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Tanuri
Bürger / Bürgerin
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#1101

Beitrag: # 54575Beitrag Tanuri »

 
Unbemerkt schlich sich ein kaum wahrnehmbares Lächeln über ihre Lippen. Erwischt. Moral oder Ehre, gleich wie man es benannte, jedes Lebewesen besaß etwas davon. Und wenn es nur der kleinste Funken war. 
 
Natürlich war es ihr von Anfang an klar gewesen, dass Landru nichts Wesentliches über Freyas Verbleib wusste, geschweige denn in der Lage wäre, sie zurückzubringen. Es war schlichtweg absurd, auch nur einen Moment lang daran zu glauben. Es sei denn natürlich, er stand bereits in Kontakt mit ihrem Bruder und inszenierte ein Schauspiel, um sie in die Irre zu leiten und mehr zu zermürben. 
 
Doch das hielt Tanuri für unwahrscheinlich, denn Landru mochte mit großer Gewissheit sehr vieles sein, ein Lügner aber? Wozu? Es hätte ihm nach ihrer Einschätzung nichts gebracht. Natürlich war es ein gewisses Risiko, einfach davon auszugehen, dass er bezüglich Freya die Wahrheit sprach, denn schließlich wusste sie letztendlich nichts über seine Art. 
 
Bis auf eine Begegnung mit Kain und einer aus dem Clan stammenden Fremden, die vor Jahren versuchte, ihr den Mund zu verbieten, hatte sie mit solchem wie ihm nichts zu schaffen gehabt. Wie lange war es her, als die fremde Frau und ihr  Gefolge das  Treffen der schwarzen Gemeinde aufsuchte, bei welchem Tanuri versucht hatte, die verstreuten Jünger zu vereinen und zu neuen Taten zu inspirieren? Es fühlte sich an wie ein ganzes Leben. 
 
Erbärmlich, wie sich seitdem absolut nichts verändert hat. Große, bedeutungsvolle Worte wurden gesprochen, Versprechen gemacht, Schwüre des Zusammenhalts gegeben. Aber was davon wurde umgesetzt? Nichts. Rein gar nichts. Es ist kaum verwunderlich, dass jetzt, wo sie einander mehr denn je brauchten, keinerlei Einheit zu finden war. 
 
Wo ist Freyas Familie seit ihrem Verschwinden? Wo sind ihre Freunde? Nicht einer von ihnen hat an die Tür der Gildenhalle geklopft, nicht einer bot an, dabei zu helfen, das Kind, die Tochter, die Freundin zu finden. Der kleine Kreis derjenigen, die sich aus echter Sorge und nicht aus purem Egoismus bemühten, das Mädchen zu finden, war bisher enttäuschend klein. Erwartungen. Nein, diese sollte man an niemanden haben, außer an sich selbst.
 
"Ich wage es nicht, ein Urteil darüber zu fällen, was Ihr für Ogrimar seid. Eine Bereicherung? Oder doch nur eine zerbrechliche Marionette, an der er sich gütlich tut? Habt Ihr Chaos geschaffen? Möglicherweise. 
 
Vielleicht aber erschafft Ihr genau das, was Ihr nicht wollt: Einen neuen Zusammenhalt. Ob man mich findet oder nicht, ist dabei unerheblich. Ihr habt der Kirche das Oberhaupt genommen und allein, dass darüber gesprochen wird, dass Theorien geschmiedet und Möglichkeiten abgewogen werden, schafft eine Gemeinsamkeit zwischen denen, die noch da sind. Selbst wenn es am Ende nur einer ist, ist einer noch immer mehr als keiner. Und erst wenn es keinen von uns mehr gibt, dann, Landru, könnt Ihr Euch als Sieger erheben."
 
Tanuri strich sich einige ihrer dunklen Strähnen aus dem Gesicht, die schon seit geraumer Zeit von einigen weißen Haaren durchzogen waren. Sie war nicht mehr die rebellische junge Frau von einst, die gegen jeden das Wort erhob, der die Doktrin nicht in ihrer Gänze verstand und den Glauben des einzig Wahren nicht verstand. 
 
Hier, auf dem Boden dieses Käfigs, in einem Gefängnis, das derzeit ihre einzige Sicherheit vor dem Vampir war, war sie sich mehr denn je ihres Alters bewusst. Eine Greisin? Nein, das war sie noch lange nicht, dafür fehlten viele Jahre. Ungebrochen? Das würde sie immer bleiben, gleich was geschah. War sie weise geworden? Das wahrscheinlich nicht. Dafür aber mittlerweile durchaus erfahren. Die makellose Frau von damals? Die war sie nicht mehr - dafür so viel mehr. 
 
"Ihr wollt mir etwas Lebendiges nehmen. Lasst uns als Gegenleistung also über den Tod sprechen." 
 
Nochmals fuhr sie sich über ihr Gesicht und spürte dabei, dass dieses heiß und schwitzig war. Ein Fieber, oder einfach bloß das Zeichen davon, dass ihr Körper ausgelaugt war und seine Kraft verlor. Mit einem tiefen Atemzug versuchte sie das Gefühl des Schwindels, das sich ihrer gerade sehr deutlich ermächtigte, zu verscheuchen und sich weiterhin voll und ganz auf Landru zu konzentrieren. Etwas, das ihr mittlerweile immer schwerer fiel, da ihr Blickfeld zu flirren begann. Seine Gestalt wirkte unklar und verschob sich vor ihren Augen, was wohl der Tribut des Hungers und der Müdigkeit war. 
 
Eine deutliche Erinnerung, wie lange sie mittlerweile hier sein musste. Die eigentliche, viel größere Qual, die all das überschattete, war aber ihre Sorge und auch ihre Angst um das eine was sie seit einiger Zeit wusste und nicht ausgesprochen hatte. Sollte sie überleben, musste sie darauf hoffen, dass er ihr verzieh, wenn ihr nichts anderes übrig blieb und sie das Opfer geben musste, um die Eine zu retten. 
 
"Wie seid Ihr zu dem geworden, was Ihr seid und wie ist es, das zu sein, für was Ihr Euch entschieden habt?" 
 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Haedinn
Bauer / Bäuerin
Beiträge: 38
Registriert: Mi 5. Mai 2021, 21:19

#1102

Beitrag: # 54576Beitrag Haedinn »

Haedinn drehte und wandte sich, gefangen in einem labyrinthartigen, quadratischen Raum, der weder einen Eingang noch einen Ausgang zu haben schien. Jedes Mal, wenn er meinte, den richtigen Weg zu erblicken, der in eine neue Ecke führte, die er noch nicht kannte, sprang eine Wand wie aus dem nichts hervor, als wollte sein Gefängnis zeigen, dass es sehr gut darin war, Schabernack mit ihm zu treiben. Wieder prallte er mit voller Wucht gegen eine Begrenzung und, so glaubte er, steigerte er dadurch noch mehr, von was auch immer ihm das antat, die Freude darin, ihn in die Irre zu leiten. Verzerrt grinsende Münder, die ihn höhnisch anstarrten, hungrig darauf, ihn in die tiefsten Tiefen seiner eigenen verdrehten Gedanken zu sehen, lauerten hinter jeder Ecke. Haedinn mochte es gar nicht, ausgelacht zu werden, schon als kleines Kätzchen hatte er damit seine Schwierigkeiten. Aber hier konnte er dem Lachen nicht entrinnen. Er rannte und rannte und doch kam er immer wieder an der gleichen Stelle an. Wie lustig musste das mit anzusehen sein. Für ihn aber war es gar nicht lustig, denn eigentlich suchte er es sich lieber selber aus, wenn er sich mal wieder in den Untiefen seines Geistes verlor. Das hier war etwas völlig anderes, wurde nicht bestimmt von ihm, weshalb er sich tatsächlich fürchtete, niemals einen Weg hinaus zu finden. 

In der Außenwelt saß er aber ganz still, wie ein schlafender Stein. Starrte irgendwohin und nicht einmal ein Blinzeln huschte über seine Augen. Wagte man einen Blick auf sein Gesicht, sah man, wie sein Grinsen maskenhaft erstarrt war und wie seine Augen den Glanz eines stetig gehetzten Tieres trugen. Der Körper des Katers wirkte zerbrechlicher wie ein gebrochener Spiegel, fehlte ihm schließlich Essen und Trinken seit geraumer Zeit. Es wäre aber sinnlos, ihm etwas zu geben, nahm er das, was um ihn herum geschah, nicht wahr. 

Erneut versuchte er eine andere Kurve zu nehmen. War er hier schon gewesen? Bewegte er sich denn überhaupt noch oder war alles nur ein immer verwirrenderes Spiel seiner Gedanken? Sein Kopf, schwer wie getaucht in zähflüssigen Brei, richtete sich auf seine Vorderpfoten, die doch einen Schritt nach dem anderen taten. Zumindest machten seine Beine irgendwas, was für ihn einen kleinen Erfolg darstellte. Ob sie aber wirklich vorankamen? Das stand auf einem Blatt, das er nicht lesen konnte. 
 
Da vorn! Was war das? Ein kleines Lichtlein, funkelnd wie ein entzückendes Glühwürmchen auf einer Wiese in der Nacht. Es hüpfte auf und nieder, winkte ihm förmlich zu und lud ihn, nach seinem Verständnis, ein, zu folgen. Was für ein Zufall, dass es sich auch hierher verirrt hatte. Vielleicht kannte es ja einen Ausweg aus dieser kleinen, eigens für ihn geschaffenen Irrenhaus, das ihm überhaupt nicht gefiel. Schon setzte Haedinn beherzt zu einem Sprung an, das mit dem Laufen hatte bisher ja nicht so wirklich gut geklappt. Was sollte er aber erwarten? Schon rumpste sein Kopf gegen die nächste Mauer. Die war gerade ganz bestimmt nicht in seiner Sprungbahn gewesen! Er hätte sie gesehen. Zwar mochte er nur noch ein Ohr haben, seine Augen waren aber vollständig. Zwei Stück, so wie es sich gehörte. Und mit diesen zwei Stück gab er sich äußerste Mühe, das zu ergründen, wo er war. Vielleicht auch, ob er überhaupt noch war. Aber beides stand irgendwie miteinander im Einklang, weshalb die Antwort auf eine Frage vielleicht sogar die zweite beantwortete. Wie war er überhaupt hierher geraten, in diesen Raum, den es nur in seinen Gedanken gab? Wollte er gerade eine Maus jagen und war dabei in ein Loch gestolpert? Solche Löcher waren schon gefährlich. Da musste man aufpassen. Aber nein, irgendwie fühlte sich das nicht ganz richtig an. Er war nicht gefallen, nur gestolpert und dann… 

Summmmm… da flog dieses hopsende Lichtchen an seinem verbliebenen Ohr vorbei und surrte unangenehm genau in dieses hinein. Haedinn versuchte mit einem Schüttler seines Kopfes es loszuwerden, aber das kleine Ding war ziemlich widerspenstig. "Du willst mich nur gegen eine andere Wand laufen lassen!" Das Gelächter aus den dunklen Ecken wurde lauter, flog wie ein wildes Echo zwischen den Wänden, die verschwanden und wieder auftauchten, hin und her und prallte laut auf ihn. Verschreckt duckte Haedinn sich zusammen und presste sich so fest er konnte auf den Boden, in der Hoffnung, dass dieser nicht auch plötzlich verschwand und er noch tiefer fiel in was auch immer es war, wo er war. "Ihr seid nicht lustig." Das Lachen war da ganz anderer Meinung.

Haedinn legte seine Pfote über sein Ohr und beschloss, einfach so zu bleiben. Vielleicht auch einfach zu sterben. Ein oder zwei Leben hatte er mit Glück schon noch übrig und dann würde er einfach an einer ganz anderen Stelle wieder aufploppen. Aber Halt, nein, da war doch noch was gewesen. Der Grund, warum er überhaupt in diese missliche Lage geraten war. Das Menschenmädchen! Herrje.


Und da flimmerte auch schon wieder das kleine lästige Glühwürmchen vor seiner Nase auf und setzte sich frech auf diese. Haedinn pustete einmal heftig aus, aber das wollte nichts helfen. Das Glühen blieb wo es war und ließ sich nicht verscheuchen. „Gut, du kleines Biest“, knurrte er leise, „was willst du von mir?“ Das Glühwürmchen schien darauf zu warten, dass er genau das fragte, denn es begann nun in einem intensiveren Takt zu leuchten und surrte erneut, diesmal in einer Art Muster. Haedinn beobachtete es skeptisch. Was auch immer es ihm sagen wollte, er verstand es nicht. Was waren also seine Optionen? Sich hinlegen und dramatisch sterben. Oder dem Würmchen noch einmal vertrauen. Haedinn seufzte tief. „Also gut, wie du willst.“ Murmelte er und stand auf.

Langsam folgte er dem Glühwürmchen, das vor ihm herflog. Das Licht schien die Dunkelheit um ihn herum zu zerschneiden, die Wände flimmerten und das Gelächter verstummte. Jeder Schritt fühlte sich an wie ein Fortschritt aus dem Wahnsinn heraus. Allerdings, so war er nun einmal, denn sonst wäre er weitaus weniger er, wuchs mit jedem Heben seiner großen Pfote, das Grinsen auf seinen ledrigen Lippen. Tief in seinem Herzen genoss der Kater das absurde Abenteuer in diesem Moment, jetzt, da er nicht mehr so alleine war, irgendwie doch. Er war selbst ein Teil einer verdrehten Unberechenbarkeit und eine Figur in einem Spiel des Unbekannten. 


Mit diesem hartnäckigen, leuchtenden Wesen, das ihn führte, war es gleich amüsant, dem Gelächter selber entgegenzulachen. Und dann tat sich vor ihnen ein Riss auf. Erst winzig klein, als er aber eine seiner Krallen hindurchstreckte und etwas herum bohrte wurde der Riss immer größer. Und als das Loch dann groß genug war, erkannte er sich selbst. Sitzend und völlig sinnlos in eine Richtung starrend. Also das konnte er ja gar nicht länger zulassen! Und wie sah er überhaupt aus? Dürr und klapprig, gar nicht so, wie es sich für einen Kater wie ihn gehört. Er schaute sich nochmal nach dem glühenden Ding um, aber es war fort. "Ich geh dann mal hier entlang!" Rief er noch laut aus, auch wenn er wusste, dass er keine Antwort erwarten konnte. Bevor er es noch richtig begriff und verstand, war er nicht mehr in seinem Kopf, sondern nur in seinem Körper. Das fühlte sich ziemlich angenehm an und wesentlich besser zu beherrschen! 

Was ihm aber nicht gefiel, war dieser große, sabbernde Hund, der ihn anstarrte. Haedinn war ein Kater und kein Leckerbissen. Ob dem Tier das bewusst war? Noch dazu roch er, wie das Innere seiner verlorenen Stiefel. Haedinn mochte Hunde einfach nicht und würde sie wahrscheinlich nie mögen. Sie waren laut, tollpatschig und hatten eine Vorliebe dafür, einem wie ihm hinterherzurennen. Jetzt aber mit diesem haarigen Ungetüm über Vorlieben und Abneigungen zu seiner Rasse zu diskutieren, führte zu nichts. Ein Hund blieb ein Hund, genauso wie er eine Katze blieb. Es gab viel größere Probleme, nämlich das Menschenmädchen.

Was sie wohl gerade trieb? Hatte er etwas verpasst? Oder gar nichts? Da! Die Tür war ins Schloss gefallen! Haedinn quittierte diesen Umstand mit einem leisen Fauchen, sah dann aber gleich wieder mit seinen leuchtenden Augen auf das große Vieh. Mit einem theatralischen Strich seiner Zunge über seine Nase vertrieb er den üblen Hundegeruch. Ein freches Zwinkern, sowie ein samtenes Schnurren musste aber doch noch sein, bevor er der Spur, die das Mädchen hinterließ, nacheilte.
"Wir spielen ein anderes Mal Katz' und Maus. Such dir bis dahin aus, welche Rolle besser zu dir passt."

Mit der unnachahmlichen Eleganz eines Katers, sprang er in Richtung der Tür und öffnete sie mit seiner Pfote. Ein letzter Blick über die Schulter und ein wissendes Grinsen ließ er dem Hund noch zukommen, bevor er einmal blinzelte und, als wärs ein verrückter Zaubertrick, begann von den Pfoten aufwärts zu verschwinden. Erst wurden seine Beine durchsichtig, als ob sie nur aus dünner Luft bestünden. Dann verlor auch der restliche Körper an greifbarer Substanz, bis nur noch der Kopf übrig blieb. Das Grinsen blieb noch bestehen, schwebte einen Moment lang frei in der Luft, bevor es langsam verblasste und lautlos den Mädchen folgte. 


 
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Wie willst du vor dem fliehen, was in deinem Kopf ist?
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Rosalind
Kräuterkundiger / Kräuterkundige
Beiträge: 14
Registriert: Fr 6. Mai 2022, 20:03

#1103

Beitrag: # 54577Beitrag Rosalind »

Ein verzücktes Lächeln lag auf Rosalinds Lippen, während sie dem Wiesel gegenübersaß und sich mit zwei Fingern eine der Feigen aus der Schale stahl. Ihre Augen hielten einnehmend an dem Blick des jungen Mannes fest, welcher ihr im Plausch erzählt hatte, dass der Fuchs noch nicht wieder in seinem Bau wäre.

„Wie bedauerlich.“ Worte, die auf viele Arten in das Gehör ihres Gegenübers dringen konnten, in Anbetracht dessen, dass der Fuchs den Bau verlassen hatte. Vielleicht schmeichelte es dem aufstrebenden Dieb sogar oder es beschrieb einfach das miserable Kartenblatt,  welches sie vor ihm aufdeckte.

Der Glanz ihrer Augen strahlte vielsagend, während sie sich eine kleine Frucht aus der Obstschale stahl und zwischen ihre Lippen führte, um genüsslich in das saftige Fruchtfleisch zu beißen. Es war fast zu niedlich, wie sein Blick jede ihrer Regungen folgte und er ihr fast aus der Hand fraß. „Du hast schon wieder gewonnen mein Lieber.“

Selbstverständlich bemühte er sich um eiserne Loyalität, weshalb Rosalind auch nicht darüber nachdachte, ihn für seine kleinen und nur männlichen Schwächen bei seinem König auffliegen zu lassen. Es lag einfach in der Natur der Dinge. Verspielt krauste sie die Nase, als das Wiesel seinen Gewinn einstrich. „Pures Glück, Rosalind."

„Nach Lichthafen wollte er also?“ Fragend weiten sich ihre Augen, während sie den Blick des flachsblonden Mannes mit den kantigen Zügen erheitert auffing. Ein Streifen, das beinahe zufällig anmutete und ihn sichtlich in Verlegenheit brachte, als sie die Karten zu einem Häufchen zusammenschob.

„Ja Lichthafen, sagte er zumindest.“ Wiederholte er die Worte. Das Wiesel war tatsächlich treu ergeben. Verschwiegen und eingeschworen auf seinen Anführer. Dennoch war auch er nur ein Mann. Es brauchte lediglich etwas Zeit und er würde freiwillig mehr erzählen. Ein vertrauter kurzer Moment.

Natürlich würde Rosalind niemals mit einem seiner Männer das Bett teilen. Die Ausnahme wäre nur, wenn er es wünschen würde. Aber ebenso würde auch niemand es wagen, sie anzufassen. In seinem Bau gehörte die Herrin der Schmetterlinge dem Fuchs allein. Es war ein ungeschriebenes Gesetz.

Respekt, der nicht nur Rosalind entgegengebracht wurde, sondern ebenso zwischen Schmetterlingen und Schatten untereinander herrschte, auch wenn eine stete Dynamik zuweilen miteinander aufkam. Ein Lächeln, ein Zwinkern, ein Umgarnen, aber ebenfalls eine uneingeschränkte Loyalität. Familie war nicht immer nur auf Blut beschränkt.

Dennoch wusste Rosalind ganz genau, was sie tat. Die Wechselwirkung dessen, womit ihre Reize lockten und zugleich die Integrität des Mannes ihr gegenüber dem König der Diebe auf die Probe stellte. Ein beinahe erheiternder Kampf.

„Tatsächlich?“ Bemerkte sie kokettierend. Eine Anmerkung, die durchaus beiläufig über ihre Lippen kam, während sie sich nach vorne beugte und die Karten austeilte. Das herausforderndes Funkeln in dem Grün ihrer Augen, war jedoch eine deutliche Einladung weiterzusprechen, bevor sie die restlichen zwischen sich und dem Wiesel auf dem Tisch platzierte.

Der Fuchs hatte immerhin vielerorts seine Kunden, fraglich, wo er sich derzeit herumtrieb und sie vielleicht warten lassen würde.  Andererseits hatten nicht viele das Privileg seines persönlichen Besuchs. Natürlich hinterfragte sie dies nicht.  Zumindest in der Regel. Ihre Geschäfte forderten schließlich beide ein Höchstmaß an Diskretion. In diesem Fall jedoch wartete Rosalind auf ihn, hatte sie auf einen vertrauten Abend mit ihm gehofft, der keinen Störungen unterlag. Was auch immer ihn aufhielt, es war ein Missstand, den sie ihn durchaus an den Stellen spüren lassen würde, die ihm eine Lehre wären und ebenso ein klitzekleines bisschen wehtun würden.

Langsam nur lehnte sich die Herrin der Schmetterlinge zurück und griff nach ihrem Blatt. Elegant schlug sie dabei ihr rechtes Bein über das linke und nahm sich noch eine der kleinen Früchte aus der Schale heraus, während sie die Karten betrachtete. Der Leitsatz -Pech im Spiel und Glück in der Liebe- schien heute keineswegs zuzutreffen, wie Rosalind bemerkte. Aber den Grund dafür musste sie dem Burschen wahrlich aus der Nase ziehen.

Nachdenklich befeuchte sie ihre Lippen und steckte die Karten zusammen, bevor sie ihren Einsatz schweigend in die Mitte schob. Wenigstens war es nicht ihr Gold, dass sie verspielte. Mit einem prüfenden Wimpernschlag suchte sie den Blick des Wiesels, nur um das kurze, nervöse Blinzeln zu bemerken, unter dem sich seine grauen Augen nur für einen Atemzug ihren Brüsten zugewandt hatte.

Ein Blick, den sie mit einem erheiterten Lächeln wahrnahm, während sie tadelnd eine Augenbraue hob, um ihn wissen zu lassen, dass ihre Augen einige Zentimeter höher lagen und er seinen Einsatz machen musste.

„Er wollte zur Priesterin.“ Na bitte, reden war doch die einfachste Sache der Welt und selbstverständlich würde sie diese kleine Indiskretion vertraulich behandeln. Allerdings war es sein Gold, das ihr die Wartezeit verkürzte und wenn Rosalind abwägte, wem Kadir einen Hausbesuch abstattete und welch großen Bogen das Glück gerade um sie machte, es war doch verhext. Es konnte es ein teurer Abend werden.
Zuletzt geändert von Rosalind am Mi 24. Jul 2024, 22:36, insgesamt 1-mal geändert.
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Gesichtsloser Erzaehler
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#1104

Beitrag: # 54578Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

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Er, den man nur unter dem Namen "Auktionator" kennt, sammelt Juwelen, wie andere schlichten Tand. Viele davon waren bereits durch seine Hände gegangen,ebenso wie der Erlös aus ihrem Verkauf. Manche waren glänzender und besser aufbereitet, andere wiederum von schlichterer Gestalt. Es gab eben immer Varianten und keines der edlen Steine war gleich. Alles war abhängig davon, woher er sie bezog und was die Kundschaft sich gerade wünschte.

