrian trug zu Unrecht schon genug Schuld mit sich herum.
Erst Freya, die Adeptin, die er nicht hatte schützen können. Dann Liadan, die Frau seines Bruders, von der Gerüchte flüsterten, Naheniel habe sie entführt. Und nun Tanuri, die Priesterin, die Adrian immer wieder zu beschützen versucht hatte und die nun für immer verloren war. All diese Bürden lasteten auf schwer auf ihm, dabei lag die wahre Schuld ausnahmslos allein bei diesem Bastard - Naheniel.
Es würde besser werden, irgendwann. Nach der Begräbniszeremonie, wenn Tanuris Seele bei Ogrimar ruhte, würde es leichter werden, mit dem Schmerz zu leben. Vielleicht konnten Nymerua und er einander Kraft und Halt geben.
Möglicherweise hatte sie sich diesen Moment, als er sie zurechtgewiesen hatte, auch eingebildet. Nach all den Gerüchten auf den Straßen und bei manchem tratschenden Gesinde, waren die Schatten und die Dunkelheit nur ein Hirngespinst. Adrian trug zu Unrecht schon genug Schuld mit sich herum.
Erst Freya, die Adeptin, die er nicht hatte schützen können. Dann Liadan, die Frau seines Bruders, von der Gerüchte flüsterten, Naheniel habe sie entführt. Und nun Tanuri, die Priesterin, die Adrian immer wieder zu beschützen versucht hatte und die nun für immer verloren war. All diese Bürden lasteten auf schwer auf ihm, dabei lag die wahre Schuld ausnahmslos allein bei diesem Bastard - Naheniel.

- Liadan Al Saher
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#1558
Liadan versuchte das Frösteln zu ignorieren, das von den knisternden Stimmen der Dschinn hervorgerufen wurde und ihr eisig den Rücken hinunterlief. Trotz aller inneren Bemühungen konnte sie sich diese Wesen in keinster Weise schönreden. Ihre Gesichter verzerrten sich im trüben, bläulichen Licht mit jedem Wort, das sie sprachen, noch mehr und ihre Körper schienen sich in dem wabernden Dunst, der sie umgab, zu schlängeln und zu winden.
Doch auch wenn sie nichts an ihnen ansehnlich fand und der Schauer, den sie allein aufgrund ihrer Nähe spürte, zutiefst unangenehm war, konnte sie ihren Blick nicht von ihnen abwenden. Egal, womit sie aufgrund der alten Erzählungen über die Dschinn gerechnet hatte, das, was sie nun vor Augen hatte, war völlig anders. Vielleicht war sie doch ein wenig zu romantisch in ihrer Vorstellung gewesen und hatte geglaubt, sie wären irgendwie menschlicher, mit einem Hauch von Freundlichkeit oder sogar Sanftmut. Ziemlich blöde Vorstellung, wenn man in dieser Welt aufwachsen war, wie sie sich eingestehen musste. Aber ein kleines bisschen Hoffnung hatte sie eben besessen und Hoffnung brauchte sie derzeit ganz dringend.
Zumindest wusste Liadan jetzt sehr genau, welche Geschichten der Wahrheit entsprachen und welche nicht. Die Mär vom freundlichen Geist war somit eindeutig falsch, auch wenn sie sich gerade inständig wünschte, diese möge wahr sein. Wünschen. Da war es wieder.
Ob es wohl etwas brachte, sich genau das von einem der Dschinns zu wünschen? Wahrscheinlich nicht. Außerdem wäre das eine ziemliche Verschwendung und verschwenderisch zu sein, konnte sie sich im Moment echt nicht leisten. Denn sie musste hier weg. Schnell noch dazu, und es war ihre beste, wenn nicht sogar einzige Option, hier unten in diesem Verlies, die Lösung dafür zu finden.
Aber trotz aller Überzeugung und dem Mut, den sie aufzubringen versuchte, blieb das Rumoren in ihrer Magengegend, ein verräterisches Zeichen ihres Unwohlseins aufgrund der angeketteten Gesellschaft. Liadan wusste jedoch, dass sie ihre Unsicherheit auf keinen Fall zeigen durfte.
Jeder Anflug von Schwäche würde von diesen Wesen bestimmt ziemlich gnadenlos ausgenutzt werden. Ihr Herz pochte wild in ihrer Brust, ein heftiges Trommeln gegen ihre Rippen, das langsam ganz schön anstrengend wurde, doch äußerlich versuchte sie weiterhin, eine ruhige Fassung zu bewahren. Liadan ließ ihren Blick aufmerksam über die gefesselten Gestalten gleiten, von dem einen Dschinn, dessen lachende Fratze sich verzerrte, bis zu dem, der sich am Boden ausbreitete und sie mit glühenden Augen fixierte. Sie waren gefährlich, das stand außer Frage, doch im Augenblick waren sie Gefangene. Und darin lag Liadans Chance. Auch wenn es vorerst nur ein ziemlich winziger, eigentlich, wenn sie ehrlich war, kaum vorhandener Lichtblick in diesem Kerker war.
„Das ist wahr.“ Ein Lächeln, das sie über die vielen Jahre ihrer kaiserlichen Erziehung sorgfältig einstudiert hatte, um weder Furcht noch Überheblichkeit gegenüber Gesprächspartnern zu zeigen, spielte um ihre Lippen. Es war das Lächeln einer Kaiserin, die Verhandlungen führte und eben nicht das einer hilflosen Bittstellerin, die um ihr Leben flehte. Zusätzlich war sie sehr bemüht, ihrer Stimme etwas Festes und Sicheres zu geben, um gegen das raue Gelächter der Dschinns anzukommen, die sie nach wie vor beobachteten und anscheinend auf jedes noch so kleine verräterische Muskelzucken warteten.
Schon seltsam. Da stand sie außerhalb des Gitters und kam sich trotzdem so vor, als wäre sie diejenige, die von gaffenden Zuschauern begutachtet wurde, die darauf warteten, dass sie hübsche Kunststückchen vorführte.
„Ich bin nicht euer Meister. Aber ihr erfüllt Wünsche.“ Etwas mutiger nun schritt sie näher an die dicken Eisenstäbe, die den Kerker zusätzlich schützten, und legte ihre Hände an das kühle Eisen. Ein wenig, wahrscheinlich auch um sich selber Sicherheit zu vorzumachen, reckte sie ihr Kinn in die Höhe und ließ ihren Blick auf jenem Dschinn verweilen, der sich zum wiederholten Mal mit seiner ledrigen Zunge über die Lippen leckte und der zuletzt mit ihr sprach. „Was kommt in der Rangfolge eurer Gesetze zuerst? Der Meister oder der Wunsch?“
*** Purpurne Kaiserin ***

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!

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- -Freya-
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#1559
Die Wüste
Freyas Pferd galoppierte durch die Wüste. Dumpf donnerten die Hufe auf den sandigen Boden, wirbelten Staubwolken auf, die im schwindenden Licht der untergehenden Sonne glühten. Die Dünen erhoben sich wie erstarrte Wellen, deren Kämme im goldenen Schein der Abenddämmerung glommen, während der Glockenklang immer leiser wurde bis er schwindend verhallte.
Doch die einkehrende Ruhe täuschte. Die Erde rumorte noch immer, während die Wüste sich wie ein Meer in Wellen um sie herum erhob und senkte, als wäre sie in einem aufgebrachten Sturm.
Der Sand schimmerte in Schattierungen von Ocker und Rot. Ein endloser Ozean, der sich, weich und doch unerbittlich unter dem weiten Himmel vor ihr erstreckte. Der Wind trug eine trockene Kälte mit sich, die Freyas Wangen streifte, vermischt mit dem schwachen Duft von noch verborgener Dunkelheit und ferner Hitze, die noch in der Luft lag.
Immer wieder flimmerte eine dunkle Silhouette vor ihr auf, bevor ein gleißendes Licht die Finsternis um sie herum entzündete. Ein Bild, das nur ihren Träumen entsprungen war.
Doch die einkehrende Ruhe täuschte. Die Erde rumorte noch immer, während die Wüste sich wie ein Meer in Wellen um sie herum erhob und senkte, als wäre sie in einem aufgebrachten Sturm.
Der Sand schimmerte in Schattierungen von Ocker und Rot. Ein endloser Ozean, der sich, weich und doch unerbittlich unter dem weiten Himmel vor ihr erstreckte. Der Wind trug eine trockene Kälte mit sich, die Freyas Wangen streifte, vermischt mit dem schwachen Duft von noch verborgener Dunkelheit und ferner Hitze, die noch in der Luft lag.
Immer wieder flimmerte eine dunkle Silhouette vor ihr auf, bevor ein gleißendes Licht die Finsternis um sie herum entzündete. Ein Bild, das nur ihren Träumen entsprungen war.
„Es ist Dein und mein Traum. Sie haben sich ineinander verschlungen,
sind zu einem geworden und so wie es uns danach verlangt, eins zu sein.“
sind zu einem geworden und so wie es uns danach verlangt, eins zu sein.“
Freya schüttelte unentwegt den Kopf, doch ließen sich all die Gedanken nicht verdrängen. Nein, sie holten sie ein, wie ein Déjà-vu - das Aufbegehren der Erde, die roten Wogen des Sandes, die nahende Finsternis, das Flüstern des warmen Windes. „Das ist nicht real.“ Eine leise Mahnung, die einzig ihr selbst galt. „Er ist nicht hier.“
„Ich denke, die Frage nach dem, wo ich bin, ist falsch."
Seine Aura war beinahe spürbar. Eine Dunkelheit, die sich wie eine samtene,
wärmende und Geborgenheit verschaffende Decke um Freya legte und sie fort trug,
von der Schrecklichkeit, die sie in den letzten Minuten gesehen hatte und verarbeiten musste.
„Frage Dich vielmehr, wer ich bin."
Seine Aura war beinahe spürbar. Eine Dunkelheit, die sich wie eine samtene,
wärmende und Geborgenheit verschaffende Decke um Freya legte und sie fort trug,
von der Schrecklichkeit, die sie in den letzten Minuten gesehen hatte und verarbeiten musste.
„Frage Dich vielmehr, wer ich bin."
Ihr purpurner Umhang flatterte hinter ihr, der Stoff schwer vom Staub, der sich in den Falten sammelte. Freyas Hände umklammerten die Zügel, ihre Knöchel weiß vor Anspannung, während ihr Herz schmerzhaft in ihrer Brust hämmerte. Vielleicht war es sinnlos und sie konnte nicht entkommen, aber sie würde sich auch nicht einfach einem Schicksal ergeben.
~Du kennst seinen Namen~
~Du gehörst hierher. Du bleibst bei ihm.~
~Du gehörst hierher. Du bleibst bei ihm.~
Die Wüste wurde mit jedem Moment stiller, abgesehen vom leisen Heulen des Windes, der durch die Dünen pfiff, und dem dumpfen Takt der Hufe. Die Angst dröhnte in ihren Ohren. Nein, sie würde nicht hierbleiben, sie gehörte nicht an diesen Ort.
Die Nacht senkte sich herab, ein tiefes, samtiges Blau, das die letzten Spuren der Sonne verschlang. Der Himmel öffnete sich, übersät mit funkelnden Sternen, die wie Diamanten in der Dunkelheit glitzerten, während ein einzelner in deren Mitte sich in seiner Intensität von allen anderen abhob. Das Auge des Wächters. Es leuchtete heller als die anderen Sterne um ihn herum. Ein pulsierendes Licht im Westen, das Freya wie ein Leuchtfeuer anzog. Unter einem Blinzeln fixierte sie ihn und versuchte sich nur auf das Licht zu konzentrieren, während der Wind Sandkörner in ihr Gesicht peitschte.
„Wie weit willst Du noch vor der Wahrheit davonlaufen oder Dich vor ihr verstecken?
Hast Du die Hoffnung, dass sie Dich nicht findet? Nein."
Auch wenn seine Züge verborgen gewesen geblieben waren, hatte sie seine Stimme gehört.
Eine Stimme, die gnadenlos einfing.
„Du kennst sie bereits, aber Du hast Angst davor hinzusehen und vor dem,
was sie für Dich bedeutet."
Hast Du die Hoffnung, dass sie Dich nicht findet? Nein."
Auch wenn seine Züge verborgen gewesen geblieben waren, hatte sie seine Stimme gehört.
Eine Stimme, die gnadenlos einfing.
„Du kennst sie bereits, aber Du hast Angst davor hinzusehen und vor dem,
was sie für Dich bedeutet."
Immer wieder flammten Bilder auf, unbarmherzig. Das Blut des Spiegelmachers, das über den Boden sickerte. Seine Hand, die sich nach ihr ausstreckte. Die leeren Augen der hohen Dame, ihr ersticktes Röcheln, als die lichte Magie sie niedergestreckt hatte.
Freya presste die Lippen zusammen, ihre Kehle eng vor Schuld. Was hatte sie getan? Sie hatte diese Macht nicht nutzen wollen. Oder doch? Tränen brannten salzig auf ihren Wangen. Wer war sie? Sie hatte verletzt und getötet - aus Angst und Verzweiflung heraus. Doch die Rechtfertigung schmeckte bitter, bei dem Gedanken daran, wie berauschend sich die Macht selbst angefühlt hatte. Ihre Hände zitterten an den Zügeln, und ein Schauer durchlief sie, als ob die Kälte der Nacht nicht nur ihre Haut, sondern auch ihre Seele berührte.
„Spürst du es, Freya?“ hallte es leise in ihrer Erinnerung wider.
Ein beinahe ersticktes Echo in ihrem Geist, doch der Ausdruck auf seinem Gesicht war triumphierend.
„Es gefällt Dir, nicht wahr?"
Ein beinahe ersticktes Echo in ihrem Geist, doch der Ausdruck auf seinem Gesicht war triumphierend.
„Es gefällt Dir, nicht wahr?"
Sie hatte Haya damit zum Schweigen gebracht. Eine Magie, die sie auf unbeschreibliche Weise in ihrem Körper gespürt hatte, wie sie ihrem Willen gefolgt war. Einem Willen, den sie im Rausch von Gefühlen und Macht jedoch nicht hatte kontrollieren können. Es wäre eine Lüge, würde sie sich selbst vormachen, dass sie das Gefühl von Macht nicht genossen hätte. Jedoch hatte sie das alles nie gewollt. Zu wem war sie geworden? War sie eine Mörderin? Was war sie? Eine Hexe, wie sie sie nannten?
Macht. Sie hatte nie um Macht gebeten und doch hatte sie nach ihr gegriffen, sich von ihr einnehmen lassen und sie ohne Grenzen zu kennen benutzt.
Ungewollt blitzten Erinnerungen des gleißenden Lichts aus der Oase vor ihren Augen auf. Strahlend hell und blendend, so dass allein der nachhallende Gedanke sie blinzeln ließ. Das kleine Mädchen, ihr toter Vater, die Dschinn. Eine Dunkelheit, die sie umhüllt hatte, bevor graue Ascheflocken auf die toten Leiber niedergeregnet war.
~Nur, wenn du es schaffst, dich selbst zu beherrschen, erlangst du Kontrolle über die Macht in dir. ~
Eine vergessene Stimme tadelte sie mit kalter Prägnanz.
Strenge Augen, die ihr kaum bekannt waren und sich dennoch in ihren Geist gebrannt hatten.
Eine vergessene Stimme tadelte sie mit kalter Prägnanz.
Strenge Augen, die ihr kaum bekannt waren und sich dennoch in ihren Geist gebrannt hatten.
Freya hörte das Rauschen ihres eigenen Blutes, das Flüstern ihrer eigenen Ängste unter der sich ein feines Schimmern in ihren Adern abzeichnete, als würde die Magie erneut erwachen. Ihre Haut kribbelte, während eine Wärme in ihren Adern zu pulsieren begann. Ein goldenes Glühen, das sie zugleich stärkte und ängstigte. Sie musste sich beherrschen, bevor es schlimmer wurde oder sie von ihrem Weg abkam. Aber wie sollte sie sich kontrollieren?
Die Dünen schienen endlos, ihre Formen verschoben sich im Wind, als würden sie flüstern, sie verspotten. Jede Erhebung, jeder Schatten in der Dunkelheit fühlte sich an wie ein Verfolger, der sie jagte. Wie lange würde es brauchen, bis sie nach ihr suchten? Wie schnell würde man sie finden? Sie musste die Nacht durchreiten und beten. Hoffen, dass die Dschinn nicht kämen, dass sie so weit wie möglich im Schutz der Nacht kommen würde.
Das Pferd schnaubte und seine Flanken glänzten angestrengt vor Schweiß, als es eine weitere Düne erklomm. Freya hielt inne und ließ ihren Blick zum Himmel wandern, wo der Stern des Wächters heller leuchtete, als würde er sie rufen.
Ihr blieb nur die Finsternis, um den Weg zu finden, der sie aus der Wüste führte. Am Tag würde ihr sie ziellos durch die Sande reiten, sich verlaufen, während die Hitze ihr den Verstand raubte. Nein, sie musste sich zusammenreißen und kontrollieren.
Der Sand knirschte unter den Hufen, und das leise Singen des Windes begann, durch die Dünen zu hallen – ein unheimliches, leises Summen, als ob die Wüste selbst lebte. Die Sterne waren ihr einziger Kompass, an deren Anblick Freya sich klammerte, während das Pferd unter ihr in gleichmäßigem Rhythmus über die Dünen jagte. Doch die Finsternis barg mehr.
Die Schuld lastete schwerer mit jedem Schritt des Pferdes. Sie hatte Menschen verletzt, ihre Magie wie eine Waffe genutzt, ohne eine Grenze zu kennen oder zu beachten. Sie hatte Leben geopfert und getötet und war dabei nicht besser gewesen, als jene, die sie verurteilt hatte.
Freya biss sich auf die Lippe, schmeckte Blut, während Tränen ihre Sicht verschwimmen ließen. Sie wollte nicht diese Person sein – die, die andere in Angst versetzte und Leben nahm. Niemand, der sich von Macht derart berauschen ließ.
~Du hast nicht die Wahl zu sein, wer du vielleicht lieber sein möchtest. Für dich wurde entschieden. ~
Ermahnend erklang Stellans Stimme in ihren Erinnerungen.
Ein Augenblick, in dem sie die rügende Stimme Tanuris in ihrem Geist hören konnte. ~Erinnere dich stets daran, wer du bist. Was du bist, Freya! Vergiss das nie.~
Aber wer war sie mittlerweile? Was, wenn all dies in Wahrheit ihre Bestimmung war? Der Anfang, das Ende. Neben Schuld und Verzweiflung wuchs noch etwas anderes, während sie in die Finsternis sah. Ein Gefühl von Panik, das ihren Atem stocken ließ, während der Nachtwind mit der samtigen Stimme des Schöpfers selbst zu ihr flüsterte.
