* Einen kurzen Moment hatte Gawjn auf der Stute sitzend noch ausgeharrt und beiden nach geschaut. Doch dann war er aufgebrochen, um Oma Luna nicht noch unnötig länger warten zu lassen. Um das Übersetzen mit einer Fähre über den Fluss im Nordwesten zu vermeiden, bog er alsbald auf einen schmalen Pfad durch den Wald ab, der ein gutes Stück weiter im Westen über eine kleine Brücke führte.
Nach einigen Jahren als Waldläufer hatte Gawjn bereits die meisten Forste und Gehölze von Arakas und Rabenfels zu allen Tageszeiten durchmessen und kannte so manchen verschwiegenen Weg, den kaum wer Anderes in der hereinbrechenden Abenddämmerung nehmen würde.
So dauerte es auch nicht lange, bis er die Schleichwege verließ, und die treue Braune auf einen breiteren, lose befestigten Waldweg führte. An dessen Ende begann sich der umgebende Wald ein wenig zu lichten und gab den Blick auf Grenzmauern und Tor des Anwesens frei.
Gawjn fand das hohe und massive Gitter unverschlossen und halb geöffnet vor, so daß er hindurchkam ohne absteigen zu müssen. Es verwunderte ihn nicht, denn Wenzel pflegte alles im und um das Anwesen mit schier militärischer Perfektion zu organisieren.
Mit Schmunzeln hatte Gawjn den obersten Bediensteten seiner Großmutter oft bewundert, denn Jener tat die Dinge immer in ganz entgegen gesetzter Art, als Gawjn es tun würde. Bei Wenzel gab es scheinbar nie ein - Zu Spät - oder - Zu früh - und in seiner Küche oder Werkstatt konnte man wohl blind in alle Schränke und Schubkasten greifen, weil Alles seit Ewigkeiten immer denselben Platz hatte. Und wehe, irgendjemand legte einen Löffel in ein falsches Schubfach !
Gawjn wußte, daß er selbst so etwas niemals würde länger als einen halben Tag aushalten können. So kam es also auch im passenden Moment, daß Wenzel vom Haupteingang her die Stufen herunter, und Gawjn entgegen kam*
" Oben im Arbeitszimmer, Gawjn ! Aber seid behutsam. Sie hat Besuch am Fenster ! "
* Das rief der Ältere ihm entgegen, als Gawjn vorbei trabte und sich kurz nach Hinten umsah. Wenzel schritt auf das Tor zu, um es vorerst wieder zu schließen.
Neben dem Haupthaus fand die Stute für die Dauer des Besuchs einen Unterstand bei der Stallung. Einer der beiden Burschen kam hervor und hob grüßend die Hand um das Pferd dann mit Wasser und Rüben zu versorgen. So wandte sich der Jäger dem Eingang zu und nahm die wenigen Stufen bis zur doppelflügeligen Tür. Ohne Knarzen und Quietschen ließ sie sich öffnen. Ruhe und Stille lag über dem Eingangsbereich und der breiten, geschwungenen Treppe nach oben.
Gawjn blieb einen Moment dort stehen und sah hinauf. Heimeligkeit und eine Atmosphäre von Geborgenheit nahmen ihn in Empfang. Leises Knistern eines Kamins drang zu ihm und kurz flackerte eine Erinnerung an seine alte Heimat und sein eigenes Elternhaus in Enis in ihm auf. Mit einem tiefen, aber ruhigem Atemzug setzte er sich wieder in Bewegung und näherte sich der Treppe. Die Aufmerksamkeit nach oben voraus geschickt.
Mit einem leisen und zurückhaltenden Rufen meldete er sich an*
" Hallo ..... da bin ich ......!"Statistik: Verfasst von Gawjn Rabenherz JdF — Di 19. Sep 2023, 22:40
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