Die Vorlieben und Geschmäcker änderten sich, manchmal schneller als das Wetter. Einige Wünsche aber blieben immer konstant, deshalb gab es immer etwas, das er anbieten konnte. Der Preis allerdings variierte je nach Qualität und Ursprung seiner Ware. Allerdings nagte er deshalb nicht am Hungertuch, er bekam genug und entlohnte jene mehr als reichlich, die ihm brachten, was er suchte.

Normalerweise beschäftigte er genug Bedienstete, die die Juwelen aus dem Land zu ihm brachten, denn für diese geringe Arbeit nahm er schon längst keine langen Wege mehr auf sich. Betraf es aber die Gräfin, machte er sich immer noch selbst auf den Weg. Es war ein Geschäft zwischen ihnen, dass nur deshalb so gut florierte, weil er wusste, wie man diese Beziehung zu ihr pflegte. 


Sie hatte seinen Aufruf erhalten, weshalb er weder zu früh und schon gleich gar nicht zu spät die Residenz aufsuchte. Mit einer Kutsche, die recht unauffällig war, um nicht unnötig Aufmerksamkeit zu erregen, war er aus der Stadt der fallenden Berge angereist, um das zu holen, was er schon in wenigen Tagen weitervermitteln würde. Bei der Gräfin brauchte er sich keine Sorgen machen, was die Perfektion der Güter betraf, die sie ihm verkaufte, denn sie war äußerst zuverlässig. Anders als manche andere, die versuchten, ihm minderwertige Stücke anzudrehen, hielt sie immer, was sie versprach. Auch wenn andere Käufer sich selbst in den höchsten Tönen lobten und behaupteten, nur das Beste anzubieten, erkannte er sofort, ob es sich um gewöhnliche Steine oder echte Schätze handelte, die ihm feilgeboten wurden. 

Das eiserne Tor wurde bereits von einigen der minder hochgestellten Kinder aus der Residenz geöffnet, als die Hufe des an die Kutsche gespannten Kaltblüters zu hören waren. Dieses Geräusch war allen vertraut, die schon länger dort lebten und es wohl bis zu jenem Tag tun mussten, an dem die Gräfin ihren überdrüssig wurde. Eins war ihnen allen bekannt: Erschien er, musste jemand gehen. Das war die ungeschriebene Regel.

Trauer und Mitleid waren daher fehl am Platz. Tatsächlich sollten sie sich eher freuen, wenn die Konkurrenz verschwand. Vielleicht würde die Gräfin dann einen von ihnen als nächstes wählen und zu einem wertvollen Juwel formen. Eine hohle Hoffnung für die, die schon Jahre hier waren und die nie den Platz eines besonderen Steins erkämpfen konnten. Aber Kinder brauchen eben  Träume, um sich festhalten zu können. 


Sein Ross schnaubte laut, als es vor dem Treppenaufgang zur Residenz zum Stehen kam. Der Auktionator stieg vom Kutschbock ab und ließ seine schweren Stiefeln im Kies landen. Fachmännisch befestigte er die Zügel, klopfte dem Tier auf die Kruppe und richtete seinen stechenden Blick zu der beeindruckenden Tür hinauf. Ein gedrungener Junge, nichts, was jemals von ihm für eine Auktion in Erwägung gezogen werden würde, eilte heran. "Ich werde erwartet." 


 
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Naheniel
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#1105

Beitrag: # 54579Beitrag Naheniel »

Geduldig wartete er, bis Liadan sich zu ihm gesellte, und legte dann besitzergreifend einen Arm um ihre schlanke Taille. Naheniel mochte es, wenn er seine Schöpfungen bei sich hatte und er genoss das Gefühl der Macht, die ihm dies verlieh. Für einen Moment betrachtete er die Bognerin neben sich und zog sie näher an sich heran. "Prinzessin… so wirst Du also genannt. Gefällt Dir das? Also, Prinzessin, ich habe bemerkt, dass du verschwunden bist."
Langsam neigte er seinen Kopf an ihr Ohr und flüsterte ihr in einem gefährlichen Ton und alkoholgeschwängertem Atem zu. "Du weißt, ich mag es nicht, wenn man sich ungefragt entfernt." 
 
Es war nicht nur die dunkle Farbe seiner Stimme, die Liadan mit Nachdruck klar machen sollte, dass ihm ihr Handeln missfiel und dass sie die Konsequenzen daraus noch zu spüren bekommen würde. Seine Augen glitzerten kalt und seine Hand drückte fester gegen ihre Taille. Naheniel mochte die Kontrolle, die er besaß und eine Abweichung davon würde nicht ungestraft bleiben. Er labte sich daran, seine Stellung zu demonstrieren, sei es durch Worte oder Taten. Liadan kannte und verstand dies bestimmt besser, als alle anderen hier. 

Allerdings ließ er trotzdem vorerst sein Augenmerk von seinem Besitz ab und hob seinen Blick, um sein Wort an Lorena zu richten. "Aber natürlich, Inquisitorin, bin ich um das Wohl Tanuris besorgt. Was wäre ich für ein Bruder, wenn es anders wäre?" Immer noch halb auf der Tischkante sitzend, nahm er einen weiteren Schluck aus seinem Glas, stellte es dann beiseite und schob es von sich.
"Erkennt Ihr nun selbst, dass Eure Verdächtigungen mir gegenüber völlig haltlos sind? Habt Ihr aus dem Tribunal schlussendlich doch etwas gelernt? Zum Beispiel, dass es nicht besonders klug ist, ohne irgendeine Grundlage und Beweise eine Beschuldigung auszusprechen?" Seine Worte waren kühl und durchdrungen von einer Prise Spott und sein Blick fixierte Lorena mit einer Intensität, die keinen Widerspruch duldete. Er lehnte sich ein wenig nach vorn und ließ seine Worte im Raum nachhallen. "Denkt daran, Lorena, voreilige Anschuldigungen haben noch niemandem gut getan. Und ich bin keiner, den man leichtfertig herausfordern sollte."
 
Während er sprach, verfestigte sich Naheniels Griff um Liadans Hüfte, ein stilles, aber deutliches Zeichen, dass sie sich nicht zu äußern hatte. Mit der Zungenspitze fischte er den Geschmack des schweren Whiskeys von seiner Lippe und wandte seine Augen dann auf Adrian.
"Kapitulation würde dich nur langweilen. Und was wäre ich für ein Freund, wenn ich dich nicht beschäftigt hielte?" Ein süffisantes, eisiges Lächeln erschien auf seinem Mundwinkeln, das ein sachtes Grübchen unter seinem hellen Bart abzeichnete. Die Situation, die sich um ihn herum aufbaute und die er für sich beherrschte, genoss er in vollen Zügen. Für ihn waren sie alle nur Schwächlinge, fehlgeleitet von ihrem unbedingten Glauben daran, dass sie irgendeine Form der Gewalt besaßen. Weder taten sie das über ihn, noch über das Schicksal, welches er allein lenkte.
 
Mit seinen Fingern fuhr er sich durch das nasse Haar, strich es zurück, bevor er sich etwas weiter zurück auf die Tischplatte setzte und Liadan zwischen seine Beine schob. Sie sollte seine Nähe und die Bedrohung, die davon ausging, spüren und sich bewusst werden, dass er ein weiteres Zuwiderhandeln nicht mehr duldete.
 
"Meine Schwester, Adrian... Wie gefällt Dir der Gedanke, dass sie mich womöglich sogar aufgesucht hat?" Das Blau seiner Augen lag herausfordernd auf dem Dunkelmagier, als er erneut nach seinem Glas griff und ihm zuprostete. Gleich darauf führte Naheniel sein Getränk an den Mund, nahm jedoch diesmal nur einen kleinen Schluck davon. Er unterschätzte es nicht, Adrian zu provozieren. Immerhin standen sie im Krieg miteinander, auch wenn er wusste, dass es einer Erklärung an der Mauer nicht bedurfte, um gegeneinander anzutreten.
 
Leise lachend schob er seine Brauen zusammen, während er seinen alten Freund  weiter fixierte. "Du weißt doch, wie sehr sie die Dunkelheit liebt. Vielleicht hat sie sich deshalb an mich gewandt. Manchmal ist das Verlangen eben doch stärker als die Vernunft und selbst Du solltest verstehen, dass alte Bande schwer zu brechen sind. Die Familie steht über allem, ist es nicht das, wofür Du lebst?"
Naheniel ließ das Glas auf der Tischplatte kreisen und die honigfarbene Flüssigkeit darin schlug dabei zarte Wellen. "Aber mach Dir keine Sorgen. Ich passe immer gut auf sie auf. Schließlich ist sie meine Schwester." Seine Stimme war von süßer Gefährlichkeit, ein leises Flüstern, das durch den Raum wehte, während er Liadan weiterhin festhielt und damit seine Nähe und die drohende Macht für sie überdeutlich spürbar machte. 
"Sag, trifft es Dich sehr, dass sie mit Dir nicht über ihre Geheimnisse spricht?" 
 
Mit seinen Fingerkuppen fuhr er über den Rand seines Glases hinweg und wieder hoben seine Lippen sich zu einem anmaßenden Lächeln. "Ah, ich erinnere mich. Es war ja ich, der Dir sagte, dass ich ihr Bruder bin. Mein genauer Wortlaut, hm, wie war er doch gleich?" Naheniel erinnerte sich in jedes Detail, genauso wie an alles andere, was an diesem Abend in der Taverne zwischen ihm und dem Magier gesprochen wurde. Das Spiel zwischen ihnen beiden wäre jedoch weit weniger reizvoll, wenn er es allein spielen müsste. "Was ich also dachte, sollte sich für Dich ganz ohne meine Erklärung erschließen." 
 
Er löste sich von Liadans Hüfte und strich mit seiner Hand etwas grober als nötig über ihren Arm. Die Berührung war fordernd und sie dominierend, sein Blick aber blieb dabei fest auf Adrian gerichtet. Langsam glitten seine Finger hinauf zu ihrer Schulter, wo er mit dem Daumen eine Spur über ihr Schlüsselbein zeichnete. Schließlich ließ er seine Hand mit einem herrischen Druck auf ihrem Oberarm ruhen, als wolle er sie daran erinnern, wer in diesem Raum die einzig gültige Autorität besaß.
 

 
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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Gesichtsloser Erzaehler
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#1106

Beitrag: # 54580Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

Die Gräfin

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Wie lange ist es her, seit sie hergekommen war? Das verwahrloste verletzte Ding? Mit den schwarzen wirren Haaren und dem Kater im Gepäck. So genau weiß es niemand, aber jetzt war sie wunderschön. Sie war immer noch ein Kind, aber sichtbar gewachsen an Lehre. Sie schritt gerade, sie hatte eine wunderbare Amut und war wie schon gedacht vermutlich eines der prächtigsten Juwelen, welche sie je dem Auktionator anbieten konnte.

Das Geheimnis um ihre Residenz und der Gräfin selbst blieb im Dunkeln. Vielleicht löst es irgendwann jemand, vielleicht auch nie. Sie behielt ihre Mysterien vorerst für sich. Ihre Art zu wirken und den Wald zu nähren, ebenso wie sie oder die Residenz selbst ein Teil davon zu sein scheint. Nie schien die Sonne, nie war das Wetter gut. Es war stets gewittrig und kühl. Eine unnatürliche Dunkelheit die sich diesig auf den Ort legte, der niemals Wärme auszustrahlen schien. Freya erkannte wie die Bäume wachsen. Sie erkannte was mit jenen geschah, welche die Herrin weder als nützlich noch als Juwel ansah. Es gab viele als Gesindel und doch nicht mal dafür schien mancher geeignet oder er war bereits zerbrochen. Zu sehr als das noch irgendwas daraus zu formen wäre. Nur Leere, ausgelaugt und geleert im wahrsten Sinne, schien dann für den Markt und Aufgabe nicht ansprechend.

Freya hatte sich nie im Traum egal wie abstrus das Angebot der Stimme war hingegeben. Nie vollständig aufgegeben, ein Restzweifel blieb. Aber nicht jeder war so stark und konnte dem Widerstehen, wenn die Routine auf Leere und Drill traf. Auf den Entzug von Individualität, Würde und Selbstständigkeit. Mancher vermochte sich anzupassen, um zu überleben, aber nicht jeder schaffte es auf Dauer. Solange es nötig ist.

Der Kater folgte dem Licht. Vielleicht zur Rechten Zeit. Jetzt war es nicht mehr nötig seinen Geist zu halten. Er war frei, wenn gleich auch sichtlich ermüdet vermutlich. Absolom schmatzte ein paar Mal. Er schien sich als zu alt für den Scheiss zu empfinden, Kater zu jagen. Er nickte scheinbar nur als der Kater ging. "Ja beeil dich. Du musst auf sie aufpassen, ihre Reise ist noch nicht vorbei." Ob der Kater das gehört hatte? Vermutlich nicht. Es schien als würden die Lefzten sich zu einem Lächeln verziehen. Im Gegensatz zur Gräfin war das bei ihm kein schlechtes Zeichen.

Jetzt war die Zeit gekommen. Freya wurde abgepasst vor dem Morgenmahl und auchsonst war die Routine heute sehr unroutiniert. Die Gräfin hatte er sich fein gemacht. Ein wunderschönes Gewand zierte sie, mit hohen Stehkragen. Ein Gehstock mit Rubin in einem aufgerissenen Rabenschabel und leeren Augen. Sie war imposant, wenn auch ein wenig 'over the top'. Aber es bewies, heute war kein Tag wie jeder Andere. Die Dame des Hauses musste ihr Gesicht wahren, ihren Ruf gerecht werden und einmal mehr dem Auktionator ihr Juwel anbieten. Sie hatte für so lange gewartet.

Von einem der Hausdiener wurde Freya sogleich in den Unterrichtsraum für Tanz gebracht. Dort waren schein zwei Zofen bereit, um ihr zu helfen eines der wohl aufwendigsten bestickten Kleider anzulegen, die Freya je gesehen hatte. Es mussten sich einige Schneider daran die Hände blutig genäht, gestickt und genestelt haben. Es war wunderschön und ein tiefes Purpur, mit dunklen Akzenten in Schwarz und silbrigen Knöpfen wie Zierrat. Ihre Haare wurden gebürstet und aufwendig geflochten, gesteckt  und ebenfalls passend zum Kleid verziert. Das brauchte Zeit und sie hörte schon die Aufregung vom Flur, dass Gekicher und das aufgeregte Getrampel was so viele der Ausweg aus dem trostlosen Ort war. Der Auktionator war da. Er wird wählen.

Er wird wählen.

Meisten wählt er ein Juwel. Selbst die Gräfin hatte es nur einmal geschafft, dass er zwei erwählte, weil er sich nicht entscheiden konnte. Aber für seine Auktion war er sehr bedacht daraus beeindruckt zu sein. Er will eben keine Hüllen. Sondern das Besondere. Freya war besonders. All die Lehre war nur unterstreichend, aber sie besaß in sich eine Gabe, welche Menschen einnehmen konnte. Sie musste nur mehr lernen sie einzusetzen. Sie hatte Charisma, es kann teuflisch werden, wenn sie es pflegte, es kann ihr sehr viel Macht über Andere geben und seis nur ihr zu helfen. Hier im Hause hatte sie keine Probleme gehabt. Die meisten mochten sie. Bis heute. Heute wurde sie von allen gehasst, die nicht in die engere Wahl gekommen waren. Manche hatten mühevoll gelernt und versucht sich im besten Licht zu zeigen, aber sie waren zu gewöhnlich. Ihnen fehlte das Charisma. Jetzt verachteten sie das Mädchen, dafür das sie da vorne hätten stehen können. Die Zofen verachteten sie aber nicht.
Sie hatten ihre festen Aufgaben und waren damit sichtlich zufrieden. Ihre Gesichter sah Freya nicht. Sie hatten wie die Gräfin eine Art Maske vor den Augen. Sie hatten ebenso das Gebot zu schweigen. Sie sprachen kein Wort mit dem Mädchen, deuteten nur an was sie zu tun hatte, damit sie ihr helfen konnten sich zu Recht zu machen. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Sie wurde sogar leicht geschminkt. Nicht zu stark, sondern nur die Augen wurden noch ein Hauch betont mit dunkler Kohle und ein Tropfen Rote Beete Saft auf ihren Lippen verteilt. Nicht mehr.

Den Weg kannte der Gast bereits der von dem Jungen eilig gebracht wurde. Er erhoffte sich irgendwann auch als Page oder Diener verkauft zu werden, aber diese Hoffnung wird die Gräfin ihm nie gestatten. Er war einfach zu dürr, zu dümmlich und zu .. gewöhnlich. Die hohe Dame erwartete ihn bereits im vorbereiteten Salon. Zwei standen schon zurecht gemacht. Sie wirkten auch außergewöhnlich. Ein Knabe mit Haut so dunkel wie die Nacht und hellen fleckenartigen Muster auf der Haut. Dazu eisblaue Augen bestach durch sein außergewöhnliches Äußere. Aber er war stumm. Seine Lehre unterstreicht vielleicht für das ein oder andere Klientel seinen Wert, aber wirklich viel vermochte er nicht. Die zweite war ein Mädchen. Ungefähr in Freyas Alter. Jung, unverbraucht und ansehnlich. Sie hatte honigfarbenes Haar, bernsteinfarbene Augen und einen gesunden hellen Hautton. Sie wirkte frisch und geistig hell. Sie trug ein helles goldiges Kleid mit Beigen und goldenen Akzenten.

"Ich begrüße euch Auktionator." Keine Namen. Er war eben der EINE. Der eine mit einer Aufgabe. Einem Sinn. Es brauchte keinen Namen um zu wissen von wem gesprochen wurde. "Heute habe ich den Himmel im Angebot. Die Sonne scheint.. der Stern leuchtet. Der Mond .. wird bald hier sein."
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Landru
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#1107

Beitrag: # 54581Beitrag Landru »

Vielleicht stimmte es sogar. Vielleicht schuf er Zusammenhalt. Oder noch mehr Zweifel. Er war sich nicht sicher. Diese Zusammenhalte waren brüchig. Im Gegensatz zu Lorena vertrat er vermutlich eine ganz andere Denkweise. Vielleicht lag es an der Erziehung, an dem 'Aufwachsen'. Jeder sollte seinen Platz kennen. Das hieß nicht, dass man diesen nicht ändern konnte. Aber jeder hatte seinen Platz. Niemand musste seine Individualität aufgeben nur weil es Instanzen gab. Er würde sicherlich da nicht konform gehen. Eine Monarchie bestand nicht darin nur stumpf Befehle zu erteilen und zu erwarten jemand erfüllte sie. Sondern Regeln aufzustellen. Aber vielleicht kamen sie mal dazu ihre völlig gegensätzlichen Ansichten zu betrachten. Ein System in welchem niemand eine Instanz bildete wäre für die seinen undenkbar. Sie würden früher oder später sich zerfleischen. Sie waren Raubtiere. Sie waren keine Menschen und sie haben starke Instinkte die in Zaum gehalten werden müssen. Natürlich war es ein schöner Gedanke, wenn jeder gleich viel mitzubestimmen hätte, aber war dem so? Er würde es bezweifeln, aber vielleicht kamen sie mal dazu das näher und ausführlicher zu beleuchten.

"In dem Sinne sind wir alle Marionetten der Götter. Ihr, wie auch das Kind und jeder andere und wer weiß vielleicht hängen die Götter an Fäden anderer Götter." Er zuckte mit den Schultern. Es gab immer jemanden der über ein stand. Womit es wieder bewies für ihn, dass Demokratie eine Illusion war. Es gab immer diese eine Person die sich durchsetzen wird und wenn man sie Gott nannte, dann war es eben ein Gott.

Er kam nicht umhin als einen Moment die Augen zu schließen. "Ihr habt es noch immer nicht verstanden. Es geht mir nicht um den Sieg über euch oder der Gemeinde. Es geht mir nicht darum euch zu bezwingen oder zu zerstören. Ihr seid mir sogar ziemlich egal. Ebenso wie die andere Seite mir ziemlich egal ist. Ihr seid aus einem anderen Grund hier. Ihr habt was ich brauche und ob jetzt einen Titel tragt oder ein Nichts wärd aus Lichthafens Seitengassen wäre mir auch egal. Dummerweise habt einen Titel und Stand. Das macht es komplizierter ja. Aber es geht mir nicht darum euch zu vernichten." Er lachte sogar einen Moment. Es war ein amüsiertes Lachen. "Muss es immer darum gehen eine Seite auslöschen zu wollen?" Er wiegte den Kopf.

Ihre Worte beleuchteten natürlich eine Seite, welche durchaus möglich wäre. Zusammenhalt kann gestärkt werden. Ein kurzer Erfolg von sich finden und miteinander arbeiten, vielleicht hörte der ein oder andere auch mal auf einen Rat ohne das Gefühl zu haben sich selbst bloßzustellen. Das kann sein. Er würde ihr das nicht absprechen. Es ging ihm ja nun mal nicht darum zu siegen. "Wäre es denn ein Sieg? Ich würde sagen es wäre kein lukratives Ziel." Es wäre durchaus langweilig. Jemand der möglicherweise ewig leben kann, wenn er auf sich aufpasste, dürfte irgendwann Probleme haben sich zu beschäftigen. Landru kannte diese Probleme.

Die großen Zeiten waren vorbei. Im Moment ruhen viele. Wie immer wenn es irgendwie stagnierte. Mit der Zeit war das glorreiche Zeitalter erloschen. Große Namen sind gefallen und andere sind einfach still gegangen. Wenn er die Welt neu formen könnte, wäre das vielleicht anders. Aber so hat die Zeit genagt und ihren staubigen Schleier auf alles gelegt. Ein Schloss voller Erinnerungen, ein Sumpf voller Tragik und eine Zuflucht die außen mehr und mehr zerfällt. Er kann nichts dagegen tun. Die Zeit nicht festhalten, sie nicht aufhalten und auch keine alten Tage zurück bringen. So wie die weißen Haare in Tanuris Haupt. Er kannte sie da war sie noch ein Kind gewesen. Mit großen Träumen und Augen, die ihn damals angesehen hatten. Das Monster im Dunkeln.
Erstaunlicherweise fühlte er den Schmerz dieser Zeit nicht mehr so intensiv. Es war einer Gleichgegültigkeit gewichen. Noch immer setzte er sich Ziele und verfolgte diese, aber es ging nicht mehr darum sich in einer Welt voller Ablehnung und Hass zu beweisen, sondern darum eine Konstante zu bleiben. Immer noch existent und nicht auslöschbar. Zumindest was es die Gemeinschaft betraf. Viele waren nur noch im Schatten unterwegs und tauchten selten aus der Versenkung auf. Aber wenn sie es taten war es das Wecken alter Erinnerungen. Sie waren zur Seltenheit geworden.

Die Gestalt wandte sich vom Käfig einen Moment ab, um den Raum zu durchschreiten. Einen Krug greifend um ihn an die Brunnenpumpe zu halten. Ein paar kräftige Züge am Hebel und klares Grundwasser sprudelte in den Krug. Er brachte es ihr. Langsam, aber durchaus den ganzen Krug. Sie war offensichtlich erschöpft und dehydriert. Zumindest dem Durst kann er Abhilfe schaffen. Das würde reichen damit sie nicht einfach einen Kollaps bekam. Wenn gleich dies auch keinen großen Unterschied machen würde. Er wüsste wie er verhindert, dass der Kollaps sie zu früh tötet.

"Über den Tod. Mh." Er schien tatsächlich abzuwägen ob es klug war darüber zu sprechen. Es würde bedeuten ein Teil von sich Preis zu geben. Es bedeutete auch mögliche Angriffspunkte zu offenbaren. Niemand trifft einfach eine Wahl zu sterben. Es gibt meistens einen Grund.