"Bist es wirklich immer noch Du, oder bin es längst ich
Du kennst die Antwort bereits, nicht wahr? Du und alles was Du bist gehört mir allein. Ich werde dich immer finden."
Du kennst die Antwort bereits, nicht wahr? Du und alles was Du bist gehört mir allein. Ich werde dich immer finden."
Freya beugte sich vor, ihr Atem ging stoßweise, während sie das Pferd antrieb - schneller, weiter. Nur auf das Auge des Wächters schauend, versuchte das Mädchen ihre Ängste und Zweifel zu verdrängen. Nein, Ogrimar selbst hatte es ihr gezeigt, wer sie war. Eine Bedrohung, die er in ihr sehen mochte, weshalb sie ihn umso mehr fürchten sollte und einen Ausweg finden musste, bevor er sie fand und es kein Entkommen mehr gab.

Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~
In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
- Gesichtsloser Erzaehler
- Dorfältester / Dorfälteste
- Beiträge: 135
- Registriert: Do 22. Jul 2021, 21:49
#1560

Die Kettendschinn
Es war, als würde die gefangene Magie plötzlich laut knistern, als Liadan ihre Frage ausgesprochen hatte und gleichzeitig neigten die Dschinn ihre Köpfe hin und wieder her, nachdenkend über das, nach was sie gefragt worden waren. Langsam erhob sich der Dschinn, dessen rauchige Masse sich über den Boden ausgebreitet hatte, dehnte sich und seine formlosen Gliedmaßen aus, bis er in seiner vollen Größe vor ihr stand.
Zwar hielten ihn die schweren Kettenglieder und die Fesseln an seinen Handgelenken davon zurück, durch die Gitterstäbe zu wandern und doch besaß die Nähe, mit der er auf sie einzuwirken wusste, etwas bedrohlich erdrückendes, als würde er alle Energie aus der Umgebung in sich aufnehmen und für sich beanspruchen. Und auch wenn ein Wesen, wie er eines war, nach nichts roch, wurde er von etwas umhüllt, was die Erinnerung an den heißen Sand der Wüste und die kühle der wolkenlosen Nächte erweckte. Würde Liadan sich trauen, genauer hinzusehen, könnte sie ein ungeordnetes Aufleuchten erkennen, das sich quer durch seinen ganzen aus Rauch und Nebel bestehenden Körper zog.
Er wartete ab, ließ die Zeit an ihnen vorüber rinnen, denn davon besaß er genug. Vor allem hier unten, in dieser ewigen Eintönigkeit der Gefangenschaft, die für ihn vielleicht niemals mehr endete. Dabei waren sie, die Dschinn, niemals dafür geschaffen worden, Gefangene zu sein. Ein Element ihrer Existenz war es, sich frei und ungezähmt über die Welten zu bewegen.
Damals gehorchte die Welt noch keiner Ordnung, sie war wild, unkontrolliert und das, was als nächstes geschehen würde, niemals vorherzusehen. Und doch folgte alles einem Willen. Dem Willen des Schöpfers. Auch die Dschinn waren sich über seine Existenz bewusst, aber niemand wusste, ob seine Hand es war, die sie kreierte oder ob die Welt selbst sie einst geboren hatte. Unbestritten war aber, dass ihre Magie sie alt wie die Himmelskörper waren, die man bei Nacht und Tag erblicken konnte und jene nur in Fesseln gelegt war, nicht aber verschwunden.
Nie waren sie dafür gedacht gewesen, ihr Dasein in einem für sie viel zu kleinen Kerker zu fristen. Bevor sie ihr Gefängnis kannten, war ihnen die Vorstellung von Mauern, die sie begrenzten und Ketten, die sie hielten, fremd. Erst als der Prinz sie unterwarf, lernten sie kennen, was die Menschen wohl als Albtraum kannten und bezeichneten. Jeder Tag in diesem Kerker war eine Folter, eine Qual für ihre sonst so ungebundene Natur.
Das Klirren der Ketten, durch die der Prinz sich anmaßte, ihre Mächte auf eine Weise zu binden, die es ihnen nicht mehr erlaubte, sich selbst zu befreien oder ihre Magie für ihre Zwecke anzuwenden, war eine ständige Erinnerung der Demütigung, die sie erfuhren. Als wären die Gedanken und die Erinnerungen der vier Dschinn in jenem Moment gleich, nahm das Knistern erneut zu und wurde unterstrichen von einem grollenden Ton, der jedoch nicht von den Dschinn selbst ausging. Woher er kam, war nicht auszumachen, doch erfüllte er mit einem Beben die unterirdischen Räume ihrer Knechtschaft.
Eine Knechtschaft hervorgerufen durch ein einfaches fleischliches Wesen. Einen Menschen. Wie viele von ihnen waren ihnen schon vor dem Prinzen begegnet? Sie kamen und gingen, die Wünsche aber blieben und waren auf lächerliche Weise immer gleich. Ein Ausdruck von Gier, Ignoranz und Überheblichkeit, die sie dachten, allein aufgrund ihres Daseins beanspruchen zu können.
Anders war bestimmt auch nicht die Frau, die zwanghaft versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen. Und doch…
Der Mund des Dschinn, der sich nah bei Liadan befand, öffnete sich zu einer schwarzen Spalte und aus der Tiefe seines Leibes drang ein Flüstern, das gleichzeitig aber ein vielstimmiges Echo war, welches die Luft in Vibration versetzte. "Eine faszinierende Frage für eine Sterbliche." Das in völliger Einheit erklingende Atmen aller Dschinn war zischend und ließ den gesamten Kerkerbereich merklich um einige Grad abkühlen.
„Die Gesetze der Wünsche sind älter als die Existenz der Menschen. Zu Meistern haben sich erst die eurigen erhoben, bevor es euch gab, waren wir frei. Somit sind wir zuerst an das Gesetz des Wunsches und erst dann an den Meister gebunden."
Das dröhnende Flüstern verklang und ein wenig schwebte der Dschinn von den Gitterstäben zurück, wodurch die gespannten Ketten, die mit dem Stein des Kerkers verankert waren, sich wieder etwas lockerten. Wann genau es geschehen war, dass der erste Meister beschloss, die Dschinn für seinen Egoismus zu benutzen, wussten nicht einmal die ältesten Geschichtsbücher. Aber es war vor einer langen, langen Zeit geschehen. Davor waren sie immer nur selbstbestimmte Macht gewesen und nicht die Sklaven des Willens der Menschen.
Zwar hielten ihn die schweren Kettenglieder und die Fesseln an seinen Handgelenken davon zurück, durch die Gitterstäbe zu wandern und doch besaß die Nähe, mit der er auf sie einzuwirken wusste, etwas bedrohlich erdrückendes, als würde er alle Energie aus der Umgebung in sich aufnehmen und für sich beanspruchen. Und auch wenn ein Wesen, wie er eines war, nach nichts roch, wurde er von etwas umhüllt, was die Erinnerung an den heißen Sand der Wüste und die kühle der wolkenlosen Nächte erweckte. Würde Liadan sich trauen, genauer hinzusehen, könnte sie ein ungeordnetes Aufleuchten erkennen, das sich quer durch seinen ganzen aus Rauch und Nebel bestehenden Körper zog.
Er wartete ab, ließ die Zeit an ihnen vorüber rinnen, denn davon besaß er genug. Vor allem hier unten, in dieser ewigen Eintönigkeit der Gefangenschaft, die für ihn vielleicht niemals mehr endete. Dabei waren sie, die Dschinn, niemals dafür geschaffen worden, Gefangene zu sein. Ein Element ihrer Existenz war es, sich frei und ungezähmt über die Welten zu bewegen.
Damals gehorchte die Welt noch keiner Ordnung, sie war wild, unkontrolliert und das, was als nächstes geschehen würde, niemals vorherzusehen. Und doch folgte alles einem Willen. Dem Willen des Schöpfers. Auch die Dschinn waren sich über seine Existenz bewusst, aber niemand wusste, ob seine Hand es war, die sie kreierte oder ob die Welt selbst sie einst geboren hatte. Unbestritten war aber, dass ihre Magie sie alt wie die Himmelskörper waren, die man bei Nacht und Tag erblicken konnte und jene nur in Fesseln gelegt war, nicht aber verschwunden.
Nie waren sie dafür gedacht gewesen, ihr Dasein in einem für sie viel zu kleinen Kerker zu fristen. Bevor sie ihr Gefängnis kannten, war ihnen die Vorstellung von Mauern, die sie begrenzten und Ketten, die sie hielten, fremd. Erst als der Prinz sie unterwarf, lernten sie kennen, was die Menschen wohl als Albtraum kannten und bezeichneten. Jeder Tag in diesem Kerker war eine Folter, eine Qual für ihre sonst so ungebundene Natur.
Das Klirren der Ketten, durch die der Prinz sich anmaßte, ihre Mächte auf eine Weise zu binden, die es ihnen nicht mehr erlaubte, sich selbst zu befreien oder ihre Magie für ihre Zwecke anzuwenden, war eine ständige Erinnerung der Demütigung, die sie erfuhren. Als wären die Gedanken und die Erinnerungen der vier Dschinn in jenem Moment gleich, nahm das Knistern erneut zu und wurde unterstrichen von einem grollenden Ton, der jedoch nicht von den Dschinn selbst ausging. Woher er kam, war nicht auszumachen, doch erfüllte er mit einem Beben die unterirdischen Räume ihrer Knechtschaft.
Eine Knechtschaft hervorgerufen durch ein einfaches fleischliches Wesen. Einen Menschen. Wie viele von ihnen waren ihnen schon vor dem Prinzen begegnet? Sie kamen und gingen, die Wünsche aber blieben und waren auf lächerliche Weise immer gleich. Ein Ausdruck von Gier, Ignoranz und Überheblichkeit, die sie dachten, allein aufgrund ihres Daseins beanspruchen zu können.
Anders war bestimmt auch nicht die Frau, die zwanghaft versuchte, sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen. Und doch…
Der Mund des Dschinn, der sich nah bei Liadan befand, öffnete sich zu einer schwarzen Spalte und aus der Tiefe seines Leibes drang ein Flüstern, das gleichzeitig aber ein vielstimmiges Echo war, welches die Luft in Vibration versetzte. "Eine faszinierende Frage für eine Sterbliche." Das in völliger Einheit erklingende Atmen aller Dschinn war zischend und ließ den gesamten Kerkerbereich merklich um einige Grad abkühlen.
„Die Gesetze der Wünsche sind älter als die Existenz der Menschen. Zu Meistern haben sich erst die eurigen erhoben, bevor es euch gab, waren wir frei. Somit sind wir zuerst an das Gesetz des Wunsches und erst dann an den Meister gebunden."
Das dröhnende Flüstern verklang und ein wenig schwebte der Dschinn von den Gitterstäben zurück, wodurch die gespannten Ketten, die mit dem Stein des Kerkers verankert waren, sich wieder etwas lockerten. Wann genau es geschehen war, dass der erste Meister beschloss, die Dschinn für seinen Egoismus zu benutzen, wussten nicht einmal die ältesten Geschichtsbücher. Aber es war vor einer langen, langen Zeit geschehen. Davor waren sie immer nur selbstbestimmte Macht gewesen und nicht die Sklaven des Willens der Menschen.

- Liadan Al Saher
- Schmied / Schmiedin
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#1561
Eine Gänsehaut zeichnete sich auf den Unterarmen der Bognerin ab und ein Schauder, den sie nicht kontrollieren konnte, schüttelte ihren Körper einmal durch. Plötzlich war es kühler geworden, als wäre der Winter eingebrochen und hätte die Wände des Kerkers mit einer dünnen Schicht Eis überzogen. Das war natürlich totaler Quatsch. Sie befand sich immer noch inmitten einer heißen Wüste und war mit nichts anderem umgeben außer einer sengenden Sonne und dem Wüstensand. Trotzdem war die Kälte spürbar, die irgendwie von den Dschinn auszugehen schien oder durch sie kam.
Genau konnte Liadan das nicht ausmachen, aber das war ja auch eigentlich ziemlich egal. Das was für sie zählte war nur die Antwort, die sie erhalten hatte und die ihr nun einen winzig kleinen, triumphierenden Ausdruck auf ihr Gesicht zeichnete. Nun traute sie sich doch, nach ein bisschen mehr Zuversicht zu greifen. In Bruchteilen von Sekunden wanderten ihre grünen Augen umher, musterten jeden der Dschinn, die trotz der schweren Ketten immer noch über dem Boden schwebten. Wer war der Richtige, an den sie sich wenden konnte? Es war ja nicht gerade so, dass irgendeiner von den Vieren auch nur annähernd einladend wirkte. Wahrscheinlich würde jeder andere sich einfach entscheiden, frei heraus aus dem Bauch und schon wusste man, ob man richtig lag oder nicht.
Hier führte das "nicht" aber zu einer schwerwiegenden Konsequenz. Schließlich wusste sie, dass die Dschinn dem Prinzen dienten. Was, wenn sie nach ihm riefen? Dann wäre alles vorbei. Sie würde in einem eigenen Kerker landen und wahrscheinlich dazu verurteilt werden ihr den Kopf und die Hände abzuschlagen (könnte sie mitentscheiden, würde sie darum bitten, das zuerst der Kopf genommen wurde, dann musste sie das mit den Händen nicht spüren, aber sie glaubte nicht daran, noch irgendetwas zu sagen zu haben, sobald jemand den Verrat bemerkte). Naja, zumindest sorgte sie mit einer Köpfung, Hängen am Galgen oder jeglicher anderen kreativen Hinrichtung noch einmal für ein kleines Spektakel für die blöde Hakennase und das ganze elitäre Gefolge mit dem sie überhaupt nichts anfangen konnte. Ein wenig Leid täte es ihr aber doch um den Prinzen. Nicht, weil sie etwas für ihn fühlte, sondern weil er wirklich freundlich zu ihr gewesen war, ganz anders, als sie es erwartet hatte.
Fest kniff Liadan einmal ihre Augen zu. Es war nun wirklich keine Zeit, sich über Eventualitäten Gedanken zu machen. Entweder das, was sie vorhatte, funktionierte oder es funktionierte nicht. Ein Zurück gab es jetzt nicht. Also doch, gab es schon, aber ihr fehlten schlichtweg andere Optionen, mit denen sie das tun konnte, was von ihr verlangt wurde. Als sie ihre Augen wieder öffnete, richtete sie diese auf jenen Dschinn, der von ihr fortschwebte. "Ich wünsche mir deine Meisterin zu sein."
Gespannt hielt sie den Atem an, wartete ab und spürte dabei, wie das Herz ihr bis zum Hals hin pochte. Erstmal geschah gar nichts, außer dass sie befürchtete, gleich von innen heraus mit einem lauten Knall zu zerreißen, wenn der Dschinn nicht endlich eine Regung zeigte. Ach, egal, sie hielt das nun nicht mehr aus und wenn gleich alles daneben ging, wollte sie es wenigstens ausgesprochen haben. Es war ein Tanz auf einem sehr wackeligen Seil, das noch dazu in der Mitte angeschnitten war und über das sie über eine Schlucht tanzen musste in der tausende von gefräßigen Krokodilen nach ihr schnappten. Noch dazu stand gefühlt an jedem Ende des Seils jemand und machte sich einen Spaß daraus, daran zu wackeln. Was solls, wenn sie jetzt gleich so tief fallen würde, direkt in die Arme der absolut gerechtfertigten Verhandlung des Verrats, hatte sie wenigstens einmal bei einem Dschinn drei Wünsche ausgesprochen. Wer konnte das schon kurz vor einer wohl drohenden Köpfung schon behaupten.
"Und als deine Meisterin wünsche ich mir, dass du dich und die anderen Dschinn von den Fesseln befreist." Ob es intelligent war, alle vier befreien zu wollen, konnte man bestimmt ausgiebig diskutieren. Aber es war keiner zum diskutieren und besprechen da, weshalb sie sich für diese Variante entschied. Sollte nämlich das, was sie sich dachte, wirklich gelingen, wäre es bestimmt nicht gut, auch nur einen von den Magiewesen an seiner Kette zurückzulassen. Diese Kreaturen schienen nicht unbedingt so, als wären sie auf der Seite der Menschen, was Liadan aber wiederum sehr gut verstehen konnte. Sie wusste genau, wie es war, irgendwo angekettet zu sein und zu etwas gezwungen zu werden, was man nicht sein wollte. Nur, dass ihre Ketten früher sowie auch heute unsichtbar waren.
Ehrlicherweise ging es ihr aber tatsächlich weniger um eine gute Tat, wie darum, ihre eigene Haut noch abzusichern. Würde ein Dschinn gefangen bleiben und dem Prinz aus Rache von ihren Wünschen erzählen, wäre sie trotz einem eventuellen Gelingen geliefert und könnte nicht mehr in den Wüstenpalast zurückkehren. Aber das musste sie, denn hier war Freya. Wenn sie sonst schon nichts tun konnte, musste sie zumindest versuchen, das Mädchen im Auge und fern von Naheniel zu halten.
"Mein dritter Wunsch lautet: Bringe mich zu einem der Portale, durch das man diese Welt verlassen kann." Ein Lidschlag. Dann noch einer. Und ein weiterer. Ihre Stimme war längst verklungen, aber ihren Blick hielt sie fest und mit aller Überzeugung, die sie, von woher auch immer, aufbringen konnte, auf den Dschinn gerichtet, an den sie ihre Wünsche gerichtet hatte.
Genau konnte Liadan das nicht ausmachen, aber das war ja auch eigentlich ziemlich egal. Das was für sie zählte war nur die Antwort, die sie erhalten hatte und die ihr nun einen winzig kleinen, triumphierenden Ausdruck auf ihr Gesicht zeichnete. Nun traute sie sich doch, nach ein bisschen mehr Zuversicht zu greifen. In Bruchteilen von Sekunden wanderten ihre grünen Augen umher, musterten jeden der Dschinn, die trotz der schweren Ketten immer noch über dem Boden schwebten. Wer war der Richtige, an den sie sich wenden konnte? Es war ja nicht gerade so, dass irgendeiner von den Vieren auch nur annähernd einladend wirkte. Wahrscheinlich würde jeder andere sich einfach entscheiden, frei heraus aus dem Bauch und schon wusste man, ob man richtig lag oder nicht.
Hier führte das "nicht" aber zu einer schwerwiegenden Konsequenz. Schließlich wusste sie, dass die Dschinn dem Prinzen dienten. Was, wenn sie nach ihm riefen? Dann wäre alles vorbei. Sie würde in einem eigenen Kerker landen und wahrscheinlich dazu verurteilt werden ihr den Kopf und die Hände abzuschlagen (könnte sie mitentscheiden, würde sie darum bitten, das zuerst der Kopf genommen wurde, dann musste sie das mit den Händen nicht spüren, aber sie glaubte nicht daran, noch irgendetwas zu sagen zu haben, sobald jemand den Verrat bemerkte). Naja, zumindest sorgte sie mit einer Köpfung, Hängen am Galgen oder jeglicher anderen kreativen Hinrichtung noch einmal für ein kleines Spektakel für die blöde Hakennase und das ganze elitäre Gefolge mit dem sie überhaupt nichts anfangen konnte. Ein wenig Leid täte es ihr aber doch um den Prinzen. Nicht, weil sie etwas für ihn fühlte, sondern weil er wirklich freundlich zu ihr gewesen war, ganz anders, als sie es erwartet hatte.
Fest kniff Liadan einmal ihre Augen zu. Es war nun wirklich keine Zeit, sich über Eventualitäten Gedanken zu machen. Entweder das, was sie vorhatte, funktionierte oder es funktionierte nicht. Ein Zurück gab es jetzt nicht. Also doch, gab es schon, aber ihr fehlten schlichtweg andere Optionen, mit denen sie das tun konnte, was von ihr verlangt wurde. Als sie ihre Augen wieder öffnete, richtete sie diese auf jenen Dschinn, der von ihr fortschwebte. "Ich wünsche mir deine Meisterin zu sein."
Gespannt hielt sie den Atem an, wartete ab und spürte dabei, wie das Herz ihr bis zum Hals hin pochte. Erstmal geschah gar nichts, außer dass sie befürchtete, gleich von innen heraus mit einem lauten Knall zu zerreißen, wenn der Dschinn nicht endlich eine Regung zeigte. Ach, egal, sie hielt das nun nicht mehr aus und wenn gleich alles daneben ging, wollte sie es wenigstens ausgesprochen haben. Es war ein Tanz auf einem sehr wackeligen Seil, das noch dazu in der Mitte angeschnitten war und über das sie über eine Schlucht tanzen musste in der tausende von gefräßigen Krokodilen nach ihr schnappten. Noch dazu stand gefühlt an jedem Ende des Seils jemand und machte sich einen Spaß daraus, daran zu wackeln. Was solls, wenn sie jetzt gleich so tief fallen würde, direkt in die Arme der absolut gerechtfertigten Verhandlung des Verrats, hatte sie wenigstens einmal bei einem Dschinn drei Wünsche ausgesprochen. Wer konnte das schon kurz vor einer wohl drohenden Köpfung schon behaupten.
"Und als deine Meisterin wünsche ich mir, dass du dich und die anderen Dschinn von den Fesseln befreist." Ob es intelligent war, alle vier befreien zu wollen, konnte man bestimmt ausgiebig diskutieren. Aber es war keiner zum diskutieren und besprechen da, weshalb sie sich für diese Variante entschied. Sollte nämlich das, was sie sich dachte, wirklich gelingen, wäre es bestimmt nicht gut, auch nur einen von den Magiewesen an seiner Kette zurückzulassen. Diese Kreaturen schienen nicht unbedingt so, als wären sie auf der Seite der Menschen, was Liadan aber wiederum sehr gut verstehen konnte. Sie wusste genau, wie es war, irgendwo angekettet zu sein und zu etwas gezwungen zu werden, was man nicht sein wollte. Nur, dass ihre Ketten früher sowie auch heute unsichtbar waren.
Ehrlicherweise ging es ihr aber tatsächlich weniger um eine gute Tat, wie darum, ihre eigene Haut noch abzusichern. Würde ein Dschinn gefangen bleiben und dem Prinz aus Rache von ihren Wünschen erzählen, wäre sie trotz einem eventuellen Gelingen geliefert und könnte nicht mehr in den Wüstenpalast zurückkehren. Aber das musste sie, denn hier war Freya. Wenn sie sonst schon nichts tun konnte, musste sie zumindest versuchen, das Mädchen im Auge und fern von Naheniel zu halten.
"Mein dritter Wunsch lautet: Bringe mich zu einem der Portale, durch das man diese Welt verlassen kann." Ein Lidschlag. Dann noch einer. Und ein weiterer. Ihre Stimme war längst verklungen, aber ihren Blick hielt sie fest und mit aller Überzeugung, die sie, von woher auch immer, aufbringen konnte, auf den Dschinn gerichtet, an den sie ihre Wünsche gerichtet hatte.
*** Purpurne Kaiserin ***

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!
#1562
~Silberstreif~
Im Schmetterlingsgarten flackerten die Kerzen sanft. Ihr warmer Schein verschmolz mit den züngelnden Flammen der Feuerschalen, die ein betörendes Flair in die Nacht woben, als wollten sie die Geheimnisse des Abends in Licht und Schatten hüllen. Flammen, die nur Silhouetten preisgaben, welche dem Vergnügen oder gar der sogenannten Sünde folgten.
Rosalind hatte ihn fast vergessen, diesen Gast, der so beharrlich nach ihrer Aufmerksamkeit verlangt hatte. So wie sie es bei ihren Mädchen als untröstlich nennen würde, wenn sie einen ihrer Gäste vergaßen oder es einen Grund zur Unzufriedenheit bei einem ihrer Kunden gab, musste sie sich diese kleine Unregelmäßigkeit nun selbst eingestehen. Ein Tadel, der allein ihr selbst galt, nachdem sie sich in die Belange der Kirche und des Generals hatte hineinziehen lassen.
Nach ihrer Rückkehr aus dem Gasthaus hatte sie die schlichten Gewänder der Taverne gegen fließende violette Seide getauscht, deren Schimmer ihre Bewegungen wie ein sanfter Hauch umspielte. Sie hatte Adrian eine kurze Botschaft geschrieben. Keine ausschweifenden Schilderungen, von denen sie wusste, dass der General diese nicht sonderlich schätzen würde, sondern Worte, die präzise und knapp gewählt waren, bevor sie das Pergament den Flammen übergab.
Die Funken tanzten empor, um ihm die Botschaft zu überbringen, ehe sie sich darauf besann, dass sie nicht alleine war und die Wogen bei ihrem anspruchsvollen Gast zu glätten.
Eines ihrer Mädchen hatte sich hervorragend um ihn gekümmert, auch wenn er mit penetranter Hartnäckigkeit nach Rosalinds persönlicher Gesellschaft verlangt hatte. Zwei Leben in einem zu vereinen – das der Herrin des Schmetterlingsgartens und das der Frau, die in den Schatten des Ordens wandelte – wurde zunehmend ein schmaler Grat. Kam daher vielleicht auch der Schatten der Paranoia, welcher sich uneingeladen über ihr Gemüt legte, ob jener Gast möglicherweise Dinge über sie gehört hatte?
„Er war nicht sonderlich erfreut, dass ich an deiner Stelle auf ihn wartete“, begann Ana mit leiser Stimme, während sie neben Rosalind stand, die den tanzenden Funken zusah, die zwischen den Schleiern aus Rauch aufstiegen. „Er sprach von einer Feier, wie er es nannte, und verlangte nach etwas ganz Besonderem. Verflucht, er hörte nicht auf, von der dunklen Priesterin zu reden und dass ein neues Zeitalter anbrechen würde.“
„Tatsächlich?“ Ein vielsagendes Lächeln spielte um Rosalinds Lippen, als ihr kleiner Schmetterling lautstark fluchte. Ihre Augenbraue hob sich dabei jedoch in einer überlegenen Haltung zweifelnd in die Höhe, während ihre smaragdgrünen Augen im Kerzenschein wie Juwelen funkelten, die ein Geheimnis bewahrten. Natürlich ergötzte sich ein Mann wie er am Chaos, das der Fall der Priesterin in der dunklen Kirche ausgelöst hatte. Doch die Belange des Glaubens ruhten in anderen Händen. Hier hatten sie weder eine Bedeutung noch eine Macht. Seine diebische Freude war so vorhersehbar wie der Wind, der durch die Blüten des Gartens strich. Jener so ergreifende Hochmut, der ihn in Hochgefühle versetzte würde ebenso schnell wieder verblassen.
„Du bist etwas Besonderes, Ana.“ Die Stimme der Herrin der Schmetterlinge war weich, doch mit einem Unterton, der keinen Widerspruch duldete. „Ich hoffe, du hast ihn das spüren lassen.“
„Natürlich, Rosalind. Aber…“ Weiter kam Ana nicht. Rosalind hatte sich in einer fließenden Bewegung von ihrem Stuhl erhoben und sah ihr mit einem durchdringenden Blick in die Augen. Ihr Zeigefinger legte sich sanft auf die Lippen des Mädchens, versiegelte sie mit jener Geste, die ebenso zart wie gebieterisch war.
„Scht. Männer wie er, Ana, suchen nicht bloß Vergnügen oder Zerstreuung.“ Sie trat näher, ihre Hand legte sich sanft an Anas Wange. Einen Augenblick musterte sie die zierliche Gestalt der jungen Frau mit einer Mischung aus Wärme und Scharfsinn. „Er trägt ein die Insignien der Rechtschaffenheit und doch hungert auch er nach Besitz, nach Kontrolle, nach dem Rausch der Macht. Männer wie er wollen sich überlegen fühlen, ganz gleich ob sie es in Wirklichkeit sind oder nicht. Und wir – wir lassen sie in dem Glauben, solange es uns dient.“
Ana senkte die Lider, ein stummes Nicken, als hätte sie die Botschaft verstanden, die in Rosalinds Worten lag.
„Hat er sonst etwas preisgegeben oder erzählt?“ Ihre Stimme wurde eine Spur forschender, ohne die Sänfte zu verlieren. „Etwas, das über die Selbstbeweihräucherung seiner Männlichkeit hinausgeht?“
Musternd betrachtete Rosalind die Regungen in Anas Gesicht, ob sie etwas verbarg oder verschwieg, was sie möglicherweise wissen sollte. Wie eine Information darüber, dass er von ihrem Treffen mit Tanuri gehört hatte oder ihre Verbindung zu dem General kannte. Tratschendes Volk und sehende Augen gab es immerhin überall und das Letzte, was Rosalind wollte, war dass ihr altes Leben sie einholen würde und alles, was sie sich mühsam errichtet hatte, zerstören würde. Etwas, das sie nicht zulassen würde und doch musste sie auf Nummer sicher gehen, dass nichts nach außen gedrungen war.
„Nein, es war, als gäbe es kein anderes Thema für ihn.“ Anas Blick fiel zu Boden, eine leichte Scham in ihren Zügen, als hätte sie versagt, ihm ein Geheimnis zu entlocken. Rosalind betrachtete sie einen Moment länger, ihre Augen weich, doch aufmerksam.
„Gut, dann mach dich frisch, nehme die Kräuter und ruhe dich ein wenig aus, Ana“, sagte sie schließlich, wobei ihre Stimme ein leises Streicheln widerspiegelte, das Trost spendete. Ein aufmunterndes Lächeln legte sich auf ihre Züge, während sie ihre Hände an Anas Schultern legte. „Ich kümmere mich darum. Wo ist er jetzt?“
Rosalind hatte ihn fast vergessen, diesen Gast, der so beharrlich nach ihrer Aufmerksamkeit verlangt hatte. So wie sie es bei ihren Mädchen als untröstlich nennen würde, wenn sie einen ihrer Gäste vergaßen oder es einen Grund zur Unzufriedenheit bei einem ihrer Kunden gab, musste sie sich diese kleine Unregelmäßigkeit nun selbst eingestehen. Ein Tadel, der allein ihr selbst galt, nachdem sie sich in die Belange der Kirche und des Generals hatte hineinziehen lassen.
Nach ihrer Rückkehr aus dem Gasthaus hatte sie die schlichten Gewänder der Taverne gegen fließende violette Seide getauscht, deren Schimmer ihre Bewegungen wie ein sanfter Hauch umspielte. Sie hatte Adrian eine kurze Botschaft geschrieben. Keine ausschweifenden Schilderungen, von denen sie wusste, dass der General diese nicht sonderlich schätzen würde, sondern Worte, die präzise und knapp gewählt waren, bevor sie das Pergament den Flammen übergab.
Die Funken tanzten empor, um ihm die Botschaft zu überbringen, ehe sie sich darauf besann, dass sie nicht alleine war und die Wogen bei ihrem anspruchsvollen Gast zu glätten.
Eines ihrer Mädchen hatte sich hervorragend um ihn gekümmert, auch wenn er mit penetranter Hartnäckigkeit nach Rosalinds persönlicher Gesellschaft verlangt hatte. Zwei Leben in einem zu vereinen – das der Herrin des Schmetterlingsgartens und das der Frau, die in den Schatten des Ordens wandelte – wurde zunehmend ein schmaler Grat. Kam daher vielleicht auch der Schatten der Paranoia, welcher sich uneingeladen über ihr Gemüt legte, ob jener Gast möglicherweise Dinge über sie gehört hatte?
„Er war nicht sonderlich erfreut, dass ich an deiner Stelle auf ihn wartete“, begann Ana mit leiser Stimme, während sie neben Rosalind stand, die den tanzenden Funken zusah, die zwischen den Schleiern aus Rauch aufstiegen. „Er sprach von einer Feier, wie er es nannte, und verlangte nach etwas ganz Besonderem. Verflucht, er hörte nicht auf, von der dunklen Priesterin zu reden und dass ein neues Zeitalter anbrechen würde.“
„Tatsächlich?“ Ein vielsagendes Lächeln spielte um Rosalinds Lippen, als ihr kleiner Schmetterling lautstark fluchte. Ihre Augenbraue hob sich dabei jedoch in einer überlegenen Haltung zweifelnd in die Höhe, während ihre smaragdgrünen Augen im Kerzenschein wie Juwelen funkelten, die ein Geheimnis bewahrten. Natürlich ergötzte sich ein Mann wie er am Chaos, das der Fall der Priesterin in der dunklen Kirche ausgelöst hatte. Doch die Belange des Glaubens ruhten in anderen Händen. Hier hatten sie weder eine Bedeutung noch eine Macht. Seine diebische Freude war so vorhersehbar wie der Wind, der durch die Blüten des Gartens strich. Jener so ergreifende Hochmut, der ihn in Hochgefühle versetzte würde ebenso schnell wieder verblassen.
„Du bist etwas Besonderes, Ana.“ Die Stimme der Herrin der Schmetterlinge war weich, doch mit einem Unterton, der keinen Widerspruch duldete. „Ich hoffe, du hast ihn das spüren lassen.“
„Natürlich, Rosalind. Aber…“ Weiter kam Ana nicht. Rosalind hatte sich in einer fließenden Bewegung von ihrem Stuhl erhoben und sah ihr mit einem durchdringenden Blick in die Augen. Ihr Zeigefinger legte sich sanft auf die Lippen des Mädchens, versiegelte sie mit jener Geste, die ebenso zart wie gebieterisch war.
„Scht. Männer wie er, Ana, suchen nicht bloß Vergnügen oder Zerstreuung.“ Sie trat näher, ihre Hand legte sich sanft an Anas Wange. Einen Augenblick musterte sie die zierliche Gestalt der jungen Frau mit einer Mischung aus Wärme und Scharfsinn. „Er trägt ein die Insignien der Rechtschaffenheit und doch hungert auch er nach Besitz, nach Kontrolle, nach dem Rausch der Macht. Männer wie er wollen sich überlegen fühlen, ganz gleich ob sie es in Wirklichkeit sind oder nicht. Und wir – wir lassen sie in dem Glauben, solange es uns dient.“
Ana senkte die Lider, ein stummes Nicken, als hätte sie die Botschaft verstanden, die in Rosalinds Worten lag.
„Hat er sonst etwas preisgegeben oder erzählt?“ Ihre Stimme wurde eine Spur forschender, ohne die Sänfte zu verlieren. „Etwas, das über die Selbstbeweihräucherung seiner Männlichkeit hinausgeht?“
Musternd betrachtete Rosalind die Regungen in Anas Gesicht, ob sie etwas verbarg oder verschwieg, was sie möglicherweise wissen sollte. Wie eine Information darüber, dass er von ihrem Treffen mit Tanuri gehört hatte oder ihre Verbindung zu dem General kannte. Tratschendes Volk und sehende Augen gab es immerhin überall und das Letzte, was Rosalind wollte, war dass ihr altes Leben sie einholen würde und alles, was sie sich mühsam errichtet hatte, zerstören würde. Etwas, das sie nicht zulassen würde und doch musste sie auf Nummer sicher gehen, dass nichts nach außen gedrungen war.
„Nein, es war, als gäbe es kein anderes Thema für ihn.“ Anas Blick fiel zu Boden, eine leichte Scham in ihren Zügen, als hätte sie versagt, ihm ein Geheimnis zu entlocken. Rosalind betrachtete sie einen Moment länger, ihre Augen weich, doch aufmerksam.
„Gut, dann mach dich frisch, nehme die Kräuter und ruhe dich ein wenig aus, Ana“, sagte sie schließlich, wobei ihre Stimme ein leises Streicheln widerspiegelte, das Trost spendete. Ein aufmunterndes Lächeln legte sich auf ihre Züge, während sie ihre Hände an Anas Schultern legte. „Ich kümmere mich darum. Wo ist er jetzt?“

※ Bereue nur jene Sünden, die du nie begangen hast ※
- Gesichtsloser Erzaehler
- Dorfältester / Dorfälteste
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- Registriert: Do 22. Jul 2021, 21:49
#1563

Der Kettendschinn
Der Dschinn hielt inne und ließ die Worte zunächst unbeantwortet. Und so verging die Zeit, ein Atemzug folgte dem nächsten, ein Geschehnis außerhalb dieser einengenden Mauern folgte dem anderen. Plötzlich aber füllte sich die Luft mit einem zunächst noch leisen, fast schon unterschwelligen, dumpfen Vibrieren, das bis zu den Knochen der Menschenfrau drang und ein unangenehmes Kribbeln im gesamten Körper auslöste.
Tief sog der Dschinn die Energie des Raums in sich auf, nahm Luft, Wärme und Kälte, um alles in sich zu sammeln. Er wollte spüren und erleben, wie es war, die Materie, aus der die Welt bestand, wieder an sich zu nehmen und sie zu benutzen. Langsam, nahezu zäh, denn Eile war ihm fremd, drehte er sich wieder zu Liadan herum. In einer kaum zu beschreibenden, tiefen Farbe, die alles zu beinhalten schien, was der menschliche Sinn fassen konnte, flammten seine Augen auf. Mit seiner tiefen Stimme griff er direkt bis in die Seele seines Gegenübers. "Dein Wunsch ist mir Befehl."