"Sehen wir wohin das führt." Immerhin konnte sie gerade nicht weg. Was also verlor er, wenn er sich auf dieses Spiel einließ. Ein Teil von ihm wusste, dass sie Zeit gewinnen will, aber der andere hatte sich schon so lange nicht mehr so gut unterhalten. Wieso also nicht nutzen. "Dies hier war mein Geburtshaus. Heute steht oberhalb des Hauses nichts mehr viel. Ein paar Steine. Ich bin ein wenig nostalgisch immer wieder her zu kommen. Das Paar hier wollten mich verkaufen, weil sie ein Leben führten das sie ohne diese Einnahmen nicht hätten tragen können und mein Käufer lief Kain über den Weg. Sie wollten mich also nicht. Ich war nur eine Ware. Ich weiß nicht welche Umstände dazu führten, dass er mich mitnahm. Er tat es und ich wurde von meiner Mutter aufgezogen wie als wäre ich ihr leibliches Kind." Im Grunde kannte er es nicht anders. Sie waren immer die Eltern gewesen, auch wenn er es weiß das sie es nicht waren. "So gesehen bin also im Clan groß geworden."

"Je größer ich wurde um so klarer, dass sie anders waren. Aber ich komme zum Punkt. Also an dem Tag als ich den Kuss empfing, war ich bereits ein junger Mann." Was er nicht sagte, dass er sich als junger Mensch damals sehr davor gefürchtet hatte. Vor dem Moment andem es möglicherweise wahr werden würde. An dem der Fluch oder Segen je nachdem ihn vor die Wahl stellte weiter zu existieren oder zu sterben. Klingt wie eine einfache Wahl und doch war die Existenz an viele Bedingungen geknüpft und nicht so einfach wie sie manchen erschien. Nicht jeder war dafür geschaffen.

"Es wird euch vielleicht amüsieren. Ich wurde schwer von einem Mädchen verletzt. Ich weiß sogar noch wie hieß. Kessi. Sie verletzte mich mit einem Messer schwer, weil sie eifersüchtig war und ich nicht ihre Gefühle erwidert habe, wie sie sich das wohl gewünscht hätte. Die Heiler hielten die Blutung so gut es ging zurück, aber sie verneinten das ich das überleben würde. Meine Lunge ertrank in meinem Blut und ich würde ersticken. Also brachte mich mein Vater zum Schloss zurück und stellte mich vor die Wahl ob ich den Kuss empfangen möchte oder sterben." Es schien ziemlich offensichtlich wofür er sich entschieden hat. "Viele glauben das mit dem Biss eine Übertragung stattfindet. Das ist Unsinn." Das war auch nichts was sie nicht schon gewusst hätte. Sonst würde die Welt von Vampiren wimmeln, wenn wirklich jeder Biss eine Wandlung vollzieht. Um sich zu nähren musste er immerhin regelmässig auf Jagd. Er kann nicht einfach entscheiden, dass er mal wochenlang nichts zu sich nimmt. Nimmt man also an er würde einmal pro Nacht was zu sich nehmen. Würde er pro Nacht nach der Legende einen Nachkommen schaffen. Da wäre irgendwann nichts übrig und das wäre nur er, wenn man die restlichen dazu rechnete wäre die Welt bereits leer.

"Also es gibt viele Legenden die daraus gestrickt wurden. Manche beinhalten vielleicht einen Kern von Wahrheit, aber die meisten sind einfach Geschichten die verzerrt wieder gegeben wurden. Wenn der Geist schwach ist zum Beispiel, kann auch der Kuss versagen. Nicht jeder der will, wird auch akzeptiert. Viele haben den Kuss empfangen und sind gescheitert. Wir erwählen also die poteniellen Nachfahren." Er wiegte den Kopf. "Wenn also der Tod eintritt kommt der eine Moment, an dem alles in einem überzeugt sein muss, denn nur dann glückt es. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass jemand dazu gezwungen werden kann oder durch einen sagen wir, Unfall dazu gemacht wurde." Er machte eine Pause. "Wer auch immer das behauptet ist entweder unehrlich oder wurde nicht sonderlich gut aufgeklärt."

"Je nach Blut, dass den Kuss gab verändert man sich. Ich gehöre zum Blut der Tzimisce oder für euch einfacher auszusprechen Unholde. Ich mag das Wort. Un-hold." Sie waren also durchaus individuell und jeder für sich eine eigene Persönlichkeit und das obwohl sie einer Hierarchie folgten. Es war also möglich. "Das erste was jeder spürt ist Hunger. Ihr glaubt gerade ihr seid hungrig, durstig und schwach. Stellte es euch vor, wie eine kratztende Stimme in eurem Kopf. Verlangend, antreibend und befehlend. Der Hunger ist der Grund wieso viele scheitern. Gerade als junges Kind sind all diese Eindrücke neu, überfordernd und heftig. Der Hunger ist nur ein Teil. Wenn er aber nicht gestillt wird, kann ein Kontrollverlust manches Gemüt so erschüttern, dass sie daran zerbrechen." Es war kein großes Geheimnis, dass seine Art unter einer Art Gier leidet. Da war es auch egal welches Blut durch den Körper floß, die Gier war eine der urtiefsten Eigenschaften. Wie auch Sonnenlicht. Es war einfach ein offenes Geheimnis. Jeder wusste es, obgleich niemand wirklich will, dass ein Vampir in die Raserei verfällt. Selbst ein junger Vampir konnte dann eine Gefahr werden. "Junge Kinder verlieren oft die Kontrolle über ihre neue Existenz. Dort zeigt sich, ob sie ihre neue Existenz wirklich annehmen können." Ein eindringlicher Blick auf ihre Gestalt. Vielleicht sogar ein paar Momente hängend an ihrer Schlagader. Selbst die Alten können sich nicht entziehen. Dem Flüstern im Hinterkopf.

"Durst?" Er hob den Krug mit dem frischen Wasser zwischen die Stäbe, die Lippen zu einem animalischen Lächeln verzogen.
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Sohn seiner Lordschaft Kain und der Lady Enoia Vykos
"Es widerspricht meiner Moral, mich an eure zu halten!"
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Der Fuchs
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#1108

Beitrag: # 54582Beitrag Der Fuchs »

Kadir war ein Gentleman, auch wenn man es ihm manchmal nicht zutraute, da er genauso knallharter Geschäftsmann war. Aber er wusste, was sich gehörte. Gerade dann, wenn es sich um eine Frau handelte. Oder vielmehr, wenn es sich um DIE Frau handelte. Es war nicht in seiner Absicht gewesen, Rosalind länger als nötig warten zu lassen. Auch wenn er sich sicher war, dass sie sich ganz gut ohne ihn beschäftigen konnte. Trotzdem, sie beide hatten viel zu tun und deshalb war jede Minute mit ihr kostbar. Manchmal ließ es sich aber nicht vermeiden. 

Mit leisen, geschmeidigen Schritten trat er durch das düstere unterirdische Gewölbe unter der Taverne Sturmkantes. Das schwache Licht der Fackeln entlang der Wände warf flackernde Schatten auf seinem markanten Gesicht und betonte seine Züge. Seine Augen fuhren über die Gäste hinweg, die sich zur Dämmerung eingefunden hatten. Einer der reicheren Geschäftsmänner hatte seine Etablissement für den Abend gemietet, weshalb der Zutritt zu den meisten Bereichen des Gewölbes heute nur besonderen Gästen gestattet war. Und natürlich jenen, die ein nicht aufschiebbares Geschäft mit ihm abzuschließen hatten. 

Der Fuchs grüßte niemanden von den Anwesenden, nicht aus Unhöflichkeit, sondern weil er es vorzog, ein Fremder zu bleiben für diejenigen, die ihn nicht kannten. Außerdem war er ohnehin auf der Suche nach jemand ganz anderem, weshalb sein Blick, die die da waren nur streifte. Lange musste er nicht suchen, um das zu finden, weshalb er überhaupt so schnell es eben ging, in seinen Bau zurück gekommen war. Als er Rosalind im zentralen Bereich des Gewölbes entdeckte, die sich bei einem Kartenspiel mit einem seiner Diebe vergnügte, zeichnete sich ein zufriedener Glanz auf seinen Augen ab. 

Ihre Gestalt war nun einmal schwer zu übersehen, selbst jetzt, da mehrere ihrer Schmetterlinge sich kunstvoll durch den Raum bewegten, um seine Gäste zu umgarnen. Sie waren alle hübsch und jede für sich einmalig. Keiner der Schmetterlinge war für ihn aber wie Rosalind. Als er näher zu ihr kam, breitete sich ein tiefes Lächeln auf seinem Gesicht aus und sein Blick ruhte mit einer Form der Zärtlichkeit auf ihr, die er nur ihr gab. 

Gerade noch schnappte er die letzten Wortfetzen auf, bevor er sich von hinten zu ihr hinab beugte und mit tiefer und sanfter Stimme in ihr Ohr flüsterte. "Eifersüchtig, mein Nachtfalter?" Er trat um sie herum, ergriff ihre Hand und hob diese zu seinen Lippen, um einen zarten Kuss auf ihren Handrücken zu drücken. "Ich hoffe, ich habe dich nicht zu lange warten lassen." Fügte er mit einem schelmischen Ausdruck auf seinen grünlich schimmernden Augen hinzu, während er ihre Hand fest in seiner hielt und sie nach oben zu sich zog. "Wie ich sehe, hast du dir die Zeit trotzdem gut vertreiben können." Mit diesen Worten nahm der Fuchs Rosalind die Karten aus ihrer anderen Hand, betrachtete diese kurz und hob abwägend eine Braue.

Ohne das Blatt weiter zu kommentieren, legte er es umgedreht auf dem Tisch ab und nickte dem Wiesel knapp zu. 
"Du kannst gehen. Nimm dir den Einsatz, mehr wird es nicht sein, was du an diesem Abend von dieser Frau noch bekommen wirst." Es war nicht von Nöten, noch eine Antwort abzuwarten und so wendete er sich von dem Spieltisch ab und zog Rosalind hinter sich her durch den Hauptraum, in einen Bereich, in dem sich seine privaten Gemächer befanden. Sollte Rosalind dabei die Aufmerksamkeit der größtenteils männlichen Gäste auf sich ziehen, die sich bereits an einigen ihrer mitgebrachten Schmetterlinge und seinem Angebot erfreuten, war das etwas, was er ihr mehr als vergönnte. Sie war und sie blieb die Bemerkenswerteste unter allen und nicht umsonst die unangefochtene Regentin ihres Schmetterlingsgartens. Und Kadir genoss es zu wissen, dass sie ihm gehörte, ganz ohne, dass er dafür einen Preis zahlen musste. 

Vor einer Türe, die aus schwerem, gebeizten Holz gefertigt war und von zwei Schatten flankiert wurde, blieben sie stehen. Mit einem leichten Druck öffnete er den Eingang und gab den Wachen ein Signal, dass sie vorerst aus ihrem Dienst entlassen waren. Mit seinem Nachtfalter an der Hand betrat er den behaglichen Raum, ließ die Tür wieder ins Schloss fallen und zog sie gleich darauf sanft in seine Arme. "Du bist mir doch nicht Gram?" Ein leises, unschuldiges Lachen strich über ihr weiches Gesicht hinweg und seine Finger stahlen sich eine Strähne ihres blonden Haares. "Ich habe mich um Pünktlichkeit bemüht. Leider kam, wie so häufig, einige Unvorhersehbarkeiten dazwischen." Er seufzte ergeben und küsste sie sanft auf ihre Stirn. "Wenn du meinen Dieben allerdings das Gold aus der Tasche ziehst, das ich ihnen bezahle, kann ich es in Zukunft auch gleich dir geben." 
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Es ist nicht wichtig, wer das Spiel beginnt, sondern wer es beendet.
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Tanuri
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#1109

Beitrag: # 54584Beitrag Tanuri »

Ihre andere Hand, die sich zuvor krampfhaft an einem der Gitterstäbe festgehalten hatte, löste sich langsam und gesellte sich zu der zweiten, die mittlerweile in ihrem Schoß weilte. Dennoch blieb ihr Kopf an das kalte Metall gelehnt. Diese Kälte, die vom Eisen ausging, war das Einzige, woran sie sich momentan festhalten konnte. In einer Welt voller Unsicherheiten war sie ein ständiger, verlässlicher Begleiter, eine Konstante, auf die sie zählen konnte. Hier, in diesem engen Gefängnis, in dem Landru sie versteckt hielt, bot das kalte Metall weiterhin eine seltsame Art von Trost. 
 

Es war absurd, das wusste sie. Doch jeder klammert sich an etwas, das ihm Halt gibt, auch wenn die Welt voller stiller Vorwürfe und harscher Kritik dafür ist. Das kalte Metall um sie herum würde sie nicht vor Landru schützen, das war ihr bewusst. Aber es war ein Symbol, eine stumme Erinnerung daran, dass selbst im tiefsten Zweifel etwas Verlässliches existieren konnte. Und in dieser Einsamkeit war es tröstlich, sich auf etwas verlassen zu können, sei es auch nur die erbarmungslose Kälte.
 
Ihre Augen verrieten eine Art der Faszination, als sie dem Vampir lauschte, ohne ihn zu unterbrechen. Auch wenn seine Lebensform für sie nach wie vor etwas war, das sie eigentlich zu verurteilen hatte, musste sie sich eingestehen, dass seine Erzählung auf seltsame Weise menschlich war. 
 
Und obwohl sie als Priesterin, tief in den Lehren seiner dunklen Lordschaft verwurzelt war, spürte sie in sich ein vielschichtiges und unerwartetes Verständnis für Landrus Worte. 
 
"Ich kenne den Hunger, von dem Ihr sprecht. Diese unstillbare Gier, die nie vollkommen befriedigt werden kann, egal wie viel man sich nimmt. Sie kann für einige Stunden besänftigt werden, doch sie verstummt niemals." Tanuri senkte ihren Blick und ließ ihre Augen auf ihren Händen ruhen. Zitterten diese verräterisch, wie sie es oft taten, oder war auch das nur ein Gespinst ihres erschöpften und hungrigen Geistes?

Ihre Gedanken schweiften ab zu Erinnerungen an eine Zeit, in der das Wollen nach etwas Unerreichbarem unaufhaltsam war, sie dieser tiefsitzenden und nicht zu erschöpfenden Gier immer und immer wieder nachgab, sich in der Dunkelheit verlor, in der verzweifelten Hoffnung, von ihr verschlungen zu werden. Sie suchte nach einer Wärme, die stärker war als die allgegenwärtige Kälte.

Doch gleich, wie sehr sie der verlockenden Finsternis folgte und auf ihre flüsternden Versprechungen hoffte, fand sie nie die Erfüllung, die sie suchte. Nur ein immer stärker werdendes Verlangen nach Vollkommenheit, einer absoluten Hingabe und der verführerischen Umarmung der Schatten - aber das Verlangen ließ sich nicht stillen. 

„Was geschieht mit Euch, wenn Euer Hunger zu laut wird? Vergesst Ihr dann, wer Ihr seid? Könnt Ihr Euch zügeln und beherrschen? Könnt Ihr Euch kontrollieren und warten? Oder werdet Ihr zu dem Tier, das wir fürchten und von dem die Legenden erzählen?“

So gut es ihr möglich war, versuchte Tanuri ihre Stimme ruhig und gefasst zu halten. Leicht bis sie sich auf die Unterlippe, verlor sich kurz in den Gedanken an ihre Vergangenheit und hob dann mit einem zitternden Lidschlag den Blick zu Landru. „Wisst Ihr noch, wie es war, ein Mensch zu sein?“ 
 

Es überraschte sie, dass der Clan tatsächlich so etwas wie Anstand kannte. In den Geschichten, die man las und die in den Tavernen bei Met und Wein verbreitet wurden, hieß es nur, dass sie grausam und ohne jegliches Gewissen wären. Räuber des Lebens und Geber einer grausamen Ewigkeit. Wenn er aber von einem Kind zu einem jungen Mann heranwachsen durfte, musste es innerhalb der Seinen etwas wie ein Gewissen geben. Denn was wäre barbarischer, als einem jungen Kind die Unendlichkeit aufzuzwingen? 
 
Auch wenn ihr Innerstes aufgewühlt und durchtränkt von Furcht und Zweifel war, spiegelte sich davon, so hoffte sie zumindest, nur ein Bruchteil in ihren blauen Augen wider, die nun fest auf ihm ruhten. Das rabenschwarze Haar, durchzogen von weißen Strähnen, umrahmte ihr blasses Gesicht wie ein düsterer Schein. Tanuri fühlte sich ausgelaugt und erschöpft, nicht nur körperlich, sondern auch in ihrem Geist.

Es war anstrengend und zehrte an ihr, mit jeder Minute neu zu entscheiden, was sie preisgeben konnte und was nicht. Ihr Gegenüber war und blieb unberechenbar, konnte sie töten, verstümmeln oder sich dafür entscheiden, seiner eigenen Gier freien Lauf zu lassen.

Was geschah, wenn er dem Gespräch überdrüssig wurde? Musste sie dann zu dem greifen, was Jeremias ihr sagte? Sich verleihen, um für Landru etwas zu erschaffen? Dies wäre ihr letzter Schritt, vermeidbar, hoffentlich. Bis dahin aber musste sie ihre Worte umso weiser wählen, abwägen, was sie sagen konnte und wonach sie fragen durfte. 
  
Ihr Interesse an Landrus Geschichte war trotzdem echt, denn in seiner Erzählung lag eine Intensität, die sie förmlich spüren konnte und die sie mit sich zog, auch wenn sie das nicht offen zugeben würde. Natürlich war es auch Taktik, um Zeit zu gewinnen, denn jeden Moment, den sie ihn ablenken konnte, war ein Gewinn. Aber sie wollte es tatsächlich wissen, wissen, wie es war, in der Dunkelheit zu leben und dabei die Kontrolle zu wahren und nicht wie sie, diese wieder und wieder zu verlieren. Sie wollte verstehen, was mit einem geschah, wenn man von der Menschlichkeit in das Ungewisse gestürzt wurde und die Beherrschung darüber lernte. 
 
"Vielleicht ist Eure Lebensweise sehr viel ähnlicher zu der unseren, als zugegeben wird. Wir alle gieren nach etwas, wollen es uns nehmen, damit unser Innerstes Ruhe erlangt. Auf die ein oder andere Art sind wir alle Raubtiere. Getrieben von einem Durst und bereit bis zum Äußersten zu gehen, um diesen zu stillen." Zunächst sank sie etwas mehr in sich zusammen, sammelte ihren Atem, der ihren Brustkorb einige Male hob und senkte. 
 
"Was uns unterscheidet, ist die Tatsache, dass wir, die Menschen, dafür verurteilt werden, wenn man sich bedingungslos nimmt, wonach einem hungert." Für einen Moment vergaß sie die Enge ihres Käfigs, der ihre Freiheit einschränkte und verdrängte die Gefahr, die auf sie lauerte. 

Alles, was sie aussprach und selber von sich gab, war natürlich in gewissem Maße kalkuliert, gleichzeitig aber aufrichtig.
„Erzählt mir mehr davon, Landru."
 Ihre Stimme war leise, gepaart mit dem Hauch von wahrer Neugier, die sie nicht zu verstecken gedachte. "Erzählt mir, wie es ist, wenn das Menschliche verblasst und das Monster erwacht.“

Nachdenklich wanderte ihr Blick auf den angebotenen Krug und mit einer langsamen Bewegung legte sie ihre Hand darauf, jedoch ohne Landru diesen abzunehmen. "Ich bin durstig und hungrig. Aber weder nach Wasser, noch nach Brot."
Sie hob ihre Augen zu ihm auf, versuchte zu vergessen, was vor ihr stand, das verzerrte Wesen, das nicht lebend, aber auch nicht tot war, zu ignorieren und dafür zu erkennen, was hinter dem Unhold versteckt war. Ihre Stimme senkte sich zu einem seidigen, herausfordernden Flüstern. "Bist Du das auch?" 


 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Adrian
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#1110

Beitrag: # 54586Beitrag Adrian »

Natürlich nicht. Kapitulation war für sie beide keine Option. Es war eine rein rhetorische Frage, die keine Antwort erfordert hätte. Allerdings war es etwas, das Naheniel sich in seiner unvergleichbaren Überheblichkeit dennoch nicht nehmen ließ. Ebenso wenig wie seine unterstreichende Darbietung an Dominanz und Macht.

Mit einem kurzen Blinzeln sah Adrian zu Liadan hinab. Sein kühler Blick fing ihren nur für einen Atemzug auf, als sie sich aus seiner Silhouette löste. Langsam senkte er die Lider und blickte an die Stelle, wo ihre Hand seinen Arm berührte. Bedächtig folgte er ihrer Bewegung, bis ihre Finger sich am Ende von seinem Handrücken löste.

Natürlich konnte sie der Autorität ihres Schöpfers nicht widerstehen. Seinem Ruf, seinem Befehl. Eine Macht, die er sichtlich auskostete, indem er sie ihnen gnadenlos vorführte. Knapp fuhr er sich über die Lippen, als die Worte der Prinzessin ihn zur Ruhe mahnen wollten.

Hätte Liadan jedoch zuvor auf ihn gehört, wäre es nicht dazu gekommen. Sein Blick hielt an ihr fest, folgte ihr, bis sie auf seinem Augenwinkel verschwand. Für Reue war es zu spät. Die Konsequenzen aus ihrer Entscheidung trafen sie nun alle.

Mit einem einzigen Lidschlag wandte Adrian sich Naheniel zu. Eine eisige Kälte spiegelte sich in seinen hellen Augen wider. Eine unausgesprochene Warnung, unter der er, ohne eine Miene zu verziehen, sein Glas an die Lippen führte, während sein Freund ihn förmlich dazu aufforderte, seinen nächsten Zug zu machen.

„Sollte es mich treffen, Naheniel?“ Ein verächtliches Zucken legte sich auf seine Mundwinkel, bevor er beherrscht den letzten Schluck von dem goldschimmernden Getränk nahm, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Immerhin hatte Adrian seinem Freund den Krieg ausgesprochen und nicht weniger als ein Gottesurteil damit herausgefordert. Sein Geltungsdrang, den er jedoch zur Schau stellte, schien sich stattdessen jedoch vielmehr an der sich ihm gebotenen Gelegenheit zu ergötzen.

„Ich bin mir sicher, es muss frustrierend sein, oder?“ Mit kühler Selbstsicherheit trat Adrian an den Tisch heran.

„Dass offenbar in dem Fall weder deine Schwester noch ich deinen Erwartungen gerecht werden.“ Mit einer leicht spöttischen Neigung seines Kopfes sah er schräg zu seinem alten Freund hinüber. Untermalt von einem kaum merklichen Heben der Augenbraue zeichnete sich ein süffisantes Lächeln auf seine Züge, nur um ihn mit einer dominanten Überheblichkeit wissen zu lassen, wie durchschaubar sein Vorgehen war.

„Aber scheinbar denkst du noch immer, du wärst der Spieler, der die Figuren auf dem Brett lenkt?“ Ohne Naheniels Schauspiel weitere Beachtung zu schenken, zog er den Stopfen aus der Flasche und schenkte sich einen Fingerbreit in sein Glas.

„Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was mich dabei mehr enttäuschen sollte.“ Seine Lippen formten sich zu einer kühlen Linie, bevor mit einem Nicken auf Liadan deutete. Abschätzig schob sich eine Braue in seine Stirn, welche die Schatten kleiner Falten unter seinem blonden Haar hinterließ.

Dominanz und Autorität. Sehr genau sah er im Augenwinkel, wie Naheniels Hände über Liadans angespannten Körper glitten. „Dass du meinst, dich hinter einer Frau verstecken zu können oder noch immer nichts dazugelernt hast. Beides ist ein Fehler.“

Eine abschätzige und vor Vermessenheit strotzende Machtdemonstration, die er ihnen allen gegenüber sichtlich genoss.