Tief sog der Dschinn die Energie des Raums in sich auf, nahm Luft, Wärme und Kälte, um alles in sich zu sammeln. Er wollte spüren und erleben, wie es war, die Materie, aus der die Welt bestand, wieder an sich zu nehmen und sie zu benutzen. Langsam, nahezu zäh, denn Eile war ihm fremd, drehte er sich wieder zu Liadan herum. In einer kaum zu beschreibenden, tiefen Farbe, die alles zu beinhalten schien, was der menschliche Sinn fassen konnte, flammten seine Augen auf. Mit seiner tiefen Stimme griff er direkt bis in die Seele seines Gegenübers. "Dein Wunsch ist mir Befehl."
Und plötzlich, als wären sie nie mehr als nur einfaches Metall gewesen, schmolzen die Fesseln an den Armen des Dschinn, tropften zu Boden und sammelten sich dort zu einer kleinen Pfütze, aus der stechend grüne Flammen zischten. Mit einem Lächeln, das tiefsitzende und schon immer vorhandene Bosheit ausstrahlte, richtete er sich an die anderen Dschinn. In dem Moment, als er sie ansah, schmolzen auch ihre Fesseln und fielen auf den Stein. Vorerst wirkte es, als würde alles stillstehen. Selbst die in steter Bewegung befindlichen Nebel, aus denen die Dschinn teilweise bestanden, hielten inne. Vielleicht war es tatsächlich so, dass die Welt kurz aufhörte, sich zu drehen.
Dann aber flog der Dschinn in unaufhaltsamer Geschwindigkeit auf Liadan zu und durchquerte mit seinem Körper die Gitterstäbe, die sie voneinander trennten. "Menschen", sagte er, "ich dachte, sie könnten mich nicht mehr überraschen." Seine lederne Zunge zuckte und leckte sich über seine kaum sichtbaren Lippen und sein Kopf neigte sich zur Seite, während er Liadan aus seinen immer noch glühend leuchtenden Augen betrachtete. "Normalerweise ist jeder Wunsch von einem Egoismus geprägt, der sich von Meister zu Meister steigert. Reichtum, Liebe, Macht, Herrschaft, Zauberkunst – alles haben wir gehört. Du aber…" Er flog um sie herum, hüllte sie in seinen aufwirbelnden Körper ein und umschloss sie mit seinen krallenartigen Händen. "... hast uns befreit. Das hättest du nicht gemusst."
Dann aber flog der Dschinn in unaufhaltsamer Geschwindigkeit auf Liadan zu und durchquerte mit seinem Körper die Gitterstäbe, die sie voneinander trennten. "Menschen", sagte er, "ich dachte, sie könnten mich nicht mehr überraschen." Seine lederne Zunge zuckte und leckte sich über seine kaum sichtbaren Lippen und sein Kopf neigte sich zur Seite, während er Liadan aus seinen immer noch glühend leuchtenden Augen betrachtete. "Normalerweise ist jeder Wunsch von einem Egoismus geprägt, der sich von Meister zu Meister steigert. Reichtum, Liebe, Macht, Herrschaft, Zauberkunst – alles haben wir gehört. Du aber…" Er flog um sie herum, hüllte sie in seinen aufwirbelnden Körper ein und umschloss sie mit seinen krallenartigen Händen. "... hast uns befreit. Das hättest du nicht gemusst."
Die Welt um Liadan wurde immer undeutlicher, da ein grün-grauer Nebel sich langsam an ihrem Körper hinaufschlängelte, um sich dann wie ein Schleier über ihr Sichtfeld zu legen. Was sie nach wie vor gut hören konnte, war die Stimme des Dschinns, die an ihrem Ohr entlang kroch und sich in ihr ausbreitete, fast so, als wäre es ihre eigene, die da mit ihr sprach. "Warum kein Wunsch, der dich zur Sultana macht? Du hättest über uns bestimmen können, genauso wie es der Prinz tut. Noch dazu hätte dir das ganze Reich der Wüste gehört."
Die Luft wurde zunächst dünner, bevor sie sich kurz darauf wieder verdichtete und in einer Gewalt auf Liadan drückte, die sie fast zu zerquetschen drohte. Dabei geschah nicht mehr, als dass der Dschinn sie festhielt und mit ihr durch den weiten unterirdischen Gang, durch den sie gekommen war, zurück flog, die Stufen hinauf und hinaus aus der zuvor noch so gut gesicherten Tür.
Die Luft wurde zunächst dünner, bevor sie sich kurz darauf wieder verdichtete und in einer Gewalt auf Liadan drückte, die sie fast zu zerquetschen drohte. Dabei geschah nicht mehr, als dass der Dschinn sie festhielt und mit ihr durch den weiten unterirdischen Gang, durch den sie gekommen war, zurück flog, die Stufen hinauf und hinaus aus der zuvor noch so gut gesicherten Tür.
Nach der Kühle des Gewölbes stach die brennende Sonne nun umso mehr auf die ungeschützte Haut der Bognerin. Das Magiewesen jedoch spürte davon nichts. Er war ein Teil der Wüste, ein Teil des Sandes und der Sonne. Genauso aber war er auch ein Teil eines jeden Elements, aus dem die Welt geformt war und durch die er sich seit seiner Erschaffung bewegte. Weder spürte er deshalb Kälte oder Hitze, weshalb ihn weder das eine noch das andere störte.
In rasantem Tempo hob er sich hoch in die aufgeheizte Luft und hielt weiterhin die Frau fest an sich. Dabei war er nicht sonderlich sanft, schließlich war das kein Teil ihres Wunsches gewesen. Einer wie er kannte von sich aus keine Vorsicht, er erfüllte nur das, was man sich wünschte. Und so schraubte er sich durch den Himmel, weit hinauf, bis das Sonnenlicht schon fast mit der Finsternis des Universums zusammentraf. Unter ihnen erstreckte sich eine weite Welt, die aus dieser Entfernung nahezu ihre gesamte Vielfalt offenbarte.
In rasantem Tempo hob er sich hoch in die aufgeheizte Luft und hielt weiterhin die Frau fest an sich. Dabei war er nicht sonderlich sanft, schließlich war das kein Teil ihres Wunsches gewesen. Einer wie er kannte von sich aus keine Vorsicht, er erfüllte nur das, was man sich wünschte. Und so schraubte er sich durch den Himmel, weit hinauf, bis das Sonnenlicht schon fast mit der Finsternis des Universums zusammentraf. Unter ihnen erstreckte sich eine weite Welt, die aus dieser Entfernung nahezu ihre gesamte Vielfalt offenbarte.
Eine weite Wüste, heiß und unbarmherzig, in der nur jene zu überleben wussten, die nur das kennengelernt hatten. Weit entfernt lag ein Meer mit Wellen höher als die höchsten Bäume. Gnadenlos und kalt wie Eis verschlangen sie die armen Seelen, die auf einem Schiff versuchten, es zu überqueren, um auf der anderen Seite das fruchtbare Land zu erreichen, das sich durch sattes Grün und kräftige Bäume auszeichnete. Doch konnte auch diese Idylle trügerisch sein, denn in diesem Wald hausten Tiere und Menschen, die sich in Grausamkeit und Gier nach Blut und Opfern stets neu übertrafen. Weit im Norden hingegen erhob sich eine von Schnee bedeckte Bergkette, hunderte, vielleicht sogar bereits tausend Kilometer entfernt. Was jedoch von dieser Höhe wie zum Greifen nah war. Alles schien direkt hier und mit nur einem weiteren Schritt zu erreichen und doch war es Wochen an Fußmarsch entfernt.
Es war noch lange nicht alles, was die Welt, die sie rasend überflogen, zu bieten hatte. Die Zeit für Liadan, sich eingehend umzusehen, blieb aber nicht. Auch nicht in jene Richtung, in welcher sich die Sonne nun langsam herabsenkte und in die Freya in einem für das schnaubende und schwitzende Tier erschöpfenden Galopp ritt. Schneller und schneller, einem Schicksal entgegen, das sich für das Mädchen wieder neu zu schreiben begann.
Der Dschinn sprach längst nicht mehr – wozu auch? Er hatte alles gesagt, was zu sagen war. Stattdessen setzte er die Reise zum gewünschten Ziel fort. Wo dies genau war, blieb Liadan verborgen, denn die Farben der Erde unter ihr verschwammen, da sich nun die Dunkelheit der Nacht über das Land erhob. Ohne Vorwarnung stürzte er dann aber gemeinsam mit ihr hinab, und die Landschaft nahm immer schärfere Formen und Konturen an. Woher das Wesen wusste, wo es eines der Portale zu finden gab, war wohl der Magie der Wünsche geschuldet, da er selbst nie eins zuvor gesehen hatte. Gehört, womöglich, in einer der zahlreichen Sagen und Geschichten, die man sich über diese Welt erzählte. Aber gesehen? Nein.
Als der Boden unter Liadans Füßen nicht mehr weit war, ließ er sie los. Ein wenig fiel sie, doch das kümmerte ihn nicht, da er getan hatte, was von ihm verlangt worden war. "Deine Wünsche habe ich dir erfüllt. Ich bin nicht mehr an dich als meinen Meister gebunden." Neben ihr blieb er allerdings noch kurz schweben, beobachtend, wie die Kaiserin sich umsah und langsam auf das Flimmern zutrat, das einfach nur wie eine optische Täuschung inmitten der Fremde vor ihnen wirkte. Es gab keinen Rahmen, wie bei einem magischen Portal, oder irgendetwas, um es direkt als solches identifizieren zu können. Und doch war es ganz eindeutig und klar, was es war.
Als die Frau ihre Hand hob, um die flirrende Oberfläche zu berühren, erhob er sich, ohne sich nochmals umzusehen, wieder in die Lüfte. Es interessierte ihn nicht, ob sie durchschritt oder einen Rückzieher machte. Sein Interesse galt nicht mehr länger ihr, denn jetzt war er frei. Doch ob dies lange währte? Dies konnten wohl nur die Schicksalsweberinnen beantworten. Vielleicht erzählt davon an einem anderen Tag und zu einer anderen Zeit eine neue Geschichte.
Der Dschinn schwebte höher und höher und während er mit dem von tausenden Sternen funkelnden Nachthimmel verschmolz, trat Liadan in das Portal, um sich dem Befehl des Schöpfers zu beugen und zu ihm zurückzukehren.
Als die Frau ihre Hand hob, um die flirrende Oberfläche zu berühren, erhob er sich, ohne sich nochmals umzusehen, wieder in die Lüfte. Es interessierte ihn nicht, ob sie durchschritt oder einen Rückzieher machte. Sein Interesse galt nicht mehr länger ihr, denn jetzt war er frei. Doch ob dies lange währte? Dies konnten wohl nur die Schicksalsweberinnen beantworten. Vielleicht erzählt davon an einem anderen Tag und zu einer anderen Zeit eine neue Geschichte.
Der Dschinn schwebte höher und höher und während er mit dem von tausenden Sternen funkelnden Nachthimmel verschmolz, trat Liadan in das Portal, um sich dem Befehl des Schöpfers zu beugen und zu ihm zurückzukehren.

- Liadan Al Saher
- Schmied / Schmiedin
- Beiträge: 51
- Registriert: So 25. Jul 2021, 20:15
#1564
Einiges später, in der Hier-Welt
Verschämt strich Liadan sich über den Oberarm. Ihr Blick war leer geradeaus gerichtet. Blaue Flecken waren noch nicht zu sehen, doch der Schmerz war umso spürbarer. Naheniel hatte sie gefunden, nicht umgekehrt. Sie hatte sich über seine gute Laune gewundert, sich aber nicht getraut, ihn danach zu fragen. Das war auch nicht nötig, denn kurz darauf sagte er ihr, warum er nach ihr gerufen hatte.
Die Priesterin... Tanuri... war tot. Ermordet von Adrian. Allein bei dem Gedanken daran stiegen Liadan wieder Tränen in die Augen; sie musste hart schlucken, um diese unter Kontrolle zu bekommen. Das konnte und wollte sie einfach nicht glauben! Warum hatte er das getan? Ihr Kinn bebte vor Anstrengung, als sie das verzweifelte Weinen zurückzuhalten versuchte, und sie rieb sich einmal über die Nase. Es hatte Momente gegeben, in denen sie dachte, ihren nicht-mehr-Schwager zu verstehen. Oder dass sie einander nahestanden. Das aber war so fremd und falsch, dass sie nun umso mehr erschüttert war darüber, was sie nicht gesehen hatte. Adrian ein Mörder? Nein, das war von vorn bis hinten nicht richtig. Und es war ihr wirklich egal, unter welchen Umständen er es getan hatte!
Es ging ihr einzig darum, dass es getan wurde! Wie hatte er es nur zulassen können, Naheniel diesen Sieg zu schenken? Auch wenn sie Adrians Gefühlswelt nie verstanden hatte, schließlich war er ein ungeschlagener Meister des Schweigens, war das doch nicht er! Oder vielleicht doch? Was wusste sie, wenn sie es ehrlich hinterfragte, über ihn und seine Vergangenheit? Unvermittelt wanderte ihr Blick vom Haus der Legion, vor dem sie mittlerweile seit Minuten wie versteinert stand, zu ihrem Arm.
Fest umschloss Naheniels Hand den Oberarm der Kaiserin und ein diebisches Lächeln hob seine Mundwinkel nach oben, während er sie mit einem Ruck an sich zog. "Du wirst für mich in die Hallen Deiner alten Gilde gehen und nachsehen, ob sie wirklich tot ist. Ein Kondolenzbesuch, wie es sich für eine wohlerzogene Prinzessin," wie er es schon einige Mal zuvor getan hatte, nannte er sie bei jenem Kosenamen, den Adrian ihr einst gab und fasste sie dabei mit seinem Blick, in welchem ein dunkler, mahnender Schatten aufflammte, "gehört." Seine Finger drückten zu und bohrten sich durch ihre Kleidung in ihre Haut und in das Fleisch. "Und Liadan?" Wie Eis sollte der Klang seiner Stimme ihren Nacken und ihre Wirbelsäule hinab kriechen und seinen unverkennbaren Willen unterstreichen. "Verrätst Du mich, wird er sterben."
Der Tod. Warum war er plötzlich überall um sie herum? Die Frage, die sie seit kurzem verfolgte, kam wieder auf: Warum hatte Adrian Tanuri getötet? Die aufkochende Wut riss sie aus ihrer Starre und sie durchquerte mit schnellen Schritten den Innenhof der Gilde, die einst ihr Zuhause gewesen war, und riss die großen Türen auf, die ins Innere führten.
In der Mitte der Eingangshalle angekommen, atmete sie tief durch und sah sich irritiert um. Niemand war hier, niemand hatte versucht, sie aufzuhalten. Seit wann war die Legion so nachlässig? Gerade jetzt, wo die Zahl der Feinde mit hoher Wahrscheinlichkeit wuchs, war nicht einmal eine einzige Wache an der Eingangstür postiert?
„Verdammte Feenschnuckenkacke! Wo sind alle?“
Noch bevor das Echo ihrer Stimme in der Halle verhallt war, stand plötzlich Lorena hinter ihr. Wie aus dem Nichts oder besser gesagt, wie aus den Schatten. Großartig. Das war eine Angewohnheit gewesen, die sie schon bei Adrian wahnsinnig gemacht hatte.
"Was ist denn hier los? Warum fluchst du so?"
Mit ungläubig aufgerissenen Augen starrte Liadan die Inquisitorin an und für einen sprachlosen Moment klappte ihr der Mund auf. Dann schüttelte sie ihren Kopf und griff kurz darauf den Robenärmel Lorenas. "Wo ist er?!"
Für die Inquisitorin fast schon unpassend beruhigend senkte diese ihre Stimme. Wohl war sie es nicht gewohnt, die Bognerin so aufgebracht und hysterisch zu erleben und versuchte es deshalb auf eine beschwichtigende Art herauszufinden. "Eins nach dem anderen. Von wem sprichst du und was verdammt noch eins ist hier schon wieder los?"
Tief atmete die Kaiserin daraufhin ein. Ganz tief. Und hielt erstmal die Luft an für eins, zwei, drei Sekunden. Nur um diese gleich darauf geräuschvoll wieder auszupusten. "Ja wer denn wohl?" Im Gegensatz zu Lorena beherrschte sie das mit der Ruhe gerade so überhaupt nicht. "Wo ist Adrian? Und was zum Sumpfgeist hat er getan?"
Verstehend betrachtete die Inquisitorin Liadan und sah sie mit mahnend und gleichzeitig erinnernd an. "Er hat ebenso wie du sein Versprechen eingehalten. Warum überrascht dich das dermaßen? Du hast dich Naheniel gefügt ebenso wie er. Warum siehst du in seinem Verhalten ein derartiges Problem?"
"Seid ihr denn alle von der Raupe gebissen?" Es war Liadan anzusehen, dass sie mit der ganzen Situation von Minute zu Minute mehr überfordert war. Sie war müde und erschöpft. Das Wagnis mit dem Dschinn hatte an ihren Kräften gezehrt und dann kurz darauf schon Naheniels Nähe. Es war alles zu viel und nun auch noch die Worte Lorenas, die für sie so klangen, als wäre es das Normalste der Welt, mal eben das Gildenoberhaupt auf Geheiß eines Wahnsinnigen umzubringen.
"Ich bringe aber niemanden um! Ich gehe ihn jetzt suchen und Du gehst mit!" Sie packte Lorena am Ärmel, drehte sich auf ihren Fußsohlen herum und stapfte, ziemlich unkaiserlich in Richtung der Treppen, die in das obere Stockwerk führten, wo die Gildenmitglieder ihre Schlaf- und Arbeitsräume hatten. Eigentlich wollte sie eisig schweigen, aber das hielt sie nicht lange aus, denn bereits nach wenigen Stufen begann sie von neuem, ihren Unmut kundzutun. "Es ist das eine, wenn ich mit Naheniel gehe, aber etwas ganz anderes, wenn Adrian die Priesterin tötet. DIE Priesterin! Hat eigentlich irgendwer von euch nachgedacht, was das bedeutet?" Über die Schulter hinweg warf sie Lorena einen funkelnden Blick zu. "Hat überhaupt irgendwer über irgendwas nachgedacht?" Sie nahm noch einige Stufen, atmete tief durch und betrat den Flur im ersten Stock. "Wenn Freya zurück ist, wird sie doch sofort wieder fort sein, wenn sie davon erfährt!"
"Vorsichtig, Prinzessin!" Lorena hatte Liadan Zeit gegeben, sich Luft zu verschaffen. Aber was genug war, war genug. Sie bremste ihren eigenen Schritt, blieb stehen und richtete ihr Wort gezügelt, aber dennoch mit einer gewissen Schärfe an Liadan. "Wir waren gezwungen zu handeln und ob du es glaubst oder nicht: Im Gegensatz zu manch anderen kopf- und geistlosen Geschöpfen sind wir durchaus dazu in der Lage unser Gehirn zu benutzen. Tanuri hat diese Wahl aus freien Stücken betroffen und ich kann dir versichern, dass besonders Adrian nicht sonderlich entzückt war." Sichtlich war es schwer für die Inquisitorin zu verstehen, warum ausgerechnet Liadan sich derart zu echauffieren gedachte, nach alledem, was in der Vergangenheit geschehen war. "Gerade du müsstest es doch verstehen wie es ist, sich für eine höhere Sache zu opfern."