Allerdings konnte Adrian nicht leugnen, dass Naheniel ihn dieses Mal an einem empfindlichen Punkt traf. Eine Gelegenheit, die sich ihm jedoch nur aus dem einen Grund geboten hatte, da die Prinzessin in ihrer sturen Rebellion sich seinen Worten widersetzt hatte. Etwas, das auf gleich mehrere Weise noch ein Nachspiel haben würde. 

„Hat sie wirklich eine Bedeutung für dich?“ Ein kaltes Aufblitzen im zeigte sich im Zentrum seiner hellen blauen Augen, als ihre Blicke sich kreuzten. Adrian unterschätzte ihn keineswegs. Im Gegenteil. Auch wenn Naheniels Überheblichkeit einen Schwachpunkt darstellte, so war er sich im Klaren darüber, dass er umso gnadenloser und entschlossener seine Ziele verfolgte. 

Sein Blick wandte sich wieder auf das Glas, während seine Finger sich darumlegten und er nur eine Augenbraue hob, um fast beiläufig keine Unklarheiten im Raum stehen zu lassen. Schließlich wollte Adrian sichergehen, dass Naheniel nicht dem Irrglauben erlag, ihn auf diese Weise zu provozieren.  „Familie.“

War es dennoch unmöglich? Eine Gewissheit darüber erlangte man jedoch erst, wenn man unter Umständen einen Nerv traf. So wie in der Taverne, als er das Nordmädchen erwähnte. Nachdenklich strich sein Zeigefinger über den Rand des schimmerndes Kristalls hinweg. Vieles war möglich, aber manches auch klar durchschaubar.

„Immerhin, wenn dem so ist ist, wie du sagst, stellt sich mir am Ende jedoch die Frage, ob Lorena mit ihren Anschuldigungen doch nicht vollkommen falsch liegt oder ob du unachtsam gewesen bist.“

Adrian konnte nicht abstreiten, dass Naheniel die Szenerie im Augenblick beinahe lückenlos dominierte, was er einzig Liadan zu verdenken hatte.

„Tatsächlich hat es den Anschein, dass es eher meine Lektionen waren, die nicht eindringlich genug gewesen waren.“ Vielsagend sah Adrian über sein Glas hinweg, während ein düsterer Schatten sich mit bedrohlicher Souveränität in seinen Augen abzeichnet. „Du willst reden?“

Mit einem langsamen, bedächtigen Schluck aus seinem Glas fixierte er Naheniel mit einem Blick, während zarte Schlieren aus Finsternis sich immer deutlicher um seine andere Hand manifestierten und wie Fäden aus purer Dunkelheit um sie herumschlängelten. Schatten, die Adrian langsam wie seine Finger selbst zu einer Faust zusammenzog. Fast schon mit einem leichten Genuss, der sich auf seinen Zügen abzeichnete, als er nach etwas Unsichtbarem zu greifen schien, das nicht jeder im Raum unmittelbar wahrnehmen konnte. Sein alter Freund gewiss schon.

Kontrolle. Ein zunehmend erdrückendes Gefühl, das sich von Naheniels Mal in seinem Nacken aus kriechend über die Lungen seines Freundes hinweg durch seine Adern ziehen sollte. Ein Brennen, als würde sich die eigene Magie in seinem Blut gegen ihn wenden und von innen verzehren.

Die Dunkelheit in Adrians Augen schimmerte mit gefährlich Entschlossenheit und unterstrich auf mannigfaltige Weise durchaus präzise, welche Wahl er ihm ließ, während sich die Schlingen sehr, sehr langsam, aber dafür umso deutlicher spürbar in seine Eingeweide brannten und ein finsteres Geflecht auf seine Haut zeichnete.

Seine kontrollierte Stimme war von einer gefährlichen Ruhe durchzogen, unter deren Oberfläche jedoch eine vollkommen andere Realität lauerte. Eine Finsternis, die von Adrian kontrolliert wurde, aber ihn gleichermaßen beherrschte je mehr Zeit sie nit Säbelrasseln verschwendeten. Die Frage, die Naheniel sich daher stellen sollte, war nicht, ob Adrian bereit war, Opfer zu bringen, sondern vielmehr, ob er selbst es wirklich ein weiteres Mal herausfinden wollte. Wie groß war sein Selbsterhaltungstrieb? Konnte er mit seinem Größenwahn mithalten?

„Dann halte sie da raus und nimm Deine Finger von ihr.“
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✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Gemahl der PriesterinTanuri Al Saher
❖ Bruder des Verlion Al Saher ❖
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Landru
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#1111

Beitrag: # 54588Beitrag Landru »

Nicht jeder Hunger war mit Nahrung verbunden. Mancher hungerte nach Anerkennung. Mancher nach Aufmerksamkeit. Mancher nach Macht und wieder andere nach Wissen. Sie alle hatten diesen unscheinbaren Vampir in sich, der irgendwas verlangte. Sie alle hatten eine Art von Hunger. Tanuri hatte recht. Was waren sie also, wenn nichts anderes als eine personifierung von Gier. Erscheint es doch ein kleiner Preis für die Vorzüge der Ewigkeit. Ein verlockendes Angebot. Nicht mehr altern zu müssen, nicht mehr krank zu werden. Weder vergiftet werden zu können noch jemals zu ertrinken. Viele haben den Preis unterschätzt. Ewige Jugend und Schönheit bewahrend, waren die Schattenseiten gar nicht mehr so laut. Bis es soweit war und die Schönheit im Dunkeln versteckt blieb statt im Sonnenlicht zu baden und sich zu zeigen. Wenn manchen die Ewigkeit aufeinmal unglaublich lang erscheint. Wenn die in eine Momentaufnahme gepresste Existenz aufeinmal langweilig wurde und man unfähig war etwas daran zu ändern. Aber der Grund war Gier und Hunger, den sie schon als Menschen besaßen. Eine Sehnsucht die sie antreibt und natürlich hatte auch er damals Sehnsüchte verfolgt. Wünsche und seine Hoffnungen in diese neue Stärke gelegt. Etwas was langsam Stück für Stück seine Menschlichkeit zerlegt hatte bis nur noch ein vages Echo übrig geblieben war.

"Mh, ja. Anfangs denkt man oft, man kann sie kontrollieren. Herr über die Gier werden. Herr über den Hunger. Egal ob Mensch oder nicht, man ist überheblich genug zu glauben bei einem selbst wird es anders. Es ist immer was anderes wenn man selbst Dinge entscheidet und tut, selbst wenn man sie bei anderen verurteilt." Er lächelte tatsächlich wissend. So viele haben versucht den Kuss als Nutzen zu benutzen ohne das sie erwischt werden. Aber sie haben am Ende mehr sich betrogen als alle anderen, denn sie haben sich verleugnet und ihre Entscheidungen versteckt. Sie haben der Versuchung nicht stattgehalten und wollten Unsterblichkeit und Macht erlangen und vergaßen dann wer sie waren und was sie geworden sind. Alles ist anders, alles wird anders bewertet und alles wird anders sein.

"Wenn der Hunger zu laut wird, möchte ihn niemand sehen noch hören. Ketten können kaum halten was an Macht vorbricht mit einer Entschlossenheit sich zu holen was es verlangt. Es gibt so viele Namen dafür. Mancher sagt wahre Hunger, mancher nennt es das Tier, andere einfach Raserei. Selbst ein neugeborenes Kind des Blutes kann ungeahnte Kräfte entwickeln, wenn nur dieser eine Trieb existiert. Ich denke ich brauche euch es nicht beschönigen, als das Tier in den Legenden noch ein gewisses Maß an Kontrolle und Anmut besitzt. Die Wahrheit ist weit schlimmer. Niemand sollte je darauf aus ein, den wahren Hunger zu wecken." Er strich sich über die Lippen. Kontrollverlust. Er erinnerte sich an das erste Mal immer noch gut. Das vergisst man nie. "Mancher hält es für schlau den Hunger zu provozieren. Aber es ist nicht nur eine Art Schwäche von der du nun weißt, es ist .. auch eine gewaltige Stärke. Weil in dem Zustand kennt man keine Freunde, keine Feinde, keine Gnade und auch keine Grenzen. Man fühlt keinen Schmerz, keine Angst, keine Moral, nicht einen einzigen Grundsatz in Ethik und all das.. führt dazu, dass man entweder sehr schnell bekommt was man will oder .. andere schaffen es einen aufzuhalten. Letzteres ist schon sehr schwer. Es ist also nicht sonderlich klug."

"Der Preis den man zahlt um den Tod zu überlisten kann rein logisch nicht gering sein. Wer das glaubt ist ziemlich naiv." Er schmunzelte ein wenig. "Ich weiß das manche behaupten sie wären so geboren worden, aber das ist in meinen Augen Unsinn." Es wäre alleine vom Gleichgewicht ein Widerspruch, aber das war ein anderes Thema. "Je nach Situation würde ich sagen." Neben Hungerraserei existierten noch andere Formen der Raserei und jede hatte einen anderen Trieb als Ursprung. Ob Angst, Zorn oder Hunger, es waren mächtige Bedürfnisse und sogar Emotionen, die einen lenkten. Gerade Angst und Zorn konnten stark lenken.

"Ich schätze nein. Wenn ich bedenke wie schnell ein Mensch in meinen Händen zerbricht. Ist es für mich kaum mehr greifbar wie sehr ich zerbrochen sein muss als ich so war wie sie. Wir schnell, wie sensibel sie sind. Ein einfacher Mensch ist anfällig für so viele Umstände die ihn töten können. Ist es noch greifbar? Die meisten Seraphim haben das Problem nicht mehr, sobald sie das erste mal wiedergeboren wurden. Aber auch sie sind dann keine reinen Menschen mehr. Sie sind zwar immer noch gewissermaßen sterblich und altern, aber nicht mehr so schnell wie Menschen, nicht wahr?"

Er wusste nichts über den Gedanken mit dem Anstand in ihrem Kopf. Vermutlich hätte er geschmunzelt, denn es gab alte Werte und doch eine gewisse Richtmoral. Kinder gehörten nicht in die Nacht. Es gab sicher Ausnahmen, wenn er an seine Tochter dachte, welche seit dem letzten Krieg verschwunden oder vernichtet worden war. Sie war noch ein Kind. Immer ewiges Kind. Es war keine leichte Entscheidung gewesen und damals hatten viele komplizierte Umstände dazu geführt, dass sie am Ende doch den Kuss erhielt. Ob sie je glücklich gewesen war? Oh sie hatte Momente an denen sie feststellte das ihr erwachsener Geist in dem Körper eines Mädchens feststeckte. Als sie begriff, dass niemand sie jemals als eine sinnliche Frau sehen würde. Heute würde er es egal wie die Umstände sind, nicht wieder erlauben. Es war ein Fehler gewesen. Ein begründeter Fehler, dennoch blieb es ein Fehler. Er hoffte sehr, dass sie ihre Erlösung gefunden hatte, damit sie nicht mehr in ihren eigenen Qualen immer an ihren Verlust erinnert wurde. Den Verlust jemals erwachsen werden zu können.

Im Moment war das Gespräch interessant, aber es wird sicher nicht ewig dauern. Vielleicht wähnte er sich auch deshalb ein wenig mehr in Sicherheit und war deshalb auch gesprächiger als er wäre, wenn er wüsste sie käme wieder frei. Er war vorsichtig damit von seinem Sieg auszugehen, aber in dem Fall hatte er sein Ziel vor Augen. War es also gar nicht so überschätzend von ihm. Auch wenn sicher der ein oder andere Fehler passiert war. Die richtigen Stellen werden wissen, dass ein Schneider namens Islaf regelmässig Nachrichten von ihm bei Halam abholt. Es gibt Gerüchte, dass er mit Samoel - der wiederum eine Verbindung zu Etoh hatte, gesehen wurde. Natürlich war das alles ziemlich unscheinbar und vage. Aber es gab den Vorfall in der Taverne in dem es zum Kampf kam von der Halam berichtete. Damals war es die gleiche Gestalt gewesen. Zufall? Es war lange her, aber vielleicht war genau das Absicht. Dann wurde er beim Tribunal gesehen, wenn auch flüchtig außerhalb, ebenso war er Lorena bekannt und auch Kenna hatte ihn mal flüchtig im Dom gesehen. Alles in allem tauchte er immer wieder irgendwie am Rande auf. Möglicherweise ein Zeuge, der zumindest angehört werden sollte?

War es die Situation, welche ihre Handlungen bestimmte. Sie überraschte ihn ein wenig. Jeder andere in ihrer Situation hätte den Krug förmlich aus der Hand gerissen. Sie neigte sogar dazu sich weiter selbst zugeißeln und weiter ihren Durst zum Warten zu verdammen. Kurz zuckte der Mundwinkel. Ja, zugeben ein wenig imponierte ihre Stärke. "Stellt euch vor ein Blatt im Herbst.. voller Farbe. Noch voller Leben und dann landet ihr auf dem Boden. Die Farbe weicht, aber langsam, wird fahler und am Ende ist jede Farbe nur noch eine Erinnerung. Eine die irgendwo in einem existiert. Aber sie noch zu fassen oder zu greifen, wird schwer. Mit jedem Jahrzehnt, Jahrhundert.. wird es mühsamer sich zu erinnern." Zum Monster sagte er noch nichts. Vielleicht weil er fürchtete, dass sie es als Hebel benutzen könnte ihn zu provozieren. Er wollte nicht zu leichtsinnig sein.

"Ich bin es schon immer gewesen. Die Frage ist .. Tanuri. Was für einen Preis bist du zu bereit zu zahlen?"

Es ging hier nicht mehr ums Wasser und das merkte sie auch. Sie hatte eine Chance. Eine echte Chance dieses Schauspiel für sich zu gewinnen. Er glaubte ihr.
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Sohn seiner Lordschaft Kain und der Lady Enoia Vykos
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Lorena
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#1112

Beitrag: # 54589Beitrag Lorena »

Mit jedem weiteren Atemzug schien die Anspannung im Raum immer weiter anzusteigen. Ihre Gildenschwester in den Armen des Feindes
zu sehen war seltsam verstörend. Sowohl Liadans Mimik, als auch ihre Körpersprache zeugten davon, dass sie nicht freiwillig an der Seite
ihres Widersachers verweilte. Andererseits konnte Lorena aber auch keine magische Ursache erkennen, welche die Bognerin zu ihrem
Handeln zwang und den Ursprung für ihre missliche Lage bildete. Gerade als sie selbst im Begriff war einzuschreiten, um jener
testosterongeschwängerten Machtdemonstration Einhalt zu gebieten, bemerkte sie jedoch Adrians Schatten, die sich wie ein feiner
Nebel über den Fußboden ausbreiteten.


Jener finstere und unheilverkündende Anflug dunkler Magie, welcher auf dem Weg zu seinem Ziel unweigerlich, auch ihre eigene Person
streifte, hinderte die Inquisitorin daran ihre eigene Magie freizusetzen. Nicht etwa, weil es ein stummer Befehl des dunklen
Generals war oder weil sie darauf vertraute, dass Adrian die Situation schon alleine regeln würde, sondern viel mehr, da sie die
Konsequenzen nicht abschätzen konnte, was passieren würde, wenn sie eingreifen würde. Im Besten Fall würden sie zusammen den Feind
in die Flucht schlagen, im schlimmsten Fall käme es zu einer erneuten Magieimplosion, die schwerwiegende Folgen für sie alle haben könnte.


Sie konnte spüren, dass Adrian immer noch dieses verdammte Amulett tragen musste. Ein Amulett, welches einen Teil der Seele einer
alten aber nicht minder mächtigen Kreatur in sich barg und die Energie seines Gegenstücks suchte. Ungünstiger Weise zirkulierte dieses
Gegenstück jedoch ausgerechnet durch ihren eigenen Kreislauf und entfesselte immer wieder finstere Gedanken und grausame Visionen,
in denen es schwierig war Realität und Suggestion auseinanderzuhalten. Ein unliebsamer Umstand, über den bisher glücklicherweise
niemand bescheid wusste und den sie auch solange es möglich wäre verbergen würde.


Außerdem wollte Adrian seinen einstigen Freund offenbar nicht vertreiben, sondern ihn vorerst nur zum Reden bringen. Daher zwang sie
sich selbst zur Ordnung und bekämpfte den Drang ihre Magie einzusetzen nieder. Um ihren Fokus nicht zu verlieren, trat sie einen bewussten
Schritt zurück und lehnte sich mit vor der Brust verschränkten Armen an das Bücherregal in ihrem Rücken. Sie konnte es nicht riskieren,
sich an die Seite des dunklen Generals zu begeben, um eine Front gegen Naheniel zu demonstrieren. Denn sie war sich fast sicher, dass
zumindest Adrian dann hinter ihr Geheimnis kommen würde. Zudem glaubte sie aber ohnehin auch nicht, dass ihr Feind sich davon irgendwie
beeinflussen oder gar einschüchtern ließe.


Denn egal, was sie auch von ihm halten mochte, eins musste sie ihm zugestehen, dumm war Naheniel nicht. Zwar konnte sie nur vermuten,
wie lange er es ihr gleichgetan hatte und unbemerkt das Gespräch im dunklen Hörsaal verfolgt hatte, aber selbst einem Unbeteiligten
dürfte nicht entgangen sein, dass Lorena und Adrian einander mit einer unterschwelligen Gereiztheit gegenübergetreten waren. Es wäre
also mehr als lächerlich gewesen, nun so zu tun als ob, nur um nach Außen hin ein bestimmtes Bild zu vermitteln. Nichtsdestotrotz bestand
für Lorena aber auch kein Zweifel daran, auf wessen Seite sie kämpfen sollte, wenn die Situation hier eskalieren würde.


Naheniels vorhersehbarer Spott ihr gegenüber reizte die Eismagierin dennoch in gewisser Hinsicht, auch wenn sie sich dies nicht anmerken
lassen wollte.  Zur Gänze konnte sie seinen Charakter zwar noch nicht durchschauen, aber ihr war nicht entgangen, wie sehr er solche
Gelegenheiten genoss. Diese Genugtuung konnte und wollte sie ihm aber einfach nicht gönnen.
„Selbstredend ziehe ich aus jeder Interaktion meine eigenen Schlüsse. Ob meine Vermutung sich letztendlich bewahrheiten wird oder nicht
wird sich noch zeigen.“
Seinen unnachgiebigen Blick begegnete sie unerschrocken und unterkühlt. „Aber eines möchte ich dann doch an dieser
Stelle noch festhalten, ich habe Euch in diesem Zusammenhang nicht verdächtigt, sondern die Frage offen in den Raum gestellt, ob ihr beim
Verschwinden der Priesterin zufällig Eure Finger im Spiel hattet.“


Hätte er an jenem Abend zugegeben, erneut hinter der Entführung Tanuris zu stecken, wäre die Ausgangslage sicher eine andere. Denn dann
hätte er ihre Hypothese schließlich mit seinem Geständnis direkt belegt, aber da dies nicht der Fall war, wählte sie ihre Wort ihm gegenüber
sehr bedacht, damit er sie ihr nicht wieder im Mund herumdrehen konnte. „Aber wir wollen uns ja nicht an Kleinlichkeiten aufhalten, wo wir
derzeit doch alle um das Wohl der Vermissten besorgt sind.“
Ihr Ziel war es nicht unbedingt ihren Gegenüber herauszufordern oder ihn zu
provozieren, aber ebenso lag es ihr fern sich ihm unterzuordnen.


Dies lag einfach nicht in ihrem Naturell. Seiner Schwester, ihrer Priesterin und Gildenleiterin gegenüber tat sie dies zwar in einem gewissen
Maße, aber auch nur, weil jene sie nicht wie eine Untergebene behandelte. Sie begegneten einander auf Augenhöhe. Bei Naheniel war die
Situation eine andere. Sie würde ihm die Stirn bieten und auch sonst ihre Ansichten jederzeit gegenüber jedem anderen entsprechend
vertreten. „Als besorgtes Familienmitglied, habt Ihr euch doch sicher auch schon nach dem Verbleib Eurer Schwester erkundigt und wollt
doch bestimmt in dieser Angelegenheit mit uns kooperieren. Nicht wahr?“


Während sich Adrians Schatten immer mehr um Naheniels Körper verdichteten und dessen Worte auch immer nachdrücklicher, wenn nicht
gar bedrohlicher erschienen, behielt sie derweil Liadan genaustens im Blick. Ein Hauch Überraschung flackerte dennoch über ihre Gesichtszüge,
als Adrian ihre Theorie wieder aufgriff, die er zuvor selbst offenbar vehement ausgeschlossen hatte. Eine Spekulation, von der sie hoffte,
dass sie sich bewahrheiten würde. Denn anderen Falls würde Lorena nur noch eine weitere Option einfallen, wer hinter dem
Verschwinden der Priesterin stecken konnte und diese würde ihr absolut nicht gefallen. Wo Naheniel ein Feind war, denn sie kannten, war
Landru hingegen ein Wesen, das sie weder einschätzen konnten, noch von dem sie wussten, welche Ziele es verfolgen würde.


 

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-Freya-
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#1113

Beitrag: # 54590Beitrag -Freya- »

Freya hatte gerade den unteren Treppenabsatz erreicht, als ein Hausdiener sie abpasste. Ein Junge, nur wenig älter als sie. Eine vollkommen normale Situation an jedem anderen Ort. Hier jedoch? Nicht. Nichts unterbrach den Tagesablauf in diesem Haus, das wussten alle. Deutlich konnte sie die Blicke ihrer Schwestern und Brüder spüren, die sich im selben Moment auf sie legten, als er sie darum bat, ihm zu folgen. Ein leises Flüstern, ein Getuschel, das wie ein Hintergrundrauschen entstand.

Mit einer leichten Neigung ihres Kopfes signalisierte sie dem Jungen, voranzugehen. Ohne den Grund selbst dafür zu kennen, breitete sich ein leichtes Unwohlsein in ihrem Magen aus. Eine Veränderung ihrer Routine fühlte sich irritierend an, allerdings weder hinterfragte man die Anweisungen der Gräfin noch widersetzte man sich jenen.

Mit einem tiefen Atemzug versuchte sie das ungewohnte Gefühl zu verdrängen. Sie sollte noch vor dem Morgenappell mit ihm gehen, was so viel bedeutete, dass sie auf ein Frühstück verzichten musste. War ihr ein unbewusst Fehler unterlaufen? Weshalb ließ die Gräfin vor dem Frühstück nach ihr schicken. Anstatt zu weichen, wurde nahm die innerliche Anspannung mit jedem Schritt zu. Nachdenklich sah sie auf den Rücken des Jungen, der vor ihr ging, während sie die Haltung wahrte. Keine Schwachpunkte offenbaren. Zweifel gehörten dazu. Nichts hatte sie sich seit der Flucht mit Haedinn zu Schulden kommen lassen. Zumindest nichts, das ihr einfiel.

Schweigend sah Freya auf die Tür des Unterrichtssaals, als der Diener davor Halt machte. Ihr Blick glitt über das glatte dunkle Holz und blieb auf dem Knauf ruhen. Es war nur ein winziger Moment, indem sie darüber nachdachte, den Jungen zu fragen, was sie erwarten würde. Leicht blinzelte sie. Zu ihm. Wusste er etwas?  Nein es war nicht klug ihn zu fragen. Nicht, wo sich die Antwort sowieso bereits direkt vor ihr befand und sie sich dieser ebenso stellen musste. Ihre Hand legte sich daher auf das kühle Metall.

Ein helles Licht flutete den Raum, in welchem man das Mädchen bereits erwartet hatte.  Nicht jedoch von der Gräfin selbst. Ein selten gewordenes Schimmern erhellte ihre Augen, als sie den Raum musterte und sie das ordentlich drapierte Kleid bereitliegen sah. Ein wahres Kunstwerk in dunklen Farben mit dezenten silbernen Stickereien und Knöpfen. Aufwendig gearbeitet und atemberaubend schön.

Moment. Sollte sie es anziehen? Mit einem Wimpernschlag sah Freya zu den maskierten Zofen, die sie stillschweigend empfingen. Aber das konnte dann nur eines bedeuten. Oder nicht? Er war gekommen, er musste hier sein. Jener, auf den so viele hofften, dass sein Blick auf sie fallen würde.

Leicht nur strich Freya über ihren Bauch, um das Ziehen darin zu unterdrücken. Wie lange hatte sie nun darauf gewartet? Den teils romantischen Vorstellungen der anderen gelauscht, die von Gezeitenlords, Fürsten der Weiten oder dem Kaiserhof sprachen. Hoffnungen, die ihr selbst andere Möglichkeiten aufzeigten, auch wenn sie vollkommen fernliegen mochten. Doch mit der Zeit schien es wahrscheinlicher, als dorthin zurückzukehren, woher sie kam. An jenen Ort, an den ihre Erinnerungen immer mehr verblasst waren, ebenso wie an ihre eigenen Ziele und ihre Bestimmung. Akzeptanz. Es war der einzige Weg und doch schien sich ihr nun eine neue Tür zu öffnen. Eine Erkenntnis, bei der sie schlucken musste. 

Ungläubig wanderten Freyas Augen über die Zofen hinweg, bevor sie die Tür hinter sich schloss. Jenes Kleid war für sie bestimmt.

Das Ankleiden sollte einige Zeit in Anspruch nehmen. Jede Falte musste ebenmäßig fallen, jede Schnürung perfekt gebunden sein. Die Gräfin schätzte keine Fehler. Jeder Makel hätte heute unter den Umständen zusätzlich unmissverständliche Konsequenzen. Nicht nur eine Strafe. Ein Schnitzer bedeutete, dass sich der einzige Ausweg für sie, vor ihren Augen für immer verschließen würde.

Ohne dass sie einen Einfluss darauf nehmen konnte, spürte das Mädchen, wie ihr Herz aufgeregt schlug. Es war ein zarter Quell von Hoffnung, der sich in ihr auftat. Gleichzeitig vermischte sich jener jedoch mit einer Anspannung. Der kleinste Fehler konnte sie alles kosten.

Schweigend half sie den Zofen mit mittlerweile geübten Handgriffen, das den Stoff mit makelloser Sorgfalt anzulegen. Bei aller Routine, die sie jedoch darin bereits hatte, spürte Freya nun die Unsicherheit aufsteigen. Eine Nervosität, die sie immer wieder über jeden noch so unbedeutenden Schatten einer Falte streichen ließ.

Eine der Zofen flocht einzelne Strähnen aus ihrem Gesicht heraus und drapierte die Zöpfe am Hinterkopf zusammen, sodass sie sich zusammen mit dem langen schwarzen Haaren in zarten Wellen wie ein Schatten über ihren Rücken legten. Jede Strähne perfekt gelegt und gehalten von filigranen Haarnadeln mit silbernem Glanz im schwarzen Haar. 

Es waren am Ende nur noch wenige letzte Handgriffe, welche einen letzten Schliff anlegen sollten. Ein Hauch von Schwärze, der das Blau ihrer Augen hervorheben sollte und ein wenig Glanz auf ihren Lippen, bevor die Zofen schweigen zurücktraten. Eine von ihnen legte bereits Freyas Uniform zusammen, während die andere die Tür öffnete.

„Ich danke euch.“ Nur leise kamen die Worte über ihre Lippen, als sie ihre versteckten Blicke unter den Masken suchte. Die ersten, die sie zu ihnen sprach, obwohl es unnötig war. Es war die Aufgabe der Zofen, jede Facette von ihr in einem dezenten Glanz hervorzuheben, um die Makellosigkeit ihrer Vorzüge wie ein Juwel strahlen zu lassen.

Keine von beiden erwiderte etwas. Ein Schweigen, dass sie spüren konnte. Kein Wort darüber, was sie erwarten sollte oder ein Urteil darüber, ob ihre Mühen ihren Zweck erfüllten. Es war kein Spiegel im Raum, nur ein Fenster. Tatsächlich jedoch erlaubte das Licht des Tages ihr nicht, sich darin zu sehen. Machte sie sich zu viele Gedanken? Die Gräfin überließ nichts einem Zufall. Weshalb sollte es nun anders sein?

Tief atmete Freya ein und richtete ihren Blick auf die offene Tür und den Jungen, der auf sie gewartet hatte und scheinbar begleiten sollte.

Es war wirklich so weit. Der Weg hinaus lag direkt vor ihr. Womöglich ein Pfad der Ungewissheit. Doch jeder Tag, hatte sie ganz genau auf diesen Moment vorbereitet. Jede Unterrichtsstunde, jede Blase an ihren Füßen und jeder Blick auf den Kater hat sie daran erinnert, dass sie allein einen Weg hinausfinden musste. Dennoch, es fühlte sich merkwürdig an. Wie Übelkeit.
 

~Du fürchtest dich~
 
Es war ein leises Flüstern in ihren Gedanken. Eine Stimme, die mit vielen sprach. Grotesk, verzehrt und doch auf eine Weise lockend. War sie wirklich? Oder nur eine Einbildung?

Schnell straffte Freya ihren zierlichen Körper. Nein, sie durfte sich das nun nicht erlauben. Keinen Zweifel, keinen Makel, keine Angst. Langsam nur senkte sie ihre Wimpern und ignorierte die Worte, während sie bedacht auf den Diener zuschritt. Jede Bewegung und jeder Atemzug waren nun entscheidend. Ein hauchzartes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Eine Andeutung, mehr nicht.

„Ein kleiner Fehler genügt bereits und alles bleibt so, wie es ist. Aber wäre dir das genug?“ Veränderungen waren schon immer befremdlich. Mittlerweile mehr denn je. Hier wusste sie genau, was man von ihr erwartete, was sie zu tun hatte und wer sie war.  Eine Gewissheit und eine Sicherheit, die nicht perfekt waren, aber ein Leben, an das sie sich mittlerweile angepasst hatte. Nein, sie durfte nicht auf die Stimme hören, sich nicht verführen lassen. Ganz gleich, was sie ihr einflüstern wollte, denn etwas tief in ihr wusste, dass es nicht genug sein würde. Niemals.

Unter einem kurzen Wimpernschlag gab sie dem Diener zu verstehen, dass sie bereit war. Anmutig setzte Freya einen Fuß vor den anderen, während sie neben ihrem Begleiter durch die Korridore zum Salon ging. Nicht reden, außer es wird von dir verlangt.

Es herrschte eine absolute Stille. Vermutlich waren ihre Schwestern und Brüder noch beim Frühstück oder bereits mit dem Tagwerk beschäftigt. Die Gänge waren leer. Doch auch wenn keine Menschenseele zu sehen war, spürte sie ein kaltes Kribbeln in ihrem Nacken. War es ein unsichtbarer Blick, der jedem ihrer Schritte folgte oder waren es neugierige Augen, deren Missgunst sich verstohlen auf sie legten?

Zittrig holte sie Atem. Bisher war sie für niemanden ‚genug‘ gewesen. Einst niedlich anzusehen, mit ihrem Zahnlückenlächeln, auf manche Weise vielleicht sogar ein wenig bezaubernd mit ihren großen Augen und den vielen Fragen, die über ihre Lippen gekommen waren. Aber niemals war sie auch nur annähernd perfekt im Vergleich zu anderen. Heute jedoch musste sie es sein. Mehr als das. Keine Zweifel. Glanz war das einzige was zählte.

Freya stand angespannt vor der großen Flügeltür. Ihr atemberaubendes Kleid aus Schwarz und Purpur, verziert mit filigranem silbernen Dekor, schimmerte im schwachen Licht des Korridors. Es lag perfekt an ihrem Körper. Das schwarze Haar war kunstvoll geflochten und zu einem eleganten Zopf zusammengefasst, der sich in weichen Wellen über ihren Rücken legte. Zarte, silberne Haarnadeln hielten sie zusammen und funkelten dabei dezent wie winzige Sterne in der Dunkelheit ihrer Haare. Jede Strähne war sorgfältig platziert, jede Locke perfekt geformt, als ob selbst ein Hauch von Unvollkommenheit undenkbar wäre.

Dennoch schlug ihr Herz schnell. Sie wusste wer hinter der Tür auf sie wartete, aber nicht was sie erwarten würde. Eine Ungewissheit, die an ihr nagte an ihr. Alles, was sie gelernt hatte, jede perfekte Bewegung, jede Mimik – alles würde nun auf die Probe gestellt werden. Die Stille des Korridors schien greifbar, durchbrochen nur von ihrem eigenen Herzschlag. Sie musste perfekt sein, makellos, denn hinter dieser Tür lag möglicherweise der Schlüssel zu ihrer Freiheit.
 

~So viele Möglichkeiten. Und doch ist noch nicht sicher, ob man dich erwählt. Kind vom Feld.
Ich kann dir die Angst nehmen… Dir den letzten Schliff verleihen. Perfektion, Obsidian der Leere.~

Mit einem letzten tiefen Atemzug straffte sie sich, um ihre Nervosität zu bekämpfen und das Flüstern in ihrem Geist zu ignorieren. Niemals durfte sie den letzten Funken in sich aufgeben. Das Licht in ihrem Inneren auslöschen. Auch wenn die Vorstellung sich so leicht anfühlte und der Gedanke verlockend klang. Jede Form der Schwäche, wäre ein Verhängnis. Dennoch spürte Freya das Kitzeln unter dem Reif. Das Locken, das über ihren Geist hinwegstrich, während die Sekunden und Minuten des Wartens schier endlos lang erschienen. 
Ich kann nicht zurück ins Gestern gehen, da ich dort ein anderer Mensch war.
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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#1114

Beitrag: # 54591Beitrag Naheniel »

"Warum sollte ich sie loslassen, jetzt da ich sie wiedergefunden habe?" 
Seine Worte waren eine Mischung aus Überheblichkeit und Vergnügen, während er Liadans Gesicht erforschte und in ihrem Gesicht eine Reaktion auf den Versuch Adrians, ihn in seine Schranken zu weisen, suchte. Tief und durchdringend war sein Lachen, das daraufhin seinen Lippen entwich. "Du bist doch nicht etwas seine neue Herzdame? Oder doch? Trägst Du die Schuld daran, warum er in letzter Zeit so unkonzentriert und abgelenkt ist? Ein weiteres Goldstück in seiner Sammlung?"

Er spürte den schweren Druck auf seiner Brust und den dumpfen Schmerz, der von seinem Nacken aus durch seinen Körper wanderte und auf ihm lastete. Trotzdem blieb seine Aufmerksamkeit fokussiert auf Liadan, die unter seiner Gewalt stand. 

"Du hättest es mir doch jederzeit sagen können. Dich mir für die Liebe widersetzen." Leise schnalzte er mit seiner Zunge, während er der Bognerin eine Strähne aus dem Gesicht strich, ohne dieses dabei wirklich zu berühren. Er wusste genau, dass Liadan nicht für Adrian seine Welt verlassen hatte. Sie war eine seiner Kreationen und als ihr Erschaffer spürte er das, was sie fühlten deutlich, wenn sie einander nah waren. Dass Liadan etwas fühlte, war nicht einmal zu übersehen, aber die Liebe einer Partnerschaft schien es nicht zu sein. Was aber war es dann? Er würde es herausfinden. Denn einen Diebstahl duldete er nicht. 
Langsam und berechnend ließ Naheniel seinen Blick zu Adrian gleiten, während ein kühles und kontrolliertes Lächeln zu sehen war.
"Nicht schlecht alter Freund, fast hättest Du mich gehabt."

 
Unter dem anschwellenden Schmerz, den Adrians Fluch in ihm hinterließ, spannten sich seine Muskeln an, jedoch ließ er sich von der Kontrolle, die der Dunkelmagier in diesem Moment auf ihn ausübte, nichts anmerken. "Deine Wortspielerei in allen Ehren, meine Fragen beantwortest Du damit nicht. Zumindest dahingehend hast Du Dich nicht verändert." Die eisblauen Augen Naheniels funkelten mit einer Mischung aus Amüsement und Kalkül. 

Es waren nicht nur Schlachten auf dem Feld, an die er zurück dachte. Viele Tage, Abende und Nächte hatten sie gemeinsam verbracht, vieles geteilt, nicht selten auch die Frauen. Sie kannten einander sehr gut, vielleicht sogar besser, als ihnen lieb war. Somit wussten sie eben auch um die Schwächen des anderen.
Genauso aber um die Stärken. 

 
"Ich verstecke mich nicht hinter einer Frau. Ich hole mir nur, was mir gehört. Also nur zu, greif mich an. Du bist es doch, der sich hinter einem Fluch versteckt und sich anscheinend nicht traut, wirklich etwas gegen mich zu unternehmen. Was ist geschehen mit dem großen General, der einst ganze Heerscharen unter seinem Befehl hatte? Wo ist er hin, der Mann von damals, der nicht zögerte, seinen Feind mit nur einem Schlag der Schatten", Naheniel hob seine Hand und schnippte laut mit seinen Fingern,"zu töten. Hast Du Angst, dass es außer Kontrolle gerät? Oder, dass Du außer Kontrolle gerätst? Beides würde ich begrüßen, da es Deine wahre Natur zeigt." 
 
Ein weiteres Lächeln spielte um seine Lippen, als er Liadan weiterhin fest an sich gezogen hielt und sich Adrians Blick offen entgegenstellte. Der brennende Schmerz, der von dem dunklen Mal in seinem Nacken ausging, ließ seinen Griff um den Arm seiner Kreation nur noch fester werden. 
"Es ehrt mich, dass ich Dich enttäuschen kann, Adrian. Zuletzt warst Du es, der mich in vielerlei Hinsicht enttäuschen musste." Die Jahre hatten sie beide verändert, auf welche Weise allerdings musste jeder für sich selbst erkennen. Der Bruch zwischen ihrer Freundschaft lag weit zurück und hatte tatsächlich, unter vielem anderen, auch etwas mit Familie zu tun. Aber eben nicht der seinen. 
 
Gelegentlich wanderte Naheniels Blick hinüber zu Lorena, nur um sicherzugehen, dass sie sich nicht dafür entschied, irgendetwas Dummes und Unüberlegtes zu machen. Die Gelegenheit wäre schließlich sehr günstig und für sie mehr als verlockend. "Warum sollte ich mit Euch kooperieren wollen, Inquisitorin? Ihr wart es doch, die mich zahlreicher Verbrechen beschuldigt hat. Angenommen, ich wüsste, wo meine Schwester sich aufhält, nennt mir einen einzigen Grund, warum ich es ausgerechnet jenen sagen sollte, die mir einen Krieg erklären und mich vor ein Tribunal zerren?" 
 
Mit einer fließenden und selbstsicheren Bewegung nahm er das Glas wieder an sich, trank einen Schluck und dachte für einige, für die anderen zähe Sekunden, über die Worte seines Widersachers nach. Er genoss es, sich die Zeit zu nehmen, denn eilig hatte er es bestimmt nicht. Ob das auch für andere galt?
Naheniel schmunzelte bei dem Gedanken kalt, während das, was sich wie ein glühendes Messer anfühlte, sich durch seine Adern bewegte und sich wie ein Schraubstock um seine Lungen wand. Trügerisch sanft klangen seine Worte die er wieder an Adrian richtete und dabei sein Glas in dessen Richtung hob. 

 
"Einst warst Du ein König neben mir auf dem Schlachtfeld, heute ein Schatten Deiner selbst. Leere Worte ohne Taten. Das ist es, was Dich wirklich enttäuschen sollte." Sein kurzes, humorloses Lachen erstickte, als die schwarzen Schlingen aus Finsternis sich plötzlich und unerwartet tiefer fraßen. Ungewollt zuckte er zusammen und riss dabei Liadan an sich heran, während er herrisch ansah. "Kannst Du spüren, was er macht, Kaiserstochter?"
Seine Finger bohrten sich tief und grob in ihren Arm, als er ihr mit erstickter Stimme zuzischte.
"Mein Schmerz ist Dein Schmerz. Du hast doch hoffentlich die Gesetze nicht vergessen, denen Du unterliegst, wenn ich es will?"

Die Schatten seiner Magie stahlen sich das Blau seiner Augen und er sah mit einem vernichtenden Blick zu seinem einstigen Freund auf. "Ich habe damals meine Lektion gelernt. Du Deine auch?" Mit seinen Lippen formte er stumm einen Namen, den nur Adrian erkennen sollte und sich hoffentlich noch sehr gut an die Vergangenheit erinnerte.
Sieh mir in die Augen und sag mir, wen Du dort siehst.
Bist es immer noch Du? Oder bin es nun ich?


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Spürst Du den Hunger nach der Dunkelheit, schreit er bereits in Dir? 
Sag, mache ich Dir Angst oder fühlst Du Dich erst lebendig wegen mir?
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Gesichtsloser Erzaehler
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#1115

Beitrag: # 54592Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

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"Gräfin." Der Auktionator war dem Jungen gefolgt. Kein weiter Weg und keiner, der ihm unbekannt war. Oft war er bereits hier gewesen. Vieles wurde ihm schon gezeigt und immer nahm er etwas mit. Die Gräfin wusste was er suchte und wählte für ihn stets sehr genau aus, so dass er sich nicht lange damit aufhalten musste, mehrere zu begutachten. Höflich und wie es sich für einen Geschäftsmann wie ihn gehörte, machte er der Gräfin seine Aufwartung. Es gehörte zum guten Ton ihrer Beziehung, einander in förmlicher Höflichkeit zu begegnen. Sie war schließlich nicht irgendwer, genauso wenig wie er irgendwer war. Sie waren voneinander abhängig, brauchten einander. Ohne die Gräfin würde sein Geschäft weitaus weniger lukrativ sein, da nur sie das Auge für die besonderen Edelsteine hatte.

"Der Himmel, Werteste, ist mir nicht genug." Er lächelte, nur ein wenig, denn Lächeln stand ihm nicht. Trotzdem wusste er, was er erwarten konnte und sie wusste, was er erwartete. Perfektion, Reinheit, Vollkommenheit. Etwas ganz besonderes eben. Denn die Auktion war einmalig in den Ländern und von weit her kamen jene, die sich ein Stück aus seiner Auswahl zu kaufen gedachten. Er hatte seinen Vorrat bereits mit jeder Preisklasse aufgefüllt, schließlich sollten auch jene bedient werden, deren Goldreserven nicht bis zum Anschlag gefüllt waren. Die Auktion fand an einem ganzen Tag statt und gliederte sich in mehrere Abschnitte. Zunächst verkaufte er das, was günstiger zu erstehen und auch für den Mann oder die Frau von nebenan erschwinglich war. 


Zu Mittag und des Nachmittags bot er dann jene an, die schon etwas höher in der Preiskategorie lagen. Doch das Herzstück der Auktion, der Höhepunkt, das war die Präsentation der seltenen und exquisiten Stücke, die nur für die wohlhabendsten und anspruchsvollsten Kunden bestimmt waren. Nicht mehr als zwei bot er an, um den Wert nicht zu mindern. Dafür steigerte sich der Preis nahezu immer ins Unermessliche. Die Bieter hatten sich bereits angemeldet und erwarteten natürlich nur das Beste. Die Ware durfte also keinen Fehler oder noch so kleinen Makel aufweisen, ansonsten wäre nicht nur für ihn der Abend ruiniert.

Der Raum, in welchem er mit der Gräfin gemeinsam auf den Juwel wartete, war so erleuchtet, dass er exakt die Vorzüge von dem wiedergeben sollte, was er zu sehen bekam. Keine Trickserei, nur eine äußerst geschickte Darbietung ihrer Stücke, wie er der Gräfin immer wieder still anerkennen musste. 


Geduldig wartete er darauf, dass das Kind gebracht wurde und war natürlich neugierig darauf, welche Besonderheit die Gräfin diesmal für ihn gewählt hatte. Ein Mädchen oder ein Junge, das war ihm dabei völlig gleich. Zwar suchten die Bieter meistens nach einem speziellen Geschlecht, aber so oder so wusste er, dass er den Juwel gewinnbringend verkaufen und der Gräfin ihren nicht unerheblichen Erlös abgeben konnte. "Wenn es Euch möglich ist, den Mond und die Sonne zu vereinen, werden wir beide äußerst zufrieden mit dem Ergebnis sein." Bereits jetzt zog er einen Beutel aus seiner Tasche und ließ diesen auf einen Beistelltisch liegen. Es war eine Anzahlung für ihre bereits entstandenen Kosten. Schließlich sollte die Gräfin wissen, dass er ihre Arbeit zu schätzen wusste. 

Als die Flügeltüre geöffnet wurde und das Kind dahinter zu sehen war, legte der Auktionator abschätzend seinen Kopf zur Seite. Er sah gleich, dass die Gräfin nicht übertrieben hatte mit ihrer Wortwahl. Trotzdem behielt er den Ablauf bei. Dieser war immer gleich und war ein Teil seiner Arbeit. "Bring sie mir." Der Diener nickte, legte seine Hand in Freyas Rücken und schob sie, ob sanft oder nicht, wusste nur das Mädchen, in den Raum hinein. Gleich darauf machte sich der Diener wieder zum gehen bereit und schloss eilig die Flügeltüre hinter sich. Nun war Freya mit der Gräfin und dem Auktionator allein. Jeder Wimpernschlag, jeder Atemzug und jede Bewegung konnte für sie entscheidend sein. Und so musste man hoffen, dass sie gut unterwiesen worden war. Dass sie alles gelernt und sich gemerkt hatte, was es brauchte, um das Interesse des Auktionators zu gewinnen. 

Dieser rieb sich die Hände und trat einige Schritte auf das Mädchen zu. In seinem Ausdruck lag keine Emotion des Mitleids. Denn für ihn war sie nur eine Ware. Etwas, das er kurz behielt, um es gleich weiterzugeben. Sie lebte, natürlich tat sie das. Aber das taten Haustiere auch. Würde Freya mehr für einen der Käufer werden? Das lag ganz allein bei ihr. Für den Auktionator war und blieb sie aber nur ein Handelsgut. "Mhm." Raunte er leise, als er um das Kind herumtrat und es aus seinen stechenden Augen begutachtete. Er fasste sie dabei nicht an, denn jede Berührung konnte ihren Wert schmälern. "Sie ist ein wenig zu alt." Sein Blick glitt an ihr hinab und er versuchte unter dem hübschen Kleid, das sie trug, verräterische Rundungen zu erkennen. "Ab einem gewissen Alter werden sie widerspenstig, bekommen ihren eigenen Kopf und sind nicht mehr leicht zu formen. Meine Kunden schätzen es nicht, wenn sie mit der Erziehung erst beginnen müssen."

Er sah hinüber zu der Gräfin und hob fragend sein Haupt. "Kann ich davon ausgehen, dass sie noch unberührt ist?" Natürlich fragte er nicht das Kind. Diese gaben meistens nur Antworten, die ihnen selbst halfen und wussten gut, sich Lügen zu bedienen. "Kann sie hören und sprechen und wenn ja, weiß sie sich auszudrücken?" Wieder setzte er seine Wanderung um Freya fort und rieb sich dabei nachdenklich über sein Kinn. Sie war schon ganz gut, hübsch und große Augen. Er wüsste bereits jemanden, der sich für die Auktion angemeldet hatte, dem genau das gefiel. Ein Mädchen mehr für die Sammlung des Wüstenprinzen. Noch dazu besaß dieser Gold im Überfluss. Das zückte er aber nur, wenn er eine reine Schönheit bekam. "Sie soll das Kleid ausziehen." Der Auktionator wollte sich bestimmt nicht an dem Körper Freyas erfreuen. Auf derartige Dinge stand er nicht. Makellosigkeit erkannte man aber nur, wenn sie sich einem unbedeckt präsentierte.