Erbost stemmte sie ihre Hände in die Hände in die Hüften und sah Lorena aufmüpfig an. "Aber ich bringe doch nicht die einzige Person um, die als einzige so weit zu Freya vordringt, dass sie die Wahrheit über Naheniel endlich begreifen könnte!" Ungläubig über all das, was sie hörte, blinzelte sie einige Male und überlegte, ob sie vielleicht einfach irgendwo den Anschluss verloren hatte oder noch besser, beim Prinzen in Wahrheit tagelang im Rausch eines Tees gelegen hatte und all das hier einfach bitterböse Auswirkungen davon waren und es sich nur um eine grottenschlechte Illusion handelte. Gerade wollte Liadan mit der nächsten Tirade beginnen, da stockte ihr förmlich das Blut in den Adern. Sie spürte den Schatten, noch bevor die Stimme, zu der er gehörte, sprach.
"Liadan."Es war nicht mehr als ein kühles, beherrschtes Flüstern, dass den Worten Liadans Einhalt gebot, während Adrian aus dem Nichts vor den beiden Frauen stand. Der Schein der Flammen, der von den Fackeln an der Wand geworfen wurde, ließ die Schatten auf seinem Gesicht fast lebendig wirken. Ein schummriges Licht, welches das Dunkel in seinen Augen deutlich zum Vorschein brachte, als sein Blick sich unter einem überraschten Lidschlag der Prinzessin zu wandte, über welche sich sein dunkles Abbild in voller Größe hinweg legte.
Und in jenem Augenblick ließ Liadan ihre Schultern hängen und fühlte sich plötzlich klitzeklein. Fest ballte sie ihre Hände zu Fäusten, nur um sich zu besinnen, warum sie wütend war und spürte dabei ihr Herz wie wild in ihrer Brust pochen, als sie zu dem hochgewachsenen Mann aufblickte. "Was hast Du getan?" Ihre Stimme war nur ein frostiges Raunen, das jedoch von einem tiefsitzenden Vorwurf begleitet wurde.
"Ich habe getan, was ich tun musste."Weiterhin war Adrians gesamte Erscheinung von Beherrschung geprägt, während seine Augen kurz auf der Inquisitorin haften blieben, bevor er sich erneut an die Kaiserin wandte."Könnten wir das Gespräch unten weiterführen?"Es war keine Frage, wie der Klang seiner Stimme verriet. Es war eine Erwartung seinerseits, wie das Anheben seiner Brauen verraten sollte.
Wortlos biss Liadan sich auf ihre Unterlippe und sah den Flur entlang. In einem der Räume lag wohl nun Nymeria. Nicht mehr nur Halbwaise, sondern nun als Vollwaise. Liadan wusste sehr genau, wie es war, einen Großteil seines Lebens ohne Mutter aufzuwachsen. Das Mädchen würde es von nun an nicht leichter haben, so allein. Ganz allein. Mit einem von Bitterkeit durchtränkten Blick sah sie nochmal kurz zu Adrian, dann zu Lorena und ging mit steifen Schritten die Treppen, die sie gerade noch so schwungvoll nach oben gekommen war, wieder hinunter und betrat mit Lorena und Adrian das Kaminzimmer.
Jeder Raum der Gilde war für sie wie ein nach Hause kommen. Die Gerüche, das warme Feuer, jedes noch so kleine Detail wie die Zimmer gestaltet waren. Genau deshalb tat es höllisch weh, diese zu betreten, mit all den Erinnerungen, die darin lagen und mit dem Wissen, kein Teil mehr davon zu sein. Allerdings durfte sie ihren eigenen egoistischen Gedanken keinen Raum geben. So stand sie vorerst einfach herum und suchte ziemlich verzweifelt ihren ganzen Zorn, der gerade noch laut gebrodelt hatte.
Stattdessen spürte sie eine heiße Träne, die sich in ihrem Auge sammelte und drohte, sich zu lösen. Warum nur hatte sie dieses dumme Geweine einfach nie unter Kontrolle? "Wie konntest Du Freya das antun?" Das Feuer im Kamin knisterte und erfüllte den Raum mit einer behaglichen Wärme, die so gar nicht zu dem Gespräch und der Stimmung passen wollte und fast schon höhnisch auf sie wirkte.
"Welche andere Wahl blieb mir? Sag es mir?"Die Zurückhaltung in seiner Stimme war spürbar trügerisch, doch erlaubte er ihr durchaus zu antworten."Hat er dich dafür hergeschickt?"
Erneut klappte Liadan auf Adrians Worte hin der Mund auf und fassungslos schüttelte sie ihren Kopf. "Ja sag mal, spinnst Du? Welche andere Wahl? Eine jede!" Irgendwie war es ihr ein tiefes Bedürfnis, ihn anzuschreien, aber sie wusste natürlich, dass das derzeit nicht wirklich etwas bringen würde. Trotzdem zog sie erbost ihre Brauen zusammen, ging auf ihn zu und stellte sich gefährlich nah vor ihm auf die Zehenspitzen, war sie schließlich schon immer erheblich kleiner als er. "Und was soll das bitte heißen, dass er mich dafür hergeschickt hat?" Während sie ihn zornig anfunkelte, pochte der Schmerz, den Naheniel ihr nicht nur heute zugefügt hatte, plötzlich wie aus dem Nichts auf.
"Und Liadan? Verrätst Du mich, wird er sterben."
"Woher sonst, weißt du davon?"Berechnend sah Adrian sie an. Ein kühler Blick, der beinahe den Anschein erwecken mochte, als könnte er hinter das Grün ihrer Augen sehen. Seine Brauen schoben sich in seiner Stirn zusammen, nur um dort eine bedrohliche Falte zu hinterlassen.
"Wer hat dir erzählt, was geschehen ist, Prinzessin?"
Verschämt strich Liadan sich über den Oberarm. Ihr Blick war leer geradeaus gerichtet. Blaue Flecken waren noch nicht zu sehen, doch der Schmerz war umso spürbarer. Naheniel hatte sie gefunden, nicht umgekehrt. Sie hatte sich über seine gute Laune gewundert, sich aber nicht getraut, ihn danach zu fragen. Das war auch nicht nötig, denn kurz darauf sagte er ihr, warum er nach ihr gerufen hatte.
Die Priesterin... Tanuri... war tot. Ermordet von Adrian. Allein bei dem Gedanken daran stiegen Liadan wieder Tränen in die Augen; sie musste hart schlucken, um diese unter Kontrolle zu bekommen. Das konnte und wollte sie einfach nicht glauben! Warum hatte er das getan? Ihr Kinn bebte vor Anstrengung, als sie das verzweifelte Weinen zurückzuhalten versuchte, und sie rieb sich einmal über die Nase. Es hatte Momente gegeben, in denen sie dachte, ihren nicht-mehr-Schwager zu verstehen. Oder dass sie einander nahestanden. Das aber war so fremd und falsch, dass sie nun umso mehr erschüttert war darüber, was sie nicht gesehen hatte. Adrian ein Mörder? Nein, das war von vorn bis hinten nicht richtig. Und es war ihr wirklich egal, unter welchen Umständen er es getan hatte!
Es ging ihr einzig darum, dass es getan wurde! Wie hatte er es nur zulassen können, Naheniel diesen Sieg zu schenken? Auch wenn sie Adrians Gefühlswelt nie verstanden hatte, schließlich war er ein ungeschlagener Meister des Schweigens, war das doch nicht er! Oder vielleicht doch? Was wusste sie, wenn sie es ehrlich hinterfragte, über ihn und seine Vergangenheit? Unvermittelt wanderte ihr Blick vom Haus der Legion, vor dem sie mittlerweile seit Minuten wie versteinert stand, zu ihrem Arm.
Fest umschloss Naheniels Hand den Oberarm der Kaiserin und ein diebisches Lächeln hob seine Mundwinkel nach oben, während er sie mit einem Ruck an sich zog. "Du wirst für mich in die Hallen Deiner alten Gilde gehen und nachsehen, ob sie wirklich tot ist. Ein Kondolenzbesuch, wie es sich für eine wohlerzogene Prinzessin," wie er es schon einige Mal zuvor getan hatte, nannte er sie bei jenem Kosenamen, den Adrian ihr einst gab und fasste sie dabei mit seinem Blick, in welchem ein dunkler, mahnender Schatten aufflammte, "gehört." Seine Finger drückten zu und bohrten sich durch ihre Kleidung in ihre Haut und in das Fleisch. "Und Liadan?" Wie Eis sollte der Klang seiner Stimme ihren Nacken und ihre Wirbelsäule hinab kriechen und seinen unverkennbaren Willen unterstreichen. "Verrätst Du mich, wird er sterben."
Der Tod. Warum war er plötzlich überall um sie herum? Die Frage, die sie seit kurzem verfolgte, kam wieder auf: Warum hatte Adrian Tanuri getötet? Die aufkochende Wut riss sie aus ihrer Starre und sie durchquerte mit schnellen Schritten den Innenhof der Gilde, die einst ihr Zuhause gewesen war, und riss die großen Türen auf, die ins Innere führten.
In der Mitte der Eingangshalle angekommen, atmete sie tief durch und sah sich irritiert um. Niemand war hier, niemand hatte versucht, sie aufzuhalten. Seit wann war die Legion so nachlässig? Gerade jetzt, wo die Zahl der Feinde mit hoher Wahrscheinlichkeit wuchs, war nicht einmal eine einzige Wache an der Eingangstür postiert?
„Verdammte Feenschnuckenkacke! Wo sind alle?“
Noch bevor das Echo ihrer Stimme in der Halle verhallt war, stand plötzlich Lorena hinter ihr. Wie aus dem Nichts oder besser gesagt, wie aus den Schatten. Großartig. Das war eine Angewohnheit gewesen, die sie schon bei Adrian wahnsinnig gemacht hatte.
"Was ist denn hier los? Warum fluchst du so?"
Mit ungläubig aufgerissenen Augen starrte Liadan die Inquisitorin an und für einen sprachlosen Moment klappte ihr der Mund auf. Dann schüttelte sie ihren Kopf und griff kurz darauf den Robenärmel Lorenas. "Wo ist er?!"
Für die Inquisitorin fast schon unpassend beruhigend senkte diese ihre Stimme. Wohl war sie es nicht gewohnt, die Bognerin so aufgebracht und hysterisch zu erleben und versuchte es deshalb auf eine beschwichtigende Art herauszufinden. "Eins nach dem anderen. Von wem sprichst du und was verdammt noch eins ist hier schon wieder los?"
Tief atmete die Kaiserin daraufhin ein. Ganz tief. Und hielt erstmal die Luft an für eins, zwei, drei Sekunden. Nur um diese gleich darauf geräuschvoll wieder auszupusten. "Ja wer denn wohl?" Im Gegensatz zu Lorena beherrschte sie das mit der Ruhe gerade so überhaupt nicht. "Wo ist Adrian? Und was zum Sumpfgeist hat er getan?"
Verstehend betrachtete die Inquisitorin Liadan und sah sie mit mahnend und gleichzeitig erinnernd an. "Er hat ebenso wie du sein Versprechen eingehalten. Warum überrascht dich das dermaßen? Du hast dich Naheniel gefügt ebenso wie er. Warum siehst du in seinem Verhalten ein derartiges Problem?"
"Seid ihr denn alle von der Raupe gebissen?" Es war Liadan anzusehen, dass sie mit der ganzen Situation von Minute zu Minute mehr überfordert war. Sie war müde und erschöpft. Das Wagnis mit dem Dschinn hatte an ihren Kräften gezehrt und dann kurz darauf schon Naheniels Nähe. Es war alles zu viel und nun auch noch die Worte Lorenas, die für sie so klangen, als wäre es das Normalste der Welt, mal eben das Gildenoberhaupt auf Geheiß eines Wahnsinnigen umzubringen.
"Ich bringe aber niemanden um! Ich gehe ihn jetzt suchen und Du gehst mit!" Sie packte Lorena am Ärmel, drehte sich auf ihren Fußsohlen herum und stapfte, ziemlich unkaiserlich in Richtung der Treppen, die in das obere Stockwerk führten, wo die Gildenmitglieder ihre Schlaf- und Arbeitsräume hatten. Eigentlich wollte sie eisig schweigen, aber das hielt sie nicht lange aus, denn bereits nach wenigen Stufen begann sie von neuem, ihren Unmut kundzutun. "Es ist das eine, wenn ich mit Naheniel gehe, aber etwas ganz anderes, wenn Adrian die Priesterin tötet. DIE Priesterin! Hat eigentlich irgendwer von euch nachgedacht, was das bedeutet?" Über die Schulter hinweg warf sie Lorena einen funkelnden Blick zu. "Hat überhaupt irgendwer über irgendwas nachgedacht?" Sie nahm noch einige Stufen, atmete tief durch und betrat den Flur im ersten Stock. "Wenn Freya zurück ist, wird sie doch sofort wieder fort sein, wenn sie davon erfährt!"
"Vorsichtig, Prinzessin!" Lorena hatte Liadan Zeit gegeben, sich Luft zu verschaffen. Aber was genug war, war genug. Sie bremste ihren eigenen Schritt, blieb stehen und richtete ihr Wort gezügelt, aber dennoch mit einer gewissen Schärfe an Liadan. "Wir waren gezwungen zu handeln und ob du es glaubst oder nicht: Im Gegensatz zu manch anderen kopf- und geistlosen Geschöpfen sind wir durchaus dazu in der Lage unser Gehirn zu benutzen. Tanuri hat diese Wahl aus freien Stücken betroffen und ich kann dir versichern, dass besonders Adrian nicht sonderlich entzückt war." Sichtlich war es schwer für die Inquisitorin zu verstehen, warum ausgerechnet Liadan sich derart zu echauffieren gedachte, nach alledem, was in der Vergangenheit geschehen war. "Gerade du müsstest es doch verstehen wie es ist, sich für eine höhere Sache zu opfern."
Erbost stemmte sie ihre Hände in die Hände in die Hüften und sah Lorena aufmüpfig an. "Aber ich bringe doch nicht die einzige Person um, die als einzige so weit zu Freya vordringt, dass sie die Wahrheit über Naheniel endlich begreifen könnte!" Ungläubig über all das, was sie hörte, blinzelte sie einige Male und überlegte, ob sie vielleicht einfach irgendwo den Anschluss verloren hatte oder noch besser, beim Prinzen in Wahrheit tagelang im Rausch eines Tees gelegen hatte und all das hier einfach bitterböse Auswirkungen davon waren und es sich nur um eine grottenschlechte Illusion handelte. Gerade wollte Liadan mit der nächsten Tirade beginnen, da stockte ihr förmlich das Blut in den Adern. Sie spürte den Schatten, noch bevor die Stimme, zu der er gehörte, sprach.
"Liadan."Es war nicht mehr als ein kühles, beherrschtes Flüstern, dass den Worten Liadans Einhalt gebot, während Adrian aus dem Nichts vor den beiden Frauen stand. Der Schein der Flammen, der von den Fackeln an der Wand geworfen wurde, ließ die Schatten auf seinem Gesicht fast lebendig wirken. Ein schummriges Licht, welches das Dunkel in seinen Augen deutlich zum Vorschein brachte, als sein Blick sich unter einem überraschten Lidschlag der Prinzessin zu wandte, über welche sich sein dunkles Abbild in voller Größe hinweg legte.
Und in jenem Augenblick ließ Liadan ihre Schultern hängen und fühlte sich plötzlich klitzeklein. Fest ballte sie ihre Hände zu Fäusten, nur um sich zu besinnen, warum sie wütend war und spürte dabei ihr Herz wie wild in ihrer Brust pochen, als sie zu dem hochgewachsenen Mann aufblickte. "Was hast Du getan?" Ihre Stimme war nur ein frostiges Raunen, das jedoch von einem tiefsitzenden Vorwurf begleitet wurde.
"Ich habe getan, was ich tun musste."Weiterhin war Adrians gesamte Erscheinung von Beherrschung geprägt, während seine Augen kurz auf der Inquisitorin haften blieben, bevor er sich erneut an die Kaiserin wandte."Könnten wir das Gespräch unten weiterführen?"Es war keine Frage, wie der Klang seiner Stimme verriet. Es war eine Erwartung seinerseits, wie das Anheben seiner Brauen verraten sollte.
Wortlos biss Liadan sich auf ihre Unterlippe und sah den Flur entlang. In einem der Räume lag wohl nun Nymeria. Nicht mehr nur Halbwaise, sondern nun als Vollwaise. Liadan wusste sehr genau, wie es war, einen Großteil seines Lebens ohne Mutter aufzuwachsen. Das Mädchen würde es von nun an nicht leichter haben, so allein. Ganz allein. Mit einem von Bitterkeit durchtränkten Blick sah sie nochmal kurz zu Adrian, dann zu Lorena und ging mit steifen Schritten die Treppen, die sie gerade noch so schwungvoll nach oben gekommen war, wieder hinunter und betrat mit Lorena und Adrian das Kaminzimmer.
Jeder Raum der Gilde war für sie wie ein nach Hause kommen. Die Gerüche, das warme Feuer, jedes noch so kleine Detail wie die Zimmer gestaltet waren. Genau deshalb tat es höllisch weh, diese zu betreten, mit all den Erinnerungen, die darin lagen und mit dem Wissen, kein Teil mehr davon zu sein. Allerdings durfte sie ihren eigenen egoistischen Gedanken keinen Raum geben. So stand sie vorerst einfach herum und suchte ziemlich verzweifelt ihren ganzen Zorn, der gerade noch laut gebrodelt hatte.
Stattdessen spürte sie eine heiße Träne, die sich in ihrem Auge sammelte und drohte, sich zu lösen. Warum nur hatte sie dieses dumme Geweine einfach nie unter Kontrolle? "Wie konntest Du Freya das antun?" Das Feuer im Kamin knisterte und erfüllte den Raum mit einer behaglichen Wärme, die so gar nicht zu dem Gespräch und der Stimmung passen wollte und fast schon höhnisch auf sie wirkte.
"Welche andere Wahl blieb mir? Sag es mir?"Die Zurückhaltung in seiner Stimme war spürbar trügerisch, doch erlaubte er ihr durchaus zu antworten."Hat er dich dafür hergeschickt?"