Vor dem Gesicht Freyas kam er zum Stehen, verschränkte seine Arme vor der Brust und musterte sie von oben herab genauestens.
"Welche Geschichte hat sie?" Sprach er erneut nur mit der Gräfin und wartete ab. 
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Rosalind
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#1116

Beitrag: # 54593Beitrag Rosalind »

   
In den Katakomben von Sturmkante


„Würde es dir etwa gefallen?“ Wie der Schlag eines Schmetterlingsflügels hatten sich Rosalinds Wimpern gesenkt, als er sie zu sich hinaufzog, nur um im nächsten Moment ihren Blick zärtlich und dennoch vielsagend auf den des Königs zu legen. Ihre Lippen formten sich zu einem fast schon herausfordernden Lächeln. Doch wusste der König, dass er mehr für sie war. Weit mehr als ein Geschäftspartner. Eine tiefgründige Antwort war nicht notwendig und sicher auch nicht das, was Kadir von ihr in der Hinsicht erwartete. Dennoch konnte sie in dem spitzbübischen Funkeln seiner Augen erkennen, dass es ihm durchaus schmeicheln würde.

In einer nahezu anmutigen Bewegung hatte Rosalind sich jedoch erhoben und ihre Hand an seinen Oberarm gelegt. Nein, sie vertraute ihm blind, konnte sie nahtlos spüren, was der Fuchs in ihr sah. Es war nichts, was man mit Gold oder Juwelen aufwiegen konnte. Doch diese Unbeschwertheit zwischen ihnen war nur möglich, weil sie einander so unverfälscht nahmen und respektierten, wer sie waren.

Schmunzelnd hatte Rosalind dem Fuchs das Kartenblatt überlassen, was verdeckt auf dem Tisch zurückblieb. Ob das Wiesel am Ende des Spiels ebenso den Gewinn in der Mitte des Tisches für sich eingestrichen hätte, wussten nur sie beide und vielleicht jener, wenn seine Neugier ihn dazu anhielt. Die Herrin der Schmetterlinge verabschiedete sich jedoch mit einem Schulterzucken.

Ohne viele Worte folgte sie ihm durch die Gewölbe. Doch auch wenn einige Blicke sie durchaus spürbar streiften, hatte sie selbst nur Augen für den einen. Den König der Diebe, der ihr, ob sie es zugeben wollte oder nicht, etwas Kostbareres gestohlen hatte, als ihr Vermögen. Und das mit nur einem Lächeln auf seinen Lippen.

Als die Tür sich hinter ihm schloss, war es fast schon ein verspielter Blick, mit dem sie kokettierend zu ihm aufsah. Herausfordernd glitzerte das Grün ihrer Augen durch die langen Wimpern hindurch zu ihm hinauf, während sich ihre Fingerspitzen sich an seine bärtige Wange legten.

„Wenn du es mir gleich geben würdest, macht es aber nur halb so viel Spaß, mein lieber.“ Amüsiert suchte sie nach seinem Blick, während ihre Hand eine zarte Spur über seinen Hals hinab entlang des Kragens seines Hemdes beschrieb. Kaum würde Rosalind von ihm Gold annehmen. Zum einen hatte sie es nicht nötig und zum anderen würde sie sich niemals von jemandem in der Weise abhängig machen. „Ich arbeite für meinen Unterhalt.“

Verspielt befeuchtete Rosalind sich die Lippen, während sie die kleinen Grübchen in seinen Augenwinkeln musterte. Ja, sie war vielleicht ein wenig eifersüchtig. Die wenige Zeit, die sie füreinander vollkommen ungestört teilen konnten, war einfach viel zu selten geworden. Doch würde sie ihm dahingehend genauso wenig jemals einen Vorwurf machen, wie er ihr.

Aber es spielte noch etwas anderes mit hinein. Ein düsteres Gefühl, das nichts mit Neid oder Missgunst zu tun hatte. Rosalind kannte Tanuri nicht näher, daher war es nichts Persönliches. Keine Eifersucht, wie er ihr zärtlich unterstellte, sondern eher eine Form von Sorge. Es waren die Umstände selbst, die Zusammenhänge, die ihr missfielen.

Adrian war nie sonderlich gesprächig gewesen. Doch selbst die vagen Antworten, die sie von dem Dunkelmagier erhalten hatte, hatten angedeutet, dass sie nicht wollte, dass man den Fuchs oder sie selbst in die Dinge mit hineinzog, die sich derzeit um den Felsendom abspielten. Eine Warnung, die Adrian ihr seit den Schmetterlingsmorden stets mit auf den Weg gab.

Sanft schmiegte sich Rosalind an Kadir und folgte der Spur ihrer Hand mit halb gesenkten Lidern. „Gram? Ich mit dir? Sollte ich das?“

Lächelnd löste sie sich aus seiner Umarmung und eröffnete das Spiel auf ihre Weise. Ein Spiel mit Sinnen, Verlangen und Fantasien, die jeder Schritt von ihr unter der dünnen federleichten Seide betont herausforderte, bis sie seinen privaten Arbeitstisch erreichte. Leichtfüßig und elegant war jede ihrer Bewegungen eine unausgesprochene Aufforderung, ihr zu folgen.

„Immerhin war ich in guter Gesellschaft aufgehoben und ich bin mir sicher, die Hausbank hätte mir sicher einen Kredit eingeräumt.“

Mit einem erneuten Lidschlag suchte sie herausfordernd seinen Blick, nur um sich nebenher an dem exquisiten Naschwerk aus seiner Schale zu bedienen. Ihr Blatt war miserabel gewesen und auch wenn sie ein gewisses Vergnügen dabei gehabt hätte, wäre es über kurz oder lang nicht weniger kostspielig geworden. Verärgert war sie nicht.

Selbstverständlich konnte sie nun die Brüskierte mimen, wenn es ihm gefiel, doch Geschäft war nun einmal Geschäft und es stand ihnen beiden nicht wirklich gut zu Gesicht, sich von banalen Befindlichkeiten leiten zu lassen. Jeder pflegte nunmal seine Prioritäten, allerdings war nicht alles immer lohnenswert und zuweilen auch durchaus riskant. Doch sollte sie ihn warnen und wenn, wie genau könnte sie ihrem König es schmackhaft machen, davon Abstand zu nehmen?

Kein einfaches Unterfangen. Sie wusste selbst, wie sie ihn dafür belächeln würde, wenn er sie darum bitten würde, einen zahlenden und guten Kunden abzuweisen. Allein die Andeutung eines Risikos ihn schlußendlich nur hellhöriger werden lassen. In der Weise waren alle Männer ziemlich ähnlich gestrickt und gerade bei dem König brauchte es wesentlich mehr Finesse, ihm nahezulegen, seine Aufmerksamkeit umzulenken.

Ohne ihren funkelnden Blick abzuwenden, biss Rosalind in eine kleine kandierte Frucht, deren zarte Zuckerschicht sich glänzend auf ihren Lippen verteilte. Eine zarte Süße, die sich auf ihrer Zunge zunehmend verteilte und sie sichtlich vor seinen Augen genoss.

„So viel Arbeit. Vielleicht solltest du vielmehr bedauern, was dir dafür entgangen ist, Kadir“

Ein heiterer Glanz schimmerte in ihren Augen, während Rosalind leicht die Nase krauste. Leicht nur neigte sie ihren Kopf in die Schräge, sodass die goldenen Locken über ihre Schultern fielen, ehe sie genussvoll den Rest der kleinen Frucht zwischen ihren Lippen verschwinden ließ. Ein nahezu sündiger Geschmack, wie sie zugeben musste. Ihre Bedenken jedoch zerstreuen konnte es gewiss nicht. Vielleicht machte sie sich auch  zu viele Gedanken. Möglich war es durchaus, dass die Geschäfte auch bereits abgeschlossen waren. Jedoch ging sie bei jenen Dingen, die ihr lieb und teuer waren lieber auf Sicherheit. 

„Teilt mein König denn wenigstens die Gründe, wofür er mich versetzt hat oder gedenkt er mir stattdessen die Süße dessen näherzubringen, wofür es sich zu warten gelohnt hat?“
 Bemüht ihre kleine Inquisition so charmant wie möglich zu gestalten, weiteten sich ihre Augen unter einem herausfordernden Schimmern, während sie den restlichen Zucker fast sinnlich mit den Lippen von ihren Fingern fischte.  
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※ Bereue nur jene Sünden, die du nie begangen hast ※ 
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Tanuri
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#1117

Beitrag: # 54594Beitrag Tanuri »

Seinen Erzählungen lauschte sie weiterhin aufmerksam, verfolgte stumm, ob sich in seinem Gesicht etwas von seinen Worten widerspiegelte. In gewisser Weise war es seltsam und schwer danach zu greifen, dass auch er, so wie alle anderen, eine Vergangenheit besaß und sich über das, was er tat und was er war, sehr bewusst zu sein schien. Er leugnete nicht, was ihn vielleicht sogar zu etwas Besserem machte. 
 
Einschmeichelnd und sich selbst beschönigen? Nein, das schien ebenfalls nicht in seiner Absicht zu liegen. Viel eher war es die rohe Ehrlichkeit und Offenheit, die sie gleichermaßen überraschte wie auch beeindruckte. "Was geschieht mit einem Menschen, wenn Du ihn zerbrichst? Bleibt etwas übrig, oder zerstörst Du alles? Kannst Du ihn noch fühlen, den Schmerz? Kennst Du die Wut über Deine Taten? Spürst Du Reue?"

Ihre Stimme war leise, fast schon sanft, als sie ihm ihre Fragen stellte. Tanuri lag nicht daran, an sein Gewissen zu appellieren, sondern sie wollte wirklich verstehen, was hinter dem grotesken Äußeren dieses Wesens verborgen lag. War er wirklich ein Monster, ein seelenloses Geschöpf? Oder doch mehr?

Bisher, so musste sie sich eingestehen, konnte sie zu den Menschen nur wenig Unterschiede ausmachen. Eine Feststellung, die sie eigentlich erschüttern sollte, da es den Verfall der Gesellschaft erschreckend offenbarte. Aber sie war weder erschüttert, noch erzürnt, da sie sehr genau wusste, ebenfalls ein Teil davon zu sein. 
 
Denn sie kannte das Verlangen nur zu gut und wusste, wie sie einen blind machen konnte, wie es die Gedanken in eine einzige Richtung zwang und einen von innen heraus zerfraß. Unzähmbar und unaufhaltsam, stärker als jegliche Vernunft. Es war befremdlich und zugleich tröstlich zu wissen, dass sie alle das Gleiche empfanden, auch wenn die Gründe unterschiedlich waren.

"Würdest Du Dein jetziges Leben eintauschen, wenn Dir das Angebot gemacht würde? Deine Sünden hinter Dir lassen und von Neuem beginnen? Als Mensch, befreit von Deinen Taten?"

Tanuris Hand ruhte weiterhin auf dem Krug, und obwohl der Durst sie quälte und sie dazu drängte, das Wasser gierig zu trinken, um ihre ausgetrocknete Kehle zu befeuchten, widerstand sie. Nicht, um ihm oder sich selbst etwas zu beweisen, sondern weil es tatsächlich nicht das war, wonach ihr innerer Drang am lautesten rief.

Leicht lehnte sich ihr Körper nach vorn, näher an die sie beschützenden und doch einsperrenden Gitterstäbe hin. Ihre Stimme blieb ein leises Flüstern, mit welchem sie versuchte, die Aufmerksamkeit Landrus weiterhin auf sich zu ziehen. "Welchen Preis ich bereit bin zu zahlen?" Ein bitteres Lächeln zeichnete sich auf ihren Zügen ab.

Wie oft hatte sie bereits darüber nachgedacht? Nicht erst, seit sie hier auf dem Boden ihres Gefängnisses saß. Unvermittelt fiel ihr Blick auf den Ring an ihrer Hand. Ihre Gedanken verloren sich in der Erinnerung an einen Traum, der sie seit langer Zeit verfolgte, sie immer wieder heimsuchte und gerade dann, wenn sie endlich dachte ihren Frieden gefunden zu haben, auf sie einschlug. 
 
 



***
 
 
Der Felsendom, erleuchtet von den tanzenden Flammen zahlreicher Fackeln als Schauplatz einer Zeremonie, wie sie schon so viele durchgeführt hatte. Ein Paar, das vor dem Altar stand und bei ihr um den Segen Ogrimars bat, damit sie ihr Leben gemeinsam unter dem Schutz des einzig Wahren fristen konnten. 
 
Es war ihre eigene Stimme, die zwischen den massiven Mauern des Felsendoms erklang. Laut und deutlich, so wie sie immer sprach, wenn sie gehört werden musste. "Wer etwas gegen diesen Bund, der für die Ewigkeit geschlossen werden soll, einzuwenden hat, der möge nun sprechen oder für immer schweigen." 
 
Es folgte, so wie es das immer tat, Schweigen und Stille. Kein Wort des Widerspruchs oder des Zweifels erhob sich auf ihre Aufforderung hin. Gefasst und voller Überzeugung schloss sie die Doktrin, die auf dem Altar vor ihr lag und strich ein letztes Mal liebevoll über den ledernen Einband. 
 
Das, was sie war, das, was man ihr gegeben hatte, das, was eigentlich für sie bestimmt gewesen wäre, legte sie in jenem Augenblick ab. Sie übertrat eine Grenze, die ihr als Priesterin nicht erlaubt war, brach eines der Gesetze ihres Glaubens und ihre Verpflichtung, an welche sie ihr Leben geknüpft hatte. 
 
Doch da war kein Zweifel, sondern einzig eine unerschütterliche Überzeugung und der absolute Wille alles zu geben, was sie geben konnte, ganz gleich, was daraufhin geschehen würde, was die Konsequenzen waren und tat dies trotz des Wissens, dass sie womöglich am Ende mit nichts als sich selbst zurückblieb. 
 
Als sie ihren Blick zu dem Paar vor ihr hob, welches abwartend und vielleicht auch erwartungsvoll ob des noch ausbleibenden Segens vor ihr stand, zog sie ihre Hand von dem Buchdeckel und ließ dort ihren Ring, der sie als Priesterin seiner dunklen Majestät auszeichnete, zurück. 
 
Der Klang ihrer Stimme durchbrach das Schweigen, klar und für alle hörbar, gleich dem Zerschellen eines Glases. "Ich bin es, die etwas einzuwenden hat." 
 
 
***

 
Was sie also bereit war zu geben? Alles.

Mit einem leichten Schütteln ihres Kopfes vertrieb sie den Traum, der sich dort schon vor langer Zeit eingenistet hatte, aus ihren Gedanken und sah entschlossen zu Landru auf, nur um kurz darauf ihre Hand von dem Krug zu lösen und nach seinem Handgelenk zu greifen. Die Berührung fühlte sich kühl und zugleich brennend heiß auf ihrer Haut an. 
 
"Sag mir, was der Preis ist den Du verlangst und was ich dafür von Dir erhalte." 
 

Ja, mein Herr und Meister, ich bin Deine Dienerin!
Lege Deine Finger auf meine Lippen und berühre mit Deiner Hand meine Zunge
auf dass ich Deinen Willen und Dein Wort verkünde!


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~~ Priesterin der dunklen Kirche und Mentorin ihrer Adeptin Freya ~~ 

Anführerin der Legion des Schattens
Frau des Adrian Al Saher 
Mutter der Nymeria Al Saher 
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Adrian
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#1118

Beitrag: # 54595Beitrag Adrian »

Mit einer fließenden Bewegung stellte Adrian einen Fuß auf einen Stuhl und ließ seinen Blick über das Schimmern des goldenen Getränks in seinem Glas gleiten. Die Aromen hallten auf seiner Zunge nach, ebenso wie die Erinnerungen, die Naheniel absichtlich hervorzulocken versuchte, um ihn zu provozieren.

Das Halbdunkel des Hörsaals hüllte seine Züge in einen düsteren Schatten. Nur die schwachen Kerzenflammen beschrieben Adrians Silhouette, welche nur einen kurzen Moment in einer kalten Entschlossenheit erstarrte. Das helle Blau seiner Augen schimmerte bedrohlich wie Eis, das jeden Moment zu brechen drohte, während die Härte seiner Züge keine Zweifel zeigte.

Es musste eine Ewigkeit sein, dass er selbst den Namen ausgesprochen hatte, und dennoch konnte er ihn mühelos von den Lippen Naheniels ablesen.

Eine Zeit, in der beide wie Brüder gewesen waren. Eine Vergangenheit, in der nichts zwischen ihnen gestanden hatte. Erinnerungen, die dennoch beim Klang des Namens ein zynisches Zucken auf seinen Mundwinkeln hinterließen. Ein Lächeln, das feine Falten um seine Augen zeichnete. Die Kälte in seinem Blick beschrieb jedoch umso deutlicher, wie tief die Kluft zwischen ihnen seither geworden war.

„Scheinbar erinnerst du dich, dass du es warst, der sich etwas genommen hatte, was nicht ihm gehört?“ Erwiderte Adrian mit ruhiger Stimme, bevor er für einen Lidschlag zu Naheniel sah. Mit derselben Beherrschung zog er langsam seine Faust fester zusammen, während die Dunkelheit in seinen Augen gefährlich schimmerte. Eine tiefe Befriedigung, die ihn bis in die Eingeweide leiden lassen wollte, um zu sehen, wann der Schmerz ihn an seine Grenzen bringen würde.

„Eine ausgleichende Gerechtigkeit oder nicht alter Freund. Ein Leben für ein Leben.“ Naheniel sollte spüren, dass sein Leben womöglich in Adrians Hand lag, auch wenn er nicht die Absicht hegte, ihn zu töten. Nicht, solange Freya in seiner Ebene der Schöpfung gefangen war und alles um sie herum kollabieren konnte. Umso mehr war es ihm jedoch ein Vergnügen, dabei zu zusehen, wie Naheniel sich um eine selbstsichere Haltung bemühte, während er im Inneren gegen den Schmerz ankämpfte. 

„Du hast mich sehr genau verstanden, alter Freund.“ Adrians Faust löste sich leicht - aber nicht vollständig. Die Schlingen aus Schatten, die sich um Naheniels Eingeweide gelegt hatten, lockerten sich gerade genug, um ihm Luft zu lassen, während das eisige Brennen ihn weiterhin warnen sollte, keine falschen Schritte zu wagen. „Bitte Naheniel, du selbst bedienst dich derer zu Genüge. Spiel daher nicht den Moralapostel oder einen Richter.“

Im Augenwinkel strich Adrian nur kurz über den Blick der Prinzessin, ehe er seinen alten Freund fordernder Entschlossenheit ansah. Wussten sie doch beide, dass es Naheniel nicht dienlich war, würde er sein derzeitiges Druckmittel verschwenderisch vergeuden. Nicht solange die Schlinge noch um seinen Hals lag. Nur mit einem Nicken gen Liadan deutete Adrian an, was er ihm nahelegte oder vielmehr bvon ihm forderte. Eine knappe Geste, bevor er mit einer überlegenen Beherrschung in der Stimme weiter sein Wort an ihn richtete. „Meine wahre Natur?“

Langsam schwenkte Adrian sein Glas, während er die tanzenden Schatten beobachtete, die sich aus den Reflexionen an die Wände warfen. Ein lebendiges Spiel, welches mit verzerrten Facetten von Licht und Schatten spielte, die um die Vorherrschaft kämpften.

„Das war schon immer der Unterschied alter Freund. Ich beherrsche sie. Du kannst dich ihr jederzeit stellen, wenn du bereit bist, aus dem Schatten von Frauen und Kindern zu treten.“

Inwiefern Lorena sich dazu entschied besonnen zu bleiben und einfach nur zu beobachten, konnte Adrian nicht abschätzen. Genau an der Stelle lag Naheniels derzeitiger Vorteil. Worte statt Taten. Nur wenige bezogen eine klare Stellung oder handelten. Eine Tatsache, mit der sich der Magier selbst bereits abgefunden hatte und seiner Linie überzeugter als zuvor folgte.

„Es wäre ein ehrenvolles Ende. Noch.“ Abschätzig legte sich Adrians Blick auf Naheniel. Eine kühle Selbstsicherheit begleitete seine Worte, mit denen er Naheniel bewusst an einen Punkt führte. „Denn auch wenn du es noch immer abstreitest, deine Macht bröckelt und schon bald wird es nicht einmal annähernd eine Herausforderung sein.“

Dass er keine Zeit für derartige Wortgefechte hatte, wusste Naheniel. Das Fernbleiben Tanuris war ihm aufgefallen. Eine Schwäche, die sein Freund ohne Zögern nutzte, um ihnen ihre Verwundbarkeit aufzuzeigen. Die Worte, derer er sich jedoch bediente, deuteten allerdings an, dass er selbst nichts über den Verbleib seiner Schwester wusste. Es war nur Teil seines Schauspiels. Eine Darbietung mit der Naheniel seine Siege vor ihnen auskosten wollte und gleichzeitig weitere Schwachstellen auslotete.

Aber waren es immerhin nicht ihrer beider Schwächen gewesen, mit denen alles begonnen hatte? Ihre Achillesfersen, die alles verändert hatten und sie zu dem machten, die sie nun waren? Verwundbarkeiten, die sie beide sich nicht eingestanden hatten und doch wussten sie, dass sie noch immer existent waren?
Naheniel hatte es selbst gesehen, wie seine Welt anfing, seinem Willen zu entgleiten. Eine Herrschaft, die er unangefochten als Schöpfer beanspruchte und deren Kontrolle ihn immer mehr Kraft kostete.

„Streite es ruhig ab. Allerdings entgeht Dir mehr, als du zugeben willst, Naheniel.“ Adrian leerte sein Glas und stellte es neben sich auf die Tischplatte. Wie oft hatte er nun schon versucht herauszufinden, woher seine Souveränität rührte, seine Sicherheit um das Wissen.

„Um die Antworten zu finden, nach denen du suchst, musst du lernen, die richtigen Fragen zu stellen.“ Sein Blick wanderte mit eisigem Kalkül zu Liadan. Es war eine Lektion, die viele nicht beherzigten. Nicht wahr, Prinzessin? Jeder hatte dafür seine Gründe. Einige sahen geblendet von Wut, Zorn oder Stolz geleitet einfach nicht richtig hin. Andere, wie sein Freund, scheuten sich vor der Wahrheit, der sie ins Angesicht blicken mussten.

Ja, er hielt vieles verborgen, sie aber ganz offensichtlich auch. Wahrheit war nun mal ein Wort, das man auf viele Art umgehen konnte, wenn man wollte. Es war jedoch ein unwiderlegbarer Fakt, dass sie jeden einholte und man sich ihr früher oder später stellen musste. Tatsächlich gefiel ihm der Gedanke selbst nicht wirklich, mit dem er zu spielen begann. Allerdings vergeudeten sie hier bereits wertvolle Zeit, die anderen vielleicht längst davonlief. Auch wenn Naheniel das Gespräch unterbrochen hatte, so war Adrian sich darüber im Klaren, dass es nicht viele Worte gab, die Liadans Aussage ihm gegenüber sinnvoll hätten beenden können.