Erneut klappte Liadan auf Adrians Worte hin der Mund auf und fassungslos schüttelte sie ihren Kopf. "Ja sag mal, spinnst Du? Welche andere Wahl? Eine jede!" Irgendwie war es ihr ein tiefes Bedürfnis, ihn anzuschreien, aber sie wusste natürlich, dass das derzeit nicht wirklich etwas bringen würde. Trotzdem zog sie erbost ihre Brauen zusammen, ging auf ihn zu und stellte sich gefährlich nah vor ihm auf die Zehenspitzen, war sie schließlich schon immer erheblich kleiner als er. "Und was soll das bitte heißen, dass er mich dafür hergeschickt hat?" Während sie ihn zornig anfunkelte, pochte der Schmerz, den Naheniel ihr nicht nur heute zugefügt hatte, plötzlich wie aus dem Nichts auf.
"Und Liadan? Verrätst Du mich, wird er sterben."
"Woher sonst, weißt du davon?"Berechnend sah Adrian sie an. Ein kühler Blick, der beinahe den Anschein erwecken mochte, als könnte er hinter das Grün ihrer Augen sehen. Seine Brauen schoben sich in seiner Stirn zusammen, nur um dort eine bedrohliche Falte zu hinterlassen.
"Wer hat dir erzählt, was geschehen ist, Prinzessin?"
*** Purpurne Kaiserin ***

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!
- Liadan Al Saher
- Schmied / Schmiedin
- Beiträge: 51
- Registriert: So 25. Jul 2021, 20:15
#1565
Ertappt schnappte Liadan nach Luft, blieb aber ungerührt vor ihm stehen und musste in diesem Augenblick sehr mit sich ringen, ihm nicht sofort gegen seine Brust mit ihren Fäusten zu boxen. "Hör auf mich so anzusehen! Und überhaupt, was soll diese Fragerei? Stehe ich etwa vor einem Tribunal?" Wütend ließ sie ihren Blick von ihm kurz hinüber zu Lorena wandern und sah diese mindestens genauso grantig an, wie sie es bei Adrian tat.
Er hatte natürlich recht, aber das konnte sie ihm nicht sagen. Naheniels Warnung hallte in ihren Ohren wider, als würde er direkt neben ihr stehen und sie mit seiner Nähe und der Vehemenz seiner Drohung erdrücken. Sie wusste sehr gut, dass es ein großer Fehler wäre, dem Schöpfer und seinem Willen nicht zu gehorchen und die Konsequenz daraus durfte sie keinesfalls riskieren. Sie hatte ihr Leben aufgegeben und das der Kaiserin angenommen, um Adrian zu beschützen, und sie dachte gar nicht daran, ihn jetzt in Gefahr zu bringen.
Lorena hingegen reagierte nicht auf den Blick Liadans, sondern beobachtete sie und Adrian nur schweigend. Etwas schien zwischen ihr und dem Dunkelmagier in der Luft zu liegen, aber das konnte Liadan überhaupt nicht greifen. Eine Spannung, die anders war als früher, wenn sich die beiden hier und da mal wegen Uneinigkeiten in die Haare bekommen hatten. Es war irgendwie… intensiver und anders?
"Und was willst Du tun, wenn Freya zurück ist? Wie wirst Du es ihr erklären? Hm?" Nachdem sie die Hoffnung aufgab, dass Lorena ihr helfend zur Seite stehen würde, richtete sie ihre ganze Wut wieder auf Adrian, hob sie auf ihre Zehenspitzen, schüttelte ihren Kopf und starrte ihm in die stechend blauen Augen. "Und Nymeria? Soll sie nun alleine groß werden? Ohne Vater und Mutter? Großartig! Wirklich, Adrian."
Die Kaiserin bemerkte trotz ihrer Wut sehr genau, wie Adrian sie mit seinem Blick durchdrang. Dass ihre impulsive Reaktion wesentlich mehr verriet, als jedes ausgesprochene Wort es gekonnt hätte und ihm den Ansatz eines zynischen Lächelns auf seine Züge zeichnete, ohne ihr dabei aber einen Einblick auf das, was in ihm vorging zu erlauben.
Intensiv hielt er an ihren Augen fest, während er ihren Anschuldigungen lauschte. Beinahe, als würde er sie glauben lassen wollen, dass sie für einen Moment die Kontrolle hätte. Schweigend verschränkte er deshalb die Arme vor der Brust, bis sie geendet hatte. "Sie hat einen Vater. Hat er dir das nicht erzählt?" Das Lächeln auf seinen Lippen vertiefte sich, jedoch war daran nichts freundliches oder wärmendes, sondern spiegelte jetzt umso stärker den Zynismus seiner Worte wider. "Was ich tun werde? Ist es deine Frage oder seine?" Auch wenn er nichts von seinen Gefühlen preisgab, war sie da, die Düsternis seiner Aura, die sich von Zorn, Schmerz und einer unendlichen Dunkelheit in ihm nährte.
Liadan kannte sie bereits sehr gut und sie spürte sie nun umso mehr, diese dunkle Aura, die von ihm ausging und sich mit solch einer Intensität ausbreitete, dass es fast schon erstickend war. Langsam ließ sie sich zurück auf ihre Fußsohlen, wich jedoch keinen Schritt vor ihm zurück, zumindest noch nicht. "Glaubst Du, wir halten nette Teekränzchen im Wald an einer langen Tafel mit allerlei Gästen, spielen Karten und unterhalten uns über den neuesten Tratsch und Klatsch aus seiner Welt und der eurigen?"
Wütend schnaubte sie aus und war kurz davor, es ihm gleich zu tun und ebenfalls ihre Arme vor der Brust zu verschränken. Allerdings hielt sie ein Funken Vernunft davon ab, ihm in dieser Ablehnung zu begegnen, wusste sie schließlich zu gut, dass mit Adrian nicht besonders gut zu spaßen und schon gar nicht zu provozieren war. "Naheniel tut ganz andere Dinge mit mir und ich werde lange zahlen müssen, bis meine Schuld beglichen ist."
Es war jetzt allerdings die Inquisitorin, die die beiden unterbrach und sich an Liadan wandte. "Vielleicht solltest du uns erst mal erzählen, was Du weißt. Es scheint so, als würde man hier ein interessantes Spiel mit uns spielen wollen."
"Ich weiß, dass Tanuri tot ist. Getötet durch die Hand Adrians. Er ist somit den Handel eingegangen. Habt ihr etwas gleichzeitig Vaboris von den Toten auferweckt? Oder wie kommts, dass Nymeria einen Vater hat?" Sprach sie in die Richtung Lorenas, bevor sie sich erneut mit einem eisigen Blick zu Adrian drehte und dabei mit zischenden Worten ihre Augen zu schmalen Schlitzen verengte. "Und es ist meine Frage!"
"Er hat es dir also nicht erzählt." Die Worte kamen wie ein kalter Atemzug über Adrians Lippen, der die Wärme des Kamins verblassen ließ. Ein freudloses Zucken seiner Mundwinkel untermalte jene bittere Ironie, die keinerlei Heiterkeit hervorrief. Mit einer fast beiläufigen, aber doch unübersehbaren bedrohlichen Bewegung, löste er sich von der Tischkante, gegen die er sich kurz nach dem Betreten des Raums gelehnt hatte, und richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
Sein Schatten fiel länger und schwerer, als hätte die Dunkelheit entschieden, den Raum in Besitz zu nehmen, als seine Hand sich nach Liadan ausstreckte. Ein Griff, der sich nicht nur fordernd, sondern fest um ihren Arm schließen sollte und ihr nicht erlaubte, sich ihm zu entziehen. Die Härte seines Blickes fiel unmittelbar auf sie, doch zugleich war dort auch etwas anderes."Welche Schuld, Liadan?" Adrians Stimme war leise, aber jedes Wort schien eine eigene Bedeutung zu haben, während seine Augen, deren Blau nur den Hauch von ihrer ursprünglichen Farbe übrig ließ, schienen, als würden sie sie förmlich durchdringen, um jede Regung und jeden unausgesprochenen Gedanken einfangen zu können.
Diese ganze Geheimniskrämerei machte sie wirklich wahnsinnig. "Was soll er mir erzählt haben?" Eigentlich war sie gerade dabei gewesen, sich dafür zu entscheiden, Adrian mit ihrer Nichtachtung zu strafen, als er sie in diesem Moment am Arm fasste. Genau an jener Stelle, die auch von Naheniel so grob berührt worden war. Sie zuckte zusammen, da sich ein ziemlich heftiger Schmerz nach oben zog, weshalb sie scharf die Luft einsog. So unerschüttert, wie es ihr gerade noch möglich war, blickte sie zurück in seine Augen und baute sich mit ihrer ganzen Würde und ihrem Stolz ein wenig vor ihm auf. "Das geht Dich nichts an! Außerdem beantwortest Du mir doch auch nicht meine Fragen."
Auch wenn Liadan versuchte, es zu verbergen, nahm Adrian es wahr. Und er sah es. Dieses kaum wahrnehmbare Zucken in ihren Zügen, das für den Bruchteil eines Moments spürbar ihren gesamten Körper durchzog. Doch sein Griff lockerte sich nicht - im Gegenteil. Ohne Eile, aber mit unnachgiebiger Entschlossenheit zog er sie näher, bis kaum noch Raum zwischen ihnen blieb. Körperlos und doch von einer greifbaren Präsenz legte sich sein Schatten mit seiner vollen Schwere über. "Ich wiederhole mich ungern, falls du es vergessen haben solltest."Seine Stimme war leise, fast sanft und doch lag darin eine Härte, die keine Widerrede zuzulassen schien.
Mit festem Blick sah die Kaiserin ihm entgegen, jedoch zog ein heftiges Zittern über ihren ganzen Körper. Natürlich wusste sie, wer Adrian war, das hatte sie nicht vergessen. Für sie immer wie ein großer Bruder, für andere ein General. Einer, der nicht zögerte und unter dessen Schwert nicht wenige ihr Leben verloren hatten. Bei so manchen Kämpfen war sie dabei gewesen und hatte jene, die von den Schatten kosten mussten, nicht beneidet.
Jetzt war es ihr, als wäre sie zum ersten Mal selbst der Gegner und der Feind und das war etwas, was ihr eine irrsinnige Angst bereitete. Angst vor Adrian hatte sie nie gehabt, jetzt aber war sie auf erschreckende Weise präsent. Aber die Angst vor dem, was geschehen würde, wenn sie dem Schöpfer erneut zuwider handelte und ihm in den Rücken fiel, war größer. Viel größer. "Du kannst nicht mehr über mich bestimmen, falls Du das vergessen haben solltest!" In ihren Augen glitzerte ein widerspenstiges Licht, auch wenn sie sich innerlich überhaupt nicht widerspenstig fühlte, sondern viel eher wie die ein ganz kleines, graues, flauschiges Mäuschen, das sich am liebsten in ein noch kleines Mäuseloch verstecken wollte.
Kühl schimmerte die hellblaue Farbe seiner Augen, welche das finster aufglimmende Zentrum seiner Augen nur in einem schmalen Rahmen umgab. "Ich habe Dir eine Frage gestellt." Der Klang seiner Worte war von einer düsteren Ruhe erfüllt, die gleichzeitig etwas samtenes, einnehmendes, aber ebenso gefährliches in sich trug. In einer bewussten Mimik hob er eine Braue in die Stirn, bevor er mit einer scheinbar ungewöhnlichen Geduld seine Stimme erhob."Also versuch es noch einmal Liadan."Seine Finger schlossen sich unerbittlich um ihren Arm, während es nicht nur Finsternis war, die sein Blick beschrieb, sondern ein Zorn, der demjenigen galt, der ihr diese Schuld auferlegt hatte. "Welche Schuld bindet dich?"
Das Zittern wollte nicht aufhören, obwohl sie sich sichtlich Mühe gab, sich irgendwie unter Kontrolle zu halten. "Wieso sitze ich eigentlich auf der Anklagebank? Dafür bin ich nicht hierhergekommen!" Als seine Finger sich noch fester um ihren Arm schlossen, riss sie die Augen auf und versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, der ihr nun immer mehr weh tat. "Würdest Du mich wohl loslassen?" Weiterhin versuchte sie ihren ungebrochenen Blick zu ihm aufrechtzuerhalten, doch sie spürte es nicht nur, sondern sie sah es auch, wie das Dunkle an ihm immer mehr zum Vorschein trat.
"Und? Was passiert, wenn ich Dir nichts sage? Bringst Du mich dann genauso um, wie die eine Frau, die Dich für alle sichtbar liebte und die Du blind übersehen hast?" Erneut versuchte sie, sich mit einem Ruck zu befreien, was ihr allerdings nicht gelang und ihr stattdessen nur noch mehr Schmerz bereitete, was dazu führte, dass sie ihr Gesicht zu einer Grimasse verzog.
"Liadan!" Es war Lorenas zurecht weisende Stimme, die die Bognerin unterbrach und versuchte, sie zur Raison zu bringen. "Wähle deine Worte mit Bedacht und erlaube dir kein Urteil über Dinge, die du nicht einschätzen kannst." Dennoch ging sie nicht dazwischen, wissend um die Macht, die von Adrian ausging. Auch wenn sie nicht glaubte, dass er die Hand an eine der seinen erheben würde, blieb sie vorsichtig. Seitdem er die Macht des Dolches gegriffen hatte, schien er unberechenbar, denn auch sie hatte er bei dem Spiegelritual an ihre eigenen Grenzen und darüber hinaus getrieben, um etwas zu erreichen.
"Ja, das ist mir nicht entgangen."Leicht verengten sich seine Augen, ohne dass er ihren Blick freigab. "Du bist gekommen, um mich anzuklagen, nicht wahr?" Trotz ihrer Gegenwehr zog er sie näher an sich heran, nur um sich zu nah zu ihr hinab zu beugen, sodass ein Flüstern seiner Stimme ausreichte, welches wie ein dunkles Raunen an ihrem Ohr vorbeistreichen sollte.
"Du sagst also, er hat dir lediglich erzählt, dass ich die Priesterin getötet habe. - Meine - Frau. Aber er hat dir verschwiegen, weshalb?" Erneut umspielte ein von Zynismus geprägtes Lächeln seine Mundwinkel, ehe er seinen Griff löste und sich ungläubig von ihr abwandte. Sein Schatten selbst blieb jedoch an Ort und Stelle, eine Dunkelheit, die weiterhin wie ein kalter körperloser Griff an haften sollte.
"Ich bin gekommen, um zu erfahren, was zum Henker in Dich gefahren ist, dass Du auf den Handel eingegangen bist. Du kennst ihn doch am Besten von uns allen! Dieser Tod beschafft ihm eine Macht, die kaum…." Liadan stockte, weil sie erst jetzt seine Worte so richtig begriff. "Deine …. was?!" Sie blinzelte und schaute fassungslos auf Adrians Rücken. Es dauerte einige Atemzüge, bis es richtig sackte und sie sich aus dem Schock befreien konnte, um ihm zu folgen und ihn sanft an seinem Oberarm zu berühren. "Sag das nochmal." Als müsse sie sichergehen, dass das hier kein seltsames Schmierentheater war, sah sie über ihre Schulter zu Lorena. "Ich verstehe es nicht. Jetzt noch weniger."
Die Ungläubigkeit zu ihren Worten, aber auch eine unbarmherzige Wut, die in ihm tobte, spiegelte sich in seinen verhärteten Zügen wider, als er sich mit einer Kälte ihrer Berührung zuwandte. "Und was glaubst du, was Tanuri getan hätte?"
Leicht nur bebten seine Nasenflügel, während seine Stimme jedoch eine unnachgiebige Beherrschung in sich trug. Eine Ruhe, die dennoch zum zerreißen dünn erschien. Für einige Atemzüge sah er schweigend in Liadans Augen, forschend, ob sie die Antwort nicht selber erraten konnte. Erneut schloss er die Lider, bevor er einen Atemzug nahm. "Da Naheniel dir von dem Handel berichtet hat, ist er am Zug." Die Düsternis in seiner Stimme zeugte davon, dass dieser Zug in seinen Augen überfällig war und seine Geduld sich einem Ende zuneigte.
Je dunkler die Stimmung Adrians wurde, desto länger warfen sich auch die Schatten, die von den unbeleuchteten Ecken geschaffen wurden und gleichzeitig auch von ihm ausgingen. Langsam waberten sie durch den Raum, breiteten sich aus und begannen, einiges von dem Licht zu verschlucken, welches so mühsam von dem Feuer im Kamin und den Fackeln produziert wurde. Weiter und immer weiter wanderten sie durch den Raum und schienen geradezu nach Lorena zu suchen, nur um sich genüsslich um ihre Beine und ihren Geist zu schlängeln.
"Bist du dir sicher, Prinzessin, dass du deshalb da bist? Sag, wie kann es sein, dass du seiner Kontrolle entwischt bist und du zurück in dein altes Heim kehren konntest, wenn ihr gerade so nett im Austausch über den Tod Tanuris gewesen seid?"
Mit jedem Wort, welches über die Lippen der Inquisitorin kam, verdunkelten sich ihre Augen ein wenig mehr, nahmen die Schatten an, die nach ihrer Seele griffen und fast schon zu ihr selbst wurden.
"Willst du deine Geschichte nicht doch noch mal überdenken und uns die Wahrheit erzählen?"
Er hatte natürlich recht, aber das konnte sie ihm nicht sagen. Naheniels Warnung hallte in ihren Ohren wider, als würde er direkt neben ihr stehen und sie mit seiner Nähe und der Vehemenz seiner Drohung erdrücken. Sie wusste sehr gut, dass es ein großer Fehler wäre, dem Schöpfer und seinem Willen nicht zu gehorchen und die Konsequenz daraus durfte sie keinesfalls riskieren. Sie hatte ihr Leben aufgegeben und das der Kaiserin angenommen, um Adrian zu beschützen, und sie dachte gar nicht daran, ihn jetzt in Gefahr zu bringen.
Lorena hingegen reagierte nicht auf den Blick Liadans, sondern beobachtete sie und Adrian nur schweigend. Etwas schien zwischen ihr und dem Dunkelmagier in der Luft zu liegen, aber das konnte Liadan überhaupt nicht greifen. Eine Spannung, die anders war als früher, wenn sich die beiden hier und da mal wegen Uneinigkeiten in die Haare bekommen hatten. Es war irgendwie… intensiver und anders?
"Und was willst Du tun, wenn Freya zurück ist? Wie wirst Du es ihr erklären? Hm?" Nachdem sie die Hoffnung aufgab, dass Lorena ihr helfend zur Seite stehen würde, richtete sie ihre ganze Wut wieder auf Adrian, hob sie auf ihre Zehenspitzen, schüttelte ihren Kopf und starrte ihm in die stechend blauen Augen. "Und Nymeria? Soll sie nun alleine groß werden? Ohne Vater und Mutter? Großartig! Wirklich, Adrian."
Die Kaiserin bemerkte trotz ihrer Wut sehr genau, wie Adrian sie mit seinem Blick durchdrang. Dass ihre impulsive Reaktion wesentlich mehr verriet, als jedes ausgesprochene Wort es gekonnt hätte und ihm den Ansatz eines zynischen Lächelns auf seine Züge zeichnete, ohne ihr dabei aber einen Einblick auf das, was in ihm vorging zu erlauben.
Intensiv hielt er an ihren Augen fest, während er ihren Anschuldigungen lauschte. Beinahe, als würde er sie glauben lassen wollen, dass sie für einen Moment die Kontrolle hätte. Schweigend verschränkte er deshalb die Arme vor der Brust, bis sie geendet hatte. "Sie hat einen Vater. Hat er dir das nicht erzählt?" Das Lächeln auf seinen Lippen vertiefte sich, jedoch war daran nichts freundliches oder wärmendes, sondern spiegelte jetzt umso stärker den Zynismus seiner Worte wider. "Was ich tun werde? Ist es deine Frage oder seine?" Auch wenn er nichts von seinen Gefühlen preisgab, war sie da, die Düsternis seiner Aura, die sich von Zorn, Schmerz und einer unendlichen Dunkelheit in ihm nährte.
Liadan kannte sie bereits sehr gut und sie spürte sie nun umso mehr, diese dunkle Aura, die von ihm ausging und sich mit solch einer Intensität ausbreitete, dass es fast schon erstickend war. Langsam ließ sie sich zurück auf ihre Fußsohlen, wich jedoch keinen Schritt vor ihm zurück, zumindest noch nicht. "Glaubst Du, wir halten nette Teekränzchen im Wald an einer langen Tafel mit allerlei Gästen, spielen Karten und unterhalten uns über den neuesten Tratsch und Klatsch aus seiner Welt und der eurigen?"
Wütend schnaubte sie aus und war kurz davor, es ihm gleich zu tun und ebenfalls ihre Arme vor der Brust zu verschränken. Allerdings hielt sie ein Funken Vernunft davon ab, ihm in dieser Ablehnung zu begegnen, wusste sie schließlich zu gut, dass mit Adrian nicht besonders gut zu spaßen und schon gar nicht zu provozieren war. "Naheniel tut ganz andere Dinge mit mir und ich werde lange zahlen müssen, bis meine Schuld beglichen ist."
Es war jetzt allerdings die Inquisitorin, die die beiden unterbrach und sich an Liadan wandte. "Vielleicht solltest du uns erst mal erzählen, was Du weißt. Es scheint so, als würde man hier ein interessantes Spiel mit uns spielen wollen."
"Ich weiß, dass Tanuri tot ist. Getötet durch die Hand Adrians. Er ist somit den Handel eingegangen. Habt ihr etwas gleichzeitig Vaboris von den Toten auferweckt? Oder wie kommts, dass Nymeria einen Vater hat?" Sprach sie in die Richtung Lorenas, bevor sie sich erneut mit einem eisigen Blick zu Adrian drehte und dabei mit zischenden Worten ihre Augen zu schmalen Schlitzen verengte. "Und es ist meine Frage!"
"Er hat es dir also nicht erzählt." Die Worte kamen wie ein kalter Atemzug über Adrians Lippen, der die Wärme des Kamins verblassen ließ. Ein freudloses Zucken seiner Mundwinkel untermalte jene bittere Ironie, die keinerlei Heiterkeit hervorrief. Mit einer fast beiläufigen, aber doch unübersehbaren bedrohlichen Bewegung, löste er sich von der Tischkante, gegen die er sich kurz nach dem Betreten des Raums gelehnt hatte, und richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
Sein Schatten fiel länger und schwerer, als hätte die Dunkelheit entschieden, den Raum in Besitz zu nehmen, als seine Hand sich nach Liadan ausstreckte. Ein Griff, der sich nicht nur fordernd, sondern fest um ihren Arm schließen sollte und ihr nicht erlaubte, sich ihm zu entziehen. Die Härte seines Blickes fiel unmittelbar auf sie, doch zugleich war dort auch etwas anderes."Welche Schuld, Liadan?" Adrians Stimme war leise, aber jedes Wort schien eine eigene Bedeutung zu haben, während seine Augen, deren Blau nur den Hauch von ihrer ursprünglichen Farbe übrig ließ, schienen, als würden sie sie förmlich durchdringen, um jede Regung und jeden unausgesprochenen Gedanken einfangen zu können.
Diese ganze Geheimniskrämerei machte sie wirklich wahnsinnig. "Was soll er mir erzählt haben?" Eigentlich war sie gerade dabei gewesen, sich dafür zu entscheiden, Adrian mit ihrer Nichtachtung zu strafen, als er sie in diesem Moment am Arm fasste. Genau an jener Stelle, die auch von Naheniel so grob berührt worden war. Sie zuckte zusammen, da sich ein ziemlich heftiger Schmerz nach oben zog, weshalb sie scharf die Luft einsog. So unerschüttert, wie es ihr gerade noch möglich war, blickte sie zurück in seine Augen und baute sich mit ihrer ganzen Würde und ihrem Stolz ein wenig vor ihm auf. "Das geht Dich nichts an! Außerdem beantwortest Du mir doch auch nicht meine Fragen."
Auch wenn Liadan versuchte, es zu verbergen, nahm Adrian es wahr. Und er sah es. Dieses kaum wahrnehmbare Zucken in ihren Zügen, das für den Bruchteil eines Moments spürbar ihren gesamten Körper durchzog. Doch sein Griff lockerte sich nicht - im Gegenteil. Ohne Eile, aber mit unnachgiebiger Entschlossenheit zog er sie näher, bis kaum noch Raum zwischen ihnen blieb. Körperlos und doch von einer greifbaren Präsenz legte sich sein Schatten mit seiner vollen Schwere über. "Ich wiederhole mich ungern, falls du es vergessen haben solltest."Seine Stimme war leise, fast sanft und doch lag darin eine Härte, die keine Widerrede zuzulassen schien.
Mit festem Blick sah die Kaiserin ihm entgegen, jedoch zog ein heftiges Zittern über ihren ganzen Körper. Natürlich wusste sie, wer Adrian war, das hatte sie nicht vergessen. Für sie immer wie ein großer Bruder, für andere ein General. Einer, der nicht zögerte und unter dessen Schwert nicht wenige ihr Leben verloren hatten. Bei so manchen Kämpfen war sie dabei gewesen und hatte jene, die von den Schatten kosten mussten, nicht beneidet.
Jetzt war es ihr, als wäre sie zum ersten Mal selbst der Gegner und der Feind und das war etwas, was ihr eine irrsinnige Angst bereitete. Angst vor Adrian hatte sie nie gehabt, jetzt aber war sie auf erschreckende Weise präsent. Aber die Angst vor dem, was geschehen würde, wenn sie dem Schöpfer erneut zuwider handelte und ihm in den Rücken fiel, war größer. Viel größer. "Du kannst nicht mehr über mich bestimmen, falls Du das vergessen haben solltest!" In ihren Augen glitzerte ein widerspenstiges Licht, auch wenn sie sich innerlich überhaupt nicht widerspenstig fühlte, sondern viel eher wie die ein ganz kleines, graues, flauschiges Mäuschen, das sich am liebsten in ein noch kleines Mäuseloch verstecken wollte.
Kühl schimmerte die hellblaue Farbe seiner Augen, welche das finster aufglimmende Zentrum seiner Augen nur in einem schmalen Rahmen umgab. "Ich habe Dir eine Frage gestellt." Der Klang seiner Worte war von einer düsteren Ruhe erfüllt, die gleichzeitig etwas samtenes, einnehmendes, aber ebenso gefährliches in sich trug. In einer bewussten Mimik hob er eine Braue in die Stirn, bevor er mit einer scheinbar ungewöhnlichen Geduld seine Stimme erhob."Also versuch es noch einmal Liadan."Seine Finger schlossen sich unerbittlich um ihren Arm, während es nicht nur Finsternis war, die sein Blick beschrieb, sondern ein Zorn, der demjenigen galt, der ihr diese Schuld auferlegt hatte. "Welche Schuld bindet dich?"
Das Zittern wollte nicht aufhören, obwohl sie sich sichtlich Mühe gab, sich irgendwie unter Kontrolle zu halten. "Wieso sitze ich eigentlich auf der Anklagebank? Dafür bin ich nicht hierhergekommen!" Als seine Finger sich noch fester um ihren Arm schlossen, riss sie die Augen auf und versuchte, sich aus seinem Griff zu winden, der ihr nun immer mehr weh tat. "Würdest Du mich wohl loslassen?" Weiterhin versuchte sie ihren ungebrochenen Blick zu ihm aufrechtzuerhalten, doch sie spürte es nicht nur, sondern sie sah es auch, wie das Dunkle an ihm immer mehr zum Vorschein trat.
"Und? Was passiert, wenn ich Dir nichts sage? Bringst Du mich dann genauso um, wie die eine Frau, die Dich für alle sichtbar liebte und die Du blind übersehen hast?" Erneut versuchte sie, sich mit einem Ruck zu befreien, was ihr allerdings nicht gelang und ihr stattdessen nur noch mehr Schmerz bereitete, was dazu führte, dass sie ihr Gesicht zu einer Grimasse verzog.
"Liadan!" Es war Lorenas zurecht weisende Stimme, die die Bognerin unterbrach und versuchte, sie zur Raison zu bringen. "Wähle deine Worte mit Bedacht und erlaube dir kein Urteil über Dinge, die du nicht einschätzen kannst." Dennoch ging sie nicht dazwischen, wissend um die Macht, die von Adrian ausging. Auch wenn sie nicht glaubte, dass er die Hand an eine der seinen erheben würde, blieb sie vorsichtig. Seitdem er die Macht des Dolches gegriffen hatte, schien er unberechenbar, denn auch sie hatte er bei dem Spiegelritual an ihre eigenen Grenzen und darüber hinaus getrieben, um etwas zu erreichen.
"Ja, das ist mir nicht entgangen."Leicht verengten sich seine Augen, ohne dass er ihren Blick freigab. "Du bist gekommen, um mich anzuklagen, nicht wahr?" Trotz ihrer Gegenwehr zog er sie näher an sich heran, nur um sich zu nah zu ihr hinab zu beugen, sodass ein Flüstern seiner Stimme ausreichte, welches wie ein dunkles Raunen an ihrem Ohr vorbeistreichen sollte.
"Du sagst also, er hat dir lediglich erzählt, dass ich die Priesterin getötet habe. - Meine - Frau. Aber er hat dir verschwiegen, weshalb?" Erneut umspielte ein von Zynismus geprägtes Lächeln seine Mundwinkel, ehe er seinen Griff löste und sich ungläubig von ihr abwandte. Sein Schatten selbst blieb jedoch an Ort und Stelle, eine Dunkelheit, die weiterhin wie ein kalter körperloser Griff an haften sollte.
"Ich bin gekommen, um zu erfahren, was zum Henker in Dich gefahren ist, dass Du auf den Handel eingegangen bist. Du kennst ihn doch am Besten von uns allen! Dieser Tod beschafft ihm eine Macht, die kaum…." Liadan stockte, weil sie erst jetzt seine Worte so richtig begriff. "Deine …. was?!" Sie blinzelte und schaute fassungslos auf Adrians Rücken. Es dauerte einige Atemzüge, bis es richtig sackte und sie sich aus dem Schock befreien konnte, um ihm zu folgen und ihn sanft an seinem Oberarm zu berühren. "Sag das nochmal." Als müsse sie sichergehen, dass das hier kein seltsames Schmierentheater war, sah sie über ihre Schulter zu Lorena. "Ich verstehe es nicht. Jetzt noch weniger."
Die Ungläubigkeit zu ihren Worten, aber auch eine unbarmherzige Wut, die in ihm tobte, spiegelte sich in seinen verhärteten Zügen wider, als er sich mit einer Kälte ihrer Berührung zuwandte. "Und was glaubst du, was Tanuri getan hätte?"
Leicht nur bebten seine Nasenflügel, während seine Stimme jedoch eine unnachgiebige Beherrschung in sich trug. Eine Ruhe, die dennoch zum zerreißen dünn erschien. Für einige Atemzüge sah er schweigend in Liadans Augen, forschend, ob sie die Antwort nicht selber erraten konnte. Erneut schloss er die Lider, bevor er einen Atemzug nahm. "Da Naheniel dir von dem Handel berichtet hat, ist er am Zug." Die Düsternis in seiner Stimme zeugte davon, dass dieser Zug in seinen Augen überfällig war und seine Geduld sich einem Ende zuneigte.
Je dunkler die Stimmung Adrians wurde, desto länger warfen sich auch die Schatten, die von den unbeleuchteten Ecken geschaffen wurden und gleichzeitig auch von ihm ausgingen. Langsam waberten sie durch den Raum, breiteten sich aus und begannen, einiges von dem Licht zu verschlucken, welches so mühsam von dem Feuer im Kamin und den Fackeln produziert wurde. Weiter und immer weiter wanderten sie durch den Raum und schienen geradezu nach Lorena zu suchen, nur um sich genüsslich um ihre Beine und ihren Geist zu schlängeln.
"Bist du dir sicher, Prinzessin, dass du deshalb da bist? Sag, wie kann es sein, dass du seiner Kontrolle entwischt bist und du zurück in dein altes Heim kehren konntest, wenn ihr gerade so nett im Austausch über den Tod Tanuris gewesen seid?"
Mit jedem Wort, welches über die Lippen der Inquisitorin kam, verdunkelten sich ihre Augen ein wenig mehr, nahmen die Schatten an, die nach ihrer Seele griffen und fast schon zu ihr selbst wurden.
"Willst du deine Geschichte nicht doch noch mal überdenken und uns die Wahrheit erzählen?"
*** Purpurne Kaiserin ***

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
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- Liadan Al Saher
- Schmied / Schmiedin
- Beiträge: 51
- Registriert: So 25. Jul 2021, 20:15
#1566
Verwirrt ließ sie ihre Hand von Adrians Arm sinken, trat einen Schritt zurück und sah nun hinüber zu Lorena. "Das ist die Wahrheit…" Ihre Stimme war nun aber sehr leise und sie runzelte ihre Stirn. "Lo… Lorena?" Sie kniff ihre Augen zusammen, als könnte sie dadurch ihre Gildenschwester erst richtig erkennen. Der Tonfall, mit der die Inquisitorin zu ihr gesprochen hatte, passte so gar nicht zu ihr. Es war viel eher die Art, die sie hin und wieder vom General gewohnt war, auch wenn er bisher ihr gegenüber nur ganz selten so gewesen war.
Irgendetwas stimmte hier nicht. Und zwar ganz gewaltig. Während die Sekunden zäh vergingen, nahm die Dunkelheit in dem Raum weiter zu, nährte sich von dem letzten Licht, das gerade noch versuchte, sich am Leben zu halten. Plötzlich legte Lorena langsam ihren Kopf zur Seite und betrachtete Liadan aus eisig glänzenden Augen, die sich mit Schwärze füllten."Ich warte."Auch wenn die Inquisitorin ihren Mund bewegte, war es nur ein Teil ihrer Stimme, die zu hören war. Oder doch, eigentlich war es schon sie. Aber irgendwie auch nicht. Es war fremd und auf nicht zu beschreibende Weise anders.
Ohne die Kaiserin aus den Augen zu lassen, schritt Lorena daraufhin mit langsamen und äußerst beherrschten Schritten auf sie zu, wodurch die Schatten, die sie umgaben aufwallten, nur um sich gleich darauf wieder enger um sie zu schlingen, ganz so, als würden sie sich an ihr festhalten wollen. "Machen wir uns nichts vor, Liadan. Würde Naheniel nicht wollen, dass du hier bist, dann wärst du es auch nicht."Eine ihrer Augenbrauen hob sich in ihre Stirn, während sie sich nachdenklich mit ihrem Zeigefinger über ihre Lippen strich. Erst jetzt sollte der Bognerin dabei auffallen, dass sich die Fingerspitzen Lorenas dunkel verfärbt hatten, genauso wie die Farbe in ihren Augen. "Versuchen wir es also noch ein letztes Mal, hm?"
Liadan schluckte schwer und trat einen weiteren, ängstlichen Schritt zurück, um irgendwo Schutz zu suchen. Doch diesen gab es hier nicht. Zumindest nicht mehr für sie. So hatte sie die Inquisitorin noch nie erlebt. Kalt und eisig, von einer frostigen Aura umgeben, so kannte sie sie. Aber das war völlig anders und ganz neu. Als wären die Schatten, die sonst nur Adrian lenkte, nun auch ein Teil von ihr, als würde diese Dunkelheit, die eigentlich sonst nur ihn umgab, durch sie sprechen. "Was ist hier los?"
Doch anstatt, dass einer ihr antwortete, tat Adrian es Lorena gleich, legte auch seinen Kopf in die Schräge und trat jenen Schritt auf Liadan zu, den sie gerade von den beiden zurückgewichen war."Die Inquisitorin hat dich etwas gefragt."
Das war nun wirklich zu viel des Guten. Nicht nur, dass sie nicht verstand, was hier vor sich ging, waren anscheinend alle irgendwie gegen sie. Eines war für sie ganz klar: Sie war längst keine Gildenschwester mehr, sondern wurde ganz offensichtlich auf die Seite des Feindes gestellt. Auch wenn sie das verstand und es nachvollziehbar war, versetzte es ihr einen tiefen Stich in ihr Herz. Ein Stich, der zumindest zusätzlich ihren Zorn wieder entzündete, der kurz verraucht war, nachdem die Stimmung mehr und mehr erkaltete und sich verdüsterte.
"Mir ist schon klar, dass DU mir nicht vertraust, Lorena. Soll mir recht sein. Aber Du, Adrian?" Wütend schüttelte sie ihren Kopf und wollte eigentlich noch weiter von ihm fort, aber irgendwie schaffte sie es nicht, sich in Bewegung zu setzen. "Wo wäre denn die Logik, wenn er mich jetzt zu euch schicken würde? Er hat doch, dank Dir," ein strafendes Funkeln überzog ihre grünen Augen, als sie ihm einen gewagt vernichtenden Blick zuwarf, "das, was er wollte. Und er bringt euch dafür das, was ihr wollt." Sie war so schrecklich wütend und gleichzeitig verwirrt und verzweifelt, dass sie am liebsten alle einmal laut angeschrien hätte. Gleichzeitig aber kam ihr ein sehr beängstigender Gedanke.
Was, wenn er Freya nicht nach Hause brachte? Naheniel wusste sehr gut zu tricksen und das Wort, das er gab, für seine Zwecke zu dehnen und anzupassen. Weiter kam sie vorerst in ihrem Gedankengang allerdings nicht, denn ein Hauch von Eis legte sich wie aus dem Nichts über den Raum, als Lorena erneut das Wort an sie richtete und Liadan immer noch aus tiefschwarzen Augen wie eine Angeklagte vor Gericht begutachtete.