Adrians Stirn selbst legte sich in Falten. Naheniel um Hilfe bitten, lag ihm fern. Ihn jedoch an einer Stelle zu packen, die seine eigenen Interessen betraf, war etwas anderes. Der Zweck heiligt die Mittel. Berechnend schob er seine Brauen zusammen, während er mit einem Lidschlag provokant zu seinem Freund sah. „Ein Rat unter Freunden? Frag die Prinzessin, wo das Mädchen ist.“

Eine Antwort, die ihm vermutlich genauso wenig gefallen wird wie Naheniel. Allerdings war es genau das, worauf er hinzielte. Er konnte nicht gleichzeitig nach der Priesterin und der Adeptin suchen. Aber wenn er sich nicht täuschte, sollte es ebenso etwas in seinem Freund auslösen, das ihnen in die Hände spielen würde. Denn auch er brauchte Freya vorerst lebendig, um seine Ziele zu erreichen. 
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✟ Oberhaupt der Familie Al Saher ❖ Gemahl der PriesterinTanuri Al Saher
❖ Bruder des Verlion Al Saher ❖
Gnade oder Mitleid haben noch nie einen Feind besiegt. ❖
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Der Fuchs
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#1119

Beitrag: # 54597Beitrag Der Fuchs »

Mit sichtlichem Genuss beobachtete er jede Regung von Rosalind, sog die Bewegungen ihres grazilen Körpers und ihre Präsenz, die den ganzen Raum ausfüllte, förmlich ein. Als äußerst schade empfand er es, dass sie sich gleich wieder von ihm löste, nachdem sie sein Gemacht betraten. Zu gerne hätte er noch länger ihre Wärme und Nähe an sich gespürt, aber offenbar zog sie es vor, es ihm nicht zu leicht zu machen. Womöglich ihre Art, ihn für das zu lange Warten zu strafen.

Er zeigte Rosalind ein schelmisches, aber nicht weniger intensives Lächeln. Auch jetzt schaffte sie es wieder, dass seine Augen in diesem Moment lebendig und die Herausforderung annehmend aufleuchten. Sie war schon etwas ganz besonderes, die Herrin über die Schmetterlinge. Und auch über ihn. Das würde er aber nicht aussprechen. Zumindest jetzt noch nicht. 


Trotz ihrer Form der vorerstigen Verweigerung von weiteren Berührungen, durchschritt er entspannt den Raum, um sich neben sie zu gesellen. Dabei war er fest entschlossen, es ihr ebenfalls nicht so leicht zu machen. Aufmerksam beobachtete Kadir weiterhin was sie tat und kam nicht umhin sich einzugestehen, dass das Glitzern in ihren Augen und die glänzende Zuckerschicht auf ihren Lippen ihn das Gespräch am liebsten gleich beenden lassen würde damit er sich nahm, wonach ihr Körper ihn aufforderte.

"Natürlich bedauere ich. Schließlich ist jede Minute mit dir kostbar. Aber gehört das nicht auch zu unserem Spiel?" Ein flüchtiges Lächeln huschte über seine Lippen hinweg, als er selbst nach einer der süßen Früchte griff. Kadir hatte für diese Form der Nahrung nichts übrig, aber er wusste sehr wohl, dass Rosalind sich daran erfreute. Ob es aber tatsächlich der Geschmack war, der ihr zusagte, oder das, was sie damit vollbringen konnte, ließ er dahingestellt. "Vielleicht ist warten aber hin und wieder nötig, um den Augenblick danach noch intensiver zu genießen?"

Das schummrige Licht zeichnete auf das Gesicht seines Schmetterlings zärtliche Schatten und fast schon beneidete er diese, dass sie sich an die Haut Rosalinds schmiegen konnten. Er wusste, dass es zwischen ihnen keinerlei Geheimnisse geben musste. Das wäre kontraproduktiv. Aber trotzdem war es auch nötig, dass jeder von ihnen seine eigenen Grenzen und Territorien hatte. Nicht alles war etwas für das Ohr des Fuchses, genauso wie nicht alles einen Platz im Schmetterlingsgarten hatte.

Während er die Frucht spielerisch zwischen seinen Fingern drehte, lehnte er sich lässig neben Rosalind an den Tisch.  
"Die Priesterin schuldet mir seit geraumer Zeit etwas. Ich wollte nachfragen, wann sie vorhat, ihre Schuld zu begleichen. Du weißt, ich mag keine offenen Rechnungen. Es war schon das zweite Mal, dass ich sie nicht antraf. Ungewöhnlich für sie, normalerweise kenne ich sie als zuverlässige Frau." Er legte die Frucht auf dem Tisch ab und stupste sie leicht an, sodass sie in Richtung Rosalinds rollte. Ohne die Frau seiner Begierde direkt anzusehen, hob er fragend und zugleich wissend seine Stirn.

"Mein Nachtfalter, du bewegst dich doch auch nicht gerade selten in diesen Kreisen." Er deutete nicht explizit auf eine Person hin, die er meinte, aber die Andeutung war klar. Mit einer lautlosen Bewegung drehte er sich zu ihr, schob seine Hand unter ihr Kinn und hob es sanft, aber bestimmt an, um sicherzustellen, dass sie seinem Blick nicht entkommen konnte. Oder auch ihm. Je nachdem, aus welchem Winkel man es betrachtete. 


"Du weißt nicht zufällig mehr?" Seine Stimme war weich und liebevoll, trotzdem war die Schärfe in seiner Frage unmissverständlich. Geschäft und Privates. Manchmal verschwammen die Grenzen eben doch und es war schwer beides voneinander zu trennen. 

 
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Es ist nicht wichtig, wer das Spiel beginnt, sondern wer es beendet.
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Liadan Al Saher
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#1120

Beitrag: # 54598Beitrag Liadan Al Saher »

Liadans Herz raste schneller und schneller. Alles war einfach zu lange gut gegangen, aber tief in sich drin wusste sie immer, dass es irgendwann so weit kommen musste. Naheniel hatte sie gefunden. Aber warum ausgerechnet jetzt und hier? Alle sahen es mit an, wie hilflos sie war und wie wenig sie seinem Einfluss entgegensetzen konnte. Es tat höllisch weh, als seine Finger sich in ihren Arm gruben, doch Adrian in die Augen zu sehen schmerzte sie noch viel mehr. 

Sie war eine Verräterin, genauso fühlte sie sich nun. Denn nur wegen ihr war nun alles noch viel, viel komplizierter geworden. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse, als das Dunkel von ihr Besitz ergriff und ihr die Luft abschnürte.
Vieles kannte sie bereits, das aber war ganz neu. Sie spürte, wie ihre Knie zu wackeln begannen und es ihr nun schwerer fiel, dem Gespräch noch zu folgen. Liadan wollte sich dagegen wehren, sich von Naheniel losreißen, damit sein Einfluss und das, was er mit ihr teilte, aufhörte. Aber sie konnte es nicht.

Hilfesuchend sah sie zuerst zu Lorena, dann zu ihrem Schwager.
"Adrian…nein…" Auch wenn es in ihrem Kopf bereits ziemlich heftig dröhnte, schüttelte sie diesen und versuchte, ihm durch ihr Bitten Einhalt zu gebieten. Er durfte nicht weiter sprechen und damit ihren Erschaffer weiter provozieren. Sie wusste, dass Naheniel keinerlei Skrupel kannte und einfach auf den richtigen Moment warten könnte, seine Künste der Schatten auf sie alle zu hetzen. Ihm waren die Leben von allen total egal. Liadan aber nicht. 


Als Adrian jedoch erwähnte, dass sie vielleicht wissen könnte, wo Freya sich aufhielt, riss sie ungläubig ihre Augen auf. Was tat er da? Stellte er sich tatsächlich gerade gegen sie? Oder versuchte er nur, Naheniel in eine Falle zu locken. Wenn Liadan aussprach, wo Freya sich aufhielt, würde das eine fürchterliche Kettenreaktion hervorrufen. 

Bisher hatte sie ihren Verdacht gegenüber niemandem geäußert, weil sie nicht wollte, dass jemand, also vor allem Adrian, sich in Gefahr begab. Sie war sich nämlich ziemlich sicher, dass er genau das tun würde. So wie er alles tat, um das Mädchen irgendwie zu beschützen.

"Was tust Du?" Ihre Stimme war belegt und von einer nicht überhörbaren Enttäuschung durchzogen. Musste er ausgerechnet vor Naheniel etwas von ihr einfordern und sich auf ein weiteres Machtspiel einlassen. 
Als Oberhaupt ihrer einzigen richtigen Familie konnte er das und normalerweise gehorchte sie seinen Worten. Jetzt war das aber etwas anderes. Sie hatte versprochen und geschworen, alles für die Familie Al Saher zu geben. Wenn es nötig war, würde sie sich auch ohne mit der Wimper zu zucken opfern.

Aber er brachte sich in eine Gefahr, die er anscheinend nicht so ganz verstand. Zumindest nicht so, wie sie sie verstand. In diesem Moment war ihr die aufkommende Dunkelheit in Adrians Gemüt gleich. Es war schon so viel schief gelaufen und Liadan sah nicht ein, ihn oder Freya einer weiteren Bedrohung auszusetzen. Und noch dazu, das kam eben oben drauf, stand Naheniel für sie über allem. Auch wenn sie es nicht wollte, sie durfte und konnte nicht aktiv gegen ihn handeln, obwohl er der Feind war, der alles kaputt machte.


"Es tut mir Leid, aber ich weiß nicht wovon Du sprichst." Sie biss sich fest auf ihre Lippen und starrte mit störrischer Wut, die sie auf ihren Gildenbruder empfand, weil er sie in diese Zwickmühle geschubst hatte, auf den Boden. 

 
***  Purpurne Kaiserin *** 
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Mein Herz immer noch nur für den Einen,
Mein Bogen für die Schatten und das Chaos.
Mein Blut für meine wahre Familie.
Mein Leben einzig für Ogrimar! 


 
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Lorena
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#1121

Beitrag: # 54599Beitrag Lorena »

Gebannt folgte sie dem Kräftemessen der Dunkelmagier, deren Präsenz inzwischen fast den gesamten Raum einforderte.
Es war regelrecht pervers zu verfolgen wie sehr beide Männer ihr Machtspielchen genossen. Keine Zögern, kein Zweifeln,
einfach Handeln ohne Rücksicht auf Verluste. Im Moment schien Liadan nichts weiter als ein Mittel zum Zweck zu sein,
damit Naheniel seinen Einfluss demonstrieren konnte. Er ergötzte sich an ihrem Leid und der Qual, die er mit seinem
Handeln sowohl der Bognerin als auch Adrian zu Teil werden lassen konnte. Allerdings konnte sich aber auch Lorena nicht
vollkommen dem Auswirkungen dieses Schauspiels entziehen.


Ihr Instinkt schrie ihr zwar zu, dass sie ihrer Gildenschwester zur Hilfe eilen sollte, als jene sie mit verzweifelten Blicken
bedachte, aber der Dämon in ihr kämpfte gegen sie an. Es war ihm möglich sich an der finsteren Atmosphäre im Raum zu
laben und so drangen seine Gedanken abermals unnachgiebig in ihren Geist ein. ~Warum solltest du der Bognerin helfen?
Hätte sie auf den dunklen General gehört, wäre sie nun sicher zu Hause. Sie hat sich bereitwillig zum Sterben in die Arme
des Feindes begeben, wie eine Marionette tanzt sie nach der Melodie, die er vorgibt. Außerdem hör doch was jener, den du
Feind nennst über sie erzählt. Sie gehört ihm, Adrian widersetzt sie sich, aber bei ihm ist jedes seiner Worte Gesetz.
Lass sie also ruhig für ihren Meister sterben.~


Für die anderen im Raum mochte es aussehen, als würde sie einfach nur passiv beobachten, wie sich die Situation weiter
zuspitzte, aber sie würde Naheniel nur eine weitere Schwäche offenbaren, wenn sie die anderen an ihrem inneren Kampf
teilhaben ließe. In Adrians nähe hatte sie ohnehin immer schon den Verdacht, dass er etwas ahnen könnte, denn auch sie
spürte immerhin die Präsenz seines Amulettes. Daher zog sie es vor weitere Atemzüge scheinbar tatenlos an Ort und Stelle
zu verweilen. Erst Naheniels Worte, welche er direkt an sie richtete, sorgten dafür, dass sie aus ihrer düsteren
Gedankenspirale gerissen wurde und sie auch mit ihrem Verstand wieder im hier und jetzt ankam.


Sie musste sich konzentrieren und durfte der dunklen Seite in sich nicht abermals die Kontrolle überlassen. „Nun liegen die
Gründe dafür nicht auf der Hand, Ihr beteuert ein rechtschaffender Bürger, ein guter Freund und besorgter Bruder zu sein.
Wenn sich die Priesterin in ihrer Not an Euch gewendet hat, braucht sie vermutlich dringend Hilfe. Wie könntet Ihr besser
unter Beweis stellen, dass all die Gerüchte, die um Euch und Eure Person kursieren falsch sind?“
Noch immer fiel es der
Inquisitorin nicht leicht, sich Naheniel gegenüber so neutral wie möglich zu verhalten. Aber das Tribunal hatte gezeigt,
dass ein direkter Angriff zu vorhersehbar wäre. Auch wenn sie nicht mal ansatzweise daran glaubte, dass er wissen könnte
wo die Priesterin war, schließlich hatte er sie nach eigener Aussage selbst hier gesucht.

 

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~ Großinquisitorin der dunklen Kirche~
~ Mitglied der Familie Zar ~



❖Wer sich auf dünnes Eis begibt, sollte sicher sein, dass er gut schwimmen kann, andernfalls wird er vom ewigen dunklen Meer verschlungen.❖
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#1122

Beitrag: # 54600Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

Die Gräfin

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Es wurde ernst für Freya. Keine Fehler waren erlaubt. Sie hatte nur diese eine Chance. Ein zweites Mal wird kein Kind angeboten. Keine weitere Wahl, als würde man es immer wieder versuchen. Das wäre beleidigend für den Auktionator. Sie war ins kalte Wasser geworfen worden. Zwar hatte alles was getan wurde, sie auf diesen Moment vorbereitet, aber wirklich angekündigt war es nie worden. Freya kann sofort merken, dass hier ihre Freikarte offen da lag. Sie musste nur den Mann von sich überzeugen und sie würde diesen verfluchten und verkommenen Ort verlassen können. Hinter sich lassen und vielleicht zurück blicken.

Die Gräfin nickte unscheinbar. Zwischen ihnen gab es ein besonderes Band. Das war spürbar. Sie kannten sich sehr lange. Es war bei Leibe keine Freundschaft. Eher eine reine Geschäftsbeziehung mit der sie sich abgefunden haben. Vor Jahren, vielen Jahren war sie selbst in seiner Auktion gestanden. Erworben von dem Graf der sie zur Frau nahm. Sie hatte so viele Widrigkeiten überwunden und sich vom Sklavenmädchen hinauf zur Herrin erarbeitet. Sie kannten sich also gut. Aus der Sklave und dem Grafen wurde Liebe und tatsächlich wuchs sowar wie Vertrauen. Damals war die Welt in Ordnung. Bevor alles zerfiel und sie sich an ihre Wurzeln erinnerte und daran, dass die Seelen von Kindern entweder perfekt zu formen sind oder einfach sehr gut schmecken. Seis dem Wald oder dem was diese Harmonie hier zerstört hat und vermutlich auch ihren Mann getötet hat. Oder war sie es? Es ranken sich Spekulationen die in den Kämmern des Gesindels kusieren. Schauergeschichten.


"Es lebte mal eine junge Waise, welche von einem großen Mann an einen Grafen verkauft wurde. Aus der anfänglichen Abscheu, wuchs Liebe. Aus Machtgefälle wurde Gleichberechtigung. Alles hätte gut sein können. Das missfiel einigen Dienerinnen des Grafen. Manche davon hatten einen Hauch Magie in sich und sie verfluchten die erwählte Ehefrau des Herrn.
Die Gräfin wünschte sich ein Kind. Doch alle Bemühungen scheiterten. Drei mal lag sie auf dem Kindbett und dreimal gebar sie tot. War es die Folge des Fluches? Es hat sie wahnsinnig gemacht"

"Eines Tages ist sie in den Wald gegangen und hätte dort versucht die Götter zu fragen, wieso sie ihr ein Kind verweigern. Die Götter haben ihr eine Vision geschenkt. Ihr nächstes Kind könnte leben, wenn sie vorher eine Frucht essen würde. Diese Frucht kam aus dem Tiefen des schwarzen Tümpels des Waldes. Dort so sagen die Einheimischen verliert man seine Seele. Man sagt der 'Schlund' würde dort herrschen. Etwas was sich von Persönlichkeit und Gedanken, Träumen und Visionen ernährt und auch von Angst und Tränen.
Es wird geglaubt, dass sie den Samen des Schlundes gegessen hat, wie aufgetragen. Danach habe sie sich verändert und wäre selbst zum Gefäß des Schlundes geworden."

"Sie habe ihren Mann für den Kinderwunsch geopfert. Ein Leben für ein Leben und sei daraufhin wahnsinnig geworden, weil sie ihn doch sehr liebte und dieser Wahn hat sich personifiziert."

"Der Flucht der Sklavenhexen hat sich erst im Laufe der Jahre voll entfaltet. Er hat ihre Besessenheit zu einem Dämon verwandelt und dieser kontrolliert sie."

Einig sind sich alle, sie ist ein Monster geworden.


Dem Auktionator ist dies gleich. Er sieht aber nicht mehr die Sklavin die er einst an den Grafen verkaufte, sondern eine Frau die sich durchgesetzt hat und alles aus dem Weg geräumt hat, die ihr lästig oder im Weg standen. Das erforderte schon Kalkül und Intelligenz, ebenso wie genug Skrupelosigkeit um ein Imperium aus Kinderträumen aufzubauen. Sie hatte sich quasi neben ihm etabliert und das obwohl sie all die Seelen besser verstehen sollte, als jeder sonst. Vielleicht genau deswegen. Sie weiß was wirklich bricht.

"Ich weiß, deswegen ist es nicht nur der Himmel, alter Freund, weil ich ahnte, dass ihr gierig seid. Sondern auch die Gestirne. Sonne und Mond vereinen sich in diesem Meisterwerk." Sie sprach sanft. Freya kannte diese wohlige Stimme, sie klang tatsächlich fürsorglich, aber sie hatte auch den Schatten in sich. Sie wusste, dass der Auktionator die beiden anderen nicht nehmen wird. Sie waren eher kalkuliertes Ablehnungsmaterial, nicht zwingend schlecht, aber eben nicht so herausragend um Freya schlagen zu können, damit Freya noch viel schöner strahlen konnte. Reine Verkaufsstrategie und Psychologie, welche beim Auktionator völlig verschwendet war, aber sie bewies erneut, dass sie wusste was sie tat. Sie vereinte die Dunkelheit und das Licht. Auch wenn sie kühl schimmerte in Silber und dunklen Akzenten, so waren ihre Augen so klar strahlend das, Sterne, Sonne und Mond in einer Person zu finden waren. Zumindest, wenn sie nun keinen Fehler machte. "Ich weiß das einige Kunden etwas suchen was sie verzaubert. Selbst für eine Nacht. Erinnere dich daran. Der Wüstenprinz zum Beispiel, kauft mitunter nur eine Frau, für eine Nacht und danach ist sie ihm langweilig. Ich glaube aber sie könnte ihn länger bei Laune halten. Nicht das es wichtig ist, denn ob nun eine Nacht oder hunderte, er zahlt den gleichen Preis. Der Rest kann euch egal sein." Sie beäugte Freya kritisch. Als suche sie nach Fehlern die sie eventuell noch ausbügeln oder korrigieren konnte bevor der Auktionator es bemerkte. Aber sie sah auf den ersten Blick scheinbar nichts.

"Sie ist erzogen und wohlgeformt. Besitzt jegliche Kenntnis in Knigge und Unterhaltung. In all der Zeit die sie hier lebte und gelehrt wurde, gab es keine Rebellion. Manche sind geschaffen für das Leben als Untergebene." Sie krallte sich um den Gehstock, dass es leise knirscht. Er war immer noch ein harter Brocken und zugegeben, es wurde schwieriger seine exquisiten Ansprüche zu stillen. Das Besondere, war nichts besonderes unter dem besonderen. Das machte es schwieriger, besonderes herauszufischen. "Ab einem gewissen Alter werden sie auch reizvoller. Genau richtig gereift." Sie wiegte den Kopf leicht Die meisten waren wesentlich jünger. Das konnte man verwerflich sehen, aber auch als völlig natürliche Ordnung des Sklavenhandels. Nur junge Ware ließ sich eben formen. "Natürlich, ein Medikus kann ihre Unversehrtheit bestätigen. Deswegen ist sie ja .. besonders. Älter als die meisten, die ich anbiete, aber genau richtig. Es gibt einen ordentlichen Zuschlag durch ihre Reinheit. Höher geht ein Reinheitsgrad nicht." Sie nickte zu seiner Frage ob sie sich auszudrücken weiß. "Tu was er verlangt Kind. Keine Scheu, niemand wird dir was tun." Da sie gerade davon gesprochen haben wie rein sie war, werden sie kaum diese Reinheit beschmutzen, nicht wahr?

"Sie war eine Adeptin. Eine Dienerin eines Gottes einer Kirche, denke ich. Ein göttliches Kind, dass sich auf ihre Weg zur Priesterin verlaufen hat. Eine Prüfung des Herrn, dem sie folgen muss. Der Himmel und die Nacht, die Gestirne beobachten ihre Schritte. Mh.. es ist eure Aufgabe daraus eine Geschichte zu weben die den Käufern gefällt. Vielleicht ein wenig Dramatik dazu. Vielleicht der Obsidian der Götter oder des Gottes, was auch immer. Etwas was sie erhebt und gleichsam mysteriös bleiben lässt. Sie sollen schließlich nur erwerben, nicht gleich alles wissen, alter Freund."
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Landru
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#1123

Beitrag: # 54601Beitrag Landru »

Jeder hatte eine Vergangenheit. Ob Monster, Tier, Seraph oder Mensch. Jedes Wesen, egal wie es existierte, hatte eine Geschichte. Manche waren tiefer und länger als andere. Aber sie war da. Seine Wurzeln lagen in der Wiege der Menschen. Er konnte dieses Faktum nicht bestreiten und wie jeder Mensch hatte er Schwächen gehabt und Stärken, die Menschen zum Menschen machten. Der Glaube, dass man sich verlor, war weit verbreitet aber nicht unbedingt korrekt. Man verlor Anteile von sich an das Tier. Wenn ein Beutetier zum Raubtier wird, findet eine Selektion der Anteile statt. Manche überstehen das besser als andere. Er hatte es sogar begrüsst und willkommen geheißen.

Mit einem leisen "Hm." Schien er über ihre Frage nachzudenken. Es lang nicht viel Gefühl darin, wie als würde er es bedauern. Nein. Das war offensichtlich, dass er seine Existenz nicht bedauerte. "Was zerbrochen ist, kann repariert werden. Ich bin kein Mörder Priesterin. Ich bin ein Jäger. Was ich erlege, verwende ich und damit bin manchen Menschen was voraus. Ich jage keinen Hirsch um nur sein Geweih zu ergattern, ich verwerte ihn komplett." Die Hand schweifte gen Tür wo sich das Gewebe wucherartig ausbreitete und dahinter sah es vermutlich wesentlich schlimmer aus. "Es bleibt nichts übrig und doch alles. Es wird Teil von etwas anderem, größeren, einem neuen Sinn, wenn der alte Sinn zerbricht. Manche haben nicht mal einen." Er hob die Hand leicht, aus den Fingerspitzen schobens ich die knochenartigen Klauen wie Krallen aus Katzenpfoten. "So viele haben verlernt ihr Leben und ihre Existenz zu schätzen zu wissen, sie erlangen einen neuen berechtigen Sinn in einer Welt in der sie Teil des Ganzen sind. Ich fühle keine Reue dafür." Das klang aufrichtig. Er war im wahrsten Sinne ein Sammler des Lebens. Einer der absorbiert. "Wut über meine Taten? So ist das mit Moral Tanuri. Jeder hat seine eigene und wenn zwei Feinde sich gegenüber stehen wird der jeweils gegenüber stehende denken das seine Moral die richtige ist. Unweigerlich. Wieso sonst kommt es zu langen Vergeltungkriegen. Weil immer vergolten wird, was einer den anderen antut, witzigerweise mit den gleichen Mitteln. Aber jeder denkt auch für ihn ist es Recht." Er schüttelte den Kopf. "Also ich verstehe die Wut hinter meinen Taten aus der Sicht ihrer Moral, aber sie ist mir egal. Sie werden niemals eine Katze überzeugen davon das Pflanzen besser schmecken." Zwinkerte er leicht. "Also wird sie weiter Mäuse jagen. Ob es der Maus in die Moral passt oder nicht." Er streckte die klauenartige Hand nach Tanuri aus, aber er berührt sie nicht.

War er also ein seelenloses Geschöpf? Nein. Es gab viele Beispiele, die bewiesen das sogar er sowas wie Schmerz und Trauer kannte. Das er es fühlen konnte. Wut und Hass. So ungerne er es sich eingestehen will, es bleibt immer der Mensch tief in sich verborgen. Er verschwand nicht einfach. Aber er ist schon sehr leise geworden. Er schloss die Hand vor ihrem Gesicht mit den Geräusch den Scherenblätter machen. Kratzend nur nicht aus Metall sondern aus Knochen. "Nein." Eine ziemlich klare Antwort.  "Was wäre ich dann noch? Wieviel wäre ich noch? Wenn du Dinge rückgängig machen könntest, die du bereust, was wärst du dann noch? Die Erfahrungen vergessen, die dich weiser gemacht haben? Das wäre doch ziemlich dumm. Denn im Gegensatz zu dir, sehe ich meine Taten nicht als Sünde. Ich habe getan was nötig war." Das redet er sich schön. Manche Dinge waren unnötig, aber er konnte manche Relation nicht mehr abschätzen. Da fehlte dann doch das Feingefühl. Manche Dinge verdrängt er sogar. Weil sie nötig waren? Oder weil er einfach ...
... einen Fehler gemacht hat?

Es gab viel zu bereuen an Taten. Sicher. Er tut es sicher auch bei der ein oder anderen Entscheidung. Aber wenn man regiert, war man immer in der Situation eine Entscheidung treffen zu müssen. Auch die nicht so schönen. Man war immer der Fokus, man war immer der Schuldige, wenn es darum ging unangenehmes zu klären. Es war eine Bürde, gleichsam wie ein Privileg. Sie merkte vielleicht das sich sein Gesicht leicht veränderte, die Züge einen moment weicher. Funkeln in den Augen von Erkenntnis. Ihm wurde gerade Widerspruch seiner eigenen Gedanken bewusst. "Oh.. "

Er legte den Kopf schief. "Ich muss mich korrigieren. Ich fühle tatsächlich für manches Bedauern und Reue." Er hätte Latoria vernichten sollen, aber er kann es nicht. Er kann es nicht mal logisch erklären, aber es hindert ihn vielleicht Varzils Blut, ihrer beider Urahn daran? Er weiß es nicht. Er bereut sie in gewisserweise nicht aufgeben zu können. Er bereut Melli je den Kuss gegeben zu haben. Das penetrante Kind, dass sich wie eine Klette in sein Leben geschlichen hat und es sogar schaffte am Leben zu bleiben, bis zum Abend ihres Todes. Da merkte er, wie sehr er sich an sie gewöhnt hatte und erlag der Schwäche sie nicht gehen lassen zu können. Ein Kind. Ein No Go. Die Lippen pressten sich zu einem dünnen Strich. "Geschickt!" Er klang gefährlich leise, fast nur ein raunen, während das rot in den Augen lodert, als wartet das Tier in ihm nur darauf loszupreschen. Als fühlte er sich ertappt. Sie merkt wie er versuchte Mauern hoch zuziehen, wie er versucht wieder die unberührte Fassade aufrecht zu erhalten. Er war nicht unverwundbar. Sie erzwang Gedanken die er vergraben hatte. Die weh tun. Natürlich musste er dem nicht folgen, aber er hatte sich darauf eingelassen.

Einen Moment schien das zarte Gefüge ihres Gespräches bereits in Scherben gesprungen. Es schien als würde er sich wieder verschließen wollen. Als wäre das feine hauchdünne Verständnis auf beiden Seiten wieder dem Misstrauen und der persönlichen Ziele gewichen. Er setze bereits an und was er sagen würde, wäre sicher nicht mehr Zeitfördernd.

Die Berührung zerbrach diese gefährliche Wendung. Sie fühlt seine Kälte. Nicht eiskalt wie man erwarten würde, sondern so kalt oder warm wie die Umgebung war. Er hatte keine eigene Körpertemperatur mehr. Er war so warm oder kalt wie die Umgebung in der er sich befand. Außer er hatte gespeist, dann war er geringfügig wärmer durch das frische Blut. Der Blick glitt zu ihrer Hand. Niemand würde seine Nähe freiwillig suchen, wenn er nicht riskieren wollte das jeder Knochen sich im Leib verdrehen konnte. Sie hatte nun nicht viele Möglichkeiten, dass war ihm bewusst, aber wie aufrichtig war es? Sie könnte ihn versuchen zu manipulieren. Aber was wenn nicht. Sie wäre nicht die erste aus dem Klerus die ihre Antworten bei den Vampiren suchte.

Ihn quälte die Neugierde. Eine neu erwachte Neugierde. Wie weit wird sie gehen? Wie weit war sie bereit sich auf ihn einzulassen. Es gab nur einen Weg das heraus zufinden. Nur einen Weg zu prüfen, wie sehr die Priesterin aus ihrer Haut konnte. Seis aus Überlebenswillen oder wahrem Interesse heraus. Er ging nun nochmal auf ihre Frage ein. Eine die sie mehrfach gestellt hatte, aber er eher verhalten beantwortet hatte. Jetzt kam eine aufrichtige Antwort.

"Wir sind das Spiegelbild einer sich zerfleischenden Gesellschaft. Wir sind die Kritik am Menschen und ihres Lebens. Wir sind das was sie leugnen zu sein. Wir sind die Wahrheit die sie nicht sehen wollen, welche ihnen Angst macht, sie schweißgebadet erwachen lässt. Sie wissen es tief in ihrem Herzen, aber sie wählen den einfachsten Weg und leugnen hinfort was ihnen Furcht bereitet. Aber es gibt den Moment wo sie nicht mehr leugnen können, der Moment der Abrechnung und wo sie uns ins Gesicht sehen müssen. Wir sind jeglicher Abgrund, Sehnsucht und Verlangen. Was also ist der Preis. Du wirst mit dem Monster tanzen für das du mich hälst, den Tanz mit Vertrauen füllen und dich führen lassen müssen. Das ist für manche sehr hoch."

Er machte eine Pause. Lässt die Worte wirken. Was heißt dies? War das wörtlich oder eine Metapher? Klang verlockend. Verlockend und doch auch gefährlich. Eine Sünde? Eine Versuchung? Eine Tücke oder List? Aber nur für den Moment, was wenn es wirklich möglich wäre. Einen Moment alles zu vergessen? Wer soll es schon erfahren? Wem würde man glauben? Ihm? Was hatte sie zu verlieren? Fragen über Fragen. Wenn sie hier unten sterben muss, was machte es dann aus, einen Moment des Glücks zu fühlen. Sich zu spüren ehrlich, aufrichtig und vor allem Zufriedenheit zu fühlen? Wenn das wirklich möglich ist, dann schien der Preis gering oder?

"All die Zeit voller Entbehrung, all die Zeit voller Zweifel und angestautem Unbehagen. All die Zeit, in der die Maske drückt. Lass sie fallen, Tanuri. Ich zeige dir Leben ohne Zwang oder Lüge. Nur Wahrheit. Niemand der verurteilt, niemand der verlangt, niemand der Rechenschaft fordert."



 
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"Es widerspricht meiner Moral, mich an eure zu halten!"
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-Freya-
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#1124

Beitrag: # 54602Beitrag -Freya- »

Als die Flügeltüren sich öffneten, hob Freya langsam die Wimpern. Ein unschuldiger Augenaufschlag, mit dem sie nur für einen flüchtigen Moment den Blick des Auktionators streifte, der erwartungsvoll zur Tür hinübersah.

Ungewollt beschleunigte sich ihre Atmung. Das Korsett unter dem Kleid schnürte ihr fast die Luft ab, während das Herz ihr bis zum Hals schlug. Für einen Augenblick wollte sie ihre Röcke raffen und einfach weglaufen. Ein leichtes Zittern, bei dem sie sich kurz die trockenen Lippen benetzte, ehe sie Hand in ihrem Rücken sie daran erinnerte, dass es schon lange keinen Weg mehr zurückgab, nur nach vorn.

 
~Du musst das jetzt für dich akzeptieren. Deine Rolle hier einnehmen und sie annehmen.~
   
Unter einem sanften Wimpernschlag nahm Freya einen tiefen Atemzug und setzte sich mit langsamen, bedachten Schritten in Bewegung. Jeder Schritt und jede Regung waren Teil einer perfekten Choreografie. Eine, die sie verinnerlicht hatte und so einfach wirkte, bis zu dem Moment, in dem ein einziger Fehler entscheidend sein konnte.

Kein neugieriges Starren auf den Gast, kein aufbegehrendes Abweichen. Auch wenn die intensiven Blicke, die sie offen musterten, sie herausforderten, fixierte Freya schlicht einen Punkt, um ihre Haltung zu wahren und die Schlinge, die sich immer fester um ihren Magen zog, zu ignorieren. Eine Entgleisung jedoch konnte schon ausreichen, um sie mit einem Makel zu belegen.

Begleitet von einer erhabenen Anmut folgte sie der fast unsichtbaren Geste der Gräfin und bewegte sich mit einer sicheren Eleganz zu jenem Punkt im Raum, den jene andeutete.

Halb nur senkten sich ihre Lider, als sie sich den beiden zuwandte, damit sie in jenem Licht des Raums in der richtigen Position regungslos innehielt. Beinahe demütig. Vielmehr jedoch musste sie sich konzentrierten, damit die aufsteigende Übelkeit nicht die Oberhand gewann. Ihre Hände fühlten sich feucht an. Dahingehend war es fast erleichternd, dass sie diese sittsam ineinander vor ihren Bauch legen durfte, anstatt dem Ritual zu folgen, das bereits in Fleisch und Blut übergegangen war.

Der Schatten des Auktionators strich an ihr vorbei. Ein unheilvolles Streifen, das berührungslos an ihr vorüberzog. Ohne aufzusehen, konnte sie seinen prüfenden Blick spüren, wie er sie von oben bis unten betrachtete. Durchdringende Augen, die sie von allen Seiten Maß nahmen und abschätzten, wie eine seelenlose Ware.

Doch es war ihr verboten, sich zu regen, ihre Haltung zu ändern oder gar zu sprechen, solange er sie betrachtete. Stillhalten. Kein Laut. Kein Muskelzucken. Aushalten. Keine Regung, außer sie wurde dazu aufgefordert. Nicht ein Wort, außer er verlangte danach und die Gräfin erlaubte es.

Unbewusst senkte sie jedoch kurz die Lider, als er in ihren Rücken trat und um sie herumschritt. Es klang einfach und doch hinterließen seine Blicke eine Spur. Eine Wirkung, unter der sich ihr Mund und ihre Zunge trocken anfühlten und sich in ihrem Inneren alles zusammenzog. Leicht fuhr sie sich über die Lippen, während sie gegen den Drang ankämpfte, ihre Finger in ihre Handflächen zu graben.

Nur im Augenwinkel nahm sie wahr, wie er sich nachdenklich über sein Kinn strich, als suche er etwas, das er beanstanden konnte, um keine vollkommene Zufriedenheit zu zeigen, die ihren Preis haben würde. Trotzdem musste sie sich vor ihm beweisen. Doch auf die Weise, die ihn überzeugte und dies war den Gerüchten nach keine Widerspenstigkeit.

Selbstverständlich konnte sie sprechen und hören. Sehr gut sogar, wie sich in dem Glanz ihrer Augen für einen unbedachten Moment abzeichnen sollte, als das Blau ihrer Augen im Licht des Tages wie golddurchzogener Lapislazuli dunkel aufglänzte.

 
~Lass Dich nicht von Deinen Gefühlen kontrollieren, sondern kontrolliere Du sie.~


Eine leise Stimme, die sie mahnte sich zu beherrschen. Sich, ihre Gedanken und ihren Körper, der sich unter den Augen die auf ihr ruhten und dem schweren Stoff anspannte.

Jedes seiner Worte richtete sich an die Gräfin. Jede Frage wie Forderung. Doch nur sie allein entschied über die Antworten, die der Auktionator erhalten würde und was er zu sehen bekam. Niemand anderes. Fügsamkeit und Gehorsam.

Die Gräfin ließ sich Zeit, darauf einzugehen. Bisher wirkte sie zufrieden. Vielleicht war es daher eine subtile, aber dennoch unmissverständliche Weise, ihm vor Augen zu führen und zu demonstrieren, dass wem sie gehörte und wessen Wort allein sie folgte. Ein Kitzeln an seinem Interesse.

Aufmerksam beobachtete Freya die Regungen der Gräfin. Der Kloß in ihrem Hals fühlte sich bereits unendlich dick an, als sie den Blick unter dem Schleier wahrnahm. Eine kaum wahrnehmbare Geste, die ihren Atem kurz stocken ließ, als der verhüllte Blick auf den blass geschminkten Zügen sie einnehmend aufforderte, seiner Bitte nachzukommen.

Unberührtheit und Reinheit. Mehr als anderes legte die Gräfin Wert auf makellose Perfektion. Und diese war in ihrem Haus unantastbar. Auch wenn er ihr nahekommen und jeden noch so kleinen Leberfleck beäugen würde, er würde sie nicht anfassen. Nein, das würde er nicht, dafür würde die Gräfin im Zweifel sorgen. Eine zweifelhafte Sicherheit und doch war es eine, der sie sich ohne einen Zweifel bewusst war.

Erneut senkte sie ihre Lider und wandte sich dem zarten, ziselierten Gürtel zu. Nicht fühlen. Ganz gleich, wie schwer es fiel. Er wollte sie sehen, sie begutachten, prüfen, ob sie würdig genug war. Es war dem Orakel ähnlich. Dort, wo man jedoch nicht ihre Hülle betrachtete, sondern das, was in ihm lebte. Wenn sie keinen Fehler zuließ, würde es bald vorüber sein.

Es war eine fließende Bewegung, unter der sie ihre Hände löste und sich dem Kleid zuwandte. In ruhigen, aber durchaus geschickten Handgriffen lockerte sie die Knoten und Schnürungen nacheinander, bis der glänzende, dunkle Stoff über ihre blassen Schultern hinabglitt. Ein leises Rascheln erfüllte den Raum, als das Kleid zu Boden ging und die Silhouette ihres darunter verborgenen, zierlichen Körpers freigab.

Wie ein dunkler Fluss aus entfesselten Schatten wellte sich das Schwarz ihrer Haare über ihren Rücken hinweg. Ein zartes Kitzeln, welches auch ihre Schultern streifen sollte, als die zartgelösten Strähnen, welche ihre Züge wohl bedacht wie ein Rahmen mit einem Hauch von Unschuld umspielen sollten, ihre Haut berührten.

Ein Schauer, der sie ebenso flutete wie die Kühle, die über ihren Körper hinweg zog, nachdem der letzte schützende Stoff gefallen war. Keine Schwäche zeigen. Sie durfte es sich nicht erlauben. Vor allem nicht jetzt. Sie diente mit Sorgfalt, Eifer und Gehorsam.

Keine Furcht, keine Scham und keine Zweifel. Bedacht streifte sie unmerklich ihre Füße aus den hohen Schuhen, nur um in einer federleichten Bewegung auf ihren nackten Zehen einen grazilen Schritt vorwärtszumachen. Ein unbedarfter und doch anmutiger Schritt auf ihn zu, wobei das Licht sich ungebrochen in ihren Augen widerspiegelte. Ein tiefes Blau, dessen facettenreicher Glanz sich in aller Tiefe und ohne Scheu auf den Auktionator legte. Er war er der Schlüssel für den Weg hinaus. Er, der nicht an Persönlichkeit, Stärke oder Glauben Maß nahm, sondern für den eine einzig makellose Perfektion zählte.
Zuletzt geändert von -Freya- am Do 1. Aug 2024, 16:03, insgesamt 1-mal geändert.
Ich kann nicht zurück ins Gestern gehen, da ich dort ein anderer Mensch war.
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Geboren aus dem Wissen einer dunklen Vergangenheit - verblasst mein altes Leben im Schatten einer neuen Zeit.
~ Einfach Freya ~

In den Momenten, in denen nichts mehr bleibt, sieht man die unsichtbaren Fäden, die uns wirklich halten.
Ein Name allein hat dabei keine Bedeutung. Er kann verblassen, wie Tinte auf einem Pergament - wie ein leeres Versprechen.
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#1125

Beitrag: # 54603Beitrag Gesichtsloser Erzaehler »

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Geduldig wartete er, während das Mädchen begann, sich mit geschickten Handgriffen zu entkleiden. Sein Blick war dabei jedoch nicht auf sie gerichtet. Noch interessierte ihn nicht, was das Kleid verbarg. Für ihn war es nur wichtig, dass sie es konnte - sich selbst ausziehen, ohne dabei zu zögern oder ungeschickt zu wirken. Seine Kundschaft schätzte die Selbstständigkeit der Juwelen, die sie erwarben. Sie mussten nicht unbedingt selbstständig denken, denn das blieb den Käufern überlassen, wie sie ihre Schätze formten. Seine Ware sollten nur die Grundlagen mit sich bringen, etwas, das seine Käufer nirgendwo anders finden konnten. Darauf konnte der Auktionator vertrauen, wenn er sich bei der Gräfin ankündigte.

Er kannte sie seit langer Zeit. Als er sie damals abholte, hätte er nicht gedacht, was aus ihr werden würde. Natürlich hatte er in ihr etwas erkannt, etwas Besonderes, das Flackern in ihren Augen, welches ihm einen Blick tiefer gewährte. Aber nur weil er es sah, hieß das nicht, dass es auch jene sahen, die zu ihm kamen. Was wäre wohl mit ihr geschehen, wenn sie damals nicht beim Grafen gelandet wäre? Zu seinem Kundenstamm zählten viele Käufer, und viele von ihnen kamen immer wieder. Als er die Gräfin damals anbot, waren zahlreiche Interessenten dabei. Der Auktionator wusste genau, warum das so war. Auch sie war außergewöhnlich, stach hervor und hatte etwas an sich, das anderen fehlte. Was genau es war, konnte man nicht in Worte fassen. Man konnte es nur sehen, wenn man ein Auge dafür hatte.

Die meisten von ihnen hätten sie zweifellos zerstört. Eine Seele zu brechen, besonders die eines unbedarften Kindes, war eine einfache Tat. Es wäre schade um sie gewesen. Diese Erkenntnis behielt er seit Jahren für sich.

"Die Gestirne. Ja das kann ich sehen." Antwortete er mit einem anerkennenden Nicken, als Freyas Gewand zu Boden fiel. Seine Stimme klang kultiviert und glatt, schwer zu deuten, was er wirklich dachte."Wie immer bewundere ich Euer Auge für das Erlesene." Sein Blick war kritisch und geschult und so musterte Freya eingehend, um sicherzustellen, dass ihre Anmut den Versprechungen der Gräfin entsprach. Natürlich versprach sie nicht zuviel. Der Auktionator verließ sich auf sie und würde wohl auch blind kaufen. Aber zum einen schätzte er ihre Gegenwart und zum anderen ging er mit seinen Besuchen klar, dass es niemals zu einer falschen Sicherheit bezüglich seines Vertrauens in sie kam. Das wäre äußerst tragisch für sie beide. Denn er hatte nicht vor, die Beziehung zu ihr, auch wenn sie nur wirtschaftlich war, in naher Zukunft zu beenden.

"Der Wüstenprinz, ja, an ihn dachte ich bereits." Die anderen Kinder beachtete er nicht einmal. Ihre Präsentation wäre nur eine Verschwendung seiner kostbaren Zeit. Die Gräfin hatte bereits im Voraus die Wahl für ihn getroffen, wie sie es immer tat. Selbstverständlich wäre es einfacher gewesen, wenn sie ihm gleich die Eine oder den Einen zeigte, aber so lief eben ihr gemeinsames Geschäft. Es war ihre spezielle Art zu zeigen, dass sie genau wusste, nach was er suche und die Nuancen sehr wohl kannte, die das Besondere ausmachten. Auch ihre andere Juwelen waren hübsch anzusehen, das war unbestritten. Doch in einem Haufen von vielen glänzenden und funkelnden Steinen gab es immer nur den einen, der alles überstrahlte. "Er sucht nach Einzigartigkeit. Wie Ihr wisst, ist das selten und es bedarf besonderen Geschicks, diese zu erkennen." 

Einen Moment lang ließ er seine Aufmerksamkeit von Freya zur Gräfin schweifen und senkte respektvoll den Kopf. "Ihr, Gräfin, wart einst ebenso einmalig. Und jetzt seht nur, was aus Euch geworden ist." Er hob die Hand und deutete in eine unbestimmte Richtung im prunkvollen Raum. "Mittlerweile wärt Ihr unbezahlbar." Ein seltsames Lächeln formte sein in die Jahre gekommenes Gesicht und für einen kurzen Augenblick wirkte er fast jungenhaft. Damals, vor langer Zeit, hatte er etwas in der jungen Sklavin erkannt. Einen Glanz, den er danach nie wieder fand. Doch er war nur der Auktionator und behielt seine Ware niemals für sich, selbst wenn er es wollte.
 
Weitere Gedanken dazu erlaubte er sich für jetzt nicht, sondern trat nah an Freya heran, die nun entkleidet vor ihm stand. Sein scharfer Blick glitt über ihre weiße Haut und das schwarze Haar.
"Der Prinz hat flüchtige Interessen, doch einen unersättlichen Appetit auf das Außergewöhnliche."
Seine Stimme senkte sich zu einem nachdenklichen Murmeln. Zum ersten Mal richtete er seine Worte nun direkt an das Mädchen. "Was kannst du tun, um die Aufmerksamkeit eines Mannes zu fesseln, der bereits alles besitzt und sich alles kaufen kann, wonach ihm der Sinn steht?"

Natürlich konnte sie lügen und sich besser darstellen, als sie war. Doch der Auktionator wusste, dass die Gräfin dies nicht zulassen würde. Wenn er gefälschte Ware verkaufte, wäre das auch ein empfindlicher Schlag für ihren Ruf. "Ihr habt Recht, meine Teuerste, der Preis bleibt derselbe, unabhängig davon, wie lange die Ware erfreut. Aber wie Ihr selbst wisst, bieten wir in unserem Geschäft mehr. Ihr und ich, wir verkaufen Geschichten und Momente der Verzauberung."

Mit seiner imposanten Gestalt baute er sich vor Freya auf. Es war nicht nötig, ihren Körper weiter zu begutachten, sie hatte alles, was nötig war, um zu gefallen. Zumindest äußerlich. Doch bestand sie auch die letzte Prüfung? "Bist du nur eine Schönheit für eine Nacht, oder bist du ein Erlebnis, das sich tief ins Gedächtnis einbrennt?"


 
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