"Vermutlich, weil Naheniel wieder eines seiner perfiden Spielchen mit uns spielt. Aber ich kann dir versprechen," ein süßliches Lächeln legte sich auf den Mund der Sprechenden, während sie ihre sich immer weiter schwarz färbende Hand senkte und ihre Arme sich darauf vor ihrer Brust zu verschränkten,"dass nicht nur dein Wort in Frage gestellt wird, wenn du nicht ehrlich bist. Bist du also womöglich nur hier, um uns auszuhorchen, damit du deine eigene Haut retten kannst? Ich für meinen Teil bin nicht in Stimmung für Ratespielchen, daher kann ich dir nur empfehlen, endlich den Mund aufzumachen."Als Lorenas Stimme verklang, glommen hinter ihr in einer absoluten Finsternis weitere Schatten auf, die ihre Silhouette umgaben und sich an sie schmiegten. Auch wenn Liadan zutiefst verängstigt über das war, was geschah und wie sich das Wesen ihrer einstigen Gildenschwester immer mehr an das Dunkel Adrians anpasste, konnte sie nun nicht mehr an sich halten.
"Boah, nun reicht es aber!" Die purpurne Kaiserin machte einen Schritt auf Lorena zu, ignorierte diese ganze schattenhafte Präsenz, die sie in einer ähnlichen Intensität wie ihren nicht-mehr-Schwager umgab so gut sie konnte, hob ihre Hand und wedelte mit ihrem Zeigefinger vor der Nase der Inquisitorin. "Habe ich irgendwen von euch je betrogen oder hintergangen? Nein. Habe ich je Grund gegeben, an mir zu zweifeln? Nein!"
Schlimm genug, dass sie ihre ganze Familie verloren hatte, nun glaubte man ihr nicht einmal mehr. Alles von hier vermisste sie so fürchterlich, ihre Freunde, Verlion, die Gespräche, die Abende in Adrians Zimmer mit heißer Milch, die Ausflüge, die Unbedarftheit, die Geschichten, die sie mit Freya geteilt hatte und auch die kleinen Momente mit der Tochter der Priesterin. Stattdessen musste sie das purpurne Reich regieren und diese bescheuerte Krone auf ihrem Kopf tragen. "Ihr tut beide so, als wäre ich eine Verräterin!" Ganz nah stellte sie sich an Lorena heran und versuchte bemüht, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. "Wirke ich irgendwie auf Dich, als wäre mir nach spielen? Und sehe ich so aus, als würde mir das, was ich sein muss, gefallen?"
Die Form in der sich Liadan gerade vor ihr aufbaute, hätte unter normalen Umständen für ein gewisses Amüsement in den Zügen der Inquisitorin gesorgt, doch gerade hatte sie jeglichen Humor verloren und das nicht nur, weil die eisige Finsternis durch ihre Adern rauschte und nach immer mehr von ihrem Sein verlangte. Umgeben von Schatten und dunkler Energie, sah Lorena die Bognerin unverwandt an."Kannst du dir diese Fragen nach Verrat und Betrug ebenso überzeugt und ehrlich beantworten, wenn du in dein eigenes Spiegelbild blickst?" Schließlich war es nicht neu, dass Verrat viele Gesichter besaß und falsche Krokodilstränen, begleitet von gekonnt überzeugenden Worten, waren schon so manch einem Lügner über die Wangen gekullert, um Mitleid zu erhaschen.
"Niemand hat behauptet, dass es dir gefällt, eine Marionette zu sein, was jedoch längst nicht bedeutet, dass du unschuldig bist."Die Stimmung im Raum war nahezu zum zerreißen angespannt, doch zog die Inquisitorin es überhaupt nicht in Erwägung, locker zu lassen. Ihre Fragen waren nicht beantwortet und schließlich war sie nicht unbedingt dafür bekannt, sich mit halbgaren Aussagen zufrieden zu geben. Ganz im Gegenteil. Gerade jetzt schien sie von dieser Macht, die sie umgab umso mehr angetrieben zu werden.
"Prinzessin."Die Stimme Adrians wurde getragen von einem Lächeln, das aber kaum mehr als eine vage Andeutung war. Ein Trugbild von Heiterkeit, das vielmehr die Dunkelheit in seinen Zügen nur noch stärker betonte. Langsam, mit einer fast bedrohlichen Gelassenheit, war es nun er, der die letzte Distanz zur Kaiserin fortnahm, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.
"Ich weiß, dass du an… nennen wir es Regeln gebunden bist." Sein Schatten umfasste sie noch immer und legte sich wie ein dunkler Mantel schwer auf sie. Zusätzlich verdichtete sich die Finsternis, die von ihm ausging und wurde immer spürbarer - fast greifbar. Es war nicht nur eine Abwesenheit von Licht – sie war eine Präsenz, eine Aura, die ihn wie eine zweite Haut umgab. "Aber das ist kein Spiel."
Seine Hand hob sich, doch er berührte sie nicht. Es war nur sein Schatten, der in einer körperlosen Geste eine einzelne Strähne aus ihrem Gesicht strich. Seine Augen suchten ihren Blick, hielten ihn fest, nahmen ihn eindringlich ein. "Du bedeutest mir viel, das weißt du. Nicht nur, weil Verlion dich liebt. Aber ich verlange Antworten. Hat er dich ausgeschickt, um sich davon zu überzeugen, dass es mich getroffen hat?"
Seine Hand schwebte weiterhin neben ihren Zügen, während er für einen Moment die Antwort auf eine ungestellte Frage in ihren Augen suchte. Eine Antwort, die sie zwar vehement bestritt, aber der er sich selbst versichern wollte, auch wenn sie ihn nicht anlog.
"Dann richte ihm aus, dass er sich beeilen soll, bevor ich mich vergesse."Auch wenn die Drohung nicht an sie gerichtet war, drang seine Stimme ihr tief in Mark und Bein. Und als der Schatten des Magiers sich noch dazu so fest um sie legte, dass sie nicht mehr weichen konnte und seine Augen auf sie trafen und ihr nahezu bis tief in ihre kleine Seele schaute, verlor sie endgültig ihre Fassung. "Ihr versteht doch alle überhaupt nichts! Mache ich nicht das, was er will, breche ich meinen Vertrag mit ihm."
Adrians Blick nahm in jenem Moment, als sie endete, an Intensität zu und drang noch tiefer in sie. Die Schatten im Raum schlossen sich endgültig um sie und zwangen sie, ihm standzuhalten und verboten es ihr, ihn zu meiden. Mit seiner ganzen Präsenz, die alles auszufüllen schien, verdeutlichte er ihr, dass er es nicht länger duldete, dass sie ihm auswich. Das Schweben seiner Hand hielt inne und sie konnte die Wärme, die von ihr ausging, auf ihrer Wange spüren. Ein trügerisches Versprechen von Trost, das sich plötzlich in etwas Dunkleres verwandelte, als er sie flüsternd anherrschte. "Was für ein Vertrag?"
Die Berührung, die sie nicht berührte, war eine so schmerzhafte Erinnerung an alles, was sie verloren hatte, dass sie fast vor lauter Kummer in sich zusammenbrach und in diesem Moment vergaß, dass sie es niemals hätte sagen wollen. "Mein Gehorsam und meine Freiheit gegen Dein Leben Adrian."
Irgendetwas stimmte hier nicht. Und zwar ganz gewaltig. Während die Sekunden zäh vergingen, nahm die Dunkelheit in dem Raum weiter zu, nährte sich von dem letzten Licht, das gerade noch versuchte, sich am Leben zu halten. Plötzlich legte Lorena langsam ihren Kopf zur Seite und betrachtete Liadan aus eisig glänzenden Augen, die sich mit Schwärze füllten."Ich warte."Auch wenn die Inquisitorin ihren Mund bewegte, war es nur ein Teil ihrer Stimme, die zu hören war. Oder doch, eigentlich war es schon sie. Aber irgendwie auch nicht. Es war fremd und auf nicht zu beschreibende Weise anders.
Ohne die Kaiserin aus den Augen zu lassen, schritt Lorena daraufhin mit langsamen und äußerst beherrschten Schritten auf sie zu, wodurch die Schatten, die sie umgaben aufwallten, nur um sich gleich darauf wieder enger um sie zu schlingen, ganz so, als würden sie sich an ihr festhalten wollen. "Machen wir uns nichts vor, Liadan. Würde Naheniel nicht wollen, dass du hier bist, dann wärst du es auch nicht."Eine ihrer Augenbrauen hob sich in ihre Stirn, während sie sich nachdenklich mit ihrem Zeigefinger über ihre Lippen strich. Erst jetzt sollte der Bognerin dabei auffallen, dass sich die Fingerspitzen Lorenas dunkel verfärbt hatten, genauso wie die Farbe in ihren Augen. "Versuchen wir es also noch ein letztes Mal, hm?"
Liadan schluckte schwer und trat einen weiteren, ängstlichen Schritt zurück, um irgendwo Schutz zu suchen. Doch diesen gab es hier nicht. Zumindest nicht mehr für sie. So hatte sie die Inquisitorin noch nie erlebt. Kalt und eisig, von einer frostigen Aura umgeben, so kannte sie sie. Aber das war völlig anders und ganz neu. Als wären die Schatten, die sonst nur Adrian lenkte, nun auch ein Teil von ihr, als würde diese Dunkelheit, die eigentlich sonst nur ihn umgab, durch sie sprechen. "Was ist hier los?"
Doch anstatt, dass einer ihr antwortete, tat Adrian es Lorena gleich, legte auch seinen Kopf in die Schräge und trat jenen Schritt auf Liadan zu, den sie gerade von den beiden zurückgewichen war."Die Inquisitorin hat dich etwas gefragt."
Das war nun wirklich zu viel des Guten. Nicht nur, dass sie nicht verstand, was hier vor sich ging, waren anscheinend alle irgendwie gegen sie. Eines war für sie ganz klar: Sie war längst keine Gildenschwester mehr, sondern wurde ganz offensichtlich auf die Seite des Feindes gestellt. Auch wenn sie das verstand und es nachvollziehbar war, versetzte es ihr einen tiefen Stich in ihr Herz. Ein Stich, der zumindest zusätzlich ihren Zorn wieder entzündete, der kurz verraucht war, nachdem die Stimmung mehr und mehr erkaltete und sich verdüsterte.
"Mir ist schon klar, dass DU mir nicht vertraust, Lorena. Soll mir recht sein. Aber Du, Adrian?" Wütend schüttelte sie ihren Kopf und wollte eigentlich noch weiter von ihm fort, aber irgendwie schaffte sie es nicht, sich in Bewegung zu setzen. "Wo wäre denn die Logik, wenn er mich jetzt zu euch schicken würde? Er hat doch, dank Dir," ein strafendes Funkeln überzog ihre grünen Augen, als sie ihm einen gewagt vernichtenden Blick zuwarf, "das, was er wollte. Und er bringt euch dafür das, was ihr wollt." Sie war so schrecklich wütend und gleichzeitig verwirrt und verzweifelt, dass sie am liebsten alle einmal laut angeschrien hätte. Gleichzeitig aber kam ihr ein sehr beängstigender Gedanke.
Was, wenn er Freya nicht nach Hause brachte? Naheniel wusste sehr gut zu tricksen und das Wort, das er gab, für seine Zwecke zu dehnen und anzupassen. Weiter kam sie vorerst in ihrem Gedankengang allerdings nicht, denn ein Hauch von Eis legte sich wie aus dem Nichts über den Raum, als Lorena erneut das Wort an sie richtete und Liadan immer noch aus tiefschwarzen Augen wie eine Angeklagte vor Gericht begutachtete.
"Vermutlich, weil Naheniel wieder eines seiner perfiden Spielchen mit uns spielt. Aber ich kann dir versprechen," ein süßliches Lächeln legte sich auf den Mund der Sprechenden, während sie ihre sich immer weiter schwarz färbende Hand senkte und ihre Arme sich darauf vor ihrer Brust zu verschränkten,"dass nicht nur dein Wort in Frage gestellt wird, wenn du nicht ehrlich bist. Bist du also womöglich nur hier, um uns auszuhorchen, damit du deine eigene Haut retten kannst? Ich für meinen Teil bin nicht in Stimmung für Ratespielchen, daher kann ich dir nur empfehlen, endlich den Mund aufzumachen."Als Lorenas Stimme verklang, glommen hinter ihr in einer absoluten Finsternis weitere Schatten auf, die ihre Silhouette umgaben und sich an sie schmiegten. Auch wenn Liadan zutiefst verängstigt über das war, was geschah und wie sich das Wesen ihrer einstigen Gildenschwester immer mehr an das Dunkel Adrians anpasste, konnte sie nun nicht mehr an sich halten.
"Boah, nun reicht es aber!" Die purpurne Kaiserin machte einen Schritt auf Lorena zu, ignorierte diese ganze schattenhafte Präsenz, die sie in einer ähnlichen Intensität wie ihren nicht-mehr-Schwager umgab so gut sie konnte, hob ihre Hand und wedelte mit ihrem Zeigefinger vor der Nase der Inquisitorin. "Habe ich irgendwen von euch je betrogen oder hintergangen? Nein. Habe ich je Grund gegeben, an mir zu zweifeln? Nein!"
Schlimm genug, dass sie ihre ganze Familie verloren hatte, nun glaubte man ihr nicht einmal mehr. Alles von hier vermisste sie so fürchterlich, ihre Freunde, Verlion, die Gespräche, die Abende in Adrians Zimmer mit heißer Milch, die Ausflüge, die Unbedarftheit, die Geschichten, die sie mit Freya geteilt hatte und auch die kleinen Momente mit der Tochter der Priesterin. Stattdessen musste sie das purpurne Reich regieren und diese bescheuerte Krone auf ihrem Kopf tragen. "Ihr tut beide so, als wäre ich eine Verräterin!" Ganz nah stellte sie sich an Lorena heran und versuchte bemüht, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten. "Wirke ich irgendwie auf Dich, als wäre mir nach spielen? Und sehe ich so aus, als würde mir das, was ich sein muss, gefallen?"
Die Form in der sich Liadan gerade vor ihr aufbaute, hätte unter normalen Umständen für ein gewisses Amüsement in den Zügen der Inquisitorin gesorgt, doch gerade hatte sie jeglichen Humor verloren und das nicht nur, weil die eisige Finsternis durch ihre Adern rauschte und nach immer mehr von ihrem Sein verlangte. Umgeben von Schatten und dunkler Energie, sah Lorena die Bognerin unverwandt an."Kannst du dir diese Fragen nach Verrat und Betrug ebenso überzeugt und ehrlich beantworten, wenn du in dein eigenes Spiegelbild blickst?" Schließlich war es nicht neu, dass Verrat viele Gesichter besaß und falsche Krokodilstränen, begleitet von gekonnt überzeugenden Worten, waren schon so manch einem Lügner über die Wangen gekullert, um Mitleid zu erhaschen.
"Niemand hat behauptet, dass es dir gefällt, eine Marionette zu sein, was jedoch längst nicht bedeutet, dass du unschuldig bist."Die Stimmung im Raum war nahezu zum zerreißen angespannt, doch zog die Inquisitorin es überhaupt nicht in Erwägung, locker zu lassen. Ihre Fragen waren nicht beantwortet und schließlich war sie nicht unbedingt dafür bekannt, sich mit halbgaren Aussagen zufrieden zu geben. Ganz im Gegenteil. Gerade jetzt schien sie von dieser Macht, die sie umgab umso mehr angetrieben zu werden.
"Prinzessin."Die Stimme Adrians wurde getragen von einem Lächeln, das aber kaum mehr als eine vage Andeutung war. Ein Trugbild von Heiterkeit, das vielmehr die Dunkelheit in seinen Zügen nur noch stärker betonte. Langsam, mit einer fast bedrohlichen Gelassenheit, war es nun er, der die letzte Distanz zur Kaiserin fortnahm, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.
"Ich weiß, dass du an… nennen wir es Regeln gebunden bist." Sein Schatten umfasste sie noch immer und legte sich wie ein dunkler Mantel schwer auf sie. Zusätzlich verdichtete sich die Finsternis, die von ihm ausging und wurde immer spürbarer - fast greifbar. Es war nicht nur eine Abwesenheit von Licht – sie war eine Präsenz, eine Aura, die ihn wie eine zweite Haut umgab. "Aber das ist kein Spiel."
Seine Hand hob sich, doch er berührte sie nicht. Es war nur sein Schatten, der in einer körperlosen Geste eine einzelne Strähne aus ihrem Gesicht strich. Seine Augen suchten ihren Blick, hielten ihn fest, nahmen ihn eindringlich ein. "Du bedeutest mir viel, das weißt du. Nicht nur, weil Verlion dich liebt. Aber ich verlange Antworten. Hat er dich ausgeschickt, um sich davon zu überzeugen, dass es mich getroffen hat?"
Seine Hand schwebte weiterhin neben ihren Zügen, während er für einen Moment die Antwort auf eine ungestellte Frage in ihren Augen suchte. Eine Antwort, die sie zwar vehement bestritt, aber der er sich selbst versichern wollte, auch wenn sie ihn nicht anlog.
"Dann richte ihm aus, dass er sich beeilen soll, bevor ich mich vergesse."Auch wenn die Drohung nicht an sie gerichtet war, drang seine Stimme ihr tief in Mark und Bein. Und als der Schatten des Magiers sich noch dazu so fest um sie legte, dass sie nicht mehr weichen konnte und seine Augen auf sie trafen und ihr nahezu bis tief in ihre kleine Seele schaute, verlor sie endgültig ihre Fassung. "Ihr versteht doch alle überhaupt nichts! Mache ich nicht das, was er will, breche ich meinen Vertrag mit ihm."
Adrians Blick nahm in jenem Moment, als sie endete, an Intensität zu und drang noch tiefer in sie. Die Schatten im Raum schlossen sich endgültig um sie und zwangen sie, ihm standzuhalten und verboten es ihr, ihn zu meiden. Mit seiner ganzen Präsenz, die alles auszufüllen schien, verdeutlichte er ihr, dass er es nicht länger duldete, dass sie ihm auswich. Das Schweben seiner Hand hielt inne und sie konnte die Wärme, die von ihr ausging, auf ihrer Wange spüren. Ein trügerisches Versprechen von Trost, das sich plötzlich in etwas Dunkleres verwandelte, als er sie flüsternd anherrschte. "Was für ein Vertrag?"
Die Berührung, die sie nicht berührte, war eine so schmerzhafte Erinnerung an alles, was sie verloren hatte, dass sie fast vor lauter Kummer in sich zusammenbrach und in diesem Moment vergaß, dass sie es niemals hätte sagen wollen. "Mein Gehorsam und meine Freiheit gegen Dein Leben Adrian."
*** Purpurne Kaiserin ***

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!

Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar!